Advance Buch

Page 1

ADVANCED


ENTWICKELN, EXPERIMENTIEREN, VERWERFEN, BESSER WERDEN, NOCH BESSER WERDEN.


1988

SEIT


STEIGFLUG

Erich Lรถtscher // SIGMA 4 // Schynige Platte, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich


STEIG FLUG

ADVANCE – UNSERE ERSTEN 25 JAHRE

Dieses Buch ist allen Piloten, Pionieren, Mitarbeitenden, Visionären, Praktikern und Freunden gewidmet, die ADVANCE aufgebaut und zum Erfolg geführt haben. Unsere Geschichte besteht aus vielen einzelnen Geschichten, unglaublichen und ganz alltäglichen. Einige davon wollen wir hier erzählen, weil sie das zum Ausdruck bringen, wofür wir stehen. Und weil sie zeigen, wofür wir unser Bestes geben.

1


INHALT

STEIG FLUG UNSERE ERSTEN 25 JAHRE

1 #1 BEREIT

ZUM START

4

ZWEI HEBEN AB ROLF ZELTNER UND ROBERT GRAHAM

6 ROLF & ROBERT ÜBER DIE PIONIERZEIT

10

2

DER PIONIER DIETER STRASILLA

22 AUF REKORDJAGD XAVIER RÉMOND

26 FLUGPARADIES AUF ERDEN

30

#2 WEITER

HÖHER EINFACHER

36

ERFOLGE

50

NERVENSACHEN DR. URS BRAUN

56 DER LÄNGSTE FLUG

60

TREND HIKE & FLY

62

#3 EIGENE

PRIMA DONNA

EINFACH FLIEGEN

ANGELA FOSCARI

KARI EISENHUT

14

38

PREMIERE MIT AKZENT

FLIEGEN UND SIEGEN

SPÄTE EHRE

DER ADVANCE

ANDY HEDIGER

DAS WINGLET

16

44

68

WERTE LEBEN

66


KONSTANZ IM WANDEL RENATO WÜEST

72 ENDE GURT ALLES GURT

GUT IST ZU WENIG

ADVANCE GURTZEUGE

GODFREY WENNESS

74

94

SYNERGIE & SYMPATHIE

WELTWEIT VERTRETEN

ADVANCE UND NOVA

STANDORTE

82

96

TREUE BEWEIS JACQUES GIBERT

108 SWISSNESS FLIEGT MIT SHINICHI NAGASHIMA

112 PRÄGENDE BILDER

#4 MADE

BY ADVANCE

84

#5 DIE

KRAFT UNSERER MARKE

98

THOMAS ULRICH UND CHRISTOPH FRUTIGER

114 EIN STARKES ZEICHEN DIE MARKE

122

DER GLÜCKSGRIFF

BESTENS GERÜSTET

THE VINH TRAN HUU

NORBERT APRISSNIG

86

100

ZUKUNFT AM WERK

GLOBAL NETWORKER

PRODUKTION IN VIETNAM

VALÉRY CHAPUIS

IMPRESSUM

88

104

128

VIELFALT ADVANCE SCHIRME

124

3


#1

4

BEREIT ZUM START


#1

BEREIT ZUM START VON DER LEIDENSCHAFT ZUM START-UP 1988. Das Gründungsjahr von ADVANCE: Viel Pioniergeist und noch mehr Ideen, aber wenig Gewissheit. Doch von Beginn weg ging’s um Qualität und optimales Handling. Damals war die Schweiz noch eine Nation von Gleitschirmherstellern. 25 Jahre später: ADVANCE wird auf fünf Kontinenten geflogen und ist der einzige Gleitschirmhersteller in der Schweiz, der zur Weltspitze gehört. Wer Swiss Quality bevorzugt, fliegt ADVANCE.

5


#1

BEREIT ZUM START

«BUSINESSPLAN?» DIE BEIDEN SCHÜTTELN DEN KOPF. «BÜRGSCHAFTEN?» KEINE.

6

Pitsch Bühler // ADVANCE // Harder-Grat, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich


ZWEI HEBEN AB

ROLF ZELTNER UND ROBERT GRAHAM STARTEN ADVANCE

Im Dezember 1988 landen zwei Piloten in einer Genfer Bank: Rolf Zeltner und Robert Graham sitzen einem Banker gegenüber. Geht es um Aerodynamik, Thermik und Flugeigenschaften, dann kennen sie sich aus. Hier jedoch geht es um einen Kredit. «Businessplan?» Die beiden schütteln den Kopf. «Bürgschaften?» Keine. Überhaupt: Rolf Zeltner und Robert Graham sind Gleitschirmpioniere voller Ideen, nicht Manager mit Krawatte und Briefcase. Der Gleitschirm-

ROLF UND ROBERT SIND GLEITSCHIRMPIONIERE VOLLER IDEEN, NICHT MANAGER MIT KRAWATTE UND BRIEFCASE. sport ist in den Anfängen, es gibt viel zu tun und viel zu entwickeln. Noch ist nicht abzusehen, ob der Aufwind der ersten Begeisterung anhält und ob aus dem neuen Sport auch ein Markt wird. Der Banker ist skeptisch; seine beiden Gesprächspartner tragen Jeans und T-Shirt, nicht unbedingt das richtige Outfit für eine Kreditaufnahme. Doch Rolf und Robert sind Pioniere: Sie glauben an ihre Sache.

Mehr noch, sie sind Tüftler und Tester, sie haben Fachwissen und Erfahrung. Auch der Finanzberater merkt das. Das Abenteuer ADVANCE kann beginnen. Der Startschuss ist jedoch schon früher gefallen, als Yves, ein Freund aus der Surfszene, in Roberts Segelmacherei auftauchte. Yves war bereits vom Fliegervirus infiziert. Er hatte soeben seine ersten Bergstartversuche mit Fallschirmen im französischen Mieussy absolviert und bereits erste Ideen für Verbesserungsvorschläge für einen neuen Schirm. Dafür holt er sich Unterstützung bei Robert, seines Zeichens Designer und Produzent von Surfsegeln. Und Robert holt Rolf ins Boot. So kommen die beiden passionierten Segler zum Gleitschirmfliegen. Bald schon beginnen sie, eigene Schirme zu bauen – und das mit Erfolg. Zunächst unter der Flagge des Segelherstellers North Sails, bis eben zu jenem Dezembertag 1988. Mit der Gründung von ADVANCE ist klar: Die Zukunft gehört den Fluggeräten. Jede Minute wird in die neue Firma investiert. Nachts tüfteln und nähen, am Tag ausprobieren. Rolf und Robert

>>>

7


#1

BEREIT ZUM START

DER FIRMENNAME IST PROGRAMM: TÜFTELN, TESTEN, WEITERENTWICKELN SIND TEIL DER STRATEGIE.

oben: Robert Graham und Thomas Ulrich // ALPHA BI // Bild: Thomas Ulrich mitte links: Miroslav Smith // ADVANCE // Tschechien // Bild: Thomas Ulrich mitte rechts: Pitsch Bühler // EPSILON 2 // Schilthorn, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich unten: Rolf Zeltner, Valéry Chapuis und Robert Graham // Büro Seestrasse, Thun, Schweiz 8


sind durch die Seglerei mit dem Umgang mit Segelmaterial vertraut. Ständig rattert die Nähmaschine und die Werkstatt ist voller Schablonen aus Papier und Karton. Das Fliegervirus breitet sich aus und der Name ADVANCE macht von sich reden.

STÄNDIG RATTERT DIE NÄHMASCHINE. Rolf macht sich auf die Suche nach Produktionsräumen. In Oderen im Elsass entsteht ein erster Stützpunkt, ein halbes Jahr später dann auch in der Schweizer Stadt Thun. ADVANCE ist nun über drei Standorte verteilt: Entwickelt wird in Genf; Schablonen und Prototypen werden in Thun hergestellt; im Elsass läuft die Serienproduktion. Jede Woche bringt Rolf die fertigen Schirme im Kofferraum seines Opels nach Thun. Hier erhalten sie das Finish, bevor sie schliesslich an die Kunden verschickt werden.

Der Genfer Banker hatte einen guten Riecher: Rolf und Robert haben aus ihrer Passion ein erfolgreiches Start-up-Unternehmen gemacht. Der Firmenname ist Programm: Tüfteln, Testen, Weiterentwickeln sind Teil der Strategie. Zusammen mit Freunden werden die neusten Modelle an den Hängen um Interlaken und am Mont Salève erprobt. 1989 stösst Valéry Chapuis als Verkaufsleiter zur Gründercrew und hilft, die Zusammenarbeit mit den Händlern aufzubauen. ADVANCE hat sich endgültig am Markt etabliert. //

Daniel Weibel // OMEGA 2 // Grindelwald-First, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich

9


#1

BEREIT ZUM START

ROLF & ROBERT

Von Anfang an die richtige Thermik. Als jungen Mann zog es ROLF ZELTNER zunächst auf’s Wasser. Schon als Jugendlicher nahm er an nationalen und internationalen Regatten teil und widmete jede freie Minute dem Segeln. Nach Beendigung seiner Ausbildung zum Maurer machte er sein Hobby zum Beruf und zog als Segellehrer und Bootsbauer durch die Schweiz, bis die junge Gleitschirmszene den Spinnakerstoff für sich entdeckte.

10


ERST DIE PASSION, DANN DIE PHILOSOPHIE: DIE GRÜNDER ÜBERFLIEGEN DIE PIONIERZEIT VON ADVANCE

Vom Wasser in die Luft. Unter Surfern genoss ROBERT GRAHAMS Atelier in Genf einen ausserordentlich guten Ruf, wurden dort doch qualitativ hervorragende Segel hergestellt. Auch in der jungen Gleitschirmszene machte er sich schnell einen Namen als innovativer und individualistischer Entwickler, der dem Mainstream immer einen Schritt voraus war. Mittlerweile hat Robert sich ganz der Entwicklung von Kites verschrieben und verbindet das Spiel des Windes mit dem Wasser.

>>>

11


#1

BEREIT ZUM START

Was hat euch zur Fliegerei gebracht? ROBERT: Ich hatte eine Segelmacherei. Eines Tages stand ein Freund in der Tür und fragte mich, ob ich ihm einen Schirm aus Spinnakerstoff machen könnte. «Kann ich nicht», sagte ich, weil ich gar keine Ahnung von Fliegen hätte. So sind wir mit seinem Schirm losgegangen, und er hat mir in einem Tag das Fliegen beigebracht. Am ersten Tag bin ich aus sechshundert Metern gestartet und am nächsten Tag dann schon höher. So hast du fliegen gelernt? ROLF: (lacht) So haben damals alle fliegen gelernt. ROBERT: Ja, entweder hast du es kapiert, oder du bist nie wieder geflogen. Du hattest keine Angst? ROBERT: (lacht) Und wie! Die Gurte waren so dünn, ich fragte mich, wie kann man damit fliegen? Wir hatten auch noch die Fallschirmgurtzeuge und man flog darin stehend. Das Beste jedoch war die Einführung: Erst rennen, dann abheben... und man landet am Ende irgendwo. Das war’s! Und die Idee zur eigenen Firma? ROBERT: Das war relativ einfach. Es gab keine grossen Pläne oder Strategien. Ich hatte Windsurfsegel hergestellt und nur wenige verkauft. Dann baute ich Gleitschirme, und die Nachfrage war gross. Also blieb ich dabei. (lacht) Der Rest ist Geschichte. ROLF: Rückblickend war das schon ein ziemliches Risiko, eine Gleitschirmfirma zu gründen. Aber für uns war klar, dass es klappt. Hattet ihr eine Philosophie, was aus ADVANCE werden sollte? ROLF: Nein, wir navigierten nach Bauchgefühl. Dinge wie strategische Planung kamen erst später auf. Wir wussten, dass andere Schirme nicht wirklich agil waren. Das machte keinen Spass. Wir wollten ein viel besseres Handling für unsere Schirme. Und auf jeden Fall die beste Qualität. Darüber haben wir nicht einmal diskutiert, das war einfach klar. ROBERT: Einen genauen Plan hatten wir nicht. In Deutschland war das Fliegen zu der Zeit sogar noch verboten! Und der Markt? ROLF: Die meisten Hersteller hatten nur einen Schirm. Der wurde dann im nächsten Jahr zu ihrem Intermediate, weil sie mittlerweile einen noch leistungsfähigeren Schirm im Programm hatten.

12

Hattet ihr eine Vorstellung von eurem ersten Schirm? Wie sollte der werden? ROBERT: Unsere Vision war ein Schirm mit einem präzisen Handling. Das hat später dann auch die ADVANCE Schirme definiert. Wir hatten vielleicht nie die leistungsfähigsten Schirme, aber immer die beste Gesamtleistung. Das war uns von Beginn an wichtig. Wie war der Austausch unter euch beiden? ROLF: Sehr intensiv. Robert lebte in der Anfangszeit mehrere Monate bei mir, wir tauschten uns Tag und Nacht aus. Das war auch wichtig, weil wir Entwicklung und Produktion aufeinander abstimmen mussten. Es gab ja zunächst auch gewisse Einschränkungen, was Materialien und Herstellungsmethoden anging. ROBERT: Als Valéry dann dazu kam, begannen wir, genauer zu planen. Wir entwickelten eine Strategie. Hinzu kamen die Wettkämpfe und die Meisterschaften. Die Anforderungen an die Schirme waren jeweils sehr unterschiedlich. So begannen wir, die Schirme nach den jeweiligen Anforderungen zu entwickeln. Sagte Rolf auch, so etwas können wir nicht bauen? ROBERT: (überlegt) Nein, eigentlich nie. Nichts ist unmöglich. Das war auch unser Motto. Am Anfang sassen Rolf – und ab und zu auch ich – an der Nähmaschine. Wir waren uns bewusst, wie limitiert unsere Kapazitäten waren. Diese Limiten waren aber weniger durch die Konstruktion als vielmehr durch die Materialien bedingt. Was hat ADVANCE anders gemacht als die Mitbewerber am Markt? ROBERT: Die Kontinuität des Teams war wichtig. Aber es war auch Rolfs klares Ziel, eine eigene Produktion aufzubauen. Damit kommt alles aus einer Hand und man hat die volle Kontrolle. ROLF: Man hat die Qualität im Griff und ist sehr flexibel. Das war mir von Anfang an sehr wichtig. Deshalb haben wir immer alles aus eigener Hand geliefert und von Anfang an eigene Produktionsstätten aufgebaut.


NICHTS IST UNMÖGLICH!

Jede Marke hat ja heute ein bestimmtes Image, und die Piloten verbinden bestimmte Erwartungen mit diesen Marken. Habt ihr das Image von ADVANCE bewusst aufgebaut? ROBERT: Nein. Die Nähe zur Szene und zur Fachpresse war gross. Der Austausch war rege. Es wurde schnell wahrgenommen, dass wir etwas anders machten: besondere Qualität, ausgereiftere Produkte, besseres Handling. All das stand von Anfang an im Mittelpunkt. Zunächst war die Szene ja sehr klein und es war nicht klar, wohin sich der Sport entwickelte. Zu welchem Zeitpunkt habt ihr gemerkt, dass sich das Gleitschirmfliegen als Sport etabliert? ROBERT: (lacht) Als wir uns das erste Gehalt auszahlen konnten. ROLF: Das war zwei, drei Jahre, nachdem wir angefangen hatten. Wart ihr euch immer einig, welchen Schirm man als Nächstes entwickeln sollte? ROBERT: Ja, aber nicht über das Timing. Ich war sehr stur und

wollte alles immer bis ins kleinste Detail ausarbeiten. Das führte oft zu Timing-Konflikten. ROLF: Mir war es wichtig, dass Robert sich voll und ganz auf die Entwicklung der Schirme konzentrierte. Ich habe mich um Herstellung und Administration gekümmert. Aber es gab den Zeitdruck. Die Schirme mussten zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig sein. Doch Robert war bisweilen mit dem Ergebnis noch nicht zufrieden und wollte mehr Zeit. Aber das ist wohl ein produktives Spannungsverhältnis in einer Firma, die nur wirklich fertige Produkte auf den Markt bringen wollte. Wofür steht ADVANCE heute? ROLF: ADVANCE steht für hohe Verarbeitungsqualität, für die Liebe zum Detail und dafür, dass die Produkte komplett ausgereift sind. ROBERT: Als ich anfing, für andere Gleitschirmhersteller zu arbeiten, war ADVANCE der Benchmark. Dieses Level wollte man erreichen. //

Thomas Ulrich // HI-COMP // Niederhorn, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich

13


#1

BEREIT ZUM START

Von Anfang an mit Hand und Herz dabei. 1989 stösst ANGELA FOSCARI als erste Mitarbeiterin zu ADVANCE. Sie ist gelernte Schneiderin und setzt sich im Thuner Atelier gleich hinter die Nähmaschine. Die Mutter von drei Kindern war schon 1974 von Italien in die Schweiz gekommen, dann aus familiären Gründen wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. 1985 liess sie sich wieder in der Schweiz nieder. Handwerk hat goldenen Boden. Und bei Angela auch ein goldenes Herz.

