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Versorgungsbericht zeigt Mängel auf und benennt Lösungsansätze
Traumatisierte Geflüchtete
B. Lackus-Reitter
Dr. R. Maitra MPH Viele Flüchtlinge, die nach BadenWürttemberg kommen, sind psychisch schwer traumatisiert. Die psychotherapeutische Versorgungslage ist hierzulande aber meist
unzureichend, vielen kann nicht effekTraumatisierte Flüchtlinge leiden lebenslänglich unter den seelischen und körperlichen Verletzungen, die ihnen zugefügt wurden. Um die traumatischen Erfahrungen verarbeiten zu können und den Anforderungen des tiv geholfen werden. Dies sind zentraAlltags gewachsen zu sein, benötigen sie professionelle Hilfe. Die Hilfsangebote sowie bestehenden Versorgungsle Erkenntnisse des neuen Berichts zur defizite und -probleme dokumentiert der vorliegende 3. Versorgungsbericht, herausgegeben von der Landesärztekammer Baden-Württemberg und der Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg. Versorgung traumatisierter Geflüchteter, den die Landesärztekammer und die Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg am Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 2020 vorgestellt haben. Beide Organisationen appellierten an die Landespolitik, die psychotherapeutische Versorgungslage zu verbessern. „Die schwierige Situation, in der sich traumatisierte Geflüchtete befinden, wird zu wenig wahrgenommen“, sagte Dr. Robin Maitra, Menschenrechtsbeauftragter der Landesärztekammer. „Mit dem Versorgungsbericht wollen wir aufzeigen, dass das Leid dieser Menschen nicht ausgeblendet werden darf.“ Birgitt Lackus-Reitter, die Menschenrechtsbeauftragte der Landespsychotherapeutenkammer, ergänzte: „Uns geht es nicht nur darum, Mängel aufzuzeigen. Wir benennen auch Lösungsansätze, um Menschen, die dringend Hilfe brauchen, effektiv in Therapie zu bringen.“
Wodurch werden Menschen in der Heimat und auf der Flucht psychisch belastet? Was sind die Hürden, die effektive psychotherapeutische Hilfe in der Praxis oder in der psychiatrischen Klinik erschweren – und wie sind sie zu überwinden? Wie können die Psychosozialen Zentren (PSZ) in Baden-Württemberg, bei denen vorrangig traumatisierte Geflüchtete Hilfe finden, gestärkt werden? Zu diesen Themen liefert der Versorgungsbericht Antworten und Analysen.
Zu den großen Hürden, die insbesondere den Zugang zur Psychotherapie, aber auch deren effektive Durchführung erschweren, zählen unter anderem sehr lange Wartezeiten auf einen Therapieplatz, großer bürokratischer Aufwand bis zur Kostenübernahme von Therapien, das gänzliche Fehlen psychotherapeutischer Angebote im ambulanten Sektor sowie Personalmangel in psychiat-
3. Versorgungsbericht Baden-Württemberg
Traumatisierte Geflüchtete
3. Versorgungsbericht Baden-Württemberg
Traumatisierte Geflüchtete
rischen Einrichtungen. Zentrale Probleme bei der Behandlung traumatisierter Geflüchteter sind vor allem Sprach- und Kulturbarrieren zwischen Therapeut und Patient sowie die Tatsache, dass professionelle und geschulte Dolmetscher im Rahmen der Therapie allzu oft nicht finanziert werden. In der Folge müssen viele Therapeuten selbst für Dolmetscher-Kosten aufkommen, auf ehrenamtliche Angebote ausweichen oder können gar nicht mit Behandlungen beginnen.
Der Versorgungsbericht beschäftigt sich auch eingehend mit den neun Psychosozialen Zentren in BadenWürttemberg. 2019 konnten die Zentren mehr als 2.500 traumatisierten Geflüchteten helfen. Auch ohne Berücksichtigung der sehr hohen Dunkelziffer ist der Versorgungsbedarf allerdings viel höher: Die Zentren stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen und können in vielen Fällen nicht im eigentlich benötigten Umfang helfen.
