Dr. Oliver Reschke
07. Mai 2017
1. Station: Märchenbrunnen Auf Anregung der sozialdemokratischen Stadtverordnetenfraktion wurde für die von Typhus und Rachitis bedrohten Arbeiterkinder des Berliner Ostens von 1902 bis 1913 der Märchenbrunnen nach Entwürfen des Architekten und Stadtbaurates Ludwig Hoffmann als Eingang des Volksparks Friedrichshain errichtet.
Der Märchenbrunnen um 1913
• Exkurs „Schweizer Garten“ Der ab 1867 schrittweise errichtete und erweiterte „Schweizer Garten“ mit dem Veranstaltungssaal „Prachtsäle am Märchenbrunnen“, Am Friedrichshain 29-32, war zeitweise einer der größten Biergärten Berlins und hatte eine große Bedeutung für die Berliner Arbeiterbewegung. So wurde dort etwa am 28. August 1924 die Gründungsversammlung der Ortsgruppe Berlin des Roten Frontkämpferbundes durchgeführt. „Saalbau Friedrichshain“ Der 1888 gleich nebenan eröffnete „Saalbau Friedrichshain“, Am Friedrichshain 16-23, galt eine Zeit lang als größter Festsaal der Stadt. Auch er hatte eine große Bedeutung für die Berliner Arbeiterbewegung. Legendär wurde der Saalbau aber v.a. als Ort politischer Konfrontationen zwischen der Berliner Hausmacht KPD und der aufstrebenden NSDAP Anfang der 1930er Jahre.
Dr. Oliver Reschke
07. Mai 2017
2. Station: Gauforum und Goebbels-Heimstätten Auf dem Hintergelände des „Saalbaus Friedrichshain“ wurde nach der Machtübertragung 1933 eine Siedlung für „verdiente Kämpfer der Berliner Bewegung“ - die „Dr.-GoebbelsHeimstätte“ - errichtet. 1940 wurde in der Siedlung anläßlich des 10. Todestages Wessels ein Horst-Wessel-Standbild eingeweiht. Sich selbst ließ Goebbels 1937/38 als Dienstsitz des Berliner Gauleiters neben dem „Saalbau Friedrichshain“ ein Bürohaus, ein sogenanntes „Gauforum“, Am Friedrichshain 22 (heute Verlagsgebäude) bauen. Mit diesen Bauten sollte die Eroberung der einstigen Hochburg der Kommunisten symbolisiert und manifestiert werden. Sie sind gleichzeitig typische Beispiele für die NS-Architektur.
Am Friedrichshain 22 (aktuelle Aufnahme)
• Exkurs Volkspark Friedrichshain Namensgeber für den Stadtbezirk Friedrichshain war der Park im Norden des Bezirkes. Der Park Friedrichshain wurde von 1846 bis 1848 nach Plänen des Gartenbaudirektors Gustav Meyer anlässlich des 100. Jahrestages der Thronbesteigung Friedrichs II. im Jahre 1840 auf einem ehemaligen Weinberggelände errichtet. Er sollte der zusammengedrängten Bevölkerung im Osten Berlins zur Erholung dienen.
Dr. Oliver Reschke
07. Mai 2017
3. Station: Friedhof der Märzgefallenen Der Friedhof der Märzgefallenen wurde für die Opfer der Revolution vom 18. März 1848, die Märzgefallenen, angelegt. Nach der Novemberrevolution 1918 wurden hier auch die ersten Berliner Gefallenen dieses Aufstandes beerdigt.
