Gerhard Kaiser - Images Never End

Images Never End Gerhard Kaiser

Formalästhetische Richtungswechsel und die Grenzüberschreitung der künstlerischen Gattungen zeichnen Gerhard Kaisers Arbeit seit mehr als vier Jahrzehnten aus. Das dialogische Zusammenwirken von Objekt, Grafik, Malerei und Fotografie erklärt den multidisziplinären Ansatz seiner Kunst, die in ihrem installativen Charakter Raum schafft und gleichzeitig okkupiert.

Die mediale Bilderflut heutiger Zeit prägt Vorstellungen von Wirklichkeit.

Kaiser reflektiert Ideen und Definitionen von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft, bringt sein eigenes Bewusstsein gleichsam mit ins Bild und erkennt Realität als politisch und gesellschaftlich wandelbar.

Thematisch strukturiert beschreibt das vorliegende Buch ausführlich die Genese eines künstlerischen Werks, das sich seit jeher einem Prinzip kontinuierlicher Veränderung verschreibt. Von frühen Materialbildern, gestisch-figurativer Malerei, Objekten aus Kunststofffolien, Gummitüchern, Acrylglas und Fundstücken über den malerischen Einsatz von Schablonen und grellen Signalfarben bis zu Assemblagen, Rauminstallationen und zur Verwertung digitaler Bilder reicht das Spektrum Kaisers Schaffens.

For more than four decades Gerhard Kaiser’s work has been characterised by formal and aesthetic changes of direction and by transgressing the borders of art genres. The dialogical interplay of objects, graphics, painting and photography explain the multidisciplinary approach of his art which, in its installative character both creates and occupies spaces. The flood of media images in today’s world impacts our conception of reality. Kaiser reflects ideas and definitions of the present, past and future and, so to say, puts his own consciousness in the picture whilst acknowledging that reality is politically and socially mutable.

The present book is thematically structured and describes in detail the genesis of an oeuvre which has always been dedicated to the principle of continuous change. The spectrum of Kaiser’s work extends from the early material pictures via gestural and figurative painting to objects made of plastic sheeting, rubber blankets, acrylic glass and found items; from the painterly use of stencils and bright, signal colours to assemblages, largescale installations and the use of digital images.

Für Christiane

Images Never End Gerhard Kaiser

Herausgegeben von Hartwig Knack und Alois Herrmann VERLAG FÜR MODERNE KUNST

Inhalt | Content

10|11 Ordnungen schaffen | Creating Order 12|18 Hartwig Knack – Images Never End – Im Bild sein heißt in der Welt sein | To be in the picture means to be in the world 35|43 Gerhard Kaiser im Gespräch mit | in conversation with Alexandra Schantl –

53|54 Florian Steininger – The Images Are Always by Your Side 78|79 Verborgene Bilder | Hidden Pictures 90|92 Alexandra Schantl – Über den Stillstand der Zeit | On Time Standing Still 103|107 Manfred Wagner – Über Gerhard Kaiser | About Gerhard Kaiser 110|111 Innen und Außen | Inside and Outside 113|116 Peter Liaunig – Besuch im Kaiser-Reich | Visiting Kaiser in his Empire 121|125 Lucas Gehrmann – Plastik-Plastiken | Plastic-Plastics 132|136 Alexandra Schantl – Im Sog der Bilder | Lost in the Onslaught of Images 161|167

Alles auf Anfang | Back to the Beginning

Wolfgang Pauser – Der Träger und das Getragene | The Carrier and the Carried

176|178

Wolfgang Pauser – Kunststoff - Stoff der

Kunst | Artmaterial - Material of Art

245|249

Nina Schedlmayer –

260|261 Raumaneignung und Installation | Spatial Appropriation and Installation 265|269 Der

bildhafte

Hartwig

280

Knack

Herzschlag

–

|

Diskurs

Biografie | Biography

The

der

Pictorial

Bilder

284|285

Authors 286 Impressum | Colophon

|

Heartbeat

Discourse

of

Images

Autoren und Autorinnen |

Gerhard Kaiser Studio

Gerhard Kaiser Studio

O rd nunge n s c h af fe n Seit vielen Jahren ist es Gerhard Kaiser ein drängendes Bedürfnis, Gefundenes und Entdecktes zu sammeln und zu bewahren, um es in weiterer Folge in Zustände künstlerischer Ordnungen zu überführen. Als malerisch, fotografisch und skulptural konzentrierte Formstrukturen kombiniert und klassifiziert der Künstler Alltagsobjekte, unterschiedlichste Materialien wie auch digitale Daten neu und berührt auf diesem Weg immer wieder die Dimensionen der überbordenden Bilderflut unserer Zeit.

Als Aufbewahrungsorte von inhaltlich relevanten, äußerlich inspirierend oder aus anderen Gründen wertvoll erscheinenden Dingen und den daraus entstehenden Arbeiten dienen Gerhard Kaiser weitläufige Atelier-, Werkstatt-, Schau- und Depoträume, deren Ordnungsprinzipien sich nicht auf den ersten Blick erschließen.

Akribisch bezeichnete und systematisch übereinandergestapelte Kartonschachteln, gefüllt mit einzelnen Kunstwerken, wechseln sich mit vollgestellten Wandschränken und mit Kunst gefüllten Plastiksäcken ab, während zahllose Leinwände und gerahmte Papierarbeiten den Weg zu Stellagen und Regalen versperren, auf denen von Weitem Röhrenradios, Zitronenpressen, Zuckerdosen, Ventilatoren, Metallgitter oder Bakelit-Telefone zu erkennen sind.

Die etwas separat liegenden Schauräume ermöglichen Kaiser in Momenten der Ruhe einen Blick aus der Distanz auf seine meist verdichteten Bildwelten, die wie in sich geordnete Organismen kaum zu entschlüsselnden Gesetzmäßigkeiten zu folgen scheinen.

Cre at i ng Order For many years Gerhard Kaiser has had a pressing need to collect found and discovered objects and to store them so as to be able to subsequently integrate them into a state of order determined by the artist. He reclassifies everyday objects of various materials and digital files into concentrated painterly, photographic and sculptural formal structures and, in doing so, repeatedly touches on dimensionality of the excessive flood of images of our times.

Gerhard Kaiser’s spacious studio / workshop / showroom / warehouse serves as storage space for things that appear relevant, physically inspiring or valuable for other reasons along with the works that result from them. The principles behind the order are, however, not immediately clear.

Meticulously labelled and systematically stacked cardboard boxes containing individual artworks alternate with stuffed wall cupboards and plastic bags full of art while numerous canvases and framed works on paper block access to storage racks and shelving on which tube radios, lemon presses, sugar bowls, fans, metal grids or bakelite telephones can be observed from afar. In quiet moments, the nearby but separate showrooms provide Kaiser with a view of his usually condensed pictorial worlds which, as with organisms organised on the basis of their own internal logic, appear to follow an almost indecipherable set of rules.

Images Never End – Im Bild sein heißt in der Welt sein Hartwig Knack Die Kunst Gerhard Kaisers ist seit jeher geprägt von einem konzentrierten Erkunden verschiedener

Bildsprachen

und

einem

experimentellen

Festhalten

von

Bildern,

dieVerborgenes hinter dem Sichtbaren erahnen lassen. Dieses Suchen, Bergen und Bewahren wird nicht nur in den vielschichtigen digitalen Arbeiten der letzten Jahre deutlich, sondern ist bereits in den frühen, aus Fundstücken und Alltagsobjekten entwickelten Materialbildern spürbar. Das grundsätzliche Bestreben des Künstlers ist es, den Bildbegriff zu sprengen und seine unterschiedlichen Nutzungszusammenhänge zu öffnen.

Die alltägliche und allgegenwärtige Bilderflut und die damit einhergehende Informationsfülle ist ein Phänomen unseres digitalen Zeitalters und lässt uns allzu schnell den Wert des einzelnen Bildes vergessen. Nie zuvor wurden so viele Bilder respektive Fotos in so kurzer Zeit produziert und so schnell verbreitet wie heute. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten wurden im Schwarzweißlabor in Entwicklerbädern Handabzüge hergestellt, was durch den Zeit- und Arbeitsaufwand die Zahl der Bilder begrenzte und eine Auswahl nötig machte.

Aus der ohnehin schon geringen Anzahl von 36 Negativen eines Kleinbildfilms wurden dann die besten ausgewählt, vergrößert, publiziert oder auch einfach in Alben geklebt, um sie nachfolgenden Generationen zu überantworten, bis sie verblassen. Heutige Bilder hingegen haben manchmal nur eine verschwindend geringe Lebensdauer, wenn sie zum Beispiel auf digitale Kommunikationsplattformen wie etwa „snapchat“ hochgeladen werden und sich nach wenigen Sekunden selbst löschen. Oder aber, sie bleiben unlöschbar im „world wide web“ bestehen.

Wenn Gerhard Kaiser sagt, er kämpfe täglich mit der Last eines „Bilddrucks“, so spricht er von der zeitweisen Überforderung und einem persönlich empfundenen Zwang, Bilddaten visuell zu verarbeiten, zu systematisieren und praktisch zu speichern. Seine Festplatten und Bildarchive füllen sich, die digitale Welt des Internets ist von niemandem mehr zu überblicken und schon längst nicht mehr beherrschbar. Malerisch und zeichnerisch, aber auch in Form von einfachen Collagen und Assemblagen aus Kartonresten entwickelt der Künstler bereits Ende der 1980er-Jahre Arbeiten, deren Oberflächen in Kompartimente unterteilt, mit linearen oder gepunkteten Formen gefüllt und formatiert sind. Hier zeigen sich erste Ansätze, die im Laufe der Jahrzehnte des Schaffens zum Prinzip erhoben werden sollten: Figurative, gegenstandslose oder fragmentarische Bild- und Textelemente objekthaft oder in ein Geviert fassen und zu strukturierten klaren Bildräumen ordnen.

Anhand einer jüngeren Serie mit dem Titel Horror Vacui lässt sich beispielhaft die inhaltliche und technische Entwicklung des beschriebenen Prinzips ablesen. Mittels Digitaldruck bearbeitet Kaiser seit 2017 eigens gefertigte rechteckige Acrylglasrahmen und definiert sie dadurch als Bildträger. Der innere Raum hingegen bleibt leer, während der Rand die bildlich und textlich stark verkleinerten und komprimierten Informationen aufnimmt und in einen Rahmen fasst.

Teil, 2017, Digitaldruck auf Acryl-

Mit dieser Idee deutet Kaiser nicht nur den weit verbreiteten Begriff des „Horror Vacui“ („Angst

glas | digital-print on acrylic

vor der Leere“) neu, der in der bildenden Kunst das Bedürfnis bezeichnet, alle leeren Flächen

glass, 101 x 40 cm

mit Darstellungen möglichst dicht zu füllen. Der Künstler beweist Mut zur bildfreien Fläche

als Ruhepol und Projektionsort für Imaginationen und unterstreicht zudem einmal mehr seinen Anspruch, das an der Wand präsentierte gerahmte Tafelbild als traditionelle Kunstform überwinden zu wollen. Kaisers gläserne Rahmen sind angefüllt mit digitalisierten Materialien seiner Archive. Durch Überlagerung, Verdichtung und Kombination kaum mehr nachvollziehbarer Datenmengen sprengt Kaiser die klassische Auffassung des Bildes als Fenster in eine überschaubare oder gar abgeschlossene Bildwelt. Der Künstler schafft Bilder, die jenseits der Galeriewand überall sein können und sollen: am Boden liegend, an der Wand lehnend oder in größeren Zusammenhängen mit anderen Objekten in Rauminstallationen aufgehend.

Nicht nur durch die konzentrierte Überlagerung von Bilddaten in Digital- oder Siebdruck­ Continous-Raum a, 1992–2019,

verfahren, auch durch Übermalung, Eingießen in Lack und Epoxidharz oder mittels Schichtung

Installation, Detail, Gerhard Kaiser

unterschiedlicher Materialien zu semitransparenten dreidimensionalen Objekten erzielt Kaiser

Studio

Vertiefungsebenen, in denen Bilder verborgen sind oder wie Spuren der Vergangenheit verwahrt werden. Seit den 1990er-Jahren arbeitet der Künstler verstärkt an Bildserien, für die er ausrangiertes Repromaterial aus Druckereien als maßgeblichen Bestandteil verwendet. Belichtete Filme, gebrauchte Kopierfolien oder Offsetdrucktücher dienen als Material zur Herstellung seiner Objekte oder werden nach dezenter Überarbeitung in Gänze zu körperhaften Kunstwerken erhoben. Einzelne Fotoabzüge, zerschnittene Polaroids oder Negative behandelt Kaiser wie kleine Kostbarkeiten, indem er sie in Form handlicher kleiner Objekte in Leim und Kunstharz sichert und gleichsam konserviert oder mit durchscheinenden Lackschichten übergießt.

Das Einschließen, Festsetzen und Bewahren dieser gefundenen Bilder unterstreicht ihre hohe Wertigkeit für den Künstler, der sich im Gespräch als „Bildräuber“ und „Materialsammler“ bezeichnet. Als Erinnerungsspeicher und Relikte vergangener Zeiten erlangen die Repromaterialien, die auch in großformatige dreidimensionale Objekte Eingang finden, zeichenhaften Charakter und nehmen fast schon sakrale Züge an. Kaisers Bestreben geht dahin, das Gefundene visuell hervorzuheben, als wertvolles Kleinod zu verschließen und für lange Zeit wie in einem Schrein zu schützen und dauerhaft zu verwahren.

Anfang der 1990er-Jahre entdeckt der Künstler Plastikfolien für seine Arbeit, die als reflektierendes Material Umgebung und Betrachter miteinbeziehen und beim Vorbeigehen visuell zu temporären Elementen des Objekts werden lassen. Die meist aus transparenten Kunststoffen bestehenden heterogenen Objekte bieten seither vielgestaltige Einblicke und sind oftmals aus unterschiedlichsten Bestandteilen wie etwa farbigen, mit Text- und Bildfragmenten bedruckten Folien, Montageschaum, Lack- und Acrylfarbe, Epoxidharz, Gelatine oder Acrylglas aufgebaut. Durch die Transparenz und relativ leichte Formbarkeit der Folien, die Kaiser als Bildhäute beschreibt, erreicht er unterschiedlich ausgeprägte Tiefenwirkungen und ermöglicht im übertragenen Sinn einen Blick hinter die Dinge. Der Künstler spricht hier auch von Guckkästen, die mehrere Blickachsen auf ihr Innerstes erlauben und einfordern. Er umhüllt und überzieht einzelne Komponenten oder das Ganze mit glänzenden, matten, durchscheinenden oder opaken Folien, vermeidet auf diesem Weg inhaltliche Eindeutigkeiten und schafft eine Synthese zwischen Räumlichkeit und Fläche, zwischen gezielter Komposition und chaotischer

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Konstruktion, zwischen Dokumentation und Archivierung.

Als weitere Thematik rückt in diesem Kontext das Gegensatzpaar Innen/Außen in den Mittelpunkt Kaisers Interesses. Dieses für den Künstler zentrale Spannungsfeld offenbart einerseits Begrenzungen und Öffnungen, andererseits ermöglicht es Fokussierungen, um Perspektivenwechsel vorzunehmen. Bereits Mitte der 1970er-Jahre überarbeitet Kaiser als Kunststudent gefundene Röntgenbilder und trägt gleichsam das verborgene Innere nach außen und führt es wieder zurück.

Vergleichbar einer Membran setzt Kaiser heute seine „Bildhäute“ ein, die als Verbindungsund Trennlinien gleichermaßen fungieren. Der Künstler liefert uns damit unterschiedliche Möglichkeiten, um mental in seine Werke einzusteigen. Die partiele Durchsichtigkeit der flexiblen Folien und stärkeren Kunststoffe hilft, werkinhärente Bild- und Textkonzentrate individuell zu filtern, sie zu einem mehr oder minder sinnvollen Gesamteindruck zusammenzuführen und sich schließlich durch Reflexionen und Spiegelungen selbst im Bild zu finden. Ähnlich der selektiven Durchlässigkeit einer Membran markieren die Ebenen in Kaisers Werken Bereiche 00013-scan_2019-01-13_1048-24, 1992, Detail, Acryl auf Röntgenfilm | acrylic on X-ray film, 29,7 x 42 cm, Sammlung | Collection Peter Liaunig, Wien

des Übergangs von Davor und Dahinter – wie auch der Passage und Undurchlässigkeit – und übernehmen die Funktion eines Regulativs, das vorgibt, welche Bilder sich aus welchen Perspektiven heraus bilden.

Kritisch Perspektiven einnehmen, in Debatten einsteigen, sich unvoreingenommen und wertneutral ein Bild machen von der übermäßigen Informationsfülle, die uns alltäglich medial erreicht, sind Fundamente unseres sozialen und demokratischen Zusammenlebens. In diesem Kontext den Überblick nicht zu verlieren, Nachrichten in Wort und Bild zu selektieren, mental zu ordnen und dabei den virtuellen Raum des Internets als grundsätzlich manipulativ nicht aus dem Auge zu verlieren, ist keine leichte Aufgabe.

Ab 2011 entwickelt Kaiser verschiedene Serien von Leinwandarbeiten, in denen er einmal mehr Ordnungssystematiken etabliert. Mal gibt ein Digital- oder Siebdruck das Grundgerüst des Motivs vor, das der Künstler in einem nächsten Schritt mit Acryl- oder Lackfarben überarbeitet. Ein anderes Mal verwendet er Schablonen, die Gitterstrukturen erzeugen oder an Dichtungen mit Bohrungen und Langlöchern erinnern, wie sie im Motorenbau verwendet werden. Punktuell eingesetzte gelbe, grüne, orange oder violette Signalfarben sowie zuweilen auch Schriftfragmente und figürliche Kürzel kennzeichnen viele dieser Werke, denen der Begriff der Raumordnung als Leitgedanke zu Grunde liegt. Assoziationen von Grundrissen, technischen Zeichnungen oder anderen architektonischen Detailplänen drängen sich auf.

Kammern als Organisationskategorien bieten Möglichkeiten zu selektieren und aufzuräumen.

Wenden wir uns den ab 2002 entstehenden surreal anmutenden Objekten zu, die gänzlich aus Gebrauchsgegenständen aufgebaut sind, so wird deutlich, dass Kaiser sich nicht auf das Ordnen von digitalen (Bild-)Daten beschränkt, sondern auch materielle Güter sortiert, spielerisch neu denkt und zu erstaunlichen Kombinationen gruppiert. Aus historischen Alltagsobjekten wie Lampenschirmen, Bügeleisen, Keksdosen, Schallplatten, Porzellantellern,

Ensemble, 1989, Acryl auf Holz |

Blumentischen und anderem mehr, die als Reminiszenzen vergangener Tage zu verstehen sind,

acrylic on wood, 130 x 100 cm

erwachsen spannende raumeinnehmende, absurde Arrangements. Sie lassen an die

bildhafte Formulierung des französischen Dichters Lautréamont denken, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in seinem Werk Les Chants de Maldoror die Schönheit eines Jünglings mit einem „zufälligen Zusammentreffen einer Nähmaschine und eines Regenschirms auf einem Seziertisch“ beschreibt. Ähnlich wie Lautréamont, ein Vordenker der Surrealisten, in seinen Schriften gegen traditionelle Werte und Normen rebellierte, setzt Kaiser auf die Sprache des Materials und stellt mit seinen befreienden Montagen das Übliche, Ordentliche und Geregelte in Frage.

Der verwandte Werkblock der Wende-Objekte referiert auf Marcel Duchamp, der als Weg­ bereiter des Dadaismus mit seiner Arbeit Fountain, dem weltweit bekannten, um 90 Grad gekippt liegenden Urinal, vor etwas mehr als einem Jahrhundert das Readymade als Kategorie in die bildende Kunst eingeführt hat. Kaiser beraubt ebenfalls industriell erzeugten Massen­ produkten ihre eigentliche Funktion, wenn er beispielsweise eine Sitzbank aus dem Nachlass seiner Großeltern von allen Polstern befreit, das mit Gelatine überzogene und Kunststofffolien versehene hölzerne Gestell auf die Seite gestellt präsentiert und es mit Rechen betitelt.

Gemäß dem von Joseph Beuys 1985 kurz und prägnant formulierten Manifest „Der Fehler fängt schon an, wenn sich einer anschickt, Keilrahmen und Leinwand zu kaufen“, und dem Plädoyer seines Lehrers Oswald Oberhuber, traditionelle Gattungszuordnungen innerhalb der Kunst aufzulösen, verfolgt Kaiser seit jeher einen erweiterten Kunstbegriff und versucht sich insbesondere von der Technik der klassischen Malerei zu distanzieren. Der Künstler selbst beschreibt sich demnach eher als „Anmaler“ denn als „Maler“ und verfolgt vorrangig in seinen Plastiken und skulpturalen Werken das Prinzip einer additiven Formgebung, das nicht nur Fundstücke, zusammengenietete Folien mit Motiven, sich überlagernde Materialebenen oder stoffliche Inhalte umspannt. Durch intuitives Zusammenstellen von Wand- und Bodenarbeiten aus seinen Archiven und Depots kreiert Kaiser wohl durchdachte Konglomerate und Formstrukturen, die als dreidimensionale Bildorganismen Räume schaffen Mein Duchamp, 1993, Bildmaterial,

und gleichzeitig okkupieren. Seine installativen Arbeiten ordnen den Raum temporär und

Fell und Leim auf Acrylglas |

stellen Bezugssysteme innerhalb ihrer selbst her. Ähnliche modulartige Gegenüberstellungen

image material, fur and glue on

formuliert Kaiser in manchen Leinwänden spielerisch vor, mit denen er ästhetische, formale

acrylic glass, 145 x 30 cm

und inhaltlich wechselseitige Spannungsverhältnisse der Werkkomponenten hinterfragt.

Die mit einem Augenzwinkern geäußerte Wunschvorstellung, eines Tages „Herr über die Bilderflut unserer Zeit“ zu werden, wird für Gerhard Kaiser wohl ein aussichtsloses Unterfangen bleiben. Seine bildgewaltige, intensive Kunst von atmosphärisch-informativer Dichte aber lotet die Vergänglichkeit der Zeit wie auch die Turbulenzen und Unsicherheiten des Moments aus. Zwischen digitaler Ästhetik und analoger Präsenz bewegen sich seine Bildwerke, deren Faszination in Opulenz und äußerster Reduktion wir uns nur schwer entziehen können. Die Auswahl der Materialien und Bildinhalte konstituieren zusammen ein Stück Wirklichkeit, bilden eine Realität. Immer aufs Neue geht es dem Künstler um das Verhandeln der Oberflächen der Bilder, deren Undurchsichtigkeit und Überlagerung, Transparenz und Durchdringung, um das Eintauchen in die unendliche Tiefe der Substanz,

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um das Verborgene und Verschwundene, das Sichtbare – das Sehen und Erkennen.

Menü, 2015, Digitaldruck, Öl und Acryl auf Leinwand | digital print, oil and acrylic on canvas, 80 x 60 cm

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DNA, 2019, Bildmaterial, Acryl, Gelatine auf Plexiglas | image material, acrylic, gelatine on plexiglass, 40 x 30 cm

Images Never End – To be in the picture means to be in the world Hartwig Knack Gerhard Kaiser’s art has always been formed by a concentrated exploration of various pictorial languages and an experimental image capture which suggests something hidden behind what is visible. This searching, salvaging and preserving is not only recognisable in the multi-layered digital works of recent years, but was already palpable in the early material pictures developed out of found and everyday objects. The fundamental aim of the artist is to shatter the prevailing notion of “picture” and to open up its different functional relationships.

The daily and omnipresent flood of images and the associated wealth of information is a phenomenon of our digital age that all too quickly induces us to forget the value of individual pictures. Never before have so many (photographic) images been produced and distributed in such a short a time than is the case today. Only a few decades ago hand-printed, black & white enlargements were being made which, because of the necessary investment of time and materials, meant a limited number of pictures and made selection imperative. From Reading the surface, 2012, Detail,

the already small number of negatives on a film – 36 in the case of a 35mm camera – the

Digitaldruck, Acryl auf Leinwand

best were chosen, enlarged, published or simply stuck into albums to be left for succeeding

| digital print, acrylic on canvas,

generations until they (both) faded away. In comparison, pictures today sometimes have a

80 x 80 cm, Privatsammlung |

very short life span if, for example, they are uploaded onto a digital communication platform

private collection

such as “snapchat” where they self-erase after a few seconds. Or they remain indelibly part of the “world wide web”.

When Gerhard Kaiser says that he has a daily struggle with the burden “picture pressure”, he is talking of a temporary overload and a felt personal duress to process, systemise and store image data. As his hard drives and picture archives fill up, an overview of the digital world of the internet is no longer possible and has indeed been uncontrollable for some considerable time. At the end of the 1980s the artist developed works involving painting and drawing but also simple collages and assemblages of pieces of cardboard that divided their surfaces into compartments filled and formatted with linear or dotted forms. It is here that the first signs of an approach are to be seen. Over the years this will be elevated to a principle: figurative, abstract or fragmentary picture and text elements are combined into object-like or rectangular pictorial spaces that are clearly ordered and structured.

A perfect example of the substantive and technical development of the above principle is to be seen in a recent series with the title Horror Vacui. Since 2017 the artists has been using digital printing to print self-made rectangular acrylic glass frames thereby defining them as picture supports. In contrast, the interior space remains empty while the edges take on the pictorial and textual information – greatly reduced in size and compressed – fixed into a frame.

Kaiser’s idea here is not only an interpretation of the well-known term, “horror vacui” (the fear of empty spaces). In the visual arts this transposition is a need to fill all empty spaces as densely as possible with depictive elements. The artist exhibits courage in leaving pictorially empty surfaces as a place of quiet and a projection space for the imagination. Once again he underlines his aspiration to overcome the limitations of the traditional art form of the framed picture on a wall. Kaiser’s glass frames are filled with digitalised material from his archive.

Layering, compression and combination render the volume of data almost incomprehensible and enable Kaiser to break through the boundaries of the picture qua window into a readily comprehensible or even self-contained pictorial world. The artist creates images that can and should be anywhere else but the gallery wall: lying on the floor, leaning on the wall or integrated into the larger context of a room installation together with other objects.

It is not only by means of the concentrated layering of picture data using silkscreen or digital printing processes, but also because of the over-painting, the fixing in gloss paint or epoxy resin or the layering of various materials to create semi-transparent, three-dimensional objects that Kaiser achieves in-depth strata which hide pictures or preserve them as traces of the past. Since the 1990s the artist has increasingly been working on picture series employing scrapped repro material from printing shops as a significant element. Exposed film, used overhead projection material or offset printing blankets serve as raw material in the production of his objects or are elevated to physical works of art after unobtrusive reworking. Kaiser treats individual photographic prints, cut up Polaroids or negatives as miniature treasures by fixing – and thus preserving – them in glue or synthetic resin or in semi-transparent layers of gloss paint. This forms them into small, conveniently-sized objects.

For the artist, who in conversation referred to himself as a “picture thief” and “material collector”, the enclosing, fixing and conservation of these found images underlines their high Diabetes, 2012, Kunststoff,

value. The repro materials that also find their way into large-scale, three-dimensional objects

Gummi, Vinyl, Lack | plastic,

take on a sign character as storage mediums for memories, relicts of past times and so

rubber, vinyl, gloss paint,

assume an almost sacred character. Kaiser’s efforts are aimed at visually emphasising the

100 x ø 35 cm

found objects, at sealing away valuable jewels for a long time and affording them long-term protection as if they had been enshrined.

At the beginning of the 1990s the artist discovered plastic sheeting for his work. Being a reflective material it incorporates its surroundings and the viewer, turning them into temporary components of the object as they go by. These heterogeneous objects are usually made of transparent plastic and have always offered a multifaceted insight. They are often made from very differing components such as coloured sheeting material printed with text and image fragments, construction foam, gloss and acrylic paint, epoxy resin, gelatine or acrylic glass.

Because the plastic sheeting – which Kaiser calls “picture skin” – is transparent and relatively easy to form he is able to achieve depths of different kinds, which provide a look “behind the scenes” in a metaphorical sense. Here too, the artist talks of “peep show cabinets” that allow (and demand) viewing of their interior life from multiple view points: individual components encased and wrapped up or as a whole with shiny, matt, transparent or opaque sheeting.

In this way substantive unambiguousness is avoided and a synthesis is achieved between spatiality and surface, intentional composition and chaotic construction, documentation and archiving.

A further issue raised by Kaiser’s focus of interest in this context is the oppositional pair of

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interior and exterior. This, one of the artist’s central fields of tension reveals demarcations

and openings on one side while, on the other, it enables the focus needed in order to effect a change of perspective. As early as the 1970s Kaiser – still an art student – reworked found X-ray images so as to transfer the hidden interior to the exterior and, at the same time, back again.

