Möge der neue Tag dir den Blick für die Schönheit der Welt schärfen.
(Irischer Segenswunsch)
7. Jahrgang | 1. Ausgabe | April 2020 | € 5,00
nota bene
Grußworte von Anneli Zenker und Manfred Preuss
04 Osterwandern
Der Schwarzwaldverein – seit 1864 wegweisend!
07 Musik
Freude schöner Gotterfunken
08 Bad Liebenzell
Forum für Fliegenfischer in Bad Liebenzell
10 Ostern
Wir feiern mal wieder Ostern – warum eigentlich?
12 Hermann Hesse
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne
14 Kultur
Das Schattentheater – ein besonderes Erlebnis
16 Bad Wildbad
Bad Wildbad im Bann der Majestäten
18 Ernährung
Ich bin Flexitarier
20 Pflegepolitik
Mit Assistenten gegen den Pflegenotstand?
21 Pflegepolitik
Personalbemessung in der stationären Langzeitpflege –Möglichkeiten und Aussichten
22 Corona
Mit Disziplin und Herz gegen Corona
23 Natur und Heilkunde
Huflattich als Hustenmittel Impressum
Herausgeber:
MHT
Gesellschaft für soziale
Dienstleistungen mbH
Hochwiesenhof 5–10
75323 Bad Wildbad
www.mht-dienstleistung.de
BENEFIZKONZERT
Junge Jazztalente in großer Besetzung
Die Big Band des Helmholtz-Gymnasiums Karlsruhe unter Leitung von Hartmut Petri spielt Swing und Jazz Melodien der 30-er Jahre Klosterkirche Bad Herrenalb
Freitag, 10. Juli 2020, 18.00 Uhr
Tickets@schlaile.de/Hotline: 0721–23000
www.johanneshaus-bad-wildbad.de www.johannesklinik-bad-wildbad.de www.johanneshaus-bad-liebenzell.de
Redaktion:
Gabriele Pawluczyk | Martin Kromer | Wolfgang Waldenmaier
gabriele.pawluczyk @monacare.de
Grafische Umsetzung:
Dagmar Görlitz
kontakt@goerlitz-grafik.de
Drucktechnische Umsetzung: Karl M. Dabringer
dabringer@gmx.at
Auflage: 3.000
nota bene | April – 2020 Seite 2
03
Inhalt
Editorial
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser
Es gibt einen neuen Gruß in Deutschland, den man sich zuruft: „Bleib gesund“. Gleichzeitig ist es interessant zu sehen, wie schnell die Menschen sich auf „Notwendiges“ umstellen. Die Nachbarn fragen: „Brauchst du Hilfe?“ – in den sozialen Netzwerken gibt es Plattformen für Einkaufshilfen wie „Coronahilfe…“– oder die freigestellten Fahrer eines Kleinbus-Unternehmens übernehmen den Lebensmitteleinkauf für Menschen mit Behinderungen, die aufgrund einer Quarantäne-Anweisung ihr Haus nicht mehr verlassen dürfen. Deutschland wird kreativ. Gleichzeitig geht Deutschland in sich. Vieles, was „normal“ war, geht nicht mehr – Veranstaltungen werden abgesagt, Geschäfte und Restaurants, Schulen, Kitas und vieles mehr bereits geschlossen. Täglich kommen neue „Absagen/Einschränkungen“ dazu.
Wir wünschen Ihnen für die kommende Zeit Zuversicht, Zusammenstehen und auch eine Portion Humor und viel Freude in der Entdeckung kreativer Entfaltungsmöglichkeiten trotz oder gerade aufgrund so vieler Einschränkungen. Bleiben Sie gesund! nota bene – wohlbemerkt…
Ihre
Anneli Zenker
Geschäftsführerin MHT
Zum Geleit
Wir leben in herausfordernden Zeiten. Und wenn wir bisher glaubten, dass uns eigentlich nichts mehr wirklich erschüttern könnte, müssen wir uns eines Besseren belehren lassen. Es ist Zeit innezuhalten. Und über unser Leben nachzudenken. Die vom Coronavirus ausgelöste Krise ist nicht zuletzt auch eine Chance zu erkennen, was wirklich wichtig ist. Überbordende Ichbezogenheit, Ellbogenmentalität, Rücksichtslosigkeit gegenüber berechtigten Interessen anderer oder auch verrohende Sitten – wie oft haben wir das mit Sorge auf die Entwicklung unserer Gesellschaft in der Vergangenheit beklagt. Und mit einem Schlag ist alles anders. Wir nehmen Abschied von nahezu allem, was in unserem Leben selbstverständlich war, und besinnen uns – wenn auch mit einiger unverständlicher Verzögerung – auf das wichtigste im Leben, auf unser aller Gesundheit. Der Preis ist hoch – die Schließung von Schulen, Theatern, Sportstätten, Geschäften, Restaurants und Cafés, die drastische Eindämmung sozialer Kontakte – aber er ist dringend geboten. Und wir sind sicher noch nicht am Ende angekommen. Nun liegt es an uns, in der Not auch die Chancen zu erkennen und zu nutzen – Familien und Lebenspartner haben wieder Zeit füreinander, wir haben Freiräume, unseren Älteren mehr Solidarität und Unterstützung zuteilwerden zu lassen, unser Zuhause wird wieder zum Mittelpunkt unseres Lebens, man muss nicht dauernd unterwegs sein. So sehr wir hoffen, dass wir alle gemeinsam diese Krise meistern werden, so wünschenswert wäre es für die weitere Entwicklung unseres Gemeinwesens aber auch, wenn wir von all dem, was wir jetzt aus der Not heraus praktizieren müssen, einiges in die Zeit danach, in unser künftiges „normales“ Leben hinüberretten können.
Manfred Preuss GlobalConcept.Consult AG
April – 2020 | nota bene Seite 3 Editorial
nota bene
nota bene | April – 2020 Seite 4 Osterwandern
Schwarzwaldverein seit 1864 wegweisend!
Der
Jeder, der im Schwarzwald wandert, hat sie schon gesehen und sich auch schon auf sie verlassen: Die zahlreichen Wegweiser, die in Wald und Flur mit bunten Rauten die Ziele und Richtungen auf den Wanderwegen anzeigen. Was dem Wanderer bei seinem Naturerlebnis freut und als ganz hilfreich erscheint, hat Methode und eine lange Geschichte. Es ist die Geschichte des Schwarzwaldvereins, der sich 1864 in Freiburg als Zusammenschluss von
Schwarzwaldverein –wegweisend!
Gastronomen und Heimatliebhabern gründete. Ihr Ziel war es, den Schwarzwald für den damals beginnenden Tourismus interessant zu machen. Aus der guten Idee wurde eine wahrhaft wegweisende Bewegung. Heute sind es über 60.000 Mitglieder in mehr als 200 lokalen Schwarzwaldvereinen, die in der Umgebung ehrenamtlich Wanderwege markieren, Wanderungen und andere sportliche Aktivitäten für Mitglieder und Gäste anbieten, Naturschutz- und Kulturarbeit leisten oder in Jugend- und Familiengruppen Outdoorabenteuer und Naturerlebnis suchen.
Die Sache mit der roten Raute...
Waren in den Jahren nach der Gründung viele Aktivitäten – wie der Bau von Aussichtstürmen – noch lokal ausgerichtet, erlebte um das Jahr 1900 die Markierung von Fernwanderwegen, die den ganzen Schwarzwald erschlossen, einen Höhepunkt. In einer logistischen Meisterleistung markierten Pioniere des Schwarzwaldvereins den ersten Höhenweg von Pforzheim nach Basel. Diese rund 280 Kilometer über die westlichen Höhenzüge des Schwarzwalds führende Wanderstrecke, der Westweg, ist auch heute noch einer der
beliebtesten Fernwanderwege Europas, ausgezeichnet unter anderem als „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ und „TopTrail of Germany“. Sein Markierungszeichen, die rote Raute, findet sich im Emblem des Schwarzwaldvereins. Wenige Jahre nach dem Westweg folgten die Markierung des Ostwegs (Pforzheim bis Schaffhausen) und des Mittelwegs (Pforzheim bis Waldshut). Heute sind es gut zwei Dutzend Fernwanderwege, die ehrenamtliche Wegewarte des Vereins mit den Rautensymbolen markieren.
Aus vielen Wegen wird ein Netz
Vor rund 20 Jahren hatte der Schwarzwaldverein eine weitere wegweisende Idee: Der ganze Schwarzwald und die angrenzenden Landschaften sollten durch eine einheitliche Wegemarkierung zu einer einzigen großen Wanderlandschaft werden. Wanderer sollten sich im Nordschwarzwald genauso zurechtfinden wie am Kaiserstuhl oder im Hegau. Statt lokaler Rundwege und Markierungswirrwarr mit unterschiedlichsten Symbolen, wurden mehr als
20.000 Kilometer Wanderwege in einheitlicher Systematik als großes Wanderwegenetz organisiert. Heute bilden mehr als 15.000 Wegweiser die Knotenpunkte eines engmaschigen Netzes, das aus lokalen Wegen (markiert mit gelber Raute), regionalen Wegen (markiert mit blauer Raute) und Fernwanderwegen (markiert je mit einem eigenen Rautensymbol) besteht. Die zahlreichen Wegschilder weisen allerdings nicht nur Wanderern den richtigen Weg. Seit einigen Jahren sind die Standorte auch als Rettungspunkte bei den Leitzentralen der Rettungsdienste digital verfügbar. Bei einem Notruf in unwegsamen Gelände dienen die Wegweiserstandorte den Rettungskräften als wertvolle Orientierungshilfe.
