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An der Kippe
from Bergauf #2
Das Schmelzen der Gletscher ist ein untrügliches Zeichen für den Klimawandel. Können wir ihn bremsen, seine Folgen aufhalten, abmildern?
Und wieder dokumentieren die Gletschermessungen einen Rückgang der Gletscherlängen. Obwohl nicht überraschend, macht es nachdenklich. Was bedeutet der Rückzug der Gletscher für uns? Unmittelbar bringt es für uns Bergsteiger*innen die Erhöhung der Risiken für Geröll- und Steinschlag und Auswirkungen auf das Bergsteigen im hochalpinen Gelände mit sich.
Aber mit dem Verschwinden eines Gletschers geht auch ein Lebensraum mit seinen Lebewesen verloren. In diesem Fall trifft es den Gletscherfloh und die Schneealgen, die auf Kälte und starke Strahlung spezialisiert sind. Die Bedeutung dieser kleinen Lebewesen bzw. ihres Verlusts ist vielleicht nicht so offensichtlich. Alpenseen, Lebensräume in nur wenig geringerer Höhe sind durch die Erwärmung ebenfalls bedroht. Die Verringerung des Sauerstoffgehalts verändert das System und kann es zum Kippen bringen. Wenn Fische ersticken, wird die Dramatik offensichtlich (Oldorf 2021, Jane et al. 2021*).
Selbst die Auswirkungen der Gletscherschmelze sind vielfältig, ihre Tragweite nicht fassbar. Und die Veränderung geht so rasch vor sich, dass sie beim Aufsuchen eines Gletschergebiets in aufeinander folgenden Jahren ohne Messgerät sichtbar ist. Die Geschwindigkeit dieses Veränderungsprozesses macht besonders nachdenklich.
Die Satzung des Alpenvereins fordert, dass die Schönheit und Ursprünglichkeit der Bergwelt erhalten werden soll. Darüber hinaus fordert es wohl auch die gesamtgesellschaftliche Verantwortung, dem Klimawandel entgegenzuwirken. Nicht zuletzt deshalb wird im Österreichischen Alpenverein an einer Klimastrategie gearbeitet. Bisher schon brachte es die Lage der Hütten mit sich, dass dort mit Ressourcen schonend und sparsam umgegangen wird. Hier ist der Alpenverein Vorbild, aber selbst dort kann noch weiter optimiert werden. Ziel muss sein, auch bei anderen Aktivitäten Vorbild zu sein und die Mitglieder zum Mitmachen zu motivieren. Dazu muss die Strategie einige Anforderungen erfüllen: beispielsweise die Einbindung möglichst vieler Mitglieder schon bei der Erarbeitung oder eine transparente Umsetzung, z. B. durch ein Monitoring des Erfolgs, um positive Entwicklungen sichtbar zu machen.
Wenn wir im Alpenverein zeigen können, dass es möglich ist, klimagerecht Bergsport zu betreiben, können wir auch bei anderen Motivation wecken und sie zum Umdenken bewegen.
Wenn wir im Alpenverein zeigen können, dass es möglich ist, klimagerecht Bergsport zu betreiben, können wir auch bei anderen Motivation wecken und sie zum Umdenken bewegen. Die große Anzahl unserer Mitglieder ist ein Potential, damit können wir für den Klimaschutz viel erreichen. Das Schmelzen der Gletscher lässt uns den Klimawandel emotional erfassen. Nehmen wir das zum Anlass, gemeinsam Klimaschutz aktiv umzusetzen! —
* Jane S. F. et al. (2021): Widespread deoxygenation of temperate lakes. Nature 594 (7861): 66–70. Nature Publishing Group. DOI: 10.1038/s41586-021-03550-y.
Oldorf S. (2021): Seen im Klimawandel. WRRL-Info (35): 3.