Today, Kaiser employs his “picture skins” like membranes which function both as a connective element and a dividing line, so that the artist provides us with different possibilities of mentally engaging with his work. The partial transparency of the flexible sheeting and thicker plastic Continous-Raum c, 2017, Detail,

helps to filter the inherent pictorial and textual concentrate, to bring them together in a more

Sammlung I Collection Urban,

or less meaningful overall impression and, finally, through reflection and reflections to find

Waidhofen/Ybbs

oneself in the picture. Similar to the selective permeability of a membrane, the transitions from “in front of” to “behind” as well as that of passage to impermeability mark levels in Kaiser’s work, taking on the function of a regulator controlling which picture emerges out of which perspective.

Taking a critical perspective, entering into debates, making a picture from the plethora of information that reaches us everyday via the media but unclouded by preconceived positioning and thus value-free, is the foundation of our social and democratic society. In this context, not loosing your bearings while being able to mentally order a selection of news – in words and pictures – and, at the same time, not losing sight of the fact that the internet is manipulative at heart, is no easy task.

From 2011 Kaiser began to develop various series of works on canvas in which he once again established systemic order. Sometimes a silkscreen or digital print provides the basic framework of the motif which the artist immediately reworks with acrylic or house paint.

At others he uses a stencil that creates a grid structure or a pattern reminiscent of gaskets with their bores and slots as used in motor construction. At certain points he employs signal colours – yellow, green, orange or violet – and occasionally text fragments and figurative tokens and these characterise the works in which the fundamental conceptual thought is a notion of spatial order. Associations with plans, technical drawings or other detailed architectural elevations come to the fore. Chambers as organisational categories offer opportunities for selection and clearing up.

If we turn to the surreal appearances of the objects that began to be made in 2002 and are composed of everyday objects, it becomes clear that Kaiser is not limited to the ordering of digital (picture) data but also sorts material goods, playfully rethinking them into astounding combinatory groups. Exciting, room-filling and absurd arrangements grow out of historic everyday objects such as lampshades, clothes irons, biscuit tins, gramophone records, porcelain plates, flower stands and other things all reminiscent of times past. They call to mind the vivid formulation of the French poet Lautréamont in the second half of the nineteenth century in his work, Les Chants de Maldoror, in which he describes the beauty of a youth as “the random encounter between an umbrella and a sewing-machine upon a dissecting-table”.

In common with Lautréamont – a precursor of the Surrealists – who rebelled in his writings

against traditional values and norms, Kaiser places reliance on the language of his material and, with his liberating montages, questions what is commonplace, proper and regulated.

The Wende-Objekte (turned objects) of the related block of works is a reference to Marcel Duchamp, the forerunner of Dadaism and his work Fountain, the world famous urinal flipped 90° on its side, first exhibited almost a century ago and responsible for the introduction of the concept of the ready-made into visual art. Kaiser too divests industrially produced mass products of their intended function when, for example, he liberates a bench seat he inherited from his grandparents of all cushions, covering the remaining wooden frame in gelatine and plastic sheeting and presenting it turned on its side and titled it with Rechen (rake).

In accordance with Joseph Beuys’s short and pithy formulated manifesto from 1985, “The mistakes begin when someone sends you to buy a stretcher and canvas”, and a plea by his professor, Oswald Oberhuber, to dissolve the traditional borders between genres within art, Kaiser has always followed the dictates of an expanded definition of art and attempted to distance himself from the techniques of classic painting in particular. The artist would rather see himself described as a “prosaic painter” than an “academic painter” and, in the case of his objects and sculptural work, principally follows the principle of addition (construction) that includes not only found items, riveted plastic sheeting with subject matter and layered levels of material or fabric. By using an intuitive collection of wall and floor works from his archives and storerooms, Kaiser creates carefully thought-out conglomerate and formal structures ,which both create and occupy space as three-dimensional organisms. His installative works impart temporary order and call up inherent referential systems. Kaiser playfully formulates similar module-like confrontations in some canvases that also question the work’s component parts through the in-built tension in the relationships between the aesthetic, the formal and the substantive.

Gerhard Kaiser’s expressed – with a wink – wish to become “lord and master of the flood of images of our time” will no doubt remain an impossible endeavour. His visually impressive, intense art with its atmospheric and informative density plumbs the depths of the transience of the times and the turbulences and uncertainties of the moment. His pictorial works oscillate between digital aesthetics and analogue presences in such a way that we can only escape their fascination with opulence and extreme reduction with difficulty. The selections of

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Vermächtnis, 1993, Bildmaterial,

material and picture contents are together a piece of the real world and constitute a reality.

Folien, Karton | image material,

The artist renegotiates the pictorial surface freshly each time – its opacity and layering, its

sheeting, cardboard,

transparency and penetration; examining immersion in the infinite depths of substance, in the

50 x 28 x 23,5 cm

hidden and the lost, in the visible, in sight and in recognition.

Escape, 2019, Digitaldruck, Acryl auf Holz und Kunststoff | digital print, acrylic on wood and plastic, 110 x 110 x 26 cm

Die Chance eines Beginns, 2019, Detail, Plastik, Öl und Gelatine auf Leinwand | plastic, oil and gelatine on canvas, 40 x 40 cm

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Ereignisraum, 2019, Filmmaterial auf Schaumstoff und Holz | film on foam and wood, 88,5 x 45 x 2 cm

Installationsansicht | installation view, Gerhard Kaiser Studio, 2017

Verbinder, 2016, Digitaldruck und Gelatine auf Kunststoff | digital print and gelatine on plastic, 37 x 40 x 3 cm Kontinuum, 2015, Digitaldruck, Öl auf Leinwand | digital print, oil on canvas, 140 x 90 cm

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Selection, 2014, Acryl und Lack auf Leinwand | acrylic and gloss paint on canvas, 40 x 50 cm

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Die Bilder werden uns nie verlassen, 2014, Acryl und Gelatine auf Leinwand | acrylic and gelatine on canvas, 40 x 50 cm

Gerhard Kaiser Studio

Basic packing, 2018, Metall, Folie, PU-Schaum, Bildmaterial, Acryl | metal, sheeting, PU foam, image material, acrylic, 230 x 35 x 35 cm

Alles auf Anfang

Gerhard Kaiser im Gespräch mit Alexandra Schantl Alexandra Schantl: Unter den Werken, mit denen du seit 1979 in den Landessammlungen Niederösterreich vertreten bist, gibt es eine ansehnliche Anzahl von Gemälden aus der ersten Hälfte der 1980er-Jahre. Markieren sie tatsächlich den Beginn deiner künstlerischen Laufbahn?

Gerhard Kaiser: Ich habe nicht mit Malerei begonnen, sondern mit Zeichnungen, und zwar schon im Alter von 14 Jahren. Von da an habe ich intensiv und kontinuierlich zeichnerische Notate gemacht. Durch Museumsbesuche – vor allem im 20er Haus – kam ich schon davor mit zeitgenössischer Kunst in Berührung, insbesondere mit den Phantastischen Realisten. Ein ganz wesentliches Schlüsselerlebnis war das Bild Die Stimme des Blutes von René Magritte, das im 20er Haus ausgestellt war. Gleich daneben hing – daran erinnere ich mich genau – eine Landschaft von Arik Brauer. Das waren Begegnungen, die ziemlich viel ausgelöst haben.

AS: Wurde dadurch schon frühzeitig der Wunsch geweckt, Künstler zu werden?

GK: Nein, das waren Anregungen. Ich hatte nicht vor, „Künstler“ zu werden, und ich sehe mich auch heute eher als Alchemist oder Laborant. Der Entschluss zum Studium an einer Kunsthochschule kam erst viel später und geht auf eine Begegnung im Schwimmbad zurück, nämlich mit einem Architekturstudenten und einem, der in der Grafik-Klasse an der Angewandten war und sich immer wieder meine Zeichnungen angeschaut hat. Nach dem Bundesheer bin ich dann mit meiner Mappe zu Oswald Oberhuber gegangen, der zu der Zeit noch die Klasse für Gestaltungslehre innehatte. Wir haben uns von Anfang an gut verstanden und meine Mappe hat ihm auch gefallen. Somit war ich „drinnen“. Das war vermutlich die beste Entscheidung meines Lebens, da Oberhuber nicht nur einen sehr freundschaftlichen Umgangston pflegte, sondern einfach für alles offen und sehr darauf bedacht war, nur ja keine Epigonen heranzuzüchten. Er hat auch viele Exkursionen und Galeriebesuche mit uns gemacht, was einerseits sehr motivierend, andererseits aber auch abschreckend war.

AS: Inwiefern abschreckend?

GK: Bezogen auf die Intention und Macht des Marktes. Demzufolge lautete Oberhubers Credo: Ernährt eure Kunst und achtet darauf, dass ihr nicht von diversen Marktstrategen abhängig werdet. Das erinnert an die Fabel vom Fuchs und den Trauben. Zum einen ist es leidvoll, nicht am Markt vertreten zu sein, da man sozusagen nicht „vorhanden“ ist und das Geld ausbleibt; zum anderen ist die Arbeit unbelastet. – Man steht nicht unter Druck und kann sich frei entwickeln, was aber wiederum zur Folge hat, dass sich irgendwann die Eitelkeit meldet und man es als sehr schmerzvoll erlebt, nicht wahrgenommen zu werden. Das Positive daran ist, dass Arbeiten entstehen unabhängig davon, ob sie marktkonform sind oder eben nicht und die mitunter erst Jahre später wie zum Beispiel im Fall meiner Plastik-

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Plastiken ein potenzielles Kaufinteresse wecken.

AS: Was hat dich in jungen Jahren in künstlerischer Hinsicht inspiriert?

GK: Unter dem Eindruck der Besuche im 20er Haus habe ich mit 16, 17 Jahren einige kleine Bilder im Stil der Wiener Schule des Phantastischen Realismus gemacht, die ich alle verschenkt habe. Aus meinem damaligen naiven Geschichtsbewusstsein heraus habe ich mir die Dinge von der Seele gezeichnet, das Verborgene, Geheimnisvolle. Später habe ich mich dann mit den Arbeiten von Walter Pichler und Bruno Gironcoli auseinandergesetzt.

Ganz wesentlich war Paul Klee, von dem ich wirklich alles „durchgeackert“ habe. Ebenso fasziniert hat mich die Stilvielfalt von Pablo Picasso, vor allem sein plastisches Werk, seine Objekte und Collagen. Auch Alberto Giacomettis Objekte wie zum Beispiel Palast um 4 Uhr morgens haben ins Fleisch geschnitten. Mit den radikaleren Ansätzen von Marcel Duchamp, Dieter Roth, Kurt Schwitters usw. wurde ich erst durch das Studium bei Oberhuber vertraut. Da uns in der Oberhuber-Klasse neben einer gut ausgestatteten Druckwerkstatt, die alle Möglichkeiten von klassischen Tiefdrucktechniken bis hin zu Offset bot, auch ein Fotolabor zur Verfügung stand, war für mich dann in weiterer Folge die Auseinandersetzung mit Fotografie ein wesentlicher Schritt. Dabei habe ich mich von der Pike auf herangetastet: vom Fotografieren über das Belichten bis hin zur Negativ- und Positiventwicklung. So entstand die Lust am Experimentieren. Das gilt gleichermaßen auch für die Lithografie, den Sieb- und Offsetdruck.

AS: Heißt das, dass deine Faszination für die in der Druckerei eingesetzten Materialien (Gummitücher, Reprofolien), die immer wieder in deinen Objekten Verwendung finden, auf die Zeit des Studiums zurückgeht?

GK: Bis zu einem gewissen Grad ja, aber es hat vor allem damit zu tun, dass ich – um nach dem Studium den Lebensunterhalt zu verdienen – immer wieder in Druckereien gearbeitet habe. Dazu kommt, dass ich, nachdem ich die Schule abgebrochen hatte, eine vierjährige Lehre als Schriftsetzer absolvierte und dadurch natürlich eine Nähe zum Druckereiwesen entwickelt habe. Nach der Lehre kam das Bundesheer, wobei ich während dieser Zeit regelmäßig den Abendakt bei Adolf Frohner besucht habe und so auch erstmals in Kontakt mit Oberhubers Klasse für Gestaltungslehre gekommen bin, die im selben Gang war.

Ich war fast täglich dort. Einmal gab es ein großes Fest namens „Bruthahn“. So etwas habe ich davor und danach nie wieder erlebt: Oberhuber und Frohner waren als Römer mit Lorbeerkranz verkleidet und die Studenten sind mit einem Sarg auf den Schultern einmarschiert, prall gefüllt mit Backhendeln. Das war wirklich eine exzessive Orgie und ein Riesenspaß.

AS: Nach allem, was ich über deine Arbeit weiß und du bis jetzt über deine künstlerischen Anfänge erzählt hast, würde mich dennoch interessieren, wie es in den frühen 1980erJahren zu dem malerischen Intermezzo kam?

GK: Die gesamte Studienzeit war ein Dreiklang aus Zeichnung, Objekt und Fotografie; die Malerei kam überhaupt nicht vor. Wir waren sehr radikal und konzeptuell unterwegs.

Und dann standen plötzlich die Neuen Wilden da und der Pinsel, die Emotion, war auf einmal wieder legitim. Das lag in der Luft und war wie eine Eruption, die gewissermaßen ansteckend war und bei mir etwa fünf Jahre von 1982 bis 1987 gedauert hat.

AS: Diese kurze Phase der Malerei im Anschluss an das Studium hat aber innerhalb deines Schaffens wenig Relevanz. Wohingegen deine Diplomarbeit, der Trakl-Zyklus, einen weitaus größeren Stellenwert hat.

GK: Ja, das ist richtig. Wolfgang Hilger hat diesen Werkblock, der Mysterium einer Leidenschaft heißt und Georg Trakl gewidmet ist, einmal als „Spurensuche“ bezeichnet.

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Single, 2018, Fotomaterial, Kunststoff, PU-Schaum, Acryl | photo material, plastic, PU foam, acrylic, 230 x 35 x 35 cm

Das Experimentieren in der Dunkelkammer und innerhalb der Zeichnung – zum Beispiel die zeichnende Miene eines Kugelschreibers filmisch festzuhalten – das Naherücken an die Wurzel, war die treibende Kraft dabei. Es war ein Drang, die Grenzen und Traditionen des Mediums zu überschreiten, immer verbunden mit der Frage: „Was kommt danach?“ Es ging um das Beobachten der Prozesse und das Überschreiten oder Kombinieren der Medien.

AS: Dieser Trakl-Zyklus, bei dessen einzelnen Objekten du verschiedene Materialien und Medien kombiniert hast, war dann wohl ein erster Kulminationspunkt?

GK: Die Werke sind nicht von vornherein mit der Intention entstanden, einen Zyklus zu schaffen, sondern nach und nach im Sinne eines Kontinuums. Ich habe sie dann einfach als Block zusammengefasst. Das Verbindende ist, dass die verwendeten Materialien allesamt Spuren des Durch- oder Verlebten in sich tragen. Für Trakls Gedicht Blutschuld habe ich beispielsweise eine weinrote Decke herangezogen, auf der eine Katze ihre Jungen geboren hat. Es sind sozusagen exzessive Assoziationen zu Trakl, der ja selber sehr exzessiv und morbid war.

AS: Wie ging es dann nach dem Diplom und der schon erwähnten expressiven Malerei weiter?

GK: Nach meiner Zuwiderhandlung gegen das Beuys’sche Diktum: „Der Fehler beginnt schon damit, wenn einer sich anschickt, Farbe und Leinwand zu kaufen“, war ich froh, diesen Malexzess überwunden zu haben – auch wenn es natürlich einige Arbeiten aus dieser Zeit gibt, zu denen ich nach wie vor stehe. Ende der 1980er-, Anfang der 1990er-Jahre entstanden meine ersten Objekte aus Kunststoff und Gummitüchern, wobei ich parallel dazu nochmals zur Leinwand zurückgekehrt bin – allerdings um damit Körperhaftigkeit zu erzeugen. Zum Beispiel habe ich Rollo-Leinen auf Keilrahmen aufgezogen, aber nicht richtig gespannt und nur mit Schwarz gearbeitet. Ich muss damals – wie mir jetzt beim Durchforsten meines Archivs erst richtig bewusst wird – rund um die Uhr gearbeitet haben.

AS: Im Grunde gibt es in deinem Schaffen immer wieder Perioden wie zum Beispiel in den 2000er-Jahren, in denen du dich der Malerei gewidmet hast.

GK: Das stimmt. Es gab auch eine Phase der reinen Ölmalerei, die ich unter dem Titel Naturgeschichten subsumiere. Das waren im Gegensatz zu den exzessiven Schmierereien sehr stille, pflanzlich-ornamentale und fast altmeisterlich gemalte Bilder, die bereits ein wenig die von dir angesprochene Werkgruppe Grounding vorbereiten.

Ende der 1990er-Jahre hat sich das zu einem seriellen, auf Wiederholungen basierenden malerischen Gestalten weiterentwickelt. Zu erwähnen ist in dem Zusammenhang noch der um 2002 entstandene Weißblock, bei dessen einzelnen, ganz in Weiß gehaltenen Werken Körper und Fläche gegeneinander antreten. Parallel zu diesen „sidesteps“ in die Malerei habe ich die Arbeit an meinen Objekten aus verschiedenem, für mich immer wieder neuartigem Fundmaterial vorangetrieben. Eins ergibt das andere, schaukelt sich gegenseitig auf, sodass ich meist an mehreren Dingen gleichzeitig arbeite. Manchmal denke ich, dass die Arbeiten eigentlich beieinanderbleiben müssten, was natürlich nicht möglich ist, da die Kette ja nie abreißt. Dieses Überspringen war mir eigentlich gar nicht so bewusst, sondern vielmehr ein Drang. Ich habe aber seit jeher darauf geachtet, dass mir beim Arbeiten nicht langweilig wird, dass immer Spannung da ist.

AS: Wann hast du damit begonnen, deine Bilder und Objekte zu raumgreifenden Installationen zu arrangieren?

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Rolle, 2018, Fotomaterial, Kunststoff, PU-Schaum, Acryl | photo material, plastic, PU foam, acrylic, 230 x 50 x 50 cm

Lisene, 2018, Fotomaterial, Kunststoff, PU-Schaum, Acryl | photo material, plastic, PU foam, acrylic, 230 x 45 x 45 cm

GK: Erstmals war das tatsächlich beim Diplom der Fall. Ich möchte aber betonen, dass es bei solchen Arrangements nicht um eine festgelegte Anzahl von Werken geht, die hier mit- oder gegeneinander kommunizieren, sondern es ist alles austauschbar. Was dabei ebenfalls zum Tragen kommt, ist meine Intention, dass ich das Bild prinzipiell überallhin projizieren will. Der Bildträger kann eine Leinwand sein, aber genauso gut ein Tischtuch, ein Möbel oder auch der Fußboden.

AS: Den Schritt weiter in Richtung Videoprojektion bist du aber bis dato dennoch nicht gegangen.

GK: Dass ich über die Fotografie nicht weit hinausgekommen bin, hat ein bisschen mit Feigheit zu tun. Erst mit dem Einzug der digitalen Medien traue ich mir mehr zu. Insofern wird das immaterielle Bild zunehmend interessant. Bis jetzt konnte ich mich einfach von der Idee, das Bild festhalten zu wollen, mental nicht ganz verabschieden. Das liegt auch an dem Zwiespalt, dass ich einerseits im Atelier arbeiten möchte, andererseits aber Zuhause mit meinen Bildarchiven am Computer. Das erzeugt einen enormen Druck, der dadurch verstärkt wird, dass mitunter auch bestehende Arbeiten oder Details daraus zum Ausgangspunkt für neue werden. Alles ist Bild. Entscheidend ist der Prozess des Beobachtens, wo die Grenze, die Reißleine zu ziehen ist.

AS: In Anbetracht des ungeheuren Umfangs deiner digitalen Bildarchive stelle ich mir die konkrete Auswahl überhaupt sehr schwierig vor.

GK: Ich habe mir da ein System von Ordnern und Datierungen zurechtgelegt, welches mir das Surfen durch die Festplatten erleichtert. Außerdem merke ich mir viel und flaniere gerne durch meine Archive – vor allem wenn sich Müdigkeitserscheinungen bemerkbar machen. Dabei entdecke ich dann wieder etwas und lege es in einem neuen Ordner ab. Hinzukommt, dass ich auch das Atelier monatlich fotografiere und diese Aufnahmen ebenfalls archiviere.

AS: Wie entscheidest du eigentlich, wann ein installatives Arrangement oder ein einzelnes Objekt „fertig“ ist?

GK: Mir gefällt das „Holprige“ – wenn sich das Ganze nicht glatt und gefällig präsentiert, sondern sich die Werke ein wenig „verschlucken“ und rempeln. Der Zustand des Fertigen interessiert mich nicht, weil er keine Spannung mehr beinhaltet. Deshalb versuche ich, mich zum richtigen Zeitpunkt loszureißen. Es gibt zwar eine gewisse Endvorstellung, aber die führe ich nicht aus. Wichtig ist, dass alles im Fluss bleibt. Wenn ich mit einer Arbeit beschäftigt bin, entsteht automatisch die nächste. Das hilft mir, die Arbeiten nicht fertig zu machen und hat vielleicht sogar etwas Therapeutisches.

AS: Der Begriff des Kontinuums, den du selber immer wieder ins Treffen führst, scheint mir sehr passend – nicht nur in Bezug auf den unendlichen digitalen Bildspeicher, aus dem du deine aktuellen Arbeiten generierst, sondern auch auf deinen ununterbrochenen Schaffensprozess bezogen.

GK: Ja, es ist mental ständig präsent, wobei ich vorher eigentlich nie so bewusst darüber reflektiert habe. Erst jetzt, im Zuge der retrospektiven Beschäftigung mit meinem Werk im Zusammenhang mit der Konzeption dieses Buches, tritt Vieles zu Tage. Außerdem habe ich durch die Anerkennung, die mein Werk insbesondere in den letzten Jahren erfahren hat, nun endlich das Gefühl, dass alles seinen Platz gefunden hat. Das war mir jahrelang egal.

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Störung der Bildlichkeit, 2017, Digitaldruck, Acryl auf Leinwand | digital print, acrylic on canvas, 200 x 120 cm

Back to the Beginning

Gerhard Kaiser in conversation with Alexandra Schantl Alexandra Schantl: Among the works with which you have been represented in the Province of Lower Austria Collection since 1979, there is a sizeable number of paintings from the first half of the 1980s. Do these actually mark the beginning of you artistic career?

Gerhard Kaiser: I didn’t begin with painting but with drawing and that was at the age of 14. From then on I was continuously and intensively engaged in making drawn notes. But I had contact with contemporary art even before that, via museum visits – especially to the 20er Haus [the former Museum of Twentieth Century Art in Vienna] – and in particular with the Fantastic Realists. A particular and key experience was provided by the Voice of Blood by René Magritte, which was exhibited in the 20er Haus. Immediately alongside it – I remember that exactly – was a landscape by Arik Brauer. Those were encounters that had pretty important consequences.

AS: Did that awaken an early desire to become an artist?

GK: No, they were inspirations. I didn’t intend to become an “artist”, and even today I see myself rather as an alchemist or lab technician. The decision to study at an art academy only came much later and originated in an encounter at a swimming pool with an architecture student and someone who was in the graphics class at the College of Applies Arts [in Vienna] and who often looked at my drawings. After the army [conscription] I took my portfolio to Oswald Oberhuber. At the time he was still teaching the class for design. Right from the beginning we hit it off and he liked my portfolio. So I was “in”. That was probably the best decision of my life because Oberhuber was not only generally approachable and friendly but open for anything and most concerned not to cultivate epigones. He also made many museum and gallery visits with us which, on one hand was very motivating and, on the other, also daunting.

AS: In what sense daunting?

GK: In relation to the intention and power of the market. It was because of that Oberhuber’s motto was: feed your art and make sure you do not become dependent on the various market strategies. That reminds me of the fable of the fox and the grapes.

Firstly, it is painful not to be represented on the market, it means that one is “nonexistent” and money fails to appear. Secondly, the work remains unencumbered. One is not subjected to pressure and can develop freely which, in turn, means that at some point vanity makes its presence known and one experiences the pain of not being noticed. The positive side of that is that works are completed independent of whether they are in line with market values or and sometimes only years later – as is the case with my plastic objects – awaken the interests of buyers.

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AS: What was it that that inspired you in the early years of being an artist?

GK: Under the influence of the visit – when I was sixteen or seventeen – I made a few small pictures in the style of the Vienna School of Fantastic Realism. I gave all of them away to people as presents. With my naïve historical consciousness at the time, I drew them straight from my soul, the secret, the mysterious. Later I became involved with the works of Walter Pichler and Bruno Gironcoli. Paul Klee was also significant and I ploughed through everything of his. Equally, Pablo Picasso’s stylistic diversity fascinated me, above all his sculptural work, objects and collages. Alberto Giacometti’s objects, such as The Palace at 4 a.m. was a decisive influence too. I first became familiar with the radical approaches of Marcel Duchamp, Dieter Roth, Kurt Schwitters etc. during classes with Oberhuber. Since, all of us in the Oberhuber class had – in addition to a well-appointed print workshop that had all the possibilities of classic printing technology including offset print – access to a photographic laboratory, the involvement with that medium was another significant step for me. Here, I worked myself up from the bottom: from taking photographs to exposure techniques through to developing negatives and positives. This gave me a craving for experimentation and enjoyment of it. That applies equally to lithography, silkscreen – and offset printing.

AS: Does that mean that your fascination with the materials of printing (rubber mats, repro transparencies) that repeatedly find a use in your objects can be traced back to you studies?

GK: To a certain extent, yes. But it has more to do with the fact that, after studying, I had to earn a living and repeatedly worked in print shops. In addition, after I left school I took a four-year course as an apprentice typesetter and that naturally brought me closer to all aspects of printing. After the apprenticeship I was conscripted into the army. It was during this time that I also regularly attended Adolf Frohner’s figure drawing class and through that came into contact with Oberhuber’s design class for the first time. It was held on the same corridor. I was there almost every day. Once there was a huge party with the motto “Bruthahn” [Broody Rooster]. I have never, neither before nor after, experienced anything like that: Oberhuber and Frohner were dressed as Romans with laurel wreaths and students marches in with a coffin on their shoulders stuffed full of fried chicken. That was a pretty excessive orgy and great fun.

AS: After all that I know of your work and what you have just related about your artistic origins, I am still interested in how this early 1980s painting intermezzo came about?

GK: The entire period of study was an interactive triad of drawing, object-making and photography; painting was simply never present. We were on a very radical and conceptual path. And then the Neuen Wilden [New Wild Painters] were there and brushes and emotion were once again legitimate. It was in the air. It was like an eruption and in a certain sense, contagious. In my case that lasted five years, from 1982 to 1987.

AS: This short interlude of painting after completing your studies has little relevance in the context of your oeuvre, whereas your diploma project, the (Georg) Trakl cycle, has a much more significant place.

GK: Yes, that’s right. Wolfgang Hilger once called this group of works, which is called “ysterium einer Leidenschaf t [Mystery of a Passion] and is dedicated to Georg Trakl, a “search for traces”. The experimentation in the darkroom and in the drawings themselves – for example, the moving “face” of a drawing ballpoint pen captured in the act of drawing on film – getting closer to the roots, was the motivating force. It was a compulsion to transgress the limitations and traditions of the medium though

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Sud, 2016, Digitaldruck, Öl und Acryl auf Leinwand | digital print, oil and acrylic on canvas, 200 x 120 cm

always bearing the question in mind: what comes afterwards? The concern was with observing the process and taking it further or combining mediums.

AS: So this Trakl cycle where you combined various materials and mediums in individual objects was a culmination?

GK: The works were not created with the intention of making a cycle, but little by little, as in a continuum. I then simply brought them together in a group. What connects them all is that they exhibit traces of life lived through or simply spent. For Trakl’s poem, Blood Guilt, for example, I used a wine-red blanket on which a cat had given birth to kittens. It is, so to say, an extreme reference to Trakl who was extremely excessive and morbid.

AS: So how did you continue after your diploma and the above-mentioned phase of expressive painting?

GK: After my infraction of Beuys’s dictum “the mistake begins when someone sends you off to buy paint and canvas” I was happy to have overcome this painterly profligacy even though, of course, there are some works from that time to which I still stand. At the end of the 1980s and the beginning of the 1990s, I made my first plastic and rubber mat objects, although parallel to that I returned to the canvas, but this time in order to create physicality. For example, I took a Venetian blind canvas and fixed it on a stretcher, but not properly tensioned and painted it using just black.