Vereine vor Ort
Geleistet wird die Wegearbeit in erster Linie von den ehrenamtlichen Wegewarten der Vereine vor Ort. Mehr als 200 Schwarzwaldvereine im westlichen Baden-Württemberg engagieren sich jedoch nicht nur in der Markierung von Wanderwegen. Auch das aktive Wandern, vielerorts auch das Radfahren, der
April – 2020 | nota bene Seite 5 Osterwandern
Wintersport oder Gesundheitswandern
gehören zum Portefolio der Vereine. Gemeinsam bringen es die Ortsvereine so auf rund 10.000 Veranstaltungen im Jahr. Die Angebote richten sich an Mitglieder und auch Gäste sind willkommen. Die Wanderführerinnen und Wanderführer des Schwarzwaldvereins legen bei Ihren Touren nicht nur Wert auf Sport und Bewegung: Meist stehen auch kulturelle oder naturkundliche Aspekte im Vordergrund.
Engagement für die Naturund Kulturlandschaft Schwarzwald
Die einzigartigen Landschaften bilden nicht nur die Kulisse, sondern sind auch der Antrieb für das vielfältige Engagement des Schwarzwaldvereins. Die Schwarzwaldlandschaft als Natur- und Kulturraum zu begreifen und vorsichtig zu entwickeln, ist ein wichtiges Ziel. Dazu arbeitet der Schwarzwaldverein auf lokaler und auch auf überregionaler Ebene mit Verbänden und Partnern – wie zum Beispiel den
Tourismusorganisationen – eng zusammen. Als anerkannter Naturschutzverband in Baden-Württemberg ist der Verein Ansprechpartner für Behörden in Naturschutzfragen. Gemeinsam mit dem Schwäbischen Albverein bildet der Schwarzwaldverein in der „Heimat- und Wanderakademie Baden-Württemberg“ staatlich zertifizierte Wanderführer aus und setzt wichtige Akzente mit Themen wie dem Schulwandern oder dem Gesundheitswandern.
Wandern Sie mit!
Wer den Schwarzwald und das Wandern liebt, findet bei den zahlreichen Vereinen vor Ort Anschluss und unterstützt durch seine Mitgliedschaft eine große Idee: die des Wanderbaren Schwarzwaldes!
Stephan Seyl
Für Wanderer, die gerne auf eigene Faust unterwegs sind, bietet der Schwarzwaldverein ein Online-Portal: www.wanderservice-schwarzwald.de. Hier finden sich mehrere hundert redaktionell aufbereitete Touren, die nicht nur über den Streckenverlauf informieren, sondern auch Hintergrundinfos zu Ausflugszielen und kulturellen Highlights zur Verfügung stellen. Im TourenplanerModul lassen sich eigene Touren zusammenklicken, als PDF-Karte ausdrucken oder als Gpx-Datei für die Navigation mit dem Smartphone downloaden.
Wer Kontakt zu einem der mehr als 200 Schwarzwaldverein sucht, findet hier eine Übersicht: www.schwarzwaldverein.de/vereine-vor-ort
nota bene | April – 2020 Seite 6 Osterwandern
Zum 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven
Freude schöner Götterfunken
Im Jahre 1845 wurde in Bonn mit der feierlichen Enthüllung eines Denkmals dem berühmtesten Sohn der Stadt gedacht. Aus der großen Anzahl der Gäste eine kleine beeindruckende Auswahl: Queen Victoria von England, König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, Erzherzog Friedrich von Österreich und Alexander von Humboldt.
In Bonn kursiert bis zum heutigen Tag folgende Anekdote über das Ereignis: Der Preußenkönig soll, als er die Statue Beethovens sah, ausgerufen haben: „Er dreht uns ja den Rücken zu!“ worauf der Wissenschaftler und Forscher Alexander von Humboldt geantwortet habe: „Majestät, er war auch schon im Leben immer ein grober Kerl“.
In diesem Jahr, 175 Jahre nach jener denkwürdigen Episode, feiert man auf der ganzen Welt den nunmehr 250. Geburtstag des musikalischen Giganten Ludwig van Beethoven. Es dürfte kaum einen Menschen geben, der nicht den Anfang der 5. Sinfonie (Ta-ta-ta-taaaa) oder die Vertonung von Schillers „Ode an die Freude“ aus der Neunten kennt. Vor Jahren ging ich mit einer Bekannten aus Japan über den Heidelberger Weihnachtsmarkt, als von irgendwoher gerade diese Beethoven-Melodie erklang. Sofort sang besagte Bekannte den Originaltext fröhlich mit, obwohl sie kaum deutsch konnte. Ich fragte: „Mariko, woher kennst du das?“ Zu meiner Verblüffung erhielt ich die Antwort: „Das lernt in Japan jedes Kind im Kindergarten!“
Das gesamte Jahr 2020 steht unter dem Stern des Komponisten Ludwig van Beethoven. Das genaue Datum seines 250. Wiegenfestes kennt man nicht, es ist lediglich sein Taufdatum,
der 17. Dezember 1770, in kirchlichen Unterlagen dokumentiert. Es wird gefeiert mit unzähligen Konzerten, mit Festivals, Tribute-Events, Dokumentarfilmen, Spielfilmen und nicht zuletzt mit Neuaufnahmen der Werke auf Vinyl, CD und unzähligen DownloadMöglichkeiten. Wie sehr Beethovens Musik durch mehr als zwei Jahrhunderte bis in unsere Zeit hindurchgesickert ist, lässt sich an der Vielzahl der hörbaren Einflüsse auf die Pop-, Rock- und Jazzmusik unserer Tage klar erkennen, wie beispielsweise an Chuck Berrys „Roll Over Beethoven“, Miguel Rios’ „Song Of Joy“ und nicht zuletzt an Ekseptions atemberaubenden JazzRock-Interpretation der “Fünften”.
Gegen Ende seines Lebens war Ludwig van Beethoven fast vollständig gehörlos. Zu einer Zeit, in der er gerade seine musikalisch bedeutendsten Werke schuf. Ein Musiker und Komponist, der nicht hört, sondern jegliche Erschaffung von Musik „nur“ in seinem Inneren erspürt und zu Papier bringt. Die Resilienz, die ein Mensch braucht, um innere Festigkeit und Widerstandskraft zu erlangen, damit nicht die absolute Verzweiflung die
Überhand gewinnt, konnte Beethoven mit Sicherheit aus seiner Kunst schöpfen. Viele musikbegeisterte Hörer unserer Tage können nicht nur in einer durchaus glücklichen, sondern auch in so mancher traurigen Stunde auf Beethovens „Medizin“ zurückgreifen.
Wolfgang Waldenmaier
April – 2020 | nota bene Seite 7 Musik
Seit rund zwei Jahrzehnten ist die Fliegenfischerei an der Nagold beheimatet. Dabei achtet der Liebenzeller Fischereiwart, Hermann Rebmann, nicht nur auf einen standortgerechten, artenreichen und gesunden Fischbestand, sondern auch auf die Landschaft. Denn nur mit einer intakten Umwelt ist es möglich, Leistungen, die die Natur erbringt, nachhaltig zu sichern und auch für gefährdete Insekten wichtige Lebensräume zu erhalten.
Zwischenzeitlich zählt die Nagold zu einem der wenigen Orte, wo noch sehenswerte Schauspiele in der Natur zu erleben sind. Und das ist der „Oligo neuriella rhenana“ geschuldet. Der für nicht Fachkundige fast unaussprechliche Name gehört zu einer Eintagsfliege, die im flugfähigen Zustand gerade einmal 40 Minuten lebt und als absoluter Leckerbissen für die Forellen in der Nagold gilt. Ende August schwirren die Insekten über dem Gewässer und bilden ein Schauspiel, das Bürgermeister Dietmar Fischer mit dem Spektakel der Alaskabären vergleicht, die im Herbst die Lachse aus den Flüssen fischen.
Einklang mit der Natur
Wo Fische springen, sind auch die Fliegenfischer nicht weit. „Der Fliegenfischer geht nicht ans Wasser, um zwei Kilogramm Fisch für das Abendessen zu fischen“, so Kerstin Weiss, die die Idylle an der Nagold für Mensch und Tier als Erholungsort beschreibt. Für die Geschäftsführerin der Freizeit und Tourismus Bad Liebenzell GmbH ist das eine Sportart, die nicht jeder versteht: „Diese Leute wollen ihre Ruhe haben. Hier geht es um den Einklang
Sensible Schönheiten
Forum für Fliegenfischer in Bad Liebenzell
mit der Natur.“ Der Fliegenfischer liest das Wasser. Das heißt, er schaut, welche Fliegen über der Wasseroberfläche schwirren, um dann als kundiger Insektenfachmann den richtigen Fliegenköder zum Fischen auszuwählen. Für die Herstellung der oftmals täuschend echt wirkenden Reproduktionen bedarf
es Geduld und großes Geschick, denn nur ein realistisch aussehender Köder bietet die Chance, den Fisch in seiner Umgebung zu überlisten und zum Anbeißen zu gewinnen. Für den Fliegerfi-
scher ist es daher wichtig, sich über das Vorkommen von Insekten ebenso wie über ihre Lebensräume und ihr Aussehen zu informieren.