1960 aufgestellte Bronzefigur „Roter Matrose“ von Hans Kies
• Exkurs Krankenhaus Friedrichshain Das Krankenhaus Friedrichshain (heute Vivantes Klinikum am Friedrichshain) wurde von 1868 bis 1874 als zweites Berliner Krankenhaus nach der Charité erbaut. Hier verstarb der Friedrichshainer SA-Sturmführer Horst Wessel am 23. Februar 1930 an einer Schussverletzung. Fall Wessel
• Daniel Siemens, Horst Wessel. Tod und Verklärung eines Nationalsozialisten, München, 2009 • ausführlicher Text zum Thema von der Antifa Friedrichshain
Dr. Oliver Reschke
07. Mai 2017
4. Station: „Liste 3 KPD“
Friedhofsmauer des Georgen-Parochial-Friedhofes V, Friedenstraße, Ecke Distelmeyerstraße: Wahlwerbung der KPD zur Reichstagswahl am 6. November 1932 (Foto aus dem Jahre 2006)
zur weiteren Geschichte dieses Schriftzuges: „... und schön dunkel war‘s auch - Ein Graffiti von 1932“, in: mont klamott Nr. 22/November 2006, S. 10-20
Dr. Oliver Reschke
07. Mai 2017
5. Station: Kreuzung Richard-Sorge Straße/Straßmannstraße Die erste Fahnenweihe einer Hakenkreuzfahne auf dem Stadtgebiet Berlins fand Ende September 1923 in der Tilsiter Straße (heute Richard-Sorge-Straße) 32 statt. Das Lokal „Busch“, Tilsiter Straße 27, war das Trefflokal der sozialdemokratischen Reichsbanner-Kameradschaft „Petersburg“, der etwa 70 Mann angehörten.
• Exkurs Zwischen den Lokalen der Kommunisten und Nazis, ist es in dieser Zeit zu vielen Kämpfen gekommen. Generell Exkurs zur lange tradierten Lage von (ehemaligen) Nazi- und KPDLokalen (weitere Beispiele aus Kreuzberg und Prenzlauer Berg). Weitergehende Literatur: Oliver Reschke, Kampf um den Kiez. Der Aufstieg der NSDAP im Zentrum Berlins 1925-1933, Berlin 2014, S. 286, 300/301
Dr. Oliver Reschke
07. Mai 2017
6. Station: SA-Lokal „Keglerheim“ Das älteste NSDAP-Lokal im Berliner Osten, das Partei- und Sturmlokal zugleich war, war das 1929 von Oswald Pretzsch gegründete Restaurant und Caf é „Zum Kegler-Heim“, Petersburger Straße 86 (heute Neubau mit der Nr. 94). Es war das Sektions-Verkehrslokal der NSDAP-Sektion Baltenplatz und Sturmlokal des SA-Sturmes 34. Das „Keglerheim“ erlangte nach der Machtübertragung 1933 traurige Berühmtheit als „Mörderkeller“. Heute erinnert eine Gedenktafel an „hunderte Friedrichshainer Antifaschisten“, die dort misshandelt und ermordet wurden.
Foto um 1946
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07. Mai 2017
7. Station: NSDAP-Lokal „Zoske“ In der Warschauer Straße 28 befand sich eines der ersten NS-Lokale im Bezirk Friedrichshain. Das Lokal wurde von den Gastwirtsleuten Herr (Johannes) und Frau Zoske betrieben. Am 27. Januar 1927 ereignete sich nach einer nationalsozialistischen Versammlung eine schwere Schlägerei von Nationalsozialisten mit Reichsbanner- und Rotfrontangehörigen. Es war einer der ersten großen Zusammenstöße von Nationalsozialisten mit ihren politischen Gegnern in Berlin überhaupt. Weitergehende Literatur: Oliver Reschke, Der Kampf der Nationalsozialisten um den roten Friedrichshain 1925-1933, Berlin 2004
Dr. Oliver Reschke
07. Mai 2017
8. Station: KPD-Lokal „Hoffmann“ Im Jahre 1932 hatte die KPD im Bezirk Friedrichshain nicht weniger als 39 offiziell bei der Polizei gemeldete Verkehrslokale. Eines der bekanntesten und traditionsreichsten davon war das Lokal von Paul Hoffmann in der Gubener Straße 5. Von hier holten sich am 27. Januar 1927 Reichsbannerangehörige Verstärkung für eine Auseinandersetzung mit Nationalsozialisten aus dem Lokal „Zoske“ in der Warschauer Straße 28.
• Exkurs Am 29. Januar 1928 wurde der derzeit 20-jährige kommunistische Jungarbeiter Herbert Neumann nach einer politischen Auseinandersetzung im Lokal „Hoffmann“ durch zwei von einem Polizeioberwachtmeister abgefeuerte Kugeln tödlich verletzt. Neumann wurde auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde im Nachbarbezirk Lichtenberg bestattet. Sein Grab befindet sich in der Gräberanlage für die Opfer des Faschismus und Verfolgte des Naziregimes.
Diese Gedenktafel war am Hause Gubener Straße 5 angebracht und wurde vor einigen Jahren vom Eigentümer entfernt.
Dr. Oliver Reschke
07. Mai 2017