Der im Bericht enthaltene Maßnahmenkatalog listet auf, wie sich die Situation grundlegend verbessern lässt. So fordern die Kammern unter anderem Politik und Verwaltung auf, den Einsatz von professionellen und geschulten Dolmetschern zu finanzieren, um Behandlungen effektiver durchführen zu können. Darüber hinaus wird gefordert, die Psychosozialen Zentren durch regelmäßige öffentliche Zuwendungen stabil und langfristig abzusichern – damit sich die Zentren langfristig um die Geflüchteten-Versorgung kümmern können. Aktuell bestehen bei den Zentren zu viele Abhängigkeiten von Förder- und Spendengeldern, zudem müssen öffentliche Gelder unter hohem Aufwand stets neu beantragt werden.
Landesärztekammer und Landespsychotherapeutenkammer verwiesen darauf, dass sich die Landespolitik vor Jahren bindend verpflichtet hatte, die Situation zu ändern: Bereits 2014 hatte das Land Baden-Württemberg mit der Verabschiedung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes die EU-Aufnahmerichtlinie für besonders Schutzbedürftige 2013/33/EU in Landesrecht überführt und sich damit zur notwendigen medizinisch-psychotherapeutischen Versorgung Geflüchteter bekannt. Auch im 2016 geschlossenen Koalitionsvertrag der aktuellen Landesregierung findet sich eine Passage, die eine Verbesserung der Lage thematisiert. „Wir hoffen, dass diese Verlautbarungen kein Lippenbekenntnis sind“, betonten die Menschenrechtsbeauftragten der Kammern. „Wir appellieren auch vor dem Hintergrund der Landtagswahlen im kommenden Jahr an aktuelle und zukünftig politisch Verantwortliche, mit Entschlossenheit an der Umsetzung zu arbeiten. Gerade vor dem Hintergrund der Versorgung und Integration Geflüchteter darf das Thema nicht vernachlässigt werden.“
Als zusätzliches Hindernis sahen die Menschenrechtsbeauftragten die Corona-Pandemie, die die öffentliche Wahrnehmung dominierte. Es sei zu befürchten, dass die Nöte traumatisierter Geflohener weiterhin kaum wahrgenommen werden, sagte Dr. Maitra. „Dabei sind es gerade Geflüchtete, die oft durch problematische Lebensverhältnisse Hygieneregeln nicht einhalten können und besonders gefährdet sind, sich zu infizieren und die Infektion weiterzutragen.“ Lackus-Reitter ergänzte: „Sie sind es auch, denen coronabedingte Kontaktreduktion und soziale Isolation wegen ihrer belasteten Psyche besonders stark zusetzen.“ – Corona sei damit ein weiterer gewichtiger Anlass, Versorgungsverbesserungen schnell in die Wege zu leiten.
Ein kompetentes Praxisteam ist für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte ein wichtiger Erfolgsfaktor. Betriebliche Altersvorsorge (bAV) kann dabei ein attraktives Mittel sein, um gute Praxismitarbeiter langfristig zu binden – und von Arbeitgeber-Vorteilen zu profitieren.
Nach wie vor gilt, dass Arbeitnehmer mehr fürs Alter vorsorgen sollten. Auch für niedergelassene Heilberufler und ihre Praxismitarbeiter gibt es attraktive bAV-Lösungen, exakt zugeschnitten auf die jeweiligen Strukturen und Wünsche beider Seiten – und ein Pluspunkt im Wettbewerb um Fachkräfte.
Jeder Arbeitnehmer hat einen Rechts anspruch auf eine Betriebsrente durch Entgeltumwandlung. So können Praxis mitarbeiter bis zu 284 EUR monatlich steuer- und sozial abgabenfrei für eine Betriebsrente sparen. Gleichzeitig erfüllen Praxisinhaber ihre gesetzliche Verpflichtung ohne wirtschaftliche Einbußen und gemäß ihren Vorstellungen. Als Arbeitgeber haben niedergelassene Heilberufler Gestaltungsfreiheit bei der Umsetzung der aktuellen gesetzlichen Vorgaben und können daher auch den Durchführungsweg bestimmen.