Forum für Fliegenfischer
Gemeinsam mit den Liebenzeller Fischereiwarten Hermann Rebmann und Joachim Haessler hatte Kerstin Weiss vor drei Jahren die Idee zu einem speziellen Workshop, um das Gewässer der Nagold mit seinen regionaltypischen Fischbeständen in den Fokus der Fliegenfischer zur rücken. Bei dem ganztägigem Forum mit Top Referenten fühlte sich Weiss bestätigt: „Die große Resonanz beweist, dass wir auf dem richtigen Weg sind, unsere Natur in ausdrucksstarker Landschaft an die Gäste zu vermitteln, die an der Nagold Ruhe und ein paar Stunden Erholung von der Hektik des Alltags suchen.“ Teilnehmer aus der Schweiz, Holland und verschiedenen Regionen Deutschlands waren nach Bad Liebenzell gereist, um mehr über die Artenvielfalt und den Lebensraum von Insekten zu erfahren.
nota bene | April – 2020 Seite 8
Spezialisten der Fliegenfischerei
Als Spezialist für Insekten informierte Peter Maihöfer nicht nur über die große Insektenordnung von Eintags-, Steinund Köcherfliegen, sondern faszinierte darüber hinaus mit außergewöhnlichem Bildmaterial. „Insekten sind im Wesentlichen die Grundlage für die Nahrung von Fischen und Vögeln“, so der passionierte Fliegenfischer, der seine Leidenschaft als Amateurfotograf mit der Kamera begleitet. In einer schier unendlichen Vielfalt dokumentiert er die nur wenige Millimeter großen Wasserinsekten und Eintagsfliegen und zeigt sie in makelloser Schönheit. Grandiose Farbbilder in makroskopischen Vergrößerungen, die er zudem in seinem Bildband „Wasserinsekten aus der Sicht eines Fliegenfischers“ akribisch zusammengetragen hat. Doch der Lebensraum dieser sensiblen Schönhei-
ten ist durch ausgetragene Glyphosate aus der Landwirtschaft und die Zersiedelung der Landschaft in Gefahr.
Insektenschwund
Anders als bei Schmetterlingen und Bienen kümmert sich niemand um das Nischendasein dieser Tiere, deren Lebensraum und jahreszeitliches Erscheinen. Dabei sind gerade diese Insektengruppen für den Fliegenfischer ebenso wie für das Ökosystem der Gewässer unerlässlich. Nach Einschätzung des
Weltbiodiversitätsrates drohen durch das massive Artensterben verstärkt ökologische und ökonomische Folgen. Und tatsächlich gibt es bereits erhebliche Einbußen in der Insektenordnung.
„Wir haben Insektenschwund und das entzieht den Fischen die Nahrungsgrundlage und den Lebensraum“, so Maihöfer, der sich anders als ein Wissenschaftler mit lebendigen Insekten beschäftigt und zeigt, wie die Tiere aussehen und wo sie leben.
Weltmeister im Fliegenbinden
Als Weltmeister im Fliegenbinden ist Christian Kuchelmeister wie kaum ein anderer in der Lage, Insekten als täuschend echte Reproduktionen nachzubauen. Rund 60 unterschiedliche Modelle hat der Referent aus Sigmaringen in seinem Repertoire parat. Er kennt Insekten auf der ganzen Welt und zeigt den Workshop-Teilnehmern aufwändige Bindearbeiten, um für jede Tageszeit und jedes Gewässer das „passende Insekt“ als Kunstfliegen,
Nymphe oder Streamer zu gestalten. Dazu ist der „Aufbau“ einer Angelfliege immens wichtig. „Wir ahmen mit der Angelfliege bestimmte Insekten nach, die im Wasser vorkommen und von den Fischen gefressen werden“, so Kuchelmeister, der erklärt, wie künstlichen Fliegen mit verschiedensten Materialien hergestellt werden.
Bindetechnik vom Kenner
Gerhard Laible hat in Fliegenfischerkreisen seine vollendete Bindekunst bereits seit 1987 perfektioniert. Legendär sind seine „CDC Fliegen“. Als Cul De Canard, haben die – wie der Name schon sagt – von der Ente abgeleiteten Entenbürzelfliegen ihren Siegeszug rund um den Globus angetreten. Diese „Angelfliegen“ bestehen überwiegend aus Daunenfedern, die sehr viel Sauerstoff umschließen und daher extrem schwimmfähig sind, weil sie sich perfekt an die Oberflächenspannung des Wassers anpassen. Als unwiderstehliche Delikatesse ist sie bei Fischen ebenso wie bei Fliegenfischern populär. Wichtig ist für Laible dabei auch die Durchgängigkeit der Flüsse und der Erhalt von Biotopen, die den Lebensraum der Insekten darstellen. „Ohne Insekten bleibt für nachfolgende Generationen keine Chance, natürlich heranwachsende Fische in unseren Gewässern zu fischen“.
Sabine Zoller
Wer zum Fliegenfischen in Bad Liebenzell eine Tageskarte erwirbt, unterstützt die Einnahmen für Wiederansiedelungsprojekte, um die biologische Artenvielfalt im Naturraum an der Nagold zu schützen.
April – 2020 | nota bene Seite 9 Bad Liebenzell
Wir feiern mal wieder Ostern – warum eigentlich?
Ostern feiern wir jedes Jahr. Die meisten bekommen auch noch eine lose Verbindung zu Begriffen wie „Jesus“, „Kreuz“, „Tod“ hin. Warum man das aber feiern sollte, erschließt sich vielen Menschen heutzutage nicht mehr. Geht man dann noch weiter in die Tiefe und fragt sich nach den Gründen für Wortschöpfungen wie „Karfreitag“ oder gar „Gründonnerstag“, dann bricht bei der Mehrheit das Interesse an den Gründen für das Osterfest abrupt ab.
Dann doch lieber Ostereier, Osterhase und ein wärmendes Osterfeuer mit der Familie. Aber das sind doch alles heidnische Bräuche. Oder etwa nicht?
Wir wollen etwas Licht ins Dunkel um Ostern, Eier und Überraschung bringen.
Ostern – woher kommt’s?
de? Zu Zeiten Jesu wurde das Passafest gefeiert, das an den Auszug Israels aus Ägypten erinnerte. Zur Feier wurden zum Hauptmahl Lamm- oder Ziegenböcke geschlachtet. Jesus gab dem Fest einen neuen Schwerpunkt, indem er sich selbst als Lamm Gottes für die Sünden der Welt hingab und damit den Neuen Bund zwischen Gott und Menschen begründete.
Bevor das Christentum nach Europa kam, feierten viele Naturreligionen in Europa und Asien den Beginn des Frühlings in Zusammenhang mit Festen der Fruchtbarkeit, des Lebens und des Neuanfangs. In diesen Festen entwickelten sich verschiedene Symbole. Eines wurde z.B. der Hase. Er war das Symbol der Fruchtbarkeit im alten Ägypten. Bei uns wurde er viel später zum Osterhasen. Wie das genau passierte, dazu später mehr.
Auch das Ei als Symbol hat in Ägypten und Persien seinen Ursprung. Es war Brauch, sich unter Freunden bemalte Eier zu schenken, um das neue, fruchtbare Jahr mit dem Symbol zu feiern, aus dem neues Leben hervorging. Allerdings wurden auch in der frühen Christenzeit verstorbenen Christen Eier mit ins Grab gegeben. Im Nahen Osten übernahmen Christen später diese Symbolik und bezogen sie auf das Grab Jesu, das nach seiner Auferstehung ebenfalls leer war. Christen in Europa griffen dieses Symbol erst ab dem 13. Jahrhundert auf und fingen an, Eier zu bemalen.
Laut New Catholic Encyclopedia waren „ursprünglich … beide Feiern [Passa und Ostern] erlaubt, aber allmählich wurde es als unvereinbar empfunden, dass Christen Ostern an einem jüdischen Fest halten sollten, und es wurde Einheit im Halten des christlichen Hauptfestes gefordert.“
lichen Feiertage werden übrigens vom Ostersonntag ausgehend bestimmt.
Was bedeuten Karwoche, Gründonnerstag, Karfreitag, Ostersamstag und Ostersonntag?
Wie wurde Ostern christlich?
Wie kam es nun dazu, dass viele heidnische Symbole und das Fest selbst in die christliche Tradition übernommen wur-
So entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte die Ansicht, dass man sich sowohl an Jesus’ letztes Abendmahl, seinen Tod, als auch seine Auferstehung erinnern und alles bewusst in einem Fest feiern will.
Warum ändert sich das Datum für Ostern jedes Jahr?
Ostersonntag folgt nach dem jährlichen Frühlingsvollmond dem ersten Vollmond im Frühling. Da sich dieser jedes Jahr ändert, fällt auch der Ostersonntag jedes Jahr auf ein anderes Datum. Alle weiteren beweglichen christ-
Die österliche Festzeit beginnt jedoch nicht erst mit dem Gründonnerstag, sondern bereits mit dem Aschermittwoch, dem Einstieg in die 40-tägige Fastenzeit, die der Karwoche vorausgeht. Die Karwoche wiederum beginnt mit dem Palmsonntag. Christen erinnern sich dabei an den Einzug Jesu in Jerusalem, bei dem er mit Palmenwedeln empfangen wurde. Daher kommt auch in vielen Kirchen der Brauch, in der Karwoche einen Frühjahrsputz durchzuführen, damit das Gotteshaus zum Ostersonntag erstrahlt.
Die Karwoche
Der Name Karwoche leitet sich vom althochdeutschen Wort „Kara“ ab, was Kummer, Trauer oder Klage bedeutet. Daher wird sie auch „Stille Woche“ genannt. Christen erinnern sich in der Woche bewusst an das Leiden Christi und enthielten sich traditionell allen Feierlichkeiten oder Vergnügungen.