At the time I must have worked round the clock. I only really became aware of that when I was going through my archive.

AS: Basically, there have always been periods in your work, the 2000s, for example, when you have been occupied with painting.

GK: That’s true. There was also a phase of pure oil painting which I subsume under the title Natural Histories. In comparison to the excessive smearings, those were botanically ornamental pictures that were in an almost old master style. They foreshadowed the work group, Grounding, a little. By the end of the 1990s that had further developed into a series of painterly forms based on repetition. In this context it is worth mentioning the Weißblock [White Group] from around 2002.

In it the bodies and surfaces of the works – all in white – line up confronting each other. Parallel to these “affairs” with painting I carried on with my work on objects made of various, always new, found materials. One follows from the other, they mutually augment each other, so that usually I work on a number of things at the same time. Sometimes I think that the works should stay together, which is, of course, impossible, because the chain is never really broken anyway. I was actually not really conscious of these leaps, it was more about following up a compulsion. But I always paid attention to not letting the work become boring, that there is always a tension present.

AS: When did you start organising your pictures and objects into large-scale installations?

GK: The first time, in fact, was with the diploma work. I’d like to emphasise here that arrangements like this do not consist of a set number of works that communicate with or against each other. Everything is interchangeable. What also has an influence here is my intention that I want to project the image everywhere. The support can be a canvas, but equally it might be a tablecloth, a piece of furniture or also the floor.

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Camp, 2015, Digitaldruck, Öl und Acryl auf Leinwand | digital print, oil and acrylic on canvas, 200 x 120 cm

Offene Bildhaltung, 2015, Digitaldruck, Öl auf Leinwand | digital print, oil on canvas, 130 x 180 cm

AS: But to date you have not yet made the step in the direction of video projection.

GK: The fact that I haven’t got much further than photography has a little bit to do with cowardice. Only when digital media became current did I dare to move on. In that respect, immaterial images are becoming increasingly interesting. Up till now I have not been able to mentally take leave of the idea of physically holding an image. That also has to do with a dichotomy: on the one hand I want to work in the studio and on the other work at home on the computer with my picture archive.

That produces an enormous pressure that is increased by the fact that sometimes a finished work or details from it become the point of departure for new ones.

Everything is an image. The crucial thing is the process of observation, where the border is to be drawn, the ripcord pulled.

AS: Considering the enormous size of your digital picture archive, I imagine that the concrete choice would be very difficult.

GK: I’ve worked out a system of order and dating that makes surfing through my hard drive easier. But I also remember a lot and greatly enjoy wandering through my archive – especially when I start to get tired. In this state I discover something and copy it into a new folder. In addition, I make monthly photographs of the studio, which I also archive.

AS: How do you decide when an installative arrangement or an individual object is “finished”?

GK: I like a certain roughness – when things are not smooth and pleasing, when the works splutter a little and jostle. The state of being finished doesn’t interest me, because it no longer embodies any tension. That’s why I try to tear myself away at the right time. While there is a certain end concept, I don’t carry it to its conclusion.

It’s important that everything continues to flow. When I’m working on one piece, the next one comes automatically. That helps me not to “finish” the works and perhaps that has something therapeutic about it.

AS: The notion of the continuum, which you often mention, seems to me to be very appropriate – not only in connection with the infinities of digital storage from which you generate your current works, but it also seems to apply to your ceaseless creative process.

GK: Yes, mentally it is always present though to be truthful I never consciously reflected on it. It’s only now, as a result of this retrospective examination of my work in the context of this book concept, that many things are coming to light.

Furthermore, because of the recognition that my work has been getting, especially in the last few years, I have at last got the feeling that everything is falling into place.

For years I didn’t care about that.

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Gerhard Kaiser Studio

Verteiler, 2012, Digitaldruck und Acryl auf Leinwand | digital print and acrylic on canvas, 60 x 50 cm

The Images Are Always by Your Side

Florian Steininger Gerhard Kaiser begreift Kunst als offenes, medienübergreifendes System, das ausufer t und unseren Raum okkupier t. Bekräftigt durch seinen ehemaligen Professor Oswald Oberhuber – als Ver fechter der permanenten Veränderung in der Kunst – praktizier t Kaiser schon bald stil - und medienübergreifend, nach einer kurzen Phase der neoexpressionistischen Malerei in den frühen 19 8 0erJahren. Es folgen vornehmlich aus Plastikmaterialien geschaffene Arbeiten, teils objekthaft, abgewandelte Readymades, teils bildbezogen an der Wand applizier t.

Entscheidend ist stets die Distanz zur persönlichen Handschrift, zur wilden schöpferischen Geste, die seine Malerkollegen damals so forcier ten. Konzept und Aneignung von bereits Vorhandenem – ob aus dem Arsenal der Bilder oder der Sprache – sind zentrale Qualitäten dafür. Dabei wären Ger wald Rockenschaub, Heimo Zobernig oder auch Franz Graf als nächststehende Positionen zu nennen.

Trotz all der konzeptuell konstruktiven Werkaspekte wandelt Kaiser im L aufe der 20 0 0er- Jahre seinen Stil hin zu mehr malerischen Kriterien in seiner Kunst. Das Tafelbild steht wieder mehr im Fokus – als vielschichtiger Schleier von abstrakten Strukturen. Vornehmlich setzt der Künstler Schablonen mit ornamentalen Strukturen, ob floral oder geometrisch, sowie Vorhänge ein. Ein Wechselspiel aus Licht und Schatten entsteht, aus klarer Zeichnung der Motive und verschwommen Diffusem. Das schleierar tige Bild hat seine eigene verborgene Sphäre, sein mentales Rückzugsgebiet. In den aktuellen Werken ver wendet Kaiser vornehmlich Text, Zeichen und Bilder: scannt sie, druckt sie, verarbeitet sie mittels Schablonen auf Plexiglasträger – Schicht um Schicht. Er spricht selbst von einem „Multisandwich“ des Informationsmaterials, das auf das Bild aufgetragen wird. Durch die Überlagerungen, oder kürzelhaften Wiedergaben, sowie ver fremdete Kontexte entsteht ein dezidier ter A bstraktionsprozess der Information, der nicht im konventionellen Sinn entschlüsselbar ist, obwohl uns all die Dinge ver traut erscheinen. Eine Ar t Implosion tritt ein, eine fragil prekäre Konfliktzone zwischen Wor t und Bild. Nun löst der Künstler in seiner rezenten Installation The images are always by your side die Images und Informationen von der hermetischen Zone des Tafelbildes und lässt sie im Raum frei flottieren.

Der Künstler hat einen objekthaften, acht Meter langen Parkour aufgebaut, bestehend aus Plexiglaskonstruktionen mit affichier ten Folien sowie einer Filmprojektion. Darunter finden sich Schlagwor te, die für die Wahrnehmung in der heutigen Zeit von großer Bedeutung sind: Schnelligkeit, L autstärke. Alles ist mega und giga. „So ver wende ich zumeist in meinen Bildern grelle Signalfarben, die den Lebenslauf beschleunigen“, so Kaiser. Ein vielschichtiger Bildlauf entsteht, in dem wir körperlich - räumlich involvier t sind.

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The Images Are Always by Your Side

Florian Steininger Gerhard K aiser understands ar t as an open system that embraces dif ferent me d i a , transcends boundaries and occupies the space around us. After a brief phase in the early 1980s of neoexpressionist painting, Kaiser began – bolstered by his former professor Oswald Oberhuber, who championed the concept of perpetual change in art – combining diverse styles and media. Works constructed primarily from plastic material followed, some of which were more object-like, modified ready-mades, and some of which were pictorial, applied to a wall. Decisive is always his avoidance of a personal signature, of the kind of wild creative gesture that his painter colleagues strived so hard to attain. The utilization and appropriation of that which already exists – from the inventory of images or from language – are central to his work.

Comparisons can be made to artists like Gerwald Rockenschaub, Heimo Zobernig or even Franz Graf. Despite the conceptual and constructive nature of his works, in the course of the first decade of the 21st century Kaiser increasingly embraced pictorial criteria. The panel painting became a central focus as a multi-layered veil of abstract structures. The artist frequently makes use of stencils with ornamental structures, floral or geometric, as well as curtains. The result is an interplay of light and shadows, of clearly drawn motifs and the blurred or diffuse. The veillike image contains its own hidden world, an intellectual refuge. In his most recent works Kaiser turns to text, drawings and pictures, scanning, printing and modifying the material with Plexiglas stencils layer for layer. He himself speaks of a “multisandwich” of information material that is applied to the picture. The overlapping, abbreviated repetition and alienated contexts result in an information abstraction process that cannot be deciphered in a conventional sense, as familiar as all the individual elements may be to us. A kind of implosion takes place in the delicate, dangerous zone of conflict between word and image. In his recent installation The Images Are Always by Your Side the artist liberates the pictures and information from the hermetic sphere of the panel painting and allows them to float freely in the room. The artist has put together an eight-meter long obstacle course made up of Plexiglas constructions, slides or transparencies posted to the walls and a film projection. Catchwords and familiar phrases are to be found that have special meaning in regards to perception in the current age: speed, volume. Everything is mega and giga. “In my pictures I mostly use bright signal colours, which serve to accelerate life”, comments Kaiser. The result is a multi-layered progression of images in which we are physically and spatially involved.

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Images are always by your side, 2013, Öl, Acryl und Lack auf Leinwand | oil, acrylic and gloss paint on canvas, 200 x 150 cm

Umlaut, 2011, Acryl und Lack auf Leinwand | acrylic and gloss paint on canvas, 150 x 150 cm

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Unberichtet, 2011, Acryl und Lack auf Leinwand | acrylic and gloss paint on canvas, 150 x 150 cm

Area occupy, 2011, Acryl und Lack auf Leinwand | acrylic and gloss paint on canvas, 150 x 150 cm

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Bildpumpe, 2013, Acryl und Lack auf Leinwand | acrylic and gloss paint on canvas, 150 x 150 cm

Bildmaterial, 2014, Öl, Acryl und Gelatine auf Leinwand | oil, acrylic and gelatine on canvas, 150 x 150 cm

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Layout, 2012, Acryl, Siebdruck auf Leinwand | acrylic, silkscreen on canvas, 150 x 130 cm

2 Kammern, 2011, Acryl und Lack auf Leinwand | acrylic and gloss paint on canvas, 150 x 150 cm

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Ausgebildet, 2012, Acryl auf Leinwand | acrylic on canvas, 60 x 50 cm, Landessammlungen Niederösterreich

O. T., 2012, Acryl auf Leinwand | acrylic on canvas, 60 x 50 cm, Landessammlungen Niederösterreich

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Gegen die Anrufung, 2012, Acryl auf Leinwand | Acrylic on canvas, 60 x 50 cm, Landessammlungen Niederösterreich

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Lebensraum Bild, 2011, Acryl und Lack auf Leinwand | acrylic and gloss paint on canvas, 100 x 70 cm, Landessammlungen Niederösterreich Ansaugen der Bildteile, 2016, Digitaldruck, Öl und Acryl auf Leinwand | digital print, oil and acrylic on canvas, 70 x 50 cm

Kleines Menü, 2013, Acryl auf Leinwand | acrylic on canvas, 60 x 50 cm, Privatsammlung | private collection

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Picture again, 2013, Acryl auf Leinwand | acrylic on canvas, 60 x 50 cm

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Panorama, 2016, Digitaldruck und Acryl auf Leinwand | digital print and acrylic on canvas, 70 x 50 cm Über die Bildnatur, 2016, Digitaldruck, Öl und Acryl auf Leinwand | digital print, oil and acrylic on canvas, 70 x 50 cm

Catering, 2012, Acryl auf Leinwand | acrylic on canvas, 50 x 40 cm

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Uns schiebt die Nacht in den Tag, 2012, Acryl und Lack auf Leinwand | acrylic and gloss paint on canvas, 150 x 150 cm

Support, 2012, Acryl und Lack auf Leinwand | acrylic and gloss paint on canvas, 180 x 150 cm, Landessammlungen Niederösterreich

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Umgang, 2012, Acryl und Lack auf Leinwand | acrylic and gloss paint on canvas, 150 x 150 cm

Spange und Futteral, 2012, Öl und Lack auf Leinwand | oil and gloss paint on canvas, 120 x 100 cm

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Hülle und Fuß, 2011, Acryl und Lack auf Leinwand | acrylic and gloss paint on canvas, 150 x 180 cm

Ve rb org e n e B il de r Gerhard Kaisers Prinzip, Bilder hinter malerischen Strukturen, digitalen Überlagerungen oder unterschiedlichsten Materialien teilweise oder auch zur Gänze zu verbergen, zieht sich wie ein roter Faden durch sein Werk. Hier geht es um die für den Künstler zentralen Begriffspaare Transparenz und Verdichtung sowie Reduktion und Konzentration. Solche und ähnliche Spannungsverhältnisse, die sich in gedanklichen Konstellationen von Anwesenheit und Verborgenheit, Enthüllen und Verhüllen, Herzeigen und Verdecken fassen lassen, charakterisieren die Arbeiten dieses Themenbereichs.

Mittels Gardinenstoffen, Drahtnetzen oder Gitterblechen, die als Schablonen dienen, verstellt Kaiser den Blick auf darunterliegende Ebenen seiner Malereien, deren Strukturen mal fragmentarisch durchscheinen, mal restlos verdeckt bleiben. Eine vergleichbare Methode wendet der Künstler in seinen Objekten an, deren materielle Einheiten zum Beispiel transparente Folien, Kunststoffe, Gummi, opake Epoxidharze oder PU-Schaum sein können, die Ein- und Durchblicke ermöglichen oder auch verhindern. Weitaus komprimiertere Bildschichtungen erzielt Kaiser, wenn er digitale Daten in einem additiven Verfahren übereinanderlegt und auf diesem Weg deren Gestalt und Inhalt zu einem Gesamtbild komprimiert.

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Hi dden Pic t ur es Gerhard Kaiser’s principle of hiding pictures – partially or completely – behind painterly structures, digital layers or diverse materials runs through his entire oeuvre like a thread. Here the issue for the artist is the central conceptual pairings of transparency and compression, reduction and concentration. These, and other relationships of inherent tension that might be captured in conceptual constellations such as absence and concealment, unveiling and covering, exhibiting and hiding, characterise the works in this subject area.

Through the use of curtain fabrics, wire meshes and metal grids as patterns, Kaiser disguises the underlying levels of his paintings from a passing gaze. Sometimes their structures show through fragments while at others they remain entirely concealed. The artist makes use of a similar method with his objects which, materially considered, can be transparent sheeting, plastics, rubber, opaque epoxy resin or PU foam, which allow or prohibit the gaze from seeing into or through them.

Kaiser achieves substantially more compression when he layers digital files on top of one another thereby compressing their form and substantive contents into an overall image.

Set, 2009, Öl und Lack auf Leinwand | oil and gloss paint on canvas, 180 x 140 cm, Sammlung | Collection Urban, Waidhofen/ Ybbs

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Ausstellungsansicht | Exhibition view, Sammlung | Collection Urban, Waidhofen/ Ybbs

2 Kammern, undLack Lackauf aufLeinwand Leinwand, 150and x 150 cmpaint on canvas, 180 x 140 cm, Sammlung | Collection Fichtinger, Krems Fading away,2011, 2009,Acryl Öl und | oil gloss

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Planstelle, 2008, Öl und Lack auf Leinwand | oil and gloss paint on canvas, 180 x 140 cm

Register, 2008, Öl auf Leinwand | oil on canvas, 180 x 140 cm, Sammlung | Collection Dieter Kosak, Wien

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Schirm, 2008, Öl und Lack auf Leinwand | oil and gloss paint on canvas, 180 x 140 cm, Sammlung | Collection Urban, Waidhofen/ Ybbs

Im Umgang, 2007, Öl und Lack auf Leinwand | oil and gloss paint on canvas, 50 x 40 cm

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Oberfeld Stuck, 2007, Öl auf Leinwand | oil on canvas, 50 x 40 cm, Sammlung | Collection Mark, Wien

Nielllo, 2007, Öl und Lack auf Leinwand | oil and gloss paint on canvas, 100 x 100 cm

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Plattform-Route, 2008, Öl und Lack auf Leinwand | oil and gloss paint on canvas, 180 x 140 cm

Über den Stillstand der Zeit

Alexandra Schantl (2009) Betritt man Gerhard Kaisers Atelier, das sich im ehemaligen Verwaltungstrakt der EnzesfeldCaro Metallwerke AG befindet und ihm auf Basis eines symbiotischen Sponsoringabkommens von der Firma kostenlos zur Verfügung gestellt wird, ist man zunächst überwältigt angesichts der Fülle von Werken, die hier – verteilt auf mehrere Räume – verwahrt werden: Der Großteil davon sorgfältig verpackt und beschriftet sowie nach Entstehungsjahren geordnet. Wenn auch insgesamt die Atmosphäre von kreativem Chaos überwiegt, so hat man doch das Gefühl, in ein riesiges, nahezu unerschöpfliches Archiv einzutauchen, anhand dessen sich nicht nur der künstlerische Werdegang quer durch alle Schaffensphasen nachvollziehen lässt, sondern das zugleich auch vieles über die Persönlichkeit aussagt, die sich hinter diesen Werken verbirgt.

Schon das Entree des weitläufigen Stiegenhauses und die Räume des Ateliers selbst, in denen einst wohl emsiges Klappern von Schreibmaschinen und Fernschreibern zu vernehmen war, vermitteln den Eindruck, als wäre hier gewissermaßen die Zeit archiviert worden. In einer Ecke des Ateliers lädt eine bunt zusammengewürfelte Gruppe von Sitzmöbeln, die der Künstler allesamt im Zuge von Sperrmüllaktionen von der Straße aufgelesen hat, zum Verweilen ein, während der Blick staunend umherschweift.

Im Gespräch mit Gerhard Kaiser wird deutlich, dass diese Räume – abgesehen von ihrem großzügigen Platzangebot – allein aufgrund ihrer Vorgeschichte wie geschaffen sind für seine spezifische Arbeits- und Herangehensweise als Künstler. Zumal das Aufspüren und Abschreiten von unbenutzten, vergessenen Orten und der Stillstand der Zeit, der sich hierin manifestiert, eine maßgebliche Inspirationsquelle für ihn darstellt. Demzufolge empfindet Kaiser den Malakt Reste, 1981, Papier, Acryl, Draht,

„als eine andere Zeitdauer, eine meditative Annäherung an Orte, Objekte und Situationen“.

Gelatine auf Holz | paper, acrylic,

Seine Bilder reflektieren jene „Eindrucksschwankungen“, die an solch vergessenen Orten

wire, gelatine on wood,

im Zwielicht von Hell und Dunkel entstehen. Es ist die besondere, an den Schauplätzen im

98,5 x 21,5 x 12 cm

Niemandsland herrschende Stimmung, die der Künstler im unbunten Zwischenbereich seiner Malerei einzufangen trachtet. In ihrer reduzierten, zumeist nur auf Weiß, Grau und Schwarz beschränkten Farbigkeit sind diese Bilder letztlich auch als eine subtile Form von Widerstand gegen die marktschreierisch laute und grelle Massenbildproduktion der Gegenwart zu werten.

Es sind unaufdringliche, stille Bilder, die unter ihrer Oberfläche etwas zu verheimlichen scheinen.

Dieses Etwas ist das eigentlich Wesentliche, das sich schemenhaft erahnen lässt hinter netzartigen, ornamentalen Strukturen, denen eine schützende Funktion zukommt. Da nämlich diese Strukturen mittels Schablonen, Gittern, Gardinenstoffen etc. erzeugt werden und somit als einziges Bildelement konkrete Bezüge zu einer gemeinhin vertrauten Realität herstellen, wird der Blick des Betrachters abgelenkt. Er bleibt unwillkürlich an der verführerisch glänzenden Oberfläche haften und kann nicht weiter in die Tiefe dringen. Das Innerste der Bilder, das mit dem persönlichen Empfinden des Künstlers aufs Engste Verknüpfte, ist wie durch einen Vorhang verhüllt, hinter Dickicht versteckt und somit vor allzu neugierigen Blicken geschützt. Ähnlich verhält es sich bei Kaisers Objekten, die zumeist aus ausrangierten, unter Kunststofffolien verborgenen oder mit dicken Lackschichten überzogenen Alltagsgegenständen bestehen. Es sind dies durchwegs Dinge, die entweder funktionsuntüchtig geworden sind oder einfach nicht mehr gebraucht werden. Aus dem (Waren-)Verkehr gezogen und stillgelegt, 90

verdichten und konservieren sie gerade deshalb die Zeit. Dadurch gewinnen sie im Sinne von Hartmut Böhmes Fetischismus-Theorie Authentizität, Originalität und Einzigartigkeit. In einer Welt der Serien und Kopien werden sie zu Unikaten: „Für sie gilt nicht mehr der quantifizierende Kalkül der Warenäquivalenz, durch den noch das Verschiedenste gegeneinander aufrechenbar ist. Das Unikat ist unvergleichlich, inkommensurabel, relationslos. Es ist zu einem symbolischen Ding geworden – jenseits des Tauschs, der Gabe, der Ware.“ 1 Dieser symbolische Wert der Dinge wird im Kunstkontext durch den Prozess des ästhetischen Recyclings noch verstärkt; die Dinge werden individualisiert. Diesbezüglich trifft zu, was Böhme allgemein in Bezug auf die unveräußerlichen, d.h. dem Warenkreislauf entzogenen Dinge festgestellt hat: „Fraglos und selbstverständlich strahlen sie die Aura des Kostbaren und Unteilbaren aus. Sind womöglich diese Dinge individueller als wir selbst? Jedenfalls sind sie kontraphobische Reaktionen auf die Erfahrung, dass die Menschen nicht nur zu Konsumenten, sondern selbst zu Waren geworden sind, zu Funktionsteilchen von Organisationen und Systemen, […], gesichtslose Wesen in einer wesenlosen Gesellschaft, die ihre Waren so umschlägt wie die Menschen, aus denen sie besteht. Insofern sind die ausgezeichneten, mit Energien und Strahlung geladenen Dinge ein notwendiger und darum unveräußerlicher Halt der eigenen Individualität.

Individuum (ein Unteilbarer) ist nur, wer so fraglos identisch wäre, wie die unveräußerlichen Dinge es uns sind. Denn gerade die Moderne hat gelehrt, dass wir als Individuen uns ohne Unterlass veräußern, verdinglichen, in Anspruch genommen sehen, verschlissen fühlen.“2 Möglicherweise ist es dieses Gefühl der Veräußerung, das in Gerhard Kaisers Objekten mitschwingt und beim Betrachter zuweilen ein merkwürdiges Unbehagen auslöst. Nicht zufällig gebraucht der Künstler selbst in Zusammenhang mit seinen Objekten den Ausdruck „Köder“, während er lapidar hinzufügt: „Wer ankommt [oder vielmehr anbeißt], wird ausgenutzt.“ Das erste „Opfer“ – wenn man so will – ist er selbst, zumal er sich permanent, fast zwanghaft, in den Arbeitsprozess eingebunden sieht und dieses Eingebundensein als derart verinnerlichten Vorgang erlebt, dass er letztlich Kunst mit „Stoffwechsel“ gleichsetzt. Man könnte auch sagen, dass der Künstler und seine Objekte eins geworden sind. Indem Gerhard Kaiser einst 1

Hartmut Böhme: Fetischismus

nützliche Alltagsdinge verfremdet, interpretiert und entäußert, verleiht er ihnen eine neue, rein

und Kultur. Eine andere Theorie der

subjektive Bedeutung. Sie sind – objektiv betrachtet – also nicht mehr das, was sie sind, sondern

Moderne, Reinbek bei Hamburg 2006,

„transfinalisiert“, wie es Monsignore Otto Mauer einmal, auf Joseph Beuys’ Werke bezogen,

S. 306

formuliert hat. Mauer spricht in diesem Kontext auch von „Psychofakten“ und meint damit,

2

Ebd., S. 306 f.

dass „hier die Subjektivität des Menschen und die Objektivität der äußeren materiellen Dinge

3

Otto Mauer: Rede über Joseph Beuys

geradezu zusammengeflossen sind.“3

(12. September 1967, Städtisches Museum Mönchengladbach), in:

Kaisers Objekte haben zudem – und das ist eine weitere Parallele zu Beuys – etwas Bedrückendes

Robert Fleck: Avantgarde in Wien.

an sich, das an die literarischen Gleichnisse eines Franz Kafka denken lässt und die ganze

Die Geschichte der Galerie nächst

Morbidität und Sinnwidrigkeit unseres Daseins widerspiegelt: „Unsere empirische Welt ist

St. Stephan 1954-1982. Kunst und

eine korrupte Welt, ist eine vom Tod durchsetzte Welt und gezeichnete Welt, und es ist eine

Kunstbetrieb in Österreich, Bd. 1: Die

Welt des Fressens und Gefressenwerdens. Es ist, an und für sich, eine aussichtslose Welt, es

Chronik, Wien 1982, S. 268

ist eine Gefängniswelt, das hat schon Platon in seinem Höhlengleichnis gesehen, es ist eine

4

Ebd., S. 270

Schattenwelt.“4

On Time Standing Still

Alexandra Schantl (2009) On entering Gerhard Kaiser’s studio, which occupies space in what was the administrative tract of the Enzesfeld-Caro Metallwerke AG and which has been provided by the company under the terms of a symbiotic sponsoring agreement, one is first overcome by the wealth of works that are stored here. They are scattered through multiple rooms, the majority of them carefully packed, labelled and ordered according to their year of production. Even if the general atmosphere is one of creative chaos, one still has the feeling of becoming immersed in an almost infinite archive that not only allows one to follow the artist’s career through all its creative periods but, at the same time, says a great deal about the personality behind the works too.

Even the entrance to the spacious stairwell and the rooms of the studio proper – in which the industrious clicking of typewriters and telex machines could once be heard – convey the impression that to some extent time itself has been archived here. Located in one corner of the studio there is a mixed bunch of seating, all of which the artist picked up in the street as a result of special junk collections. It is an invitation to linger while one’s gaze sweeps the room in astonishment.

A conversation with Gerhard Kaiser makes it clear that, apart from their provision of generous amounts of space, these rooms seem to be made for his particular approach and way of working as an artist. This is all the more so because finding and exploring unused, forgotten places together with the standstill of time manifest here, represents a significant source of inspiration. Consequently, Kaiser experiences the act of painting as being of “another timescale, a meditative approach to places, objects and situations”. His pictures reflect the “oscillating impressions” that occur in forgotten places of this nature with their twilight of merging light and dark. It is the special atmosphere prevailing in these settings in no-man’s land that the artist seeks to capture in the colourless interstices of his paintings. In their reduced – usually to white, grey and black – lack of colour these pictures can ultimately be regarded as a subtle form of resistance to the shrill-toned market wares and loudly-coloured mass products that are contemporary pictures. These are unintrusive, tranquil pictures, which seem to be hiding something under the surface.

That “something” is actually the essential point, which can be schematically intuited behind the tessellation-like ornamental structures, which are also assigned a protective Kleiner Saum, 2018, Digitaldruck

function. Since these structures are made by using stencils, grids, curtain fabrics etc.

und Acryl auf Plexiglas | digital

and are thus the only pictorial element that is a concrete reference to generally accepted,

print, acrylic on plexiglass,

familiar reality, the viewer’s gaze is distracted. It remains involuntarily glued to the

63 x 25 x 0,5 cm,

seductively shiny surface, unable to penetrate deeper. The depths of the picture closely

Sammlung | Collection Urban,

linked to the artist’s personal sensibilities is hidden as if behind a veil and thus protected

Waidhofen/Ybbs

from an all too curious gaze.

Kaiser’s objects act in a similar way, at least those everyday objects that have been discarded, hidden under plastic sheeting or covered in thick layers of paint. These are all things that have either become useless or are simply no longer being used. Taken out of the normal circulation of goods and decommissioned, they thus are able to compress and

1

Hartmut Böhme: Fetischismus

preserve time. According to Hartmut Böhme’s theory of fetishism this is why they acquire

und Kultur. Eine andere Theorie der

authenticity, originality and uniqueness. In a world of series and copies they become

Moderne, Reinbek/Hamburg 2006,

unique: “For them the quantitative calculation of commodity equivalence whereby

p. 306 (Hartmut Böhme: Fetishism

various things are offset against each other is no more. The unique is incomparable,

and Culture: A Different Theory of

incommensurable, unburdened by relations. It has become a symbolic thing – beyond

Modernity, De Gruyter, 2014.)

exchange, gift or commodification”.1

2

Ibid., p. 306 f.