Vorteile der bAV für Arbeitgeber: • Positionierung als attraktiver Arbeitgeber • Professionelles Personalmanagement: Bindung und
Motivation der Mitarbeiter, Verbesserung des Ar beits klimas, Erhöhung der Mitarbeiterproduktivität • Reduzierung von Haftungsrisiken
Ein für viele Praxismitarbeiter besonders interessantes Argument: Alle angebotenen bAV-Verträge sind flexibel gestaltbar. Das gilt zum Beispiel für • eine Beitragsfreiheit während der gesetzlichen Elternzeit, • eine dynamische Anpassung der Beiträge an die in dividuelle Einkommenssituation, • den Beginn der Rentenzahlungen ab dem 62. Lebensjahr und • die verschiedenen Auszahlungsvarianten.
Wie sich die bAV für eine Arztpraxis mit zehn Beschäftigten darstellen könnte, zeigt beispielhaft das abgebildete Rechenbeispiel. Es stellt die Auswirkungen dar, wenn der Praxisinhaber allen zehn Mitarbeitern monatlich anstelle von 100 EUR mehr Gehalt einen Beitrag von 100 EUR in eine betriebliche Altersvorsorge zahlt. Unter dem Strich steht für die Praxis bei gleicher finanzieller Belastung eine Ersparnis von 140 EUR pro Monat – macht im Jahr einen Unterschied von 1.680 EUR.
Rechenbeispiel
Beitrag monatlich Sozialabgaben des Praxisinhabers (ca. 20 %) Steuerersparnis des Praxisinhabers (ca. 30 %) Nettoaufwand für den Praxisinhaber Liquiditätsvorteil Gehaltserhöhung statt bAV
bAV für 1 Mitarbeiter
bAV für 10 Mitarbeiter 100,00 EUR 100,00 EUR 1.000,00 EUR
+ 20,00 EUR 0,00 EUR 0,00 EUR
– 36,00 EUR – 30,00 EUR – 300,00 EUR
84,00 EUR 70,00 EUR
14,00 EUR 700,00 EUR
140,00 EUR
Schon dieses einfache Beispiel zeigt: Die betriebliche Alters vorsorge ist eine wichtige Investition in die Zukunft – durch die umfassende gesetzliche Förderung in Kombination mit attraktiven Konditionen auch für Praxisinhaber. Wer die bestehenden Möglichkeiten optimal nutzt, verbessert nicht nur seine Attraktivität als Arbeitgeber, sondern auch die Wirtschaftlichkeit seiner Praxis.
Rainer Grund Berater für Heilberufe, Tübingen Sie möchten gemeinsam mit uns ein maßgeschneidertes Vorsorge konzept für Ihre Arztpraxis entwickeln?