14


PRIMA DONNA

ANGELA FOSCARI, ERSTE MITARBEITERIN, IST BIS HEUTE BEI ADVANCE

Angelas Nähkünste haben zum Erfolg des jungen Unternehmens beigetragen. Sie macht aus den zugeschnittenen Einzelteilen flugfertige Schirme, bleibt aber lieber am Boden. Bis auf eine Ausnahme.

Der Job in der Schuhfabrik ist nicht Angelas Sache. Sie hängt ihn kurzerhand an den Nagel. Auf dem Arbeitsamt schlägt man ihr vor, sich bei ADVANCE zu bewerben. ADVANCE? Diesen Namen hat sie noch nie gehört. Auch der Sachbearbeiter kann ihr nicht weiterhelfen: «Die nähen irgendetwas, aber ich weiss nicht genau, was.» Egal, nähen kann sie und so bewirbt sie sich. Als sie Mitte August 1989 das Atelier an der Seestrasse in Thun zum ersten Mal betritt, hat sie keine Ahnung, was sie erwartet. Rolf

«ANGELA, DAS WEISS ICH DOCH NICHT! ICH MACHE DOCH NUR DIE SCHABLONEN!» und Robert stellen ihr die Firma und die Produkte vor; doch viele Fragen bleiben offen. Gleitschirme? Für Angela ein unbekanntes Wort. Umso schwieriger gestaltet sich der Einstieg. Angela soll anhand von Kartonschablonen Schirme schneidern. «Als ich Robert einmal fragte, wie man denn den neuen OMEGA Prototypen näht, meinte er: «Angela, das weiss ich doch nicht! Ich mache doch nur die Schablonen!»» Im Durchschnitt braucht Angela damals eine Woche, um einen Prototypen fertigzustellen. Je näher jeweils der Freitag rückt, desto

ungeduldiger werden Rolf und Robert. Wird der Schirm rechtzeitig zum Wochenende fertig, um ihn dann zusammen mit Valéry Chapuis und Xavier Rémond testen zu können? Angela arbeitet sich ein. Die Arbeit beginnt ihr Spass zu machen. Zudem ist sie beim Aufbau einer kleinen, feinen Firma dabei. Mit jedem Modell lernt sie etwas Neues dazu. Zehn Jahre lang näht Angela Schirme, bis die Produktion von Prototypen nach Vietnam ausgelagert wird. Heute kümmert sich Angela hauptsächlich um Reparaturen und Checks. Dabei ist sie auch mit modernster Produktionstechnik vertraut – wie etwa dem Laser-Messgerät zum Vermessen der Leinen. In ihren 25 Jahren bei ADVANCE verarbeitet Angela unzählige Laufmeter Stoff zu Gleitschirmen und Gurtzeugen. Aber selber fliegen? Das ist ein anderes Thema. Angela winkt ab. Das wiederum, findet Rolf, gehe gar nicht! Er schickt sie kurzerhand mit dem ADVANCE Mitarbeiter Christian Geierstanger auf die Axalp im Berner Oberland. «Jetzt musst du fliegen, Angela!» Und so hebt Christian mit Angela am Tandemschirm von der Axalp ab. Ihr Ziel: Brienz. «Einmalig schön», findet Angela – aber es soll «einmalig» bleiben. «Es war schön, aber ist nichts für mich. No. No. Noooo.» //

15


#1

BEREIT ZUM START

«ES WAR EINE GUTE MARKETINGIDEE, OHNE DASS WIR DAMALS VIEL AHNUNG VON MARKETING HATTEN».

16 oben: Valéry Chapuis // ADVANCE // Bild: Alain Desez

unten: ALPHA // Bild: Archiv ADVANCE


PREMIERE MIT AKZENT

SCHON DER ADVANCE SETZTE MASSSTÄBE, DIE BIS HEUTE GÜLTIG SIND

Der erste Schirm hiess wie die Marke selbst und mischte die Szene auf. Flugeigenschaften, Handling und Qualität begeisterten die Fachwelt und zeigten, worum es dem jungen Unternehmen ging.

Die ersten Gleitschirme waren fliegende Traktoren: langsam, schwerfällig und nur mit erheblicher Kraft zu steuern. Das feine, akzentuierte Fliegen – unmöglich. Doch genau das war es, was Robert und Rolf vorschwebte. Ihre Schirme sollten leichtgängig sein, direkt und präzise fliegen. Ein geringer Impuls sollte reichen, um den Schirm zu steuern. Agilität – das war das Ziel. Der erste Schirm, der diese Eigenschaften auf den Markt bringt, hiess ADVANCE. «Dadurch wollten wir unseren Markennamen bekannter machen. Es war eine gute Marketingidee, ohne dass wir damals viel Ahnung von Marketing hatten», erinnert sich Robert Graham. Mit dem ADVANCE hielten zahlreiche Besonderheiten Einzug in die Gleitschirmwelt. Optisch markant waren die halbrunden Zell-

ten für einen erhöhten Innendruck und mehr Stabilität. Und dann die Winglets! Das gab am meisten zu reden. Schon früh hatte Robert sich mit der aerodynamischen Optimierung der Flügel auseinandergesetzt. Schnell stiess er dabei auf Winglets. Anfangs brachte er sie an verschiedensten Punkten am Schirm an. Die Flügelenden erwiesen sich schliesslich als beste Positionierung der Winglets. Dort wirken sie bis heute effektiv den Randwirbeln entgegen und sorgen für eine verbesserte Spurtreue.

OPTISCH MARKANT: DIE HALBRUNDEN ZELLÖFFNUNGEN UND DIE ELLIPTISCHE FORM DES SCHIRMS.

Auch beim Material wartete ADVANCE mit revolutionären Neuerungen auf. Erstmals wurden Stoffbahnen in der Längsrichtung unterteilt. So konnte im Bereich der stark beanspruchten Eintrittskante ein robusterer Stoff eingesetzt werden. Er wurde bei jeder Zelle exakt nach der Zugrichtung ausgerichtet, um ein Verziehen der Kappe zu verhindern. Dieser aufwendig verarbeitete Material-

öffnungen und die elliptische Form des Schirms. Ein völlig neues Design. Diese Zellöffnungen fingen den Staupunkt besser auf, sorg-

DER AUFWENDIG VERARBEITETE MATERIALMIX STEIGERTE DIE LEBENSDAUER DER SCHIRME.

>>>

17


#1

BEREIT ZUM START

18 Thomas Ulrich // HI-COMP // M채nnlichen, Schweiz


ENTWICKLUNGEN, DIE BIS HEUTE BESTIMMEND SIND.

mix steigerte die Lebensdauer der Schirme markant. Mehr noch: Er führte zu einer komplett neuen, ästhetischeren Erscheinung der ADVANCE Schirme. Das elegant sportliche Querdesign löste die bisherigen zellenbasierten Längsdesigns ab.

DAS ELEGANT SPORTLICHE QUERDESIGN LÖSTE DIE ZELLENBASIERTEN LÄNGSDESIGNS AB. Diese Entwicklungen sind bis heute bestimmend: Technische Innovation verbunden mit attraktivem Design. Während die Gleitschirm-Szene von der ADVANCE-Premiere begeistert war, tüftelte

Robert bereits am Nachfolgemodell des ADVANCE, dem SIGMA 2. Es galt, die allerneusten Erkenntnisse umzusetzen. Die legendäre SIGMA-Reihe entstand: Spassschirme der Sportklasse. Bis heute gehört der SIGMA zu den Flaggschiffen von ADVANCE und verfügt in der Sportklasse über einen signifikanten Marktanteil. Mit dem OMEGA machte man sich daran, das Leistungspotential noch besser auszuschöpfen. Das Ziel: ein Hochleister, der kaum Wünsche offen lässt. Aber auch im Einsteiger-Segment wurde weiter entwickelt. Mit dem ALPHA entstand 1991 ein rundum ausgewogener Einsteigerschirm. So präsentierte ADVANCE schon drei Jahre nach der Gründung eine eigenständige, überzeugende Produktpalette. //

Rolf Ulrich // erster ADVANCE Proto // Lanzarote, Spanien // Bild: Thomas Ulrich

19


#1

20

BEREIT ZUM START

Pitsch Bühler // SIGMA 2 // Mönch-Gipfel, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich


21


#1

BEREIT ZUM START

Schon von klein auf war der 1943 geborene DIETER STRASILLA fasziniert vom Fliegen. Seit den 60er Jahren experimentiert der promovierte Chemiker in der Schweiz mit ver채nderten Rundkappenschirmen. Durch einen Zufall entdeckt er deren Flugeigenschaften und entwickelt daraus den Gleitschirm. Zusammen mit seinem Bruder fliegt er als erster Mensch vom Jungfraujoch 2676 Meter hinunter nach Lauterbrunnen.

22


DER PIONIER

DER MANN, DER DEN STEIN INS ROLLEN BRACHTE: DIETER STRASILLA

Eher zufällig entdeckt Dieter, als er auf dem Silsersee experimentiert, die Flugeigenschaften von veränderten Rundkappenschirmen. Und er entdeckt das Talent von Andrea Kuhn.

Staunend sehen Ende der 60er Jahre ein paar Kurgäste, wie einer mit einem fallschirmähnlichen Fluggerät über den zugefrorenen Silsersee gleitet: Dieter experimentiert mit seinem Skywing, einem der ersten Flächenschirme. Noch arbeitet er in der Forschung der Basler Chemie, seine Leidenschaft ist jedoch das Experimentieren mit Schirmen. Auch der Surflehrer Andrea Kuhn sieht das seltsame Gespann über den schneebedeckten Bergsee gleiten. Er fragt Dieter, ob er den Schirm einmal ausprobieren könne. Bereits nach wenigen Minuten gleitet Andrea gekonnt über die weisse Fläche. Dieter ist beeindruckt: Ein solches Gespür für Schirm und Wind ist ungewöhnlich. Er beschliesst, sofort gemeinsam mit Andrea zu arbeiten. Zuhause in Basel tüftelt Dieter in seiner Freizeit an neuen Modellen. Sobald die Engadiner Seen zugefroren sind, trifft er sich mit Andrea, um die Konstruktionen auszuprobieren. Das Ziel der beiden: sich mit dem Schirm den Berg hochziehen zu lassen, um danach auf Skiern wieder hinunterzufahren. Das Experimentieren braucht Zeit und die beiden verbringen viele Stunden gemeinsam. Mittlerweile ist man auf die «Verrückten» aufmerksam geworden. Es gibt erste Presseberichte, und ein Fotograf will Bilder von

diesem seltsamen Sport schiessen. Dazu soll Dieter einen kleinen Sprung über einen Hügel machen: Ein Action-Foto soll es werden. Dieter springt – und kommt nicht mehr auf den Boden herunter.

DIETER SPRINGT – UND KOMMT NICHT MEHR AUF DEN BODEN HERUNTER. Er fliegt! Die Entdeckung ist erstaunlich: Ein Schirm, mit dem man sich den Berg hochziehen lassen kann, um dann hinunterzufliegen. Unendlich viele Testflüge sind nötig, um aus der Entdeckung einen Schirm für den Bergflug zu entwickeln. Dieter und Andrea absolvieren diese Testflüge gemeinsam und nur wenige Meter über frischem Pulverschnee. Wenn man fällt, dann wenigstens weich. Das gleichzeitige Fliegen dient dazu, verschiedene Einstellungen und Konstruktionen unter identischen Bedingungen zu testen. 1974 ist es so weit, das Skywing-System ist ausgereift. Der erste grosse Flug soll vom Jungfraujoch nach Lauterbrunnen führen. Höhendifferenz: 2676 Meter. Es klappt! Nun wollen Dieter und Andrea ihre Unternehmungen professionalisieren. Die bisher ver-

>>>

DER FLUG SOLL VOM JUNGFRAUJOCH NACH LAUTERBRUNNEN FÜHREN. 23


#1

BEREIT ZUM START

24 Dieter Strasilla und Andrea Kuhn // Skywing // Bilder: Archiv Strasilla


wendeten Fallschirmmaterialien erweisen sich allerdings als wenig geeignet. Andrea wendet sich deshalb an den bekannten Segelmacher Robert Graham, dessen Segelmacherei unter Seglern und Surfern einen besonderen Ruf geniesst. Die Lösung des Materialproblems könnte in der Verwendung von neuen Materialien liegen.

SPINNAKERSTOFF VERBESSERT DIE FLUGEIGENSCHAFTEN ERHEBLICH. Tatsächlich, die Verarbeitung von Spinnakerstoff markiert einen Wendepunkt und verbessert die Flugeigenschaften erheblich. Das ist der Start für die Markteinführung. Zusammen mit Partnern ver-

suchen Dieter und Andrea, den Sport kommerziell zu entwickeln. Doch das Unterfangen hebt nicht ab. Während Dieter, Andrea und auch Dieters Bruder Udo, der bei der NASA in der Satellitenforschung arbeitet, die Schirme weiterentwickeln, steigen die Partner wieder aus. Die Zeit ist noch nicht reif. Doch Andrea und Dieter lassen sich nicht beirren, sie tüfteln, testen und verbessern. Bald darauf sind es andere, denen es gelingt, den neuen Sport marktgerecht zu entwickeln. Dieter baut in den folgenden Jahren weiter an seinem Skywing und engagiert sich im Schweizerischen Hängegleiter-Verband (SHV). Dort trifft er wieder auf Robert Graham und findet in ihm einen Gleichgesinnten. So kommt es, dass der grosse Pionier des Gleitschirmfliegens privat ADVANCE fliegt. //

Andrea Kuhn // Schleppversuche mit Rundkappenschirm // Bild: Archiv Strasilla

25


#1

BEREIT ZUM START

XAVIER RÉMOND lebt seit 54 Jahren in Hochsavoyen. Man schreibt das Jahr 1982, als ihn sein Biologiestudium langweilt und er sich intensiv mit dem Deltafliegen beschäftigt. Als er dann mit Roger Fillon, dem Vorreiter des Bergflugs, einen Flug mit einem «Hang-Fallschirm» wagt, kauft er sich gleich einen solchen Schirm. Wenn Xavier nicht an Wettkämpfen fliegt, dann startet er von Gifpeln wie dem Matterhorn, vom Mount McKinley und aus 7400 Metern Höhe im Himalaya.

26


AUF REKORDJAGD

XAVIER RÉMOND, ADVANCE BOTSCHAFTER UND STRECKENFLUGPILOT

Der Wettkampfpilot Xavier Rémond hatte massgeblich Einfluss auf die Entwicklung des Gleitschirmsports. Er war einer der ersten Testpiloten von ADVANCE und in den 80er und 90er Jahren mehrfacher Rekordhalter.