3

Otto Mauer: Rede über Joseph

In the art context this symbolic value of things because of undergoing a process of

Beuys (12. September 1967, Städ-

aesthetic recycling is even more marked: they become individualised. In this regard what

tisches Museum Mönchengladbach),

Böhme stated as a general principle in relation to something that is inalienable and thus

in: Robert Fleck: Avantgarde in Wien.

withdrawn from the circulation of commodities applies here: “They radiate the aura of

Die Geschichte der Galerie nächst

being precious and indivisible, asking no questions and being self-evident. Are these

St. Stephan 1954-1982. Kunst und

things somehow more individual than we ourselves? In any case they are counterphobic

Kunstbetrieb in Österreich, Vol. 1: Die

reactions to the experience that humans are not only consumers but have themselves

Chronik, Vienna 1982, p. 268

become commodities, small functional components in organisations and systems [...]

4

Ibid., p. 270

faceless creatures in a creatureless society that turns over its goods like the people who constitute it. To that extent these exceptional things, charged with and radiating energy are a necessary and thus inalienable hold for one’s own individuality. Individual (something indivisible) is only that which is as unquestionably identical as the inalienable things are to us. Because modernity in particular has taught us that we, as individuals, feel ourselves as incessantly alienated, reified and see ourselves as being used and worn out.”2 Perhaps it is this feeling of alienation that resonates in Gerhard Kaiser’s objects and sometimes provokes a strange unease in the viewer. It is no coincidence that the artist used the expression “bait” in connection with his objects adding, succinctly: “Whoever nears them (or more accurately bites) will be used”. The first victim – if you like – is the artist himself in as much as he sees himself permanently, almost compulsively, bound up in the work process and, in the final analysis, equates art with metabolism. One might also say the artist and his objects are at one. By alienating formerly useful everyday objects, Gerhard Kaiser interprets and divests, invests them with a new and purely subjective meaning. They are – viewed objectively – no longer what they are but have been transubstantiated or transfinalised as Monsignore Otto Mauer once expressed it in relation the works of Joseph Beuys. In that context Mauer talks of “psychofacts” and means that “here the subjectivity of the person and the objectivity of external material objects have virtually fused”. 3

Bildschaft, 2017, Eternit, Plastik, Metall EpoxIdharz | eternit,

Moreover, Kaiser’s objects have something oppressive about them, a further parallel

plastic, metal, epoxy,

with Beuys. This calls to mind the literary allegories of Franz Kafka and reflects the whole

4 x 100 x 20 cm

morbidity and senselessness of our existence: “Our empirical world is a corrupt world, is a world steeped in death, a scarred world, it is a world of devouring and being devoured.

It is actually a world without hope, the prison world that Plato saw in his cave allegory,

93

it is a shadow world”. 4

Vom Sterben der Bilder, 2017, Triptychon, Öl und Acryl auf Leinwand | oil and acrylic on canvas, jeweils | each 100 x 50 cm

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Bildströmung vertikal, 2016, Digitaldruck, Öl und Acryl auf Leinwand | digital print, oil and acrylic on canvas, 150 x 130 cm, Privatsammlung | private collection

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Menü, 2014, Öl und Acryl auf Leinwand | oil and acrylic on canvas, 150 x 180 cm, Sammlung | Collection Fichtinger, Krems

Streifbild, 2018, Digitaldruck, Öl und Acryl auf Leinwand | digital print, oil and acrylic on canvas, 160 x 110 cm

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Ebenenabgang, 2018, Digitaldruck, Öl und Acryl auf Leinwand | digital print, oil and acrylic on canvas, 160 x 110 cm

Installationsansicht | installation view, Gerhard Kaiser Studio

Volume, 2015, Digitaldruck und Öl auf Leinwand | digital print, oil on canvas, 200 x 120 cm

Über Gerhard Kaiser

Manfred Wagner (1981) Gerhard Kaiser ist Angehöriger einer Generation, die es nicht leicht hat. Ihr ist auf Grund ihrer Kenntnisse verwehrt, sich in formalem Fortschritt von den Vorgängen vor ihnen abzusetzen, und sie glaubt nicht mehr an das Primat des Inhaltlichen, das noch eine politisch dominierte Studentengeneration von 1968 prägte.

Auf diesem schmalen Grat zwischen Inhaltsskrupel und formaler Breite bewegt sich Kaiser mit erstaunlicher Sicherheit. Sein Thema ist die Reduktion und Disziplin. Dabei haben ihm zweifellos jene Arbeitsvorgänge um sein Diplom geholfen, als er nämlich zu TraklTexten assoziative Bildkompositionen erfand, ohne in billige Illustrationen zu verfallen.

Diese Kompositionen sind weder dekorativ noch illustrativ, ja nicht einmal kontrapunktisch angelegt. Sie sind einfach Reduzierungen auf einen wesentlichen Aspekt des betreffenden Textes, nicht erzählend-linear, sondern emotional-punktuell. Kaiser fängt nicht die Stimmung der Texte ein, sondern eine Stimmung eines Textaspektes und zwingt diesen mit Hilfe seiner Disziplin in den Rahmen der Formate. Von hier aus gesehen ist der Weg zu den textlosen Kompositionen, die nur manchmal richtungsweisende Stichwörter, -zeichen aufweisen, nicht weit. Sie alle sind ebenso wenig narrativ wie die Trakl-Kompositionen, auch wenn sie verständlich bleiben oder so aussähen, als hätten sie Botschaften zu vermitteln.

Der Terminus „Spur“, als Titelhilfe verdächtig oft verwendet, bedeutet eher Kaisers inneren Weg bis zur festgelegten Norm als die Nachvollziehbarkeit anhand des Materials. „Spur“ deutet auch auf Kaisers Skrupel zur Aussage hin, auf Unsicherheit oder Bescheidenheit in der Erreichung seines Ziels. Die formalen Möglichkeiten dazu hat ihm die Kunstgeschichte vermittelt: Picasso wohl, sein Lehrer Oberhuber, der Reduktionismus, Duchamp und Klee und Beuys. Kaiser schämt sich seiner Väter nicht, weil er klug genug der Originalität des Formalen nicht nachläuft, sondern ihre Bausteine benutzt, zusammensetzt, neu kombiniert.

Damit vermitteln die Bilder Beherrschung, nicht nur des Handwerks, sondern auch Wissen um seine historische Position, Stellungsbezug zu dem, was vorher war, um seine eigene Zukunft zu erreichen. Gemeinsam ist – trotz aller Anliegen – die Konsequenz der Durchführung, die Disziplinierung und das Bemühen um Kommunikation. Seine Bilder sind einfach im letzten auf interessierte Menschen ausgerichtet und heftig in dem Bemühen, ihnen sekundenlang zu verstehen zu geben, was ihn selbst, den Autor, bewegt. Er erreicht wahrscheinlich gerade mit dieser Disziplin die Aufmerksamkeit des Betrachters, zwingt ihn, mit der Kargheit der Mittel fertigzuwerden, vermittelt ihm wahrscheinlich ein Gefühl von Herbheit, Bitterkeit, von Armut ohne Sentiment, von eisiger Klarheit. Arte povera wird hier wörtlich genommen, nicht projiziert, sondern an sich selbst geprüft, vollzogen. Die Interpretation der einzelnen Bilder ist nicht dem Anschauenden überlassen, sondern steht neben dem Ausdruck, deckt sich manchmal mit diesem. Für phantasievolle Spielräume der Gedanken bleibt kein Platz, nicht einmal beim Akt, nicht beim Objekt, auch nicht bei der Collage. Die karge Dürre, gewonnen aus der kalten Exaktheit, ist gleichzeitig die Definition für Produkt und die Möglichkeiten seiner Rezeption.

Gerhard Kaiser hat man in den Momentaufnahmen seiner Stimmungen, in den Themen-

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stellungen zu folgen, sonst gar nichts.

Die Bilder verlangen zu herrschen, 2015, Digitaldruck und Öl auf Leinwand | digital print, oil on canvas, 200 x 120 cm Sammlung I Collection Museum Liaunig, Neuhaus

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Verteilerkreuz, 2015, Digitaldruck und Öl auf Leinwand | digital print, oil on canvas, 200 x 120 cm

Überzug, 2017, Digitaldruck, Kunststoff, PU-Schaum, Gelatine | digital print, plastic, PU foam, gelatine, 200 x 40 x 60 cm

About Gerhard Kaiser

Manfred Wagner (1981) Gerhard Kaiser belongs to a generation that has not had it easy. Because of their knowledge they were prevented from breaking with past processes through formal progress and they no longer believed in the primacy of content which still had an influence on the politically-dominated student generation of 1968.

Kaiser moves along this narrow edge between substantive scruple and formal range with astounding assurance. His concerns are those of reduction and discipline. Without doubt, the methodology he applied to his diploma work has helped. In it he created associative pictorial compositions based on (Georg) Trakl texts without descending to cheap illustration. These compositions are neither decorative nor illustrative. They are not even structured as counterpoints, being simply reduced to the key aspects of the relevant text – not as a linear narrative but as emotionally selective. Kaiser does not capture the atmosphere of the text but the mood of an aspect in the text and, with the help of his discipline, he forces it into the framework of the format. From this point of view it is not very far to the path of textless compositions which exhibit directional key words or signs only occasionally. They are all just as non-narrative as the Trakl compositions even if they remain intelligible or look as if they had messages to communicate.

The term “trace”, used suspiciously often as a title aid, is rather more likely to indicate Kaiser’s inner route to an established norm than to transparency by means of the material.

“Trace” also indicates Kaiser’s scruple about making statements, about uncertainty or modesty concerning the attainment of his goals. The formal opportunities for that have been given to him by art history: Picasso certainly, his teacher, Oberhuber, reductionism, Duchamp, Klee and Beuys. Kaiser is not ashamed of his fathers, because he is intelligent enough not to run after originality of form but, rather, to employ their building blocks in putting together new combinations. This results in pictures that convey a sense of mastery, not only of craftsmanship but also over the knowledge of his historical position and taking position with regard to what has gone before in order to achieve his own future.

What they have in common – despite all the issues – is a consistency of implementation, the discipline and the effort to communicate. In the final analysis his pictures are directed towards interested people and vehement in their efforts help you to understand what motivates him, the author. And it is probably exactly this discipline that draws the attention of the viewer, forces him to deal with the Spartan nature of the means, probably conveys a feeling acerbity, bitterness, of poverty without sentimentality, and icy clarity. Arte Povera here can be taken literally, not projected but scrutinised, assessed, implemented.

The interpretation of individual pictures is not left to the viewer but stands alongside the expression and is sometimes coterminous with it. There is no space left for fanciful mental playgrounds, not in the case of figure painting, nor in the case of objects and not even in the case of the collages either. The barren aridity wrung from cold precision is the definition of the product and the possibilities of its reception at the same time.

One catches Gerhard Kaiser only in the instants of his moods or by following the issues

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or not at all.

Checkpoint, 2014, Digitaldruck auf Karton, Acryl, Epoxidharz | digital print on cardboard, acrylic, epoxy, 155 x 60 x 62 cm

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In nen un d Außen Um Sachverhalte oder Sinnzusammenhänge differenziert betrachten zu können, sind Perspektivwechsel unabdingbar.

Wenn Gerhard Kaiser Materialien aus der Reprotechnik, bedrucktes Papier, Fotografien, Alltagsobjekte und Ausgedientes in eigens hergestellte transparente Plastiksäcke oder Kunststoffbehälter einschließt, so will er sichern, verwahren und bewahren. Wie von einer Membran umhüllt stellt der Künstler ausgewählte Kostbarkeiten als Bildideen vor uns hin, die von allen Seiten betrachtet werden sollen.

Der Versuch, die digitale Bilderflut unserer Zeit strukturiert zu fassen, spiegelt sich unter anderem in bedruckten Acrylglasobjekten, die in Form von Rahmen Bild- und Textdateien aufnehmen. In komprimierter Form und en miniature versucht Kaiser der allseits präsenten und mental kaum zu verarbeitenden Fülle von Bildern habhaft zu werden, hinterfragt dabei das Fotografieren als bodenlosen Akt der Massenkommunikation und die Abstumpfung durch das alltägliche in sozialen Netzwerken und auf Monitoren aufflimmernde Bilderüberangebot. Dem Rahmen als äußerer Begrenzung und Speicher der Kaiser’schen Bildkonzentrate steht die innere leere Fläche als informationsfreier Ruhepol gegenüber.

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Insi de a nd O ut side Changes in perspective are indispensable for viewing states or contexts in a differentiate way. When Gerhard Kaiser’s materials – from repro-technology, printed paper, photographs and everyday and disused objects – are sealed into self-made transparent plastic bags or plastic containers, he intimates his intention to protect, store and preserve them. The artist lays selected treasures before us as pictorial ideas and, encased as if in a membrane, they are able to be viewed from all sides.

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The attempt to capture the flood of digital images characteristic of our times in a structured way is reflected in e.g. the printed acrylic glass objects. These incorporate image and text files in the form of frames. In compressed form and in miniature Kaiser attempts to get to grips with the omnipresent wealth of images that is mentally very challenging to process. Here he is questioning photography as a never-ending act of mass communication and the deadening that occurs from the everyday pictorial excess on social media and flickering monitors. The frame, as the outer limits of the storage medium that is Kaiser’s pictorial concentrate, stands in contrast to the internal empty surface, as a haven of peace free of information.

Glumbly, 1993, Folie, Plastik | sheeting, plastic, 66 x 94 x 3 cm, Sammlung | Collection Peter Liaunig, Wien

Besuch im Kaiser-Reich Bericht eines Forschungsreisenden

Peter Liaunig Besucht man Gerhard Kaiser in „seiner Fabrik“ in Leobersdorf, so wird man meist persönlich von ihm im vorgelagerten Portikus des Gebäudes empfangen, was einerseits seiner entgegenkommenden Art und andererseits dem Gebäude geschuldet ist. Es handelt sich dabei um ein langgestrecktes zweigeschossiges Gebäude mit mittig liegendem Erschließungsgang, der fast völlig unbelichtet, karg und mit seinen vielen abgehenden Türen nahezu kafkaesk wirkt.

Gerhard Kaiser geht hier seit Jahren eine fruchtbare Symbiose mit dem Fabrikseigner ein, denn hier kann der Künstler über eine Vielzahl von Räumen verfügen. Gleichzeitig ist er auch die Herz-Lungen-Maschine des Gebäudes, die jeden Puls fühlt, jede Schwachstelle kennt und am Abend auch am Schaltschrank sicherstellt, dass kein Strom unerlaubt fließt.

Betritt man also das Haus, so kommt man keine fünf Meter weit und es wird einem mit Stolz eine speziell von der Firma entwickelte Magnetweiche in einer Wandvitrine gezeigt, die aufgrund ihrer Bauweise eine Unmenge an Öl einspart. Mit einem dicken Schlüsselbund an der Hand dringt der Hausherr in die Gangtiefe vor und öffnet weit hinten rechter Hand eine Tür, wo mehrere Zimmer als Schauräume dienen.

Museumsartig werden in den gut belichteten Räumen große Bilder und Objekte meist neueren Datums gezeigt. In den daran anschließenden Zimmern erfolgt eine Verdichtung der Arbeiten, bis hin zu einem Zwischenraum, wo man die ersten Zeichen der Denk- und Arbeitswelt von Gerhard Kaiser zu sehen bekommt.

Hier finden sich die unterschiedlichsten Objekte, Bilder, Collagen und Gummiobjekte aus mehreren Jahrzehnten, die in kalkulierter Hängung und Anordnung zueinander aufgestellt sind. Spätestens jetzt beginnt man den kaiserlichen Kosmos zu erahnen – und mit etwas Glück werden einem noch zwei, drei weitere ebenerdige Räume aufgesperrt, die Einblicke in das durchaus üppige Schaffen von Gerhard Kaiser gewähren.

Danach wird man durch Pendeltüren in ein großes, elegant reduziertes Stiegenhaus aus den 1950er-Jahren geleitet, an dessen oberen Ende der verbreiterte Vorbereich wiederum der Präsentation dient. Dort wird so manches Werk der ersten Prüfung durch den Künstler und seine Gäste unterzogen.

Unmittelbar angrenzend liegt dann auch die erste Schatzkammer, die mit ver­ schiedenen einfachen Vorhängeschlössern gesichert ist. Man taucht unter einem Stahlseil hindurch, an dem dutzende maßgeschneiderte Kleidersäcke aus genietetem Plastik mit Folienobjekten der frühen 1990er-Jahre hängen, und betritt das sich quer erstreckende Kaiser-Reich. Hier finden sich eine Vielzahl liebevoll zusammen­ getragener Sitzmöbel, dreidimensionale Objekte aus Gerhard Kaisers plastischem Werk, Regale mit unterschiedlich großen weißen Kartonschachteln, Bildern kleineren

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Formates, Grafikkästen sowie ein kleiner zentrisch situierter Besuchertisch.

Solo, 1994, Bildmaterial, Folie, Plastik | image material, sheeting, plastic, 36 x 16 x 28 cm, Sammlung | Collection Peter Liaunig, Wien

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Dieser gut gefüllte Kosmos lässt wenig Platz für Wege, und der erste chaotische Eindruck weicht rasch der Erkenntnis von Struktur und Ordnung. Die Kleidersäcke samt Inhalt sind jeweils mit einem beschrifteten Polaroid markiert, auch die weißen Schachteln, die verschiedene Objekte beherbergen, weisen Nummern und Beschriftungen auf. Der Besucher kann also mit Freude eine Schachtel nach der anderen öffnen, um dann mit Erstaunen die Vielfalt der Arbeiten von Gerhard Kaiser zu entdecken. Die Entdeckungsreise kann in die nächsten angrenzenden, ähnlich gut gefüllten Räume fortgesetzt werden und steigert so die Lust des Forschers.

Sollte man noch nicht von allen Eindrücken völlig erschlagen sein, wird man wieder in den Gang geführt und nähert sich dem Zentrum des Schaffens. Dieses beginnt dort, wo einem eine mit diversen Klebebändern bestückte Zeichenmaschine auflauert, Bleistift-Testbeschriftungen wie Formeln an der Wand prangen und Arbeiten in ihren diversen Arbeitsstufen zwischengelagert werden.

Der eigentliche Arbeitsraum ist im Vergleich zu den vorhergehenden Räumen kompakt, aber im Grunde ist es ja ein Laboratorium. Malsuppen schwimmen in Porzellantellern, gallertartige Substanzen fixieren Objekte auf Gestellen und anderen Fundstücken, und Neonfarben kämpfen mit Werbebuchstaben. Hier entstehen mehrere Dinge parallel, weil immer wieder Trocknungsphasen von Farben, Klebern und PU-Schäumen vergehen müssen, bevor die nächsten Schritte gesetzt werden können. Es entstehen immer neue Bilder und Eindrücke, was Gerhard Kaiser gerne und oft mit dem Satz „Images never end“ heraufbeschwört und permanent praktiziert.

Es ist empfehlenswert, dass sich noch viele Besucher, Sammler, Forscher und Interessierte auf den Weg ins Kaiser-Reich aufmachen, um dort ihre ganz persön­ lichen, von Gerhard Kaiser geschaffenen Bildwelten entdecken zu können.

115

Visiting Kaiser in his Empire Report from an Explorer

Peter Liaunig When visiting Gerhard Kaiser in “his factory” in Leobersdorf, one is usually greeted at the main entrance to the building. This is due to his politeness, on the one hand, and on the other, to the nature of the building itself. It is an elongated, two-storey building with a central corridor that is almost completely unlit, desolate and, with its many doors, it seems to be almost Kafkaesque.

For years Gerhard Kaiser has been in a fertile symbioses with the factory owner because of which the artist has access to a large number of rooms. At the same time he is the heartlung machine of the building who is aware of every pulse, knows every weak point and in the evening secures the switch cabinet so that no electricity flows without permission.

So, having entered the building one gets no further than five metres before one is proudly shown a magnetic switch in a wall cabinet that has been specially developed by the company and, because of its construction, it saves huge amounts of oil. With a hefty bunch of keys in his hand the host penetrates the depths of the corridor and opens a right-hand door far at the back where a number of rooms function as showrooms. Largescale pictures and objects, mostly of recent date, are on display in the museum-like, well-lit rooms. In the adjoining rooms there is a concentration of works until encountering a side room that gives access to the first signs of Gerhard Kaiser’s mental and working environment.

Here there are various objects, images, collages and rubber objects from several decades.

These are hung and arranged in a planned interaction with each other. By now one begins to discern Kaiser’s cosmos – and, with a little luck, perhaps two or three further rooms on the ground floor will be opened up giving more of an insight into Gerhard Kaiser’s distinctly bountiful oeuvre.

After this, one is ushered through a swing door into an elegant, paired-down staircase from the 1950s. At the top there is an enlarged foyer that serves as a presentational area.

It is here that many a work is first tested by the artist and his guests.

Immediately adjoining this lies the first “treasure chamber” which is secured by various simple padlocks. One ducks under a steel cable on which dozens of customized clothes sacks of riveted plastic are hanging with sheet objects from the early 1990s and enters into Kaiser’s empire that stretches away transversely. There are numerous caringly collected pieces of furniture here, together with three-dimensional objects from Gerhard O. T., 1994, Kunststoff, Pelz, Holz,

Kaiser’s sculptural works, shelving with various sizes of white cardboard boxes, small

Acrylglas | plastic, fur, wood,

format pictures, graphic chests and a centrally-located table for visitors.

acrylic glass, 50 x 31 x 26 cm Sammlung | Collection

This well-filled cosmos leaves little space for pathways, and first impressions of chaos

Peter Liaunig, Wien

rapidly give way to a realisation of imposed structure and order. The clothes sacks and their contents are each labelled with a Polaroid and accompanying notes, and the white boxes that contain various objects also exhibit numbers and captions. So the visitor

117

Ensemble, 1991, Bildmaterial, Folie | image material, sheeting, 104 x 79 cm, Sammlung | Collection Peter Liaunig, Wien

can enjoy opening one box after another and thus discover the astonishing diversity of Gerhard Kaiser’s works. To the explorer’s increasing delight, his journey of exploration may be continued in the immediately adjoining, equally filled room.

If one is not bowled over by all these impressions, one is led back into the corridor and from there one approaches the centre of creation. It begins where a drafting machine covered in diverse adhesive tapes lies in wait, a wall flaunts trial lettering (like formulas) in pencil and works in various stages of completion are temporarily stored.

The actual workroom itself is compact in comparison with the foregoing ones, though basically this is a laboratory. Paint soups swim in porcelain plates, gelatinous substances fix objects on shelving and other found pieces, and neon colours are in combat with letters from advertising signs. Here a number of things are being created in parallel, because drying paint, glue and PU foams takes time before the next stage can be undertaken.

More and more impressions press in, a feeling Gerhard Kaiser often likes to induce – and permanently practices – encapsulated in the motto “images never end”.

It is to be recommended that many more visitors, collectors, explorers and other interested people set off for Kaiser’s empire in order to be able to discover for themselves Gerhard Kaiser’s visual worlds.

119

Assemblage, 1991, Folie | sheeting, 25 x 70 x 10 cm, Sammlung | Collection Peter Liaunig, Wien

Markierungen, Montage, 1979, Folie, Plastik, Klebereste | sheeting, plastic, glue residues, 85 x 58,5 cm Sammlung | Collection Peter Liaunig, Wien

120

Plastik-Plastiken Bild-Objekte zwischen Formlosigkeit und Welt-Formulierung

Lucas Gehrmann In den frühen 1990er-Jahren, als Mutter Erde schon seit gut vier Jahrzehnten zum „Plastic Planet“1 mutierte, aber nur wenige ahnten, dass ihre Meere zwei Jahrzehnte später mehr Mikroplastik als Plankton enthalten würden (welches seither nicht nur durch ihre Flüsse und Kanäle, sondern auch durch unsere Adern und Gedärme strömt), hat Gerhard Kaiser Abfallmaterialien aus Kunststoff in transparente PVC-Folien verpackt. „Es ist vor allem die Welt der industriellen Produktion, der Verpackung, des Konsums und des Abfalls, deren Drama aus dem Kontrast von Glanz und Schäbigkeit, Prangen und stumpfer Undurchsichtigkeit hervorleuchtet“2 , schrieb Wolfgang Pauser damals zu Gerhard Kaisers Assemblagen, wie der Künstler seine frühen Plastik-Plastiken betitelte.

Und aus heutiger Sicht, die zudem noch mit dem Wissen verknüpft ist, dass „die Menge des Kunststoffs, die wir in den letzten 100 Jahren produziert haben, reichen würde, Plastic Planet, Regie: Werner Boote,

um den gesamten Erdball sechsmal einzupacken“3 , kann die damals vom Künstler

Kinodokumentarfilm, 90 Minuten, AT,

getroffene Wahl von (teilweise recyceltem) Kunststoff als Werkstoff umso mehr als

2009, www.wernerboote.com

ökonomiekritische Reflexion auf den unreflektierten Massengebrauch von „Plastik“

1

Wolfgang Pauser: Kunststoff – Stoff

erachtet werden. Zumal dieses Thema hier auch nicht beim Werkstoff endet: Um

der Kunst, in: Kunstpresse, Nr. 2, April

mit oder aus Plastik Plastiken zu generieren, bediente und bedient sich der Künstler

1992, S. 372

noch heute, zumindest zum Abschluss des einzelnen Werks, des Verschweißens oder

2

3

John Taylor, Präsident von Plastic-

Vernietens – Techniken also, die wiederum der industriellen Fertigung entlehnt sind.

Europa, in: Martin Betzwieser: Der besondere Dokumentarfilm-Tipp:

Nun bedeutet „Abschluss“ hier zugleich auch Ein- oder Verschluss, denn Gerhard

Plastic Planet, in: der Freitag,

Kaisers Plastik-Plastiken bestehen ja nicht nur aus ihren Hüllen. „Die Klarsichtfolie

20.02.2010, www.freitag.de/autoren/

bot ungeahnte Möglichkeiten für ein dialektisches Spiel mit der Hülle in der Fülle:

martin-betzwieser/der-besondere-

man konnte nun durch die Verhüllung enthüllen!“4 , schrieb der Designtheoretiker

dokumentarfilm-tip-plastic-planet

Joachim Krausse im Rückblick auf die seit Buckminster Fuller in den 1960er-Jahren

(Oktober 2018)

von Künstler-Architekten gerne verwendeten transparenten Bau- und Werkstoffe, zu

4

Joachim Krausse: Werte aus dem

denen auch PVC-Folien gehörten, wie sie beispielsweise Haus-Rucker-Co einsetzten,

Berliner Zimmer, in: Deutscher

um sowohl neue Bewusstseinsräume zur Wahrnehmungserweiterung und -vertiefung

Werkbund, Württembergischer

zwischenmenschlicher Beziehungen zu schaffen als auch die Trennung des Menschen

Kunstverein (Hg.): Schock und

von seiner Umwelt zu symbolisieren. 5

Schöpfung. Jugendästhetik im 20.

Jahrhundert, Darmstadt 1986, 241,

Gerhard Kaiser baut keine pneumatischen Wohnlandschaften oder innerlich begehbare

zit. in: Elke Beilfuß: Kunststoff als

Großskulpturen, aber der Gedanke des Enthüllens durch Verhüllung dürfte in seinen

Design-Material: Wohnkultur im Stil

Plastik-Plastiken und auch in seinem späteren Werk eine mindestens gleichwertige

der 1968er, Hamburg 2014

Rolle spielen wie der ökonomiekritische Aspekt. Indem wir nämlich von außen

5

Siehe z. B. Dieter Bogner, Kunsthalle

durch deren Hüllen blicken, offenbart sich ihr Inneres als etwas, dem besondere

Wien (Hg.): Haus-Rucker-Co.

Wahrnehmung zu widmen ist: Die Verhüllung verleiht dem Verhüllten eine Aura,

Denkräume, Stadträume 1967–1992,

deren Bewandtnis wir auf den Grund zu gehen animiert sind und es somit mit erhöhter

Klagenfurt 1992

Aufmerksamkeit betrachten. Die Fragen also, was das denn wohl sei, was da drinnen steckt und weshalb es in dieser oder jener Anordnung sich kompiliert befindet, stellen sich gegenüber dem vitrinenartig Verschlossenen viel eher als dem offen Daliegenden oder -hängenden. Zudem erhöht Gerhard Kaiser den „auratischen“ Aspekt seiner

Assemblagen aus Kunststoff und (abgefallenem) Kunststoff insbesondere in seinen frühen Arbeiten dieser Serie durch deren formale Annäherung an das (klassische) Tafelbild: In weitgehend rechteckig oder auch quadratisch zugeschnittenen Transparentfolien finden sich oft wohlproportioniert zu deren Umriss recht- oder dreieckig, quadratisch oder kreisförmig umrissene Binnenfolien, die auch farblich einer geradezu klassischmodernen Kompositionslehre folgen. 6 Gestört wird diese Ordnung allein durch das sich stets unregelmäßig und in seiner Oberflächenstruktur

falten-

bis

flatterhaft

verhaltende

(Verpackungs-)Material.

