Wie kommt die Muschel in die Berge? » D
as“, sagt Dr. Nössing, und sein braun gebranntes Gesicht erstrahlt, während er die Broschüre triumphierend in die Höhe hält, „das ist einzigartig auf der Welt: Eine geologische Publikation in sage und schreibe vier Sprachen gibt es nirgendwo sonst.“ Dr. Nössing und seine Kollegin, eine junge, ganz und gar perfekt zweisprachige Geologin, haben soeben die etwa 40 Teilnehmer an der letzten geführten Erlebnis-Wanderung auf dem „Geotrail Pufels“ verabschiedet und lassen jetzt den ereignisreichen Nachmittag im Gastlokal des Hotels Pinei ausklingen. Ja, wahrhaftig: Auch nach seinem langen und sehr erfolgreichen Leben im Dienste der Geologie lässt sich Dr. Nössing, seit einem Jahr pensionierter Chef-Geologe der Autonomen Provinz Bozen, noch zu Begeisterungsstürmen hinreißen, wenn er vom „Highlight Geotrail Pufels“ spricht.
Text: Silvia Rier Fotos: Helmuth Rier
10 ALPE | Sommer
Pufels ist eine der drei ladinischsprachigen Fraktionen der Großgemeinde Kastelruth und liegt recht abgeschieden jenseits des Panider Sattels (1.437 m), der seit eh und je die Kultur- und Sprachscheide in der Gemeinde Kastelruth darstellt: Hüben herrscht der deutsche, drüben der ladinische bzw. rätoromanische Kultur- und Sprachhabitus. Dem 180-Seelen-Dörflein Pufels kam in früheren Jahrhunderten ein durchaus bedeutender Rang zu,
kreuzten sich doch hier zwei wichtige Almwege aus Kastelruth und von Gröden her. Der Panider Sattel selbst hat schon sehr viel vom Charakter einer Alm: Insbesondere der einzigartige Duft, den die warmen Sonnenstrahlen dem dünnen, schütteren Höhengräslein mit seinen zahllosen, heilkräftigen Blumen und Kräutern entlocken, hat Suchtpotential und ist das schiere Glück. Hier also, auf diesem Übergang, ebenso sehr trennendes wie verbindendes Element zwischen zwei Kulturkreisen, beginnt der geologische Erlebnissteig „Geotrail Pufels“, der im Sommer 2011, nach etwa zweijähriger Bauzeit, eröffnet wurde. Wie kam es dazu? Und warum gerade hier, am Rande des Naturparks Schlern und des UNESCOWelterbes der Dolomiten? Dr. Nössing lächelt versonnen. „Des Straßenbauers Leid ist manchmal des Geologen Freud“, sagt er, und erzählt, dass die alte Straße nach Pufels auf sehr brüchigem, instabilem Gelände verlief und verlegt werden musste. Bis zu jenem Zeitpunkt war die recht unwirtliche Felslandschaft zu Füßen des Puflatsch zwar schon seit Jahrzehnten weltberühmt und viel besucht gewesen, allerdings ausschließlich in wissenschaftlichen und geologischen Fachkreisen. Was aber war es, das die Koryphäen der Geologie aus aller Herren Länder nach Pufels zog, in dieses wenn