Gründonnerstag
Der Ursprung des Wortes Gründonnerstag ist nicht genau geklärt. Eine
nota bene | April – 2020 Seite 10 Ostern
Sicht besagt, dass aus Menschen, die, bevor sie Buße taten (lat. Virides = die Grünen) als „dürres Holz“ bezeichnet wurden. Durch das Zusprechen der Vergebung wurden sie in lebendiges „grünes Holz“ der Kirche verwandelt. Grün wurde hier als Farbe der Erneuerung verstanden.
Am Gründonnerstag wird dem letzten Abendmahl Jesu gedacht. Christen finden sich zusammen und haben durch Essen und Trinken Gemeinschaft mit ihrem Herrn und vergewissern sich, dass Gott ihnen ihre Schuld vergeben hat.
Karfreitag
in völliger Dunkelheit. Auch hier wird mit Kerzenschein und der aufgehenden Sonne der Übergang von der Dunkelheit ins Licht zelebriert.
Ostersonntag
len, die ihrerseits für die Wiedergeburt und das ewige Leben steht.
Der Osterhase und die gefärbten Eier Auch auf die Frage wie Hase und Ostereier zusammenpassen gibt es eher Mythen als konkret belegbare Fakten.
Am Karfreitag gedenkt man dagegen an das Leiden und Sterben von Jesus am Kreuz. Dieser Tag wird auch „Stiller Freitag“ oder „Hoher Freitag“ genannt, weil er vor dem Ostersonntag liegt. In der katholischen Kirche ist er ein strenger Fasten- und Abstinenztag. In der evangelischen Kirche legen viele Christen bewusst einen Schweigetag ein, um sich ganz auf Jesus zu konzentrieren. Traditionell findet nachmittags um 15 Uhr ein Gottesdienst in Erinnerung an die Todesstunde Jesu statt.
Mit dem Ostersonntag beginnt die Freudenzeit für uns Christen. Der Gruß: „Der Herr ist auferstanden“ mit der Antwort: „Er ist wahrhaftig auferstanden“, erinnern uns an den Grund für unseren Glauben und Vertrauen auf den Gott des Lebens, der den Tod überwunden hat. Nun wird auch wieder das Abendmahl, als Zeichen der Verbindung mit dem Auferstandenen unter den Christen geteilt. Diese Freudenzeit dauert 50 Tage lang, bis Pfingsten. Die 8 auf den Ostersonntag folgenden Tage nennen sich “Osteroktav” und werden als Festwoche begangen.
Wie passt der Hase nun zum christlichen Osterfest?
Einerseits besteht sowohl beim Osterhasen wie auch beim Osterei die Verbindung zur Fruchtbarkeit und Entstehung neuen Lebens. In Deutschland hat sich das Motiv, dass der Osterhase die Ostereier bringt, erst vor ca. 100 Jahren durchgesetzt. Davor waren es je nach Region der Storch, der Hahn oder der Fuchs.
Karsamstag
Der Karsamstag ist der Tag der Grabesruhe Jesu. In der katholischen Kirche gedenkt man an diesem Tag dem Tod Jesu und wartet fastend auf den Ostersonntag – seine Auferstehung.
Abgesehen von den oben genannten heidnischen Ursprüngen erwähnte bereits Kirchenvater Ambrosius (339 nach Christus in Trier geboren) den Hasen als Auferstehungssymbol. Anderen Auffassungen nach gilt er als Gottesbote und wird als Fruchtbarkeits- und Lebenssymbol verstanden, was einleuchtender erscheint.
Dass Eier zu Ostern gefärbt wurden, hatte eher einen pragmatischen Ansatz. In der Fastenzeit wurden keine Eier gegessen. Da die Hühner aber weiterhin Eier legten, musste man sie kochen, um sie haltbar zu machen. Damit man wusste, welche die gekochten Eier sind, hat man dem Wasser Kräuter beigemischt, welche die Schale färbten.
Die Gewissensfrage: Kann ich als Christ beruhigt Ostern feiern?
Am Sonnabend wird es langsam feierlich, denn in vielen Kirchen wird das Osterfeuer in Vorfreude auf den Ostersonntag und als Vorgreifen auf den kommenden Morgen angezündet. Auch wenn dieser Brauch aus heidnischer Vorzeit stammt, wird er christlich verstanden, indem Jesus als Licht der Welt, aus dem Grabe und vom Tod auferstanden ist und uns sein Licht bringt. Alternativ beginnen manche Gemeinden auch einen Gottesdienst am frühen Morgen des Ostersonntags
Gerade im germanischen Raum herrschte der Glaube an die Frühlingsgöttin Ostara vor, die immer von einem Hasen begleitet wurde. Mit ihrer Weihung feierte man Frühling als Zeit der Fruchtbarkeit und des Lebens. Diese Gedanken des Lebens und der Fruchtbarkeit verbanden sich mit dem Symbol des Hasens und wurden von Christen weitergeführt: Fortan tauchten sogar drei Hasen in der Symbolik auf, um die Verbindung zur Dreifaltigkeit herzustel-
Quellen:
https://de.wikipedia.org/
Diese Frage lässt sich eindeutig mit JA beantwortet. Du solltest sogar Ostern feiern! Denn es bringt dich in Verbindung mit dem Leiden, dem Tod und der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus – dem Zentrum unseres Glaubens.
Ob du nun auch am Ostersonntag Ostereier versteckst, sie später suchst oder Schoko-Osterhasen verspeist, bleibt dir überlassen.
Marco Schnell
https://www.evangelisch.de/inhalte/80583/02-04-2015/christlich-ostern-feiern
https://www.evangelisch.de/inhalte/80587/17-04-2017/halleluja-und-hasenfest-wie-ostern-wurde-was-es-ist
https://www.kloster-engelberg.ch/pics/files/Coop_Ostern_20170406_DA.pdf
https://www.gutenachrichten.org/ARTIKEL/gn07ma_art8.htm
April – 2020 | nota bene Seite 11 Ostern
Eine der schönsten Liebeserklärungen von Hermann Hesse gilt seiner Geburtsstadt Calw. Am 2. Juli 1877 wird er in dem schwäbisch pietistisch geprägten Schwarzwaldstädtchen geboren, das er später als Schriftsteller von Rang so liebevoll und umfassend portraitiert.
Mit einer Gesamtauflage von über 150 Millionen Exemplaren gilt Hesse weltweit als der meistgelesene deutschsprachige Autor des 20. Jahrhunderts. Seine Bestseller „Narziss und Goldmund“ erschien 1930 und wurde als eines seiner erfolgreichsten Werke in 30 Sprachen übersetzt. Neunzig Jahre später nun hat der österreichische Oskarpreisträger Stefan Ruzowitzky 2020 die romantische Erzählung für das Kino adaptiert. Mit Starbesetzung wird die Freundschaft zwischen einem Künstler und einem Mönch auf die Kinoleinwand gebannt, obwohl Hesse diesem Medium stets ablehnend gegenüberstand.
Hesse, der als Vierzehnjähriger aus dem evangelisch-theologischen Klosterseminar Maulbronn floh, weil er „entweder Dichter oder gar nichts“ werden wollte, ist ein genau beobachtender
bis 1904. Von klein auf entwickelte Hermann Hesse ganz eigene Vorstellungen von seinem Lebensweg, was nicht ohne Konflikte abging. Seine Eltern, die in Indien als Missionare tätig waren, bestimmten ihn zur theologischen Laufbahn. Doch er widersetzte sich den Berufsplänen seiner Familie, brach das Studium ab und begann eine Buchhändlerlehre. 1904 erscheint sein erstes Werk „Peter Camenzind“ im S. Fischer-Verlag, Berlin. Ein sensationeller Erfolg, der ihm nun ein Leben als freier Schriftsteller ermöglichte. In seinem 1906 erschienenen Roman „Unterm Rad“ hält er jedoch seiner Geburtsstadt die Treue und schildert Calw als Schauplatz der Handlung. Dabei gibt Hesse der Stadt allerdings den poetischen Namen „Gerbersau“ und beruft sich damit auf ein altes Handwerk, das einst viele Calwer als Gerber in der Aue
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne
Erzähler, der bis heute fasziniert. Als Autor macht er Mut, jeden neuen Tag mit Neugier und Zuversicht zu beginnen, und verarbeitet dabei auch autobiografische Komponenten getreu der Devise: „Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden.“ Der deutsche Rockmusiker, Schriftsteller und Maler, Udo Lindenberg urteilt darüber als bekennender Hesse-Fan: „Wie Hermann Hesse von klein auf seinen ganz eigenen Weg gegangen ist, trotz aller Schwierigkeiten, die ihm das brachte, das hat mich früh beeindruckt und beeinflusst auf meinem eigenen Weg.“
Die spannende Geschichte seiner Kindheit und Jugend dokumentiert Hesse in seinen Briefen aus den Jahren 1882
betrieben haben. Er beschreibt darin die verwinkelten Gassen und die Umgebung der Stadt, in denen er in seinen „Lausbubenjahren“ eine perfekte Spielwiese gefunden hat.
„Gerbersauer Lesesommer“
1946 erhält Hesse den Nobelpreis für Literatur und ein Jahr später wird er in seiner Heimatstadt zum Ehrenbürger ernannt. Seinen 125. Geburtstag feierte die Stadt 2002 mit einem neun Wochen dauernden Festival, das zum Auftakt der nun alljährlich stattfindenden Veranstaltungsreihe „Gerbersauer Lesesommer“ wurde, die mit Hesses Geburtstag am 2. Juli startet und an seinem Todestag, 9. August, endet. Im Zentrum der Lesungen stehen die Gerbersauer Erzählungen, umrahmt von
nota bene | April – 2020 Seite 12 Hermann Hesse
Hermann Hesse und seine Heimatstadt Calw
einem musikalischen Programm unter der Regie von Literaturwissenschaftler Herbert Schnierle-Lutz. Über unzählige Treppen und enge Gässchen führen dazu Stadtführungen durch die einstige Gerber- und Flößerstadt, die Calw mit den Augen von Hermann Hesse sehen lassen. Zudem locken an schönen Sommerabenden zahlreiche Veranstaltungsorte in der pittoresken Freiluftkulisse der Altstadt mit den anrührenden Hesse-Erzählungen.
