Ebook kulturgut 12

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KulturGut

Ausgabe

12 Juni 2013

Magazin für die Kulturregion Würzburg

Heile Welt für alle. Charakterfrage Stadtbild | Die Eisbrecher. Junger, wilder Hafen-Nachwuchs | Die Freiheit der Straße wird 10. Das StraMu-Festival

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KulturGut | Editorial | Inhalt | Titelthema | Bühne | Musik | Kunst | Literatur | Film | Stadt | Wissenschaft | Interkultur | Service

Editorial

In der Schule des Sehens Als der Dichter Francesco Petrarca im 14. Jahrhunderts vor den Ruinen des untergegangenen Alten Rom stand, formu­ lierte er hoffnungsvoll: „Die ewige Stadt könnte als Haupt­ stadt Italiens sofort wieder auferstehen, wenn Rom wieder wissen wird, Rom zu sein. Wenn sich die Gesellschaft einer Stadt Gedanken über die Identität der Stadt macht, ist bereits etwas geschehen. Wenn ein so aufgeladener Begriff wie Identität in Zusammenhang mit der Architektur und dem Erscheinungsbild tritt, lohnt es sich, genau hinzusehen. Denn dann ist Raum für die Frage nach dem Selbstverständnis der Sehgewohnheiten. Was prägt eigentlich den Charakter unserer Stadt? Wie gehen wir mit dem Denkmalschutz um? Wie entstehen „Bausünden“ und woran erkennt man sie? Was kann eine Stadtbildkommission bewegen und wie funktioniert sie?

Die neue Blickrichtung haben wir illustriert mit ungewöhn­ lichen Perspektiven, die sich normalerweise nicht im Wettbe­ werb um das „schönste“ Ansichtskartenmotiv behaupten könnten. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre sind wie immer dankbar für Ihre Anregungen. Bleiben Sie uns wei­ terhin gewogen. Wenn Sie gerne weiter in den Diskurs mit uns eintreten möchten, dann laden wir Sie wie immer herzlich auf unsere Website www.kulturgut­wuerzburg.de ein.

Iris Wrede Chefredakteurin

Fragen, denen wir uns in dieser Ausgabe von verschiedenen Seiten annähern. Die Antworten und Blickrichtungen sind vielfältig, sie spiegeln aber die Bewegung, in der sich die Diskussion befindet.

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KulturGut | Editorial | Inhalt | Titelthema | B端hne | Musik | Kunst | Literatur | Film | Stadt | Wissenschaft | Interkultur | Service

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Editorial

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Inhalt

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Titelthema | Gibt es einen Würzburger Stadtcharakter? Ein Ja und sieben Schlussfolgerungen

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Titelthema | Geschichts- und Gesichtsverlust. Wie Würzburg mit Denkmalschutz und Stadtbild umgeht

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Titelthema | Nur böse Fremdkörper begehen Bausünden

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Titelthema | Moderne Bauten sind Denkmale von morgen. Generalkonservator E. J. Greipl im Interview

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Titelthema | Scharfblick am Modell: So sinnvoll sind Stadtbildkommissionen

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Titelthema | Wir bauen eine Kommission für Stadtbild und Architektur. Blick in die Statuten eines Gremiums

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Theater | Neuer Theaterdirektor Stephan Suschke: Der Schauspielmanager mit dem Müller-Siegel

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Theater | Termine

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Musik | Am Ton vorbei ins Herz

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Musik | Schule – Musikschule – Musikhochschule: Wer soll die Talente fördern?

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Musik | Termine

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Kunst | Konkreten-Sammler Peter C. Ruppert als Europäer

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Kunst | Termine

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Literatur | Kann man Bücher von Leonhard Frank kaufen?

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Literatur | Stadtbücherei mit Kaffeehausatmosphäre

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Literatur | Termine

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Film | Am Feuer der Urmenschen: Grundschule und Uni trickfilmen die Steinzeit

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Film | Termine

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Stadt | Das „Bayerische Kulturkonzept“ bringt Geld für Nicht-Landesmuseen

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Stadt | Junger Alter Hafen – Nachwuchs engagiert sich für Kreativ-Quartier

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Stadt | Termine

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Wissenschaft | Von Guttenberg für die Katz: Plagiieren gehört für Studierende zum Alltagsgeschäft

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Wissenschaft | Termine

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Interkultur | Termine

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Interkultur | 70 Extras für Europa. Veranstaltungen zum Europapreis-Jubiläum

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Interkultur | Hut gut voll. Zehn Jahre Erfahrungsaustausch beim Würzburger Straßenmusikfestival

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Zum Schluss | Impressum

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Gibt es einen Würzburger Stadtcharakter? Und wenn ja: Was lässt sich daraus folgern? von Dr. Hans Steidle

+ Der Charakter einer Stadt lässt sich aus recht genau definierten Kriterien annähernd bestimmen, es bleibt jedoch immer ein starker Anteil subjektiven Erlebens und emotionaler Bezugnahme. Dies ist für die Menschen, die in der Stadt leben, oft ausschlaggebend. Alter und Überschaubarkeit sind für die Entwicklung eines spezifischen Stadtcharakters wesentlich, und beide Merkmale weist Würzburg mit seinen rund 130.000 Einwohnern und 1300 Jahren Geschichte auf. Geschichte macht die Einmaligkeit einer Stadt aus, die Überschaubarkeit verhindert die Anonymität, den Massencharakter, ohne dörfliche Enge und Idylle zu evozieren. Auch die spezifische Verbindung von Stadtraum und Landschaft prägt eine Stadt. Die Lage in einem Talkessel, wie in einem griechischen Theater, mit dem Festungsberg als Bühnenwand und den Weinbergen schafft eine malerische Einbettung. Weinberge weisen nur noch der Steinberg, der immer wieder von störender Bebauung bedroht ist, und der Festungsberg auf. Besonders im Osten und im Süden, hier durch den Stadtteil Heuchelhof, ist die Stadt schon lange über den Talkessel hinausgewachsen, wobei das Landschaftsbild teilweise stark gestört wurde. Die Einbettung der Stadt in den begrünten Talkessel wirkt auf Stichen des 17. bis 19. Jahrhunderts beschützend, aber auch beengend. Die sommerliche Wärmeentwicklung war im einst baumlosen Talkessel sehr groß. Angesichts der Klimaerwärmung sollte man künftig im Zentrum Grünflächen und Freiplätze vermehren und bauliche Nachverdichtung begrenzen. Nur dann bleibt das trockene Lokalklima ein angenehmer Begleiter von italienischer Barockheiterkeit, Weinbergen, kurz: einer mediterranen Atmosphäre. Der Marienberg als bedeutendste Landmarke streckt sich mit seinen Kalkfelsen bis nahe an den Main. Direkt unter den Kalkfelsen blieb nur wenig Raum für enge, dunkle Gassen. Im rechtsmainischen Talkessel dehnte sich die mittelalterliche Stadt auf den heute durch den Ringpark abgegrenzten Bereich aus. Kaum eine deutsche Stadt kann sich

eines durchgängigen Landschaftsgartens an Stelle der barocken Wallanlagen rühmen. Hier lassen an Röntgen- und Sanderring noch die Bildungspaläste von Universität und höheren Schulen sowie der Justizpalast die bürgerlichen Prachtstraßen erkennen. Der Fluss als Lebensader der Stadt fand in der Stadtgestalt keine Aufnahme, weil die befestigte Stadt dem Main den Rücken zuwendete. Die Dichter Heinrich von Kleist und Leonhard Frank erkannten die Alte Mainbrücke jedoch als den magischen Ort der Stadt, an dem sich das landschaftliche Panorama, die Macht der Festung und die Stadtlandschaft mit ihren bekrönenden Türmen und Kuppeln kraftvoll und beeindruckend entfalten.

Profane Barockdenkmäler: 55 Prozent Die historische Altstadt weist 40 Prozent der geschützten Baudenkmäler mit rund 20 historischen Kirchen und Kirchtürmen auf. Unter den rund 150 Profangebäuden, zu denen Residenz, Rathaus, Festung und Spitäler gehören, stammen rund 55 Prozent aus dem Barock, 35 Prozent aus dem historisierenden 19. Jahrhundert, was den Umbau der mittelalterlichen Stadt im 18. und 19. Jahrhundert verdeutlicht. Fast alle Kirchen datieren aus dem Mittelalter, die meisten wurden im Inneren und teilweise in der äußeren Gestalt barockisiert. Dom und Neumünster mit dem romanischen Stil erinnern an die Stauferkönige, die Würzburg häufig besuchten, hier heirateten und wichtige Reichstage abhielten. Kaum eine Kirche und nur zehn bis 20 Häuser blieben im Zweiten Weltkrieg unversehrt. Mehr als 90 Prozent des Hausbestands ist nach 1945 neu errichtet worden, darunter nur ein geringer Anteil in der alten Gestalt. Dieser Verlust des alten Stadtbilds ist eine der Folgen des Weltkriegs, den NS-Deutschland auslöste, und ein wichtiges Zeichen unserer Geschichte.

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Die Kirchturmkrone ist nicht die ganze Altstadt Die meisten Kirchen wurden in der äußeren Gestalt unverändert, im Inneren vereinfacht wieder errichtet. Die Silhouette der 20 Kirchtürme und zweier mächtiger Kirchenkuppeln betrachtet man heute als pittoreskes und ästhetisches Charakteristikum einer katholischen Stadt, unterworfen der Herrschaft eines Fürstbischofs. Diese beeindruckende Stadtkrone, die vorzüglich renovierte Residenz und viele Baudenkmäler mehr über die Spitäler bis zum Riemenschneiderhaus sind die Orte, an denen man die Stadtgeschichte erfährt und erzählt, sie bieten Kunstgenuss, haben somit Aura und Atmosphäre und prägen das Bild der Stadt bei Einheimischen und Gästen. Aber das ist nicht die ganze Altstadt. Ein Blick von der Festung lässt ihre historische Vielfalt und Kleinräumigkeit erkennen. Nach 1945 entstand die Stadt zumeist maßstäblich auf dem historisch gewachsenen Straßensystems. Allerdings wurden für die Verkehrserschließung der Altstadt und des Geschäftszentrums Gassen und Straßen erweitert, neue Straßendurchbrüche angelegt, so dass der kontrastreiche Straßen- und Platzraum einer alten europäischen Stadt gemindert, an einigen Stellen auch banalisiert wurde. Der Zerstörung und dem Wiederaufbau fiel eine über 800 Jahre gewachsene reichhaltige, heterogene und lebendige Bebauung zum Opfer, die dem Auge Hunderte Motive zur Entdeckung bot. Man legte Parzellen zusammen und einheitliche Geschosszahlen und Gebäudehöhen fest, die entkernte Blockbebauung in Altstadtvierteln ergänzte eine relativ einheitliche Stilistik der Gebäude mit funktionaler Architektur und reduzierter Gestaltung. Die rekonstruierten Außenwände historischer Häuser wirken nicht selten als Einzelstücke, um daran zu erinnern, dass wir uns in einer alten Stadt befinden. Moderne Architektur der 1950er und 1960er gab sich meist bewusst ahistorisch.

Die Frage der Ablesbarkeit. Und mehrere Antworten Deswegen kann man die verschiedenen historischen Schichten dem Stadtbild nicht mehr unmittelbar ablesen. Bis 1803 besaß Würzburg als Mittelpunkt Dom und Domstraße, die seit dem 11. Jahrhundert auch als Markt diente. Vor dem mittelalterlichen Rathaus befand sich bis ins 17. Jahrhundert der Tagesmarkt, neben dem Dom versperrte das bischöfliche Regierungs- und Gerichtsgebäude den Durchgang zum Kürschnerhof. Enge Gassenöffnungen führten in ein Labyrinth von Sträßchen, während die Begrenzungsstraßen des Bischofshuts (Neubaustraße, Balthasar-Neumann-Promenade, Theaterstraße, Juliuspromenade) schon vor 300 Jahren als eine Art Ringstraße konzipiert wurden, die das fürstbischöfliche Schloss an die mittelalterliche Stadt anschließen sollte. An diesem Straßenzug entstanden um den ältesten Stadtkern auch Echters Gründungen, das Juliusspital und die Universität. Der absolutistischen Herrschaft der Schönborn-Fürstbischöfe verdankt sich der einzige geplante, gestaltete Platz Würzburgs, der die Residenz von der Stadt distanzierte. Dass die aktuellen Planungen die Sichtachse von Dom und Schloss nicht herstellen, dass nicht die Hofstraße, sondern eine architektonisch belanglose Geschäftsstraße Fußgängerzone wird, nahe bei Dom

und Neumünster die Zufahrt in eine Tiefgarage angelegt wird, dass ausgerechnet in engster Nachbarschaft von Dom und Schloss ein Einkaufszentrum entstehen soll, beweist mangelnde Sensibilität im Umgang mit dem historischen Erbe und dem daraus resultierenden Charakter der Stadt. Ökonomische Kriterien überwiegen kulturelle, architektonische und ästhetische Maßstäbe. Würzburg Fußgängerzone besitzt nur an den Orten ästhetische und erlebnisfördernde Qualität, wo historische Strukturen und Bauwerke im Straßenraum erkennbar sind. Als der Hauptbahnhof 1865 am heutigen Platz erbaut wurde, wurde die Stadt für die Straßenbahn erschlossen und der Schienenstrang bis in die Sanderau verlegt. Es entstand ein sehr lang gestreckter Verkehrszug durch die Altstadt. Alle Straßenräume wurden ungefähr auf die Breite der Domstraße erweitert, die jetzt als Marktstraße nicht mehr erkennbar ist. Die Reduzierung von Werbung und eine attraktive Gestaltung der Straßenräume könnten die Grundmuster der moderaten, gegliederten Moderne wieder zur Geltung bringen – als einen wichtigen Teil unseres Stadtbilds. In den engen, winkeligen Gassen um den Markt und in der Pleich ist noch einiges von der alten Stadtstruktur zu erahnen, durch die traditionellen Häuserformen auf den alten Parzellen, alte Torbögen, Barockfassaden, viele Madonnen an Häuserwänden, alte Brunnen und Ecksteine. Hier könnte man gezielt den Altstadtcharakter fördern. Bürgerliche, historische Plätze als urbane Mittelpunkte besitzt die Stadt nicht, denn sie hatte bis 1803 keine bürgerliche Selbstverwaltung und Selbständigkeit. Folglich sind Orte und Plätze, die diese bürgerliche Lebensform und dieses Lebensgefühl spiegeln, dünner gesät. Nach der Zerstörung der jüdischen Viertels 1349 blieb dessen Platz unbebaut, im späten 17. und 18. Jahrhundert, als er als Markt genutzt wurde, bemühten sich die Barockarchitekten Petrini und Neumann um seine Gestaltung. Leider hat ihn die Nachkriegsbebauung zu keinem einladenden Bürgerplatz gemacht. Eine Korrektur der Randbebauung und der ungünstig platzierten „Markthalle“ könnten das Ambiente wesentlich verbessern. Eher trifft man sich auf dem kleineren, architektonisch spannenderen Oberen Markt, der auch den Mittelpunkt der Einkaufszone bildet. Überhaupt sind es Plätze, die historischen Baubestand, Raumstruktur, Überschaubarkeit und auch Bäume und Gastronomie aufweisen, an denen sich Menschen in der Altstadt aufhalten: hinter der Marienkapelle, vor dem Rathaus, auf dem Sternplatz, der Unteren Juliuspromenade und in der Neubaustraße.

Brüche in der heilen Welt Was sagt uns dies? Zunächst, dass die Menschen in den Altstädten eine Stimmung aus Vergangenheit, Sicherheit, Geborgenheit suchen, eine heile Welt, in der sich auch konsumieren lässt. Würzburg weist Wunden auf, lässt geschichtliche Brüche und Verwerfungen erkennen. Auch das schafft Charakter. Charakter und Atmosphäre entfaltet unsere Stadt in der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen – mit ihrer Heterogenität in Stil, Straßenräumen, Bauvolumen und in Kontrasten, die Geschichte und Entwicklung der städtischen Orte wahrnehmbar machen. Nur an solchen Orten entsteht eine allgemeine städtische Erzählung: aus der Begegnung der Menschen zu verschiedenen Zeiten mit verschiedenen Nutzungen. Solche widerständigen Orte brauchen wir

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gegenüber den ökonomischen und funktionalen Netzwerken, die die europäischen Stadtzentren homogenisieren und neutralisieren. Stadtgestaltung soll nicht glätten und für Events herausputzen, sondern Begegnungen mit dem Unerwarteten ermöglichen. Ein Einkaufszentrum erwartet man in jeder mittelgroßen Stadt. Ein großzügiges Bürgerzentrum im alten „Moz“, offen für Kultur, Tourismus, Gastronomie, in dem das untergegangene alte Würzburg und unsere junge demokratische Stadt sich präsentierten, direkt bei der Residenz, das wäre eine Überraschung. Geht man durch die zur Fußgängerzone umgewidmete Eichhornstraße, wird sich kaum Überraschendes abspielen. Ein fünfgeschossiger Kaufhausbau auf dem FaulhaberPlatz gegenüber unserem Stadttheater wird architektonisch eine un-

angenehme Überraschung. Sollten wir dort jedoch einmal beschattet von schönen Bäumen, einem plätschernden Brunnen lauschend, einen Cappuccino in einem der gemütlichen Cafés schlürfen, das süße Nichtstun pflegen können, das wäre eine Überraschung und eine hübsche Vision für einen arg gerupften Platz und unsere immer noch schöne Stadt.

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Info: Der promovierte Historiker Hans Steidle ist Stadt-

heimatpfleger und hat als solcher Sitz und Stimme in der Kommission für Stadtbild und Architektur.

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Geschichts- und Gesichtsverlust Wie geht Würzburg mit Denkmalschutz und Stadtbild um? von Dr. Suse Schmuck

+ In Würzburg gibt es seitens vieler Bürgerinnen und Bürger Unmut und Widerspruch zu neuen Bauten in der Altstadt. Sie als „Eiferer und Geiferer“, die „nörgeln, jammern und trauern“ (so Stadtbaurat Christian Baumgart in Main-Post 27. 1. 2012 bzw. 22. 2. 2001), abzukanzeln, wird ihrem Protest nicht gerecht. Es greift auch zu kurz, ihnen vorzuwerfen, die Bombennacht vom 16. März 1945 habe „anscheinend ein Trauma hinterlassen“ (Diözesan-Baureferent Dr. Jürgen Lenssen in SZ 14. 6. 2000). Ein Blick zurück kann die Sichtweisen der kritischen Stimmen besser begreifbar machen. Wenn man sich die Aufnahmen von 1945 ansieht, dann wird erschreckend klar, in welchem Ausmaß Würzburg zerstört war. Es gab keine Dächer, keine Decken, keine Fenster, keine Türen mehr. Nur noch fragile Außenmauern standen, ohne Halt und ohne Festigkeit. Wie sollte mit dieser zerschundenen Stadt umgegangen werden? Zwei Komponenten waren entscheidend für den Wiederaufbau: der Umgang mit denkmalschutzwürdigen und die Einfügung neuer Bauten.

Wiederaufbau: Historische Reste und neue Häuser Der Denkmalschutz widmete sich in den Nachkriegsjahren vor allem Mittelalter, Renaissance und Barock. Viele historische Fassaden wurden repariert, auch rekonstruiert (Musterbeispiel Falkenhaus oder Marmelsteiner Hof). Etliche barocke Ruinen wurden, obwohl im WieKulturGut 12 | Seite

deraufbauplan von Rudolf Schlick 1947 gekennzeichnet als „aus denkmalspflegerischen Gründen zu berücksichtigende Bauten“, dennoch abgetragen, so z. B. das ehem. Dietricher Spital von Petrini an der Ostseite des Unteren Marktes, das ehem. Strafarbeitshaus – die spätere Pleicherschule – an der Juliuspromenade, ebenfalls von Petrini, oder die Klostertrakte von St. Stephan. Noch schlechter stand es um die Bauten des 19. Jahrhunderts: Sie fanden kaum Beachtung und wurden allenfalls „aus bauwirtschaftlichen Gründen“ für aufbaugeeignet gehalten. So erfolgte bereits 1949 der Abriss von Peter Speeths Musikkonservatorium (erbaut 1811-15) zugunsten des Burkhardushauses oder 1960 der Abriss des ersten Bahnhofs (erbaut 1851-56 von Georg Neureuther an der Stelle des heutigen Theaters). Diese Dezimierung von historisch wertvollem Bestand nach dem Krieg muss man sich vor Augen halten, wenn man heute über Denkmalschutz in Würzburg entscheidet. Würzburg hat nicht mehr sehr viele Denkmäler – der Blick auf die Karte macht das auf den ersten Blick klar (s. Stadtbild Würzburg. Eine Analyse zur Stadtsanierung. 1997, S. 71). Die Verantwortlichen der Stunde Null haben sich nicht nur mit dem denkmalschutzwürdigen Bestand auseinandergesetzt, sondern auch versucht, das vertraute Bild der Stadt wieder herzustellen. Sie hielten am Stadtgrundriss fest, überformten ihn nicht radikal neu, sondern modifizierten ihn in bescheidenen Maßen. Hier eine Aufweitung, dort die Zurückverlegung einer Straßenfront – die alten Sichtbeziehungen blieben erhalten. Anders als etwa in Hannover war hier konservativer, bewahrender Geist am Werk, nicht aus Unfähigkeit, sondern aus

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Überzeugung. Zum bewahrten Stadtgrundriss kam die moderate Höhenentwicklung: Die historischen Traufhöhen wurden in etwa beibehalten, ebenso die Dachlandschaft mit ihren geneigten Flächen. Rekonstruierender Wiederaufbau einerseits und behutsame Einfügung andrerseits prägen bis heute das Stadtbild Würzburgs. Die konservative Grundeinstellung der damaligen Stadtbauräte Rudolf Schlick und Paul-Heinrich Otte war „dienend“, das Neue ordnete sich zumeist unter, es war nur selten dominant. Trotz neuer Bauformen und neuer Materialien wurde die wieder aufgebaute Altstadt als harmonisch, als stimmig wahrgenommen. Sie strahlte Authentizität aus, obwohl die meisten Häuser Neubauten waren, obwohl an den Baudenkmälern Dächer, Fenster, Türen und Putzoberflächen zumeist erst KulturGut 12 | Seite

in den Nachkriegsjahren entstanden. Viele Bürger und Fachleute sehen in dieser „Rück-sicht-vollen“ (im wahrsten Wortsinn) Wiederaufbauzeit heute Qualitäten, die es zu bewahren gilt. Musterbeispiele für die gelungene Synthese von Tradition und zeitgenössischen Formen in der frühen Nachkriegsarchitektur stellen z. B. der Bahnhof mit seinem von Pavillons gefassten Platz und die Mozartschule mit ihren differenzierten Freiräumen dar.

Neue Wertigkeiten Doch die Zeiten haben sich geändert. So schreibt Stadtbaurat Christian Baumgart wenige Jahre nach seiner Berufung 1994: „Verkannt

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wird häufig, dass Würzburg neben seiner reichen historischen Tradition nach den furchtbaren Verwundungen und Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs in wesentlichen Teilen eine wieder aufgebaute Stadt ist. Insofern kann die Forderung bei Neuem nicht ausschließlich Einfügung, Anpassung, Unterordnung und damit Verzicht auf zeitgemäßes Bauen und zeitgemäße Architektur sein. So wichtig Schützen und Bewahren sind, so wichtig sind auch Fortentwicklung und Neuerung. Wer fordert, eine solche Stadt nur zu konservieren, macht sie fast zwangsläufig zur Konserve.“ Diese Aussage mündet in das Postulat: „Bewahren und Verändern, Erneuern und Weiterentwickeln muss also unsere Devise sein. Wir werden weiterbauen, in der Stadt und an der Stadt, mit Mut, mit Geist, mit Gefühl und mit den städtebaulichen und den architektonischen Stilmitteln unserer Zeit“ (Neue Architektur in Würzburg, Nr. 60, 3/2001). Was vordergründig und rhetorisch einleuchtend und nachvollziehbar erscheint, entpuppt sich in der Praxis als janusköpfig. Es geht einher mit einer permanenten Reduktion und Verfremdung der historischen Reste und generiert eine schleichende Zerstörung des Stadtbildes. Beides: Denkmalschutz und Stadtbild spielen kaum noch eine wichtige Rolle für die Entwicklung der Stadt.