„Transparente Folie ist Fläche und löst diese zugleich auf“, schrieb Peter Gorsen schon 1968, und weiter: „Der amorphe, formindifferente Elementarcharakter der Kunststoffe […] versetzt den Künstler in eine grundsätzlich andere Ausgangssituation als den traditionellen, mit natürlichen Werkstoffen arbeitenden Bildner. Er muß den formlosen Stoff unmittelbar in eine Form bringen oder als industriell vorgefertigtes Stück im Sinne des Objet trouvé zu weiterer ästhetischer Manipulation übernehmen.“7 Gerhard Kaiser schafft die Kombination beider Komponenten: Er formt den formlosen Stoff und integriert ihm gefundenes Material so, dass beides gemeinsam ein Bild ergibt.

Denn um „das Bild“ geht es in seiner Arbeit letztlich immer: Ob zum dreidimensionalen Wand-Objekt oder zur raumgreifenden Installation formiert, geraten die Bestandteile seiner Assemblagen bis heute zu einem in sich schlüssigen, wenn auch nicht immer „wohltemperierten“ Gefüge. Da und dort und dann und wann darf und soll ein Misston entstehen, eine farbliche oder formale Irritation, die der Harmonie der Zeichen, der Materialien und ihren (stets kodierten) Bedeutungen entgegenwirkt.

Sehr bald nach der Entstehung der ersten Plastik-Plastiken nämlich erlebte der BildBegriff eine ähnliche Mutation wie schon 150 Jahre zuvor durch die Erfindung der Fotografie: Das Internet ermöglichte die massenhafte Reproduktion und Verbreitung von 6

Siehe z. B. Assemblage, Jänner 1990,

Bildern aller Art in und über die ganze Welt. Heute werden allein auf der Social-Media-

je 110 x 50 cm, Abb. 1–3, in: Galerie

Seite Instagram pro Tag über 100 Millionen neue Bilder hochgeladen. 8 „Die Orientierung

Menotti (Hg.): Gerhard Kaiser: „Plasti-

in dieser Bildwelt, die ich vielleicht anstrebe, die ohne Unterbrechung anstreift, werde

ken“, Baden bei Wien 1991 (o. S.); Paket

ich wahrscheinlich nie finden, wie soll sie auch aussehen – Ordnung?“, sagt und frägt

(1990, Werkverzeichnis 90/1/20);

(sich) Gerhard Kaiser und fügt seinen zusehends weniger streng geordneten Archivalien

Red point set (1992, Werkverzeichnis

– den also von ihm aus allen möglichen Quellen gesammelten Bildbestandteilen – dann

92/12/1)

und wann „streichendes Beiwerk“ in meist grell hervorstechenden Farben als ein den

Peter Gorsen: Kunst aus Kunststof-

Bildbegriff hinterfragendes Element hinzu. „Streichendes Beiwerk“ ist Farbe, Acryl oder

fen. Kritische Anmerkungen zu einer

Öl, gestisch und immer monochrom auf Kunststofffolie oder Gummitücher aufgetragen,

Ausstellung in Wiesbaden, in: Die Zeit,

was manche andere Künstler und Interpreten als „malerischen Duktus“, wenn nicht gar

Nr. 18, 1968, 03.05.1968,

als „Malerei“ per se definieren würden.

7

www.zeit.de/1968/18/kunst-auskunststoffen (Oktober 2018) 8

Instagram by the Numbers,

Der ursprünglich von der Zeichnung und Malerei kommende Künstler weiß, dass es mit der Malerei so einfach nicht zugeht – auch wenn wir seine Kunstübung getrost als

06.09.2019, www.omnicoreagency.

„erweiterte Malerei“ definieren dürfen, konkreter vielleicht: als ein sich in den Raum,

com/instagram-statistics (September

in ein sich um uns herum bedingt öffnendes Umfeld erstreckendes multimediales

2019)

Gestalten, durch das wir ohne erzählerische Attitüden viel über unsere Wahrnehmung von sowohl ästhetischen als auch gesellschaftsrelevanten Themen erfahren können.

Oder: Der entschleunigte analytische Blick durch die statisch-flexible Folie Gerhard Kaisers auf oder in sein Konglomerat teilweise kryptischer Zeichen, geometrischer Formen und emotional gesetzter Farbstrukturen vermag den Blick auf das Innenleben der inzwischen schon siebenfach mit Kunststofffolie umwickelten Welt nachhaltig zu schärfen.

122

Basic Pack 16, 2019, C-Print auf Transparentpapier | C-print on transparent paper, 42 x 29,7 cm

Basic Pack 5, 2019, C-Print auf Transparentpapier | C-print on transparent paper, 42 x 29,7 cm

124

Plastic-Plastics Picture Objects between formlessness and World Formulation

Lucas Gehrmann In the early 1990s, when Mother Earth had already been transmuted into a “plastic planet”1 for a good four decades and few people imagined that their seas would contain more microplastic particles than plankton only two decades later – nowadays not only flowing in 1

Plastic Planet, directed by Werner

our rivers and canals, but also through our arteries and intestines – Gerhard Kaiser packed

Boote, documentary film, 90 mins., AT

plastic junk in transparent PVC sheeting. “Above all it is the world of industrial production,

2009, www.wernerboote.com

packaging, consumerism and waste whose drama shines out from the contrast between

2

Wolfgang Pauser: Kunststoff – Stoff

der Kunst, in: Kunstpresse, No. 2, April

glamour and shabbiness, flaunting and duller lacklustre”2 , wrote Wolfgang Pauser about Gerhard Kaiser’s assemblagen, as the artist called his early “plastic plastics”.

1992, p. 372 3

John Taylor, President of Plastic-Eu-

From today’s vantage point and in conjunction with the knowledge that “the amount of

ropa, in: Martin Betzwieser: Der be-

plastic we have produced in the last hundred years would be enough to pack the entire

sondere Dokumentarfilm-Tipp: Plas-

globe six times over”3 , the choice in favour of plastic – some of it recycled – which the artist

tic Planet, in: der Freitag, 20.02.2010,

made, then can be regarded as that much more of an economy-critical reflection on the ill-

www.freitag.de/autoren/martin-bet-

considered, widespread use of plastic. This is particularly the case, because the issue does

zwieser/der-besondere-dokumentar-

not end at the material. Generating art objects, whether with or without plastic, the artist

film-tip-plastic-planet (October 2018)

has used, and still uses (at the very latest with the closure [abschluss] of individual works)

4

Joachim Krausse: Werte aus dem

techniques of heat sealing or riveting which are borrowings from industrial manufacturing.

Berliner Zimmer, in: Deutscher Werkbund, Württembergischer Kunstv-

Now “closure” in this context also means “confinement” or “fastening” because Gerhard

erein (ed.): Schock und Schöpfung.

Kaiser’s plastic plastics do not just consist of their wrappers. “The transparent sheeting

Jugendästhetik im 20. Jahrhundert,

offered unexpected opportunities for a dialectical game with the covering and its contents:

Darmstadt 1986, 241, quoted in: Elke

one could now uncover things through the covering!”4 wrote design theorist Joachim

Beilfuß: Kunststoff als Design-Ma-

Krausse looking back to Buckminster Fuller’s time in the 1960s when artist-architects happily

terial: Wohnkultur im Stil der 1968er,

used transparent material for buildings and other constructions. PVC sheeting belongs in

Hamburg 2014

this category and was used by Haus-Rucker-Co, for example, to create new spaces of

5

See e.g. Dieter Bogner, Kunsthalle

Wien (ed.): Haus-Rucker-Co. Den-

consciousness for expanding perception and the deepening of inter-personal relationships and as the symbolic separation of humans from their environment.5

kräume, Stadträume 1967–1992, Klagenfurt 1992

Though Gerhard Kaiser builds no pneumatic living environments or large-scale walk-in

See e.g. Assemblage, January

sculptures, the notion of uncovering by covering in his plastic-plastics and his later works

1990, each 110 x 50 cm, ill. 1–3, in:

is likely to have played a role at least to the same degree as the economy-critical aspect.

Galerie Menotti (ed.): Gerhard Kaiser:

Because we view what is inside through the covering, it reveals something that can be

“Plastiken”, Baden 1991 (n. pag.);

regarded as a special and separate perception: the covering gives the contents an aura, which

Paket (1990, catalogue raisonné

we are animated to examine for characteristics and thus to view it with increased attention.

90/1/20); Red point set (1992,

So the questions as to what that might be, what that is inside and why it inserted in this or

catalogue raisonné 92/12/1)

that order is posed much more readily in respect of objects enclosed, vitrine-like, than with

6

objects simply lying or hanging around in the open. Furthermore, Gerhard Kaiser augments the „auratic“ aspect of his assemblages of plastic and (waste) plastic materials, most notably in the early works of this series, with a formal proximity to (classic) easel pictures. In generally rectangular or square transparent sheeting that has been cut to size one often finds wellproportioned, – rectangular or triangular, square or circular – transparent film inside, which appears to be almost compliant with the compositional theory ofclassical modernity in shape as well as colour characteristics.6

This regulated system is only disrupted by the always irregular (packing) material and its surface structure, which behaves in a wrinkly and fluttery way. “Transparent sheeting is flat at the same time as it annuls that flatness”, wrote Peter Gorsen back in 1986. He continued: Peter Gorsen: Kunst aus Kunststof-

“The amorphous, elementary character of plastic sheeting that is indifferent to form [ . . . ]

fen. Kritische Anmerkungen zu einer

places the artist at a fundamentally different starting point to the traditional sculptor working

Ausstellung in Wiesbaden, in: Die Zeit,

with natural materials. He has to give form to this formless material immediately or accept

No. 18, 1968, 03.05.1968, www.zeit.de/

this industrially prefabricated item as an objet trouvé for further aesthetic processing.”7

7

1968/18/kunst-aus-kunststoffen (October 2018) 8

Instagram by the Numbers,

Gerhard Kaiser succeeds in combining both components: he forms the formless material and integrates found materials in such a way that both together produce a picture. This

06.09.2019, www.omnicoreagency.

is because, in the end, “the picture” is what his work is always about, whether formed

com/instagram-statistics

into a three-dimensional wall object or into a walk-in installation, the components of his

(September 2019)

assemblages that even today come together into a coherent if not always “well-tempered” whole. Here and there and now and then a discordant note can and should be heard, an irritation of colour or form that runs counter to the harmonies of the drawing, the material and their (always coded) meaning.

Very soon after the first of the plastic plastics was made the definition of picture underwent a similar mutation to that which took place 150 years before with the invention of photography.

The internet made it possible to mass produce and distribute images of all kinds throughout the world. Nowadays just on the social media site, Instagram, alone 100 millions new images a day are uploaded.8 “The orientation in this world of images which I perhaps strive for, against which I graze continuously, is such that I will probably never find. How would that look – ordered?” says and asks (himself) Gerhard Kaiser and adds his decreasingly strictlyordered archive materials – the collection of pictorial components from all kinds of sources – and, now and then, “additional attachments”, usually in bright, penetrating colours, as an image-interrogating element. The “additional attachment” is painted, with acrylic or oil, always monochrome, applied as a gesture to plastic sheeting or rubber mats. Some artists and interpreters would define this as “painterly style” if not “painting” per se.

The artist, who comes originally from drawing and painting, knows that painting is simply not that easy even if we are permitted to define his art exercises as “expanded painting” with confidence, but more concretely, perhaps, as something that reaches into the room, a contingent, open, multimedia environment, which we can experience a great deal about our perception that is both aesthetically and socially relevant without any narrative posturing. Alternatively, the decelerated analytical gaze through Gerhard Kaiser’s static and flexible sheeting at or in his conglomerate and partially cryptic signs, geometric forms and emotionally placed coloured structures might lastingly sharpen our gaze on the interior life of the world that meantime has been wrapped sevenfold in plastic.

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Basic Pack 23, 2019, C-Print auf Transparentpapier | C-print on transparent paper, 42 x 29,7 cm

Basic Pack 43, 2019, C-Print auf Transparentpapier | C-print on transparent paper, 42 x 29,7 cm

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Basic Pack 40, 2019, C-Print auf Transparentpapier | C-print on transparent paper, 42 x 29,7 cm

Basic Pack 45, 2019, C-Print auf Transparentpapier | C-print on transparent paper, 42 x 29,7 cm

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Basic Pack 28, 2019, C-Print auf Transparentpapier | C-print on transparent paper, 42 x 29,7 cm

Im Sog der Bilder

Alexandra Schantl 1

Claude Lévi-Strauss: Das wilde Denk-

en, Frankfurt/M. 1973, S. 31 2

Ebd., S. 32

Gerhard Kaiser ist ein leidenschaftlicher Sammler von allen möglichen Dingen, die üblicherweise kaum jemandes Aufmerksamkeit erregen, ihm aber aus einem Impuls heraus interessant bzw. ästhetisch reizvoll erscheinen. Sein fast zwanghafter Drang zum Aufbewahren bezieht sich jedoch nicht allein auf Dinge der Warenwelt, sondern seit einiger Zeit auch auf Bilder, Grafiken und Texte, die er fotografiert oder scannt und auf Festplatten speichert. Dieses täglich gespeiste und somit stetig wachsende digitale Archiv stellt die Basis von Kaisers aktueller künstlerischer Arbeit dar. Es ist die unversiegbare Quelle seiner computergenerierten Bildkreationen, die entweder als digitale C-Prints auf Papier, mitunter auch auf Leinwand, oder mittels Siebdruck auf verschiedenen Trägermaterialien (Kunststoffplatten und -folien, Acrylglas) ausgeführt werden.

Hat man Kaisers gesamtes Œuvre vor Augen, das bis vor wenigen Jahren vornehmlich auf Malerei und Plastik fokussiert war, fragt man sich, wodurch die Hinwendung zur digitalen Bildproduktion ausgelöst wurde. Es sei die Abneigung vor den klassischen Medien der Kunst gewesen, so die Antwort des ehemaligen Schülers von Oswald Oberhuber, dessen Prinzip der „permanenten Veränderung“, das mit der Ablehnung jeglicher Stilbildung einhergeht, für Kaisers künstlerisches Selbstverständnis seit jeher wegweisend war. Seine Begeisterung für die digitale Welt sei aber vor allem in der Transformationsmöglichkeit der Medien begründet. Eine analoge, auf Papier existierende Zeichnung etwa kann durch den Vorgang des Scannens digitalisiert und beispielsweise in Kombination mit digital aufgenommenen bzw. analog erzeugten, aber digital reproduzierten Fotografien letztlich auf Leinwand oder einen beliebigen anderen Bildträger gedruckt werden.

Kaisers Vorgangsweise bei dieser speziellen Form der Bildfindung entspricht im Wesentlichen dem, was Claude Lévi-Strauss in Bezug auf das mythische Denken als Bricolage oder intellektuelle Bastelei bezeichnet hat: Jener Bastler hat bei seinen Vorhaben ein Instrumentarium zur Hand, dessen einzelne Werkzeuge und Materialien nicht zielgerichtet, sondern nach der Devise „das kann man immer noch brauchen“ angesammelt werden. Geht er an die Realisierung eines konkreten Projektes, „muss er mit dieser Gesamtheit in eine Art Dialog treten […]. Alle diese heterogenen Gegenstände, die seinen Schatz bilden, befragt er, um herauszubekommen, was jeder von ihnen bedeuten könnte. So trägt er dazu bei, ein Ganzes zu bestimmen, das es zu verwirklichen gilt, das sich aber am Ende von der Gesamtheit seiner Werkzeuge nur durch die innere Disposition der Teile unterscheiden wird.“1 Andererseits zieht die Freiheit, die der Bastler in der Wahl seiner Mittel hat, „eine vollständige Neuorganisierung der Struktur nach sich […], die weder der andeutungsweise vorgestellten noch irgendeiner anderen, die ihr hätte vorgezogen werden können, jemals entsprechen wird.“2 Auf Gerhard Kaisers Arbeit gemünzt, bedeutet Bricolage also die Reorganisation von Bilddaten zu immer neuen Strukturen, wobei er die unendlich vielen Optionen, die dieser Schöpfungsprozess mit sich bringt, als ebenso lustvoll wie belastend empfindet. Die Unmöglichkeit, das gesamte Archiv im Blick zu behalten, verursacht ein latentes Unbehagen, das durch den Umstand,

dass potenziell jedes einzelne Bild mit allen anderen zusammenhängt, verstärkt wird.

Er ist sozusagen in einen Sog der Bilder geraten, der ihn immer weitertreibt und ihm gleichzeitig das Gefühl vermittelt, stets nur etwas „Unfertiges“ festhalten zu können.

Kaiser thematisiert in seinen aktuellen Arbeiten somit ein Phänomen, das der deutsche Kunsthistoriker Gottfried Boehm als „bildnerisches Kontinuum“ beschrieben hat.

Gemeint ist damit jener Zustand der Moderne, der durch die technische Reproduzier­ barkeit von Bildern – beginnend mit den alten Drucktechniken über die analoge Gottfried Boehm: Wie Bilder Sinn

Fotografie bis hin zu den digitalen Medien – herbeigeführt wurde und in der „jeder

erzeugen. Die Macht des Zeigens,

Quadratzentimeter der sichtbaren Welt, fast alles, was irgendwo sichtbar ist oder sichtbar

Darmstadt 2010, S. 168

gemacht werden kann, […] auch ein möglicher Gegenstand für ein Bild [ist].“3 Dadurch

3

4

Ebd., S. 170

wird „die Oberfläche der Welt identisch […] mit einem bildnerischen Kontinuum. Es setzt das freie Gleiten über das Sichtbare oder sichtbar Gemachte voraus, das sich an jeder Stelle zu einem Bild manifestieren kann.“4 Dadurch kommt es nicht nur zu einer Entgrenzung der klassischen Medien, sondern auch zu einer Aufhebung der „Ordnung der Bilder“, was mitunter durch die zahlreichen Versuche moderner Künstler, den Rahmen des traditionellen Tafelbildes zu sprengen, belegt wird.

Auch in den Werken von Gerhard Kaiser ist der Rahmen ein wiederkehrendes und geradezu bildbestimmendes Motiv, das mitnichten der Eingrenzung dient. Vielmehr handelt es sich oft um mehrere, übereinander gelagerte rahmenähnliche Elemente, die einen Durchblick gewähren auf darunterliegende Schichten von Bildern. Es sind beispielhafte, dem bildnerischen Kontinuum entrissene Ausschnitte, die insofern an die aus der Computersprache bekannten Frames erinnern, als sie scheinbar auf Inhalte verweisen, die auf einer weiteren Ebene aufgerufen werden können. Da naturgemäß im Falle von Kaisers Bildern die in den Frames enthaltenen Informationen statisch, d.h. nicht mit Hyperlinks versehen sind, bleiben sie bedeutungsoffen und verweisen letztlich nur darauf, dass sich hinter den Bildern noch mehr Bilder verbergen. Wäre dem nicht so, wären also Kaisers Werke tatsächlich dynamisch bzw. interaktiv, würde sich ihr Betrachter mit jedem Klick mehr im Sog der Bilder verlieren.

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Basic Pack 10, 2019, C-Print auf Transparentpapier | C-print on transparent paper, 42 x 29,7 cm

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Basic Pack 9, 2019, C-Print auf Transparentpapier | C-print on transparent paper, 42 x 29,7 cm

Lost in the Onslaught of Images

Alexandra Schantl 1

Claude Lévi-Strauss: Das wilde Den-

ken, Frankfurt on the Main 1973, p. 31 2

ibid., p. 32

Gerhard Kaiser is a passionate collector of all kinds of objects which usually attract little attention, but which impulsively strike the artist as interesting or aesthetically appealing.

His almost compulsive desire to preserve extends not just to consumer products but for some time now has also included images, graphic works and texts, which he photographs or scans and saves on hard drives. This digital archive is added to every day, an ever growing collection that forms the basis of Kaiser’s current artistic work. This is the inexhaustible source of his computer-generated pictorial creations, which he prints onto paper or canvas as digital C-prints or which he applies to different media (plastic disks and slides, acrylic glass) by means of silkscreen printing.

If one considers Kaiser’s artistic work in its entirety, which up until a few years ago consisted mostly of paintings and sculpture, one wonders what caused him to turn to digital image production. It is a disdain for classic artistic media, says the former student of Oswald Oberhuber – the professor whose principle of “perpetual change” and the rejection of one single coherent style has been pivotal for Kaiser’s own conception of art from the very beginning. Kaiser’s enthusiasm for the digital world has its roots above all in the potential for transformation inherent to the media. A drawing on paper, for example, can be scanned and digitalized and then printed onto canvas or any other background in combination with digital or analogue photographs which are also digitally reproduced.

The special form of image creation practiced by Kaiser is in essence what Claude LéviStrauss referred to in his discussion of mythical thinking as “bricolage”. Every hobby craftsman uses a range of instruments that he has accumulated without any specific objective according to the motto “you never know when you’ll need it”. In realizing a specific project he “must enter into a kind of dialogue with this totality […]. He has to question each of these heterogeneous objects, which he greatly treasures, in order to find out what they might individually signify. In this way he helps define an overall entity that he must come to realize, but that ultimately will only distinguish itself from the totality of his tools by the inner disposition of the parts.”1 Yet the freedom that the hobby craftsman has in the choice of his tools implies “a complete reorganization of the structure […] that will in no way correspond to that which he has roughly imagined or anything else that might have been more appealing”. 2 In reference to Gerhard Kaiser’s works, “bricolage” signifies the reorganization of image date into ever new structures, whereby he greets the infinite number of options that the creative process entails with both joy and exasperation.

The impossibility of achieving any kind of overview of the archive in its entirety yields a certain unease that is only intensified by the fact that any individual picture might relate to all the others. Kaiser is in a sense lost in the onslaught of images, which forces him to continue working and at the same time instills in him the sense that he will only be able to render something incomplete.

In his current works Kaiser thus examines a phenomenon that the German art historian Gottfried Boehm has described as the “pictorial continuum”. By this he means the modern condition brought about by the technical reproduction of images – from traditional

print techniques to analogue photography to digital media – as a result of which “every square centimeter of the visible world, almost everything that is visible somewhere or that can be made visible […] [is] the potential subject of an image”. 3 In this way “the entire surface of the world [is] identical to a pictorial continuum. It implies a manner of passing over all that is or has been made visible, which can manifest itself at any given point in an image.”4 This serves not only to dissolve the boundaries between traditional media but also to negate the “organization or arrangement of images”, as is confirmed by the myriad attempts of modern artists to break through the frame of the traditional panel painting.

In the works of Gerhard Kaiser the frame is also a recurring motif, though it in no ways serves as a limitation. Instead, we often find a number of frame-like elements superimposed upon one another, yielding a view into the image layers below. These are exemplary extracts taken from the pictorial continuum, which is reminiscent in turn of the frames known from the language of computers in that the elements refer to content that Gottfried Boehm: Wie Bilder Sinn

can be accessed on a different plane. As in Kaiser’s pictures the information contained

erzeugen. Die Macht des Zeigens,

in the frames is inherently static – that is, there are no hyperlinks – their significance

Darmstadt 2010, p. 168

remains open, ultimately revealing nothing but that beyond each image lurks another

3

4

ibid., p. 170

image. If this were not the case – that is, if Kaiser’s works were in fact dynamic or interactive – viewers would lose themselves in the onslaught of images with every click.

137

Ration, 2019, Filmmaterial, Kunststoff, Gelatine | film material, plastic, gelatine, 23 x 65 x 38 cm

139

Titel, 0000, Technik, Technik | technique, technique, 00 x 00 x 00 cm

Painting, 1993, Folie, Holz, Leim, Lack | sheeting, wood, glue, gloss paint, 26 x 30 x 18 cm

141

Titel, 0000, Technik, Technik | technique, technique, 00 x 00 x 00 cm

Das Fremde und das Eigene, 1993, Papier, Folie | paper and sheeting, 77 x 39 x 20 cm

143

Archiv, 1993, Folie, Reispapier | sheeting and rice paper, 138 x 23 x 18 cm

Lightbox, 1992, Folien, Bildmaterial | sheeting, image material, 77 x 42 x 12 cm

145

Genre, 1992, Folien, Bildmaterial | sheeting, image material, 73 x 22 x 17 cm

During the Day, 1992, Folie, Bildmaterial | sheeting, image material, 7 x 15 x 37 cm

147

Kleiner Stapel, 1992, Folie, Bildmaterial | sheeting, image material, 16,5 x 16,5 x 10 cm

On high, 1992, Folien, Filmmaterial | sheeting, film material, 280 cm, Ø 20 cm

150

Scary, 1993, Folien, Plastik | sheeting, plastic, 50 x 66 x 19 cm

New York Red Points, 1992, Folie, Lack, Nieten | sheeting, gloss paint, rivets, 120 x 80 x 11 cm

153

Titel, 0000, Technik, Technik Spion,| 1991, technique, Folie technique, | sheeting, 00 45 xcm, 00 Ø x 00 14 cm

Assemblage, 1991, Folie | sheeting, 43 x 27 x 8 cm

155

Assemblage, 1991, Folie | sheeting, 42 x 32 x 8 cm

Assemblage, 1991, Folie | sheeting, 58 x 19 x 13 cm

157

Assemblage, 1991, Folie | sheeting, 73 x 26 x 15 cm

2 Brüder, 1994, Folie, Filz | sheeting, felt, 25 x 42 x 22 cm

159

Assemblage, 1991, Folie, Plastik | sheeting, plastic, 25 x 23 x 4 cm

Big bag, 1993, Plastik, Gummi | plastic, rubber, 170 x 90 x 14 cm

Der Träger und das Getragene Plastik-Plastiken, Medienmaterialien, Zeigegestelle und Dingfügungen

Wolfgang Pauser I. Einleitung: Das dreidimensionale Objekt als Kunstwerk gab es vor dem 20. Jahrhundert und bis in dessen Mitte in den zwei Varianten der Skulptur und der Plastik. Eine Skulptur ist ein Objekt, das aus einem Festkörper homogener Materialität besteht, dessen Bedeutung tragende Form durch die Entnahme von Material hergestellt wurde, etwa bei behauenem Stein oder geschnitztem Holz. Eine Plastik besteht ebenfalls aus homogenem Material, dessen Form sich jedoch einem additiven Verfahren verdankt, etwa beim Modellieren von Ton oder Gießen von Bronze. Skulptur und Plastik hatten gemeinsam, Materie und Form in einer Weise zu vereinen, die deren getrennte Betrachtungsweise nahelegte. Die Homogenität des Materials diente dazu, den Begriff der Materie als Gegenbegriff zur Form anschaulich zu machen, wobei der Form alleine der Aspekt und die Funktion des Informierenden, Abbildenden, Bedeutung Übermittelnden und im heutigen Sinne Medialen zugeordnet wurde.

Stoff und Form als Gegensatzpaar darzustellen war die implizite Bedeutung jeder Skulptur und jeder Plastik, unabhängig davon, was diese abbildete oder symbolisierte. Dieses Implikat vermittelte das philosophische Paradigma der Entgegensetzung von Materie und „Geist“. Das Materielle galt als das Ungeistige, das Geistige als etwas Immaterielles. Der Materie-GeistDualismus lag dem Denken, ja der gesamten Kulturentwicklung Europas von der Antike bis zum 20. Jahrhundert zugrunde. Dass die „Bildhauerei“ ihn, ohne dies eigens zu beabsichtigen oder zu reflektieren, in ihrem technischen Paradigma implizit anschaulich machte und damit zu einer scheinbaren Evidenz erhob, wurde erst allgemein bewusst, als der Geistbegriff aus dem intellektuellen Diskurs verschwand, was etwa daran auffällig wurde, dass die Universitäten ihre Fakultäten für „Geisteswissenschaft“ umbenannten: erst in „Grund- und Integrativwissenschaft“, heute in „Kulturwissenschaft“.

Sein letztes populäres Nachleben hatte das Konzept des Geistigen in den Anfangsjahren der Digitalisierung, als man von „Cyberspace“ sprach und das Virtuelle als etwas Nichtreales empfand. Doch gerade der Computer auf jedem Schreibtisch machte deutlich, dass seine materielle und seine informationelle Dimension bloß zweierlei Betrachtungsweisen eines Phänomens sind, gleichsam die untrennbaren zwei Seiten einer Medaille. Weder die 0 noch die 1, weder der Stromfluss noch dessen Unterbrechung sind die Substanzen der Information, sondern nur die Differenz zwischen 0 und 1 ist unabhängig vom Überträgermaterial oder der Art von Maschine das universale Medium und gleichsam die Substanz jeder Informationsprozessierung. Einen Computer könnte man auch als hölzerne Wassermühle bauen – er wäre bloß ziemlich groß. Selbst die Nervenzellen übertragen einen Sinnesreiz binär ans Gehirn, mittels elektrischer Ströme, die nur ein- oder ausgeschaltet sein können.