Hermann-Hesse-Museum Calw
Mit Blick auf den Marktplatz und das Geburtshaus von Hermann Hesse würdigte Calw 1990 ihren großen Sohn der Stadt mit einem Museum. Die Dauerausstellung im historischen Gebäude am Marktplatz Nr. 30 lässt
Kulinarische Stadtführung
Unter dem Motto „Hermann Hesses Lieblingsspeisen“ beschreitet Calw mit der Maxime Identit ät und Individualit ät einen Weg, um sowohl Einheimische als auch Touristen in die Stadt an der Nagold zu locken. Bei einem Stadtrundgang werden daher nicht nur wissenswerte Details der Stadt vermittelt, sondern zudem Köstlichkeiten kredenzt, die als Menü gekonnt mit dem Leben des Literaten verknüpft sind. Gerstensaft und eine Cremesuppe aus heimischem Bärlauch lassen die Naturverbundenheit von Hesse im Calwer Brauhaus erkennen, während die Küche „Zum Alten Calwer“ kulinarisch an eine Hommage an Hesses Reise nach Indien wagt, die er 1911 unternommen hatte, um mehr über das Land zu erfahren, in dem seine Großeltern, sein Vater und seine Mutter im Missionsdienst
auf knarrenden Holzdielen in die Welt des Dichters eintauchen und zeigt in zehn Räumen die Lebens-, Werk- und Wirkungsgeschichte des populären Schriftstellers. Neben Hesse-Utensilien – von der Brille bis zur Schreibtischunterlage – ist das Fayence-Schreibzeug der Eltern mit dem programmatischen Spruch erhalten: „Was man schreibt, das immer bleibt.“ Zudem besticht die große Sammlung an Drucksachen, die Hermann Hesse seit 1916 als Privatdrucke herstellen ließ, um sie dann an Freunde und Korrespondenzpartner zu versenden.
t ätig waren. Nach Hühnerbrust, auf indische Art mit Currysoße und Ananas serviert, geht es vorbei an der gern fotografierten Hesse-Statue auf der Nikolausbrücke zum Hermann-HessePlatz. Hier endet die kulinarische Wanderung mit dem Besuch der ältesten Gastst ätte, dem bereits im Jahr 1671 erwähnten „Rössle“, das als Dessert frühlingshafte Variationen von Erdbeeren und Rhabarber serviert.
Hermann Hesse Wanderung
„ Zwischen Bremen und Neapel, zwischen Wien und Singapore habe ich manche hübsche Stadt gesehen, Städte am Meer und Städte hoch auf Bergen, und aus manchem Brunnen habe ich als Pilger einen Trunk getan, aus dem mir später das süße Gift des Heimwehs wurde. Die schönste Stadt von allen aber, die ich kenne, ist Calw an der Nagold, ein kleines, altes, schwäbisches Schwarzwaldstädtchen.“
Hermann Hesse: Heimat, Erinnerung (1918)
Als begeisterter Wanderer war Hesse bereits in seiner Jugend viel im Nordschwarzwald unterwegs. Auf einem rund fünf Kilometer langen Waldspaziergang geht es nach Zavelstein und über den Badeort Teinach ins Nagoldtal. Und von dort aus wieder zurück in die HermannHesse-Stadt Calw. Wer den Weg nach Bad Liebenzell nicht scheut, kann dort im SOPHI Park auch den Duft der Hermann Hesse Rose genießen.
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Hermann Hesse
red
Mit dem Grimm-Klassiker Aschenputtel zieht das Düsseldorfer Theater der Dämmerung Groß und Klein (ab 4 Jahre) in seinen Bann und entführt in die zauberhafte Welt der Märchen. Theaterdirektor Friedrich Raad erzählt die Märchen einfühlsam mit Stimmgewalt im Grimm’schen Originaltext.
Die großen beweglichen Scherenschnittfiguren und leuchtenden Bühnenbilder laden zum Erstaunen und Schmunzeln, zum Lachen und Ergriffenwerden ein. Ein verlorener Schuh ist im Aschenputtel der Schlüssel zum Glück. Die Stiefschwestern versuchen den Prinzen zu täuschen. Doch die Schuhprobe bringt es an den Tag –in ihrer Eitelkeit und Habgier haben die Schwestern auf zu großem Fuß gelebt.
Die kleinen und großen Zuschauer fiebern mit Aschenputtel mit. Aschenputtels Weg des Herzens führt schließlich zum Erfolg und nicht die schönen Kleider, Perlen und Edelsteine der beiden Stiefschwestern.
Der Schauspieler Friedrich Raad, Jahrgang 1962, leitet das Theater der Dämmerung. Die Liebe zum Schattentheater entstand schon sehr früh. Als 5-jähriger Knirps sah er fasziniert
Das Schattentheater –ein besonderes Erlebnis
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mit Scherenschnitten gespielte Märchen. Ab 1987 begann er mit Scherenschnittfiguren zu experimentieren. 1993 gründete er in Stuttgart das The-
Ende vergangenen Jahres wurde erstmalig für das Johanneshaus Bad Liebenzell-Monakam das Theater der Dämmerung engagiert – ein Schattentheater, dessen Besitzer Friedrich Raad auf anrührende und sehr professionelle Weise Märchen und Geschichten sowie Lieder und Musicals präsentiert. Da die Zuschauer durchgehend begeistert von der Darstellung „Komm auf die Schaukel, Luise“ waren, wurde Herr Raad und sein Team für einen neuen Termin im Frühjahr 2020 gebucht. Aufgeführt wird das Märchen „Aschenputtel“. nb nimmt dies zum Anlass, das „Theater der Dämmerung“ vorzustellen, das 1993 gegründet wurde und ein beachtliches Repertoire aufweist. (http:/theaterderdaemmerung.de)
ater der Dämmerung und übersiedelte 1998 nach Düsseldorf, von wo aus er nun sein Schattentheater mit fünf freien Mitarbeitern betreibt.
Im Repertoire sind noch die Grimm’schen Märchen Der Wolf und die 7 Geißlein, Vom Fischer und seiner Frau, Rotkäppchen und Die Bremer Stadtmusikanten, Der Teufel mit den drei goldenen Haaren und Der goldene Vogel, H.C. Andersens Däumelinchen und Die wilden Schwäne sowie 9 literarische Inszenierungen von Goethes Faust und Gottfried von Straßburgs Tristan und Isolde über Schillerballaden, Saint-Exupérys Der kleine Prinz und Hermann Hesses Siddhartha bis hin zu einem Hans Albers-Musical, Schattenspielen für die Adventszeit und Volkslieder-Programmen für die ältere Generation.
Die Dämmerung ist die Übergangszeit zwischen Tag und Nacht. Die Sonne ist untergegangen, aber es ist noch nicht dunkel. Die Landschaften, die Bäume und Gebäude und alle Lebewesen verlieren ihre Farben und zeigen im Schatten ihr tieferes Wesen. Die Morgenund die Abenddämmerung sind unsere geheimnisvollsten und poetischsten Tageszeiten.
Gabriele Pawluczyk
April – 2020 | nota bene Seite 15 Kultur
Vor dreißig Jahren erschien das Tagebuch der Eveline von Massenbach (1830–1904), das über die zahlreichen Reisen des württembergischen Kronprinzenpaares nach Russland, Österreich, Italien, die Schweiz, Frankreich, Holland und England berichtet. In ihren Erinnerungen hat die in Stuttgart geborene Baronin von 1851 bis 1866 ein Abbild ihrer Zeit und ihrer Umgebung hinterlassen und gibt als aufmerksame Beobachterin Einblicke in das höfische Zeitgeschehen.
Am 21. September 1851 wird die 21-jährige Baronin mit dem Ausspruch: „Eveline! Jetzt gehören Sie mir!“ von der württembergischen Kronprinzessin Olga begrüßt und beginnt damit ihre Karriere in einem Hofamt, das ihr einen hohen Rang in der Hofgesellschaft verschafft. Ihre Aufzeichnungen sind geprägt von europäischen Residenzen und mondänen
Bad Wildbad im Bann der Majestäten
Badeorten, bei denen sie viele Staatsoberhäupter ebenso wie Künstler persönlich kennenlernt.
Zu den Kuraufenthalten des württembergischen Königshauses zählte neben Kissingen, Brückenau, Schlangenbad und Bad Ems auch der ärztlich empfohlene Badeort Wildbad, dem damals einzigen Kurbad in Württemberg. Auslösender Faktor für den Besucherstrom an Kurgästen ist eine Veröffentlichung des Londoner Allgemeinmediziners Dr. Augustus Bozzi Granville (1783–1872),
der Wildbad im Jahr 1837 unter den „Spas of Germany“, also den Thermen des deutschsprachigen Raums, als Nummer eins titulierte. In seiner Schrift wirbt er für die heilende Kraft der Mineralwässer und beschreibt diese als großen Segen für den unter körperlicher Krankheit leidenden Menschen und ist damit Auslöser für die vielen weiteren Gäste – darunter auch gekrönte Häupter –, von denen Wildbad in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts profitiert. Durch die verwandtschaftlichen Beziehungen zum württembergischen
Königshaus rieten auch russische Ärzte am Hof von Petersburg der Zarin Alexandra Fjodorowna (1798–1860) eine solch „belebende Kur in Wildbad“.