Bereits 1980 schrieb Heiner Reitberger, differenzierter Kämpfer für Denkmalschutz und für qualitätvolle moderne Architektur in Würzburg: „Die festgewurzelte Missachtung des noch Authentischen bei Bauten und Plastiken führt ja nicht nur zu offenbar unaufhaltsamem Substanzverlust. Für mich ist noch bedrückender, dass eine Stadt wie Würzburg unter Zustimmung vieler und Duldung der übrigen zusehends ein Surrogat ihrer selbst wird“ (Heiner Reitberger, Brief an Dr. Manfred Sack, Die Zeit, 20. 7. 1980). Zwanzig Jahre später liest man im Feuilleton der FAZ unter der Überschrift „Würzburg kürzt die Halbwertzeit für Denkmäler“: „In Würzburg wird immer wieder die längst zur Plattitüde gewordene Losung verbreitet, dass jede Epoche sich darstellen müsse und auch die Gegenwart ihre Spuren im Stadtbild hinterlassen dürfe. Dass diese Selbstdarstellungen aber oft historisch wertvollen Denkmälern aufgezwungen werden und dass die neuen Spuren rigoros durch einst geplante Perspektiven und Ensembles trampeln, zeugt von – gelinde gesagt – mangelnder planerischer Sensibilität. Womöglich hat man über der immer noch ansehnlichen Menge wertvoller Substanz den Sinn für die Unersetzlichkeit jedes historischen Erbes verloren“ (Jürgen Richter, Die Spurensetzer 1. 4. 2000).

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Schutzlose Denkmäler, maßstabsprengende Neubauten

Unschöne Entdeckungen jenseits spiegelnder Schaufenster

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Denkmalschutz in Würzburg kaum Gewicht hat, dass Denkmäler eine beliebige Verfügungsmasse darstellen. Ein paar Beispiele: · Seit 20 Jahren währt bereits die Diskussion um den Abriss der Mozartschule, erbaut 1955-57 und 1995 als Beispiel fortschrittlicher Schularchitektur in die Denkmalliste eingetragen. Dem Abriss-Beschluss des Stadtrates wird seitens der Stadtverwaltung kaum energisch widersprochen. · 2001 musste die ehemalige Stadtsparkasse weitgehend dem Neubau des Museums am Dom weichen. Nur die zwei Stadtfronten überlebten, alle kunsthandwerklichen Details sind jedoch verschwunden. Der traditionsverbundene Nachkriegsbau zwischen den beiden Hauptkirchen, 1948 aus einem Wettbewerb hervorgegangen, war als „verwachsenes Geschwür in historisierendem Heimatstil“ diffamiert worden (Lenssen, in SZ 14. 6. 2000). · Seit 2004 gammelt das erste Würzburger Hochhaus vor sich hin, ein Musterbeispiel von 1930 für den Versuch, Neue Sachlichkeit in eine historische Altstadtsilhouette einzupassen. Erst nach dem Gerichtsurteil gegen einen Neubau scheint sich jetzt langsam der Wille zur Erhaltung herauszukristallisieren. · Die Faulenbergkaserne verfällt seit vielen Jahren, der Abriss des Denkmals ist längst beschlossen, wird aber wegen der hohen Kosten nicht durchgeführt. · Der ehemalige barocke Gartenpavillon des Domherrnhofes Uissigheim wurde so eingebaut, dass ihm förmlich die Luft zum Atmen fehlt. · Selbst der Name Balthasar Neumann schützt nicht vor Beeinträchtigungen (z. B. Hof und Brunnen der Rotkreuzklinik, Kaufhaus am Markt, Marmelsteiner Hof). · Sogar Totalabrisse von Denkmälern finden sich in der Denkmal-Bilanz (z. B. das ehemalige Gefängnis hinter dem Gericht, das so genannte Woeschhaus – eine Fabrikantenvilla des Historismus – in der Zellerau, die Flanke des Juliusspitals in der Koellikerstraße). Begründungen finden sich immer: schlechter Bauzustand, zu geringe Wirtschaftlichkeit, Wünsche des Eigentümers, abweichende Entscheidung des Stadtrates und die immer wieder erhobene Forderung nach „zeitgemäßer Architektur“. Zu den Verunstaltungen und Abbrüchen der Denkmäler kommen die Neubauten dazu. Größere Volumina, überdimensionierte Dachausbauten oder zusätzlich aufgestockte Geschosse verdichten das Altstadtgefüge und sprengen seine historischen Maße. Höfe werden überbaut (Spitäle, Kartause), Plätze überplant (Kardinal-Faulhaber-Platz), Gärten oder Hänge gewinnbringend zu Bauland umgewidmet (Platzscher Garten, Steinbachtal, Nikolausberg). Dispense sind an der Tagesordnung. Die Architektur ist oft eine Standardlösung oder von mittelmäßiger Qualität (z. B. Parkhaus am Juliusspital, Spiegelstraße, Wohnanlage hinter dem Spitäle, die neuen Bauten am Marktplatz, Anbau der Staatsbank, Bronnbacher Hof). Dabei wäre es dringend notwendig, an alle Neubauten in der Altstadt höchste Qualitätsansprüche zu stellen! Es ist die Stadt eines Antonio Petrini und eines Balthasar Neumann, auch eines Peter Speeth und eines Peter Feile. Die neue Stadtbildkommission leistet dazu an manchen Stellen gute Arbeit, sie ist aber ausgehebelt, sobald ein Wettbewerb ausgeschrieben wird.

Ein weiterer Faktor für das gegenwärtige Erscheinungsbild der Altstadt ist die Gleichgültigkeit in vermeintlich nebensächlichen Dingen. Das Stadtbild wirkt heruntergekommen und vernachlässigt. Zwischen Schaufassaden und Rückseiten besteht ein großer Kontrast, ebenso zwischen Hauptachsen und kleinen Nebengassen. Niemand käme auf die Idee, zum eigenen Vergnügen durch die Arztlade, den Inneren Graben oder die Oberthürstraße zu schlendern, die Stadt erweckt dort keine Freude am Entdecken. Viele Details tragen zu dem Eindruck von Verwahrlosung bei: verschmierte Altglascontainer, private Abfalltonnen, technische Kästen, marode oder modische Bänke, billige Zäune für überbordende Außengastronomie, schrille Reklamen, bunt zusammengeflickte Bodenbeläge, immer noch trockene Brunnen – kurzum, die Möblierung des öffentlichen Raumes bedürfte dringend einer disziplinierenden Überarbeitung. Die Vorschläge der vorbildlichen „Stadtbildanalyse“ von 1997 bleiben Lippenbekenntnisse, eine Gestaltungssatzung, die den Wildwuchs eindämmen könnte, fehlt bis heute (Ausnahme: die neue Werbesatzung).

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Wünsche für die Zukunft Ich wünsche mir für die Zukunft eine Stadt, die · ihr historisches Erbe der vergangenen Jahrhunderte – auch des 20. Jahrhunderts! – schätzt und pflegt, · eine Vision behutsamer und stimmiger Stadtentwicklung hat, · mit Augenmaß neue, wirklich qualitätvolle Bauten einfügt, · nicht Gewinnmaximierung und Verdichtung, sondern Steigerung der Aufenthaltsqualität zum Ziel hat und · ihren öffentlichen Raum von überflüssigem Gestaltungsmüll befreit. Eine solche Stadt kann zuversichtlich in die Zukunft blicken und ihr eigenes, unverwechselbares Profil stärken. Sie würde durch die Synthese historischer Substanz und sorgfältiger, sanfter Weiterentwicklung an Sympathie gewinnen.

Info: Die Architekturhistorikerin Dr. Suse Schmuck war

von 1984 bis 2009 Lehrbeauftragte an der FH Würzburg-Schweinfurt. Sie forscht insbesondere über Bauwerke der Neuen Sachlichkeit und der Nachkriegsmoderne – siehe Schriftenreihe der HeinerReitberger-Stiftung. Ihrer Arbeit sind Erhalt und Wiederherstellung des Gaswerks an der Ständerbühlstraße und die Wiederentdeckung der Lerchenhainsiedlung zu verdanken.

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Nur böse Fremdkörper begehen Bausünden Ein Gespräch über Prinzipien der Stadtbild-Beurteilung von Iris Wrede

+ Der Architekt Prof. Bernhard Winking, der seit 1965 an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg lehrt, baut in Metropolen ebenso wie in Husum. Beispielsweise. Er kümmert sich um das Erscheinungsbild ostdeutscher Städte von Schwerin bis Dresden und um den Pott. In Würzburg hat er Sitz und Stimme in der Kommission für Stadtbild und Architektur, mit der sich die folgenden Beiträge befassen. Bernhard Winkings gestalterische Arbeit wird dafür gelobt, dass sie mit zeitgemäßer, heutiger Architektur die Einzigartigkeit einer Stadt hervorhebt. Da erscheint er als guter Auskunftgeber für die prinzipielle Frage: Welche Grenze für das Gestalten sollte beim modernen Bauen in historischem Umfeld nicht überschritten werden? Die Antwort, ebenfalls auf dem Niveau eines Grundsatzes: Erst einmal sieht Bernhard Winking „keine Grenzen“. Allerdings ist es für ihn „selbstverständlich, Rücksicht auf die Nachbarbebauung und das gegebene Umfeld zu nehmen: Man muss sich nicht mit Besonderem hervortun.“ Trotzdem solle man „in der heutigen Zeit bauen“, führen wir doch schließlich heute auch nicht mehr in der Pferdekutsche, sondern im Auto. Mit dieser Entwicklung hätten sich auch die Häuser geändert – und änderten sich weiter.

Partytiger und smarter Gast Das Bauen im historischen Umfeld vergleicht er gern mit einem Gast, der in eine ihm unbekannte Gesellschaft tritt: „Da kann man mit lautem Hallo auftrumpfen oder sich erst einmal still dazu stellen, freilich ohne seinen Charakter zu verleugnen.“ Und der Charakter sei unter anderem wichtig für das Bauen in der heutigen Zeit. Dabei sind die grundsätzlichen Forderungen an ein Bauwerk ausgesprochen zeitlos – und drei an der Zahl, bei denen Bernhard Winking dem Baumeister Caesars und Augustus’ folgt, Vitruv: „Ökonomisch, dauerhaft und schön“ sei das Aedificium. Neu sei viertens: „sozial – auch im Verhältnis zu dem, was drum herum steht“. Nun wird in Würzburg – auch und gerade in den Beiträgen dieses Hefts – das Prinzip der „Maßstäblichkeit“ hochgehalten und als einwandfreies soziales Verhalten eines Hauses seinen Mithäusern gegenüber eingefordert. Bisweilen schränken Architekturkritiker ein, es KulturGut 12 | Seite

müsse die Maßstäblichkeit zumindest von Stockwerk- und Traufhöhen gewahrt bleiben. Ist das nun ein treffendes Dogma? Lassen sich auf dieser Grundlage überhaupt lebendige Kontraste gestalten?

Eine Lanze für den Freier-Bau Der Hanseat Winking holt etwas aus: „Städte sind lebende Organismen, die sich weiter entwickeln. Sonst sterben sie. Für diese Weiterentwicklung muss auch etwas neu in sie hineingebaut werden können. Dabei ist Maßstäblichkeit wichtig, aber es gibt keine Prinzipien, auch nicht für die Anwendung des Kriteriums Maßstäblichkeit.“ Bum, da fiel die Mauer um. Prof. Bernhard Winking meint, es müsse von Fall zu Fall untersucht werden, inwieweit Maßstäblichkeit beim Bauen in historischem Umfeld einzuhalten sei oder nicht – mit offenem Ergebnis: „Es können sich Gründe dafür finden, dass beispielsweise die Traufhöhe eines Neubaus eine andere sein darf als die der Umgebung.“ Der künftige Freier-Bau mit der Einfahrt in die Tiefgarage Oberer Markt ist für Winking ein gutes Beispiel, wie ein Bau über die Traufhöhen der Nachbarhäuser hinaus gebaut werden darf. Das Büro Winking-Froh Architekten geht vor Entscheidungen dieser Art „in der Geschichte zurück. Wir studieren alle Vorgängergebäude an einem betreffenden Ort, und gewinnen damit einen festen Standpunkt. Von dem aus können wir in die Zukunft bauen. So entsteht etwas Neues.“ Außerdem ist es für die Bauingenieure am Brooktorkai eine gängige Methode, mit Panorama- und Luftaufnahmen zu arbeiten.

Der Kirchturm als Qualitätsmaßstab Dem Begriff der Maßstäblichkeit ordnet der Hamburger Architekt den der Proportion über. Wo erstere verlassen, wo mit Kontrasten gearbeitet werde, gleichviel ob mit historischen Materialien oder Beton – immer müsse die Proportion zwischen Altem und Neuem „verträglich“ oder „vernünftig“ sein. Weniger starr als der Grundsatz der Maßstäblichkeit, lässt die Proportion Spannung zu – und Spannung ist eine wesentliche Bedingung von Harmonie, ja von Schönheit. Verhindern die Würzburger Stadt-

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bildbewahrer nicht geradezu eine Entwicklung hin zu wahrer Schönheit? Für Bernhard Winking tun sie’s nicht. Er sieht auch bei der waltenden Würzburger Baupolitik „Gegensätze durchaus möglich, nur brauchen sie eine klare Begründung und eine hohe Qualität in der Durchführung“. Einen Maßstab dafür sieht er in dem vorhandenen Stadtbild, in dem vor allem die Kirchen mit ihren Türmen, aber auch wiederaufgebaute Paläste starke Dominanten setzen: „Die stechen heraus. Wenn ein heutiger Bauherr mit einem neuartigen Dach in der Würzburger Altstadt herausstechen will, dann muss er vor der Qualitätsmesslatte dieser historischen Bauten bestehen können.“ KulturGut 12 | Seite

Die Bausünde als schlecht gemachter Fremdkörper Auch dann, wenn ein Fremdkörper ins Weichbild der Stadt gepflanzt wird? In Würzburg gilt das Wort „Fremdkörper“ sofort als stichhaltiges Argument und wird als so genannte Bausünde moralisch gern diskreditiert – anstatt zu differenzieren und sich mit dem - zunächst Fremden vertraut zu machen. Bernhard Winking sieht dabei auch seine Branche in der Bringschuld: „Architekten sollten der Bevölkerung immer erklären, was bei einem fremd anmutenden Projekt passiert.

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Wir können die Gegenwartsarchitektur nicht so schnell klassifizieren, wie wir historische Bauwerke ihren jeweiligen Epochen zuordnen konnten. So kann es sein, dass ein Maßstabsbruch unter Umständen etwas Vernünftiges ist, von dem die Mitbewohnenden schon nach einiger Zeit sagen: Es ist doch schön.“ Und er erinnert an die schnell aufeinander folgenden Baustile Barock, gefolgt, ja überlappt vom überschwänglichen Rokoko und als Mode bald abgelöst von den schlichten Formen des Klassizismus. Die lässt der Würzburger heute auch gern nebeneinander stehen.

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Moderne Bauten sind Denkmale von morgen Bayerns höchster Denkmalschützer E. J. Greipl über Würzburg Interview: Michaela Schneider / Fotos: Benjamin Brückner, BLfD

+ Für Investoren ist sie oft ein Schreckgespenst, für historisches Stadterbe dagegen ein Muss: die Denkmalpflege. Prof. Egon Johannes Greipl, Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, über Würzburg und seine Baudenkmäler. Die aktuelle Liste der Baudenkmäler in Würzburg umfasst 802 Bauund 107 Bodendenkmäler. Ist das viel? Würzburg hat mit rund 135.000 Einwohnern etwa 800 Baudenkmäler, Augsburg hat 270.000 Einwohner und etwa 1400 Baudenkmäler, Aschaffenburg hat rund 70.000 Einwohner und etwa 440 Baudenkmäler. Der Vergleich spricht für sich, das gilt auch für die stark kriegszerstörten Städte.

Heute noch? Und ganz entscheidend: Der Wiederaufbau wurde so behutsam und mit so viel Rücksicht auf den historisch gewachsenen Charakter der Altstadt betrieben, dass im Wesentlichen die alten Sichtbeziehungen zwischen Großbauten und die Wirkung der städtebaulichen Akzente, der mittelalterlichen Gassen und der barocken Promenaden, bewahrt sind. Kurzum: Das Ensemble in Würzburg ist auch ein Ensemble des Wiederaufbaus.

„Nach dem Krieg wurden Bautraditionen fortgeschrieben.“

Auch die Würzburger Altstadt als Ensemble steht auf der Liste. Warum? Würzburg als Bischofs- und Residenzstadt ist hier der entscheidende Hinweis! Wichtig ist die alte Hauptachse, die alte Marktstraße zwischen dem Dom und dem Grafeneckart zur Brücke hin. Sie ist das Bindeglied zwischen den beiden Teilen der Stadt, die sich aufgrund ihrer geografischen Lage zweipolig entwickelt hat. Der engere ältere Mauerring lässt sich im Stadtgefüge heute noch genauso ablesen wie das ehemalige jüdische Viertel am Marktplatz. Der Altort beherbergt eine große Zahl von bedeutenden und hochbedeutenden historischen Bauten vor allem auch des Barock, die zum großen Teil in konkreten städtebaulichen Beziehungen zueinander stehen.

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Stammen deshalb so viele Denkmäler aus der Nachkriegszeit? Gerade wegen der tiefgehenden Zerstörung ist die Altstadt von einer großen Menge jüngerer Bauten mitbestimmt. Vor allem die Bauten, die für das Stadtbild als identitätsgebend und daher als unverzichtbar erachtet wurden, wurden in alter Gestalt wiederhergestellt bzw. rekonstruiert. Viele Wohnbauten wurden auf den noch tragfähigen Gebäuderesten wiederaufgebaut. Bisherige Bautraditionen wurden dabei gewissermaßen fortgeschrieben. Waren Innovationen dabei gar nicht wesentlich? In den Hauptgeschäftsstraßen und bei Verwaltungsbauten setzen sich moderne Technik und Formensprache durch. Sie prägen Würzburg im Sinne der Nachkriegsmoderne. Darunter sind ganz herausragende Bauten wie etwa das Mozartgymnasium und die Regierung von Unter-

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franken. Diese Baudenkmäler sind wichtige Zeugnisse für den Wiederaufbau der Stadt. Wie steht es um die marode Bausubstanz aus den 1950er Jahren in Würzburg: Stehen lassen oder abreißen? Unsere erste Frage ist: Besitzt das Gebäude wegen seiner künstlerischen, wissenschaftlichen, geschichtlichen, sozialgeschichtlichen oder städtebaulichen Bedeutung Denkmaleigenschaft? Ist es Bestandteil eines geschützten Ensembles? Wenn ja, dann müssen die Vorgabe und das Ziel sein: nutzen, instandsetzen und erhalten. So will es mit gutem Grund das Denkmalschutzgesetz. Unser Gesetz gilt für alle Denkmäler, egal aus welcher Epoche sie stammen. Wieso kann dann dem Mozartgymnasium der Abriss drohen? Unser gesetzlicher Auftrag heißt: Anwalt für das Denkmal sein. Die Mozartschule ist auf der Grundlage des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes in die Bayerische Denkmalliste eingetragen. Die Position des Landesamtes für Denkmalpflege ist ganz eindeutig: Wir fordern einen vollständigen Erhalt der Mozartschule. Aber wie verbindlich ist diese Forderung? Auch hier gibt uns der Gesetzgeber den entscheidenden Hinweis. Es kommt zu einem Verfahren und einem Abwägungsprozess. Herr des Verfahrens ist nicht das Landesamt für Denkmalpflege, sondern die Stadt Würzburg als Untere Denkmalschutzbehörde. Aufgabe des Landesamtes für Denkmalpflege ist es, im Abwägungsprozess die denkmalfachlichen Argumente massiv vorzutragen. Unsere Hausaufgaben haben wir erledigt. Die nachvollziehbare Abwägung und Entscheidung der Stadt Würzburg steht noch aus.

Generalkonservator, ein schöner Beruf: Bayerns oberster Denkmalschützer. KulturGut 12 | Seite

„Wir sind Anwalt für das Denkmal, und deshalb gilt auch bei modernen Gebäuden in Denkmalbereichen: modern ja, aber im Respekt vor dem, was da ist.“ 20 | Würzburg

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Für die Dachlandschaft in der Altstadt ist ein fränkischer Neigungswinkel vorgeschrieben. Sind solche Regelungen noch zeitgemäß? Bei einfachen Neubauten ist die Beachtung der Grundformen der bereits vorhandenen Gebäude unerlässlich. Die Kommunen haben es im Rahmen ihrer Selbstverwaltung in der Hand, hier bei Bebauungsplänen oder Gestaltungssatzungen Vorgaben zu liefern. Es ist sehr zeitgemäß, wenn Kommunen hiervon Gebrauch machen. Was sich über viele Jahrzehnte bewährt hat, muss für uns heute nicht von Schaden sein.


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Lässt Denkmalpflege denn überhaupt moderne Gebäude zu? Selbstverständlich – womöglich sind sie die Denkmale von morgen! Entscheidend ist jedoch, was unsere Aufgabe ist, nämlich Anwalt für das Denkmal zu sein, und deshalb gilt auch bei modernen Gebäuden in Denkmalbereichen: modern ja, aber im Respekt vor dem, was da ist! Wie lässt sich der Denkmalbegriff in eine moderne Stadtentwicklungsplanung integrieren? Was heißt moderne Stadtentwicklung? In den 60er Jahren war eine moderne Stadtentwicklung ideologisch ausgerichtet, kurzum: Viel, viel Platz für den Autoverkehr. Für die Autos wurde viel Geschichte geopfert: Verheerende Stadtplanung im Wortsinn war das! Und heute? Heute sind die Städte stolz auf „ihre“ Denkmäler, wenn diese noch vorhanden sind. Was wir daraus lernen? Auch bei der Stadtentwicklung tragen wir eine Verantwortung für das, was frühere Generationen uns hinterlassen haben. Moderne Stadtentwicklung und Denkmalschutz lassen sich hervorragend miteinander verbinden. Man muss nur genügend Sensibilität und Ideen haben!

Aber Denkmalpflege kostet viel Geld. Auch Neubau und Erhalt kosten immer viel Geld, gleich ob Denkmal oder nicht. Aber reden wir nicht alle schon seit vielen, vielen Jahren von Nachhaltigkeit? Wenn ein Gebäude abgerissen und entsprechend entsorgt wird: dann kostet dies – wenn alle Kosten miteingerechnet werden – meist mehr als der entsprechende Bauunterhalt. Denkmäler sorgen in jeder Stadt und auf jedem Dorf für Identität. Jede Stadt möchte einzigartig sein. Dafür lohnt es sich, Geld zu investieren!

„Investoren waren stolz auf die Wertsteigerung ihrer Immobilie.“

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Häufig trauen sich Investoren an denkmalgeschützte Bauten wegen der vielen Auflagen nicht ran. Wie nehmen Sie die Angst vor dem „Schreckgespenst Denkmalpflege“? Ja, der Denkmalschutz macht Auflagen. Unser Ziel ist der Erhalt eines Denkmals und eine denkmalverträgliche Nutzung. Dieses Ziel haben wir auch mit Investoren bereits mehrfach erreicht, danach waren die Investoren stolz auf ihre Weitsicht und die Wertsteigerung ihrer Immobilie. Und wir haben uns gefreut – für das Denkmal und über den tapferen Investor.