Mitte der 80er Jahre nahm ich an einem Wettkampf am Mont Blanc teil. Ich startete und erwischte einen Thermikbart. Wenige Minuten später fand ich mich fünfhundert oder sechshundert Meter über dem Startplatz wieder. Die Piloten am Boden staunten. Das hatten wir alle noch nie erlebt. Bisher galt unsere ganze Aufmerksamkeit dem Ziel, das Sinken so stark wie möglich zu verlangsamen. Plötzlich wurde uns klar, dass man auch steigen konnte. Ab jetzt gab es für Piloten und Entwickler ein neues Thema: die Thermik. Bei weiteren Versuchen erkannte ich bald, dass Wendigkeit und Agilität wesentliche Erfolgsfaktoren beim Thermikfliegen sind. In diesem Zusammenhang wurde ich auf Rolf und Robert aufmerksam. Den Schirmen von ADVANCE eilte der Ruf voraus, be-

EIN PAAR KILOMETER WAREN DAMALS SCHON DRIN, NUN ABER WAREN GRÖSSERE DISTANZEN ANGESAGT. sonders wendig zu sein. So wählte ich für meine ersten Streckenflüge die Schirme mit dem markanten Winglet. Ein paar Kilometer

waren damals schon drin, nun aber waren grössere Distanzen angesagt. Mit dem Streckenfliegen wurde der Gleitschirmsport über unsere kleine Szene hinaus bekannt, seine Stunde war gekommen. Das brachte Schwung in die Entwicklung der Schirme. Ende der 80er Jahre war das Thermikfliegen bereits fester Bestandteil des Gleitschirmsports; die Flugdistanzen wurden zweistellig. Nun richtete sich die Aufmerksamkeit verstärkt auf das Material. Der Fokus galt zunächst den Leinen, dann änderte sich das Design. Aus fliegenden Matratzen wurden elliptische Schirme mit kleineren Eintrittsöffnungen. Wir spielten mit Anstellwinkeln, beachteten Strömungsverläufe und induzierten Widerstand. Robert Graham gehörte in dieser Zeit fraglos zu den wichtigsten Konstrukteuren. Vieles von dem, was er in Genf entwickelte und bei ADVANCE einführte, verbreitete sich in Windeseile. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits festes ADVANCE Teammitglied. Als Team-Pilot testete ich Schirmentwicklungen und ging in Wettbewerben für ADVANCE an den Start. Der erste Schirm hiess einfach wie die Marke: ADVANCE. Dann überlegten wir im Team lange, wie das zweite Fluggerät heissen

>>>

27


#1

BEREIT ZUM START

sollte. Wir hatten die Idee, das griechische Alphabet als Orientierung zu verwenden. SIGMA, ALPHA, OMEGA und dann fortlaufend einfach eins, zwei, drei, vier. So wusste der Pilot sofort, für welches Können und welchen Einsatzbereich der Schirm entwickelt wurde und welches das neuste Modell der Reihe war. Das System hat sich bewährt, bis heute. Neben meinen Aufgaben für ADVANCE konzentrierte ich mich auf das Streckenfliegen. Ich hörte, dass Segelflugzeuge in Namibia Rekorde erflogen. Warum sollte das nicht auch mit Gleitschirmen möglich sein? Also auf nach Namibia! Bergstarts waren dort nicht möglich, wir benutzen deshalb eine Winde. Auch die Orientierung war anders. In der endlosen Wüste sah alles gleich aus. So wur-

den die kilometerlangen schnurgeraden Strassen zu unseren Wegweisern. Es brauchte zahlreiche Versuche. Dann aber gelang am

ZUM ERSTEN MAL FLOG ICH MEHR ALS 100 KILOMETER. SPÄTER WURDEN 128 KILOMETER GEMESSEN. 10. Dezember 1990 der Rekord. Zum ersten Mal flog ich mehr als 100 Kilometer. Später wurden genau 128 Kilometer gemessen, eine bis anhin nicht erreichte Distanz – Weltrekord! Und diesen Rekord konnte ich rund ein Jahr später mit einem Flug über 147 km wiederum toppen. Der Wettlauf hatte begonnen! //

28 Xavier Rémond // OMEGA 2 // Bitterwasser, Namibia // Bilder: Uli Wiesmeier


29


#1

BEREIT ZUM START

30 Patrick Bieri und Dani Erni // PI // Morgenberghorn, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich


FLUGPARADIES AUF ERDEN Gleich vor unserer Haustür beginnt das Berner Oberland, ein unvergleichliches Flugparadies. Was willst du mehr? Als ADVANCE sich kurz nach der Gründung in Thun ansiedelte, sagten wir: «Hier sind wir richtig, hier können wir unsere Leidenschaft leben.» Die abwechslungsreichen Flugbedingungen und die vielseitigen Fluggebiete in nächster Nähe zu unserem Entwicklungsstandort tragen massgeblich zum Erfolg der ADVANCE Schirme bei. Der Hotspot Interlaken mit seiner imposanten Bergkulisse, dem Eiger-MönchJungfrau-Massiv, gehört heute zu den meistbeflogenen Gebieten weltweit. ADVANCE Testpiloten der ersten Stunde wie Thomas Ulrich, Peter Balmer und Pitsch Bühler haben viele der heute stark frequentierten Gebiete als Erste beflogen. Suchten die ortskundigen Piloten zu Beginn die steilen Flanken des Männlichen, die senkrechten Felswände bei Mürren oder sogar das Abenteuer vom Mönch-Gipfel, wurden die Gebiete mit zunehmender Leistung der Schirme flacher und die Startplätze tiefer. Bei ersten Flugversuchen an den heute weltbekannten Startplätzen Luegibrüggli und Amisbühl mussten die Piloten noch Baumwipfelslalom fliegen. Heute landen die Gleitschirmflieger mitten in Interlaken und prägen das Stadtbild. Dem Gebiet Mürren/Stechelberg haben die Akropiloten und Freestyler in den letzten Jahren ein Revival beschert; es gilt heute als Akromekka schechthin. Unser hauseigenes Flugparadies bietet neben idealen Flugbedingungen und einer hohen Anzahl Flugtage pro Jahr vor allem auch eine einmalige Kulisse: türkisblaue Seen, schroffe Felsflanken, schneebedeckte Gipfel, imposante Gletscher. Unvergessliche Erlebnisse für Piloten aus aller Welt!

31


#1

32

BEREIT ZUM START

Thomas Ulrich und Pitsch B端hler // OMEGA 3 // Niederhorn, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich


DA IST ADVANCE ZU HAUSE.

Thomas Ulrich // BIBETA // Luegibr端ggli, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich

33


#1

BEREIT ZUM START

34 Pitsch B端hler // SIGMA 3 // Grauseeli, Schilthorn, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich


35


#2

36

WEITER, HÖHER, EINFACHER


#2

WEITER HÖHER EINFACHER WIE WIR FLIEGEN WOLLEN «Vol Libre»: Die Franzosen haben die Philosophie des Gleitschirmfliegens mit zwei Wörtern auf den Punkt gebracht. Wer fliegen will, will einen Traum verwirklichen. Technik ist dabei Mittel zum Zweck. Auch deshalb besinnt sich die Szene nach Jahren des technischen Aufrüstens wieder auf die Ursprünge. Die Faszination liegt in der Einfachheit des Fliegens. Der anhaltende Hike & Fly-Trend zeugt davon. Je einfacher und sicherer die Schirme, desto mehr Freiheit für die Piloten. Dafür entwickeln wir, daran arbeiten wir, davon träumen wir.

37


#2

WEITER, HĂ–HER, EINFACHER

Erst Primarlehrer, dann Fluglehrer, dann einer der erfolgreichsten Wettkampfpiloten seiner Generation. KARI EISENHUT war mit ADVANCE Gesamtweltcupsieger, Europameister, Streckenflugmeister und vieles mehr. Heute betreibt er eine Flugschule in Interlaken und ist Chef der ADVANCE Testpiloten.

38


EINFACH FLIEGEN

KARI EISENHUT, CHEF-TESTPILOT, UND SEINE FLUG-PHILOSOPHIE

Er kennt die Bedürfnisse der Piloten bestens. Seit 10 Jahren betreibt Kari Eisenhut eine Flugschule und Weiterbildungsstätte. Als Chef-Testpilot von ADVANCE lässt er seine Praxiserfahrung direkt in die Produkte einfliessen.

Der Pilot muss sich wohlfühlen. Auf den ersten Blick eine simple Sache, auf den zweiten eine Philosophie ohne Kompromisse. Was beinhaltet sie? Der Pilot verfügt über einen Schirm, der seinem Können entspricht und den er unter allen Flugbedingungen beherrscht. Der Schirm muss präzise sein und genau das machen, was der Pilot will. Und er muss ein direktes Feedback geben. Beides signalisiert dem Piloten: «Alles unter Kontrolle». Nur wer sich wohl fühlt, kann den Flug geniessen und kommt dem perfekten Flugerlebnis auf die Spur.

DER SCHIRM MUSS PRÄZISE SEIN UND GENAU DAS MACHEN, WAS DER PILOT WILL. Seit Beginn des Gleitschirmfliegens haben sich die Schirme stark verändert. Dabei hielten sich technische Innovationen und Pilotenkönnen meist die Waage: Verbesserten sich die fliegerischen Fertigkeiten, gab es auch den Schirm, der dem Piloten mehr ermöglichte – ohne ihn zu überfordern. So blieb das Fliegen «einfach».

Einfachheit ist ein zentraler Aspekt der ADVANCE Philosophie: Das Fliegen soll so einfach wie möglich sein. Das betrifft jeden Teil der Ausrüstung, gleich ob Schirm oder Gurtzeug, inklusive Packmass und Gewicht. Zudem soll jeder Schirm die geringstmöglichen An-

EINFACHHEIT IST EIN WESENTLICHER ASPEKT DER ADVANCE PHILOSOPHIE. forderungen an das jeweilige Pilotenkönnen stellen. Nur so bleibt der Spass am Sport erhalten. Sportarten, die das nicht beherzigt haben, verschwanden oder wurden bedeutungslos. Beispielsweise das Windsurfen: Grosser Hype in den 80er Jahren, heute Nischensport. Denn die Bretter stellen heute zu hohe Anforderungen. Dadurch ist die Anfänger-Hürde zu hoch und auch Gelegenheitssurfer verlieren die Lust. Diese Lektion haben wir beherzigt: Wir behalten das Gros der Piloten im Auge. Und damit auch das Bedürfnis, zunächst einmal einfach frei zu fliegen. In den Anfangsjahren des Gleitschirmfliegens

>>>

39


#2

WEITER, HÖHER, EINFACHER

ADVANCE HAT SICH ENTSCHIEDEN, DEN GEDANKEN DES «VOL LIBRE» WIEDERZUBELEBEN.

war das Motto «Vol Libre» allgegenwärtig: frei von Hürden, frei von Schwierigkeiten. Welcher andere Flugsport erlaubt dies? Einfach das Fluggerät in einen Rucksack packen, und los geht’s. Die Welt aus der Vogelperspektive zu erkunden, ist eines der letzten Abenteuer unserer Zeit. Neue Landschaften, neue Fluggebiete erleben? Mit dem Gleitschirm eine unvergleichliche Erfahrung. Zu einem Streckenflug starten, über unbekannte Gebirgskämme gleiten und vor Sonnenuntergang in einem Tal landen, das man noch nie zuvor betreten hat. Gelingt es uns, Piloten optimal für solche Erlebnisse auszurüsten, wird unser Sport weiter Aufwind haben. Dazu müssen wir das Fliegen «einfach» halten und Schirme entwickeln, unter denen sich die Piloten rundum wohlfühlen. ADVANCE hat sich dafür entschieden, genau diesen Weg zu gehen und den Gedanken des «Vol Libre» wiederzubeleben: Einfach frei fliegen. Für mich etwas vom Besten, was ich erleben kann! //

40

Kari Eisenhut // Schilthorn, Schweiz // Bild: Martin Scheel


41


#2

WEITER, HĂ–HER, EINFACHER

42 Michi Steinbach und Kari Eisenhut // EPSILON 3 // Schilthorn, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich


43


#2

WEITER, HÖHER, EINFACHER

Leben bedeutet Abheben. ANDY HEDIGER ist Mitbegründer von Swing (Swiss Wing) und Paratech. Er hat die Gleitschirmszene massgeblich mitgestaltet, insbesondere auch die Akrodisziplin. Er war Test- und Wettkampfpilot für ADVANCE und holte u.a. den Vizeweltmeister-Titel und den Gesamtweltcupsieg. Heute ist Andy ADVANCE Importeur und leitet eine Flugsportakademie samt Hangar in Argentinien. Noch immer ist er als Testpilot tätig und fliegt vom Gleitschirm über UL und Segelflieger bis zur Cessna alles, was ihn in die Luft bringt.

44


FLIEGEN UND SIEGEN

ANDY HEDIGER, EX-WETTKAMPFPILOT, ÜBER WETTKÄMPFE UND WENDEPUNKTE

Wettkämpfe formen Menschen und Marken. Das erfolgreiche Wettkampfengagement von ADVANCE hat Produkte und Piloten-Persönlichkeiten geprägt.

Als ich bei ADVANCE einstieg, war die Firma bereits einer der drei wichtigsten Hersteller auf dem Gleitschirmmarkt. Und es dauerte nicht lange, bis ADVANCE zum Massstab für die gesamte Gleitschirmszene wurde. Es gab Erfolge auf der ganzen Linie: Die Streckenflugrekorde von Xavier Rémond 1990 in Namibia, Housi Bollingers Weltmeistertitel von 1993, die Frauen-Weltcup-Siege von Nanou Berger. Klar, immer mehr Pilotinnen und Piloten wollten für ADVANCE an den Start gehen. Es wäre ein Leichtes gewesen, ein grosses Team aufzustellen, um noch mehr Siege einzufahren. Doch

«KLEIN, ABER FEIN», DAS IST DIE DEVISE. ADVANCE verfolgte eine andere Strategie. Das Team sollte klein bleiben und nur aus Piloten bestehen, die an der Entwicklung der eigenen Schirme mitwirkten. Der Effekt dieser Selektion: Starteten die Konkurrenten mit fünfzehn oder zwanzig Piloten, um ihre Siegeschancen zu erhöhen, flog ADVANCE nur mit vier oder fünf Piloten, von denen am Ende meist mehrere auf dem Treppchen standen. «Klein, aber

fein», das war die Devise. Die Herausforderung bestand darin, diesen Vorsprung auch langfristig aufrechtzuerhalten. Dies gelang ADVANCE über viele Jahre. Um die Jahrtausendwende hiessen die Protagonisten Kari Eisenhut und Steve Cox. Auch ich gehörte dazu und erreichte meinen Karrierehöhepunkt in dieser Zeit. Erneut purzelten Gesamtweltcupsiege, Europameistertitel und dann im 2005 der zweite Weltmeistertitel für ADVANCE durch Steve Cox. Meine Karriere war im Zenit; eine tolle Zeit, denn wir waren auch freundschaftlich verbunden. Dann war es an der Zeit, einer neuen Generation Platz zu machen, die vom jungen Chrigel Maurer angeführt wurde. Als kleiner Junge hatte er seinem Mentor Kari Eisenhut am Startplatz geholfen, den Schirm startklar zu machen. 2004 wurde er schon Europameister und es folgten drei Weltcupsiege in Serie. Ein bis heute nie mehr erreichter Erfolg. Weitere Podestplätze gab es mit Ewa Wisnierska und Karin Maurer-Appenzeller bei den Frauen: Vizeweltmeisterin, Vize-Europameisterin, Gesamtweltcupsiegerin usw. Zu dieser Zeit war man sich einig: Aus Thun kommen die besten Schirme, in der besten Qualität, geflogen von den besten Wett-

>>>

45


#2

WEITER, HÖHER, EINFACHER

kampfpiloten. Dann kam die Weltmeisterschaft 2009 in Mexiko. Der ADVANCE Teampilot Stefan Schmoker stürzte ab und verstarb. Ein unglaublicher Schock! Ein paar Tage später wurde Andy Aebi Weltmeister. Es war der dritte Weltmeistertitel für ADVANCE.