Um die Wurzeln der Werkentwicklung Gerhard Kaisers zu suchen, blicken wir in die Kultur der 1980er-Jahre. Damals konnte sich eine neue Wissenschaft in allen europäischen Universitäten etablieren: die Medienwissenschaft. Sie war einerseits Symptom für die Vermehrung und wachsende gesellschaftliche Bedeutung von Medien und befeuerte andererseits die Reflexion und differenzierende Untersuchung des medialen Phänomens auf seinen neuen technischen Grundlagen. So erhielten auch die materiellen und funktionalen Aspekte der Medien eine

161

gesteigerte Aufmerksamkeit. Parallel zu den Feuilletondebatten über Medien, insbesondere

über die sogenannten „Neuen Medien“, trat auch in der bildenden Kunst einer der zentralen Traditionsstränge der Moderne – die Selbstbefragung, Infragestellung, Reflexion und Selbstthematisierung ihrer eigenen Voraussetzungen und Grenzen – in den Vordergrund, nun fokussiert auf die medialen Aspekte. „Medienkunst“ wurde zu einer Kategorie.

Zeitgleich wurde in Österreich die französische Philosophie des Poststrukturalismus und der Postmoderne rezipiert. Einer ihrer Topoi war das Konstatieren einer Immaterialisierung und einer Auflösung der Beziehung zwischen Zeichen und Wirklichkeit. Im Hintergrund stand die Erfahrung mit der wachsenden Bilderflut und Inflationierung der Medien. In der Soziologie startete der Begriff „Mediengesellschaft“ seine bis heute dauernde Karriere.

Ausgangspunkt des postmodernen Denkens waren Strukturalismus und Zeichentheorie.

Letztere formuliert die alte philosophische Frage nach dem Verhältnis von Geist und Materie, Bedeutung und Medium in einer neuen Begrifflichkeit. Drei Elemente ergeben ein Zeichen: Der Zeichenträger besteht aus Materie wie etwa einer Tintenspur auf einem Blatt Papier in der Schriftform des Wortes „Baum“. Dieser Zeichenträger evoziert im Subjekt die Vorstellung „Zur

postmodernen

gehört

auch

der

Hyperrealität

eines Baumes als das Bezeichnete. Das dritte Element jenes Dreiecks, das insgesamt das

Verlust

Zeichenphänomen ergibt, ist der Referent, jener Baum aus Holz, der draußen auf der Wiese

der

Referenz und Repräsentation. Aus

steht.

der postmodernen Literatur ist das Phänomen bekannt, dass sich Zeichen

Der Poststrukturalismus geht einen Schritt weiter und weist darauf hin, dass der Referent

auf Zeichen, Texte auf Texte beziehen

selbst auch ein Zeichenträger ist. Der hölzerne Baum auf der Wiese lässt sich nur dann als

(Intertextualität),

Baum identifizieren, wenn der Betrachter bereits eine Vorstellung dessen, was ein Baum

selbstreferentiell einer

ist, mitbringt, sodass er diesen von ähnlichen Phänomenen wie Büschen, Gräsern etc.

Referenzebene jenseits der Zeichen

unterscheiden kann. Daraus ergibt sich, dass das Erkennen eines Baumes auf der Wiese

vermissen lassen. Dies ist auch als

als Baum nicht nur eine Vorstellung vom Baum allgemein, sondern auch eine sprachliche

ein Verlust der repräsentierenden

Artikulation voraussetzt, die identisch ist mit den bezeichneten Vorstellungen im Subjekt.

Funktion von Zeichen und Texten

Somit ist der Baum auf der Wiese nur insoweit ein solcher, als er vom Menschen als solcher

zu sehen. In einem zweiten Sinn

erkannt wird – als Zeichenträger der Bedeutung „Baum“. Er ist auch nicht „realer“ als die

des Verlusts von Repräsentation ist

Zeichenträger und die Vorstellungen, die auf ihn verweisen.

sind

und

den

Bezug

zu

damit auch gemeint, dass Zeichen sind,

Bedeutungen ergeben sich, wie schon Heidegger formulierte, aus dem „Verweisungs-

d. h., dass sie nicht die autoritative

zusammenhang“ zwischen ihnen, die Welt ist „bedeutungserschlossen“. Jacques Derrida führt

Stellvertreterschaft

diesen Gedanken weiter und setzt die Differenz an die Stelle jeglicher Substanz. Bedeutung ist

und

Texte

unrepräsentativ

für

etwas

etwas, das sich kollektiv artikuliert bzw. differenziert als System von Unterschieden. Umberto

beanspruchen.“

Eco nennt diesen Prozess der Artikulation „Semiose“, Derrida prägt den Begriff „Différance“ H.-G. Vester: „Tourismus und Terrorismus im

Zeichen

der

Postmoderne“,

für den Prozess der Bedeutungsverschiebung während des Zeichengebrauchs.

in: „Auf

Wenn es, erkenntnistheoretisch betrachtet, nur Unterschiede bzw. Differenzen gibt, löst sich

Verlag

das alte Rätsel um das metaphysische Verhältnis von Stoff und Form, Materie und Geist

Königshausen & Neumann, Würzburg

auf. Materie ist selbst nur eine Bedeutung und jede Bedeutung ist nur eine Struktur von

2010.

Differenzen.

Burkhart den

Lauterbach

Spuren

des

(Hg.):

Touristen“,

II. Gerhard Kaisers Assemblagen: Was in der Semiotik der Zeichenträger, ist in der Medienwissenschaft das Trägermedium oder auch Trägermaterial einer Information. Beide sind späte Nachfahren des Geist-Materie-Problems. Das Zeigende lässt sich vom Gezeigten unterscheiden, der Bildträger vom Bild und vom Abgebildeten, der Zeichenkörper von der bedeuteten Vorstellung, das Repräsentierende vom Repräsentierten, das Präsentierende vom Präsentierten.

In den Arbeiten von Gerhard Kaiser sehen wir verschiedene Gesten des Zeigens, in denen der Begriff des Trägers anschaulich wird. Oft sind es Gestelle, die Objekte oder Flächen tragen.

Untergestelle von Sitzbänken und Sesseln, Zeitungs- und Blumenständer, Metallkörbe und

Rahmen, Hocker und Tische, Säulen und Gestütztes, Postamente und Paletten zitieren das Prinzip eines Tragens, das ein Getragenes impliziert. Doch sie affirmieren die Unterscheidung zwischen Zeichenträger und Bedeutung nicht, sondern widerstreiten ihr radikal. Was auf den ersten Blick als Träger erscheint, zeigt sich bei näherer Betrachtung als ein eigenständiger Teil des Kunstwerks, das dem vermeintlich Getragenen gleichwertig ist und daher keinerlei Tragedienst leistet gegenüber einer übergeordneten Ebene der Präsentierung. Jeder Träger kippt in ein Getragenes, das seinerseits in eine Trägerschaft eines nächsten Getragenen kippt.

Nichts ist, was es scheint. Gerhard Kaiser formuliert paradoxe Interventionen in das Mediale der Medien.

Unter Assemblage versteht man die dreidimensionale Entsprechung zur Collage. Schon diese bricht mit der Einheit des Materials und montiert heterogene Medienelemente wie etwa Zeitungsausschnitte und gedruckte Bilder in der Fläche. Die Assemblage fügt heterogene Objekte zu einer neuen Einheit zusammen. In beiden Fällen handelt es sich dabei um Found Footage, um Medienfragmente und um vorfindliche Dinge, die ihrem ursprünglichen Bedeutungs- und Bewandtniszusammenhang entrissen werden, um gemeinsam einen neuen Kontext füreinander zu generieren. Zu einem Kunstwerk verbunden, streifen die Medien ihr ursprünglich Medialisiertes und die Alltagsobjekte ihre ursprünglichen Funktionsbedeutungen ab. Beide verwandeln sich in Zeichenträger, die nichts mehr tragen, um gerade damit ihre Zeichenträgerschaft hervorzukehren, so sehr, dass diese als neue Bedeutung der gesamten Assemblage interpretierbar wird.

Gerhard Kaiser vereint die beiden künstlerischen Medien Collage und Assemblage. Die Flächen der Gestelle und Rahmen bedeckt er mit abgebrauchten Restbeständen und Fragmenten von Medien: von Druckfolien, Buchstaben, Worten, Zeichen, Bildern, Mustern, Schablonen und Bemalungen. Dabei degradiert er diese flächigen und räumlichen Elemente nicht etwa zum Material oder Medium einer neuen denotativen Bedeutung, sondern verweigert ihnen die Möglichkeit, als Träger hinter einem Getragenen zu verschwinden. So verweist der Ding- und Medienzusammenhang nicht auf eine externe Bedeutung oder gar auf eine äußere Referenz, sondern hält die Bedeutung des Ganzen rätselhaft, um auf die elementaren Verhältnisse des Medienphänomens selber zurückzuverweisen. In Gerhard Kaisers Assemblagen werden Medien so fragmentiert und montiert, dass sie selbstreflexiv sich selbst als Medien bedeuten.

Gerhard Kaiser rollt transparente Folien ein zu Röhren, die er teilweise mit dem Baumaterial PUSchaum ausfüllt. Erhärteter Schaum ist ein Festkörper, für den die Bezeichnung unförmig wie auf keinen anderen passt. Im Kontext der Kunst führt er die Tradition der Materialhomogenität wieder ein, jedoch nicht, um die Materie mittels Formung in ein Medium des Geistes zu verwandeln, sondern ganz im Gegenteil, um die Idee, dass es Materie ohne Form geben könnte oder Bedeutungen ohne Materie existieren könnten, anschaulich zu widerlegen. PUSchaum mutet wie eine Karikatur jenes traditionellen Begriffs von reiner Materie an, der dieser mittels Form ein rein Geistiges gegenüberstellte. Das Unförmige tritt hervor als Zeichen für die Paradoxie einer formlosen Form. Schließlich hat auf diesem Planeten noch nie jemand eine formlose Materie oder materielose Form erblickt.

Während die klassische Skulptur und Plastik das Material homogenisierten, damit dieses als reiner Träger im Dienst der mittels Form erzeugten Bedeutung fungiere und sichtbar werde, montiert Gerhard Kaiser Materialien und Objekte in zugespitzter Heterogenität, damit sie ihre ursprünglichen Bedeutungen verlieren und in der Folge sich selbst als Medien thematisieren und bezeichnen können. Indem die Bedeutungsträger entfunktionalisiert werden, ohne in eine neue Bedeutungsträgerschaft eingespannt zu werden, lenken sie den Fokus auf die Nahtstellen ihrer Zusammenfügung, in denen sich die Differenz als das Konstituierende und

163

damit gleichsam als die Substanz der Assemblage zu erkennen gibt.

Day-bag, 1990, Gummi, Papiermaché, Plastik | rubber, papier maché, plastic, 131 x 80 x 18 cm

165

Screen, 1990, Plastik, Gummi | plastic, rubber, 130 x 77 x 14 cm

Set 8, 1990, Styropor, Leinen, Plastik | styrofoam, canvas, plastic, 95 x 47 x 7 cm

The Carrier and the Carried Plastic-Plastics, Media Materials, Display Stands and Coincidental Things

Wolfgang Pauser I. Introduction: Three-dimensional objects as art works existed before the twentieth century and until the middle of that century in two variants – sculpture and plastic art objects. A sculpture is an object that consists of a solid body of homogenous material which has taken on its meaningful form by subtracting material, the hewing of stone or carving of wood, for example. A plastic arts object also consists of homogenous material, but its form is due to an additive process such as modelling in clay or casting bronze. Sculpture and plastic arts objects have in common that they unite material and form in a way suggestive of a separate way of viewing. The homogeneity of the material serves to clarify the notion of material as the antonym of form, though form alone is ascribed the aspect and function of being informative, depictive and, in the contemporary sense, medial, together with transmitting meaning.

To represent matter and form as an oppositional pair was implicit in the meaning of every sculpture and every piece of plastic art, no matter what they depicted or symbolised. This implication conveys the philosophical paradigm of the opposition of matter and mind. Matter was regarded as unmindful, the mindful as something immaterial. The mind / matter dualism was the foundation of European thought, indeed the entirety of cultural development in Europe from ancient times up to the twentieth century. It only became generally clear that sculpture’s technical paradigm had made that evident – unintentionally and without reflection – thus apparently raising it to evidential status, when the notion of mind disappeared from intellectual discourse. This became noticeable when universities renamed their “Humanities” faculties to “Basic and Integrative Sciences”, today’s “Cultural Studies”.

The last popular resurrection of the notion of mind took place in the early years of digitalisation when there was talk of “cyberspace” and when virtuality was regarded as something unreal. However, a computer on every desk made it clear that its material and Ensemble, 1990, Plastik, Polaroids |

its informational dimensions were simply two sides of the same coin. Neither the 0 nor

plastic, polaroids, 98 x 69 cm

the 1, neither the presence nor the absence of current is the substantive information and, independent of the material of the carrier or the type of machine, it is only the difference between 0 and 1 that is the universal medium which is, so to say, the substance of all information processing. A computer could be built as a wooden watermill – it would just be pretty big. Even nerve cells convey sensory information to the brain in binary form by using electrical current that can only be switched on or off.

In seeking the roots of the development of Gerhard Kaiser’s work we might cast a glance at the 1980s culture. At that time a new academic discipline was becoming established in all the European universities: media studies. On the one hand this was a symptom of the increase and growing social importance of new media and, on the other, it fuelled reflection and a differentiated examination of media phenomenon on its new technical foundations.

So the material and functional aspects of media also received increased attention. In parallel with the featured-article debates about media, especially the so-called “new media”, visual art saw one of the traditional central strands of modernity – self-analysis,

167

questioning, reflection and self-criticism and examination of its own foundations – aking

the foreground. But now it was focussed on aspects of media. “Media art” became a category.

Simultaneously (in Austria) the French philosophy of post-structuralism and postmodernity was introduced. One of its topoi was the postulate of a dematerialisation and a dissolution of the relationship between the symbol and reality. This was set against a background of the experience of a growing flood of images and the inflation of the media.

The term “media society” began the career in sociology that it continues to enjoy into the present.

The point of departure for postmodern thought was structuralism and sign theory (semiotics). The former reformulated the old philosophical issue about the relationship of mind to matter, meaning and medium in a new conceptual envelope. Three elements produce a sign: the sign vehicle (carrier) consists of material – traces of ink on a sheet of paper that takes the form of the word “tree”, for example. This sign vehicle evokes in the subject the concept of a tree as the reference. The third element of the triangle that, as a whole, denotes the sign phenomenon is the referent, the tree made of wood standing out there in the meadow.

Post-structuralism takes a step further and points out that the referent itself is also a sign vehicle/carrier. The wooden tree in the meadow can only be identified as a tree when the observer already has an idea of what a tree is such that they can distinguish it from similar phenomena such bushes, grasses etc. It follows from this that the recognition of a single tree in the meadow as a tree not only presupposes knowledge of trees in general but also of a linguistic articulation that is identical with the denoted idea in the subject.

Consequently, the tree in the meadow is only such in as much as it is recognised as such by humans – and as the sign vehicle/carrier of the meaning “tree”. It is no more real that the sign vehicle/carrier and idea that refer to it.

As Heidegger phrased it, meanings result from referential contexts between them, the world is “accessible through meaning”. Jacques Derrida carried this thought further and substituted difference for all substance. Meaning is something that is collectively articulated or, rather, differentiated as a system of differences. Umberto Eco called this process of articulation “semiosis”, Derrida coined the term “différance” for the process of the shift of meaning that occurs during the use of a sign.

If, viewed epistemologically, there are only differences, then the ancient riddle of the metaphysical relationship of substance and form, mind and matter is resolved. Matter itself is just a meaning and every meaning is simply a structure of differences.

II. Gerhard Kaiser’s Assemblages: What, for semiotics, is the sign vehicle/carrier, is the carrier medium or the informational carrier material in media studies. Both are late descendents of the mind/matter problem. The signifier can be differentiated from the signified, the picture support from the picture and from what is depicted, the body of the sign from the signified notion, the representational from the represented, the presenter from the presented.

Used, 2018, Digitaldruck auf Holz,

In Gerhard Kaiser’s work we can see various gestures of signifying which illustrate the

Metall, Kunststoff, Acryl | digital

idea of the carrier. These are often racks holding objects or surfaces. The sub-frames

print on wood, metal, plastic,

of benches and chairs, newspaper and flower stands, metal baskets and frames, stools

acrylic, 100 x 65 x 40 cm

and tables, columns and beams, pedestals and palettes invoke the principle of carrying or imply something being carried. But they do not affirm the difference between the sign vehicle/carrier and meaning, but radically contest it instead. What at first glance

seems to be a carrier turns out on closer inspection to be a self-contained element in the artwork, the putative “carried” is of equal value and thus provides no “carrying service” for a superordinate level of the presentation. Every carrier flips into carried, which then flips into a carrier for the next carried. Nothing is as it appears. Gerhard Kaiser formulates paradoxical interventions in the medium of the media.

Assemblage is generally taken to mean the three-dimensional counterpart to collage. Even this breaks with the unity of the material and mounts heterogeneous media elements such as newspaper cuttings and printed pictures on a surface. Assemblages bring heterogeneous objects together in a new unit. In both cases we are dealing with “found footage”, with media fragments and found objects that have been removed from their original contexts – also

meaning, function, etc. – in order to generate a new context for each other. Bound up with

includes the loss of the reference and

an artwork, the media throw off their original media context and the everyday objects their

repre-sentation.

phenomenon

original meaning through functionality. Both are transformed into sign vehicles/carriers that

is also known through postmodern

no longer carry anything in order to emphasise their nature as sign vehicles/carriers all the

literature that reference to signs on

more, so much that this becomes interpretable as the new meaning of the entire assemblage.

“Postmodern

hyper-reality

The

signs, texts on texts (intertextuality) are self-referential and that the

Gerhard Kaiser combines the two art mediums of collage and assemblage. He covers the

relationship to a reference plane

surfaces of the shelving and racks with used remainders and fragments of mediums: printing

beyond the sign is missing. This

film, lettering, words, signs, images, patterns, stencils and painting. This process does not

can also be considered a loss of the

degrade these surfaces and spatial elements to matter or the medium of a new denotative

representational function of signs

meaning but, rather, denies them, as carriers, the possibility of disappearing behind what is

and texts. Another, second, sense

carried. Thus the object and media context refers not to an external meaning or even to an

of loss of representation is meant

external reference, but keeps the whole in a state of mystery in order to refer back to the

by saying that signs and texts are

elementary relations of the media phenomenon itself.

unrepresentative i.e. that they do not claim to be the authoritative proxies

Gerhard Kaiser rolls transparent film into tubes which he partially fills with PU foam, a

for something.”

building material. The foam sets, becomes a solid body for which the term “shapeless” is more appropriate than any other. In the art context he re-introduces the tradition of material

Heinz-Günter Vester: ”Tourismus und

homogeneity, but not in order to transform material by forming it into a medium of the

Terrorismus im Zeichen der Post-

mind. Quite the contrary. It is so that the ideas that matter might exist without form, or

moderne”,

Lauterbach

meaning without matter, can be demonstrably refuted. PU foam seems like a caricature of the

(Ed.): “Auf den Spuren des Touristen”,

traditional notion of pure matter which, through form, is juxtaposed with a purely mental one.

Königshausen & Neumann, Würzburg

The shapelessness emerges as a sign of the paradox of a formless form. Ultimately, no-one

2010.

on this planet has seen formless matter or matterless form.

in:

Burkhart

While classic sculpture and plastic art objects homogenise matter so that this can function and be visible as a pure carrier in the service of meaning generated by form, Gerhard Kaiser assembles materials and objects in emphatic heterogeneity so that they lose their original meaning and, as a result, are able to assert and designate themselves as a medium. By stripping the signifiers of functionality without embedding them in a new context of meaning, they direct attention to the seams of their concinnity in which the difference as constituent and, simultaneously, the substance of the assemblage is revealed.

169

Set 1, 1990, Papier, Draht, Plastik | paper, wire, plastic, 142 x 24 x 13 cm

171

Pillow and channel’s, 1990, Plastik | plastic, 160 x 63 x 10 cm

Ball und Ring, 1990, Plastik und Styropor | plastic and styropor, 26 x 23 x 30 cm

173

Flügel, 1991, Plastik, Karton, Lack, Styropor | plastic, cardboard, gloss paint, styrofoam, 27 x 23 x 30 cm

Brunch, 1991, Plastik, Folien, Fotos, Druckfarbe | plastic, sheeting, photos, printer’s inks, 44 x 47 x 8 cm

174

175

Plastik, 1991, Karton, Plastik, Folie | cardboard, plastic, sheeting, 20 x 20 x 20 cm

Kunststoff – Stoff der Kunst

Wolfgang Pauser (1992) „Stoff“ kann in der Ästhetik zweierlei bedeuten, einerseits das Material, woraus etwas ist, und andererseits den thematischen „Inhalt“. In den Arbeiten von Gerhard Kaiser sind diese beiden Bedeutungen miteinander verschweißt, denn das Material ist darin nicht Träger einer von ihm unabhängigen Form und Bedeutung, sondern tritt als solches auf. Das Material verweist somit auf sich selber als thematischen Inhalt. Diese Rückbezüglichkeit erzeugt Gerhard Kaiser dadurch, dass er das Material in Formen und Anordnungen präsentiert, welche die Qualitäten des Materials hervorheben. Transparenz und Intransparenz, starke Farbe und Farblosigkeit, Weichheit und Starre, undurchdringliche Geschlossenheit einer Haut sowie die Offenheit und Leichtigkeit einer Tragtasche: Die inneren Gegensätze und Kontraste der Arbeiten legen das auseinander, was das „Wesen“ des Kunststoffs ausmacht.

Das Wesen des Kunststoffes aber ist, dass er keines hat. Jede denkbare Eigenschaft kann er annehmen, darin liegt seine Künstlichkeit. Zu seinen Verwendungen hat er ein anderes Verhältnis als alle herkömmlichen Stoffe, für die es charakteristisch war, dass sie ihrer Verarbeitung Widerstand entgegensetzten. Dieser Widerstand war die Ursache der wahrnehmbaren Differenz von Stoff und Form. Kunststoff hingegen ist in der Welt nicht vorfindlich, seine Verwendbarkeit muß ihm nicht erst abgerungen werden, sein Zweck ist früher da als er.

Kunststoff ist zweckidentisch. Nur die Kunst kann ihn diesem Verhältnis entreißen. Erst in ihrer zweckfreien Spielwelt erhält er den Materialcharakter anderer Stoffe. Konsequent benutzt Gerhard Kaiser Industrieabfälle zur künstlerischen Zweckentfremdung. Zerkratzte und matte Stellen markieren die abgestreifte Verwendungsgeschichte.

Kaiser bringt die gefundenen Kunststoffteile jedoch nicht als Readymades in die Kunst ein, sondern in Formen, die auf das Tafelbild zurückverweisen. Die durchsichtige „Wandtasche“ steht für den bedeutungslosen Rahmen, die farbigen Stücke stehen an Stelle der Farbzonen des „Bildes“. Für das herkömmliche Kunstwerk war es charakteristisch, dass ein Stoff einer Form unterworfen wurde, in welcher sich eine Bedeutung manifestierte. In Gerhard Kaisers Kunststoff-„Assemblagen“ hingegen ist die Bedeutung nicht eine Funktion der Form, sondern des Materials, das keine Form braucht, um Bedeutung zu haben, da die spezifische Verwendbarkeit voll ist von lebensweltlichen Konnotationen.

Verschweißte Plastikhäute gemahnen an die Funktionen des Abhaltens von Nässe und Schmutz, glänzende Folien an das glanzvoll-schöne Scheinen der Warenverpackung.

Die zitierte Kunstform des Tafelbildes bleibt hier also der Form nach bedeutungsleer, da das Material nicht hinsichtlich seiner Form, sondern gemäß seinen zweckspezifischen Qualitäten in sich differenziert und geformt ist. An die Stelle der formalen Artikulation tritt die des Materials, Bedeutung nistet sich ausschließlich in den Spuren der Verwendungen ein. Der Stoff mit dem Zukunftsimage bezieht hier seinen Sinn von seiner jeweiligen Vergangenheit, von seiner verlorenen Funktionsidentität. In dieser Rückwärtsgewandtheit kommt die Melancholie der späten Industriegesellschaft zum Ausdruck – der Zukunftsstoff

stammt von der Müllkippe, die Kraftfarben erscheinen als Giftfarben, höchste Transparenz schlägt durch ihre Akkumulation in Intransparenz um.

Deshalb sind die Arbeiten von Gerhard Kaiser nicht nur vor dem Hintergrund der Kunstgeschichte als Untersuchungen zum Stoff-Form-Problem lesbar. Indem der Kunststoff mit lebensweltlicher Bedeutung aufgeladen ist, verdichten sich in den „Assemblagen“ Erfahrungen, die jeder Betrachter machen kann. Es ist vor allem die Welt der industriellen Produktion, der Verpackung, des Konsums und des Abfalls, deren Drama aus dem Kontrast von Glanz und Schäbigkeit, Prangen und stumpfer Undurchsichtigkeit hervorleuchtet.

177

Aus der Mappe Summen für die Welt, 1990, Öl, Folie auf Karton | oil, sheeting on cardboard, 31 x 20 cm

Art Material – Material of Art

Wolfgang Pauser (1992) In aesthetics, “material” can have two meanings. On the one hand the material of which something is made and, on the other, the substantive contents. In Gerhard Kaiser’s works these two meanings are welded together, because the material in them is not the physical support of independent forms and meanings, but rather it presents itself as such. So the material is both self-referential and indicates the substantive content.

Gerhard Kaiser creates this referentiality by presenting the material in forms and configurations which emphasise the qualities of the material. Transparency and opacity, strong colours and colourlessness, softness and rigidity, impenetrable cohesion of a skin as well as the openness and weightlessness of a carrier bag: the inner oppositions and contrasts of the works separate what the “essence” of the art material is.

However, the essence of art material is that it does not have one. It can assume any conceivable characteristic, and therein lies its “artfulness”. It has another relationship to its use as do all other customary materials which characteristically resisted their processing. This resistance was the origin of the perceptible difference of material and form. In contrast, art material cannot be found anywhere in the world, its utilisation does not need to be first wrested from the earth, its purpose is present before that.

Art material is functionally identical. Only art can wrest this relationship from it. It is only in its purposeless world of play that it takes on the material character of another material.

Gerhard Kaiser consistently uses industrial waste products as artistic appropriations.

Scratched and dull places mark past use that has been sloughed off.

Nevertheless, Kaiser does not introduce the found art material components into art as ready-mades that refer back to easel painting. The transparent “wall bag” stands for the meaningless frame; coloured pieces standing in for the coloured zones of the “image”.

It was characteristic for the customary art work that a material was subjected to a form in which meaning became manifest. In Gerhard Kaiser’s art material assemblages, in contrast, the meaning is not a function of the form, but of a material that does not require form to give it meaning, because the specific application is full of real-world connotations.

Heat-sealed plastic skins bring to mind the functions of repelling water and dirt; shiny sheeting of the glamorous, beautiful superficial appearances of packaging.

The quoted form of the easel painting is left as a meaningless form here, because the material is not differentiated and shaped according to form, but according to its purposely functional qualities. At this point in the formal articulation of the material meaning is exclusively embedded in traces of wear. The material with an image of the future derives its meaning from its actual past, from its lost functional identity. The melancholy of late industrial society is expressed in its backward-looking orientation, the material of the future has it origins in the rubbish dump, powerful colours appear as poisonous, an accumulation of total transparency becomes opacity.

For these reasons the works of Gerhard Kaiser should not only be read against a background of art history as an examination of a material/form issue. In that the art material is charged with real-life meaning, the assemblages are compressed experiences that can be made by every viewer. Above all, it is the world of industrial production, packaging, consumption and waste that radiates out from the drama between glitz and shabbiness, flaunting and dull obscurity.