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Scharfblick am Modell So sinnvoll sind Stadtbildkommissionen! von Prof. Christiane Thalgott

+ Gremien für Stadtgestaltung arbeiten in vielen deutschen Städten, seitdem Salzburg vor mehr als 30 Jahren besonders intensiv begann. Dabei haben die Österreicher den Vorteil, dass die dortigen kommunalen Bauverwaltungen ihre Baugenehmigungen an die Qualität der projektierten Bauten knüpfen und Genehmigungen versagen können, wenn ihnen die Planungen nicht gefallen. In Deutschland kann man zwar die Beschlüsse einer Stadtbildkommission an formulierte Qualitätskriterien binden, nicht jedoch die Baugenehmigungen. Auf dieser Grundlage unterscheiden sich die Kommissionen nach dem Grad des öffentlichen Interesses am Thema Stadtentwicklung. Wo die Bürger an allen Einzelvorhaben sehr stark Anteil nehmen, ergeben sich andere Gremien als dort, wo sie die Bauverwaltung anerkennen und jener die Entscheidungen ohne große Diskussionen überlassen. Würzburg bekam – auch aufgrund meiner Empfehlung – ähnlich wie München eine Stadtbildkommission mit öffentlichen Sitzungen und mit der Teilnahme von Stadträten. In Regensburg z. B. wird hingegen intern getagt und anschließend dem Stadtrat berichtet.

Die Qualität der Kommission Wichtig ist, dass eine Stadtbildkommission für die Bauherren klar strukturiert und durchschaubar ist. Und die Verwaltung sollte größere Wohnbauprojekte, gewerbliche sowie städtische und staatliche Vorhaben anmelden, aber auch kleinere Projekte oder sogar Einfamilienhäuser, wenn diese z. B. am Mainufer für die Gestalt der Stadt bedeutend sind. Es geht immer um Bauten oder Umbauten, die für das städtische Umfeld wichtig sind. Es geht um typologische Entscheidungen – und die haben nicht immer mit der schieren Größe zu tun. Zudem muss die Stadtspitze das Thema ernst nehmen, egal ob die Kommission hinter verschlossenen Türen oder auf einem Forum zusammentritt: Überall, wo Oberbürgermeister und Referenten eindeutig hinter den Architekturkommissionen stehen, können diese mit Erfolg arbeiten. Die hohe Zahl von StadträtInnen in der Würzburger Kommission hat einen guten Grund: Wenn Stadträte teilnehmen, dann sollten alle Parteien vertreten sind, denn die Räte tragen die Diskussion nach innen in die Fraktionen und Gremien. Das leisten sie intensiv, begeistert und mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Hier kann die Verwaltung gar nicht so informieren und einwirken. Wenn Architekten ihre Pläne der Kommission vorstellen, sind sie inzwischen deutlich besser vorbereitet als zu den ersten Sitzungen Ende 2009 / Anfang 2010. Manche besuchen die Präsentationen auch, weil sie im Folgemonat selbst ein Bauvorhaben zu vertreten haben, und stellen sich auf das Niveau des Gremiums ein. Schließlich erscheinen immer wieder mal Architekten ohne konkreten Anlass und nutzen das offene Forum als Fortbildung. Und auch ihre Auftraggeber begreifen, dass eine gute Vorbereitung wichtig ist. Bauherren fürchten naturgemäß jede Zeitverzögerung, denn die ist teuer. Andererseits kann eine aufwändigere Präsentation mit Modell, das auch die Umgebung zeigt, zu schnellerer Akzeptanz des Vorhabens führen. Das gilt auch für die Laien-Bauherren mit vergleichsweise kleinen Umbauvorhaben. GeraKulturGut 12 | Seite

de der Laie, der seine eigenen Möglichkeiten nicht so genau kennt, sieht am Modell viel leichter, worauf es bei seinem Projekt ankommt. Und es hat sich nicht nur die Form der Präsentation verbessert, sondern auch der Inhalt. In einer Stadt mit Stadtbildkommission werden Bauten wertiger. In allen Kommissionen haben die KollegInnen den Eindruck, dass Bauherren verstärkt auf ihre Architekten einwirken, dass sie höheren Qualitätsstandards folgen oder bereits erfolgreiche Architekten für ihre Projekte suchen.

Deshalb gerade jetzt Es ist kein Zufall, dass Würzburg und etliche andere Städte gerade in den letzten Jahren Stadtbildkommissionen erhielten. Diese Städte haben eine historische Bindung, die tief in die Vergangenheit hinein reicht, wurden im Zweiten Weltkrieg stark zerstört und in den 1950er Jahren teils mit schlechtem, improvisiertem Material wieder aufgebaut. Jetzt haben sie einen Sanierungsschub, der ihren Charakter stark ändern kann. In ihnen beugt sich vielfach eine typische Fünfzigerjahre-Bescheidenheit vor historischen städtebaulichen Dominanten. Dieser Gewichtung droht eine Verschiebung durch große, auffällige Neubauten der Gegenwartsarchitektur. Ob in Kassel, Hannover oder in Würzburg: Um eine Lösung zu finden, muss man in jedem Fall genau hinschauen, ob Maßstäblichkeit und Typologie gewahrt bleiben. Schließlich kann jedes neue Dach, und manchmal schon eine große Gaube den Duktus einer Dachlandschaft verändern. Die Präambel der Würzburger Kommission besagt gleich in ihrem ersten Satz, das Stadtbild „in seiner überkommenen Form“ solle ‚weiterentwickelt’ werden. Erhalten und Entwickeln ist dabei kein Widerspruch. Vielmehr muss sich auch das exzeptionell Neue in den Bestand einfügen. Es geht mit jedem Projekt um die Entwicklung der ganzen Stadt, deren Möglichkeiten nur mit Respekt vor dem Alten erkundet werden sollten.

Info: Prof. Christiane Thalgott war fünf Jahre lang in

Kassel und 15 Jahre lang in München Stadtbaurätin. Von 2003 bis 2007 präsidierte sie der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung. Diesen Schwerpunkt lehrt sie u. a. an der TU München.

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Wir bauen eine Stadtbildkommission Blick in die Statuten: Grundlagen und Verbindlichkeiten eines Gremiums von Joachim Fildhaut

+ Warum ist die Würzburger Kommission für Stadtbild und Architektur berechtigt, einem Bauherrn in dessen Pläne zu reden? Zumal wenn diese Pläne bereits vom Bauamt auf Konformität mit den Bauvorschriften geprüft wurden? Zunächst einmal: Die Kommission hat lediglich beratende Funktion. Sie erarbeitet eine Empfehlung für den Bau- und Ordnungsausschuss des Stadtrats.

Ein wesentliches Kriterium: neue Perspektiven Streng als demokratisches Procedere betrachtet, hat jeder Bauherr indirekt selbst nach der Kommission gerufen. Eingerichtet wurde sie nämlich aufgrund eines Stadtratsbeschlusses in einer Herbstsitzung des Jahres 2009. Und die Wähler haben ja die Stadträte mit der Wahrung ihrer Interessen beauftragt. Also haben die Wähler die Kommission für Stadtbild und Architektur eingesetzt. Diese Kette der Willensbekundungen erscheint natürlich recht lose gewirkt: Bürger – Stadtrat – Kommission – Ausschuss – Stadtrat – Architekt und Bauherr, bis der Neubau schließlich in meiner Nachbarschaft ausgehoben wird… Ebenso unverbindlich könnte die „Empfehlung“ aufgefasst werden, die die Kommission ausspricht. Allerdings erklärt gleich die Präambel der Kommissions-Statuten, die Empfehlungen seien zwar nicht verbindlich, aber höchst relevant, geben sie doch „weitergehende Anregungen und neue Perspektiven“ für Stadtrat und Bauherrn. Und aufgrund dieser gelte: „Die Empfehlungen der Kommission für Stadtbild und Architektur sind deswegen von großer Tragweite und ein wesentliches Kriterium für die weitere Entscheidung der Verwaltung.“ Den Empfehlungen kann also in etwa der Rang einer gut begründeten Forderung zukommen, die an die vernünftige Einsicht der Entscheider appelliert. Wer sitzt nun in der Kommission? Fünf auswärtige, freiberufliche Architekten gelten als ihr Expertenkern, auch wenn sie nicht die größte Gruppe bilden. Das sind mit acht VertreterInnen die Stadträte: Thomas Schmitt und Wolfgang Scheller (CSU), Heinrich Jüstel (SPD), KaKulturGut 12 | Seite

rin Miethaner-Vent (Grüne), Klaus Zeitler (WL), Egon Schrenk (FDP), Charlotte Schloßareck (Bürgerforum) und Josef Hofmann (FWG/ÖDP) oder einer ihrer zwei Stellvertreter.

Jeder kann mitreden lassen Für die Architekten galt von vornherein laut Statut, sie sollten nicht aus Unterfranken stammen, „zum Zeitpunkt der Mitwirkung bei einer Kommissionssitzung keine Projekte in Würzburg planen oder bauen“ und sogar keinen „Verwandten oder Verschwägerten bis zum dritten Grad“ haben, der an einem zu beurteilenden Vorhaben beteiligt ist. Vorgeschlagen wurden sie in Abstimmung mit der Bayerischen Architektenkammer und berufen wiederum vom Stadtrat, in der Sitzung am 22. Oktober 2009. Bei den Sitzungen hat jeder Stadtrat Rederecht, also nicht nur die acht Fraktionsvertreter, sondern alle 50. Über einen seiner Interessenwahrnehmer kann also auch der Mann von der Straße in die Kommission hineinwirken. Nur dürfen die Gast-Stadträte nicht mitstimmen. Stimmberechtigt hingegen sind außer den zwei genannten Gruppen noch Oberbürgermeister, Stadtbaurat, Kulturreferent, Stadtheimatpfleger, ein freischaffender Künstler und ein Vertreter des Landesamts für Denkmalpflege. Die Tagesordnungspunkte einer Sitzung werden entweder vom Bauamt vorgeschlagen, oder Bauherren bzw. ihre Architekten stellen ihr Projekt aus Eigeninitiative zur Debatte. Zudem können Kommissionsmitglieder Bauvorhaben vorschlagen. Vier Stimmen sind für einen solchen Antrag erforderlich. Tatsächlich kommen fast alle Bauvorhaben als Verwaltungsvorschlag in die Kommission. Hier haben die Mitarbeiter der Stadtbauleitplanung ein offenes Auge bereits bei Voranfragen und geben die Pläne in Richtung Kommission weiter. Und das nicht nur bei Objekten, die das historische Stadtbild tangieren. Auch abseits der Innenstadt wird darauf geachtet, wie ein Bau seine Umgebung prägt, sei es im Steinbachtal oder an der waldigen Grenze zu Höchberg. In der Altstadt hinwiederum kann auch die Gestaltung von Außenbereichen vor die Kommission geraten, zuletzt geschehen auf dem Vorlplatz des St. Burkardushauses.

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Stephan Suschke, Theaterwissenschaftsdiplom von 1987 in der Tasche, war bis zu dessen Tod 1995 enger Mitarbeiter des Utopie-Reformer Heiner Müller.

Der Schauspielmanager mit dem Müller-Siegel Nach zehn Gast-Inszenierungen: Treffen mit Würzburgs künftigem Sprechtheater-Direktor Stephan Suschke von Manfred Kunz / Fotos: Benjamin Brückner, Falk von Traubenberg

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+ Der vereinbarte Treffpunkt in Theaternähe war nicht erreichbar. Drei Demonstrationen teilten die Würzburger Innenstadt am Tag der Arbeit in getrennte Zonen. Kein Problem für Theatermann Stephan Suschke, der ab der kommenden Spielzeit neuer Schauspieldirektor am Würzburger Mainfranken Theater sein wird. Längst ist Suschke vertraut mit der Stadt, ist seit dem Sommer 2005 regelmäßig als Gastregisseur für jeweils sechs bis acht Wochen zu Besuch gewesen: Insgesamt zehn Inszenierungen für Schauspiel und Musiktheater sind seither im Haus am Kardinal-Faulhaber-Platz in seiner unverwechselbaren künstlerischen Handschrift entstanden – angefangen mit „Ödipus, Tyrann“ bis zur Verdi-Oper „Macbeth“, die im vergangenem Oktober die Spielzeit eröffnete (siehe Szenenfotos). Suschkes elfte Würzburger Inszenierung biegt gerade auf die Zielgerade der Probenarbeit ein: Shakespeares „King Lear“, mit dem sich in den Ruhestand ver-


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abschiedenden Max de Nil in der Titelrolle, ist „ein Stück mit Figuren voller Leidenschaften, die genau wissen, was sie wollen und wie sie diese Ziele erreichen. Die erschütternde Tragödie über seelischen Verwüstungen und nachlassende Körperlichkeit des Älterwerdens enthält bei aller Traurig- und Ernsthaftigkeit auch eine tragikomische Ebene, die wir in unserer Produktion sichtbar machen wollen“, fasst Suschke sein Inszenierungskonzept für Shakespeares in jeder Hinsicht gewaltigen Text zusammen.

Freie Hand für gute Arbeitsatmosphäre Zwischenzeitlich ist das Lokal in der Neubaustraße erreicht, ein Ort mit großstädtischem Flair, den der in Weimar geborene, zuletzt in Berlin beheimatete Regisseur sofort als anregend empfindet. Gerne hat er die Metropole gegen die vermeintliche Provinz getauscht, will nach zehn Jahren als freier Regisseur seine an den unterschiedlichsten Theatern gesammelten Erfahrungen einbringen in die neue Festanstellung als „Schauspielmanager“, die „natürlich auch Sicherheit für die Vertragslaufzeit von drei Jahren bringt. Geholfen hat ihm bei der Entscheidung für Würzburg die Tatsache, dass er mit Schauspieldramaturg Roland Marzinowski und der Leiterin des Jungen Theaters, Nele Neitzke, ein Team bildet, „das in guter Arbeitsatmosphäre gemeinsame Vorstellungen entwickeln und umsetzen kann“ und dabei von Intendant Hermann Schneider freie Hand erhält. „Programmatisch die Vorstellung von Theater umsetzen, die ich selbst für die künstlerisch richtige halte, kann ich nur als Schauspielchef, der letztlich die Stückauswahl gestaltet und verantwortet.“ Hier kommen auch die Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit dem Autor und Regisseur Heiner Müller ins Spiel: „Neben dem genauen – und deswegen zeitintensiven - Umgang mit Texten ist es vor allem Müllers Fähigkeit gewesen, angstfreie Räume im Theater zu schaffen, in denen frei gedacht und kreativ gearbeitet werden kann.“ Das Feuer, das bei diesen KulturGut 12 | Seite

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Worten aus den strahlenden Augen leuchtet, löscht jeden Zweifel daran, ob ihm genau das auch mit seinem Würzburger Ensemble gelingen wird.

Hehre Abo-Pläne, neue Kennlern-Formate „Natürlich wollen wir dabei mit unserem Theater auf die Stadt eingehen, den Kontakt zum Publikum, das ich bei allen Gesprächen bisher als sehr aufgeschlossen erlebt habe, suchen“, geht Suschke beim Café au Lait in die Offensive. „Mit intensivem Dialog werden wir versuchen, genau den Spagat zu meistern, alle bisherigen Besucher und Abonnenten zu behalten und zugleich neue Zuschauer hinzu zu gewinnen.“ Kontinuität und Aufbruch sind die Begriffe, die diese Aufgabe beschreiben, die in Zeiten vielfältiger gesellschaftlicher Umbrüche das konservative Element des Bewahrens mit dem behutsamen Erneuern verbinden will. „Vor allem im Bereich der Universität, unter den Studenten, aber auch im akademischen Mittelbau und bei den Professoren haben wir ein riesiges Potenzial an Publikum, das nur zum geringen Teil weiß, wie gut und gelungen viele Produktionen an diesem Haus sind.“ Offenheit, Gesprächsbereitschaft und Dialogfähigkeit sind nicht nur abstrakte Forderungen, sondern in Suschkes Person gelebte Praxis. Das Gespräch gewinnt an Tempo, die Stichworte verknüpfen sich zum intensiven Gedankenaustausch, wir überhören die Kaffeehaus-Geräusche, vergessen sogar den Fotografen.

PREMIEREN 2013/2014 ab 19. Sept. 2013 KAMMERSPIELE MITTELPUNKT: DER UNFALL – Schauspiel ab 20. Sept. 2013 GROSSES HAUS DORST: NACH JERUSALEM – Schauspiel ab 13. Okt. 2013 KAMMERSPIELE ANDERSEN: DIE SCHNEEKÖNIGIN – Puppentheater ab 18. Okt. 2013 GROSSES HAUS VERDI: RIGOLETTO – Oper ab 15. Nov. 2013 GROSSES HAUS FRAYN: DER NACKTE WAHNSINN – Schauspiel URAUFFÜHRUNG ab 27. Nov. 2013 GROSSES HAUS LÜTJE/SCHILDT: RETTET RUMPELSTILZCHEN – Weihnachtsmärchen URAUFFÜHRUNG ab 28. Nov. 2013 KAMMERSPIELE GORB: ANYA 17 – Kammeroper URAUFFÜHRUNG ab 20. Dez. 2013 GROSSES HAUS HOFFMANN/HILD/KARNATZ: E.T.A. HOFFMANN – EINE MORITAT – Ballett ab 22. Jan. 2014 FOYER STORI: DIE GROSSE ERZÄHLUNG – Schauspiel ab 24. Jan. 2014 GROSSES HAUS LEHÁR: DER ZAREWITSCH – Operette ab 13. Febr. 2014 KAMMERSPIELE GOLDONI: DER DIENER ZWEIER HERREN – Schauspiel ab 13. März 2014 KAMMERSPIELE WEINGARTNER: DIE FETTEN JAHRE SIND VORBEI – Schauspiel ab 14. März 2014 GROSSES HAUS HAUPTMANN: ROSE BERND – Schauspiel ab 4. April 2014 GROSSES HAUS STRAUSS: DER ROSENKAVALIER – Oper ab 20. April 2014 KAMMERSPIELE PREUSSLER: DIE KLEINE HEXE – Puppentheater ab 15. Mai 2014 KAMMERSPIELE PLUCIS: KARLHEINZ: GANZ OHNE WEIBER GEHT DIE CHOSE NICHT – Ballett ab 16. Mai 2014 GROSSES HAUS SHAKESPEARE: KÖNIG LEAR – Schauspiel ab 12. Juni 2014 KAMMERSPIELE BÜCHNER: WOYZECK – Schauspiel ab 20. Juni 2014 GROSSES HAUS PUCCINI: GIANNI SCHICCHI – Oper LEONCAVALLO: DER BAJAZZO – Oper ab 11. Juli 2014 GROSSES HAUS RUSSELL: BLUTSBRÜDER – Musical

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Übersetzt in den Theateralltag meint diese Offenheit zwei neue Veranstaltungsformen: Im Format „Tonspur meines Lebens“ stellen Theaterleute ihre Lieblingsmusik und sich selbst von ihrer privaten Seite vor, um mögliche Schwellenängste abzubauen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Dieselbe Intention verfolgt die Reihe „FreitagNacht“: Dabei öffnet sich das Theater einmal im Monat in Räumen, die sonst nicht bespielt werden, und zeigt dort Solo-Programme, Lesungen und andere kleine Überraschungen. Neu etabliert wird auch eine Vortragsreihe zum Spielzeitmotto „Von Geld und Götzen“, die das Thema von Würzburger Wissenschaftlern verschiedener Fakultäten in den unterschiedlichsten Facetten nochmal durchdekliniert. Und auch das zwölfköpfige Schauspiel-Ensemble, darunter „sieben tolle Neuzugänge aus einem qualitativ hochklassigen Angebot“, wird sich ausführlich vorstellen und stärker in der Stadt präsent sein. Bereits in Shakespeares „König Lear“ ist mit der Mozarteum-Abgängerin Theresa Palfi in der Rolle der Cordelia vom 1. Juni an ein erster Neuzugang auf der Würzburger Bühne zu erleben.

„Auf keinen Fall langweilig“ Für den künstlerischen Aufbruch steht auch eine Reihe neuer Regisseure, wobei „wir auch hier bewusst auf eine Mischung aus Nachwuchs und Erfahrung setzen“. Zu letzteren zählt beispielsweise Malte Kreutzfeld, der zur Zeit am Staatstheater Darmstadt das Gesamtwerk des Dramatikers Georg Büchner inszeniert und am Mainfranken Theater in der kommenden Spielzeit John von Düffels Bühnenfassung von Thomas Manns Roman „Die Buddenbrooks“ (Premiere 18. Januar 2014) herausbringen wird. Womit sich das Gespräch in Richtung der ewig diskutierten Frage „Mehr klassische Stücke oder mehr Experimente?“ bewegt. Viel lieber als in Alt-Neu-Schubladen denkt Suschke in inhaltlichen Schwerpunkten: So ist „Von Geld und Götzen“ nicht nur das Ausschreibungsthema für den diesjährigen Wettbewerb um den Würzburger Leonhard-Frank-Preis für junge Dramatik gewesen, sondern auch das thematische Leit-Motto der Spielzeit 2013/2014. Eingefügt sind da sowohl bekannte Klassiker wie etwa Molières „Der Geizige“ und Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig“, aber auch eine Neuentwicklung wie das Boxerstück mit dem Arbeitstitel „K.O. nach zwölf Runden“, das Lothar Trolle eigens für das Mainfranken Theater schreibt. „Auf keinen Fall darf es langweilig werden“ formuliert er seine Anforderung ans Theater. „Unterhaltsam sein, sich nicht scheuen, auch populär zu werden, und dabei den Publikumsgeschmack prägen, ohne ihm hinterherzurennen“ klingt aus seinem Mund wie ein ästhetisches Programm, das genau passen könnte für eine Stadt und Region wie Würzburg.

Spielorte für die selbstbewusste Stadtgesellschaft Ob dafür der von der Würzburger Nachkriegs-Bürgerschaft errichtete, in die Jahre gekommene Bau am Faulhaber-Platz ausreicht, oder es, wie von der Theaterleitung gewünscht, eine weitere Spielstätte mittlerer Größe, vorzugsweise in der als Übergangsspielstätte während der Generalsanierung genutzten Frankenhalle braucht, ist eine seit Jahren politisch kontrovers diskutierte Frage. Suschke bedauert die oftmals unsachlichen Diskussionsbeiträge, die losgelöst von den praktischen Erfordernissen eines in seinen internen Abläufen überaus komplexen Theaterbetriebs auf polemische Zuspitzung setzen. So wie vor gut 50 Jahren die Bürger für ihr neues Haus kämpften, sollten wir heute die Frage stellen: „Welche Spielorte braucht ein Theater für die nächKulturGut 12 | Seite

sten 50 Jahre und welche praktikablen Lösungen findet eine selbstbewusste Stadtgesellschaft dafür?“ Dass sich die Bürger für ihr Theater engagieren, beweist für Suschke nicht nur die riesige Resonanz auf die Einladung zu einem „Bürgerchor“ bei verschiedenen Antike-Produktionen. Selbstverständlich wird der einst von Bernhard Stengele mitinitiierte Chor auch in weitere Inszenierungen eingebunden – und wie im antiken Theater als Multiplikator und andere Form von bürgerlicher Öffentlichkeit betrachtet. „Aber keine Angst, wie werden bei unserer Öffentlichkeitsarbeit auch auf die neuen, elektronischen Medien nicht verzichten“,

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Menagerie

Tierschau aus der SammlungWürth

lächelt Suschke. „Wir wollen alle erreichen und jeden aus dem Publikum mitnehmen.“ Sich dabei vom Alltag nicht auffressen zu lassen, die auch im Theater immer knapper werdende Ressource „Zeit“ effektiv zu nutzen und sich die Neugier auf und Offenheit für Unbekanntes zu bewahren – das sieht er als Anforderung an sich selbst und die Würzburger Zuschauer. Und dreht sich beim Hinausgehen nochmal um, um sich zu bedanken für den neuen Ort, den er eben kennen gelernt hat.