FÜR ADVANCE WAR KLAR: «PILOTEN SIND KEINE VERSUCHSKANINCHEN.» Der Tod von Stefan, den wir vor Ort miterlebt haben, stimmte alle nachdenklich. Das Ereignis markierte einen Wendepunkt, für die Piloten wie für ADVANCE. Als bald darauf die ersten Zweileiner mit langen Stäbchen in der Eintrittskannte auftauchten, war

46 Andy Hediger // IMPRESS // Bild: Thomas Ulrich

dem Team aus Thun klar: «Piloten sind keine Versuchskaninchen.» ADVANCE hielt sich zurück und entwickelte nur ein paar wenige Zweileiner. Bei internen Tests erwiesen sie sich aber als unberechenbar. Fortan gab es keine neuen Prototypen mehr für den Wettkampf. Dass diese Entscheidung vernünftig war, zeigte die WM 2011 in Spanien auf tragische Weise. Sie wurde nach zwei tödlichen Unfällen abgebrochen. Trotz der zwei X-Alps-Siege durch Chrigel Maurer 2009 und 2011 zog sich ADVANCE vorerst aus dem klassischen Wettkampfsport zurück. Das war mit Risiken verbunden. Denn seit Anbeginn des Gleitschirmsports prägen Wettkampferfolge das Markenimage. Siege bedeuten Marktanteile. Nun verschwand das Label ADVANCE quasi über Nacht von Weltmeisterschaften,


von Worldcup-Wettkämpfen und vielen anderen Wettbewerben. Das Winglet kämpfte nicht mehr um Titel und Trophäen. Es war ein erneutes Statement für die Eigenständigkeit der Firma. Wenn die allgemeine Entwicklung in die falsche Richtung geht, den Mut haben, einen anderen Weg einzuschlagen. Auch auf die Gefahr

bis heute zu hundert Prozent hinter ADVANCE und das hat auch mit dieser Haltung der Firma und ihrer Mitarbeiter zu tun. Das Umfeld im Wettkampf hat sich in letzter Zeit wieder in eine bessere Richtung bewegt. Deshalb freue ich mich schon jetzt auf den Moment, wenn ADVANCE wieder vorne im Wettkampf mitmischt. //

DER SOUVERÄNE RÜCKZUG AUS DER WETTKAMPFARENA HAT DIE MARKE GESTÄRKT. hin, dass nicht alle gleich begeistert sind. Trendsetter sein, den Moden nicht hinterherlaufen und nur das machen, was man selbst für richtig und gut befindet. Das zeichnet ADVANCE aus. Ich stehe

Andy Hediger // OMEGA Proto // Castelo, Brasilien // Bild: Martin Scheel

47


#2

WEITER, HĂ–HER, EINFACHER

48 Karin Maurer-Appenzeller // OMEGA Proto // Manilla, Australien // Bild: Martin Scheel


49


#2

WEITER, HÖHER, EINFACHER

ERFOLGE GESAMTWELTCUP WELTMEISTERSCHAFTEN 2009 2007 2006 2006 2005 2005 2005 2003 2001 2001 1999 1997 1995 1993 1991

Weltmeister Andy Aebi Paramotor Weltmeister Ramón Morillas Akro Weltmeisterin Judith Theurillat-Zweifel Akro Vize Weltmeister Chrigel Maurer Weltmeister Steve Cox Vize Weltmeisterin Ewa Wisnierska Paramotor Weltmeister Ramón Morillas Paramotor Weltmeister Ramón Morillas Vize Weltmeisterin Nicole Nussbaum 1. Platz Weltmeisterschaft Team SUI Nicole Nussbaum, Steve Cox 1. Platz Weltmeisterschaft Team SUI Steve Cox und Kari Eisenhut 1. Platz Weltmeisterschaft Team SUI Michi Steinbach und Housi Bollinger Vize Weltmeister Housi Bollinger Weltmeister Housi Bollinger 1. Platz Weltmeisterschaft Team SUI Robert Graham

2010 2008 2008 2007 2007 2007 2006 2006 2006 2005 2005 2005 2000 1999 1996 1995 1995 1995 1994 1993 1992

Akro Gesamtweltcupsiegerin Judith Theurillat-Zweifel Gesamtweltcupsieger Andy Aebi 3. Platz Gesamtweltcup Stefan Schmoker Gesamtweltcupsieger Chrigel Maurer 3. Platz Gesamtweltcup Andy Aebi Akro Gesamtweltcupsiegerin Judith Theurillat-Zweifel Gesamtweltcupsiegerin Karin Maurer-Appenzeller Gesamtweltcupsieger Chrigel Maurer Akro Gesamtweltcupsiegerin Judith Theurillat-Zweifel Gesamtweltcupsiegerin Ewa Wisnierska 3. Platz Gesamtweltcup Karin Maurer-Appenzeller Gesamtweltcupsieger Chrigel Maurer Gesamtweltcupsieger Andy Hediger Gesamtweltcupsieger Kari Eisenhut Gesamtweltcupsiegerin Nanou Berger Gesamtweltcupsieger Housi Bollinger 2. Platz Gesamtweltcup Frauen Nanou Berger 3. Platz Gesamtweltcup Olivier Nef 2. Platz Gesamtweltcup Housi Bollinger 2. Platz Gesamtweltcup Housi Bollinger 3. Platz Gesamtweltcup Housi Bollinger

50 v.l.n.r.: Drei Weltmeister: Housi Bollinger, Steve Cox und Andy Aebi // Bilder: Thomas Ulrich (1), Martin Scheel (2)


STRECKENFLUGWETTBEWERBE

2011 X-Alps Sieger Chrigel Maurer 2009 X-Alps Sieger Chrigel Maurer 2005 3. Platz Urs Lötscher

2011 2010 2009 2008 2007 2006

EUROPAMEISTERSCHAFTEN

REKORDE

2006 2006 2006 2004 2004 2002 2000 2000 1996 1996 1996

2009 2009 2007 2006 2004 1998 1990

X-ALPS

Vize Europameisterin Ewa Wisnierska Vize Europameister Chrigel Maurer 1. Platz Europameisterschaften Team SUI Karin Maurer-Appenzeller, Chrigel Maurer, Michael Witschi, Andy Aebi Europameister Chrigel Maurer Vize Europameisterin Ewa Wisnierska 1. Platz Europameisterschaft Team SUI Eliane Blondeau-Ueltschi, Steve Cox Europameister Kari Eisenhut Vize Europameister Steve Cox Europameisterin Nanou Berger Europameister Vincent Sprüngli Vize Europameister Housi Bollinger

FAI WXC Serial Class Sieger: Kurt Eder FAI WXC Open Class Sieger: Thomas Koster World Xcontest: 3. Platz Thomas Koster World Xcontest: 2. Platz Chrigel Maurer World Xcontest: 3. Platz Stefan Schmoker OLC Sieger Chrigel Maurer

Infinity-Tumbling Weltrekord mit 210 Turns durch Chrigel Maurer Paramotor Höhenweltrekord durch Ramón Morillas mit 7800 m.ü.M Paramotor Weltrekord durch Ramón Morillas in offener Distanz über 1105 km Weltrekord FAI-Dreieck durch Chrigel Maurer über 266 km FAI Europarekord in der offenen Distanz durch Chrigel Maurer über 323 km FAI Weltrekord in der offenen Distanz durch Godfrey Wenness über 335 km FAI Weltrekord in der offenen Distanz durch Xavier Rémond über 128 km

Chrigel Maurer, Karin Maurer-Appenzeller, Ewa Wisnierska, Kari Eisenhut, Chrigel Maurer, Steve Cox // Bilder: Vitek Ludvik (1), Martin Scheel (2)

51


#2

WEITER, HÖHER, EINFACHER

52 Chrigel Maurer, Judith Theurillat-Zweifel, Thomas Theurillat, Jonas Jäggy und Christina von Rütte // X-Alps OMEGA Proto, ALPHA 4 Hike


Rosenlauigletscher, Schweiz // Bild: Andy Busslinger

53


#2

54

WEITER, HĂ–HER, EINFACHER

Judith Theurillat-Zweifel // ADVANCE Acro Proto // Infinity Tumbling, Eiger, Schweiz // Bild: Andy Busslinger


ADVANCE Serial Team Members beim Teamfliegen // OMEGA 8 // Adelboden, Schweiz // Bild: Matthias Hofmann

55


#2

WEITER, HÖHER, EINFACHER

NERVEN SACHEN

DR. URS BRAUN, PSYCHOLOGE UND GLEITSCHIRMPILOT, ÜBER DIE ANGST

Der Traum vom Fliegen ist in den Menschen tief verwurzelt. Gleitschirmfliegen als einfachste Art des Fliegens fasziniert viele Menschen! Tausende beginnen jedes Jahr mit der Ausbildung. Trotzdem stagniert die Anzahl Piloten seit Jahren, weil viele nach kurzer Zeit mit dem Fliegen wieder aufhören. Statistiken zeigen: Negativerlebnisse und Angstgefühle sind ganz vorne bei den Ausstiegsgründen.

Jeder Pilot kennt das Gefühl der Angst beim Fliegen. Auch erfahrene und professionelle Wettkampfpiloten werden immer wieder damit konfrontiert. Weshalb? Eigentlich ist der Mensch nicht für das Fliegen geschaffen. Wir sind genetisch gar nicht dafür programmiert. Fallen oder Stürzen bedeutet für unseren Köper maximale Verletzungsgefahr. Unser Wahrnehmungs- und Nervensystem ist so gebaut, dass es uns mit einer Alarmreaktion davor schützt. Dafür ist ein System im Hirn zuständig, welches wir bereits bei den Reptilien finden. Sobald dem Körper Gefahr droht, tritt dieses System in Kraft und bringt unseren Körper auf maximale Leistung. Puls und Atmung werden beschleunigt, die Muskeln werden hart und mit maximaler Energie versorgt, um den drohenden Aufschlag abzufangen. Wir sind alarmiert und erleben Angst. Weshalb fliegen wir trotzdem? Wir Menschen sind «Kontrollfreaks». Herausfordernde Situationen, wie wir sie in allen sogenannten «Risikosportarten» erleben, meistern zu können, macht geradezu süchtig. Einen Flug, vielleicht

56

sogar einen herausfordernden Flug, gemeistert zu haben, in verschieden Situationen während des Fluges die richtige Entscheidung, die angemessene Reaktion gezeigt zu haben, erfüllt uns mit tiefer Genugtuung. Hirntechnisch gesehen überschüttet unser Belohnungssystem das Gehirn in solchen Momenten mit Botenstoffen, die dieses Glücksgefühl produzieren. Ähnliches erleben auch andere Sportler beim Klettern, Fallschirmspringen usw. Was passiert dann genau, wenn wir Angst haben, beispielsweise in einer Extremsituation? Ist die Angst nicht zu stark, können wir auch in dieser Situation noch einigermassen differenziert reagieren. Ist die Alarmierung aber massiv, z.B. wenn wir unser Leben bedroht sehen, schaltet unser Hirn auf drei einfache Notprogramme um: Flüchten, Kämpfen oder Einfrieren. Der Körper stellt den Muskeln maximale Energie zur Verfügung, bestens geeignet für den Kampf oder die Flucht. Die Muskeln werden grobmotorisch, die Bedienung von diffizilen Geräten, funktioniert nicht mehr, wir begehen Fehler. Beim «Einfrieren» sind wir blockiert und gar nicht mehr in der Lage zu reagieren, z.B.


DR. URS BRAUN, Fachpsychologe für Psychotherapie und selbst begeisterter Gleitschirmpilot, hat Strategien für den Piloten im Umgang mit Angst entwickelt.

den Rettungsschirm zu werfen. Auch bei moderater Alarmierung können wir bereits im Denken so fixiert sein, dass wir nicht mehr in Varianten denken. Wir halten an einem zuvor gefassten Plan fest, obwohl dieser zum Scheitern verurteilt ist. Zum Beispiel übersehen wir Notlandeplätze, weil wir unbedingt unser Ziel erreichen wollen. Auch wenn es offensichtlich nicht erreichbar ist. Das Alarmsystem im Hirn hat aber noch eine zweite Funktion, es speichert – ohne dass wir das bewusst wahrnehmen – Sinneseindrücke, die wir während der Gefahrensituation erlebt haben. Zukünftig wird die Alarmzentrale, immer wenn diese Sinneseindrücke wieder auftauchen, den Körper in Alarmzustand versetzen. Das erleben wir dann als Angst. Dieses unangenehme Gefühl bewirkt, dass wir in Zukunft solche Situationen meiden, weil sie potenziell gefährlich sind. Biologisch gesehen eine gute Überlebensstrategie. Aber die Angst vor der Angst bestimmt nun unser Handeln. Wenn wir die Situation vermeiden, können wir auch nicht die korrigierende Erfahrung machen, dass sie vielleicht gar nicht so gefährlich ist und wir sie bewältigen können.

>>>

57


#2

WEITER, HÖHER, EINFACHER

ANGST IST EINE HERAUSFORDERUNG, KEIN TABU.

Wie können wir eine Angstsituation erfolgreich meistern? Es ist keine Katastrophe, wenn ich ein negatives Erlebnis habe. Mit der nötigen Geduld ist es möglich, die Angst in vier Schritten zu bewältigen. 1. Eingestehen: Wenn wir die Tatsache erkennen und akzeptieren können, dass unsere Biologie das Alarmsystem braucht, um in vielen Situationen überleben zu können, fällt es uns leichter einzugestehen, dass wir in einer gewissen Situation Angst haben. Wir erleben die Angstreaktion nicht mehr als Versagen. 2. Erkennen: Danach geht es darum, zu erkennen, welche Sinneseindrücke (Windgeräusch, Rascheln im Schirm, mulmiges Gefühl im Bauch usw.) die Angstreaktion auslösen. 3. Benennen und Verstehen: Aha, jetzt schickt mir mein Alarmsystem eine Warnung! – Und mein Körper reagiert mit einer Alarmreaktion, um mich zu schützen. 4. Sich der Situation aussetzen: Wenn ich in der Situation verbleibe und das unangenehme Gefühl aushalte, wird sich die Angst innerhalb von kurzer Zeit deutlich reduzieren. Ich adaptiere und gewöhne mich daran und ich gebe mir die Chance, dass ich die Situation bewältigen kann. Kann ein Gleitschirm-Hersteller auch etwas gegen Angst tun? Einen wichtigen Beitrag leistet er nur schon dadurch, dass er dieses Tabuthema auf den Tisch bringt! Ich erlebe oft, dass unter Piloten eine grosse Scheu besteht, über eigene Ängste zu sprechen. Es scheint, als ob Angst eine ansteckende Krankheit oder ein Gift wäre. Zudem finde ich es sinnvoll, wenn Gleitschirmhersteller im unteren und mittleren Bereich die Produkte nicht bis aufs Letzte ausreizen. Je weniger Energie und Aufmerksamkeit ich für die Kontrolle des Gerätes verbrauche, desto mehr freie Kapazität habe ich, um vorausschauend zu fliegen. Mein Alarmsystem muss weniger oder gar nicht in Aktion treten und ich muss mich weniger mit negativen Erfahrungen auseinandersetzen. Ich werde mehr und mit mehr Spass fliegen und somit mehr positive Erlebnisse haben – was mich wiederum kompetenter und erfahrener macht. //

58

Kari Eisenhut // SUCCESS 2+ // Madeira, Portugal // Bild: Martin Scheel


59


#2

WEITER, HÖHER, EINFACHER

11 0 5 - K M -F L U G 14 . 5 S TU ND E N NONSTOP JE R EZ – L ANZ A ROT E

DER LÄNGSTE FLUG Immer wieder haben Piloten mit ADVANCE Schirmen die Bestmarken weiter gesteckt. Streckenflugweltrekorde durch Xavier Rémond anfangs der 90er Jahren (128 km) und durch Godfrey Wenness 1998 (335 km) oder der Europarekord durch Chrigel Maurer 2004 (323 km). Heute liegen die Bestmarken in Brasilien, Südafrika und den USA bei 500 km. Doch einer hat sie alle geschlagen. Die längste je mit einem Gleitschirm geflogene Strecke beträgt 1105 km, nonstop, ohne Landung. Im Jahr 2007 flog Ramón Morillas mit einem OMEGA 7 vom spanischen Festland (Jerez) auf die Kanareninsel Lanzarote: in 14 Stunden 30 Minuten übers offene Meer, mit einem Paramotor und einer Schwimmweste, unterstützt durch den Südostpassat, der in Westafrika permanent vorherrscht. Das war übrigens nur einer von zahlreichen Rekorden, die Ramón am Paramotor mit ADVANCE Schirmen realisiert hat.

