Az.: 1 BvL 7/16 In dem Vorlageverfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG – Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des SG Gotha vom 02.08.2016, S 15 AS 5157/14 – danken wir im Namen von Tacheles e.V. für die Gelegenheit zur Stellungnahme als sachkundige Dritte. Der Verein Tacheles wurde 1994 als Selbsthilfeinitiative von Menschen, die von Armut und Erwerbslosigkeit betroffen sind, gegründet. Man verstehe Selbsthilfe als Hilfe von Betroffenen für Betroffene. Von Anfang an hat der Verein es auch als seine Aufgabe verstanden, dazu beizutragen, dass die Stimmen Erwerbsloser und von Armut Betroffener in der Öffentlichkeit und Politik Gehör finden. Die Gründung des Vereins Tacheles war auch eine unmittelbare Reaktion auf die tödlichen Brandanschläge von Solingen und Mölln zu Beginn im Jahr 1992. Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhaltes stehen daher seit jeher im Fokus des Vereinsinteresses. Tacheles e.V. setzt sich seit Inkrafttreten des SGB II für die Abschaffung der Sanktionen ein. Wir halten die Sanktionsvorschriften sozialpolitisch für verfehlt und sind überzeugt, dass Sie kein geeignetes Mittel sind, um Menschen dabei zu unterstützen, im Erwerbsleben Fuß zu fassen. Sanktionen haben nach unseren Erfahrungen aus der Praxis der Sozialberatung z.T. verheerende Auswirkungen auf die Lebensführung der davon betroffenen Leistungsberechtigten und führen nicht selten unmittelbar in existentielle Notlagen. Von Sanktionen Betroffene fühlen sich oftmals von der Situation überfordert, den Behörden ausgeliefert und ungerecht behandelt. Wir sind überzeugt, dass die Auswirkungen der Sanktionsvorschriften des SGB II den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden und bereits beschädigt haben. Dies vorangestellt werden wir in unserer Stellungnahme der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Sanktionsvorschriften nach §§ 31 ff. SGB II nachgehen und unter dieser Prämisse auch unsere Erkenntnisse und Feststellungen zu den Wirkungen und praktischen Folgen vortragen.