Im Juni 1856 reiste die Mutter von Kronprinzessin Olga aus gesundheitlichen Gründen zur Badekur in den kleinen Schwarzwaldort. Ihr Arzt ist Dr. Ludwig aus Berlin, der sich eine „nachhaltige Hilfe von einer Kur in Wildbad“ verspricht und sein Vertrauen hauptsächlich auf das Wasser setzt, „das er der Zarin in kleinen Men-
nota bene | April – 2020 Seite 16 Bad Wildbad
gen zu verschiedenen Stunden zu trinken vorschreibt,“ erinnert sich Baronin von Massenbach, die am 25. Juni in ihr Tagebuch notiert: „Die Tage vergehen hier gleichförmig, sind angenehm, nicht unbequem. Frühstück um halb acht Uhr – an den Tagen, wo ich Dienst habe, großer Spaziergang mit der Kronprinzessin – dann habe ich frei bis zum Mittagessen um zwei Uhr, sofern mich die Zarin nicht rufen lässt, um ihr vorzulesen.“ Üblicher Weise speiste dann die Baronin an der „Marschallstafel“, die sich „bis vier Uhr hinzieht“.
Im Anschluss an den Mittagstisch folgten lange Spaziergänge in die Umgebung. Massenbach schwärmt: „Die Wege für alle Spaziergänge sind reizvoll, mit feinem Sand bestreut, der (auch bei Regen) keine Spuren hinterlässt, so dass man jeden schönen Augenblick nützen kann.“ Und abends trifft
Durch die Anwesenheit der Zarin gab es zusätzlichen Besuch in Wildbad. Die Großherzogin Stephanie von Baden, Nichte der Kaiserin Josephine Beauharnais, ebenso wie König Wilhelm und Königin Pauline von Württemberg taten ihr Möglichstes, um „den ersten Besuch der Zarin im Lande zu ehren und erschienen abwechselnd in Wildbad.“ Bei so viel Prominenz strömten auch „Neugierige aller Art“ in den Kurort, um dort Zar Alexander I. (1818-1881) zu sehen, der „seine Mutter mehrere Male von Kissingen aus mit einem Besuch“ überraschte. Dann wurden in dem großen Saal des Hotel Bellevue „thé dansants“ improvisiert.
In England wurde der „Tanztee“ als private nachmittägliche Gesellschaft schon zu Anfang des 19. Jahrhunderts eingeführt. Er begann üblicherweise zur Teezeit um 16 Uhr und en-
Neuigkeit, die seit einer Stunde durchs Haus eilt“. Die sechzehnjährige Prinzessin, wird als „frisch, braun, hat schöne Augen“, beschrieben und Massenbach fügt hinzu: „Sie muss sich wie im Himmel fühlen, einen so charmanten Verlobten zu haben.“
In das Jahr 1856 fällt auch Ihre Notiz über den berühmten Gesellschaftsmaler Franz Xaver Winterhalter (1805–1873), dessen Bilder bis heute unsere Vorstellung von herausragenden Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts prägen: „Sitzungen für das Portrait.“ Gemeint ist das Gemälde von Kronprinzessin Olga von Württemberg, das 2006 für die stolze Summe von 1,58 Millionen Euro für das Landesmuseum Württemberg in Stuttgart ersteigert werden konnte. Das Gemälde von Franz Xaver Winterhalter zeigt die russische Großfürstin, Olga Nikolajewna Romanowa, in einem weißen Ballkleid mit Rosenblüten im Schoß. Die strahlende Erscheinung Olgas, die überall Be-
man sich um ½ 9 bei ihrer Majestät im Salon, wo es Lektüre und Unterhaltung gibt. Um die schlechten Augen zu schonen, lässt sich die 62-jährige Zarin die Biographie von Stein (Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein, 1757–1831, Reformer in Preußen) vorlesen. Ein Privileg für Massenbach, bei dem ihr unvergessen bleibt, dass sie von der Zarin, der ältesten Tochter von Königin Luise und geborene Prinzessin Charlotte von Preußen, unterbrochen wird, indem diese „in inniger Weise ihre Erinnerungen an die Königin Luise zitierte...“.
dete gegen 19 Uhr. Dabei wurde aber nicht nur getanzt. Neben Tee und kleinen Appetithäppchen diente die gesellschaftliche Veranstaltung dazu, Gleichaltrige des anderen Geschlechts kennenzulernen und damit eine meist erfolgreiche Heiratspolitik zu führen. So wurde 1856 Großfürst Michael Nikolajewitsch Romanow (1832–1909), der vierte Sohn von Zar Nikolaus I. und Charlotte von Preußen, Prinzessin Cäcilie Auguste von Baden (1839-1891) versprochen. Am 11. Juli notiert die Baronin in ihr Tagebuch: „Das ist die
wunderung auslöste, wirkt dank „Winterhalters Inszenierungskunst“ bis heute. Der Bildnismaler der europäischen Hocharistokratie wurde 1864 ein zweites Mal an den württembergischen Hof gerufen, um ein offizielles Staatsportrait von Olga als Königin mit Diadem und Katharinenorden in großer Robe zu malen, wie Massenbach berichtet. Über vierzig Jahre lang war Eveline von Massenbach die Hofdame und Vertraute der Kronprinzessin und späteren Königin Olga von Württemberg (1822–1892).
Sabine Zoller
April – 2020 | nota bene Seite 17 Bad Wildbad
Ich bin Flexitarier
Als ich diesen Satz zum ersten Mal gesagt habe, meinte ich es eher scherzhaft. Ich fand den Namen lustig und wollte damit ausdrücken, dass ich in meiner Ernährung gerne flexibel bin. Auch vielleicht, weil ich mich nicht gerne zu 100 % festlege.
Ich esse überwiegend vegetarisch, mag keine Wurst auf dem Brot, habe nicht das Gefühl mir fehlt etwas, wenn auf dem Teller kein Riesensteak liegt, finde es spannend, auch Gerichte mit Tofu, Seitan oder Tempeh auszuprobieren, habe sogar vegane Kochbücher zu Hause – aus reinem Interesse und weil darin auch tolle Rezepte enthalten sind.
Aber dann gibt es die Tage, an denen ich Appetit auf ein leckeres Reh-
gulasch oder eine „echte“ Bolognese mit Gehacktem statt Gemüse habe. Ab und an grille ich gerne mal Lammfleisch oder ein Lachssteak oder stecke mir gedankenverloren ein Stück Schinken in den Mund, während ich für die Familie koche.
Als „echter“ Vegetarier hätte ich dann jetzt ein Problem, ich würde mir untreu werden. Aber wenn ich Flexitarier bin, gibt es mir die Freiheit, genau das zu tun: ab und zu Fleisch zu essen. Nicht immer, weil ich weiß, dass zu viel davon dem Körper gar nicht guttut.
Warum? Weil zu viel Harnsäure aus dem Fleisch Gicht und Rheuma fördern kann. Weil im Fleisch viele gesättigte Fettsäuren enthalten sind, die sich ne-
gativ auf die Blutfettwerte auswirken können. Weil im Fleisch aufgrund der Massentierhaltung Antibiotikarückstände enthalten sind, die ich dann mit der Nahrung aufnehme, was ich nicht möchte. Auch weil durch die vielen Antibiotikagaben die zu bekämpfenden Erreger resistent werden und somit die Medikamente, wenn sie wirklich gebraucht werden, ihre Wirksamkeit verlieren.
Ja und überhaupt, mit der Massentierhaltung bin ich nicht einig. Viele Tiere, die zusammengepfercht auf engem Raum unter ziemlich schlechten Bedingungen dahinvegetieren. Es gibt keinen Auslauf, es entsteht die Gefahr von Krankheiten. Ohne Betäubung werden Schweine kastriert, Hähnchen
nota bene | April – 2020 Seite 18 Ernährung
Gesünder leben –Ernährung als Lebensstil (3)
werden geschreddert, da es zu teuer ist, sie aufzuziehen, wenn Legehennen gewünscht werden. Fische und andere Meerestiere sterben, weil sie als Beifang in Fischernetzen hängen bleiben, aber zum Verzehr nicht gedacht sind und dann tot über Bord gekippt werden. Generell überfischte Meere und und und…. Da braucht es nur ein bis zwei Dokumentarfilme zu dem Thema und wenn man nicht ganz abgestumpft ist, vergeht einem völlig die Lust, Fleisch zu essen.
Dazu kommt noch der Gedanke an den ökologischen Fußabdruck. Ein sehr großer Teil der Treibhausgasemmission entsteht durch tierische Lebensmittel. Und der Wasserverbrauch, der z. B. für die Erzeugung eines Kilogramms Rindfleisch gebraucht wird, liegt mit 15.500 Liter extrem hoch. Im Vergleich dazu sind für ein Kilogramm Kartoffeln nur 900 Liter nötig.