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From the folder Summen für die Welt, 1990, Öl, Folie auf Karton | oil, sheeting on cardboard, 31 x 20 cm

Impasto b, 2002, Gelatine, Graphit auf Holz | gelatine, graphite on wood, 90 x 50 x 45 cm

181

Ansitz, 2003, Acryl, Gesso, Gelatine und Repromaterial auf Holz | acrylic, gesso, gelatine and production material on wood, 92 x 33 x 42 cm

Rechen, 2003, Holz, Gelatine, Kunststoff | wood, gelatine, plastic, 150 x 150 x 40 cm

183

Satzung, 2002, Holz, Graphitmasse | wood, graphite, 106 x 61 x 102 cm

Stilles Lager, 2002, Metall, Glas, Kunststoff, Gelatine | metal, glass, plastic, gelatine, 120 x 75 x 25 cm

185

Retain, 2004, Metall, Lack, Gesso | metal, gloss paint, gesso, 160 x 50 x 35 cm

Baroque Tower, 2013, Tisch, Glas, Keramik, Lack | table, glass, ceramics, gloss paint, 55 x 50 x 50 cm

187

Markierung, 2011, Holz, Vinyl, Lack | wood, vinyl, gloss paint, 100 x 60 x 35 cm

Dandy, 2010, Metall, Holz, Karton, PU-Schaum | metal, wood, cardboard, PU foam, 175 x 60 x 30 cm

189

Debut, 2013, Tisch bedruckt, Acryl auf Leinwand | printed table, acrylic on canvas, 150 x 70 x 45 cm

Sirene, 2013, Keramik, Glas, Acryl | ceramics, glass, acrylic, 85 x 35 x 35 cm Belag, 2011, Kunststoff, Karton, Acryl | plastic, cardboard, acrylic, 150 x 35 x 35 cm

191

Sybille, 2010, Metall, Kunststoff, Acryl | metal, plastic, acrylic, 60 x 40 x 40 cm

Titel, 0000, Technik, Technik | technique, technique, 00 x 00 x 00 cm

Ensemble, 1990, Foto, Gips, Folie Holz | photo, plaster, sheeting, wood, 8 x 20 x 20 cm Ensemble, 1990, Foto, Repromaterial, Gips, Folie, Leim, Holz | photo, print production material, plaster, sheeting, glue, wood, 12 x 20 x 20 cm

195

Ensemble, 1990, Foto, Gips, Leim, Holz, Karton | photo, plaster, glue, wood, cardboard, 10 x 20 x 20 cm

197

Ensemble, 1990, Foto, Gips, Leim, Holz | photo, plaster, glue, wood, 10 x 20 x 20 cm

2 Kammern, Acryl und Lack Leinwand, Ensemble, 1990, Foto, Gips, Titel,Leim, 0000, Plexiglas Technik,2011, |Technik photo, plaster, | technique, glue,auf technique, plexiglass, 00 10 150 x 00 20x x150 00 36 cm

Ensemble A, 1990, Bildmaterial und Leim auf Molino | image material

Ensemble B, 1990, Bildmaterial und Leim auf Molino | image

and glue on molino, 80 x 31 cm

material and glue on molino, 80 x 31 cm

Ensemble C, 1990, Bildmaterial und Leim auf Molino |

201

image material and glue on molino, 80 x 31 cm

Poller, 1990, Foto, Beton, Leim | photo, concrete, glue, 10,5 cm, Ø 19,5 cm

2 Kammern, 2011, Acryl und Lack auf Leinwand, 150 x 150 cm

Renaissance, 2005, Metall, Lack | metal, gloss paint, 100 x 100 x 35 cm

Fänger, 2004, Metall, Gips, Karton, Kunststoff, Gelatine | metal, plaster, cardboard, plastic, gelatine, 65 x 110 x 50 cm

Seiten | pages 208, 209 Modul, 2002, Holz, Papier, Gelatine und Lack | wood, paper, gelatine and gloss paint, 80 x 50 x 40 cm

209

Struktur, 1995, Gummituch, Druckfarbe | rubber mat, printer’s inks, 139 x 40 x 31 cm

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Ensemble, 1989, Draht, Papiermaché, Acryl, Leim | wire, paper maché, acrylic, glue, 52 x 40 cm, Ø 18 cm

Anteil, 1995, Tusche auf Gummituch | indian ink on rubber mat, 30 x 30 x 30 cm

213

Teil, 1995, Tusche auf Gummituch | indian ink on rubber mat, 34 x 18 x 8 cm

Magazin, 1995, Tusche auf Gummituch | indian ink on rubber mat, 63 x 37 x 29 cm

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Logos, 1995, Tusche auf Holz und Gummituch | indian ink on wood and rubber mat, 80 x 21 x 8 cm

Bildbogen, 1995, Titel, Tusche 0000,auf Technik, Gummituch Technik | indian | technique, ink on rubber technique, mat, 00 27 x 00 68 x 00 18 cm

Rotor, 1995, Tusche auf Gummituch | indian ink on rubber mat, 25 cm, Ø 120 cm

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Bündel, 1996, Tusche auf Gummituch | indian ink on rubber mat, 80 x 27 x 15 cm

Verletzungen, Blatt 1, 1978, Fotogramm | photogram, 23 x 14 cm

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Verletzungen, Blatt 2, 1978, Fotogramm | photogram, 15 x 12 cm

Verletzungen, Blatt 4, 1979, Photogramm | photogram, 24 x 15 cm, Landessammlungen Niederösterreich

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Verletzungen, Blatt 7, 1979, Photogramm | photogram, 24 x 15 cm

Verletzungen, 1979, Fotogramm | photogram, 27 x 19 cm

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Verletzungen, 1978, Fotogramm | photogram, 39 x 28,5 cm

Gerhard Kaiser Studio

Sebastian im Traum, 1980, Detail, Fotopapier auf Holz | photo paper on wood, 118 x 76,5 cm

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Rosenkranzlieder an die Schwester, 1979, Materialcollage | collage, 70 x 49 cm

Restspuren, 1980, Materialcollage| collage, 31,5 x 23 cm, Sammlung | Collection Peter Liaunig, Wien Schrein l, 1980, Materialcollage | collage, 52,5 x 30,5 cm Dokumentation, 1976, Karton, Musikkassette | cardboard, music casette, 50 x 70 cm

Relief, 1981, Materialcollage | collage, 76,5 x 48,5 cm

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Schrein lll, 1981, Materialcollage | collage, 47 x 63 x 9 cm

Ensemble, 1990, Lack und Druckfarbe auf Leinwand | gloss paint, printer’s ink on canvas, 130 x 100 cm Sammlung | Collection Peter Liaunig, Wien

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Ensemble, 1989, Acryl, Leim und Karton auf Holz | acrylic, glue and cardboard on wood, 150 x 130 cm Ensemble, 1990, Acryl auf Leinwand | acrylic on canvas, 62 x 45 cm

Ensemble, 1989, Acryl, Leim und Karton auf Holz | acrylic, glue and cardboard on wood, 150 x 130 cm Ensemble, 1990, Acryl auf Leinwand | acrylic on canvas, 62 x 45 cm

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Verletzungen, Blatt 3, 1979, Detail, Fotogramm | photogram, 15 x 10 cm

Sigthseeing, 2013, C-Print auf Dibond | C-print on dibond, 100 x 70 cm

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Abteil, 2017, Digitaldruck auf Holz | digital print on wood, 200 x 45 x 3 cm

Substance a, 2018, Digitaldruck auf Linoleum | digital print on linoleum, 200 x 100 cm

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Block, 2018, Digitaldruck auf Linoleum | digital print on linoleum, 200 x 100 cm

O. T., 2018, Digitaldruck auf Kunststoff | digital print on plastic, 77 x 54 x 5 cm

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Bildanfall, 2016, Digitaldruck auf Kunststoff | digital print on plastic, 77 x 54 x 5 cm

Rinnendes Bild, 2015, Digitaldruck, Acryl und Epoxidharz auf Kunststoff | digital print, acrylic, epoxy on plastic, 77 x 54 x 5 cm

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Bildhaut, 2017, Digitaldruck auf Kunststoff | digital print on plastic, 77 x 54 x 5 cm, Privatsammlung | private collection

Plattform, 2018, Digitaldruck, Öl und Acryl auf Leinwand | digital print, oil and acrylic on canvas, 160 x 110 cm

Der bildhafte Herzschlag Über die digitale Kunst von Gerhard Kaiser

Nina Schedlmayer In dem Film The Powers of Ten zoomt das Designer- und Architektenpaar Charles und Ray Eames in die Unendlichkeit. Als Ausgangspunkt des neunminütigen Werks aus dem Jahr 1977 dient eine harmlose Alltagsszene: In einem Park liegt ein Mann auf einer Picknickdecke. Das Bild bewegt sich senkrecht in die Höhe, ins Weltall, durch die Galaxien, immer weiter, bis man hundert Millionen Lichtjahre vom Park entfernt ist, an den Grenzen des bis zu diesem Zeitpunkt erforschten Alls. Danach läuft das Bild zurück und bewegt sich in die andere Richtung: in die Hautzellen, durch die Atome, bis hin zu den kleinsten erforschten Teilchen, den Quarks. Am Ende sagt der Erzähler: „Unsere Reise führt uns durch 40 Potenzen, von 10 hoch 24 bis 10 hoch minus 16 Metern. Eine Eins mit 40 Nullen.“ Das Faszinierende an diesem Film, von dem es auch eine Daumenkino-Version gibt, ist nicht nur die Simulation des kaum vorstellbaren Unendlichen, sondern auch dessen abstrakte Qualität: Die Verengung des Blickfelds führt ebenso ins visuelle Nicht-Gegenständliche wie die Entgrenzung, die Vergrößerung wie die Verkleinerung.

Mit ähnlichen Vorgängen – wenn auch in weitaus kleinerem Maßstab – operiert Gerhard Kaiser in seinen digitalen Arbeiten: Er abstrahiert ins Kleine und ins Große hinein. Ein Bild wird umso abstrakter, je näher man herankommt und je weiter man sich davon entfernt. Bei Kaiser werden in Werken wie Richtbild (2016) die ursprünglichen Sujets unkenntlich, weil sie stark verkleinert wurden. Anderswo dagegen sind einzelne Rasterpunkte so stark herangezoomt, dass sie als wolkenartige Gebilde erscheinen, beispielsweise in Bildgrätze (2017). In anderen Bildern werden beide Prinzipien sogar miteinander kombiniert, etwa in Camp (2016) und Saum (2016). Rasterpunkte legen sich übereinander, wandern über Bilder und Texte, werden zu Folien (Große Tafel, 2016) oder Geweben (Teilzeitbild, 2016). Images, die vorher etwas Gegenständliches darstellten, formieren sich zu abstrakten Strukturen.

Als Material dient dem Künstler oft das, was ihn unmittelbar umgibt. „Ich bin ein AlltagsMessie“, sagt er. In seinem Atelier, das in den nicht mehr genutzten, weitläufigen Büroräumlichkeiten einer Fabrik untergebracht ist, versammeln sich allerlei Schriftstücke, darunter Rechnungen und Kalenderblätter. Sie finden ebenso Eingang in seine Kompositionen wie einzelne Zeitungsfotos, von denen manche immer wieder auftauchen, etwa jenes der politischen Punkband Pussy Riot, die in Sotschi von einem Polizisten bedroht wird (Distribution, 2014; Still, 2017): Es sind Zeugnisse der Gegenwart, die uns an die Omnipräsenz des Fotografischen erinnern.

Ebenso verwendet Gerhard Kaiser ganze Layoutbögen, die ihm als gelerntem Typograf in seiner Arbeit in einer Druckerei begegneten. „Was ich benutze, setzt sich mit Gestaltung auseinander. Es hat schon einen bildhaften Herzschlag“, meint der Künstler. Diese Bögen bilden, stark komprimiert, oft viele Seiten eines Buches ab – was üblicherweise in einem ganzen Band Platz findet, erscheint hier auf einem einzigen Bild. Manchmal werden die Buchseiten räumlich, beginnen im Raum zu schweben, zu fliegen, eine ganz eigene Körperlichkeit zu entwickeln wie etwa in The unit (2016). Während das Bild selbst unkenntlich oder verrätselt bleibt, entwickelt dessen Träger ein physisches Eigenleben. Oft kombiniert der Künstler in

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seinen digitalen Werken technische Zeichnungen mit selbst angefertigten Handskizzen, lässt

sie ineinander übergehen, etwa in Overhead (2013) oder Vom Verkopfen der Bilder (2014): Das Technische und das Künstlerische existieren gleichberechtigt nebeneinander, bedingen einander sogar.

Eine besondere Rolle in Gerhard Kaisers Computerkunst spielt zudem das Sprachliche.

Buchstaben und Zeilen werden verunklärt, diffus, unleserlich – oder erscheinen wie geheimnisvolle Hieroglyphen: Was etwa die Buchstaben „B“, „Br“, „St“ oder „G“ in dem C-Print Der Ort der Zeit (2014) bedeuten, bleibt ein Rätsel. Dementsprechend besitzen sie eher bildlichen als sprachlichen Charakter, bilden ein Muster, kein Wort. Manchmal deuten sich in Schriftfragmenten Inhalte an. „ES ARE ALLWAYS BY“ steht da etwa quer über das Bild Streamline, 2016, C-Print auf Dibond | C-print on dibond,

geschrieben (Streamline, 2016); man kann den Schriftzug selbst vervollständigen. Auf einem anderen Bild, Bild, Metallplatte 45 x 45 (2017) ziehen sich über ein zusammengeknülltes Papier einzelne Buchstaben, aber auch Worte oder Teile davon: „gewickelt“; „verwend“.

100 x 150 cm

Gerhard Kaisers Arbeiten sind in mehrfacher Hinsicht ein Spiel zwischen den Ebenen. Denn zusätzlich zu den Wechseln zwischen Schrift und Bild, Abstraktion und Gegenständlichkeit, Vergrößerung und Verkleinerung zieht sich eine weitere Doppelbödigkeit durch die Arbeiten: Häufig tauchen ein oder mehrere Rahmen auf, die ihrerseits Bilder bergen. Das Prinzip des „Bild im Bild“ hat eine lange Geschichte, von Sofonisba Anguissolas 1556 entstandenem Selbstporträt über die Galeriebilder von David Teniers d. J. aus dem 17. Jahrhundert bis zu René Magrittes intellektuellen Spielereien, vergleichbar einer Mise en abyme (etwa Reproduktion verboten, 1937). Das „Bild im Bild“ hat die Funktion, etwas besonders hervorzuheben, einen Akzent zu setzen, auf etwas hinzuweisen.

Im Kontext von Kaisers Arbeiten, die mit dem Strom der Images arbeiten, erscheint es als Methode, die Bilder zu arretieren und fassbar zu machen, einen Stopp in der visuellen Überforderung einzulegen. In der Arbeit Vom Verweilen der Bilder (2014) gibt ein schmaler Rahmen, dick schwarz umrandet, den Blick frei auf Stadtlandschaften, in der Mitte unterbrochen von einem breiten, abstrakten Balken: Das Format erinnert an einen Rückspiegel, wie eine Einblendung erscheinen die Bilder – sie sind abwesend und doch hier.

Manchmal sträubt sich das Bild allerdings, gefasst zu werden. In Große Tafel (2016) zum Beispiel legt sich ein schwarzer Rahmen über verkleinerte Layoutbögen, teilt das Bild in ein Innerhalb und Außerhalb, die dann allerdings ineinander übergehen. Der Rahmen nimmt auch darüber hinaus eine besondere Stellung in den digitalen Arbeiten ein. So druckt der Künstler stark komprimierte Bildzeilen nicht nur auf Stäbe, sondern auch auf Rahmen aus Plexiglas.

Die Bilder haben sich an den Rand geflüchtet, und genau dort wollen sie betrachtet werden.

Das Zentrum bleibt leer, eine Projektionsfläche für die Massen an Bildern, die wir ständig produzieren und betrachten.

Andy Warhol, Robert Rauschenberg, Barbara Kruger, Gerhard Richter und viele andere richteten das Augenmerk auf einzelne mediale Bilder. Doch die Präsenz des Bildes hat sich seit den Anfängen der Pop-Art, die sich damit so intensiv befasste, verändert, spätestens mit dem „pictorial turn“, von dem der Theoretiker W. J. T. Mitchell schon 1994 sprach, mit der digitalen Entwicklung noch stärker. Westliche Gesellschaften sind im permanenten Bilderrausch und müssen einen Umgang damit finden. Gerhard Kaiser setzt sich bewusst dem Bilderstrom aus – und begegnet ihm mit einer Abstraktion, die ihre eigenen visuellen Gesetze entwickelt.

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Saum, 2016, Digitaldruck auf Acrylglas | digital print on acrylic glass, 78 x 78 x 2 cm Seite | page 248 Der Ort der Zeit, 2014, C-Print auf Dibond | C-print on dibond, 100 x 70 cm

The Pictorial Heartbeat On the Digital Art of Gerhard Kaiser

Nina Schedlmayer In the film The Powers of Ten the designer and architect duo Charles and Ray Eames zoom into infinity. The point of departure for the nine-minute work from 1977 is a harmless everyday scene of a man lying on a picnic blanket. The image moves vertically into the air, into space, outwards through endless galaxies, until one is a hundred million light-years away from the park at the limits of known – at the time – space. Thereafter the picture reverses and everything runs in the opposite direction: inwards, into skin cells, through atoms down to the smallest known particle, the quark. At the end the narrator says: “Our journey has taken us through 40 powers from 1024 to 10–16 metres. A one with 40 zeros.” The fascinating aspect of this film, of which an animated flicker book version also exists, is not only the simulation of an almost unimaginable infinity but its abstract quality. This narrowing of the field of vision leads equally easily into nonrepresentation as to infinity, magnification or diminution.

In his digital works Gerhard Kaiser operates with similar processes, albeit on a substantially smaller scale. He abstracts into the tiny and the huge. The closer one comes to a picture the more abstract it becomes and the further one is from it. In Kaiser’s work, in an image such as Richtbild (2016), the original subject is beyond recognition, because its size has been so reduced. Elsewhere, in Bildgrätze (2017), for example, the matrix dots are so enlarged that they appear as cloudlike forms. In other pictures both principles are combined as in Camp (2016) and Saum (2016). Matrix dots lie on top of each other, wander across images and texts, become transparencies (Große Tafel, 2016) or weavings (Teilzeitbild, 2016). Images that previously depicted a real object are re-formed as abstract structures.

The artist often makes use of materials in his immediate surroundings. “I’m an everyday messie”, he says. In his studio, which is situated in the spacious but otherwise unused administrative tract of a factory, he has collected all sorts of printed materials including invoices and calendar pages. These find their way into his compositions as do individual newspaper photographs. Some of the latter appear repeatedly – those of the political punk band, Pussy Riot, who were threatened by police in Sotschi (Distribution, 2014; Still, 2017). These pay contemporary witness to the omnipresence of photographic images.

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Gerhard Kaiser, a qualified typographer, also uses entire layout pages that he came across while working in a print shop. “Whatever I use involves design. It has a pictorial heartbeat”, says the artist. These sheets often represent – greatly compressed – many pages of a book. What would normally fill a complete volume appears here as a single picture. Sometimes the pages become spatial, they begin to float in space, to fly, to develop their own physicality, as in The unit (2016). While the picture itself remains indecipherable or puzzling, the support material develops its own physical life. In his digital work the artist

often combines technical drawings with self-made freehand sketches, has them segue from one into the other as in Overhead (2013) or Vom Verkopfen der Bilder (2014). The technical and the artistic exist alongside each other on an equal footing and even call for each other.

Language concerns play an additional and special role in Gerhard Kaiser’s computer art. Letters and lines are obscured, rendered diffuse, illegible – or appear as mysterious hieroglyphs: the meaning of the letters B, Br, St or G in the C-Print Der Ort der Zeit (2014) remains a mystery. Accordingly they take on more of a pictorial character that a linguistic one, forming patterns, not words.

Sometimes there are indications of content in fragments of writing. “ES ARE ALLWAYS BY”, for example, written over the whole picture (Streamline, 2016); could be completed by one’s self. In another picture (Metallplatte 45 x 45, 2017), individual letters and words or part-words – “gewickelt” (wrapped, wound) and “verwend” (use, employ) – are scattered over scrunched-up paper.

Richtbild, 2016, Digitaldruck, Acryl auf Leinwand | digital print, acrylic on canvas, 200 x 100 cm

In many respects Gerhard Kaiser’s works are a game of levels, because in addition to the switch between writing and image, abstraction and representation, enlargement and diminution, a further ambiguity runs through the works.

Frequently one or more frames containing pictures make their appearance. The picture-within-a-picture principle has a long history running from Sofonisba Anguissola’s self-portrait from 1556 to gallery pictures by David Teniers Jr. in the seventeenth century and on to René Magritte’s intellectual games comparable to a mise en abyme (e.g. Reproduktion verboten, 1937). Picture-in-picture has the function of emphasising something, accenting it, pointing it out.

In the context of Kaiser’s works that deal with the flow of images, slowing the images down and making them palpable appears to be a method of stemming visual overload. In Vom Verweilen der Bilder (2014) there is a narrow frame, edged heavily in black and with an abstract bar interrupting the viewer’s gaze on urban landscapes. The format is reminiscent of a rear-view mirror with the images appearing as if they were overlays – absent but nevertheless present.

Sometimes, though, the picture resists being grasped. In Große Tafel (2016), for example, a black frame has been laid over a downsized layout page, splitting the picture into an inside and an outside which, nevertheless, segue into another.

Frames have an additional special place in the digital works. So the artist not only prints highly compressed image lines on rods, but also on frames made of Plexiglas. The pictures have fled to the edges, and it is right there that they want to be looked at. The centre remains empty, a space to project the masses of pictures that we continuously produce and look at.

Andy Warhol, Robert Rauschenberg, Barbara Kruger, Gerhard Richter and many others have drawn attention to individual media images. But the presence of the image has changed since Pop Art’s beginnings which were so intensively concerned with the issue. This has only increased in the wake of on-going digital developments beginning in 1994 at the latest, when the “pictorial turn” was postulated by theoretician W. J. T. Mitchell. Western societies are subjected to a continuous flood of images and have to find a way of dealing with that. Gerhard Kaiser consciously engages with this flood of pictures and counteracts them with abstractions that develop their own visual laws.

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S & D, 2018, Digitaldruck auf Acrylglas | digital print on acrylic glass, 60 x 25 x 2 cm

Kleiner Saum, 2018, Digitaldruck und und Acryl auf Acrylglas | digital print and acrylic on acrylic glass, 63 x 25 x 0,5 cm Sammlung | Collection Urban, Waidhofen/ Ybbs

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Bildgrätze, 2017, Digitaldruck auf Acrylglas | digital print on acrylic glass, 101 x 40 cm

Inside, 2017, Digitaldruck auf Acrylglas | digital print on acrylic glass, 101 x 40 x 0,5 cm

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Echoloses Bild, 2017, Digitaldruck auf Acrylglas | digital print on acrylic glass, 101 x 40 x 0,5 cm Bildraum, 2017, Digitaldruck auf Acrylglas | digital print on acrylic glass, 101 x 40 x 0,5 cm

Bildreigen, 2014, C-Print auf Dibond | C-print on dibond, 150 x 100 cm

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Distribution, 2014, C-Print auf Dibond | C-print on dibond, 150 x 100 cm

Vom Verweilen der Bilder, 2014, Digitaldruck auf PET-Folie | digital print on PET, 125 x 200 cm Images are always here, 2014, Digitaldruck auf PET-Folie | digital print on PET, 125 x 200 cm

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Test room, 2016, Digitaldruck auf Kunststoff, dreiteilig | digital print on plastic, three parts, 150 x 210 cm

Rauma neignung un d Ins t a llat ion Zu den zentralen Eigenschaften Gerhard Kaisers dreidimensionaler Kunstwerke gehört ihre Vielansichtigkeit. Für das visuelle Erfassen ihrer äußeren Erscheinung als auch der inneren Gestalt erfordert es einen expliziten Umraum, aus dem heraus die verschiedenen Seiten erforscht und ihre Wirkung im Raum eingeordnet werden können. Oft führt erst der differenzierte Blick auf und das Umhergehen um Kaisers Objekte zu der Erkenntnis, dass es sich um banale Alltagsgegenstände handelt, die in ihrer Kombination neue formale wie auch inhaltliche Ebenen erschließen.

Arrangiert zu flexiblen Wand- oder Bodeninstallationen reagiert der Künstler mit Werken unterschiedlichen Alters oder eigens produzierten Ensembles auf die spezifischen Ausstellungsorte und nimmt den Raum gleichsam in Besitz, um mit ihnen im selben Augenblick neue räumliche Strukturen zu schaffen. Die Okkupation von Raum beschränkt sich aber keinesfalls auf das Dreidimensionale. In zahlreichen Leinwänden wie auch Fotoarbeiten finden sich Grundmuster und Systematiken, mittels derer Kaiser das Geviert der Bildträger äußerlich organisiert und Fragen nach digitalen Dimensionen und virtuellen Räumen stellt.

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S p at i a l A ppr opri at ion a nd Ins t a llat ion One of the characteristics of Gerhard Kaiser’s three-dimensional artworks is their multiple angles of view. In order to visually comprehend their external appearance and their internal form, an explicitly contiguous space is needed to enable their exploration from various sides and to assess their effect within their spatial context.

Often it is this differentiated gaze, together with a circumnavigation of Kaiser’s objects that leads to the revelation that they are dealing with everyday objects which, combined, open up new formal and substantive levels.

The artist reacts to specific exhibition spaces by arranging works from various periods or specially produced ensembles into flexible wall or floor installations, which take possession of the room and create new spatial structures at that specific moment in time. The occupation of space is in no way limited to three dimensions. These basic patterns and systemic characteristics are to be found in numerous canvases and photographs too. Kaiser externally organises the image support square with them thereby raising questions about digital dimensions and virtual spaces.

Images are always by your side, 2013, Siebdruck auf Acrylglas | silkscreen on acrylic glass, 100 x 150 x 800 cm Installation, Museum Liaunig, Neuhaus, 2019

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Diskurs der Bilder Ein konzentrierter Ordnungsversuch

Hartwig Knack Konzepte permanenter Veränderung sowie stetige künstlerische Richtungs­ wechsel zeichnen Gerhard Kaisers Arbeit aus. Das dialogische Zusammenwirken von Objekt, Grafik, Malerei und Fotografie erklärt den multidisziplinären Ansatz Kaisers Kunst, die in ihrem installativen Charakter einerseits Raum zur Verfügung stellt, andererseits auch in Besitz nimmt.

Mit der eigens für die Ausstellung im kunsthaus muerz entwickelten Arbeit The images are always by your side ist Gerhard Kaiser seinem Anspruch, Grenzen künstlerischer Gattungen aufzuheben, ein großes Stück näher gekommen. Die schwarzen, weißen und transparenten Plexiglasplatten spiegeln allein durch den Einfall des Lichts ihre Umgebung und bilden je nach Blickwinkel der Betrachter unendlich viele Bilder aus, ohne Malerei, ohne Zeichnung, ohne Fotografie zu sein.

Immer wieder finden sich in der Technik des Siebdrucks ausgeführte Motive auf Teilen des etwa acht Meter langen Plexiglasobjekts: Textfragmente, Wortfolgen, Printmedien entliehene Paparazzi-Fotos, einfache grafische Elemente und geometrische Figuren wie Kreise oder Rechtecke. Das Dargestellte ist dem hektischen Treiben des Alltags entnommen, es sind Motive, die als Bilder erkannt oder interpretiert werden. Das 20. Jahrhundert gilt als das Jahrhundert der Bilder, das längst seine Fortführung im neuen Jahrtausend gefunden hat. Die tägliche Flut von Bildern, der wir alle nicht entkommen und die bewusst oder unbewusst auf unterschiedliche Weise wahrgenommen wird, prägt Vorstellungen von Realität. So entstehen unablässig – zum Teil sich widersprechende – Ideen und Definitionen von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. Gerhard Kaiser reflektiert allgemeine und auch ganz persönliche Erfahrungen in seiner künstlerischen Produktion, bringt sein eigenes Bewusstsein quasi „mit ins Bild“ und erkennt Realität als politisch und gesellschaftlich veränderbar.

Gleichzeitig versetzt der Künstler die interessierten Ausstellungsbesucher in eine Situation, die es ihnen nahezu unmöglich macht, aus dem Bild heraustreten zu können, ihrem im Kunstwerk gespiegelten Selbst den Rücken zu kehren. Jeder Schritt, der die Betrachter an Kaisers monumentalem Werk vorbeiführt, lässt sie in einem sich stetig neu konstituierenden Bild erscheinen.