Kunsthalle Würth 17. 6.2013–11. 5. 2014 Täglich 11–18 Uhr


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Cyrano de Bergerac

Casablanca

Anna Vita schuf ein Ballett zur Geschichte vom Liebesbriefschreiber mit der langen Nase. Für die Umsetzung ihrer kühnen Idee, ein dezidiert verbales Sprachkunstwerk rein körpersprachlich zu deuten, besitzt die Choreografin das passende Handwerkszeug in Form des Erzählballetts (Foto: Lioba Schön-eck). Sie stellt die Poesie und die Komik des romantischen Versepos‘ in den Vordergrund für rauschende Massenszenen und kraftvolle Einzeldarbietungen. Das Philharmonische Orchester spielt dazu Mozart-Kompositionen. Am 23. Juni und am 7. Juli finden um 15 Uhr Nachmittagsvorstellungen statt. | www.theaterwuerzburg.de

Regisseur Andreas Büettner spielt Bogart, Bergmann und Dooley Wilson alias Sam mittlerweile ganz alleine: als einziger Schauspieler seiner Kultfilm-TheaterPlayback-Parodie besetzt er im Wechsel fünf Stühle und neun Rollen, wozu er nach offiziellen Angaben 763 Rollenwechsel absolviert (es können aber auch 782 sein). Mit Hüten, Perücken und dem OriginalFilmton heißt es an vier Sonntagen und den meisten Montagen und Dienstagen im Efeuhof: Film ab! | www.theater-ensemble.net

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5. Juli bis 10. August, 20 Uhr, Theater Chambinzky

5. Juni bis 14. Juli, 19.30 Uhr, Mainfranken Theater

Wahn und Wirklichkeit. Shakespeares „König Lear“ 22. Juni, 10 Uhr, Akademie für Palliativmedizin

Der Regisseur der aktuellen Shakespeare-Produktion am Mainfranken Theater, Stephan Suschke, spricht mit einem Fachmann, der die Figur des greisen Regenten gut versteht: Prof. Gerald Stöber, Leitender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums. Der alte König liefert aber auch eine psychopathologische Steilvorlage, um deren klinische Reinheit ihn manch jüngerer beneiden dürfte: Unwillentlich selbstverschuldet treibt Lear sich selbst in eine immer größere Isolation, zu der freilich die anderen Menschen ihn zu zwingen scheinen. Anmeldung info@domschule-wuerzburg.de, Telefon 0931 38664500. | www.domschule-wuerzburg.de

30. Juni bis 9. September, 20 Uhr, Sommerbühne im Efeuhof

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Pension Schöller

„Hinfe, Hinfe, mir ist eine Fniege in den Hans gefnogen!“ Ist diese „Pension“ verwüstlich? Wohl kaum. Gwendolyn von Ambesser inszeniert den 123-jährigen heillosen Unfug, bei dem Figuren miteinander verwechselt werden und Türen auf und zu gehen (Foto einer Osnabrücker Inszenierung). Da kann man fast nur sagen: „Wenn ich ein Künstner werde, dann sind Sie schund!“ | www.chambinzky.com ++++++++++++++++++++++++

Die Marquise von O…

11. Juli, 17 Uhr, Mainfranken Theater Die Schauspielerin Theresa Motsch liebt die dichte und vorwärts drängende Sprache unserer besten Klassiker. So spielt sie den Originaltext von Kleists Novelle über die schlafend geschwängerte Adlige. Und zwar übernimmt Motsch eine Rolle als Putzfrau, als sehr diesseitige, die die Geschichte der O. erzählt KulturGut 12 | Seite

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– in Kleistscher Diktion. Regie führte Nele Neitzke, Leiterin des Jungen Theaters an der hiesigen Bühne. Die einstündige Produktion, sonst hauptsächlich an Schulen unterwegs, ist im Oberen Foyer zu erleben. | www.theaterwuerzburg.de ++++++++++++++++++++++++

Bockshorn-Festival

17. bis 20. Juli, 20.15 Uhr, Spitalgarten Aub Genaugenommen dauert das Open Air bis zum 21. Juli, also einen Tag länger als angegeben. Aber der Michl Müller war vor Erscheinen des Programms schon ausverkauft (nötigenfalls jetzt reservieren: Müller am 7. Januar 2014 im CCW). Dafür soll es noch Karten für die Eröffnung des verlängerten Kabarett-Wochenendes mit der Show „Wie im Film“ geben. Die spielt Urban Priol solo. Fans des schnellzüngigen strubbligen Aschebergers besorgen sich ihre Karten bald, da der Chef der ZDF-„Anstalt“ nicht wesentlich unbeliebter als Kollege Müller ist. Noch ist eine gute Gelegenheit, ihn live zu sehen. Es folgen zwei Musikabende – der erste mit Soneros de Verdad (eine Combo mit kubanischen Spitzenmusikern, die sich selbst als zweite Generation des Buena Vista verstehen), der zweite mit der Blassportgruppe (ein gut geerdetes Happening aus internationaler Schlagermusik, Rock’n’Soul-Gebläse und Trainingsanzugperformance). Der Samstag gehört dem musikalischen Ex-Pädagogen Hans Klaffl mit seinem Lebensrückblick „40 Jahre Ferien. Ein Lehrer packt ein“. Die geschickt miteinander verbundenen Groteskerien aus dem pädagogischen Alltag leben stark von der Einbeziehung des Publikums – und bekanntlich rekrutiert sich das Kabarettpublikum zu über 80 Prozent aus Studienräten. Von Würzburg aus fährt täglich 18 Uhr ein Aub-Shuttle-Bus ab Kulturspeicher, in dem die veranstaltende Kabarettbühne residiert. | www.bockshorn.de


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Der Glöckner vom Käppele

Der Diener zweier Herren

Lohengrin

Er ist eine Sie: Glöcknerin spielt die Würzburger Chansonistin und Kabarettistin Heike Mix. Da kann das Publikum froh sein, dass die Rolle der schönen Esmeralda doch auch mit einer Frau besetzt ist, mit Birgit Süß, die mit Mix auf anderen Bühnen als Duo auftritt. Frei hüpfend nimmt sich die Story einiger Eckdaten der Würzburger Stadtentwicklung an. Beispiel Kirchenbau: Einer wie Residenzarchitekt Balthasar Neumann möchte natürlich auch einmal einen gescheiten Dom errichten. Irgendwie wird aber nur ein Käppele draus. Wo Neumann-Darsteller Florian Hoffmann in diesem dreisten Stück unterfränkischer Geschichtsklitterung loslegt, ist Georg Koeniger (ansonsten zweites Drittel der Truppe TBC) nicht weit und u. a. als Hochkleriker zugange. | www.theater-am-schützenhof.de

Goldonis Dauerbrenner (seit 267 Jahren) gibt Anlass zu Slapstick (ursprgl. Commedia Dell’Arte genannt), Travestie und lustigen Dialektspielereien (Foto nach einer Inszenierung am Mainfranken Theater). Die Story ist wirr, aber leichtverständlich: Ein falscher Mordverdacht und die freiwillige Übernahme einer Doppelexistenz amalgamieren aufs Wirrnisstiftendste. Die venezianischen Schauplätze sind zwar großteils Innenräume, dennoch sehr gut für den Spielort unter freiem Sommerhimmel geeignet. | www.theater-ensemble.net

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„Bringt Champagner!“ Mit dieser Aufforderung endet der zweite Tschechow-Einakter, der an diesem Abend gegeben wird. Wobei sich schon der erste gut als Screwball-Comedy inszenieren und damit die bekannte Wirkung des genannten Getränks prickeln lassen kann. Spannend ist außer der Handlung auch jeweils, wo die männlichen Hauptdarsteller die Lautstärkegrenze ziehen, bis zu welcher sie ihren Stimmorganen tobenden Freilauf gewähren. Im „Heiratsantrag“ darf sogar die Dame des Hauses mitbrüllen… | www.theaterwuerzburg.de

Kurt Josef Schildknecht kehrt zurück. Vor zweieinhalb Jahren gastierte der Regisseur am Mainfranken Theater und inszenierte hier Richard Wagners Oper „Parzival“ auf ausgesprochen zurückhaltende Weise. Konservative Wagnerianer (und wer wäre das nicht?) konnten sich an der Werktreue ergötzen. Inzwischen hat der 69-jährige Theatermann Schildknecht sein Leben aufgeräumt, zog auf einen Kärntner Bauernhof, weg von Saarbrücken, wo er 15 Jahre lang das Staatstheater geleitet hatte. Nun nimmt er sich der ersten Oper der neuen Spielzeit am Kardinal-Faulhaber-Platz an, und das ist insofern folgerichtig, als Gralsritter Lohengrin der Sohn des oben genannten Parzival ist. Das musikalische Spiel mit ihm als Titelhelden machte 1850 Revolution, nämlich Wagner erstmals Ernst mit seiner Idee vom Musiktheater als einheitlich in sich strukturiertem Kunstwerk, und Schluss mit der Oper als loser Folge von Arien, Rezitativen Zwischenspielen und Balletten. Auch seine Technik des Leitmotivs (wichtigen Figuren wird eine Erkennungsmelodie zugeordnet) führte Wagner im „Lohengrin“ ein. 2011 sorgte Schildknechts „Parzival“-Regie dafür, dass die Sänger technisch-praktische Stellungen auf der Bühne beziehen und so textverständlich wie möglich über die Rampe singen konnten. Auch wenn das diesmal wieder klappt: Neowagnerianer sollten sich dennoch vorab ein wenig in die Materie einarbeiten, damit sie dem in den Nachmittag hinein verlängerten Musikabend aufmerksam mit Genuss und Verstand folgen können. | www.theaterwuerzburg.de

17. Juli bis 17. August, 20.30 Uhr, Schützenhof

Don Giovanni

25. Juli bis 4. August, 20 Uhr, Schloss Weikersheim Lassen wir die Leidenschaft in den Händen derer, die wirklich etwas davon verstehen – in den Händen der Jugend, in diesem Fall der Jeunesses Musicales. Der internationale Workshop ruft Musikkünstler kurz vor oder nach ihrem Examen zusammen, also im durchtrainiertesten Stande. Zudem richten sich Regiearbeiten ziemlich geschickt an den Unterhaltungsbedürfnissen eines Nachwuchspublikums aus, ohne sich dabei etwas zu vergeben. Meist geht es ausgesprochen farbenfroh zu, wobei die Ausstattung gern auf die Lebenswelt der Jungen Bezug nimmt. | www.weikersheim.de

31. Juli bis 7. September, 20 Uhr, Sommerbühne im Efeuhof

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Der Bär & Der Heiratsantrag 15. September, 20 Uhr, Mainfranken Theater

29. September, 17 Uhr, Mainfranken Theater

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Am Ton vorbei ins Herz Wer bei dem Namen Jane Birkin nicht an „Je t‘aime“ denkt, der lügt: Am 28. Juli singt sie auf dem Hafensommer von Iris Wrede / Foto: Virginie Clavières / BestImage

+ „Ich muss Sie warnen: Sie müssen komplett nackt spielen“, war der Satz, mit dem die Karriere der Jane Birkin als Ikone der sexuellen Befreiung begann. Noch bevor sie sich mit Serge Gainsbourg und „Je t‘aime“ auf den Index der Sender stöhnte, räkelte sie sich im Kultfilm „Blow up“ als Fotomodell auf der Leinwand. Eine Puppe sei sie damals gewesen, stellte Madame Birkin später fest, und dass sie das Lied niemals mochte. Weil Brigitte Bardot es damals nicht veröffentlichen wollte, sprang sie ein und wird seit damals verfolgt von dieser Entscheidung. Sie markiert den Anfang einer langen gemeinsamen Schaffens- und Liebesbeziehung zwischen Birkin und Gainsbourg. Der exzessive, lebenswütige Komponist und Sänger und die 18 Jahre jüngere Engländerin waren das Pariser Kult-Liebespaar der 1960er Jahre. Eine Symbiose, die bis heute nachwirkt. Gainsbourg, der ist ihr geblieben, selbst nach dem sie ihn verlassen hatte. Er widmete ihr sein letztes Album „Amour des feintes“. Birkin legte nach seinem Tod 1991 bei dem Abschlusskonzert ihrer Tournee das Mikrofon auf die Bühne und kündigte an, ihre musikalische Karriere zu beenden – durchgehalten hat sie diesen Vorsatz zum Glück nicht. Seitdem nimmt sie immer wieder Neuinterpretationen von Gainsbourg-Liedern auf, die durch überraschende Arrangements und Kooperationen mit Künstlerkollegen Beachtung finden. Weit entfernt von einer Nachlassverwalterin hat sie einen eigenen Weg gewählt.

I‘d never thought that song would shock ... Diese ewig kindliche Frau, die auch heute noch so zart und zerbrechlich erscheint, hat sich konsequent weiterentwickelt. Über 70 Filme, eigene Texte und Stücke sind Zeugnisse einer unbändigen kreativen Kraft, die sich nicht scheut, die konventionellen Grenzen zu überschreiten. Bis heute streitet sie ab, mit den Skandalen gerechnet zu haben, die sie auslöste. Das bringt sie mit der gleichen Selbstverstänlichkeit vor, mit der sie leugnet, sich auch nur einen Deut darum zu kümern, dass sie eine Stil-Ikone ist. Birkin, die den Models zeigt, was Lässigkeit ist – so charaktarisierte es die Vogue –, wirkt wie eine, die niemals länger als fünf Minuten im Bad braucht, um sensationell auszusehen. Wenn sie aus ihren Chucks die Schuhbänder zieht, weil eins gerissen ist, wird es wenig später in ganz Paris kopiert. Wenn KulturGut 12 | Seite

sie ihren Kram in einen Weidenkorb packt, weil sie keine Tasche findet, rennt bald darauf jedes weibliche Wesen wie Rotkäppchen mit Henkelkörbchen in der Hand durch die schicken Viertel. Die Stadt, in der das stattfindet, ist ihr seit ca 40 Jahren Heimat – Jane Birkin lebt in Saint-Germain-des-Prés, dem Lieblingsviertel der Pariser Intellektuellen. Frei von Versuchen, die Falten glattzuziehen, langweilt sie ihr Publikum nicht mit irgendwelchem „Stolz auf jedes Zeichen von Lebenserfahrung“-Blabla, sondern erklärt, es sei einfach inzwischen zu spät für ein Lifting, man müsse sich eben mit dem durchschlagen, was man habe. Das hört sich pragmatisch uneitel an, ist es aber nicht, denn dahinter steht das klare Statement: Nehmt mich wie ich bin oder lasst es. Und wenn ihr mir dabei folgt, ist es eure Sache.

Älter werden ist nicht super! Voilà. Von Anfang an hat sich Jane Birkin politisch engagiert, ging gegen die Todesstrafe auf die Straße, obwohl Gainsbourg damit alles andere als einverstanden war und obwohl die Bürger von Paris die Demonstrierenden damals von ihren Balkons aus mit Unrat bewarfen. Sie besuchte Frauen während des Krieges in Sarajewo, engagiert sich für Birma und gegen die Abschiebung der Roma. Auch ihre aktuelle Tournee „Via Japan“ begann mit dem Gedanken an die Opfer von Fukushima. Die Künstlerin hängt ihr Engagement für die Menschenrechte nicht hoch. Keine PR, keine schicken Fotos. Sie ist einfach da, weil sie meint, es sollte so sein. Und so steht Madame Birkin auch vor dem Publikum. Mit dieser charmanten Nachlässigkeit, die es unwichtig macht, ob sie an der ein oder anderen Note elegant vorbeischlenzt. Im Gegenteil, man kann es den Inbegriff von „laissez-faire“ und sehr authentisch nennen. Singen und Fühlen sind eins bei diesen Chansons, die nicht nur live faszinierend wirken, wie man es bei den leichten „Unsauberkeiten“ erwarten würde, sondern auch auf der aktuellen CD. Die virtuosen Musiker aus Japan, die sie begleiten, liefern die perfekte Bodenhaftung für diesen ganz eigenen Tonfall, der sich anfühlt wie ein lauer Sommertag in einem Pariser Café. Kleine, oft nachdenkliche Texte zu den Stücken, charmant und mit einem fast schüchternen Lächeln vorgetragen,

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knüpfen schnell ein intimes Band zum Publikum. Man merkt es Jane Birkin nicht an, dass sie sich in den vergangenen Monaten gefühlt hat „wie eine Waschmaschine, deren Garantie abgelaufen ist“ – nach schwerer Krankheit musste sie die Tournee und auch den geplanten Auftritt auf dem Hafensommer im letzten Jahr absagen. Inzwischen hat sie sich erholt. Dass sie nun gesund zurück ist, ist ein Geschenk, das man wahrnehmen sollte. KulturGut 12 | Seite

INFo: Jane Birkin sings Serge Gainsbourg „Via Japan” Doppelkonzert 28. Juli Würzburger Hafensommer Jane Birkin 21.15 Uhr / Support: Anna Aaron 20 Uhr | www.hafensommer-wuerzburg.de

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Talente gesucht Alle Musikausbilder sollten bei der Begabtenförderung zusammenarbeiten von Muchtar Al Ghusain / Fotos: Joachim Fildhaut

+ Ob in Deutschland ein Kind ein Musikinstrument erlernt, liegt über­ wiegend in der Verantwortung seiner Eltern. An öffentlichen wie privaten Musikschulen sowie in Vereinen und Kirchen wird gegen Zahlung eines Schulgeldes jene Kompetenz vermittelt, die die allge­ meinbildenden Schulen in die Lage versetzt, Orchester zu bilden und Schulaufführungen zu gestalten. Stellen wir uns nun einmal vor, nie­ mand würde das freiwillige, überwiegend privat finanzierte Angebot der Musikschulen ergreifen. Die allgemeinbildenden Schulen wären um vieles ärmer. Daher bin ich der Auffassung, dass auch der Instru­ mentalunterricht zur allgemeinbildenden Schule dazugehören sollte. Wissenschaftliche Belege für die positiven „Nebeneffekte“ des Musi­ zierens gibt es mittlerweile ausreichende. Diese musikalische Grund­ ausbildung sollte also unabhängig sein vom besonderen Engagement der Eltern und einfach zur Schule dazu gehören. Da dies bei uns aber nicht der Fall ist, war die Erfolgsgeschichte der Musikschulen in den letzten Jahrzehnten die „Misserfolgsgeschichte“ an den allgemeinbil­ denden Schulen. Diese Rollenverteilung hat sich in letzter Zeit verändert. Die allgemein­ bildenden Schulen haben zunehmend erkannt, dass sie mit Musik­ schwerpunkten zur eigenen Profilierung beitragen können. Diese Profilierung der Schulen in Verbindung mit ihrer Entwicklung zu Ganz­ tagseinrichtungen, die Schule zu einem Lebensraum bis in den späten Nachmittag hinein werden lässt, stellt aber die Frage nach dem zukünf­ tigen Platz der Musikschulen in unserer Gesellschaft neu. Schon heute haben deren Lehrkräfte immer größere Probleme, ihren Stundenplan so zu organisieren, dass sie allen Schülern – deren „Frei“­Zeit immer knapper wird – gerecht werden können. Oft müssen schon Stunden in den Abend oder auf das Wochenende verlegt werden.

Prof. Conrad von der Goltz an der Hochschule für Musik. Zugleich gibt es das Matthias­Grünewald­Gymnasium mit musischem Zweig und kostenlosem Instrumentalunterricht sowie seit kurzem sogar einen Studienzweig für musikalisch Hochbegabte. Beide Institutionen agie­ ren aber weitgehend autonom, und die Sing­ und Musikschule Würz­ burg bleibt hier weitgehend außen vor. Wünschenswert erschiene mir für Würzburg ein Netzwerk aus Hochschule, Schulen und Musikschu­ le, um die Talente unserer Region zu entdecken und auf ihrem Weg zu begleiten – ohne die Breitenförderung zu vernachlässigen. Bedauerlich bleibt, dass die staatliche Seite bundesweit kein wirk­ liches Konzept erkennen lässt, wie der professionelle Nachwuchs vor dem Studium optimal qualifiziert werden kann. Das Abitur allein schafft eben keine Hochschulreife für ein Musikstudium! Familien

Die Zukunft der Sing- und Musikschule Es besteht daher meines Erachtens die Gefahr, dass Musikschulen stärker an den Rand der Bildungslandschaft gedrängt werden. Sofern die musikalische Ausbildung der Kinder und Jugendlichen auch wei­ terhin stattfinden würde, nur eben jetzt staatlich getragen und im Rah­ men der Regelschule, wäre das sogar zu begrüßen. Die Musikschulen könnten sich auf die Förderung der besonders motivierten und talen­ tierten Schüler konzentrieren. Die Entwicklung der letzten Jahre ging jedoch in eine andere Richtung: Die Musikschulen haben ihre vorschu­ lische und elementare Ausbildung ausgebaut. Dies hat zu insgesamt steigenden Schülerzahlen geführt. Aufgrund der oben skizzierten Ent­ wicklung wird nun aber dieser Bereich zunehmend von den Schulen und Kindergärten übernommen, ohne dass die Begabtenförderung, die keine andere Bildungseinrichtung leisten kann, in den Musikschu­ len den entsprechenden Platz hat. Es ist bezeichnend, dass die Hochschulen ihre eigene Nachwuchsar­ beit forcieren, da „von unten“ nicht genug Qualität nachwächst. Insti­ tute für Hochbegabte bilden heute die jungen Künstler, die dann naht­ los in ein Vollstudium wechseln. Während die Sing­ und Musikschule Würzburg nie die Gelegenheit bekam, Begabtenförderung in größe­ rem Umfang zu betreiben, gab es schon lange die Frühförderung von KulturGut 12 | Seite

Regenbogenchor und Baritonhornisten beim Weihnachtskonzert der Würzburger Sing- und Mu

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müssen viel Zeit, Energie und Tausende von Euro investieren, bevor ein staatlich finanziertes Musikstudium möglich wird. Dies ist auch der wahre Grund dafür, warum an Deutschlands Musikhochschulen die Quote der ausländischen Studierenden so hoch ist. Nicht unsere Weltoffenheit ist die Ursache, sondern die mangelnde Konkurrenzfähigkeit des deutschen Systems musikalischer Ausbildung im internationalen Maßstab. Es ist Zeit, dass wir unseren Musikschulen den Platz geben, der sie in unserer Bildungslandschaft einzigartig macht: einen qualifizierten Instrumentalunterricht mit breitem Fundament in Theorie und Ensemblespiel zu erteilen, und das zu sozial verträglichen Tarifen für alle Schichten und Kulturen. Nur dann werden wir uns um die Zukunft der Musikschulen keine Sorgen machen müssen.

nd Musikschule (unten). Dort hat ein elfjähriger Elektrogitarrist Seltenheitswert. KulturGut 12 | Seite

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Musik |

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Jephta

15. und 16. Juni, 20 bzw. 17 Uhr, Neubaukirche General Jephta macht denselben Fehler wie mancher König im Märchen: Für den Fall eines guten Ausgangs (hier: Schlacht gegen die Ammoniter) gelobt er, das erste zu opfern, was ihm daheim entgegenläuft. Diese Motive erlaubten dem 66-jährigen Komponisten Georg Friedrich Händel große Dramatik. Derer – und auch der feinen Zwischentöne – nehmen sich der Monteverdi-Chor, das MonteverdiEnsemble auf seinen historischen Instrumenten und vier Gesangssolisten an. | www.hochschulchor.uni-wuerzburg.de ++++++++++++++++++++++++

umsonst&draußen

20. bis 23. Juni, Talavera Junge Virtuosen auf dem Weg zum Ruhm – das beschreibt einen Gutteil der mehr als fünf Dutzend Programmpunkte. Einen aber ganz besonders, nämlich die Band „Junge Virtuosen auf dem Weg zum Ruhm“. Bei denen gehen Original-Frühsiebziger-Funkrhythmen ab, mit einem Witz, als hätten ihre schwarzen Brüder den Stil gerade erfunden. Wann das Trio mit Gastsaxofonistin auftritt, entnimmt man (mit Minutenangabe!) jetzt schon der Website | www.umsonst-und-draussen.de ++++++++++++++++++++++++

Nachtmusik

23. Juni, 21 Uhr, Hofgarten der Residenz Immer wieder Neues bei Würzburgs ältestem Musikfestival: Heuer spielt das Bayerische Kammerorchester die zweite Nachtmusik (jeder kann rein, Promenaden-Steh-Plätze zehn Euro). Bei dem Ensemble

Termine |

handelt es sich um die Bad Brückenauer, früher Kammerorchester Schloss Werneck. Die Klarinettistin Esther Deborah Sinka spielt Mozarts Solokonzert in ADur. Letztes Jahr gewann sie den Bundeswettbewerb von Jugend musiziert. Zudem erklingen das Titelthema und zwei Sinfonien: je eine von Vater Leopold Mozart in D-Dur, eine von Luigi Boccherini in C-Dur. | www.mozartfest.de

die ganze Bandbreite der Gitarrenmusik vorstellen – vom Solo- bis zum Orchesterbeitrag und von klassisch bis jazzig-rockig. Der Eintritt ist frei. | www.musikschulewuerzburg.de