Inzwischen ist Flexitarier ein Begriff, der sowohl im Duden als auch bei Wikipedia zu finden ist. Der Duden definiert den Flexitarier als „Person, die sich überwiegend vegetarisch ernährt,
aber auch gelegentlich hochwertiges, biologisch produziertes Fleisch zu sich nimmt“. Flexitarier bezeichnen sich auch als „Teilzeit-Vegetarier“ oder „Wochenend-Vegetarier“.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) bezieht Stellung zu dem Thema. Helmut Heseker, Präsident der DGE, geht davon aus, dass Flexitarier gesünder leben. Sie würden insgesamt weniger Fleisch essen und sich damit den Empfehlungen der DGE von 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche nähern. Laut Heseker sei die „flexitarische Ernährung genau das Richtige“, da alle lebenswichtigen Nährstoffe aufgenommen würden und ein Mangel an Mineralstoffen oder Vitaminen nicht drohe. Wer insgesamt weniger Fleisch und insbesondere weniger rotes Fleisch und weniger verarbeitete Fleischprodukte esse, senke sein Risiko für koronare Herzerkrankungen, Diabetes mellitus und Krebs (Quelle Wikipedia)
Also habe ich instinktiv doch schon einiges richtig gemacht. – und das möchte ich auch weiterhin tun. Wenn ich Fleisch esse, soll es dem Tier gut
gegangen sein, es soll nicht Panik erleiden, in irgendwelchen Lastwägen transportiert und muss auch nicht vom Ende der Welt hergeflogen werden.
Wenn ich die Möglichkeit bekomme, Fleisch direkt vom Förster zu bestellen, der das Reh frisch erlegt hat, dann bestelle ich da. Wildtiere brauchen keine Antibiotika und durften bis zu ihrem Tod in der freien Wildbahn leben. Beim Metzger meines Vertrauens kann ich Fleisch von den umliegenden Dörfern kaufen, dieser Metzger schlachtet die Tiere auch selbst vor Ort. Die Eier hole ich direkt vom Bauernhof oder aus dem Eierautomat. Der wird inzwischen mit Eiern von freilaufenden Hühnern der Gegend in Bioqualität bestückt oder ich unterstütze die Initiative Bruder Hahn (https://www.bruderhahn.de/), die in die Aufzucht der jungen Hähne investiert. Greenpeace veröffentlicht Broschüren darüber, welche Fischarten besonders bedroht sind und welche man noch unbedenklich essen kann. Auch auf gute Bioqualität kann man beim Einkauf von tierischen Lebensmitteln achten.
Weiß ich im Restaurant nichts über die Herkunft des Tieres das auf meinem Teller landet, dann entscheide ich mich immer öfter für ein vegetarisches Gericht. Und auch wenn ich zu Hause „begeisterte Fleischesser“ habe, kommt oft genug vegetarisches Essen auf den Tisch, meistens schmeckt es ihnen auch und nur selten wird das Fleisch vermisst.
Das ist das Schöne am „Flexitariersein“
– meine Bedürfnisse und das Tierwohl unter einem Hut zu vereinen. Und genau dazu möchte ich Mut machen, denn zwei Halbzeitvegetarier sind doch im Prinzip schon ein Ganzer und damit kann man viel für Tier und Umwelt bewirken.
Bianka Zielke
April – 2020 | nota bene Seite 19 Ernährung
Gut 100.000 Pfleger fehlen laut einem Gutachten in Altenheimen. Die Forscher meinen auch: Auffangen könnte man den Mangel zum großen Teil mit Assistenzkräften – wenn man die Aufgabenverteilung ändert.
Mit Assistenten gegen den Pflegenotstand?
Von Michael Weidemann, ARD-Hauptstadtstudio
In Deutschlands Pflegeheimen herrscht Personalnot, weil es zwar immer mehr fertig ausgebildete Fachkräfte gibt, aber noch mehr aktive Pflegekräfte aus dem Beruf ausscheiden. Die daraus resultierende Lücke hat ein Gutachten der Universität Bremen nun auf gut 100.000 Pflegerinnen und Pfleger beziffert.
Doch ein Teil der Personalprobleme in den Einrichtungen ließe sich deutlich abmildern, wenn die Aufgaben dort gezielter verteilt würden, so die Analyse der Gutachter. Derzeit würden viele Aufgaben, die ebenso gut von Assistenzpersonal ausgeführt werden könnten, von voll ausgebildeten Fachkräften übernommen – und die sind bekanntlich besonders knapp.
Die Auftraggeber der Studie – die Spitzenverbände der gesetzlichen Pflegekassen, privaten Heimbetreiber und der Freien Wohlfahrtspflege – teilen diese Erkenntnis. Zu oft würden sich hochqualifizierte Pflegerinnen und Pfleger um eher einfache Betreuungsabläufe kümmern, moniert Gernot Kiefer vom Spitzenverband der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. „Eine Person mit Pflegegrad 1 braucht vielleicht nicht so häufig eine hochqualifizierte Pflegekraft, aber sicherlich regelmäßig und mit großer Zugewandtheit eine PflegeAssistenzkraft.“
Verbände wollen
Aufgabenverteilung verändern
Dem Gutachten folgend wollen die Verbände nun in Kooperation mit den Landesregierungen die Verteilung der Aufgaben in den Alten- und Pflegeheimen verändern. Dadurch könnten Stress
und Hetze verringert und der Pflegeberuf attraktiver gemacht werden, glaubt der Präsident des Bundesverbandes der privaten Heimbetreiber, Bernd Meurer: „Insbesondere die Attraktivität des Berufes wird steigen, wenn eine Fachkraft nur noch Fachkraftaufgaben zu verrichten hat – und gegebenenfalls mehr anleitend, delegierend und kontrollierend tätig ist. Diese Umorganisation – die Herausnahme der Fachkraft aus den Assistenzleistungen – führt dazu, dass wir mehr Assistenten brauchen.“
Insgesamt müsste der Personalbestand in allen Einrichtungen um durchschnittlich 36 Prozent gesteigert werden, um langfristig eine angemessene Betreuung garantieren zu können, haben die Gutachter der Uni Bremen errechnet. „Wichtigstes Instrument hierfür ist die Anhebung der Pflegeschlüssel, um die Zahl der Beschäftigten pro pflegebedürftige Person zu erhöhen“, heißt es in der Analyse.
Frage der Finanzierung
Auf konkrete Vorschläge des Gutachtens – etwa im höchsten Pflegegrad 5 jede Pflegekraft rechnerisch nur noch 1,8 statt derzeit 2,5 Bewohner betreuen zu lassen – wollen sich die Spitzenverbände zwar nicht einlassen. Klar sei aber, so Maria Loheide als Vertreterin der Freien Wohlfahrtspflege, dass man hier eine Veränderung und eine Verbesserung des Personalschlüssels brauche.
„Genauer hingucken, wer macht welche Aufgaben – das wird die Herausforderung sein. Da müssen wir ran. Und da
müssen wir zu deutlich spürbaren Verbesserungen kommen. Das ist natürlich auch eine Frage, wie wird das dann finanziert?“
Und genau da kommen die Länder und Kommunen ins Spiel. Denn sie müssten die verbesserten Schlüssel nicht nur absegnen – sondern als Sozialhilfeträger auch mitfinanzieren.
Bei dem Gutachten der Universität Bremen handelt es sich um den 2. Zwischenbericht im Projekt zur Entwicklung eines Verfahrens zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in Pflegeeirichtungen nach qualitativen und quantitativen Maßstäben gem. § 113c SGB XI (PeBeM). Der Abschlussbericht soll im Juni 2020 vorgelegt werden.
Kurze Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:
q Gesetzlicher Auftrag
q Insgesamt haben 241 Pflegefachpersonen 59
Einrichtungen in 15 Bundesländern vorort begleitet („beschattet“), um den Personalbedarf zu ermitteln
q Zeitraum: April-Oktober 2018
q Insgesamt wurden 509 Schichten, davon 50 Nachtdienste und 36 Wochenenddienste, beschattet
q Zusammenfassende
Einschätzung: Es fehlen 120.000 Pflegefachkräfte!
nota bene | April – 2020 Seite 20 Pflegepolitik
Am 25. Februar 2020 nahmen der GKV-Spitzenverband, der bpa Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. in einer gemeinsamen Pressekonferenz zu den Ergebnisse des Bremer Gutachtens Stellung. Hier Auszüge aus der gemeinsamen Pressemitteilung:
Personalbemessung in der stationären Langzeitpflege –Möglichkeiten und Aussichten
Erstmals bundesweit ein einheitliches Personalbemessungsinstrument
Gegenwärtig kommt es zu bundesweit unterschiedlichen Personalschlüsseln, die in den Rahmenverträgen landesspezifisch festgelegt werden. „Mit dem vorliegenden Entwurf haben wir erstmals ein mögliches Personalbemes-
Die nächsten Schritte:
q Zeitbedarf für jeden Bewohner ermitteln
q Aufgaben von Pflegefachkräften und Assistenzkräften durchleuchten und anpassen (Pflegefachkräfte: mehr in die Anleitung, Koordination und Planung)
q Den Personalmix individuell auf die Einrichtung anpassen
q Mehr einjährige Fachkräfte ausbilden
q Dem Mangel mit Assistenzkräften entgegenwirken
Ziel:
q Pflegefachkräfte-Mangel entgegenwirken
q Bundeseinheitliche Umsetzung des Instruments anstreben
q Beruf attraktiver gestalten/machen
q Angepassten Personalmix anstreben
q Grundlagen für bessere Entlohnung schaffen
q Gesundheitsfördernde Maßnahmen sicherstellen
sungsinstrument vorliegen, um den Bedarf an Fach- und Assistenzpflegekräften in einzelnen Pflegeheimen zu bemessen. Und das nach bundeseinheitlichen Maßstäben und auf die jeweilige Bewohner-Struktur zugeschnitten. Das ist ein großer Fortschritt, um den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff in den einzelnen Einrichtungen weiter umzusetzen“, so Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes.
