Leben & Kampf von Andrea Wolf

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wir griechisch essen mit einem Freund, sagt Andrea. Er heißt Klaus, ist eher ruhig, sagt vor kurzem sei sein Vater gestorben. Ich habe weder einen angenehmen noch einen unangenehmen Eindruck von ihm. Andrea`s dritter und letzter Verräter. Das sind die letzten Tage, die ich mit Andrea in Frankfurt verbringe. 1993, Andrea besucht mich in Guatemala. Ich freue mich und mit mir das Dorf. Lilos Tochter kommt. Sie kommt im Januar mit einer Freundin. Ich spüre eine Veränderung an ihr, sie ist so ernst, unruhig. Schreibt viel Tagebuch und an ihren Freund, der im Knast ist. Wir lachen nicht so oft wie früher. Es gefällt ihr auch nicht, daß ich sie überall mitnehmen will. Sie will nicht herumgezeigt werden. Das gibt sich und wir verbringen schöne Momente und Stunden mit Frauen aus dem Dorf. Zwei Mädchen gibt es hier, die nach ihr Andrea getauft wurden. (Damit du auch hier eine Andrea Tochter hast.) Bei diesem Besuch setzt sie sich viel mit ihrer Kindheit, Jugend, politischer Arbeit auseinander. Auch ich, die Mutter wird miteinbezogen. Vieles wird hinterfragt. Wir sitzen am Meer und reden, Andrea weißt du daß die Maya-Frauen eine Demo machen? Sie wollen, wenn sie schon einen Sohn verloren haben, daß ihre anderen Söhne nicht zum Militär müssen. Andrea paß auf dich auf, du meine einzige Tochter! (Weiß ich etwas?) Wir fahren in die Berge, hoch oben ins Quiché. Wir sind in dem Dreieck wo es immer viele Konflikte gibt. Wir wollen das Camp aufsuchen, wo Familien, die aus den versteckten Dörfern zurückkommen, aufgenommen werden. Das Camp ist inzwischen aufgelöst. Auf einem Cola-Laster fahren wir weiter in einen kleinen Ort, der noch höher liegt. Nebel und Wolkenfetzen um uns herum. Hart sind die Colakisten. Zwischenhalt in Sololá. Andrea und ihre Freundin überreichen mir in der Früh ein Geschenk, es ist mein Geburtstag. Die beiden fahren anschließend nach El Salvador. Wir treffen uns wieder in Iztapa. Sie fliegen am 5. April zurück.

Sada, ihr Hund

Andrea kommt im Januar 95 wieder nach Guatemala, mit ihrem Freund. So lerne ich ihn auch kennen. Sympathisch auf den ersten Blick. Ich bin glücklich meine Tochter wieder hier zu haben. Dazu noch einen Schwiegersohn. Dieser Besuch ist jedoch überschattet von den Ereignissen in Deutschland. Steinmetz, Bad Kleinen, und vieles mehr. Dieser letzte Verrat hat Andrea zutiefst getroffen. Auch ich bin entsetzt. Dieses Schwein, und mit ihm bin ich an einem Tisch gesessen. Wir fahren nach El Salvador, besuchen das Projekt, wo Andrea zwei Jahre zuvor gearbeitet hat, und besuchen Freunde. Wieder in Iztapa gibt es neue Auseinandersetzungen, mit vielem und mit mir. Ich liebe meine Tochter und es schmerzt, daß sie auch unsere Beziehung durchleuchtet. Später schreibt sie mir einen Brief dazu, da kann ich besser mit umgehen. Die Zeit vergeht wie immer, sie müssen zurück. Am letzten Tag fahren wir im Boot zur Flußmündung. Warum muß ich Andrea immer anschauen? Meine schöne, große Tochter. (Weiß ich, daß ich sie bald nicht mehr sehen werde?) Ein letztes Abendessen. Ich komme nicht mit zum Flughafen,

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