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Darauf hatte der abgeklärte Mitteleuropäer mehrere Jahrzehnte lang gewartet: dass dereinst eine Musik erscheine, die ihm mit mexikanischen MariachiTrompetensätzen zu Herze gehe; auch Violinen wollte unser Mitteleuropäer nicht ausschließen, sondern gerne dabeihaben, wegen etwelchen Schmalzes. Nur eben dürfte dazu kein Jammeltenor herumblöken, das fehlte noch! Als Vokalisten wünschte man sich vielmehr den abgeklärten, wenn auch gern nostalgischen Sound weißer, puritanischer Singer-Songwriter. Und siehe, es ward Calexico. Das war 1997 und das bayerische Label „Hausmusik“ veröffentlichte die erste Platte der Arizonaer, die mittlerweile so berühmt sind, dass man sie gehört haben muss. | www.argo-konzerte.de

I Am Super Ape

27. Juni, 21 Uhr, Cairo In aller Welt sitzen junge Menschen am Feuer und halten die Ursuppe des Rock am Köcheln. Zu Malmö erledigt diesen verantwortungsvollen Job das Quartett I Am Super Ape. Dessen Küchentreiben (tatsächlich dekorieren die Schweden ihre Bühne gern mit Wohnzimmerpflanzen) lässt Schrammelgitarren breiig auslaufen. Reminiszenzadressen im Underground ziehen sich von Blue Cheer über frühe Amon Düül bis zum Stoner Rock. Eher in sich gekehrt als expressiv lärmen sie, ein Pojke und eine Flicka schütteln sich bisweilen vokalistisch vor dem Mikrofon herum. Wir hören die Musik, die Generation für Generation wieder erfunden werden muss. Das kann einem abgebrühten Musikgeschichtler zwischendurch mal etwas langweilig werden, aber er wird sich bewusst sein: So klingt ein Wesenskern des Rock. | www.cairo-wue.de ++++++++++++++++++++++++

Gitarrennacht

6. Juli, 20 Uhr, Mainfränkisches Museum Die Sing- und Musikschule nutzt die hervorragende Akustik der Schönbornhalle (am Eingang gleich links) und lässt ihren Fachbereich „Zupfinstrumente“ dort KulturGut 12 | Seite

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Calexico

6. Juli, 20 Uhr, Posthalle

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The Clarinotts, Philharmonisches Orchester 20. Juli, 19.30 Uhr, Mainfranken Theater

Drei Bassetthörner (wie beim ausverkauften Konzert des Mozartfests am 25. Juni) bietet dieser Abend zwar nicht, aber eins: Ernst, Daniel und Andreas Ottensamer (Vater und Söhne, ihre Arbeitgeber: Berliner bzw. Wiener Philharmoniker) bilden ein Klarinettentrio und gestalten mit den Haussinfonikern das Sommerkonzert zu Saisonbeschluss mit Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy (op. 114), drei Büh-


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Musik |

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nen-Reminiszenzen (Rigoletto-Fantasie von Franz Doppler, „King Lear“-Ouvertüre von Hector Berlioz und „Macbeth“ von Richard Strauss) sowie mit dem Zwei-Klarinetten-Konzert in Es-Dur des Wiener Hofkomponisten Franz Krommer. | www.theaterwuerzburg.de

Termine |

Super-Drummers Katché zum Hafensommer. Tony Levin wie Manu Katché begleiteten einen der ganz Großen, Peter Gabriel, in musikalisch wichtigen Jahren seiner Karriere. Vor allem: Ihrer beider Bands explodieren bei ihrem trickreichen Groove-Pop vor Spielfreude. | www.hafensommer-wuerzburg.de

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Georg Ringsgwandl

30. Juli, 20.30 Uhr, Hafensommer Er habe „immer schon die Verirrten liebevoll beim Straucheln beobachtet und die Verwirrer gnadenlos aus der Versenkung des scheinbar Normalen gezerrt“, heißt es treffend über den Liedermacher, dem an Schrägheit nur Helge Schneider nahekommt. Allerdings gibt das „Kasperl oder Genie“ (Eigencharakterisierung) aus Oberbayern bei aller Show viel mehr von sich selbst preis. Ringsgwandl hält sich in diesen Jahren eine sehr gute Band, die es ihm dennoch erlaubt, gelegentlich seinen ursprünglichen musikalischen Dilettantismus wieder erblühen zu lassen. | www.hafensommer-wuerzburg.de ++++++++++++++++++++++++

Stick Men & Manu Katché 8. August, 20 Uhr, Hafensommer

Ein so großer Teil der multi-epochalen Band King Crimson gastierte noch nie in Würzburg: Tony Levin und Pat Mastelotto winden sich durch eine Polyrhythmik mit sattem Beat, daneben steht mit Markus Reuter ein zweiter „High-Tech-Gitarrist“; der Bandname Stick Men stammt von Levins Zwölfsaitiger, vom Chapman Stick; Reuter ist zudem Meisterschüler des innovativen Gitarristen Robert Fripp, Chef der oben erwähnten Band King Crimson. Auf den etwas bizarren Ohrenschmaus folgt die Rückkehr des

Glam, und dank der Psychobilly-Band Demented Are Go bleiben wir mit einem blutenden Fuß im Reich des Horror-Schock stecken. Zwischendurch macht Rock‘n‘Tease jedoch eine Burlesque Show, als weitere Bands sind die ziemlich trashigen Frantic Flintstones, Danny And The Wonderbras, Triple Seven und The Blueballs angesagt. | www.posthalle.de

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Unser Mozart heißt Platti

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18. August, 15 Uhr, Residenzplatz, Frankoniabrunnen

Hommage à Louis Vierne

Zum 250. Todestag des Komponisten unternimmt Gästeführer Horst Walter einen Bummel auf den Spuren des Italieners, der in den Diensten der Schönborns, etwa zur Grundsteinlegung der Residenz, die hiesige Hofsängerin Maria Theresia Lambrucker ehelichte. Ein Jahr zuvor, 1722, war er als gut bezahlter Oboenvirtuose aus Venedig an den Main verpflichtet worden, 40 Jahre später starb er allhie. Der Verein Würzburger Gästeführer möchte mit dieser „Stadt(ver)führung“ den Musiker, dessen Nachlass in Wiesentheid lagert und Stück für Stück als CD einund auf Konzerten gespielt wird, den Einheimischen bekannter machen. | www.wuerzburger-gaestefuehrer.de

Stefan Schmidt ehrt in der Reihe Orgelsommer einen großen Kollegen: den Domorganisten von Notre-Dame, der nach 37 Jahren im Dienste des Kathedralinstruments während eines Konzerts tot über demselben zusammenbrach. | www.wuerzburger-dommusik.de

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Rocket Roll Festival

21. September, 12 Uhr, Posthalle Die Firma Skullwalker Productions injizierte an derselben Adresse im letzten Jahr dem Keller „Immerhin“ eine dicke Dosis Deathmetal. Jetzt wollen die Schädelwanderer einen Saal weiter ziehen und die schwarzen Klamotten gegen buntere tauschen: Vom Herbstmittag an wuppt es retro über die Postbühne. Nunja, die Modenschau heißt immer noch Suicide KulturGut 12 | Seite

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21. September, 16 Uhr, Dom

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Es erhub sich ein Streit

29. September, 10 Uhr, St. Stephan Johann Sebastian Bach komponierte die Kantate, die weniger martialisch als ihr Titel klingt: Nach zwei Zeilen ist der Drache aus dem Himmel gefetzt, und die Cappella St. Stephan kann den barocken Triumph über den siegreichen Erzengel Michael jubilieren lassen. Etwaigen Restunsicherheiten („Wir stehen sicher und gewiss, und wenn uns gleich sein Brüllen schrecket…“) ist vorgebeugt: „…so wird doch unser Leib und Seel mit Engeln zugedecket.“ Diesen Zustand unterstreicht die Camerata St. Stephan im Gottesdienst. Die Leitung hat Dekanatskantor Christian Heidecker. | www.wuerzburg-ststephan.de ++++++++++++++++++++++++


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Kontinent konkret Peter C. Ruppert, Sammler im Kulturspeicher, als Europäer von Iris Wrede / Foto: Benjamin Brückner

+ Der Berliner Kunstsammler Peter C. Ruppert stellte dem Museum im Kulturspeicher die weit über 200 Werke umfassende Abteilung „Konkrete Kunst in Europa nach 1945“ zur Verfügung. Zum Geburtstag der Europastadt Würzburg regt das einige Fragen an. Sie sammeln ausschließlich europäische Kunst. Den von Ihnen gestifteten Preis vergeben Sie um ein Jahr vorgezogen jetzt im Rahmen der Würzburger Europastadt-Feiern. Warum? Würzburg feiert das 40-jährige Jubiläum der Titelverleihung „Europastadt“; die Sammlung Ruppert bezieht sich explizit auf die Region Europa und steht unter der Schirmherrschaft des Generalsekretärs des Europarates. Es entsprach einem beiderseitigen Konsens, den sich bietenden Synergieeffekt zu nutzen. Was bedeutet das Europäer-Sein für Sie? Eine Identität über den Nationalstaat hinaus. Die Überwindung kleinteiliger, kontroverser Positionen im Interesse einer übergeordneten, verbindenden Gemeinsamkeit, auch angesichts einer sich immer mehr globalisierenden Welt.

Welche Aufgabe haben Sie darin gesehen? Die Überwindung nationaler und ideologischer Abgrenzungen. Ich denke, dass die Wiedervereinigung Deutschlands – die ich als ehemaliger West-Berliner durch die Eheschließung mit einer DDR-Ost-Berlinerin im privaten Bereich bereits zuvor vollzogen hatte – nur vor dem Hintergrund einer supranationalen Einbindung in die europäische Völkergemeinschaft möglich geworden ist.

„Bei allen Differenzen ist die kulturelle Gemeinsamkeit das entscheidende Bindeglied Europas. Die abendländische Kulturtradition, gewachsen in über 2000 Jahren, ist das tragende Fundament des Hauses Europa.“

Wann ist Ihnen Europa als eigenständige Wesenheit bewusst geworden? Eigentlich schon seit der Gründung der Europäischen Union, die ich als Konsequenz aus dem verhängnisvollen Verlauf der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts nicht nur als visionäre, sondern auch als einzig pragmatisch fortschrittliche Entwicklung ansehe. Bei allen Differenzen ist aus meiner Sicht die kulturelle Gemeinsamkeit das entscheidende Bindeglied. Das klingt kontrovers angesichts der kulturellen Vielfalt dieses Kontinents, aber die abendländische Kulturtradition, gewachsen in über 2000 Jahren, ist das tragende Fundament des Hauses Europa.

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Wie kamen Ihr Europa-Gedanke und das Kunstsammeln zueinander? Vielleicht muss ich übergeordnete Erwartungen enttäuschen. Für mich als Privatsammler wäre allein von den finanziellen Möglichkeiten her eine atlantisch konzipierte oder gar weltweite Sammlung nicht in Betracht gekommen. Andererseits war mir Deutschland als Region für diese Kunstrichtung zu begrenzt, entsprach nicht umfassend den historischen Quellen, wie sie sich exemplarisch und vollständig im europäischen Raum darstellen. Abgesehen davon, dass es mir grundsätzlich mehr auf Dichte und Konzentration ankam als auf einen nur in Ansätzen vorhandenen Überblick.

Steht hinter Ihrem Sammlungskonzept mehr als die Einsicht: Man muss sich beschränken? Ja, die Konzentration auf das Wesentliche ist meine Grundhaltung, ökonomisch und philosophisch. Ich liebe Aphorismen, in deren Form ich auch meine eigenen Einsichten und Erkenntnisse eines langen Lebens festhalte. In diesen komprimierten Reduktionen sehe ich eine Entsprechung in der darstellenden konkret-konstruktiven Kunst. Was zeichnete die Konkrete Kunst in Europa nach 1945 aus? Was ist exemplarisch für diese europäische Richtung? Erst einmal die Wurzeln dieser Kunstrichtung: der russische Konstruktivismus, die niederländische De-Stijl-Bewegung und das deutsche

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Die ungarische Künstlerin Dóra Maurer erhielt 2013 den mit 15.000 Euro dotierten Peter C. Ruppert Preis für Konkrete Kunst in Europa. Die gleichnamige Würzburger Sammlung enthält ihr Werk „Quod libet Nr. 40“ derzeit als Leihgabe.

Bauhaus. Auf dieser Basis entwickelte sich nach der Zäsur des Zweiten Weltkriegs, unabhängig von parallelen US-amerikanischen Strömungen und des zeitgeistigen „Informels“ der 50iger Jahre, eine legitime Weiterentwicklung dieser Kunstrichtung. Ist das Präzise ein Merkmal der europäischen Konkreten Kunst – und speziell ein Erbe aus der Schweiz und Deutschland? Exakt ausgeführte Farbflächen ohne malerische Handschrift sehe ich eigentlich grundsätzlich und damit allgemein als Merkmal der „Konkreten“ an. Konkrete Kunst ist nicht Expression eines Einzelnen, sondern Arbeit an einer „universellen“ Bildsprache. Der persönliche Duktus des Künstlers tritt zurück und hinterlässt keine malerischen Spuren zugunsten der „antiauratischen“ Objektivität und der Selbstdarstellung des Kunstwerks an sich. Neben der Schweiz und Deutschland wären auch noch einige andere Länder zu nennen, von daher die Antwort: ein europäisches Erbe. Wie groß war die Versuchung, mal ein amerikanisches oder ostasiatisches Werk zu erwerben? Hinsichtlich US-amerikanischer Kunst in Richtung „Hard Edge“, „Colourfield Painting“ und Minimal Art gibt es exzellente Werke Konkreter Kunst. Von daher durchaus eine große Versuchung.

Nein. Ich halte mich an die festgelegte regionale Beschränkung auf Europa. Sie sagten einmal, gerade die Entwicklung der Konkreten Kunst zeige, dass Kunst keine politischen Grenzen kenne. Welche politische Botschaft bekommt diese Kunst eben dadurch? Dass eben weder ideologische, noch ökonomische, noch ethnische Verschiedenheiten eine übergeordnete Gemeinsamkeit unmöglich machen. Was gefällt Ihnen am gegenwärtigen Zustand Europas am besten? Vor allem, dass sich unsere Politiker trotz aller Probleme mit der Euro-Währung nicht entmutigen und den richtigen Grundgedanken nicht fallen lassen. Es gibt sicherlich berechtige Kritik hinsichtlich der Prioritätensetzung und der Uneinigkeit über das weiteren Vorgehen. Andererseits ist schon viel erreicht, und das gefällt mir. Hoffentlich haben die verantwortlichen Vertreter der europäischen Völker den notwendigen Weitblick und die Durchsetzungsfähigkeit für eine realistisch tragfähige und zukunftsträchtige Lösung auf dem Weg zu den Vereinigten Staaten von Europa.

Sind Sie einer solchen Versuchung je erlegen?

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Max Pechstein auf Reisen

Streetart-Treffen

1. Juni bis 1. September, Kulturspeicher

„Utopie und Wirklichkeit“ heißt die Ausstellung des großen Expressionisten im Untertitel. Der deutet darauf hin, dass die wirkliche Natur und die Einheit mit ihr (die man als Naturvolk oder Badender erfahren kann) für Pechstein etwas ausgesprochen Idealisches hatten. Danach suchte er auf seinen vielen Reisen. Diesem Phänomen wurde bisher noch keine Pechstein-Ausstellung gewidmet. Nun kuratierte Dr. Ina Ewers-Schultz eine solche in Kooperation mit drei Museen: Kunsthaus Stade, Kunstsammlungen Zwickau (Pechsteins Heimatstadt) und eben Kulturspeicher Würzburg. Die Kölner Kunsthistorikerin hat bereits „Macke ganz privat“ nach Würzburg gebracht. 90 Arbeiten Pechsteins auf Papier, darunter selbstgemachte Postkarten, Briefe und Seiten aus den Reisebüchern sowie 20 farbenreiche Ölgemälde verteilen sich auf die zwei Sonderausstellungssäle. | www.kulturspeicher.de ++++++++++++++++++++++++

Das Pantheon in Rom

16. Juni, 11 Uhr, Antikensammlung des Martin von Wagner-Museums Die Museumsinitiative der Kunstgeschichts- und Archäologie-Studierenden bespielt die beiden Abteilungen des Universitätsmuseums in der Residenz (d. h. die Gemäldegalerie und eben die Antikensammlung) sonntags im Wochenwechsel. Heute ist der junge Altertumsforscher Ralph Makowski dran. Bei einem Gang durch das römische Erbe erklärt er den größten zentralen Kuppelbau der Antike, die spätere Kirche San Maria Rotonda. | www.uni-wuerzburg.de

19. bis 24. Juni, verschiedene Orte Veranstaltungsort ist der öffentliche Raum. Allzuviel Platz finden die Straßenkünstler an Würzburgs Betonen nicht. An einschlägigen Stellen wird man die acht bis zehn Spezialisten leicht als solche erkennen: die Deutschen Himbaer und Tigapics, die Spanier Axel Void und ELNA, Phobia aus Österreich, Pau Quintanajornet aus Portugal sowie ein gewisses Bame. Das Jugendkulturhaus Cairo und die Streetart-Künstlerin Manou Wahler tragen mit ihrer Veranstaltung zur Jubiläumsfeier „40 Jahre Europastadt Würzburg” bei. Höhepunkt soll die Gestaltung eines Einheitsbrücken-Pfeilers am Samstag und Sonntag während des umsonst & draußen-Festivals werden. | www.cairo.wue.de ++++++++++++++++++++++++

Munch 150

27. Juni, 20 Uhr, Cinemaxx Nach „Manet - Portraying Life“ kommt die Osloer Ausstellung zum 150. Geburtstag des norwegischen Malers Edvard Munch auf die große Leinwand des Multiplexes. Die aufwändige Doku erklärt, warum auf mehreren Bildern so laut geschrieen wird, und andere Hintergründe dieses Klassikers der Moderne. Für den Ausstellungsrundgang wurde herausragende Bild- und Tontechnik eingesetzt, Kenner kommentieren, ein Blick hinter die Kulissen der Ausstellungen rundet den Eindruck ab. Produzenten der Kunstreihe sind die Macher von „Leonardo Live“ aus dem Jahr 2012. Vermeer kommt am 10. Oktober zu einem einmaligen Gastspiel aus Delft ins Würzburger Kino. | www.cinemaxx.de/Events ++++++++++++++++++++++++ KulturGut 12 | Seite

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Rund – Widerspenstig – Augustiner

bis 30. Juni, Augustinerkirche Anlässlich ihres Doppeljubiläums - 750 Jahre in der Stadt und 200 Jahre am Dominikanerplatz – lud der Orden die Neu-Wredanische Metallgestalterin Angelika Summa zu einer Intervention in Kirchenschiff und Chorraum ein. Und Summa intervenierte. Mit äußerster Selbstverständlichkeit machen sich ihre Drahtkugeln auf dem spiegelnden Marmor zu schaffen, was heißt: Sie sind. Sie sind gleich in Umriss und Material, ungleich in Charakter und Wirkung. So könnte man sie als Symbole für die Verschiedenheit der Menschen deuten. Aber die Objekte widerstehen einem solchen direkten Zugriff. Trotz ihrer feinen Bearbeitung sind sie auch nicht dekorativ, sie verletzen nicht, provozieren mit keinem bestimmten Inhalt. Das hat dann schon etwas sehr Göttliches, wie sich die runde Widerspenstigkeit der menschlichen Deutungskraft entzieht. | www.augustinerkirche-wuerzburg.de ++++++++++++++++++++++++

Tage des offenen Ateliers 6. und 7. Juli, 14 bis 19 Uhr

Wie entsteht wo in Würzburg welche Kunst? An diesen Nachmittagen kann man’s erfahren. Die Mitglieder der örtlichen Künstlerverbände BBK und VKU sind als Mitveranstalter dabei, eingeladen zur Bewerbung hat die Stadt aber auch in der regionalen Kunstszene noch nicht bekannte oder etablierte Kunstschaffende. Die Vernissage findet schon am Donnerstag, 4. Juli, um 19 Uhr in der Volkshochschule statt. | www.wuerzburg.de ++++++++++++++++++++++++


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Freischwimmer

bis 20. Juli, IHK Würzburg-Schweinfurt Wer früher den „Freischwimmer“ machte, hatte bewiesen, dass er sich auch in tiefem Wasser halten konnte. Präsent in Würzburg war Kathrin Feser, die Veitshöchheimerin mit Zweitwohnsitz San Francisco, als Teilnehmerin verschiedener Sammelausstellungen (u. a. Wunderland, Stückwerk, StaubRaub) auch in den vergangenen Monaten. Die IHK-Galerie widmet ihr nun eine Einzelausstellung, die eine klare Vorstellung davon vermittelt, wie das Werk dieser Künstlerin fortschreitet, wo es seiner eigenen Tradition verhaftet ist und welche Horizonte es sich für die Zukunft öffnet. Das ist mehr als man über die meisten Bilderzusammenstellungen sagen kann, und hier kommt sogar noch eins dazu: „Freischwimmer“ stimmt heiter. Das rührt in manchem Bilderkasten schon allein von den Farben her: Feser schneidet ihre Figuren und Hintergründe aus Buntpapier aus – nichts leichter als der Griff zu kräftigen Tönen, den die Urheberin freilich klug lenkt. Die Figuren – skurrile Wesenheiten wie Kopffüßler und Spiraljunkies – lösen sich in Fesers aktueller Phase desöfteren in den abstrakt gestalteten Hintergründen auf und umschiffen so ein altes Dilemma ihrer Erzählungen: Der Inhalt konzentrierte sich zu oft zu sehr auf (Doppel-) Porträts kommunizierender Witzfiguren, es fehlte deren Einbindung in eine Art Welt. In der mit 45 Werken üppig bestückten Schau finden sich nun bezwingende Studien zum Sozialleben der Shadoks, wie man das Figurenarsenal nach einer vergleichbar munteren französischen Zeichentricksippe nennen könnte. Zudem sieht man kosmische Fernansichten möglicher Welten für diese unberechenbaren Wesen, die eins miteinander gemein haben: dass sie aus Strichen bestehen. Diesem Element des Zeichnerischen, dem Strich, wird denn auch in „Freischwimmer“ das ein oder andere absurde Opfer dargebracht. | www.circlefly.de

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Entdeckung und Erkenntnis 6. Juni bis 20. Juli, Bücherei im Bahnhof Veitshöchheim

Zeichnen heißt für Georg Ruedinger, Sprachformen auf Papier zu bringen, zu fabulieren, zu stimulieren und zu provozieren. So entstehen ausgefallene Bildwelten. Und weil Zeichnen schneller geht als Malen, wählte er die erstgenannte Technik am liebsten, wenn er auf Reisen war, und das war er in den letzten Jahren sehr oft. Sein Leitspruch ist: „Fremde Welten sind Bestätigung, keine Verwirrung“. Die Zeichnungen der Ausstellung „Entdeckung und Erkenntnis“ haben als Grundlage ein solides Wissen über asiatische Ethnien. So möchten sie dazu beitragen, dass die Betrachter neugierig auf die Kulturen fremder Völker werden. Deswegen wählt Georg Ruedinger häufig spannungsvoll agierende Gestalten - Schamanen, Buddhas, indische Freiheitskämpfer, aber auch seltene Tiere und Pflanzen. Und immer begrüßt Ruedinger das Unvorhergesehene. | www.georg-ruedinger.com ++++++++++++++++++++++++

Nicht nur Leipzig!

bis 8. September, Museum am Dom Die Präsentation von ostdeutscher Kunst aus den Sammlungen der Diözese nutzt die Innenarchitektur des Hauses gut. Zuerst kommen zwei Dutzend Werke, darunter viel Grafik und Plastik auch aus Zeiten vor und nach der DDR. Sie zeigen, wie grundverschieden Künstler mit der christlichen Ikonografie arbeiten können. Dann öffnet sich der Gemäldekeller unter einem. Vom oberen Treppenabsatz aus nimmt sich die Hängung wie eine Botschaft aus: Hier geht es nicht mehr um Passion und Erlösung, sondern um den Menschen. Und das war denn durchaus KulturGut 12 | Seite

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DDR-spezifisch; die meisten der drei Dutzend Bilder hier stammen aus der real existierenden Phase oder entstanden kurz nach der Wende. Und die meisten schreiben doch auch den Traditionsbestand des christlichen Abendlands fort, bemerkenswert häufig übrigens im Motiv des unbotmäßigen Jesus, eine mild surrealistische Bildfindung offenbar ostdeutschen Ursprungs. | www.museum-am-dom.de ++++++++++++++++++++++++

Ans Werk

bis 6. Oktober, Mainfränkisches Museum Zum 100. Geburtstag genehmigt man den unterfränkischen Sammlungen zur Kunst und Geschichte drei Sonderausstellungen. Eine davon soll mit Leihgaben aus dem Ausland demonstrieren, dass das Mainfränkische durchaus in der internationalen Museumsriege mitspielen kann. Schließlich ist Tilman Riemenschneider, von dem hier die weltgrößte Sammlung steht, kein rein lokales Bildschnitzerphänomen. „Ans Werk“ geht es 22 mal mit feinsten neuen Präsentationsformen. Der Rundgang – von dem man aus baulichen Gründen leider nirgends variierend abweichen kann – bekam eine Kette von 22 Ausstellungsinseln, in denen herausragende Kunstwerke museumspädagogisch und beleuchtungstechnisch gewieft hervorgestrichen werden. Zu den Einzelaktionen im Museumsjahr gehört „Schüler führen Schüler“: Vom 9. bis 12. und 23. bis 26. Juli leiten Wirsberg-GymnasiastInnen andere Elftklässler durchs Haus. Anmeldung dazu Telefon 0931 205 94-29. | www.mainfraenkisches-museum.de ++++++++++++++++++++++++


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Geschätzt, aber nicht gelesen? Leonhard Franks Werke auf dem Buchmarkt von Christine Weisner / Foto: Joachim Fildhaut

+ Lexika und Radiofeatures zur Exilliteratur nennen Leonhard Frank häufig gleich hinter den ganz Großen wie Brecht, Mann oder Feuchtwanger. Auch in Würzburg wird er inzwischen geschätzt, gehört zu denen, die man gerne als berühmte Töchter und Söhne der Stadt bezeichnet. Leonhard Frank schrieb neun Romane, zahlreiche Novellen und Kurzgeschichten, Dramen und Drehbücher. Aber wie sieht es mit diesen Werken aus? Lohnt es sich heute noch, sie zu lesen - und sind sie überhaupt noch im Buchhandel erhältlich? Die erste Frage beantwortet Hans Steidle, Autor mehrerer Veröffentlichungen über Leonhard Frank, eindeutig positiv: „Lesen heißt immer, den eigenen geistigen Film zu schaffen, zu dem der Autor das Skript liefert. Bei Leonhard Frank besuchen wir mit der ‚Räuberbande’ ein untergegangenes Würzburg, das uns doch wieder so bekannt vorkommt. Seine Romane entführen uns in das Deutschland zwischen 1900 und 1950. Wir lernen einen Autor kennen, der heiße Eisen aufgreift und leidenschaftlich Stellung bezieht.“ Stichwort „Räuberbande“: Frank gelang mit diesem Erstlingsroman, für den er den TheodorFontane-Preis erhielt, der Durchbruch als Schriftsteller.