Landessozialministerien sind am Zug
Nach Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa), zeigt die Studie, welche personellen Rahmenbedingungen hilfreich sind, damit bei einer absehbar steigenden Zahl pflegebedürftiger Menschen möglichst vielen ein verlässliches professionelles Angebot gemacht werden kann. Meurer: „Jetzt sind die Landessozialministerien am Zug, die eine verlässliche wissenschaftliche Grundlage bekommen, um erste Schritte zur Weiterentwicklung einer starren Fachkraftquote zu gehen, die bei insgesamt steigender Personalausstattung zu einem an Pflegegraden ausgerichteten Verhältnis von Fachkräften zu Assistenzkräften führen. Die Tendenz ist einfach: Je höher der Pflegegrad, desto umfangreicher sind auch die Anforderungen an die Qualifikation.“
Gleichwertigere Lebensbedingungen für Pflegebedürftige in Pflegeheimen möglich
Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Endlich können wir sagen, welcher Personaleinsatz in stationären Pflegeeinrichtungen notwendig ist, um gleichwertigere Pflege- und Lebensbedingungen für Pflegebedürftige zu schaffen. Im Instrument stecken Vorschläge, um dem Personalmangel mit einer anderen Aufteilung der Aufgaben und mehr Fachlichkeit für alle Beteiligten zu begegnen. Die notwendige Umsetzung ist nun auch von konkreten Schritten und Erfolgen in anderen Bereichen abhängig. Dazu sind weitere Maßnahmen der Konzertierten Aktion Pflege umzusetzen, die zur konsequenten Entlastung der Pflegekräfte führen sowie durch eine Reform der Pflegeversicherung die Eigenanteile für die Pflegebedürftigen begrenzt werden.“
Am 30. Juni 2020 wird die Entwicklung abgeschlossen sein und der Abschlussbericht vorliegen. Die Universität Bremen schlägt eine modellhafte Einführung des neuen Verfahrens in einer zunächst begrenzten Zahl von stationären Einrichtungen vor. Für weitere Schritte sind gesetzliche Regelungen notwendig. Mit der Einführung des neuen Personalbemessungsinstruments wird ein bedarfsgerechter Personaleinsatz gefördert und unterstützt. Die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte können nachhaltig verbessert werden, wodurch die Attraktivität des Pflegeberufes weiter steigt. Davon profitieren Pflegekräfte und Pflegebedürftige gleichermaßen.
April – 2020 | nota bene Seite 21 Pflegepolitik
In eigener Sache
Vor dem Hintergrund, dass auch in nahezu allen Stadt- und Landkreisen in BadenWürttemberg Infektionsfälle mit dem neuen Coronavirus bestätigt worden sind, hat der Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner der Johanneshäuser und der Johannesklinik in Bad Wildbad und Bad Liebenzell-Monakam vor einer Infektion mit dem Coronavirus höchste Priorität.
Dies hat unser Unternehmen veranlasst, auch für diese Einrichtungen vorläufige Besuchsverbote und weitere Maßnahmen zu erlassen.
Im Interesse unserer Bewohnerinnen und Bewohner bitten wir um Verständnis für diese Maßnahmen. Gemeinsam werden wir die vor uns liegenden Herausforderungen bewältigen.
Anneli Zenker, Geschäftsführerin
Risikogruppen konsequent schützen, im Alltag Distanz halten, neue Arbeitsformen finden – all das kostet Disziplin. Doch die ist notwendig, um die Ausbreitung des Coronavirus effektiv zu bekämpfen.
Ein Kommentar des Chefredakteurs des Bayerischen Rundfunks, Christian Nitsche
Mit Disziplin und Herz gegen Corona
Die Tür muss zubleiben. Das ist wohl die wichtigste Regel, um Risikogruppen bestmöglich vor Corona zu schützen. Alte und gesundheitlich vorbelastete Menschen müssen – so schwer das ist – isoliert werden. Der Besuch bei Oma und Opa ist tabu, wenn sie gesund bleiben sollen. Umso mehr müssen wir uns um sie kümmern, aber am Telefon, per Videokonferenz, mit langen Gesprächen, mit Lese- und Filmtipps, mit Einkäufen und Blumen, die man vor die Tür stellt.
ser an ihre Grenzen. Mit Disziplin und Herzlichkeit werden wir das Virus bekämpfen. Die Strenge der Politik, das Schließen der Schulen, die Absage von größeren Veranstaltungen sind derzeit die beste Medizin.
Disziplin und Herzlichkeit beste Medizin gegen Corona
Viele namhafte Virologen begrüßen auch die Schulschließungen, um die Sicherheit zu erhöhen. Denn so wird das Risiko einer schnellen Verbreitung zumindest reduziert. Und das ist gut. Denn – machen wir uns nichts vor – die Türen werden nicht immer zu sein. Wahren wir also im Alltag Distanz. Sonst kommen die Krankenhäu-
Kreativität und Flexibilität ist jetzt gefragt Natürlich braucht es eine Notbetreuung, damit Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger, die Kinder haben, zur Arbeit gehen können. Und natürlich braucht es viel mehr Kreativität und Flexibilität von Arbeitgebern, damit auch den Eltern in anderen Berufen geholfen wird. Da blickt man heute noch in viele ratlose Gesichter. Homeoffice, Videokonferenzen und flexible Arbeitszeiten können da schon ein wenig helfen. Deutschland ist im Ausnahmezustand. Aber mit viel Selbstdisziplin, Sachlichkeit und Hilfsbereitschaft, auch mit viel Steuergeld und Genügsamkeit werden wir als Gemeinschaft und Volkswirtschaft das Virus besiegen.
Quelle: Bayerischer Rundfunk
nota bene | April – 2020 Seite 22 Corona
Natürliche Hilfe
Ein Ratschlag aus der Apotheke
Vielen Besuchern einer heutigen Apotheke ist sicherlich nicht bekannt, dass trotz der großen Anzahl chemisch produzierter Arzneimittel bis heute ungefähr ein Drittel des Arzneischatzes aus unserer Natur stammt. Selbst modernste Entwicklungen nutzen häufig die Natur als Lieferanten der Ausgangssubstanzen.
Um die Vielfalt der Pflanzenwelt mit ihren Arzneistoff liefernden Arten besser kennen zu lernen, bin ich immer wieder auch mit der Kamera in der Natur unterwegs, um einzelne Exemplare für mein Archiv festzuhalten.
In regelmäßiger Folge möchte ich deshalb an dieser Stelle einzelne Pflanzen vorstellen und über ihre Wirkungsweise informieren.
Friedrich Böckle (Quellen-Apotheke, Bad Liebenzell)
Huflattich als Hustenmittel
Eine der ersten im Frühjahr bei uns blühenden Arzneipflanzen ist der Huflattich. Seine leuchtend goldgelben Blüten sind weithin sichtbar und dies auch deshalb, weil diese Pflanze eine Besonderheit aufweist: bei ihr erscheinen nämlich im Frühjahr keine Blätter, sondern lediglich die schönen Blüten. Erst wenn diese am Abblühen sind, kommen dann nach und nach die relativ groß werdenden Blätter aus dem Boden.
Seit Jahrhunderten ist Huflattich als Arzneipflanze bekannt. Im Jahr 1994 wurde sie sogar zur Heilpflanze des Jahres auserwählt. Der lateinische Name deutet dabei auch auf den Verwendungszweck hin. „Tussilago“ heißt die Pflanze lateinisch und diese Bezeichnung setzt sich aus Tussis = „Husten“ und ago = „ich vertreibe“ zusammen.
Huflattich wird hauptsächlich als Teeaufguss eingesetzt. Dabei sind sowohl die Blüten als auch die Blätter verwendbar, wobei vor allem die in den Blättern reichlich vorhandenen Schleimstoffe für die Wirkung verantwortlich sind.
Empfohlen wird Huflattichtee bei Katarrhen der Luftwege mit Husten und Heiserkeit, wobei auch Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut sehr gut abklingen. Die insgesamt schleimhautschützende Wirkung hemmt somit den Hustenreiz und mindert die Heiserkeit.
So gut der Huflattichtee auch wirkt, muss jedoch deutlich darauf hingewiesen werden, dass dies kein Tee ist, den man über längere Zeit trinken sollte. Ei-
ne Zeitdauer von vier bis sechs Wochen wird als Maximum empfohlen. Der Grund dafür sind in der Wildpflanze enthaltene sog. Pyrrolizidin-Alkaloide, die bei längerer Einnahme leberschädigend sind, möglicherweise sogar krebsfördernd sein können.
Firmen, die Huflattich als Heilpflanzenpräparate anbieten, haben deshalb Huflattichsorten gezüchtet, die keine Pyrrolizidine enthalten. Sicherlich hat der Huflattichtee auf Grund dieser Problematik als Arzneipflanze an Bedeutung verloren. Da man bei der Behandlung eines Hustens jedoch im Normalfall maximal 4 Wochen diesen Tee einsetzt, halte ich ihn für unproblematisch. Im Wechsel mit bronchial lösendem Thymiantee empfehle ich die Behandlung eines festsitzenden Hustens.
Huflattich wird auch noch im kosmetischen Bereich eingesetzt und dies als reizlinderndes Hautmittel. Auch Huflattich-Antischuppenmittel sind erhältlich.
April – 2020 | nota bene Seite 23
Natur und Heilkunde
(Foto: Huflattichblüten, F. Böckle)
Mein Leben ist wie ein Spiel im Frühling. Ich will so leben, wie es mir gefällt:
ich will mit euren steifen Sitten und matten Bräuchen nichts zu tun haben.
Spiel im Frühling
Blau ist der Himmel, grün die Wiese und Flur, frisch die Quellen, heiter die Flüsse, und von herrlicher Gastlichkeit sind Sonne und Sterne. Ich will mein Spiel zu Ende spielen .
nota bene | April – 2020 Seite 24
Ralph Waldo Emerson 1803 – 1882, US-amerikanischer Philosoph