60 Ramón Morillas // OMEGA 7 // über dem Atlantik // Bilder: Ramón Morillas (3) und Juan Morillas (1)


Ram贸n Morillas // EPSILON 5 Motor // Vorbereitungen f眉r Rekordflug auf Teneriffa, Spanien // Bild: Francisco Renedo

61


#2

WEITER, HÖHER, EINFACHER

TREND HIKE & FLY Einfach schöner: Die Freuden des einfachen Fliegens werden wieder entdeckt. Der Weg führt zurück zu den Wurzeln und damit vorwärts zu einem entspannten Flugerlebnis. Mit unserem Engagement für Hike & Fly wollen wir zeigen, wie viel Spass Fliegen machen kann. Was Hike & Fly so einzigartig macht, ist die Kombination aus Bewegung, Naturerlebnis und Freude am Fliegen. Bei Hike & Fly geht es nicht um grosse Strecken, um anspruchsvolle Technik und aufwendige Ausrüstung. Im Gegenteil! Hike & Fly stellt das Fliegen und das Erlebnis in der Gruppe ins Zentrum: Angefangen von der gemeinsamen Bergwanderung am Morgen bis zum entspannten Abgleiten im Abendlicht. Ist der Streckenflieger auf sich allein gestellt und steht an schlechten Tagen schnell frustriert am Boden, kann der Hike & Fly-Pilot seinen Talflug in vollen Zügen geniessen. Hike & Fly verkörpert das, was den Gleitschirmsport einst ausgezeichnet hat: den Traum vom einfachen Fliegen.

62 Chrigel Maurer // EASINESS // Schilthorn, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich


63


#2

64

WEITER, HÖHER, EINFACHER

Chrigel Maurer und Thomas Ulrich // EASINESS und PI // Staubbachfälle, Schweiz // Bildsetup: Thomas Ulrich


Eliane Blondeau-Ueltschi, Judith Theurillat-Zweifel und Jasmine Lanz // ALPHA 4 Hike // Wildhaus, Schweiz // Bild: Martin Scheel

65


#3

66

EIGENE WERTE LEBEN


#3

EIGENE WERTE LEBEN ERFOLGSPRINZIP EIGENSTÄNDIGKEIT Eigene Wege gehen. Unserer Philosophie und unseren Ansprüchen treu bleiben – das zeichnet ADVANCE aus. Nicht selten führte ADVANCE in den letzten 25 Jahren Innovationen ein, die dann in der gesamten Branche zum Standard wurden. Oft waren die Neuerungen der Zeit voraus, manchmal haben sie polarisiert. Doch für uns stand fest: Weiter kommt man nur, wenn man den Pfad des Mainstreams verlässt und auch mal gegen den Strom schwimmt. Diesen Herausforderungen stellen wir uns gerne. Dabei nehmen wir uns Zeit, unsere Produkte bis ins letzte Detail auszuarbeiten.

67


#3

EIGENE WERTE LEBEN

CFD ADVANCE gehörte zu den ersten Gleitschirmherstellern, die computergestützte Strömungsanalysen bei der Entwicklung von Schirmen und Gurtzeugen einsetzten. Die Anwendung von CFD (Computational Fluid Dynamics) setzt eine vollständig dreidimensionale Modellierung der Produkte voraus und ermöglicht, Leistungsdaten präzise zu analysieren und zu vergleichen. Der Vorteil für Entwicklungsingenieure: Man kann konstruieren und testen, ohne jedes Mal einen Prototypen bauen zu müssen.

68 Grafiken: Christian Proschek


SPÄTE EHRE

VIEL BESTAUNT, ETWAS BEZWEIFELT, ENDLICH ERFORSCHT: DAS WINGLET

Seit 25 Jahren tut das Winglet auf jedem ADVANCE Schirm seinen Dienst. Seine Leistungen als Markenzeichen sind unbestritten. Aber sein Nutzen? Nun beweisen aufwendige Berechnungen an der Fachhochschule Graz den Einfluss des Winglets auf die Aerodynamik der Schirme.

Unter Piloten ist es umstritten. Die einen würden das Winglet am liebsten abschneiden, die anderen wollen es nicht missen. Aber jeder kennt es. So wie der Stern für Autos der Oberklasse steht und drei Streifen für Turnschuhe, so steht es für ADVANCE und macht die Schirme aus Thun für jedermann erkennbar. Es war allerdings nicht als Markenzeichen gedacht. Vielmehr ging es Robert Graham darum, den Randwirbel der Schirme zu reduzieren, ohne dafür die Streckung zu erhöhen. Denn eine erhöhte Streckung reduziert die Stabilität der Schirme (Vortex-Effekt). Die Position der Winglets am Flügelende ist bis heute praktisch unverändert geblieben. Form und Grösse hingegen wurden mehrmals überabeitet. Seit dem SIGMA 8 verfügen die Winglets über ein gewölbtes Profil, das im Gegensatz zum symmetrischen Profil dem Schirm mehr Auftrieb verleiht. Dennoch wurde immer gefragt: Bringt das Winglet wirklich was? Einige waren sogar überzeugt, dass es sich negativ auf die

Flugeigenschaften auswirken würde. Schliesslich erhöht es den Widerstand und bedeutet zusätzliches Gewicht. Es war also an der Zeit, ein für allemal zu klären, ob das Winglet nützlich, schädlich oder nutzlos sei. Ein Student der Fachhochschule Graz setzte sich mit Unterstützung des ADVANCE Entwicklungsteams mit der Winglet-Thematik auseinander. Er nahm identische SIGMA 8 Flügelhälften mit und ohne Winglet und verglich sie im virtuellen Windkanal. Über 50 Berechnungen wurden gemacht, für jede arbeitete der Uni-Grossrechner mehrere Stunden lang. Die Resultate waren eindeutig: Gemäss der CFD-Analyse reduziert das Winglet den induzierten Wiederstand um 2.85 %. Dies entspricht einer Verbesserung der Gleitzahl um 1.5 %. Das Winglet ist also weder schädlich noch nutzlos. Im Gegenteil. Und als Markenzeichen ist es unschlagbar. Das geben selbst seine grössten Kritiker zu. //

DIES ENTSPRICHT EINER VERBESSERUNG DER GLEITZAHL UM 1.5 %.

69


#3

EIGENE WERTE LEBEN

70 Kari Eisenhut, Andy Aebi und Judith Theurillat-Zweifel // ALPHA 4 // Teneriffa, Spanien // Bild: Martin Scheel


71


#3

EIGENE WERTE LEBEN

Vertrauen in die Marke. RENATO WÜEST kennt ADVANCE von Anfang an. Der gebürtige Zürcher wuchs im Tessin auf und eröffnete dort schon Ende der 80er Jahre eine Gleitschirmschule. Seit 1989 ist er ADVANCE Händler und der Firma auf vielfältige Art verbunden. Sein Fazit: Wer eine Linie hat, dem können Turbulenzen wenig anhaben.

Am dem Tag, an dem ich zum ersten Mal einen ADVANCE Schirm fliegen sollte, hatten wir Nordwind. Pech. Robert Graham, Valéry Chapuis und ich versuchten, einen passenden Hügel zu finden. Schwierig. Ich hatte erst kurz zuvor mit dem Fliegen begonnen und noch wenig Erfahrung mit den Fluggeräten. Immerhin: Der Schirm von Robert hob ab, und ich beschloss, ihn bei uns im Tessin zu verkaufen. So einfach war’s. Ich wusste, die Schirme von ADVANCE unterschieden sich deutlich von der Konkurrenz. Die Form war speziell, sie hatten Winglets und dann die kleinen, halbrunden Öffnungen an der Eintrittskante. Kurz: Die Schirme waren eigenwillig. Und sie besassen

DIE SCHIRME BESASSEN EINE GEWISSE EXKLUSIVITÄT, NICHT ALLE PILOTEN WAREN FÄHIG, SIE ZU FLIEGEN. eine gewisse Exklusivität, denn bei Weitem nicht alle Piloten waren fähig, sie zu fliegen. Zum Beispiel die ersten SIGMAs! Ziemlich lebendig und sehr sportlich, um es vorsichtig auszudrücken. Dann kamen die Hochleister, wie der OMEGA. Den konnten nur die Besten starten. Das führte zu einer gewissen Selektion. Es hatte etwas Elitäres, aber das reizte mich. Als Händler dachte ich mir: «Rolf und Robert machen halt ihr Ding.» Sie sind konsequent, auch wenn sich das nicht immer in

72


KONSTANZ IM WANDEL

RENATO WÜEST HAT ERLEBT, WIE EINE HALTUNG ZUR EINER MARKE WURDE

Verkaufszahlen ausdrückte. Einmal schlugen wir Händler vor, einen Hochleister zu entwickeln, den auch Durchschnittspiloten starten können. Das interessierte sie aber nicht sonderlich. Wenn die Piloten einen Schirm nicht fliegen können, dann sei dies Sache der Piloten. Robert und Rolf hatten bestimmte Vorstellungen, wie ein Schirm sein sollte – und denen blieben sie treu. Der grosse Erfolg kam mit dem EPSILON 2. Das war ein Schirm, der sich auch sehr gut für die Schulung eignete. Das Resultat: Die Marke boomte und wurde auch dort bekannt, wo sie es noch nicht war. Piloten, welche die Schirme ausprobierten oder einfach nur in Händen hielten, waren von der Qualität beeindruckt. Alles war bis ins letzte Detail durchdacht. Die Nähte waren sauber und das Material hochwertig. ADVANCE hatte nie Probleme mit Porosität oder schlechten Leinen. In Sachen Qualität gab es keine Kompromisse. Das ist ziemlich einmalig, verglichen mit anderen Herstellern. Bei Markteinführung waren Schirme und Gurtzeuge ausgereift. Gab es Probleme mit einem Produkt, waren sie spätestens bei der nächsten Generation behoben. ADVANCE war immer mein Favorit, auch wenn sie mal nicht das beste Produkt auf dem Markt hatten oder mir einzelne Schirme nicht gefielen. Heute zeichnen sich die Schirme gerade dadurch aus, dass sie leicht zu fliegen sind. Sie sind einfach zu starten, sie vermitteln ein gutes Fluggefühl und ein hohes Mass an Sicherheit. Dieses Bekenntnis zur Einfachheit hat sich in den letzten zehn,

fünfzehn Jahren entwickelt. ADVANCE hat eine spürbare Entwicklung durchgemacht. Aber in der Geschichte von ADVANCE hat es ja überhaupt einige Wechsel gegeben! Da war der Weggang von Robert Graham. Das war ein Schock. Auf ihn folgte Thomas Ripplinger. Als dann auch Thomas, Marcel Lamprecht und Chrigel Maurer eigene Wege gingen, fragte man sich: War es das jetzt? Aber es ging weiter. Interessant, dass man den Schirmen und Gurtzeugen die Wechsel der Konstrukteure kaum angemerkt

DER ANSPRUCH AN DIE QUALITÄT DER MATERIALIEN UND DER VERARBEITUNG WURDE NIE AUFGEGEBEN. hat. Obwohl Robert und Thomas völlig unterschiedliche Charaktere waren, gibt es bei den Produkten eine deutliche Kontinuität. Der Anspruch an die Qualität der Materialien und der Verarbeitung wurde nie aufgegeben, und auch die Flugcharakteristika der Schirme sind geblieben. Wichtig auch, wie sich ADVANCE nach aussen darstellte: die Ästhetik war hochwertig, Videos und Fotos waren aussergewöhnlich, die Accessoires auffällig. Man spürt, dass alles ineinandergreift und einem Gesamtkonzept folgt. ADVANCE wollte nie mit dem Strom schwimmen, aber auch nicht aus Prinzip dagegen. Das macht das Besondere der Marke aus. //

73


#3

EIGENE WERTE LEBEN

74 Thomas Ulrich // IMPRESS 3 // Anti-Atlas, Marokko // Bild: Thomas Ulrich


ENDE GURT ALLES GURT

WAS DABEI HERAUSKOMMT, WENN SICH ADVANCE INS GURTZEUG LEGT

Eigenentwicklungen prägen die Gurtzeuge von ADVANCE. Leidenschaft, Perfektionismus und Teamwork sind die Treiber hinter den Innovationen, die den Markt immer wieder verblüffen und eigene Produktklassen geschaffen haben.

Der Durchbruch gelang im Jahr 2004: Der junge Chrigel Maurer bastelte im ADVANCE Atelier an einem Wettkampfgurtzeug mit Beinsack. Sein Ziel: Einfacher und weniger voluminös als die wenigen damals verfügbaren «Kanus». Und es sollte auch ohne Beinsack funktionieren. Von einem kommerziellen Erfolg für ein solch spezifisches Produkt ging damals in der Firma niemand aus. Trotzdem wollte man den motivierten Wettkampfpiloten in seinem Unterfangen nicht bremsen und produzierte mehrere Prototypen. Das war der Grundstein für das IMPRESS und die überaus erfolgreiche IMPRESS-Reihe. Funktionalität, einfaches Handling und ein verhältnismässig geringes Packvolumen, das waren die Erfolgsfaktoren, die mithalfen, einen neuen Markt zu erschliessen. Dank des IMPRESS wurden Gurtzeuge mit Beinsack für den Gelegenheitspiloten und damit für ein breites Publikum zugänglich. Der IMPRESS-Erfolg war eine unglaubliche Motivationsspritze. Plötzlich war klar: Es gibt einen Markt für innovative Gurtzeuge. Jetzt konnte man erst recht loslegen. In Sachen Sicherheit und Kompaktheit gab es noch viel Entwicklungspotential. So entstand die Idee für einen Airbag-Protektor ohne Luftanströmung. Ziel war,

die Vorteile von konventionellen Schaumprotektoren und Airbags zu vereinen: minimales Packvolumen und minimales Gewicht, doch vom Start weg voll funktionsfähig. Ein einfaches Schaumgerippe sollte den Airbag nach dem Auspacken selbstständig in Form bringen und diesen mit Luft auf volles Volumen füllen. So entstand der Hybridprotektor, der erstmals beim AXESS 2 eingesetzt wurde und damit eine neue Protektor-Generation einführte.

>>>

75


#3

76

EIGENE WERTE LEBEN

Kari Eisenhut // AXESS 2 Air // Gurnigel, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich


EIGENSTÄNDIG AUCH IM LOOK.

Nun wollte man auch bei der Gurtzeugentwicklung voll auf 3DKonstruktionssoftware setzen. Doch bei Textilien steckten solche Konstruktionsverfahren noch in den Kinderschuhen. Rucksackund Schuhhersteller waren an der hohen Komplexität gescheitert. Glaube und Ausdauer waren nötig. Doch 2009 war es so weit: Die X-Alps-Gurtzeugprototypen wurden vollständig auf dem Rechner dreidimensional konstruiert. Vom IMPRESS zum LIGHTNESS: ein Serienprodukt, das aus Chrigels X-Alps-Gurtzeug entstand. Chrigels Leidenschaft – Hike & Fly in extremis – stellte neuartige Ansprüche an das Gurtzeug. Runter mit dem Gewicht, das war die Forderung an das Ent-

Startplatz Piedrahita, Spanien // Was ist hier falsch? // Bild: Jörg Nuber

wicklungsteam. Kreative Lösungsansätze waren gefragt. Wie wär’s sitzbrettlos? Erst grosses Stirnrunzeln, dann grosser Beifall. Das Konzept wurde nicht nur beim LIGHTNESS zu einem Verkaufsschlager und Trendsetter, es beeinflusste auch massgebend die Weiterentwicklung der IMPRESS-Reihe. Die Gurtzeug-Sparte macht heute rund einen Drittel der Firmen-Aktivitäten aus. ADVANCE Gurtzeuge nehmen eine führende Stellung am Markt ein. Wer hätte das damals gedacht? Sicher all jene Entwickler, die bei ADVANCE mit Leidenschaft, Kreativität und Ausdauer bei der Sache waren. //

77


#3

EIGENE WERTE LEBEN

3D-ENTWICKLUNG ADVANCE setzte als erster Entwickler echte 3D-Methoden für Gleitschirme und Gurtzeuge ein. Die Vorteile sind bestechend: perfekter Schnitt, kontrollierte Spannungen, schönere Silhouette, weniger Falten und somit auch eine verbesserte Aerodynamik. Zudem wird durch die präzise Umsetzung der gewünschten ergonomischen Form auch der Komfort massiv verbessert.