Mal befinden sich die „Gespiegelten“ in der verzerrten Architektur des Ausstellungsraums, mal überlagert sich ihr Spiegelbild mit Reflexionen weiterer Besucher, mal sehen sie sich in die eingangs genannten geometrischen Figuren eingeschrieben, oder aber Exponate der anderen Künstler dienen ihnen unvermittelt als Hintergrund. Grundsätzlich war es Gerhard Kaiser schon immer

Images are always by your side, 2013, Detail, Siebdruck auf Acrylglas | silkscreen on acrylic glass, 100 x 150 x 800 cm

wichtig zu zeigen, was sich im Inneren seiner facettenreichen Plastiken abspielt. So haben wir es auch hier je nach Perspektive und Durchblick mal mit Verdichtungen, Reduktion oder aber mit Transparenz zu tun.

Das Hinein- und Durchschauen, der Blick in die Tiefe und hinter die Dinge, das differenzierte Hinschauen ist dem Künstler nicht nur formal, sondern auch im übertragenen Sinne essenziell.

Beim Umlaufen Kaisers Arbeit wähnen sich die Betrachter in einer Art Endlosschleife der Bilder. Es scheint keinen Anfang und kein Ende zu geben. Die an der vorderen Stirnseite Kaisers Arbeit auf den Fußboden projizierte Eingangssituation, die das Kommen und Gehen der Besucher als Livebild dokumentiert, steht für die Realität im Hier und Jetzt. Die auf eine Wandnische projizierte Sentenz „Images Never End“ auf der gegenüberliegenden Seite der Installation hingegen visualisiert das Trügerische des Bildbegriffs generell: Die Trägerfläche der Projektion ist nämlich nicht die Wandnische an sich, sondern eine applizierte Fototapete ihrer selbst: Das Bild also als optische Reproduktion subjektiv gestalteter Wirklichkeit.

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Images are always by your side, 2013, Details, Siebdruck auf Acrylglas | silkscreen on acrylic glass, 100 x 150 x 800 cm

Images are always by your side, 2013, Siebdruck auf Acrylglas | silkscreen on acrylic glass, 100 x 150 x 800 cm Installation, Museum Liaunig, Neuhaus, 2019

Discourse of Images An Attempt at a Concentrated Order

Hartwig Knack Concepts of continual transformation and a constant shifting of artistic direction characterize Gerhard Kaiser’s work. The dialectical interaction of object, graphic, painting and photography describes the multi-disciplinary methods of Kaiser’s art, which in its installative nature provides access to and takes possession of the interior space.

With the work Images are always by your side – specially created for the exhibition at the kunsthaus muerz – Gerhard Kaiser has come close to realizing his ambition of erasing all borders between media and genres. Neither painting nor drawing nor photography, the incidence of light allows the black, white and transparent Plexiglas plates to reflect their surroundings and create an endless series of pictures depending on the vantage point of the viewer.

The motifs of the silkscreen prints appear over and over again on different sections of the eightmeter long Plexiglas object. Text fragments, phrases, paparazzi photos taken from print media sources, simple graphic elements and geometrical figures like circles or rectangles. The hectic throng of everyday life is depicted – motifs that can be recognized or interpreted as pictures. The 20th century is considered the century of the picture and this trend has continued into the new century as well. The daily flood of images that none of us can escape and that are perceived consciously or unconsciously in different manners dominates our conceptions of reality. The result is an unceasing series of ideas and definitions of the present, past and future, some of which are contradictory. Gerhard Kaiser reflects general and quite personal experiences in his artistic work, lends his own consciousness – as it were – to the picture and sheds light on reality as something that can be politically and societally modified.

At the same time the artist makes it almost impossible for exhibition visitors to exit the image or turn their backs on the reflected likenesses of themselves. With every step leading them past Kaiser’s monumental work, visitors appear in an image that is continually reconstructing itself. The “reflected” see themselves in the distorted architecture of the exhibition space, or are superimposed over the reflections of other guests, or are inscribed in the geometrical figures described above. At times it is the exhibited works of the other artists that form the background of their likenesses. One of Gerhard Kaiser’s basic intentions has always been to show what takes place inside his multifaceted sculptures. Here we are confronted with compression, reduction or with transparency, depending on our standpoint and perspective. The view into and through, deep into and behind objects, distinct visions – all these things are essential to the artist not just formally, but also in a symbolic sense.

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In walking around Kaiser’s work viewers have the impression that the progression of images is endless. There seems to be no beginning or end. Projected onto the ground, the front side and point of departure of Kaiser’s work documents the coming and going of the visitors as a live image, standing symbolically for the here and now of reality. The phrase projected in a niche of the wall on the opposite side – “Images Never End” – provides a visual demonstration of the illusiveness of the concept of pictorial representation in general: In fact, the surface onto which the projection is cast is not the wall niche itself, but photographic wall paper of the niche. The image thus becomes a subjective reality conceived as an optical reproduction.

Images are always by your side, 2013, Siebdruck auf Acrylglas | silkscreen on acrylic glass, 100 x 150 x 800 cm Installation, Museum Liaunig, Neuhaus, 2019

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Images are always by your side, 2013, Details, Siebdruck auf Acrylglas | silkscreen on acrylic glass, 100 x 150 x 800 cm

Continuous, 2018, Installation, Digitaldruck auf Acrylglas, Projektion | digital print on acrylic glass, projection kunsthaus muerz, 2019

Continuous, 2018, Installation, Digitaldruck auf Acrylglas, Projektion | digital print on acrylic glass, projection kunsthaus muerz, 2019

Bildgeste, 2017, Digitaldruck auf Leinwand | digital print on canvas, 70 x 50 cm

Gerhard Kaiser www.kaiserart.at

BIOGRAFIE | BIOGRAPHY: 1955 geboren in Bad Vöslau | Born in Bad Vöslau. 1975 - 1980 Studium an der Hochschule für angewandte Kunst, Wien, Meisterklasse Prof. Oswald Oberhuber | Studied at the Academy of Applied Arts, Vienna, master class of Prof. Oswald Oberhuber. 1979 Anerkennungspreis für bildende Kunst des Landes Niederösterreich | Lower Austria Visual Arts Achievement Award.

Ausstellungen | Exhibitions – Auswahl | Selection: 1976 Buchobjekte, Galerie nächst St. Stephan, Wien. 1981 Badener Kunstmarkt, Frauenbad, Baden / Pavillon Zwerglgarten, Schloss Mirabell, Salzburg / Objekte – Bilder – Graphiken, NÖ Landesmuseum, Wien, (Kat.). 1982 Assisi – heute, Krems / Aktvariationen, Schloss Bad Vöslau. 1983 Genesis, Galerie Arcade, Mödling / Galerie Gabriel, Wien. 1984 Neue Kunst aus dem Depot, Niederösterreichisches Landhaus, Wien. 1985 LeopoldiVariationen, Haus Mazakarini, Klosterneuburg / Kinogalerie im Künstlerhaus, Wien. 1986 Phantasiekörper, NÖ Art Galerie, Wien, (Kat.) / Zeichnungen, Beethovenhaus, Baden bei Wien / Zu Dante, NÖ Dokumentationszentrum für moderne Kunst, St. Pölten. 1987 Zu Dante, Blau-Gelbe Galerie, NÖ, (Kat.). 1988 Balance.akte, Neue Malerei aus Niederösterreich, St. Pölten. 1989 60 Tage Österreichisches Museum des 21. Jahrhunderts, Hochschule für angewandte Kunst, Wien (Kat.) / Conversazione, Künstlerhaus, Graz / Galerie Cult, Wien / Drei Freunde, Galerie Hilger, Wien / Kilato Galerya, Budapest. 1990 Katharsis, Galerie Menotti, Baden bei Wien (mit Rudi Stanzel und Johanes Zechner) / Galerie Gereonshof, Köln. 1991 Alles rennet, rettet, flüchtet, Galerie Freiberger, Mürzzuschlag (Kat.) / Figürlich, Aus niederösterreichischen Privatsammlungen, Wanderausstellung d. NÖ Gesellschaft für Kunst und Kultur, Wien (Kat.) / Plastiken, Kunsthandlung Cajetan Gril, Wien, (Kat.).

1992 Folien, Galerie Menotti, Baden bei Wien (Kat.) / Galerie Freiberger, Mürzzuschlag / Balance.akte, Kunsthalle Krems (Kat.) / Kleine Skulpturen, Galerie Menotti, Baden bei Wien.

1993 Kreuzzeichen, Galerie Freiberger, kunsthaus muerz. 1994 Vorwort, Galerie Jünger, Baden bei Wien. 1995 Kleine Galerie, Wien / Bilder verbringen, Galerie Menotti, Baden bei Wien 1997 Kleine Galerie, Wien. 2000 Farbenlust und Formgedanken. Abstrakte Wege in Österreich 1900-2000, Hochschule für angewandte Kunst, Wien, Heiligenkreuzerhof, Wien, Frauenbad Baden, Städtische Galerie, Klagenfurt. 2003 Abstand, Gauermann Museum, Miesenbach / Signum, Spitalskirche, Enzelsfeld, Lindabrunn. 2005 Feuer, Stadtturm Waidhofen/Ybbs. 2006 Abstrakt, NÖ Dokumentationszentrum für moderne Kunst, St. Pölten. 2007 4 Positionen, NÖ Dokumentationszentrum für moderne Kunst, St. Pölten / Über Wasser, Schloss Ulmerfeld, Amstetten / Die Liebe zu den Objekten, Landesmuseum Niederösterreich, Shedhalle, St. Pölten. 2008 Reset, Blau-Gelbe Viertelsgalerie, Bad Fischau (mit Michael Wegerer) / Sammlung Urban, Waidhofen/Ybbs.

2009 Perspektiven, Galerie Artmark, Wien / Sidewalk, Galerie Bezirkshauptmannschaft Melk, Galerie kunsthaus muerz. 2010 Grounding, Artothek Krems / Go West, Palais Liechtenstein, Zentrum für Gegenwartskunst Feldkirch. 2011 Künstler dreier Länder, Südböhmische Galerie, Budweis / Missing Link, Kulturfenster Pöchlarn / Zehn Künstler – Zehn Räume, Sammlung Urban, Waidhofen/Ybbs / again, Galerie Menotti, Baden / Quer / Galerie Artmark, Wien. 2012 9 Positionen, Sammlung Urban, Waidhofen/Ybbs.

Flashdance – Die sinnlich freche Kunst der 80er-Jahre, DOK, St. Pölten / Sarajevo-

Transit, City Gallery Collegium artisticum, Sarajevo / Klein (Small-Sized Sculptures), Tomas Hoke - Karl Vonmetz - Gerhard Kaiser - Michael Wegerer, DOK, Galerie im Halterhaus, Leobersdorf. 2013 The Art of Line / John B. Aird Gallery, Toronto (mit Gunter Damisch, Christina Starzer, Robert Kabas, Martina Golser, Gerlinde Thuma, Moussa Kone, Karl Korab u.a.) / Grau Rand, Palais Liechtenstein, Feldkirch / Post occupancy, art P, Perchtoldsdorf / Zeichnung-Zeichnung, Künstlerhaus, Wien. 2014 4 muerz to beat 14, kunsthaus muerz (mit Manfred Wakolbinger, Michael Wegerer u.a.) / Sommerausstellung, Galerie Menotti, Baden bei Wien / Mapping the world / NÖ Gesellschaft für Kunst und Kultur, Wanderausstellung. Winterausstellung / Galerie Menotti, Baden bei Wien (mit Franz Graf, Brigitte Kowanz, Petra Maitz, Oswald Oberhuber, Franz West). 2015 Wechselwirkung-Wirkungswechsel, DOK, St. Pölten (mit Clemens Fürtler, Tomas Hoke, Karl Vonmetz) / NV Art Foundation, St. Pölten (mit Ines Hochgerner, Elfriede Mejchar, Judith Saupper, Ursula Hübner, Leo Zogmayer). 2016 Ossi und die Niederösterreicher / DOK, St.Pölten (mit Oswald Oberhuber, Franz Graf, Brigitte Kowanz, Helmut Rainer u.a.) / Wasteland, Galerie Artemons & Artemons Contemporary, Hellmonsödt bei Linz (mit Alois Mosbacher, Hubert Schmalix, Manfred Wakolbinger u.a. ) / Lichträume, Galerie Artmark, Wien (mit Nikolaus Korab, Stephan Fillitz, Ernestine Faux u.a.). 2017 verbindet pulsiert ermöglicht, Galerie Forum, Wels (mit Clemens Fürtler, Josef Trattner, Manfred Wakolbinger u.a.) / Präsentation in der Sammlung Urban, Waidhofen/Ybbs / Images never end, Galerie OA, Wien. 2018 Continuum, Kreuzgang im Stift Millstatt / Fotografie und Malerei im Werk von Adolf Frohner und Zeitgenossen, Forum Frohner, Krems. 2019 Zwischenstopp - Stopover, kunsthaus muerz, (mit Brigitte Kowanz, Oswald Oberhuber, Manfred Wakolbinger) / Der Zukunft herzlichst gewidmet – Kunst aus Vergangenheit und Gegenwart in der Sammlung Liaunig, Museum Liaunig, Neuhaus / Begegnungen, Sammlung Swoboda, Schloß Ullmerfeld.

Bibliografie | Bibliography: 1981 Wolfgang Hilger, in: Gerhard Kaiser, Objekte – Bilder – Graphiken, Katalog zur Ausstellung im NÖ Landesmuseum, Wien / Manfred Wagner, in: Gerhard Kaiser, Objekte – Bilder – Graphiken, Katalog zur Ausstellung im NÖ Landesmuseum, Wien. 1986 Joseph Paul Hodin, Gerhard Kaisers Farbexplosionen interpretieren Dante, in: Gerhard Kaiser, Zu Dante, Katalog zur Ausstellung in der Blau-Gelben Galerie Niederösterreich / Winfried Stelzer, Die Wahrheit des Traumes – Zu Gerhard Kaisers Auseinandersetzungen mit Dantes Commedia, in: Gerhard Kaiser, Zu Dante, Katalog zur Ausstellung in der BlauGelben Galerie Niederösterreich. 1991 Otmar Rychlik, Die Idee des Materials, in: Gerhard Kaiser, Plastiken, Katalog zur Ausstellung in der Kunsthandlung Cajetan Gril, Wien / Otmar Rychlik, in: Alles rennet, rettet, flüchtet, Katalog zur Ausstellung in der Galerie Freiberger, Mürzzuschlag / Otmar Rychlik, in: Figürlich. Aus niederösterreichischen Privat– sammlungen, NÖ Gesellschaft für Kunst und Kultur. 1992 Wolfgang Pauser, Kunststoff – Stoff der Kunst, in: Kunstpresse Nr. 2. Otmar Rychlik, Auf der Spur, in: Gerhard Kaiser, Folien, Katalog zur Ausstellung in der Galerie Menotti, Baden bei Wien / Otmar Rychlik, zur Ausstellung in der Galerie Menotti, Baden bei Wien. 1993 Doris Krumpl, zur Arbeit von Gerhard Kaiser. 1994 Manfred Wagner, zur Arbeit von Gerhard Kaiser. 1995 Maria Rennhofer, Bilder verbringen, in: Gerhard Kaiser, Katalog zur Ausstellung in der Galerie Menotti, Baden bei Wien. 2009 Alexandra Schantl, Über den Stillstand der Zeit, in: Gerhard Kaiser, Grounding, Katalog zu den Ausstellungen in der Artothek Krems und im Palais Liechtenstein Feldkirch. 2013 Elisabeth Voggeneder, Herumschweifen und Ausufern, in: Elisabeth Voggeneder und Robert Zahornicky, KünstlerInnen im Industrieviertel, Stein Verlag, Bad Traunstein. 2014 Hartwig Knack, images are always by your side, in: 4muerz2beat14, Katalog zur Ausstellung im kunsthaus muerz / Theresia Hauenfels, Über Gerhard Kaiser, in: Theresia Hauenfels und Markus Rösle, Weil Kunst entsteht, Residenz Verlag, Salzburg. 2015 Carl Aigner, Malerei endet nie,

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in: When is now, Katalog zu den Ausstellungen im DOK, St. Pölten, Galerie Menotti in

Baden, Stein Verlag, Bad Traunstein / Oswald Oberhuber, Die Ökonomie der Sprache, in: When is now, Katalog zu den Ausstellungen im DOK, St. Pölten, Galerie Menotti in Baden, Stein Verlag, Bad Traunstein / Alexandra Schantl, Im Sog der Bilder, in: When is now, Katalog zu den Ausstellungen im DOK, St. Pölten, Galerie Menotti in Baden, Stein Verlag, Bad Traunstein / Florian Steininger, Images are always by your side, in: When is now, Katalog zu den Ausstellungen im DOK, St. Pölten, Galerie Menotti in Baden, Stein Verlag, Bad Traunstein / Manfred Wagner, zu Gerhard Kaiser, in: When is now, Katalog zu den Ausstellungen im DOK, St. Pölten, Galerie Menotti in Baden, Stein Verlag, Bad Traunstein / Hartwig Knack, Diskurs der Bilder – Ein konzentrierter Ordnungsversuch, in: Katalog zu den Ausstellungen im DOK, St. Pölten, Galerie Menotti in Baden, Stein Verlag, Bad Traunstein 2019 Günther Oberhollenzer, zu Gerhard Kaiser, in: Katalog zur Ausstellung Zwischenstopp, kunsthaus muerz. Öffentliche und private Sammlungen | Public and private collections: Grafische

Sammlung

Albertina

Wien;

Artothek

des

Bundes

BMUKK,

Wien;

Sammlung Brunmair, Wien; Sammlung Fichtinger, Krems; Sammlung Gril, Wien; Sammlung Hilger, Wien; Sammlung Hodin, London; Sammlung Hofians, Baden; Sammlung Hummel, Wien; Sammlung Jünger, Baden; Sammlung Kosak, Wien; Krankenhausholding

Niederösterreich;

der

Landessammlungen

Stadt

Leobersdorf;

Wien;

Sammlung

Peter

Sammlung

Kraus,

Niederösterreich;

Liaunig,

Wien;

Museum

Chicago; Sammlung Liaunig,

Kulturamt Lessig, Neuhaus;

Sammlung Mark, Wien; NV Art Foundation, St. Pölten; Sammlung Oberhuber, Wien; Sammlung Patka, Hinterbrühl; Sammlung Rychlik, Bad Vöslau; Sammlung Herbert Schinner, Bad Vöslau, Wien; Sammlung Smida, Leobersdorf; Sammlung Stelzer,

Wien;

Südböhmische

Galerie,

Budweis;

Sammlung

Swoboda,

Amstetten;Universität für angewandte Kunst Wien; Sammlung Urban, Waidhofen/Ybbs; Sammlung Wagner, Wien; Sammlung Walk, Baden; Sammlung Zöchling, Wolkersdorf.

Begleitende Fotos | Accompanying photos: 280 Bruthahnfest, Hochschule für angewandte Kunst Wien | Academy of Applied Arts, Vienna, Oswald Oberhuber, Adolf Frohner; 280 Christiane; 281 Porträt Oswald Oberhuber, 1986, Öl und Graphit auf Karton | oil and graphite on cardboard, 80 x 60 cm, Sammlung | Collection Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv | University of Applied Arts, Vienna, Collection and Archive; 281 Zwei Hunde | Two dogs; 282 Gerhard Kaiser im Gespräch mit Herbert Liaunig und Peter Baum | Gerhard Kaiser in conversation with Herbert Liaunig and Peter Baum.

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Autorinnen und Autoren Lucas Gehrmann: Geboren 1955 in Heidelberg; studierte Kunstgeschichte und Archäologie in Wien; seit 1984 als Kurator, Kunstpublizist und -vermittler, BuchRedakteur und Lektor tätig; Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen, Essays und Rezensionen zur zeitgenössischen Kunst; 1995–2004 Verlags- und Programmleiter von Triton – Verlag für Kunst und Literatur, Wien; 1997–2005 und seit 2011 Kurator an der Kunsthalle Wien.

Hartwig Knack: Geboren 1964 in Kamen; studierte Kunstgeschichte, Kunst, Europäische Ethnologie und Kulturwissenschaften an den Universitäten Marburg/Lahn und Wien sowie Museums- und Ausstellungswesen am Institut für Kulturwissenschaft Wien; 1994–2000 für die Edgar-Ende-Stiftung in München tätig; 2002–2009 Künstlerischer Leiter der Factory und Kurator der Kunsthalle Krems; Leiter des Artist-in-ResidenceProgramms der Abteilung Kultur und Wissenschaft des Landes Niederösterreich; arbeitet seit 2010 freischaffend als Kunsthistoriker, Kurator und Autor für Museen, Galerien, Ausstellungshäuser, Verlage und Zeitschriften.

Peter Liaunig: Geboren 1971 in Wien; aufgewachsen in Wien und Kärnten; studierte Architektur in Wien (1990–1996) und New York (1997–1998); Sammler; 2002 Gründung und seither Inhaber eines Architekturbüros in Wien; seit 2008 Museums- und Ausstellungstätigkeiten als zweites Standbein.

Wolfgang Pauser: Geboren 1959; studierte Philosophie, Kunstgeschichte und Rechtswissenschaft (Dr. jur.) in Wien; Museums- und Ausstellungskurator an der Donau Universität Krems; arbeitete als Kunstkritiker für Der Standard; Autor zahlreicher Ausstellungskataloge; publizierte mit dem Themenschwerpunkt Konsumkulturen in der NZZ, SZ, Die Presse, Profil, Kunstforum International und war 1994–1998 Kolumnist für Die Zeit; Lehraufträge an der Universität für angewandte Kunst und der TU in Wien; Literaturpreis für Essayistik des Landes Niedersachsen.

Alexandra Schantl: Geboren 1971; Promovierte Kunsthistorikerin und Kuratorin; Autorin zahlreicher kunstwissenschaftlicher Essays; als wissenschaftliche Leiterin verantwortlich für die Sammlung des Landes Niederösterreich zur Kunst nach 1960.

Nina Schedlmayer: Geboren 1976, Journalistin und Chefredakteurin des Kultur­ magazins morgen; studierte Kunstgeschichte in Wien und Hamburg; Publikationen u. a. in Profil, Weltkunst, Die Zeit, Handelsblatt, artmagazine.cc; erhielt 2017 den ersten Österreichischen Staatspreis für Kunstkritik, betreibt den artemisia.blog, wo sie über Kunst und Feminismus schreibt.

Florian Steininger: Geboren 1974 in Wien; studierte Kunstgeschichte an der Universität Wien; 2001–2016 Kurator im Bank Austria Kunstforum in Wien; seit Sommer 2016 Direktor der Kunsthalle Krems; zahlreiche kuratorische Projekte zur modernen und zeitgenössischen Kunst (u. a. zu Roy Lichtenstein, Willem de Kooning, Frida Kahlo, Andy Warhol & Jean-Michel Basquiat, Axel Hütte, Sammlung Hubert Looser, Per Kirkeby, Hans Op de Beeck).

Manfred Wagner: Geboren 1944 in Amstetten; 1974–2012 Professor für Kultur- und Geistesgeschichte an der Universität für angewandte Kunst in Wien; Gastprofessor (Humboldt-Universität, Berlin; Collegium Budapest; Universität Leiden); Produktionsdramaturg an den Opernhäusern Graz und Hamburg; seit 1999 Präsident des Aufsichtsrates der NÖ Kulturholding; Präsident der Internationalen SchönbergGesellschaft; publizierte ca. 60 Bücher und mehr als 300 Aufsätze in nationalen und internationalen Fachzeitschriften.

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Authors Lucas Gehrmann: Born 1955 in Heidelberg; studied at the University of Vienna Art History and Archaeology; since 1984 curator, editor and art critic; 1995–2004 head of the Triton publishing company, Vienna, primarily specialising in contemporary art, literature, architecture and film; 1997–2005 and since 2011 curator at the Kunsthalle Wien, Vienna.

Hartwig Knack: Born 1964 in Kamen, Germany; studied art history, art, European ethnology and cultural studies at the Universities of Marburg/Lahn and Vienna as well as museum and exhibition management at the Vienna Institute for Cultural Studies; 1994–2000 employed by the Edgar Ende Foundation in Munich; 2002–2009 Artistic Director of the Factory and curator at the Kunsthalle Krems; Head of the Artist-in-Residence programme of the Lower Austria Department of Culture and Sciences; since 2010 he has been working at museums, galleries, exhibition venues, publishing houses and magazines as a freelance art historian, curator and author.

Peter Liaunig: Born 1971 in Vienna; grew up in Vienna and Carinthia; 1990–1996 study of architecture in Vienna and from 1997–1998 in New York; collector; 2002 founded and is present owner of an architectural practice in Vienna; since 2008 he has been additionally active in museum and exhibition design.

Wolfgang Pauser: Born 1959; studied philosophy, art history and law (Dr. jur.) in Vienna; museum and exhibition curator at the Danube University Krems; works as art critic for Der Standard; author of numerous exhibition catalogues; publishes articles related to consumer culture in the NZZ, SZ, Die Presse, Profil, Kunstforum International and was a columnist for Die Zeit from 1994–1998; lectures at the University of Applied Arts and the Technical University in Vienna; Lower Saxony literature prize winner for essays.

Alexandra Schantl: Born 1971; studied art history, graduating with a PhD; curator and author of numerous art-historical and art-theoretical essays; responsible for the State of Lower Austria’s collection of art after 1960 as Scientific Director.

Nina Schedlmayer: Born 1976; journalist and editor-in-chief of the culture magazine morgen; studied art history in Vienna and Hamburg; published articles in a.o. Profil, Weltkunst, Die Zeit, Handelsblatt and artmagazine.cc; awarded the first Austrian National Prize for Art Criticism in 2017; author of the artemisia.blog in which she writes about art and feminism.

Florian Steininger: Born 1974 in Vienna; studied art history at the University of Vienna; 2001–2016 curator for the Bank Austria Kunstforum in Vienna; Director of the Kunsthalle Krems since the summer of 2016; numerous curatorial projects on modern and contemporary art (a.o. Roy Lichtenstein Willem de Kooning, Frida Kahlo, Andy Warhol & Jean-Michel Basquiat, Axel Hütte, Hubert Looser Collection, Per Kirkeby, Hans Op de Beeck).

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Manfred Wagner: Born 1944 in Amstetten, Austria; 1974–2012 Professor of Cultural and Intellectual History at the University of Applied Arts in Vienna; visiting professorships at the Humboldt University, Berlin, Collegium Budapest and the University of Leiden; production dramaturge for the opera houses in Graz and Hamburg; President of the Supervisory Board of the Lower Austria Holding Company; President of the International Schönberg Society; he published around 60 books and more than 300 articles in national and international professional journals.

Impressum | Colophon Titel | Title: Gerhard Kaiser - Images Never End Herausgegeben von | Edited by: Hartwig Knack, Alois Herrmann Texte | Texts: Lucas Gehrmann, Hartwig Knack, Peter Liaunig, Wolfgang Pauser, Alexandra Schantl, Nina Schedlmayer, Florian Steininger, Manfred Wagner Kapiteleinführungen | Chapter introductions: Hartwig Knack Gestaltung | Graphic design: Alois Herrmann Digital Imaging: Albert Winkler Übersetzung | Translations: Tim Sharp, Chris Michalskis (Seiten | pages 54, 136, 137, 269) Lektorat | Copy Editors: Andreas Deppe, Susanne Eulert (Seiten | pages 54, 136, 137, 269) Erschienen im | Published by: VfmK Verlag für moderne Kunst GmbH Schwedenplatz 2/24 A-1010 Wien/Vienna hello@vfmk.org www.vfmk.org ISBN 978-3-903269-89-7 Alle Rechte vorbehalten | All rights reserved Druck | Print: Medienwerkstatt, Wien/Graz © Verlag für moderne Kunst, Gerhard Kaiser © Kunstwerke | Artworks: Gerhard Kaiser – www.kaiserart.at, Bildrecht 2019 © Texte | Texts: Autorinnen und Autoren | authors © Abbildungen | Images: Walter Schramm, Heinz Hudelist, Gerhard Kaiser, Veronika & Werner Krause, Peter Liaunig, Mathias Swoboda Alle anderen Abbildungen | All other images: © Heinz Henninger Jede Art der Vervielfältigung, insbesondere die elektronische Aufbereitung von Texten in Teilen oder der Gesamtheit dieser Publikation, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung durch die Urheber.

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Cover aussen | outside: Scary, 1993, Detail, Folien, Plastik | sheeting, plastic, 50 x 66 x 19 cm Cover innen | inside: Serie, 2019, Sonderedition von 100 Unikatdrucke | special edition of 100 unique prints, C-Print auf Folie | C-print on sheeting, 28 x 20 cm

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Der Künstler dankt | The artist would like to thank: Den Sponsoren und Leihgebern sowie allen, die dieses Projekt unterstützt haben. | The sponsors and the lendees as well as all who supported this project.

Dank besonders an Anna und Manfred.

Special thanks to Anna and Manfred.