„Bürger“ an der Schauspielschule „Ernst Busch“ Im Buchhandel kaufen kann man „Die Räuberbande“ heute nicht mehr. Und das wird sich vermutlich auch 2014 nicht ändern, wenn sich das Erscheinen des Romans zum hundertsten Mal jährt. Der AufbauVerlag plant nach eigenem Bekunden keine Neuauflage. Auch die 2007 erschienene, umfangreiche Erzählungssammlung „Fremde Mädchen“ steht nicht mehr im Verlagsprogramm. Ebenso verhält es sich mit Franks autobiografischem Roman „Links wo das Herz“ ist. Nach Auskunft der Pressestelle ist keine weitere Veröffentlichung von Werken Leonhard Franks in Planung, so dass der Autor vollständig aus dem KulturGut 12 | Seite

Verlagsprogramm verschwunden ist. Der Aufbau-Verlag, der sich sowohl zu DDR-Zeiten als auch nach der Wiedervereinigung mit seinen Veröffentlichungen um das Werk Leonhard Franks verdient gemacht hat, begründet dies vor allem mit wirtschaftlichen Entscheidungen. Stichwort: „Der Bürger“. Dieser Roman wurde 2012 an der Berliner Schauspielschule „Ernst Busch“ aufgeführt. Leonhard Franks Buch und die Theaterfassung (von Simon Kubisch und Roman Senkl) werden in der aktuellen Ausgabe der Schriftenreihe der Leonhard-FrankGesellschaft ausführlich behandelt. Will man den Roman jedoch lesen, ist man auf gut sortierte Bibliotheken oder den antiquarischen Buchhandel angewiesen. Nun zum Lieferbaren: „Die Jünger Jesu“ schrieb Frank unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg noch im US-amerikanischen Exil. Vor dem Hintergrund des zerstörten Würzburg greift Frank hier schon früh Themen wie von der Justiz nicht gesühnte Nazi-Schuld und die Traumatisierung der Opfer auf. Der Würzburger Verlag Königshausen & Neumann sorgt dafür, dass man diesen Roman weiterhin im Buchhandel erwerben kann. Ebenfalls lieferbar ist eine Reclam-Ausgabe der Erzählung „Karl und Anna“, die die Situation von Kriegsheimkehrern thematisiert. Frank schrieb auch eine Bühnenfassung und die Geschichte diente als Vorlage für den Film „Karl und Anna“, als DVD bei Absolut-Medien erhältlich. Im Verzeichnis lieferbarer Bücher erscheint zudem die Novelle „Die Ursache“, mit der Frank gegen die Todesstrafe Position bezieht. Nicht mehr im Angebot ist „Der Mensch ist gut“, eine Sammlung von Novellen gegen den Krieg. Jedoch verkauft der Bamberger Kleebaum-Verlag eine dieser Novellen mit dem Titel „Die Mutter“ als Nachdruck in der Ausgabe von 1919, versehen mit expressionistischen Holzschnitten des belgischen Grafikers Frans Masereel. Damit sind vier Titel Leonhard Franks noch im Buchhandel vertreten, aber andere wichtige Werke wie die oben genannten und „Das Ochsenfurter Männerquartett“ finden sich nicht mehr in den Verlagsprogrammen.

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Die Antiquariatspreise f端r Frank-B端cher liegen gar nicht so niedrig. Andererseits kommt es bei Auktionen selten zu Bieterschlachten. KulturGut 12 | Seite

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DIE CAFETERIA DER WÜRZBURGER STADTBÜCHEREI ist seit Jahren ein gut besuchter Ort, um zu pausieren und sich über die neuesten Nachrichten aus Zeitungen und Zeitschriften zu informieren. Den Kaffee dazu gab es bisher aus dem Automaten. Da wird sich ab September einiges ändern, wenn die Mainfränkischen Werkstätten als Betreiber das Café übernehmen. „Alles ist noch in der Planung, aber wir arbeiten beim neuen Konzept sehr eng mit der Stadtbücherei zusammen“, so Alexander Seith von den Mainfränkischen Werkstätten. Künftig soll es neben Getränken auch belegte Brötchen und hausgebackene Kuchen aus den Werkstätten geben. Die Übernahme soll ein neues Betätigungsfeld für behinderte Menschen erschließen. Ob das Experiment gelingt, lasse sich erst nach zwei bis drei Monaten sagen: „Wir schulen unser Personal schon an einer neuen Kaffeemaschine.“ Büchereichefin Anja Flicker freut sich jedenfalls auf die Zusammenarbeit und das neue Café. Durch die Umgestaltung möchte sie mehr „Kaffeehausatmosphäre“ in den Raum bringen. Dabei wünscht sie sich bequemere Sessel anstelle der bisherigen Bestuhlung. Die Veranstalsh tungen werden dort weiterhin stattfinden.

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Blick ins BR-Studio

7. Juni, 13.45 Uhr, Treff: ME-Haus Profis vom Bayerischen Rundfunk gewähren den Kindern Einblicke in das Fernseh- und Hörfunkstudio am Bahnhofsplatz. Die Versprechersammlung der ModeratorInnen steht ebenso auf dem Programm wie der Blick hinter die Kulissen. Begleitet werden die Kleinen von der FSJ-Praktikantin Sybille Stockmann, los geht’s vom Mehrgenerationenhaus MatthiasEhrenfried-Haus, das auch die Anmeldung entgegen nimmt: Telefon 0931 38668700. | www.me-haus.de ++++++++++++++++++++++++

Kleist in Würzburg

18. Juni, 19.30 Uhr, Neue Universität am Sanderring Was trieb der 23-Jährige im Herbst 1800 in Würzburg? Hier sah er sich „vor dem wichtigsten Tage meines Lebens“. Was genau geschah, weiß keiner. Dabei befand er sich in einer durchaus mitteilsamen Phase: 80 Briefseiten sind aus Kleists Würzburger Zeit überliefert, so viel wie aus keiner Lebensphase. Der Würzburger Germanist Prof. Helmut Pfotenhauer ist der Referent dieses Abends. | www.uni-wuerzburg.de ++++++++++++++++++++++++

Literarisch-musikalische Mozart-Soiree

22. Juni, 20 Uhr, Kloster Bronnbach Der sehr kluge deutsche Top-Schauspieler Hanns Zischler nahm das Motto des diesjährigen Mozartfests „Herr Mozart tanzt“ und ließ seine gut durchbildeten Gedanken um dieses Thema spielen. Er fand ein zum Anlass passendes Andersen-Märchen, eine Ballade von Edgar Allan Poe und etliche Rezitations-

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Herausforderungen mehr. Außer Mozart erklingen dazu Klavierstücke von Chopin, Balakirev u. a. unter den Fingern von Noah Vinzens, dessen „perlendes“ Musizieren sehr gelobt wird. | www.mozartfest.de ++++++++++++++++++++++++

Kinder im Holocaust. Zeitzeugenstimmen 27. Juni, 19.30 Uhr, Stadtbücherei Falkenhaus

Wie unterschiedlich Kinder und Jugendliche über ihre Erfahrungen in der NS-Zeit sprachen und schrieben, macht die Lesung im Rahmen der Sonderausstellung „jung – jüdisch - unerwünscht” deutlich. Kai Christian Moritz und Georg Zeies, beide Schauspieler am Mainfranken Theater - tragen drei Beispiele vor, darunter die Zeugenaussage Mordechai Ansbachers beim Eichmann-Prozess 1961. 1939, gerade zwölf Jahre alt, hatten ihn seine Eltern mit einem Kindertransport von Würzburg in die vermeintliche Sicherheit nach Belgien geschickt, wo er nach der Besetzung des Landes dann doch in die NS-Vernichtungsmaschine geriet – 1941 wurde er zurück nach Würzburg transportiert, 1942 mit der Mutter nach Theresienstadt deportiert und dann weiter nach Ausschwitz und Dachau, wo er als mittlerweile 18-Jähriger 1945 befreit werden konnte. | www.johanna-stahl-zentrum.de ++++++++++++++++++++++++

Leo Trepp

7. Juli, 11 Uhr, Residenz, Toscanasaal Gunda Trepp, Witwe des 2010 verstorbenen Rabbiners Leo Trepp, liest aus dem Würzburg-Kapitel der bisher unveröffentlichten Biographie „Leo Trepp – ein deutsches Leben“. 1935 stand der Student Trepp KulturGut 12 | Seite

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in Berlin zu sehr unter dem Druck, den die Nazis auf jüdische Studenten ausübten. Er wechselte an die Universität Würzburg. In bewegenden Worten berichtete er später von seinen Erfahrungen und den Schwierigkeiten, unter denen er als wahrscheinlich letzter Jude die Promotionsprüfungen ablegte. | www.leotrepp.de ++++++++++++++++++++++++

Die Kinderhexe für Erwachsene

26. Juli, 19 Uhr, Mainfränkisches Museum Roman Rausch, Ex-Würzburger Krimi-Autor (Kommissar Kilian) und Verfasser historischer Romane, stellt sein Werk aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs vor: Grausam wütet der Hexenwahn. Als auch die alte Hebamme Babette sterben muss, schwört ihr Pflegekind Kathi Rache. Zusammen mit einer Freundin gibt sie an, auf einem Hexensabbat Bürger der Stadt gesehen zu haben. | www.roman-rausch.de ++++++++++++++++++++++++

Friedrich Rückert (1788-1866)

bis 31. Dezember, Universitätsbibliothek am Hubland Einige besonders schöne Werkausgaben des fränkischen Dichters und Orientalisten zeigt die Abteilung Fränkische Landeskunde anlässlich seines 225. Geburtstags. Ausgesucht wurden Drucke des 19. Jahrhunderts mit zeittypischen Einbänden und Porträts sowie in nur kleiner Auflage erschienene Pressendrucke des 20. Jahrhunderts, handwerklich hergestellt und anspruchsvoll gestaltet. | www.bibliothek.uni-wuerzburg.de


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Am Feuer der Urmenschen Grundschul- und Uni-Projekt trickfilmt die Steinzeit von Joachim Fildhaut / Foto: echtzeitMedia

+ Die Püppchenfirma ließ sich nicht lumpen und schickte ein Paket voller urgeschichtlicher Figuren an die Grundschule Heuchelhof. Die Plastikmammuts und -medizinmänner lagern jetzt neben Speeren, die die Kinder gemeinsam mit dem Experimentalarchäologen Wulf Hein hergestellt haben. An der Römerstraße ist die Steinzeit ausgebrochen. Und das auf hohem Niveau, ausgesprochen interdisziplinär. Dabei fing die Projektreihe „Feuerstein und Scherbensalat“ mit einem Zufall an. In dieselbe Klasse gehen die Kinder des Medienpädagogen Frank Findeiß und des Museologie-Professors Guido Fackler. Jetzt sitzen die Väter im Freizeitbereich der Schule und stimmen die Zeitpläne der Beteiligten ab: zwei zweite Klassen (macht 49 Kinder), davon eine reguläre Ganztagsklasse und eine inkludive, fünf Pädagogen, zwei Schulbegleiter (für die Kinder mit Behinderung), zwei studentische Gruppen (zusammen 20 junge Leute), zwei DozentInnen. Koryphäen wie der Feuersteinvirtuose Wulf Hein stoßen an den Veranstaltungstagen dazu. Der erste dieser Tage widmete sich der Frühsteinzeit, beim nächsten Mal geht es um Bandkeramiker, also um eine Epoche, in der schon Dinge mit Stil verziert wurden. Das führt den Teilnehmern vors Auge, dass innerhalb einer Epoche gewaltige Zivilisationsunterschiede aufstiegen. Solche Einsichten sind genau so wichtig wie die unmittelbare Erfahrung, wie man mit Hilfe heißer Steine eine astreine Suppe kocht. Nach diesen Lernerfahrungen, die auf ganz unterschiedlichen kognitiven Ebenen anfallen, geht’s ans Filmemachen. Dann haben die eingangs erwähnten Plaste-Puppen mit den beweglichen Gliedmaßen ihren Auftritt. Dann fließen die vielschichtigen Anschauungen der Steinzeit in bunte Trickfilme ein.

Dichte Vernetzung ist nicht alles Der Medienmann Frank Findeiß würde gern noch einen Schritt über das Schulprojekt hinausgehen und die Filme nachbearbeiten, d. h. einige Tausend Euro in Mischung, Sound etc. stecken. Am Ende soll ein professioneller Streifen zum Einsatz im Museum herauskommen. Genauer: für das Bandkeramik-Museum von Schwanfeld (zwischen Eisenheim und Werneck), ein Partner der pädagogischen Kooperation. Einen viertelstündigen Lehrfilm für Erwachsene gibt es dort bereits. KulturGut 12 | Seite

Shalin Aug in Aug mit dem Löwenmann: Aus Staunen wird Begreifen.

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Dem Museologen Fackler eilt die Sponsorensuche für den Kinderfilm nicht unbedingt: „Im nächsten Jahr beginnt eine neue staatliche Förderung, die uns vielleicht unterstützen kann.“ Vielmehr ist es dem Uni-Professor wichtig, dass Fachwissenschaftler und Lehramtsstudenten bei „Feuerstein und Scherbensalat“ zusammenkommen: „Die Museologie-Studierenden sehen die Thematik hier mal mit dem Blick von Lehrern, die mit ihren Klassen in ein Museum kommen.“ Der Schulsozialpädagoge Gerhard Adam bestätigt: „Das Personal in Museen trifft oft nicht den richtigen Ton für Kinder. Lehrer dagegen beschäftigen sich so oft mit Dingen außerhalb ihres Fachgebiets, dass sie ganz andere Vermittlungsweisen kennen.“ Derartiges hört man sicher gern am universitären Zentrum für Lehrerbildung, das ebenfalls in die Projekttage eingebunden ist – laut Findeiß „eine sehr gute Plattform, um solche Projekte anzubieten“. Schwanfeld hat bereits pädagogische Unterlagen. Das Projekt 2013 versteht sich nun als Fortsetzung dieser so genannten „Lehrerhandreichungen“ auf einer Linie, die zeigt, „wie Museum arbeitet“, so Fackler. Unbeeindruckt von der Vernetzungsdichte und der Vielzahl beteiligter Institutionen gibt sich Sozialpädagoge Adam. Für ihn kommt es auch heute, wo das Projekt weit fortgeschritten ist, darauf an: „Uns war es wichtig, dass die Initiative von der Schule ausging und nicht von außen aufgepfropft wurde.“

Info: Am 11. Juni gehen die beiden Schulklassen

des Projekts „Feuerstein und Scherbensalat“ in Schwanfeld den Spuren unserer Vorfahren nach, Trickfilmwerkstatt ist am 18. Juni. Am 3. Juli, 18 Uhr, sind Interessierte eingeladen zur Präsentation des Films in die Aula der UNESCO-Grundschule Heuchelhof, Römerstraße 1. Filmproduktion und, wenn Sponsorengelder eingehen, Postproduktion liegen bei echtzeitMedia Güntersleben. KulturGut 12 | Seite

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Film |

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Pina

10. Juni, 20.30 Uhr, Programmkino Central Das Mozartfest tanzt, sogar im Kino. Und zeigt im Central den auch in 2D überzeugenden Dokumentarfilm über das Tanztheater Wuppertal, Wim Wenders ganz persönliche Hommage an dessen 2009 verstorbene Direktorin: „Mich hat Bewegung als solche vorher nie berührt. Ich habe die immer als gegeben vorausgesetzt. Man bewegt sich eben. Alles bewegt sich. Erst durch Pinas Tanztheater habe ich auf Bewegungen, Gesten, Körpersprache achten gelernt. Und diese dadurch erst achten gelernt.“ Pina Bausch selbst kommt nur in wenigen Szenen vor, im Zentrum stehen ihre Choreografien ab 1975 und die Menschen, die sie tanzten. | www.mozartfest-wuerzburg.de ++++++++++++++++++++++++

Berühmte Filmkomiker 12. Juni, 14.30 Uhr, Matthias-Ehrenfried-Haus

Termine |

wer grandiosen Trash, Nonsense und Slapstick mag, wird seine helle Freude haben. Die Low-Budget-Blödelei von Sven Regener und Leander Haussmann mit unbezahlter Berliner Starbesetzung (Henry Hübchen, Tom Schilling, Katharina Thalbach, Detlev Buck, Michael Gwisdek) ist der erste von elf Filmen, die das Würzburger Open-AirKino „Festungsflimmern“ bis 7. Juli an elf Abenden unter (hoffentlich) sternenklarem Würzburger Himmel zeigt. Einlass ist jeweils ab 20 Uhr, Filmbeginn bei Einbruch der Dunkelheit gegen 21.45 Uhr. | www.festungsflimmern.de ++++++++++++++++++++++++

Bilder Europas – Stimmen der Stadt 23. Juli bis 15. August, Oskar-Laredo-Platz

Ivonne Fernández y Gonzáles, in Würzburg lebende Mixed-Media-Künstlerin mit spanischen Wurzeln, hat Würzburger befragt, was ihnen einfällt, wenn sie an Europa denken, und diese Assoziationen bebildert. Gezeigt wird ihre Videoinstallation vor dem Kulturspeicher während der Vorstellungen des Hafensommers, als externer Teil der Gruppenausstellung „Nachwuchs“, mit der der unterfränkische Berufsverband Bildender Künstler vom 26. Juli bis 18. August seine neuen Mitglieder vorstellt. | www.bbk-unterfranken.de | www.nihilivonne.com

Cineplex-Kino live aus Bayreuth überträgt, aber immerhin der Eröffnungsabend der Festspiele. Den bestreitet, wie schon im Vorjahr, der von Christian Thielemann dirigierte „Fliegende Holländer“ in der Inszenierung von Jan Philipp Gloger, mit Samuel Youn in der Titelrolle. Als Senta steht dem koreanischen Bassbariton, der im Vorjahr kurzfristig einsprang, Ricarda Merbeth zur Seite, die restliche Besetzung (mit der Vorjahresentdeckung Benjamin Bruns) blieb und verspricht eine wenig aufregende, aber musikalisch beglückende Inszenierung. Die Oper selbst beginnt um 18 Uhr, ein einstündiges Vorprogramm mit LiveBildern vom Roten Teppich gibt auch dem Kinopublikum das Gefühl, in Bayreuth ganz mit dabei zu sein. | www.cineplex.de ++++++++++++++++++++++++

Italy – Love It or Leave It 31. Juli 2013, 20.30 Uhr (Konzertbeginn), Alter H afen

27. Juni, 20 Uhr, Neutorwiese

Wagner im Kino

Wie meinte die SZ: „Über die Botschaft kann der Zuschauer rätseln, muss er aber nicht.“ Denn auch wenn manchen Gag wohl nur Berliner verstehen –

25. Juli, 17 Uhr, Cineworld Dettelbach

Sobald der Poet des italienischen Alltags, Liedermacher Gianmaria Testa, auf der Hafenbühne die Gitarre aus der Hand gelegt hat, laden zwei seiner Landsleute zur Fortsetzung der Reise auf der Leinwand ein: Die Journalisten (und Regisseure) Gustav Hofer und Luca Ragazzi suchen im Land, in dem die Zitronen, aber auch Berlusconi, die Mafia und die Wirtschaftskrise gut gedeihen, nach irgendeinem Grund, nicht auszuwandern. Sechs Monate touren sie in einem alten Fiat 1500 von Apulien bis in die Lombardei und stellen anderen Menschen die Frage, auf die sie selbst keine Antwort finden – gehen oder bleiben? Das 75-minütige semi-dokumentarische Roadmovie (2011, OmU), charmant, spritzig und verspielt, hat sie natürlich auch nicht. | www.hafensommer-wuerzburg.de

Es ist zwar nicht der mit skeptischer Spannung erwartete Jubiläums-Ring von Frank Castorf, den das

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Gelegenheit für ältere Würzburger Fans von Charlie Chaplin & Co., sich beim Erzählcafé gemeinsam zu erinnern – in welchem Kino war das noch mal, wo sie die Vorfilme mit Dick und Doof zeigten? Und war jetzt Pat oder Patachon der lange Dünne? Anmeldung Telefon 0931 386-68700 oder me-haus@bistumwuerzburg.de. | www.me-haus.de ++++++++++++++++++++++++

Hai-Alarm am Müggelsee

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Geld für Stein und Breite Das „Bayerische Kulturkonzept“ bringt Geld für Nicht-Landesmuseen von Daniel Staffen-Quandt / Foto: Benjamin Brückner

+ Die bayerische Staatsregierung öffnet im Wahljahr den Geldhahn für die Kultur. Für das „Bayerische Kulturkonzept“ haben CSU und FDP im Doppelhaushalt 2013/2014 zusätzlich 50 Millionen Euro für Leuchtturmprojekte eingeplant – hinzu kommen weitere 26 Millionen Euro für die Breitenförderung. Würzburg profitiert von den kulturellen Konjunkturpaketen überdurchschnittlich stark, sagt der Würzburger CSU-Landtagsabgeordnete Oliver Jörg. Es kommt selten vor, dass sich Politiker von Regierungs- und Oppositionsparteien so einig sind. Bei der Kulturpolitik passiert das manchmal, bei der gegenseitigen Kritik geht es dann eher um Details. In Sachen Kulturkonzept klingt das dann so: CSU-Mann Jörg spricht von einem „großen Erfolg“, dass es gelungen sei, für die Kultur nachträglich noch zweistellige Millionenbeträge auszuhandeln, „obwohl der Doppelhaushalt schon festgezurrt war“. Auch der Ochsenfurter SPD-Abgeordnete Volkmar Halbleib findet es gut, dass die dringend sanierungsbedürftige Festung Marienberg und das dort beheimatete Mainfränkische Museum endlich auch einmal in den Genuss von Finanzmitteln des Freistaats kommt. Und natürlich sei auch die zusätzliche Förderung der Kultur in der Breite richtig: Allein: „Es ist vom Umfang her leider überschaubar.“ Außerdem fordere die Opposition all das schon seit Jahren.