78 SUCCESS 3 3D-Modell: Patrick Bieri, ADVANCE // Rendering: Mark Oertig


79


#3

EIGENE WERTE LEBEN

80 Simon Campiche, Andy Aebi und Beni K채lin // COMFORTPACK 2 // Blaue Steine, Tafraoute, Marokko // Bild: Thomas Ulrich


81


#3

EIGENE WERTE LEBEN

DIE KOOPERATION IST GEPRÄGT DURCH DAS FREUNDSCHAFTLICHE VERHÄLTNIS DER BEIDEN UNTERNEHMENSGRÜNDER.

oben: Kari Eisenhut und Michi Steinbach // SIGMA 4 // Castelluccio, Italien // Bild: Thomas Ulrich unten: Hannes Papesh und Rolf Zeltner // Thun, Schweiz // Bild: Greg Blondeau 82


SYNERGIE & SYMPATHIE

ADVANCE UND NOVA ENTDECKEN IHRE GEMEINSAMEN INTERESSEN

Eins und eins gibt mehr als zwei: Aber wie viel? Seit 2013 kooperieren ADVANCE und Nova, zwei der führenden Gleitschirmhersteller.

ADVANCE und Nova spannen zusammen: Die Nachricht löst in der Gleitschirmwelt einige Emotionen aus. Kooperieren? Fusionieren? Die Antwort ist klar: Beim Materialeinkauf und bei der Produktion will man ab 2013 gemeinsame Wege gehen, ebenso strebt man bei der Entwicklungs- und Analysesoftware für Gleitschirme eine enge Zusammenarbeit an. Wichtig dabei: die Kooperation ist geprägt durch das freundschaftliche Verhältnis der beiden Unternehmensgründer. Und diese Vorgeschichte reicht weit zurück: Bereits Anfang der 90er Jahre haben die beiden Tüftler der damals noch jungen Gleitschirmmarken, Hannes Papesh und Robert Graham, gemeinsame Sache gemacht. Mehrere GleitschirmPrototypen sind gemeinsam entstanden. Hannes verfügte schon zu dieser Zeit über einen Computer und Robert über verrückte Ideen. Daraus entstand zwar nie ein Serienprodukt, aber das freundschaftliche Verhältnis und der Erfahrungsaustausch blieben über all die Jahre bestehen. Die ruhige Weihnachtszeit 2012 bot sich den beiden Workaholics Rolf und Hannes geradezu an, um gemeinsam

in nächtlichen Skype-Diskussionen über die Gleitschirmbranche und «Gott und die Welt» zu diskutieren. So reifte die Idee, gemeinsam einen innovativen Weg zu beschreiten: bei der Konzeption der Entwicklungs- und Analysesoftware, beim Materialeinkauf sowie bei der Produktion.

DIE ANGESTREBTE ZUSAMMENARBEIT WIRD NIE DAS HERZ DER BEIDEN FIRMEN BEEINTRÄCHTIGEN. Von Anfang an war Rolf und Hannes klar: Die angestrebte Zusammenarbeit wird nie das Herz der beiden Firmen beeinträchtigen. Marken und Produkte bleiben getrennt. Wenn zwei Musiker das gleiche Instrument spielen, heisst das nicht, dass bei beiden die gleiche Melodie erklingt. Dafür sind der Wert und die Eigenständigkeit bei beiden Marken viel zu stark in ihrer Unternehmens-DNA verankert. //

83


#4

84

MADE BY ADVANCE


#4

MADE BY ADVANCE NUR ADVANCE FERTIGT ADVANCE

Wer Ansprüche hat, muss diese auch umsetzen. Darauf legen wir Wert. Von Anfang an war es uns wichtig, Entwicklung und Produktion selbst in die Hand zu nehmen. Unsere Devise: «Präzision und Perfektion bei jedem Arbeitsschritt.» Um diesen Qualitätsstandard auch in Zukunft zu gewährleisten, haben wir im Jubiläumsjahr ein Mammutprojekt umgesetzt und eine neue Produktionsanlage in Vietnam gebaut. Dort entstehen unsere Produkte, gefertigt mit modernster Technologie, um die Voraussetzungen für perfekte Flugerlebnisse zu schaffen. Die Weichen für morgen sind gestellt.

85


#4

MADE BY ADVANCE

THE VINH TRAN HUU ist Geschäftsführer der ADVANCE Produktionsstätte in Vietnam. Der heute 40-Jährige stammt aus einer ländlichen Provinz Vietnams. Als äusserst zuverlässiger und exakter Näher hat er sich aus bescheidenen Verhältnissen in die obere Mittelschicht hochgearbeitet. The Vinh ist verheiratet und Vater zweier Kinder. The Vinh ist für Rolf wie ein eigener Bruder.

Mit Siebzehn macht sich The Vinh auf nach Saigon, das jetzt HoChi-Minh-City heisst. Der Krieg ist seit fünfzehn Jahren vorbei und Vietnam öffnet sich für Touristen. Das kommunistische Regime ist noch deutlich zu spüren. The Vinh stammt aus einer ländlichen Provinz, er will sich in der Hauptstadt einen Job als Näher suchen. Er ist in einer vietnamesischen Bauernfamilie aufgewachsen. Einen Beruf hat er keinen erlernt – Ausbildungen gibt es in Vietnam nämlich keine. Man kann nur eins lernen: zu arbeiten. Und sein Schwager hat ihm das Nähen beigebracht. In Saigon beginnt The Vinh als Näher für billige Massenware. Bald fällt er durch sein exaktes und zuverlässiges Arbeiten auf. Anstelle billiger Massenware näht The Vinh bald schon qualitativ hochstehende, teure Kleidungsstücke. So kommt es, dass The Vinh Rolf 1994 bei der Eröffnung der ADVANCE Produktionsstätte als Vorarbeiter empfohlen wird. Ein absoluter Glücksgriff für ADVANCE, wie sich bald schon zeigen wird.

86


DER GLÜCKSGRIFF

1994 STIEG THE VINH EIN. HEUTE LEITET ER DIE ADVANCE PRODUKTION IN VIETNAM

The Vinh Tran Huu ist der Mann der ersten Stunde. Als ADVANCE in Vietnam begann, Gleitschirme zu produzieren, stieg The Vinh als Näher und Vorarbeiter ein. Und begleitete mit seinem Können, seinem Verantwortungsbewusstsein und seiner Loyalität den Aufbau der Produktionsstätte. Er ist unsere Schlüsselfigur in Vietnam.

The Vinh ist bestens mit Textilien für Kleider vertraut, aber nun gilt es, ein neues, unbekanntes Material zu verarbeiten: Gleitschirmstoff. Doch die Herausforderung ist noch grösser: Als Vorarbeiter muss The Vinh die anderen Näherinnen und Näher instruieren, wie man mit dem Material umgeht. Hat die Belegschaft bisher täglich Hunderte von T-Shirts produziert, gilt es nun, tagelang an einem einzigen Gleitschirm zu arbeiten. Kommt hinzu, dass die Stoffteile ungewohnt gross sind.

THE VINH BRINGT SICH SELBST ENGLISCH BEI, UM MIT ADVANCE KOMMUNIZIEREN ZU KÖNNEN. Kommunikation ist eine weitere Knacknuss. The Vinh bringt sich selbst Englisch bei, um mit ADVANCE kommunizieren zu können. In den Anfangszeiten werden Produktionsabläufe und Qualität noch von Europäern kontrolliert, heute ist dies The Vinhs Aufgabe. Er trägt die gesamte Verantwortung. Rolf setzt grosses Vertrauen in ihn: «The Vinh ist wie ein Bruder für mich!» Dieses aussergewöhnliche Vertrauensverhältnis ist über die Jahre gewachsen. Anfangs reist Rolf mit Schablonen nach Vietnam, um dort die Produktion zu lancieren. Kommuniziert wird via Telefon und Fax – kein einfaches Un-

terfangen: Jedes Fax wird von einer offiziellen Stelle geprüft, bevor es beim Empfänger ankommt. Verspätungen sind vorprogrammiert. Mail und Skype machen heute vieles einfacher. Dadurch, dass Prototypen direkt in Vietnam hergestellt werden, kennt die Belegschaft die Produkte genauestens. Entsprechend schnell kann die Serienproduktion aufgenommen werden. Aber noch heute setzt sich The Vinh an die Nähmaschine, wenn es gilt, ein produktionstechnisches Problem zu lösen. «Er ist der geborene Näher», sagt Rolf über seinen Geschäftspartner. Nebst seiner Verantwortung als Geschäftsführer ist The Vinh auch noch die Verbindung zwischen dem Entwicklungsteam und den Mitarbeitenden der Produktionsstätte in Vietnam. Und eines der wichtigsten Glieder in der Kette der ADVANCE Qualitätssicherung. Wie es sich anfühlt, mit einem Gleitschirm abzuheben, weiss The Vinh mittlerweile auch. Auf seiner Reise nach Frankreich und in die Schweiz hebt er an einem Tandemschirm ab und erlebt, was «sein» Produkt ermöglicht. Es ist aber nicht das Fliegen, was The Vinh am meisten beeindruckt – nein, es sind die Schneeberge! Und als der wohl loyalste ADVANCE Mitarbeiter überhaupt auf dem Schilthorn in den Schnee greift und erstmals dieses kühle weisse Etwas zwischen seinen Fingern fühlt, ist er völlig fasziniert. //

87


#4

MADE BY ADVANCE

88 ADVANCE Produktionsst채tte // Ho-Chi-Minh-City, Vietnam // Herbst 2013 // Bild: Quinn Mattingly


ZUKUNFT AM WERK

DIE NEUE PRODUKTIONSSTÄTTE BRINGT MEHR KAPAZITÄT UND FLEXIBILITÄT

Der Platz in der alten Produktionsstätte, die in Ho-Chi-Minh-City liegt, wird knapp. Anbauen? Unterkellern? Etwas Neues an einem anderen Standort mieten? Oder ganz woanders hingehen? Wie weiter, wenn der Mietvertrag Ende 2013 ausläuft?

2011 ist ein Jahr intensiver Zukunftsplanung. Man analysiert, konzipiert, verwirft und spielt neue Möglichkeiten durch. Dann der Entschluss: ADVANCE will in Vietnam Land erwerben und eine neue Werkhalle nach eigenen Bedürfnissen und Vorstellungen bauen. Mit dem Neubau stellt ADVANCE die Weichen für die Zukunft. Die Produktionsstätte wird ausserhalb der Stadt Ho-Chi-Minh-City gebaut. ADVANCE kann das eingespielte Näherteam mitnehmen. Das gesamte Know-how bleibt erhalten und das aufwendige Einarbeiten neuer Mitarbeitenden entfällt. Rolf und The Vinh machen sich auf die Suche nach Bauland. The Vinh holt Erkundungen ein und verständigt sich mit den Einheimischen vor Ort. Doch sobald sie auf ein geeignetes Stück Land stossen, weiss niemand, wem das Land gehört – oder schlimmer: Es scheint jedem zu gehören. Nach langem Suchen kann endlich Grundstück erworben werden; das Bauprojekt nimmt Gestalt an. Rolf beauftragt einen Architekten. Der wiederum sieht sich nach einem Generalunternehmen um. Rolf über seine Erfahrungen: «Eigentlich läuft es in Vietnam gleich ab wie hier in der Schweiz. Nur bist du dort nie ganz sicher, ob du tatsächlich bei der richtigen Be-

hörde bist.» Grundbuchamt, Gemeinde, Provinzverwaltung... wer hat was zu sagen? Jeder sagt: «Ich mache das!», weil sich jeder auch noch einen Teil vom Kuchen abschneiden will.

JEDER SAGT: «ICH MACHE DAS!», WEIL SICH JEDER EINEN TEIL VOM KUCHEN ABSCHNEIDEN WILL. Mit Hilfe von The Vinh und einem Anwalt schaffen sie es, sich durch den Papierkrieg zu kämpfen. «Ohne The Vinh wäre das Projekt nicht zu realisieren gewesen!», so Rolf. «Denn in diesen Ämtern spricht niemand Englisch und ihre Denk- und Handlungsweise unterscheidet sich stark von der europäischen Mentalität. Da wirst du als Marsmensch angeschaut!» In den matchentscheidenden Phasen werden Rolf und The Vinh von einem Anwalt beraten. «Das meiste haben wir aber selber in die Hand genommen. In Vietnam läuft vieles über Beziehungen. Alle und alles ist dort sehr stark miteinander verlinkt.» Dass Rolf und The Vinh ein eingespieltes Team sind, trägt entscheidend zum Erfolg des Projekts bei. Rolf gibt die

>>>

89


#4

MADE BY ADVANCE

ADVANCE setzt seit 25 Jahren auf Eigenproduktion. Zunächst im Elsass stationiert, stösst die Manufaktur in Oderen bald an ihre Grenzen. ADVANCE produziert für kurze Zeit in Sri Lanka. Mit der Öffnung des Ostens ergeben sich neue Möglichkeiten: ADVANCE verlegt seine Produktion nach Ungarn. Als Rolf schliesslich im früheren Saigon eine geeignete Lagerhalle findet, ist dies der Anfang einer langjährigen Kooperation mit vietnamesischen Näherinnen und Nähern.

90 ADVANCE Produktionsstätte // Ho-Chi-Minh-City, Vietnam // Herbst 2013 // Bilder: Quinn Mattingly


OHNE THE VINH WÄRE DAS PROJEKT NICHT ZU REALISIEREN GEWESEN!

Route vor, The Vinh kennt den Weg. Endlich gibt der Anwalt grünes Licht und es kann losgelegt werden. Für Rolf ist der Aufbau der Produktionsstätte eine neue Erfahrung. Er hat schon einige Bauprojekte in der Schweiz realisiert, doch Vietnam ist eine andere Dimension: «Eine völlig neue Erfahrung! Die Arbeitsabläufe sind nicht dieselben. Ein Beispiel: Auf dem Bau wird barfuss gearbeitet.