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Dr. G. Roller
Dr. E. Hemberger
Prof. Dr. H. Monyer Neue Ämter und wichtige Auszeichnungen
Namen und Nachrichten
Stabwechsel beim Landesgesundheitsamt
Zum 1. Februar wird Dr. Gottfried Roller, bisheriger Leiter des Gesundheitsamts beim Landratsamt Reutlingen, neuer Leiter des Landesgesundheitsamts Baden-Württemberg. Der 50-jährige Facharzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen, Sozial- und Umweltmedizin ist seit 2002 auf unterschiedlichen Ebenen im Öffentlichen Gesundheitsdienst und war mehrere Jahre im Sozialministerium Baden-Württemberg tätig. In der Leitung des Landesgesundheitsamts folgt er auf Dr. Karlin Stark, die die Leitung des Gesundheitsamts in Ludwigsburg übernehmen wird. Hohes Amt für Dr. Hemberger
Die Präsidentin der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte, die Zahnärztin Dr. Eva Hemberger, ist neue stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen. Diese vertritt als Spitzenorganisation die Interessen von insgesamt bundesweit 90 berufsständischen Versorgungswerken für die Angehörigen der verkammerten Freien Berufe. Neuer Präsident der Arbeitsgemeinschaft ist Rudolf Henke, gleichzeitig Präsident der Ärztekammer Nordrhein. Hohe Auszeichnung für Prof. Monyer
Die Heidelberger Neurobiologin und Hirnforscherin Prof. Dr. Hannah Monyer wird mit dem LautenschlägerForschungspreis 2020 geehrt. Der Schwerpunkt ihrer Forschung liegt auf den molekularen Mechanismen, die zu synchronen neuronalen Netzwerkaktivitäten führen und somit auch kognitive Prozesse wie Lernen und Erinnern ermöglichen. Die Wissenschaftlerin war federführend an mehreren bahnbrechenden und international weithin sichtbaren Entdeckungen beteiligt, insbesondere zu den sogenannten hemmenden Inter- und Projektionsneuronen. In jüngerer Zeit gilt ihr Forschungsinteresse insbesondere der Funktion spezifischer hemmender Interneurone in neuronalen „Schaltkreisen“, die bis hin zur Verhaltensebene Wirkung entfalten. Erfolg für Dr. Mentrup
Der seit 2013 amtierende Karlsruher Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup bleibt weitere acht Jahre im Amt. Der 56-jährige SPD-Politiker, der zudem von den Grünen unterstützt wurde, holte Anfang Dezember 2020 bereits im ersten Wahlgang die erforderliche absolute Mehrheit. Nach seinem Medizinstudium in Heidelberg und Mannheim war er am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim und an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Städtischen Klinikum Karlsruhe tätig gewesen.
Eine neue Methode, um gestressten Herzmuskelzellen „zuhören“ zu können, haben Forscher des Universitätsklinikums Heidelberg entwickelt. Im Rahmen der Forschungsarbeiten wurden Proteine identifiziert, die bei einem Herzinfarkt eine Rolle spielen und eine Grundlage für mögliche therapeutische Ansätze geschaffen. Prof. Dr. Florian Leuschner und Tim Christian Kuhn von der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie des Universitätsklinikums Heidelberg haben für ihre Arbeit jetzt den mit 10.000 Euro dotierten Wilhelm P. Winterstein-Preis der Deutschen Herzstiftung erhalten. Mit dem neuen Analyseverfahren, das sie in Kooperation mit weiteren Forschenden des Universitätsklinikums entwickelt haben, lässt sich untersuchen, wie Herzmuskelzellen nach einem Herzin-
Foto: Uniklinikum Heidelberg
farkt kommunizieren. Preis der sozialen Selbstverwaltung
Beim vdek-Zukunftspreis 2020 war das Diakoneo Diak Klinikum Schwäbisch Hall erfolgreich: Es errang den mit 3.000 Euro dotierten dritten Platz für sein Projekt „Altersgerechte Krankenhausstruktur – Ehrenamtliche unterstützen“. Die Klinik arbeitet eng mit Ehrenamtlichen zusammen, die den Krankenhausaufenthalt insbesondere für alte und schwer erkrankte Menschen sowie deren Angehörigen erleichtern. Überzeugt hat die Jury die gute Zusammenarbeit von Ehrenamtlichen mit Ärzten und Pflegekräften.
Jerusalema Dance Landkreis Tuttlingen
2020 wurde der Song „Jerusalema“ durch selbstaufgenommene Tanzvideos von Menschen aller Altersgruppen zu einem weltweiten viralen Hit. Anfang Dezember hat auch der Landkreis Tuttlingen teilgenommen: Zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mit- Tuttlinger Video arbeiter des lokalen Gesundheits- bei YouTube wesens haben sich für das Projekt engagiert und tanzten zum Lied des afrikanischen Künstlers „Master KG“, darunter Arztpraxen, das Klinikum, das Corona-Abstrichzentrum, Pflegedienste etc.