Die Franken fühlten sich – ob nun zurecht oder nicht – von den Altbayern mal wieder übers Ohr gehauen. „Vergangenen Herbst herrschte landauf landab schlechte Stimmung“, erinnert sich Jörg, Vorsitzender des Landtagsausschusses für Hochschule, Forschung und Kultur. Er habe deshalb dem Ministerpräsidenten vorgeschlagen, ein Kulturkonzept für ganz Bayern aufzustellen. Zusammen mit Staatskanzleichef Thomas Kreuzer machte er sich ans Werk. Herausgekommen ist eben dieses „Bayerische Kulturkonzept“, das bis 2018 insgesamt rund 213 Millionen Euro plus Betriebskostenzuschüsse für verschiedene kulturelle Einrichtungen umfasst. „In der Breite kann man damit nicht viel machen“, räumt Jörg ein, „deshalb gibt es Schwerpunkte in jeder Region“. Neben den bisherigen Landesmuseen in Nürnberg, München, Augsburg und Ingolstadt soll es auch je ein Museum in Würzburg, Selb und Frauenau geben. Einrichtungen in der Stadt Würzburg bekommen allein aus diesem Fördertopf in den nächsten fünf Jahren rund 30 Millionen Euro, der Löwenanteil fließt dabei ins Mainfränkische Museum auf der Festung. Bislang wird es von Stadt und Bezirk finanziert, nun steigt das Land mit ein. Die Opposition kritisierte das Kulturkonzept, weil es zuvorderst den Gebäuden und nicht den Kulturschaffenden zugute komme. „Ich war damit auch nicht völlig glücklich“, sagt Jörg.

Ein Konzept für nördliche Breiten

Die Versiebenundzwanzigfachung

Auslöser für die zusätzlichen Millionen aus dem Staatshaushalt war nicht gerade die Einsicht in München, man müsse auf die ohnehin für 2013 und 2014 eingeplanten 1,4 Milliarden Euro für Kultur noch etwas draufpacken. Es war vielmehr der Unmut im Norden Bayerns, wie die Mittel verteilt werden. Die Posse um das nicht transportfähige DürerSelbstbildnis, die Pläne für einen Münchner Konzertsaal, das Museum für Bayerische Geschichte in Regensburg…

Deshalb habe er Überzeugungsarbeit dafür geleistet, dass aus den Fraktionsreserven von CSU und FDP noch Gelder in eine zweite Säule des Kulturkonzepts fließen. Die Mittel stammten aus noch unverplanter Verfügungsmasse des Doppelhaushalts, die die Regierungsfraktionen nutzen können, um eigene Schwerpunkte zu setzen. Für Kultur war in der Fraktionsreserve ursprünglich eine Million Euro angesetzt. Doch Jörg setzte sich dafür ein, nochmals rund 26 Millionen

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Das Mainfränkische Museum müsste für ein tragfähiges Zukunftskonzept aufwändig umgebaut werden. Ob die neuen Kulturtöpfe das nötige Geld bringen?

Euro draufzusatteln, die nun komplett in die Breite des Kulturbetriebs fließen. „Mit dem Geld werden Sing- und Musikschulen unterstützt, nichtstaatliche Orchester sowie Museen, Trachtenvereine, Volksmusiker, Chöre“, listet CSU-Kulturpolitiker Jörg auf. Ganz besonders freue es ihn, dass auch die Jugendkunstschulen sowie die Museumspädagogik von der sogenannten zweiten Säule profitierten. „Im pädagogischen Bereich müssen wir noch viel machen, um nachfolgende Generationen für Kultur zu begeistern“, betont der Würzburger. Die Breitenwirkung bei Kulturpolitik sei deshalb so wichtig, weil Kultur heute das Bindeglied für die Gesellschaft sei. „Es sind nicht mehr im selben Maße wie früher die Kirchen und auch nicht die dörflichen Strukturen, die den Kitt unseres Zusammenlebens ausmachen“, findet Jörg. Das könne die Kultur leisten, dazu brauche sie aber staatliche Unterstützung: KulturGut 12 | Seite

„Kulturangebote, die sich selbst tragen können, sollen das tun – aber das klappt nun mal nicht bei jedem Angebot.“

Subvention gehört zur Kultur Das sieht auch SPD-Politiker Volkmar Hartleib so. „Unser öffentlicher Nahverkehr, unsere Schulen – all das funktioniert nicht ohne staatliche Unterstützung, da macht die Kultur keine Ausnahme.“ Es sei wichtig, durch die Subventionierung von Kultur auch den Menschen den Zugang dazu zu ermöglichen, die sonst aus eigener Wirtschaftskraft außen vor blieben. Daher sei auch die zweite Säule des Kulturkonzepts im Ansatz gut. Aber auch sie greife „zu kurz“. Die Mittel für den Erhalt kulturell genutzter historischer Gebäude seien in den vergangenen Jahren derart gekürzt worden, „dass es da nun

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Bronnbacher Kultouren 2013 Musik & Genuss mit Ambiente Sa. 15.6. 20:00 Uhr

1. Bronnbacher Weintafel im Satzenberg Die Bronnbacher Weintafel vereint in einem eleganten Rahmen in der Weinlage Satzenberg ein ansprechendes Ambiente, qualitätsvolle Weine sowie den phantastischen Blick auf das Kloster Bronnbach. Musikalische Umrahmung mit dem Ensemble „Moenus“ mit Klassik, Jazz, Klezmer oder ganz modern – je nach Stimmungslage der Gäste. Teile des Klosters werden ab 22 Uhr für die Gäste beleuchtet. Ebenfalls ab 22 Uhr ist die Spätlesebar am alten Weinberghäuschen geöffnet.

43. Bronnbacher Kreuzgangserenade Fr. 5.7. 20:00 Uhr

„English Concert“ Britischer Abend: Die Musik des Vereinigten Königreiches – von Henry Purcell bis Edward Elgar ensemble enigma; Dirigentin: Bettina Rohrbeck Sa. 6.7. 20:00 Uhr

„Female Muses in Klassik und Jazz“ Wandelkonzert mit „Point of View“ und abschließendem festlichem Barbecue Informationen und Kartenvorverkauf: Kloster Bronnbach · Verwaltung im Prälatenbau Bronnbach 97877 Wertheim · Tel. (0 93 42) 9 35 20 20 21 · www.kloster-bronnbach.de

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einen riesigen Investitionsstau gibt“, den auch die 213 Millionen Euro bis 2018 nicht auflösen können. Auch bei der breitenwirksamen Kultur habe der Freistaat zu sehr „von der Substanz gelebt“ und zu wenig gefördert, sagt Halbleib. „Die Fassade des Kulturstaats Bayern hat dadurch inzwischen ganz schöne Risse bekommen.“ Das würde CSU-Politiker Oliver Jörg so freilich nicht sagen – aber auch er hat durchaus noch offene Wünsche auf der Liste: „Ich wäre ein schlechter Kulturpolitiker, wenn es anders wäre.“ So schwebt ihm zum Beispiel vor, dass die neuen Medien flächendeckend Einzug in die Museen finden, etwa in Form von kleinen Apps für Smartphones: „Damit kann man ganz anders auf die einzelnen Zielgruppen von Kind bis Rentner eingehen als mit bloßen Vitrinen.“

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Junger Alter Hafen Der Nachwuchs engagiert sich für das Kreativ-Quartier von Anna Valeska Strugalla / Fotos: Benjamin Brückner u. a.

+ Sie gingen es geschickt an. Mit kleinen Aktionen setzten sie Maßstäbe, pirschten sich langsam heran und steckten das Gebiet ab. Jetzt ist es umzingelt, kann vielleicht schon gar nicht mehr ohne sie und erliegt langsam ihrem Charme. Junge Kreativlinge und Initiatoren umwerben den Alten Hafen derzeit mit frischen Ideen. Und das Buhlen um das Areal an der Veitshöchheimer Straße bleibt nicht unerwidert – decken die kleinen Visionäre doch Nischenthemen auf, denen sich die Würzburger Kulturszene bis dato nur wenig gewidmet hat. KulturGut 12 | Seite

Mit den Ausstellungen auf seiner Arte Noah spült der Würzburger Kunstverein seit 2007 zeitgenössische künstlerische Substanz in das Hafenbecken. Im Jahr zuvor besetzte der Hafensommer erstmals die Betonstufen überm Wasser mit Besuchern und öffnet denen seitdem die Ohren für außergewöhnliche Musik. Doch im Winter liegt die ehemalige Einfahrt der unterfränkischen Handelsschifffahrt kulturell brach. Dieses Problems haben sich Dominik Straub und Thomas Howert schon zweimal temporär angenommen. Auf der „Eisbrecher Ul-

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la“ mischten sie das gefrostete Mainwasser in den vergangenen zwei Wintern mit Musik, Tanz, Literatur und Kunst jeweils für zwei Monate auf. „Wir haben einfach genau das veranstaltet, was uns im Würzburger Kulturprogramm gefehlt hat. Offensichtlich waren wir mit unseren Bedürfnissen nicht allein, denn nach ein, zwei Wochen lief die Ulla auf Hochtouren“, so Straub. Aus einer Binnenschifferfamilie stammend, hat ihn das Hafenflair sofort überzeugt: „Die Nähe zur Stadt und dann noch diese ganz besondere, trotz der Größe des Areals irgendwie intime Stimmung, das hat schon was.“ Ein Eisbrecher durchkreuzt Gewohnheiten und Institutionen, so die Vision der zwei Gründer. Ein altersgemischtes Publikum, das nach der Kleist-Lesung auf ein Bierchen zu der Early R’n‘B Musik tanzt, das haben die beiden bekommen. Doch nach den zwei Wintern auf rauer See zieht es die beiden an Land. Mit dem Erscheinen dieser KulturGut-Ausgabe werden sie ihre Vision vom jungen Leben im Alten Hafen als Pächter der Museumsgastronomie „Lumen“ verwirklichen können: mit einem bunten Veranstaltungsprogramm und guter Musik würden sie gern die einen Gäste auf einen Abend im Zauberberg einstimmen und gleichzeitig anderen einen Absacker nach dem Kabarett im Bockshorn anbieten.


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Vorwärts zur alten Funktion: Container in den Hafen Dass der Hafensommer im letzten Jahr einen ständigen Zaungast hatte und 2011 sogar von einem weißen Hai heimgesucht wurde, ist dem Würzburger Architekt und Kunstinstallateur Matthias Braun zu verdanken. Das Gelände hat es ihm genauso angetan wie den anderen Künstlern: „Das Areal gibt noch viel mehr her, da kann man tolle Sachen veranstalten.“ Seine neueste Idee bringt ihn jedoch weg vom Wasser, auf den Oskar-Laredo-Platz vor dem Kulturspeicher. Das ist kein Zufall, denn hinter seinem Vorhaben steckt, im Gegensatz zum sarkastischen Fischstäbchen im Hafenbecken, eine richtige Vision. Die neue Installation könnte eine Art Portalfunktion haben, die zum Hafensommer einlädt. Aus Überseecontainern sollen Eingangstore konstruiert werden und auf dem Oskar-Laredo-Platz eine kleine Container-City entstehen. Das bietet zusätzlich Raum für Ausstellungen oder Gastronomie. Auch der Evergreen unter den Passantenfragen ab CCW main-

„Klangprojektor“-Tagesdisko bis in die Nacht hinein, Port-Portal-Urheber Matthias Braun.

Vielfach benötigt es einen genaueren Blick, um all die jungen Machenschaften zwischen Heizkraftwerk und Cinemaxx auszumachen. Beim „Open Air“ der Würzburger „Klangprojektoren“ hätten auch zugehaltene Ohren und eine Augenbinde nichts genutzt. Ob Sonnenschein oder Visuals, ob Tanzfläche oder Sandkasten – fünfhundert tanzende, nimmermüde Gäste, von mittags bis nachts zu minimalistischen Klängen auf den Beinen, zeigten: Dieser Ort ist wie für uns gemacht! Mit drei Veranstaltungen auf der Terrasse des „Lumen“ erfüllte sich das DJ&Visuals-Kollektiv „Klangprojektor“ einen Traum von Location. „Die Terrasse direkt am Wasser, eine kühle Brise und die Sonne, die einen den Tag über begleitet. Und dann gegen Abend der beleuchtete Hafenkomplex im Hintergrund, das kam wirklich gut an“, schwärmt Julian Fischer, einer der Klangkünstler. Gerne würde sich das Quartett weiter an den besonderen Plätzen des Geländes ausprobieren und seine Musik in Hafenszene setzen. „Uns würde da noch einiges einfallen“, schmunzelt der Kulturmanagement-Student. KulturGut 12 | Seite

aufwärts: „Wo geht’s denn jetzt hier zum Kulturspeicher?“ wäre mit einer solchen Installation endgültig geklärt. Junger Alter Hafen. Mit außergewöhnlichen Ideen haben sich junge Würzburger einen Weg ins Kulturquartier gebahnt und dabei den Nerv ihres Publikums getroffen. Ihre Philosophie: „Nichts ist unmöglich, wir sind gekommen um zu bleiben.“ Damit sorgen Straub, Fischer, Braun und viele weitere für eine erfrischende Brise im Hafenquartier. Klar machen zur Wende? Rundachtern!

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Unikat sucht Liebhaber

22. und 23. Juni, 11 bis 19 bzw. 18 Uhr, Rosenbachpalais Auf dem Areal des Staatlichen Hofkellers findet zum ersten Mal ein Markt für gehobenes Kunsthandwerk statt, ein Bummel zwischen Tradition und Moderne, zwischen Kunst und Handwerk. In dieser Region sehen sich auch die Weinmacher in der Residenz beheimatet und schließen sich den Keramik-, Holz, Stoff- und Steinwerkern mit ihren Reb-Arbeiten an: Verkostungszeit ist, der Eintritt kostenlos. | www.unikat-sucht-liebhaber.de ++++++++++++++++++++++++

Hafen.Sommer.Bilder.

25. Juni bis 17. August, Stadtbücherei im Falkenhaus Die schönsten Momente der sechs vorangegangenen Festivals am alten Hafen zeigen Fotos von Ulf Cronenberg, Rudi Merkl, Volker Heckenberger, Hans Will, Gerald Langer und Jürgen Königer während des siebten Hafensommers. | www.stadtbuecherei-wuerzburg.de ++++++++++++++++++++++++

Martin von Wagner

25. Juni, 19.30 Uhr, Neue Universität am Sanderring In der Ringvorlesung „Kulturstadt Würzburg“ stellt Dr. Stefan Morét im Brose-Hörsaal den Maler, Bildhauer, Kunstagent und Sammler vor, der der Uni seine Antikensammlung vermachte und dadurch bedeutend zum Rang der Kunststadt Würzburg beitrug. Zudem war schon sein Vater prägend: Hofbildhauer Johann Peter Wagner. Der Sohn lebte von 1777 bis

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1858. Als Kunst-Beschaffer von König Ludwig I. hielt er sich lange in Rom auf und unternahm von hier aus eine gefährliche Besorgungsfahrt durch die Ägäis, zu den Originalen… | www.uni-wuerzburg.de ++++++++++++++++++++++++

Arten- und Biotopschutz

5. Juli, 19.30 Uhr, Neue Universität am Sanderring (HS 127) Sie pflegen Hecken, Streuobstwiesen, Alleen und Teiche und betreuen Amphibienschutzzäune, Vogel- und Fledermauskästen – am 6. Juli 1973 wurde die Kreisgruppe Würzburg des Bundes Naturschutz gegründet. Zum Jubiläum gibt es wieder einen Film des Nürnberger Naturschützers Heinz Ehrenkäufer, Prof. Gerhard Kneitz, Vorsitzender des Naturwissenschaftlichen Vereins und Ehrenvorsitzender der BNKreisgruppe, moderiert die Veranstaltung. | www.wuerzburg.bund-naturschutz.de

Unbequeme Denkmale?

8. September, verschiedene Orte Dass ein Gefängnis zur Jugendherberge und eine Militäranlage Touristenmagnet wird, ist nicht selbstverständlich. Denn „bequem“ sind Denkmale selten. Es reicht schon, dass sie irgendwann ihren Zweck verlieren, nur noch herumstehen und trotzdem kosten. Auch die Stiftung Denkmalschutz weiß, dass nicht jedes Gebäude erhalten werden kann und muss, findet jedoch, dass sich eine Gesellschaft überlegen sollte, welche davon sie schützt. Das setzt voraus, dass man sie kennt. Ehemalige und aktuelle Würzburger Stief- und Sorgenkinder stellen die Führungen beim diesjährigen Tag des offenen Denkmals vor – das Gelände der Würzburger Bürgerbräu (übrigens: Bürgerbräu-Sommerfest 29. Juni, 8-24 Uhr!), vom Ämter- zum Studentenhaus, die Mozartschule; aber auch „altes Gerütsch“ an der Burkarder Straße und in Heidingsfeld. | www.tag-des-offenen-denkmals.de ++++++++++++++++++++++++

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Schatzsuche mit Rübezahl 3. September, 9.30 Uhr, Neubaustraße 12

Im dritten Stock des Barockhauses in der Neubaustraße, über dem Stadtarchiv, hat der Riesengebirgler Heimatkreis Trautenau e.V. seine Heimatstube eingerichtet. An jedem ersten Dienstag im Monat werden hier Erinnerungen und Brauchtum aus dem Riesengebirge wieder lebendig - mit Liedern, Geschichten und Gesprächen rund um die Mythen vom Berggeist Rübezahl. | www.trautenau.de ++++++++++++++++++++++++

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135 Jahre Tierschutz in Würzburg vorauss. 24. September bis 11. Oktober, Rathaus

Einige „hochwohllöbliche Herren“ waren es, die 1878 den Würzburger Tierschutzverein gründeten. Ihre Sorge galt allerdings weniger Fiffi & Co. als den damals noch schwer arbeitenden Reit- und Zugtieren und dem Schlachtvieh. Gefeiert wird das Vereinsjubiläum am 28. Juli mit einem Tag der offenen Tür im Tierheim am Elferweg, das damit auch seinen 60. Geburtstag begeht. Die Ausstellung im oberen Rathaus-Foyer dokumentiert die Anfänge und zeichnet nach, wie sich die Aufgaben mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen wandelten. | www.tierheim-wuerzburg.de


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Von Guttenberg für die Katz Die Plagiatsdebatten täuschen über strukturelle Defizite an den Hochschulen hinweg von Hanna Schwarz / Foto: Benjamin Brückner

+ Die Diskussionen über plagiierende Doktorarbeiten haben das Thema „wissenschaftliches Arbeiten“ in den Alltag getragen. Wirklich? Korrektes Zitieren, transparente Recherche und geistiger Diebstahl – darum geht es Politikern und Journalisten. Ausgespart wird das Thema leider dort, wo es auf diese Kriterien ankommt: an der Universität. Gewissenhafte Wissenschaft sollte beim „passiven Studium“ beginnen, beim Lesen von Forschungsliteratur. Doch schon hier zeigt sich erste Unaufmerksamkeit seitens der Studenten: Literaturrecherchen begrenzen sich oft auf Standardwerke und schöpfen weder die zahlreichen Angebote der Bibliotheken, noch die Bibliografien der gelesenen Bücher aus. Fußnoten werden in der Regel übersehen. Dass sich hier Hinweise auf weiterführende Literatur finden können, ist den Studenten offensichtlich nicht bekannt. Besonders beliebt sind Sekundärzitate geworden: So werden antike Autoren nicht aus ihren Originalquellen zitiert, sondern die passende Stelle aus der Sekundärliteratur geklaubt. Beim so genannten passiven Studium wäre also bereits ein deutlich höherer Grad an Aktivität wünschenswert. Bevor es an die Abschlussarbeit am Ende des Studiums geht, schreibt ein Student im Durchschnitt eine Hausarbeit pro Semester. Diese Anzahl an wissenschaftlichen Arbeiten lässt zunächst auf einen geübten Umgang mit dieser besonderen Form des Arbeitens schließen, ein näherer Blick jedoch entlarvt den Schein: „wikipedia“ oder „youtube“ gelten als zulässige Quellen, „copy and paste“ sind gängige Arbeitsmethoden. Bei der Korrektur sind nicht selten noch die Hyperlinks aus Lexikonartikeln zu finden, die Bibliografien enthalten zum Großteil mehr Internet- als Buchquellen. Epigramme sind heute keine kurzen, pointierten einführenden Worte philosophischer Größen auf die folgende Arbeit, sondern Ausschnitte aus Bühnenprogrammen aktueller Comedians. Großer Beliebtheit erfreut sich auch wieder die Dankesrede in der Hausarbeit und sogar Klausur, in der Max Mustermann seiner Mama für die Unterstützung und das gute Essen dankt. Was beim ersten Mal noch witzig erscheint, ist auf Dauer jedoch ein frustrierendes Faktum, welches die DozentInnen resignativ zur Kenntnis nehmen. Schlamperei seitens der Studenten? Nicht nur.

Uni-interne Abläufe beachten! Der schwarze Peter geht vor allem an die Universitäten selbst: der Ort, wo eigentlich die Forschung im Vordergrund aktiv betrieben werden sollte, ist nun eine Stätte der passiven, modularisierten Studiengänge. Der Anfang des Studiums weist nicht in die wissenschaftliche Arbeit ein, sondern gibt mit Hilfe diverser Propädeutika eine äußerst theoretische und oftmals textlose Einführungen in das jeweilige Fach. In fortschreitenden Semestern werden die Studenten durchgewunken, selten werden Arbeiten geprüft oder gar in einem Betreuungsgespräch mit dem Dozenten oder Professor besprochen. Der Grund hierfür ist nicht nur in einem unmotivierten Lehrkörper zu finden, sondern auch an der maßlosen Überforderung des Mittelbaus an der Universität. Die stetig wachsende Zahl der Studenten und engmaschige, modularisierte Studienpläne machen eine qualitativ wertvolle Betreuung KulturGut 12 | Seite

nahezu unmöglich. In der ganzen Bologna-Umstellung scheinen die Versuche, sinnvolle Stundenpläne zu erstellen, den Fokus „Lehre und Forschung“ verdrängt zu haben. Einige Lehrstuhlinhaber haben Defizite erkannt, mit Tutorien und Kursen wie „Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten“ bemühen sie sich um Abhilfe. Doch das reicht nicht. Die Tatsache, dass ledig-

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lich die Doktoranden und nicht deren Doktorväter in das Kreuzfeuer geraten, verweist auf ein fehlendes Verständnis der internen univer­ sitären Abläufe. Die Zusammenarbeit zwischen Studenten und Pro­ fessoren sowie Fragen der Betreuung sollten Priorität haben, denn an dieser Schnittstelle liegen erhebliche Mängel. Dozenten und Pro­ fessoren sollten sich aus der frustrierten Lethargie heraus begeben KulturGut 12 | Seite

und sich vermehrt um die Weitergabe dieser Form der Arbeit wid­ men, Gelder für weitere Angestellte zur Bekämpfung dieser Zustände sollten ermöglicht werden. Die Verantwortung für die Qualität und Si­ cherung des wissenschaftlichen Arbeitens trägt die gesamte Lehrer­ schaft. Sie ist keine Aufgabe der Politik, sondern der Universitäten und ihrer Studenten.