IN VIETNAM LÄUFT VIELES ÜBER BEZIEHUNGEN. ALLE UND ALLES SIND MITEINANDER VERLINKT. Das sagt wohl alles... und so lief das gesamte Projekt. Mit primitiven Hilfsmitteln. Manchmal war ich mir nicht sicher, ob das gut wird.» Mehr als einmal müssen Kompromisse gefunden werden: Rolf will das Dach der Halle isolieren, damit die Temperatur in den Arbeitsräumen angenehm bleibt. Der vietnamesische Bauführer behauptet, das sei in Vietnam nicht möglich. Rolf gibt sich damit nicht zufrieden. Nach langer Suche findet sich schliesslich ein Spezialist für Dachisolation. «Ähnlich ist es mit dem Schliesssystem: Der Komplex hat 50 Türen, und mir wurden tatsächlich 50 Schlüssel in die

Hand gedrückt! «Ein Passepartout? So etwas kennen wir nicht!» Erst als ich sie fragte, ob die Putzfrau eines vietnamesischen Hotels mit 200 Schlüsseln unterwegs sei, klappte es», erinnert sich Rolf. Wichtig ist, örtliche Gegebenheiten zu respektieren. So fällt der Baubeginn exakt auf den 25. September 2012. Das ist nach vietnamesischer Tradition der gute und richtige Tag. Hätte man vorher mit dem Bau begonnen, stünde das Unterfangen unter einem schlechten Stern. Dann aber gilt es, sich zu beeilen. Denn vor dem Chinesischen Neuen Jahr müssen die Wände stehen, das Dach gedeckt und der Boden verlegt sein. Kann diese Frist – sie dauert bis im Februar 2013 – nicht eingehalten werden, steht das Unterfangen wiederum unter einem schlechten Stern. Doch alles läuft nach Plan, und im Juni 2013 wird die neue Produktionsstätte bezogen. Seit Mitte Oktober 2013 ist sie voll in Betrieb – und die alte Halle ist nun definitiv geschlossen. Der Neubau ermöglicht, die Produktion zu industrialisieren und in der Materialverarbeitung neue Technologien einzusetzen. Mehr noch: ADVANCE gewinnt mehr Flexibilität und kann Wachstumspotentiale konsequent ausschöpfen. //

91


#4

MADE BY ADVANCE

92 ADVANCE Produktionsst채tte // Ho-Chi-Minh-City, Vietnam // Herbst 2013 // Bild: Quinn Mattingly


93


#4

MADE BY ADVANCE

GUT IST ZU WENIG

GODFREY WENNESS, EX-WELTREKORDHALTER, ÜBER QUALITÄT

Was Godfrey Wenness, ADVANCE Importeur und Ex-Weltrekordhalter, beim Besuch der ADVANCE Produktionsstätte in Vietnam am meisten beeindruckte, ist das mehrstufige Qualitätskontrollsystem.

Reicht es für ein Spitzen-Produkt, gute Konstrukteure mit guten Materialien an guten Standorten produzieren zu lassen? Die Antwort darauf gibt die ADVANCE Produktion unweit von Ho-Chi-MinhCity. Hier arbeiten Technologie und Handfertigkeit reibungslos zusammen. Doch ebenso wichtig wie der Fertigungsprozess ist hier das Qualitätskontrollsystem. Man weiss: Der Qualitätsanspruch, der aus Thun an alle ergeht, die mit der Entwicklung und Produktion von ADVANCE Produkten zu tun haben, ist in der Gleitschirmwelt unübertroffen. Was man weniger weiss: Dahinter steckt ein System. Und es beginnt, noch bevor sich die Näherinnen und Näher an die Fertigung machen.

DOCH EBENSO WICHTIG WIE DER FERTIGUNGSPROZESS IST HIER DAS QUALITÄTSKONTROLLSYSTEM. Schon zu einer Zeit, da die meisten Hersteller sich hauptsächlich mit neuen Schirmdesigns zur Leistungssteigerung beschäftigten, liess Rolf die Material- und Verarbeitungsfrage keine Ruhe. So

94

entstand ein Prozess, der bis heute Bestand hat. Wird ein neues ADVANCE Produkt entwickelt, werden Prototypen an Importeure auf der ganzen Welt geschickt. Sie sollen das Produkt dort unter

PROTOTYPEN WERDEN AN IMPORTEURE AUF DER GANZEN WELT GESCHICKT. allen Bedingungen testen und ihre Erfahrungen nach Thun rückmelden. Der Vorteil: Die Produkte werden nicht nur von verschiedenen Personen mit verschiedenen Ansprüchen und Vorlieben getestet, sondern auch verschiedensten Wetter- und Witterungsbedingungen ausgesetzt. In Australien zum Beispiel werden Schirm und Gurtzeug durch UV-Strahlung, Hitze und Sand viel stärker beansprucht als in Europa. In Lateinamerika herrschen gänzlich andere Luftfeuchtigkeitsverhältnisse, wiederum eine andere Herausforderung für die Materialien. Solche Erfahrungen fliessen in die Produktentwicklung ein und garantieren den Piloten auf der ganzen Welt Produkte, die unter verschiedensten Bedingungen getestet worden sind.


GODFREY WENNESS, einer der besten Piloten Australiens, hält zahlreiche Rekorde und leitet eine Flugschule. Er nennt sogar einen Berg sein Eigen. Er ist seit vielen Jahren in die Entstehung neuer ADVANCE Produkte eingebunden. Godfrey vertreibt in Australien die Produkte von ADVANCE.

Um diesen hohen Qualitätsanspruch auch im Fertigungsprozess aufrechtzuerhalten, gibt es bei der Produktion in Vietnam ein mehrstufiges Kontrollsystem. Die Näherinnen und Näher sind für ihren Arbeitsschritt vollumfänglich verantwortlich und müssen jedes Detail genau prüfen, bevor sie das jeweilige Produkt an den nächsten Arbeitsschritt übergeben. Der ganze Prüfprozess wird schriftlich festgehalten.

DIE NÄHERINNEN UND NÄHER SIND FÜR IHREN ARBEITSSCHRITT VOLLUMFÄNGLICH VERANTWORTLICH. Es ist dieser Anspruch in Kombination mit der eigenen Produktion, der es ADVANCE ermöglicht, herausragende Qualität zu fertigen. Das hat seinen Preis. Wer nur die besten Materialien verarbeitet und viel Zeit investiert, um die Produktionsmethoden ständig zu verbessern, kann nicht der Günstigste sein. Den Preis aber vergisst man spätestens dann, wenn man beim Wiederverkauf auf seine Rechnung kommt. //

95


#4

MADE BY ADVANCE

ADVANCE Mitarbeiter Europa // Thun, Schweiz // Herbst 2013 // Bild: Thomas Ulrich ADVANCE Produktionsmitarbeiter // Ho-Chi-Minh-City, Vietnam // Herbst 2013 // Bild: Quinn Mattingly 96


WELTWEIT VERTRETEN UNSERE MITARBEITENDEN, UNSERE STANDORTE

Weltweit sind mehrere Hundert Menschen in verschiedensten Positionen für ADVANCE tätig. 25 Mitarbeiter sorgen sich als Entwickler, im Marketing, Vertrieb, Support oder im Serviceatelier um Kunden und Geschäftspartner. Sei dies nun am Hauptsitz in Thun (Schweiz), in Ruhpolding (Deutschland), wo der Vertrieb für Deutschland und Österreich sitzt, oder in Oderen (Frankreich), wo ADAVNCE ein weiteres Serviceatelier unterhält. Am Standort Ho-Chi-Minh-City in Vietnam kümmern sich über 220 Mitarbeiter um die Produktion unserer Gleitschirme, Gurtzeuge, Rucksäcke und Accessoires. Für den Vertrieb in der ganzen Welt sind rund 50 Importeure und über 350 Händler und Flugschulen zuständig.

97


#5

98

DIE KRAFT UNSERER MARKE


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE TREUE UND VERTRAUEN PRÄGEN UNS Leidenschaft ist das beste Startkapital: Als Rolf und Robert das Abenteuer ADVANCE starteten, war es eine Sache von Piloten für Piloten. Ihre Bedürfnisse und Wünsche standen ebenso im Zentrum wie ihre Erfahrungen und Emotionen. So ist es bis heute geblieben. Genauso wie wir unseren Prinzipien treu bleiben, bleiben Piloten und Händler unserer Marke treu. Ein bewegendes Erlebnis. Es motiviert uns tagtäglich, das Vertrauen zu erwidern: mit neuen Ideen und führenden Produkten, mit einem perfekten Service und einer einzigartigen Ästhetik.

99


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE

Der Österreicher NORBERT APRISSNIG ist Chefredaktor und Herausgeber vom «Thermik», dem bedeutendsten Gleitschirm-Magazin im deutschsprachigen Raum. Norbert gilt als Kenner der Gleitschirmszene, und seit seinem ersten Flug mit einem ADVANCE Schirm zu Beginn der 90er Jahre hat er unsere Marke stets im Blickfeld.

Es war zu Beginn der 90er-Jahre, als ich zum ersten Mal den Namen ADVANCE in Zusammenhang mit einem Gleitschirmhersteller hörte. Wenig später sah ich diesen Flügel mit den ungewöhnlich geformten Eintrittsöffnungen, elliptischer Grundform (das war damals noch gar nicht selbstverständlich!) und als Höhepunkt der Skurrilität mit belüfteten Winglets auf der Flügeloberseite. Ich

ZU ANDERS UND NEUARTIG WAR DIESES KONZEPT – AUCH IN DER STARTPHASE! meine mich zu erinnern, dass ich auch einen Start mit dem ALPHA versuchte. Wenig erfolgreich allerdings. Zu anders und neuartig war dieses Konzept – auch in der Startphase! Die Meinungen der hiesigen Piloten zu diesem seltsamen Gleitschirm pendelten irgendwo zwischen: «Die haben lustige Ohren» und «Das sind sicher Franzosen». Bei aller Exotik, die man dem ADVANCE ALPHA unterstellte, schwang aber auch ein noch nicht genauer definiertes Gefühl von Respekt mit. So nach dem Motto: «Von denen wird man sicher noch hören». Dank prominenter Aus-

100


BESTENS GERÜSTET

NORBERT APRISSNIG, «THERMIK»-HERAUSGEBER, ÜBER ADVANCE

hängeschilder und einem ersten Weltmeistertitel 1993 war der Grundstock für eine starke Marktpräsenz gelegt. Nun ging es auch in unseren Breiten mit den ästhetischen Flügeln steil bergauf. Ob EPSILON, SIGMA oder OMEGA – die Flügel mit den typischen Winglets gehörten fortan zum Himmel zwischen Nebelhorn und Hoher Wand. Die sportlichen Erfolge wurden ergänzt durch professionelles Marketing und eine klare Bildsprache. Letztere wurde von Topfotografen wie Thomas Ulrich und Andy Busslinger transportiert. Da war schnell klar: ADVANCE ist eine feste Grösse, die Akzente in allen Bereichen des Gleitschirmsports setzt. Was viele Gleitschirmmarken mittlerweile übernommen haben, war für ADVANCE von Anfang an Philosophie: Feste Produktzyklen und feste Produktnamen. ALPHA, EPSILON, SIGMA und OMEGA, so lauten die klar vorgegebenen Klassen von ADVANCE! Ein Einschnitt erfolgte im Jahr 2005. ADVANCE Fans auf der ganzen Welt – auch ich – waren erschüttert: Das schöne Logo der Anfangszeit wich einem völlig neuen Corporate Design. Schnell gewöhnte man sich allerdings an die moderne Bild- und Schriftsprache von ADVANCE. Aber die Tatsache, dass über diesen Wechsel

in der Szene so viel gesprochen wurde, zeigt die singuläre Stellung der Thuner Gleitschirmschmiede. Da geht es offensichtlich mehr als bei anderen Herstellern nicht nur um den Verkauf von Gleitschirmen, sondern um die Stellung einer Marke, um Markenbindung und um Gefühle. Was die sehr straffe Produktpalette angeht, stelle ich eine gewisse Sturheit in Bezug auf eine Erweiterung fest. Auf den ersten Blick scheint man gewissen Trends nicht folgen zu wollen. Überhaupt scheint mir, dass sich ADVANCE am steigenden Leistungshype der letzten Jahre nicht beteiligen will. Die Positionierung der Marke ADVANCE, das Festhalten an den bewährten ADVANCESchirmklassen sowie die vorsichtige Ausweitung auf neue Segmente im Gleitschirmsport (Leichtschirme, Freestyleschirme) sind wichtigere Ziele. Mit dieser bemerkenswerten Philosophie ist ADVANCE sehr gut durch die letzten 25 Jahre gekommen. Die heutige Kurzlebigkeit stellt aber neue, andere Anforderungen. Darauf wird man in Thun sicherlich reagieren. Und ich bin überzeugt, die ADVANCE typische Kombination aus Spirit, Qualität und Professionalität ist ein sehr gutes Rüstzeug für die nächsten 25 Jahre! //

101


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE

102 Pitsch B端hler // OMEGA 3 // Arches-Nationalpark, USA // Bild: Thomas Ulrich


103


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE

Jung, ungebunden und enthusiastischer Gleitschirmflieger: Das sind die Qualifikationen, die VALÉRY CHAPUIS mitbringt, als er 1989 bei ADVANCE einsteigt. Das Start-up sucht händeringend einen ideenreichen Vertriebsmann. Und Valéry macht sich mit Improvisationstalent daran, ein weltumspannendes Händlernetz aufzubauen. Heute betreut Valéry alle französisch sprechenden Händler sowie die meisten Importeure von ADVANCE persönlich.

104


GLOBAL NETWORKER

VALÉRY CHAPUIS, ADVANCE VERTRIEBSMANN, ÜBER MISSION UND MARKE

Valéry Chapuis gehörte schon früh zum Thuner Kernteam. Er hat den Aufbau des globalen Verkaufsnetzes von ADVANCE wesentlich mitgestaltet. Und dabei PremiumPositionierung weltweit verankert.

«Im September gehen wir nach Spanien, um Shinichi Nagashima zu treffen», meint Robert. «Wir wollen den japanischen Piloten als Importeur für unsere Schirme gewinnen.» Wir schreiben das Jahr 1989. Ich bin eben bei ADVANCE eingestiegen. Und schon soll der japanische Markt geknackt werden. Bereits ein Jahr nach der Gründung gewinnt ADVANCE viele Fans in der Schweiz und in Frankreich. Wir haben ein gutes Produkt und der Markt reagiert sehr positiv. Ehemalige Drachenflugschulen erweitern ihr Angebot und beginnen, Gleitschirme zu verkaufen. Wir aber sind ein Dreier-Team, nicht eben die beste Voraussetzung, um einen Weltmarkt zu erobern. Wie sollten wir ein globales Vertriebsnetz aufbauen? Wir setzen auf begeisterungsfähige Importeure: Wo wir nicht selbst präsent sein können, brauchen wir eben Leute wie Shinichi Nagashima. Frankreich und die Schweiz bilden unser Stammgebiet: Unermüdlich sind wir unterwegs, präsentierten die Schirme, veranstalten Testflüge. Wo wir hinkommen, sind die Piloten begeistert, und die Flugschulen beginnen, unsere Schirme zu verkaufen. Manchmal schlafen wir im Auto, manchmal auf den Sofas unserer potentiellen Kunden. Dieses Gefühl der Nähe, das soll bleiben. Uns ist wichtig, sehr eng mit den Flugschulen zusammenzuarbeiten, denn unsere Händler sollen unsere Schirme bis ins letzte Detail kennen. Nur

so können sie Piloten richtig instruieren und Käufer kompetent beraten. Daran hat sich nichts geändert. Auch heute besuchen wir regelmässig Flugschulen und machen Produktdemos vor Ort. So wie wir uns für die Marke engagieren, so tun das auch unsere Händler. Sie nehmen sich Zeit für uns und unsere Produkte; sie geben uns Feedback, damit wir optimieren können. Dieser intensive Austausch liegt uns sehr am Herzen. Unsere Kernmärkte Schweiz, Frankreich, Deutschland und Österreich betreuen wir deshalb direkt von Thun und Ruhpolding aus. Viele unserer Händler sind uns schon seit Jahren verbunden. Es ist ein Vertrauensverhältnis und die Basis für unseren Erfolg. Aber auch neue Flugschulen sind uns sehr wichtig; von ihnen gehen oft innovative Impulse in die Szene aus. Da hören wir das Gras wachsen. Heute engagieren sich weltweit rund 350 Händler für unsere Schirme. Wir sind in 50 Ländern vertreten. Und immer gilt: Wir produzieren Premiumprodukte, und dazu gehört ein Premiumservice. Als Hersteller sind wir ein kompetenter, hilfreicher Ansprechpartner für alle Flugschulen, die ADVANCE anbieten. Gleichzeitig sind wir für die Piloten da. Mit allem, was wir für sie tun, wollen wir ihnen das Gefühl vermitteln: «Genau, mit ADVANCE hast du die beste Wahl getroffen.» //

105


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE

WIR PRODUZIEREN PREMIUMPRODUKTE, UND DAZU GEHÖRT EIN PREMIUMSERVICE.