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Ein Theologe der Aufklärung 4. Juni, 19.30 Uhr, Neue Universität am Sanderring (HS 166)

Die Ringvorlesung „Kulturstadt Würzburg“ würdigt herausragende Gestalten in Kunst, Literatur und Wissenschaft von der Schönbornzeit bis zur Reichsgründung. Am ersten Junidienstag erinnert der Kirchenhistoriker Prof. Dominik Burkard an den heute weitgehend vergessenen Theologen, Historiker und Bildungsreformer Michael Ignaz Schmidt (17361794). Dessen für das große Publikum geschriebene elfbändige „Geschichte der Deutschen“ nutzte nicht nur Friedrich Schiller für seinen „Wallenstein“, das Werk beeindruckte auch Kaiserin Maria Theresia so sehr, dass sie den Arnsteiner als Leiter des Haus-, Hof- und Staatsarchivs nach Wien holte. | www.studiumgenerale.uni-wuerzburg.de ++++++++++++++++++++++++

Wasser für Alle

7. Juni bis 30. September, Botanischer Garten Wer die vom Verband Botanischer Gärten konzipierte Wanderausstellung zum UNESCO-Jahr der Wasserkooperation gesehen hat, weiß wieder, was man im Alltag gerne vergisst: Für das Leben von Mensch, Tier und Pflanze ist Wasser unverzichtbar. Und nicht ein Zuviel oder Zuwenig davon ist das Problem, sondern wie man mit dem kostbaren Nass umgeht. Gezeigt wird auch, was nahe liegt, wie Pflanzen die Problematik lösen – im Sumpf oder in der Wüste, als Schmarotzer oder in Symbiose. Zur Eröffnung führt Gerd Vogg, wissenschaftlicher Kustos des Gartens, durch die Ausstellung (7. Juni, 18 Uhr), zahlreiche Führungen erklären die Überlebensstrategien von Pflanzen (23. Juni, 21. Juli, 4. August, 8. September, je 14 Uhr) und Menschen (12. Juli, 18 Uhr) genauer. | www.bgw.uni-wuerzburg.de

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Von Menschenwerk und Gottesmacht

7. Juni, 9.15 Uhr, Archiv und Bibliothek des Bistums Würzburg Gemeinsam mit Gräzisten, Latinisten, Philosophen und Kirchenhistorikern der Universität beschäftigt sich das Zentrum für Augustinus-Forschung bei seinem 11. Studientag mit dem Streit um die Gnade vor (Paulus und Origenes), bei (Auseinandersetzung mit Pelagianismus) und nach (Jansenismus-Debatte) Augustinus von Hippo. Vorgestellt wird auch die Datenbank mit allen lateinischen Schriften, Predigten und Briefen des Kirchenlehrers. | www.augustinus.de ++++++++++++++++++++++++

Der Mode entkommt man nicht 14. Juni, 16.30 Uhr, Unibibliothek am Hubland

Der Weimarer Verleger Friedrich Justin Bertuch löste 1786 ein wichtiges Problem seiner Zeit: Er erfand mit dem „Journal des Luxus und der Moden“ die deutsche Modezeitschrift. Die informierte mit aufwändig kolorierten Kupferstichen und deren detailgetreuester Erklärung monatlich gut 25.000 deutsche Damen und Herren von Welt darüber, was in Europas Metropolen gerade angesagt war. Mit Holzschnitten des Nürnberger Druckers Jost Ammann bis zu Modefotografien des 20. Jahrhunderts zeigen Angelika Pabel und Barbara Pfriem, was die UB zum Thema Kleidung darüber hinaus noch zu bieten hat. | www.bibliothek.uni-wuerzburg.de ++++++++++++++++++++++++

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Alle Generationen in einem Boot

15. bis 18. August, 10 bis 19 Uhr, Viehmarkt Wir werden älter, wir werden vielfältiger, wir werden weniger – das Ausstellungsschiff MS Wissenschaft demonstriert auf gut 600 Quadratmetern, wie der demografische Wandel unsere Gesellschaft verändert. Filme zeigen, wie und wo das heute schon den Alltag prägt, Mitmach-Exponate vermitteln, was Hochschulen und Institute dazu forschen. | www.ms-wissenschaft.de ++++++++++++++++++++++++

Pädagogische Literatur

13. September, 16.30 Uhr, Universität am Wittelsbacherplatz 2011 wurde der Bibliotheksneubau am Wittelsbacherplatz eröffnet. Die modernen Arbeitsplätze und der umfangreiche Literaturbestand zu erziehungswissenschaftlichen Fragen kann jeder Interessierte nutzen – die Führung gibt einen ersten Einblick. | www2.bibliothek.uni-wuerzburg.de ++++++++++++++++++++++++

Romanistentag

22. bis 25. September, Universität am Hubland (Z6) In zweijährigem Turnus veranstaltet der Deutsche Romanistenverband, 1953 als Fachverband gegründet, den Deutschen Romanistentag. Den richten in diesem Jahr die Würzburger aus. Etwa 350 Wissenschaftler aus Europa, Lateinamerika, Kanada und Afrika werden in 20 Sektionen über „Herausforderungen und Chancen“ ihres Fachs referieren und diskutieren. | www.romanistentag.de


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Begegnungen

bis 2. Juni, Spitäle Seit den Anfängen dokumentiert der in Speyer lebende freischaffende Fotograf und Afrika-Fan Bugs Steffen das Würzburger Africa Festival. Gemeinsam mit dem veranstaltenden Afro-Project suchte er aus seinem reichhaltigen Fundus Porträts und Konzertfotos, die Momente aus 25 Festivaljahren und seine persönlichen Begegnungen mit Musikern und Publikum festhalten. | www.bugssteffenafrique.com ++++++++++++++++++++++++

Auf europäischen Spuren durch Würzburg 8. und 22. Juni, 15 Uhr, Treff: Alte Mainbrücke

Eine Stunde von der Totnanfigur bis zur Residenz? Die braucht man nur, wenn man unterwegs überall da anhält, wo die Beziehungen zu gut 20 anderen europäischen Ländern im Lauf der Jahrhunderte ihre Spuren im Stadtbild hinterließen. Jürgen Gottschalk von der ArGe Internationale Gesellschaften geht bei seiner Führung aber auch gerne auf Sonderwünsche ein. Informationen: Telefon 0931 271440, Mail: tj.gottschalk@arcor.de ++++++++++++++++++++++++

Bildung in mehrsprachigen Klassen 20. Juni, 18 Uhr, Universität am Wittelsbacherplatz, HS II

Auch in deutschen Klassen ist es nicht mehr Ausnahme, sondern Regel, dass Schüler mit völlig unterschiedlichen sprachlichen Biografien in den Bänken sitzen. Global betrachtet ist das, so die Hamburger Erziehungswissenschaftlerin Prof. Ingrid Gogolin,

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der Normalfall: Sogar erklärtermaßen einsprachige Gesellschaften wie die deutsche sind es eigentlich nicht. Hier ansässige Minderheiten wie Dänen und Sorben pflegen ihre Sprachen sehr bewusst, und das gilt auch für die Migranten aus verschiedensten Herkunftsländern. Professorin Gogolin stellt an diesem Abend das in einem Modellprogramm entwickelte Konzept der so genannten Durchgängigen Sprachbildung vor und illustriert es mit Beispielen aus der Praxis. „Interkulturelle Öffnung und Bildung in multikulturell geprägten Gesellschaften“ heißt die vom Zentrum für Lehrerbildung im Mai gestartete Vorlesungsreihe, die den Rahmen für den Vortrag liefert. | www.zfl.uni-wuerzburg.de ++++++++++++++++++++++++

Wir in Europa

27. Juni bis 24. Juli, VHS-Galerie im Flur 40 Jahre Europastadt Würzburg nimmt die Ausstellung zum Anlass, 60 Jahre zurückzuschauen: wie sich aus der Ursprungsidee, ein friedliches Nachkriegseuropa zu schaffen, die heutige Europäische Union entwickelte. In der das grenzüberschreitende Reisen, Leben und Arbeiten relativ einfach geworden ist und der Austausch zwischen Nationen und Kulturen in der Regel ja doch eher freundlich. Aber wie sieht die Zukunft für das „Europa der Bürgerinnen und Bürger“ aus? Das hängt, so die Ausstellung, nicht unwesentlich von diesen selber ab. Zu besichtigen ist sie während der VHS-Geschäftszeiten (Mo. bis Fr., 9 bis 16.30 Uhr) und nach Vereinbarung, kostenlose Führungen können unter info@vhs-wuerzburg.de gebucht werden. Wer weiter über das Thema nachdenken und diskutieren möchte: Am 19. Juli (19 Uhr) beantwortet Carolin Rüger, wissenschaftliche Mitarbeiterin der KulturGut 12 | Seite

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Würzburger Professur für Europaforschung und Internationale Beziehungen, die in der derzeitigen Krise oft gestellte Frage „EU – wozu?“. Und beim Europatag (20. Juli, 10 Uhr) geben Schnupperkurse, Begegnungen und Gespräche Gelegenheit, die VHS in ihrem europäischen Bezugs- und Beziehungsnetz zu erleben. | www.vhs-wuerzburg.info ++++++++++++++++++++++++

The Namesake

8. Juli, 18 Uhr, Uni am Hubland, Bau R 8/U/11b Die Filmreihe „Globalisierung, Migration und kulturelle Identität am Beispiel Indiens“ zeigt Mira Nairs 2007er Verfilmung des gleichnamigen Romans von Jhumpa Lahiri. „The Namesake“ (Der Namensvetter) schildert 30 Jahre von Assimilations- und Selbstfindungsversuchen von Indern an der US-amerikanischene Ostküste. Die Regisseurin wurde um 1990 bekannt mit „Salaam Bombay“ und „Mississippi Masala“. Mit Einführung und Diskussion. www.indologie.uni-wuerzburg.de ++++++++++++++++++++++++

Ins Land der Franken fahren 12. Juli, 16.30 Uhr, Universitätsbibliothek am Hubland

Reisende aus aller Welt waren schon in Franken unterwegs: Die Führung stellt gedruckte Reiseberichte des 16. bis 20. Jahrhunderts vor. Die enthalten so manch ungewohnte Sichtweise zur Schönheit von Städten und Landschaften und zur Eigenart der Bewohner. Treffpunkt an der Informationstheke, keine Anmeldung erforderlich. | www.bibliothek.uni-wuerzburg.de


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70 Extras für Europa Das Besondere an den Veranstaltungen zum Würzburger Preis-Jubiläum von Susanne Hoffmann / Fotos: Benjamin Brückner

+ Am Jubiläum „40 Jahre Europapreis“ beteiligen sich bis Oktober Vereine, Organisationen und Privatpersonen mit 70 fantasievollen Veranstaltungen. Die meisten werden von der Stadt finanziell unterstützt. Sie zeigen, dass Europa mehr bedeutet als Wirtschaftsraum und Währungskrise. Unter dem Motto „Im Herzen Europa! Und Würzburg mittendrin“ bietet der Würzburger Gästeführerverein erstmals Stadtführungen mit Liedern aus Schweden, Frankreich, Italien und Großbritannien an, wobei historische Anknüpfungspunkte zu den jeweiligen Ländern aufgespürt werden. „Schön wäre es, diese Art der Führungen zukünftig KulturGut 12 | Seite

auch bei anderen Anlässen anzubieten“, meint Maria Pertmann-Ley, die sich mit den Verbindungen des Schwedenkönigs Gustav Adolfs zu Würzburg beschäftigt. Ihre Kollegin Valerie Kistenberger hat die Robin Hood Connection zum Thema gemacht: „Natürlich hat die Legende Robin Hood nicht direkt etwas mit Würzburg zu tun“, lautet ihre Auskunft. Es geht hier vielmehr um die Frage: Was verbindet Würzburg mit den Partnerstädten? Und manchmal könne man dies am besten über Umwege schildern. Auch der Vorsitzende der Deutsch-irischen Gesellschaft Jürgen Gottschalk begibt sich „Auf europäischen Spuren durch Würzburg“, wo-

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bei er auf sein bewährtes Angebot an Führungen setzt. Zum Jubiläum hat sich eine irische Pilgergruppe bei ihm angemeldet. „Dabei geht es um die Suche nach den gemeinsamen historischen Wurzeln“, so Gottschalk. Im Herbst plant er Führungen für Kinder und Jugendliche zum Thema Europa. Kultur und Kulinarik vereint die VHS während der großen CornwallNacht. „Das ist die intensivierte Wiederaufnahme einer Veranstaltung, die schon vor drei Jahren großen Anklang fand“, sagt Robert Selzer, der für das Programm zuständig ist. „Wir möchten mit den Klischees aus den Rosamunde-Pilcher-Filmen aufräumen, die fast nichts mit dem wirklichen Cornwall gemein haben und von den Leuten dort auch nicht sehr geschätzt werden.“ Die Idee dazu stammt von zwei Oldenburgern.

Alte Länder, neue Shows Eine erfolgreiche Wiederbelebung erfuhren „Die Gartenleser“, ein loser Verbund von Literaturfreunden, die schon einmal beim Stadtjubiläum 2004 in den Themengärten der Partnerstädte passende Texte rezitiert hatten. Der neunjährige Turnus ihres Erscheinens zeigt: Hier wurde keine ohnehin laufende Veranstaltung umetikettiert und als Beitrag zum Europajahr ausgegeben. Wie auch die allermeisten anderen Programmpunkte wären „Die Gartenleser“ ohne Würzburgs Europafestival kaum aufgeblüht. „Mit dem EU-Programm Leonardo da Vinci durch Europa“ heißt ein launiger Erfahrungsbericht, der im Zusammenwirken zweier ganz unterschiedlicher Berufsgruppen entstanden ist. Bei einer internationalen Weinverkostung berichteten Heilerziehungspfleger und angehende Winzer über ihre Erfahrungen bei Auslandspraktika.

„Ungarische Vormittage“ heißt der Beitrag der Graf zu Bentheim Schule im Blindeninstitut. Um mit dem Projekt, das speziell für die Feier konzipiert wurde, eine möglichst breite Bevölkerung anzusprechen, wurden drei weitere Veranstaltungsorte mit einbezogen: ein Seniorenheim des Bürgerspitals, die Grundschule Lengfeld und die Erziehungswissenschaften der Uni. „An unserer Schule arbeiten zahlreiche Pädagogen aus Ungarn“, erläutert Sabine Tracht ihre Motivation, und: In Ungarn wurde die Therapie entwickelt, die ihre Schule anwendet. Vorträge, Musik, Tanz und kulinarische Spezialitäten sollen die ungarische Kultur auch Blinden erfahrbar machen. Die Robert-Kümmert-Akademie vernetzt Projekte für Menschen mit Behinderung auf europäischer Ebene. Für den Kochabend „Essen und Trinken in Europa“ für Menschen mit Lernschwierigkeiten sammelte man Rezepte aus verschiedenen Ländern, woraus schließlich ein internationales Kochbuch hervorging. „Es ist uns wichtig, dass auch Behinderte an den öffentlichen Feierlichkeiten teilhaben“, sagt Projektleiterin Christel Baatz-Kolbe. Ein dreitägiger Frauenkongress erwartet im Juni zahlreiche Frauen aus den Partnerstädten. „Eine ähnliche Veranstaltung gab es vor zwei Jahren anlässlich des Jubiläums 100 Jahre Internationaler Frauentag“, so Ulrike Schuhnagel von der Akademie Frankenwarte, die zusammen mit der Gleichstellungsstelle des Rathauses zur Tagung lädt. Das Europastadt-Jubiläum ist für beide Veranstalter ein willkommener Anlass: „Wir tauschen auf internationaler Ebene Erfahrungen aus, wie die Chancen für Frauen verbessert werden können.“

LINK: | www.wuerzburg.de

„Was tun gegen Arbeitslosigkeit?“ fragten Anfang Mai Jugendliche aus sieben „Europapreisträgerstädten“ bei einem Foto-Workshop mit Benjamin Brückner. KulturGut 12 | Seite

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Hut gut voll Zehn Jahre Erfahrungsaustausch: Würzburgs Straßenmusikfestival von Joachim Fildhaut

+ „Tragt mich, oh Landstraßen, heimwärts zum Ort meiner Kindheit!“ Wenn der Sänger in West Virginia hinter seiner Mountain-Momma in tiefer Provinz ankommt, wird er auf eins sicher nicht treffen: Straßenmusik. Denn die ist ein Phänomen von touristisch frequentierten Metropolen oder gleich gar von reinen Ferienorten – darin sind sich Künstler aus aller Herren Länder im Umfeld des Würzburger StraMuFestivals einig. Welche unterschiedlichen Straßenmusikkulturen prägen nun die 20 Herkunftsländer der mehr als 400 Street-Artists, die vom 6. bis 8. September in der Altstadt erwartet werden? Falsche Frage! Die Unterschiede zwischen den Künstlern gehen auf regionale Musiktraditionen zurück, nicht auf deren Darbietung im öffentlichen Raum. Lieder aus Israel und Sackpfeifen der Bretagne sind an vielen Orten gleichzeitig präsent, müssen sich sogar gegeneinander durchsetzen. Die Straßenmusikkultur unserer Urlaubsorte ist ethnisch stark gemixt. Zusätzlich zu den Folkloren wird sie mit Songwritersongs durchsetzt: Take me home, country road… Bei der Popularität des Popularen macht das vermeintliche Eldorado Irland keine Ausnahme. So erzählt Lani aus Galway: „Spiele für Stunden, du kommst kaum über die Runden. Spiele einmal Oasis“ – oder ähnliche Rock-Hitter –, „und du kannst dir sofort ’ne Pizza leisten.“ Das Straßenpublikum will immer wieder wiedererkennen. Dieser Königsweg zum Erfolg bringt übrigens Stundeneinnahmen von 15 bis 50 Euro, zumindest werden derartige Gewinne als Erfolg definiert. Die Mindestausbeute sollte Profis zufolge 30 Euro am Tag betragen. Hierzu ist Können nicht partout Bedingung für eine beglückende Performance. Community-Mitglied Dome meldet sich: „Wichtig ist immer, Spaß an der Sache und den Songs zu haben – denn das merkt der Zuschauer!“ Daher muss sich niemand auf das globalisierte Repertoire verpflichten. Ganz im Gegenteil verschafft auch eine konsequente Regionalisierung des Liedguts Respekt und klingende Hüte. Das gilt für das oberbayerische Damen-Vokaltrio, das sich auf Kirchenlieder im Dialekt KulturGut 12 | Seite

spezialisiert hat, wie für alle Verfechter des Authentischen. Das fällt auf, das ist originell. Sinti, Roma, Rumänien, Bulgarien – hier mag man am ehesten auf eine autochthone Straßenmusikszene treffen. Besagt das Vorurteil. Und trifft nicht zu. Auch in Osteuropa bieten in erster Linie touristische Flecken die Bühne für Klangkünstler, und die stammen auch hier vielfach aus westlichen Ländern. So hat die Szene an der unteren Donau die Multiinstrumentalistin Ruth „ein bisschen enttäuscht, weil wir kaum einheimische Musiker getroffen haben, von denen wir etwas hätten lernen können“.

Das Festival ist die Straße Straßenmusikkulturen unterscheiden sich im Detail, etwa betreffs der Entlohnungsmodi. Ruth erzählt von Bulgarien: „Man spielt, wenn man irgendwo rangerufen wird, und zwar so lange, wie einem Geld zugesteckt wird.“ Die deutsche Verwaltungssitte, dass Spieler nach einer halben Stunde ihren Standort zu wechseln haben, ist auch jenseits der Bundesgrenze verbreitet. Seine große Frankreich-Erfahrung bringt der Bluesmichel von den The Les Clöchards ein: „Sehr kulant, was Genehmigungen für Street-Music angeht – bloß immer nett zu den Polizisten sein! Man kann auch in der Mairie, also im Bürgermeisteramt nachfragen, die stellen öfter mal spontan eine Genehmigung aus.“ So hat jeder wichtige Informationen. Beim Würzburger Festival tauschen sich die Artists und Artisten aus, in welchen Städten Straßenmusik überhaupt noch lohnt und welche Festivals empfehlenswert sind: Wo werden Künstler nicht für einen Appel und ein Ei am Rand eines Festivals als kostenlose Clowns wahr-, sondern als wetterfeste Open-Air-Künstler ernstgenommen? Denn schließlich: Die strikten Auflagen der allermeisten Kommunen entziehen echten Profis die Arbeitsgrundlagen für ihr Alltagsgeschäft.

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Feind der Straßenkunst sind Behördenvorschriften vieler Städte. Da muss sich mancher ganz schön verbiegen.

„Deshalb sind hörenswerte Musiker fast nur noch auf Festivals anzutreffen“, sagt Antje Molz, Gründerin des Würzburger StraMu. Und bedauert selbst, dass Festivals ein „zunehmend umkämpftes Gebiet werden“. In Würzburg bewarben sich heuer 532 Künstler und -gruppen auf 80 Plätze. Dennoch kommt Antje Molz nach einem kurzen KulturGut 12 | Seite

Seufzer ins Schwärmen über Musiker, die „die Freiheit der Straße suchen wie Jimmy Kelly. Mit der Kelly-Family hat er schon alles erlebt und zieht täglich neu los, um die Menschen zum gemeinsamen Musikerlebnis zu bewegen und den Passanten unvergessliche Momente mitzugeben…“

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C. v. D.: Joachim Fildhaut

Auflage: 10.000 Exemplare ISSN 2191-9666

Mitarbeiter: Susanne Hoffmann, Manfred Kunz, Gabriele Polster, Dr. Suse Schmuck, Michaela Schneider, Hanna Schwarz, Daniel Staffen-Quandt, Dr. Hans Steidle, Anna Valeska Strugalla, Prof. Christiane Thalgott, Christine Weisner.

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Redaktionsbeirat: Anja Flicker, Muchtar Al Ghusain, Stefan Moos, Dr. Rotraud Ries, Hermann Schneider, Dr. Gunther Schunk, Prof. Dr. Ulrich Sinn Fotos: Benjamin Brückner, KulturGut-Bildarchiv, Veranstalter. Die Illustrationen zum Schwerpunktthema fotografierte Benjamin Brückner.

KulturGut erscheint dreimal jährlich in Würzburg.

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KulturGut 13 Oktober 2013 |

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MAINFRANKEN THEATER WÜRZBURG VON GELD UND GÖTZEN SPIELZEIT 2013/2014 THEATERFEST 14. SEPTEMBER | DER HEIRATSANTRAG / DER BÄR PREMIERE 15. SEPTEMBER WIR VERKAUFEN IMMER PREMIERE 20. SEPTEMBER | LOHENGRIN PREMIERE 29. SEPTEMBER Vorverkaufsstart 10. September 2013 | Karten Tel. 0931 / 3908-124, karten@theaterwuerzburg.de | www.theaterwuerzburg.de/spielplan


23.7.–15.8.2013 Highlights auf der Hafenbühne 2013 24.07. Jon Hassell (USA) 25.07. Axel Prahl & Das Inselorchester (D) 26.07. Chilly Gonzales (Kanada) 28.07. Jane Birkin (Frankreich, Japan) 29.07. The Notwist (D) 04.08. Natacha Atlas (Ägypten, Belgien, UK) 08.08. Sophie Hunger (Schweiz) 10.08. Manu Katché / Tony Levin (Frankreich /USA)

Weitere Programmpunkte

A.Spell, Quadro Nuevo, Nik Bärtsch‘s Ronin, Ganes, Soname, Monika Roscher Bigband, Ofrin, Guy Klucevsek, Gianmaria Testa, Ringsgwandl, Lee Fields, Mr. Jazz & Mr. Blues, Anna Aaron, Joasihno, Lucas Santtana, Monophona, Mamsell Zazou, Osca, Ziveli Orkestar u. a.

www.hafensommer-wuerzburg.de

www.hummel-lang.de

Festival am Alten Hafen


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