106

Beni Kälin, Andy Aebi und Simon Campiche // ALPHA 5 // Auvergne, Frankreich // Bild: Thomas Ulrich


107


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE

JACQUES GIBERT, Pilot aus der Auvergne, arbeitet bei der französischen Nationalbank und hat dort wohl die schönste Tätigkeit: Er druckt Geld. Auf seinem Gleitschirmkonto hat er über 5000 Flüge. Insgesamt neun Mal hat er am Finale der Championnats de France teilgenommen und erreichte 1995 mit dem 20. Platz sein bestes Resultat. Seit 1991 hat Jacques alle OMEGA Modelle geflogen.

108


TREUE BEWEIS

JACQUES GIBERT, ADVANCE KUNDE, ÜBER SEINE OMEGA ERFAHRUNGEN

Jacques Gibert ist eine besondere Variante des treuen ADVANCE Kunden. Er hat in seiner Flugkarriere vom OMEGA 1 bis zum OMEGA 8 jedes OMEGA Modell besessen.

«Ich fliege immer, wenn es das Wetter zulässt.» Entsprechend hat sich Jacques Gibert seine Arbeit eingerichtet. Er hat zwar noch andere Hobbys, doch das Gleitschirmfliegen ist sein wichtigstes: «Wenn ich nicht abhebe, fliege ich in Gedanken.» Jacques verbringt viel Zeit mit Streckenplanung und Analyse im Internet. Als ehemaliger Wettkämpfer und Streckenflugcrack will er natürlich immer so lange wie möglich in der Luft bleiben. Die Motivation und die Freude am Fliegen sind bei ihm auch nach über 25 Jahren als Pilot noch nicht verflogen. Mit der Fliegerei angefangen hat er schon 1987. Nach einer mehr oder weniger autodidaktischen Schulung gehörte er zu den Ersten, die den Puy-de-Dôme, den bekanntesten Vulkan Frankreichs, beflogen. Sein erster Schirm war ein ITV, dann folgte ein Trekking, bis ihn ein Freund auf die Schweizer Marke ADVANCE aufmerksam machte. So kaufte sich Jacques einen rosafarbenen OMEGA. Für ihn war das ein logischer Schritt, denn ADVANCE hatte bereits einen guten Ruf. Zudem: Mitgründer Robert Graham kannte man schon von North Sails. Auch wenn Jacques heute nicht mehr genau weiss, was ihn an seinem ersten OMEGA Flug begeisterte, so weiss er, warum er dabei blieb: Zwar hat jeder OMEGA seinen eigenen Charakter, aber allen ist gemeinsam, dass sie relativ sicher und berechenbar sind. So blieb Jacques dem Modell auch in Zeiten treu, in denen andere Schirme mit höherer Leis-

tung auftrumpfen konnten: «Aber unter denen habe ich mich nicht gleich wohl gefühlt. Zudem: Dank der einzigartigen Verarbeitung der ADVANCE Schirme konnte ich meine Schirme immer wieder gut weiterverkaufen.» Wesentlich aber war, dass die Leistung des OMEGA von Modell zu Modell zunahm, für den Wettkampfpiloten

DANK DER EINZIGARTIGEN VERARBEITUNG DER ADVANCE SCHIRME KONNTE ICH SIE IMMER WIEDER GUT WEITERVERKAUFEN. Jacques eine Garantie, vorne mit dabeizubleiben. Kein Wunder, dass er gespannt auf den nächsten OMEGA wartet, obwohl er heute nicht mehr aktiv am Wettkampfgeschehen teilnimmt. Sicherheit hat bei ihm heute oberste Priorität. Als alter Wettkämpfer wünscht er sich ADVANCE wieder auf das Siegerpodest: Das würde die Marke noch stärker machen. Jacques ist überzeugt, dass ADVANCE auch nach 25 Jahren noch mit bahnbrechenden Innovationen aufwartet. «Das zeigte sich beim Gurtzeug. Da hat ADVANCE den Markt vor sich hergetrieben und ganz schön aufgemischt.» Nun soll ADVANCE dies in der Wettkampfszene wiederholen. Neben seinen sportlichen Lorbeeren hat sich Jacques noch einen ganz besonderen Titel eingeheimst: In seinem Fluggebiet, der Auvergne, ist er ganz einfach «Mr. ADVANCE». //

109


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE

110 Chrigel Maurer und Andy Aebi // OMEGA 8 // Gorges du Verdon, Frankreich // Bild: Martin Scheel


JEDER OMEGA HAT SEINEN EIGENEN CHARAKTER.

111


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE

SWISSNESS FLIEGT MIT SHINICHI NAGASHIMA ÜBER ADVANCE IN JAPAN

Seit fast 25 Jahren ist Shinichi Nagashima Importeur für ADVANCE in Japan. In seiner Heimat eilt ihm der Ruf voraus, ein besonderer Wettkämpfer zu sein. Doch der japanische Erfolgspilot legt im Umgang mit Menschen und bei seinen Schirmen auf besondere Qualitäten wert.

Wie bist du zu ADVANCE gekommen? Ich traf Robert Graham in St. Hilaire beim Coupe Icare. Das muss 1989 gewesen sein. Damals hatte ich schon von ADVANCE gehört. Es gab schon einige wenige japanische Piloten, die einen ADVANCE Schirm flogen. Was mich dann am meisten beeindruckt hat, war allerdings nicht allein der Schirm, es war Robert selbst. Er war ein Kreativer, ein Tüftler, ein Visionär. Ich hatte gleich das Gefühl, seine Philosophie zu verstehen. Zudem fand ich ihn sehr sympathisch und so habe ich schnell beschlossen, ADVANCE Importeur in Japan zu werden. Mal abgesehen von Robert, haben dich die Schirme beeindruckt? (lacht) Die haben mir natürlich sehr imponiert! Ich wollte sie ja in Japan verkaufen. Das Auffälligste für mich war zunächst das Design. ADVANCE hat schon damals einfach sehr viel Wert auf das Erscheinungsbild der Schirme gelegt. Die hatten ansprechende Formen und schöne Farben, in der Verarbeitung waren sie so gut, dass der Gesamteindruck einfach ästhetischer war. Zudem hing das Design ja mit technischen Innovationen zusammen, wie etwa der verstärkten Eintrittskante und dem dort verarbeiteten dickeren

112

Tuch. So ergänzten sich Funktionalität und Optik perfekt. Natürlich mochte ich auch das Winglet. Wie gelang es dir, ADVANCE in Japan zu etablieren? Japan war damals schon sehr offen für das Gleitschirmfliegen, und es gab schon einen Markt für Schirme. Der Sport war also bekannt. ADVANCE hatte den Vorteil, ein Schweizer Produkt zu sein. Die Schweiz – und besonders Schweizer Produkte – geniessen in Japan einen hohen Stellenwert. Die Qualität, Präzision, die herausragende Verarbeitung, all das, was wir an Schweizer Produkten so schätzen, konnte man auf ADVANCE projizieren. Das, in Verbindung mit den Wettkampferfolgen der Piloten, hat mir sehr geholfen. Wie müssen wir uns die Gleitschirmszene in Japan vorstellen? Die Szene ist in gewisser Hinsicht kompakter, auch wenn Japan ein grosser Markt ist. Japanische Piloten organisieren sich verstärkt in Klubs, fliegen eher zusammen als allein. Daneben sind die japanischen Piloten sehr auf Hochleister fixiert. Hier kaufen sich auch schon Gelegenheitspiloten oft Schirme im EN-C Bereich. Der Grund dafür liegt in der Landschaft: Wir haben eigentlich überall Wälder, auch auf den Bergen. Die Piloten wähnen sich in Sicherheit und glauben, eine Bruchlandung gehe so glimpflicher aus. Deshalb


haben japanische Piloten weniger Zurückhaltung bei Hochleistern. Wie hat sich die Entscheidung von ADVANCE, sich vorerst aus den Wettkämpfen zurückzuziehen, in Japan ausgewirkt? ADVANCE hatte ein sehr gutes Image, gerade auch weil die Marke im Wettkampf über all die Jahre so erfolgreich war – und weil auch ich in erster Linie als Wettkampfpilot wahrgenommen werde. Nachdem ADVANCE die Entscheidung bekannt gegeben hat, haben viele Piloten der japanischen Nationalmannschaft ihre Schirme gewechselt. Zuvor flogen Sie OMEGAs, heute nutzen sie andere Schirme. Das hat mich natürlich auch als Importeur getroffen. Wie hast du auf diesen Umbruch reagiert? Es war wichtig, in Japan, wie auch in Europa, vermehrt auf Swissness zu setzen: Also weg vom Wettkampfimage hin zu Qualität und Sicherheit. Ich setze nun verstärkt auf die Einsteigerschirme. Ich fokussiere also auf die Anfänger und versuche ihnen gleich zu vermitteln, dass ADVANCE eine absolute Qualitätsmarke ist, die sich aber aus Verantwortungsbewusstsein vom Wettkampf zurückgezogen hat. Das funktioniert bisher recht gut. Zudem nimmt die Zahl der Fluganfänger deutlich zu. Somit konnte ich den Einbruch im Hochleister-Segment gut ausgleichen. //

113


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE

Als Bergsteiger und Testpilot bei ADVANCE bildete sich THOMAS ULRICH autodidaktisch zum Fotografen aus. Heute lebt und arbeitet er als Abenteurer, dessen spektakuläre Expeditionen in die Arktis und an andere entlegene Orte unseres Planeten viel Aufmerksamkeit erregen. Er gehört zu den erfolgreichsten Outdoor-Fotografen weltweit, dessen Bilder sich auf den renommiertesten Zeitschriftencovers finden.

114

CHRISTOPH FRUTIGER ist ein international gefragter Kameramann und hat schon bei James-Bond-Streifen wie «Golden Eye», «The World is Not Enough» und «Quantum of Solace» mitgearbeitet. Seine grosse Leidenschaft jedoch gilt der Outdoor-Filmerei. Als kreativer Kopf rückt er schon seit Jahren die ADVANCE Produkte ins bewegte Bild. Dank langjähriger Zusammenarbeit wissen die ADVANCE Piloten genau, was der bescheidene Berner Oberländer will, wenn er am Tandemschirm hängt und auf Jagd nach bewegten Bildern ist.


PRÄGENDE BILDER

Foto- und Filmkunst prägen das Markenbild von ADVANCE. Dafür sind hervorragende Fotografen und Filmer verantwortlich. Sie haben für ADVANCE eine unverwechselbare Bildsprache geschaffen. Bis ins letzte Detail geplante Inszenierungen vor der Kulisse atemberaubender Landschaften in der ganzen Welt bieten den Rahmen für die Präsentation neuer ADVANCE Produkte. Thomas Ulrich kommt das Verdienst zu, das Markenbild von ADVANCE in den 90er Jahren entwickelt und damit auch einen Benchmark für die Branche geschaffen zu haben. Neben Thomas tragen mittlerweile auch andere TopFotografen wie Andreas Busslinger und Martin Scheel zum hochemotionalen Auftritt von ADVANCE bei. Für das bewegte Bild hat Christoph Frutiger neue Massstäbe gesetzt. Der renommierte Filmer aus dem Berner Oberland ist Ästhet und Perfektionist zugleich.

Beni Kälin und Simon Campiche // EPSILON 7 // Anti-Atlas, Marokko // Bild: Thomas Ulrich

115


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE

116 Kari Eisenhut // OMEGA Proto // La Pampa, Argentinien // Bilder: Thomas Ulrich


Thomas Wagner // OMEGA 5 // Island // Bild: Thomas Ulrich

117


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE

118 Kari Eisenhut, Michi Steinbach und Beni Schilling // OMEGA 4 und SIGMA 4 // Castelluccio, Italien // Bild: Thomas Ulrich


119


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE

«EINE VÖLLIG NEUE MARKE BRAUCHT VÖLLIG NEUE BILDER.»

120

Beni Schilling // SIMGA 4 // Axalp, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich


Thomas Wagner und Andy Birenstihl // EPSILON 3 // Mer de Glace, Chamonix, Frankreich // Bild: Thomas Ulrich

121


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE

122 Andy Aebi und Kari Eisenhut, Chrigel Maurer // EPSILON 6 // Gurnigel, Schweiz // Bild: Thomas Ulrich


EIN STARKES ZEICHEN DIE MARKE UND IHR VERSPRECHEN

Nur was im Kern schon angelegt ist, kann wachsen. So war es auch bei uns: Das Streben nach Qualität, die Liebe zum Detail, die hervorragende Verarbeitung. Heute bezeichnen wir es als Premium-Position. Sie aufzubauen, war harte Arbeit. Bereits in den Anfangszeiten führten wir Workshops durch und erarbeiteten eine Strategie. Wo nötig, haben wir Unterstützung von aussen geholt. Wichtige Inputs damals – wie auch heute noch – kamen von unserem langjährigen Freund und Begleiter Urs Läubli, der mit seinem strategischen Denken massgeblich dazu beitrug, dass ADVANCE heute ist, was es ist. Umso wichtiger ist für uns heute der nachhaltige Umgang mit unserer Marke und ihrer Positionierung. Wir stehen für das Versprechen, stets das Beste zu geben, um das Beste zu ermöglichen. Vom Start weg bis zur Landung. Egal wo und unter welchen Bedingungen.

Logo 1988

Logo 1993

Logo 2006

123


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE

SCHIRME 1988 // 1989 // 1990 // 1991 // 1992 // 1993 // 1994 // 1995 // 1996 // 1997 // 1998 // 1999

ALPHA

ALPHA

EPSILON

SIGMA

EPSILON

ADVANCE

SIGMA 2

OMEGA

OMEGA OMEGA 2

BIBETA

BI ALPHA

PI ZETA 124

EPSILON 2

SIGMA 3

OMEGA 3

BI ADVANCE

EPSILON 3

SIGMA 4

OMEGA 4

BIBETA


2000 // 2001 // 2002 // 2003 // 2004 // 2005 // 2006 // 2007 // 2008 // 2009 // 2010 // 2011 // 2012 // 2013

ALPHA 2

ALPHA 3

EPSILON 4

SIGMA 5

OMEGA 5

BIBETA 2

ALPHA 4 ALPHA 4 HIKE

EPSILON 5

SIGMA 6

OMEGA 6

BIBETA 3

ALPHA 5

EPSILON 6

SIGMA 7

OMEGA 7

EPSILON 7

SIGMA 8

OMEGA 8

BIBETA 4

BIBETA 5

PI

ZETA

125


#5

DIE KRAFT UNSERER MARKE

126 Peter Stierli und Werner Bรถsch // SIGMA 8 // ร gerisee, Schweiz // Bild: Andy Busslinger


127


IMPRESSUM

128 Dani Erni // ZETA, das neuste «Spielzeug» von ADVANCE // Monte Generoso, Schweiz // Bild: Ueli Neuenschwander


IMPRESSUM Idee & Konzept Design & Layout Text Lektorat Übersetzung Englisch Übersetzung Französisch

ADVANCE // Simon Campiche lisa behmel grafikdesign // www.li-be.ch Christian Mörken // www.moerken.de Beat Reck // www.wordsandviews.ch ADVANCE // Simone Rubin Franziska Leuenberger, Charlie King, Lazare Paupert Mike Riley David Fouillé

Lithographie Fotos Druck

SALONEN Postproduktion // www.patricksalonen.ch Thomas Ulrich // www.thomasulrich.com Andy Busslinger // www.andreasbusslinger.ch Martin Scheel // www.azoom.ch Archiv ADVANCE Thun Eberl Print GmbH // www.eberl.de

1. Auflage // Dezember 2013 // © ADVANCE Thun AG


2013


WEITERENTWICKELN, WEITER EXPERIMENTIEREN, WEITER FLIEGEN, NOCH BESSER WERDEN.


LEIDENSCHAFT BRINGT UNSERE IDEEN ZUM ABHEBEN. PILOTEN BRINGEN SIE ZUM FLIEGEN.

www.advance.c h


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.