bilanz & steuern
Mag. Karin Fuhrmann Steuerberaterin, Geschäftsführende Gesellschafterin bei TPA Horwath (Wirtschaftstreuhand und Steuerberatung GmbH)
IFRS & Handelsimmobilien Klassifizierung. Handelsimmobilien eignen sich besonders für eine Grundlagendarstellung der Vorgehensweise bei Zuordnungen von Immobilien zu den relevanten Immobilien-Standards. Co-Autor: Mag. Manfred Kunisch, Steuerberater bei TPA Horwath
Bislang wurde die Bilanzierung von Immobilien nach IFRS nur in unserem Beitrag „Bewertung von Immobilien in der Bilanz“ (ZLB 2009/5) thematisiert. Das Schwerpunktthema „Handelsimmobilien“ soll insb dazu verwendet werden, den Lesern einen Überblick über die Grundlagen der Klassifizierung von Immobilien nach IFRS zu geben. Die Zuordnung zu den jeweilig anzuwendenden Standards legt in der Folge die relevanten Bewertungsmaßstäbe fest. In den weiteren Ausführungen wird unter dem Begriff der Handelsimmobilie ein Objekt verstanden, welches von Unternehmen oder Privatpersonen des Einzelhandels zum Verkauf von Waren genutzt wird. Beispiele dafür sind großflächige Kaufhäuser, Nahrungsmittelgeschäfte oder Shopping- und Einkaufszentren. Relevante Standards Allgemein können als relevante Standards für die Bilanzierung von Immobilien IAS 2, IAS 11, IAS 16, IAS 40 und IFRS 5 genannt werden. IAS 40 ist dabei als einziger Standard rein immobilienspezifisch. Vorab sei festgehalten, dass die IFRS nur abstrakte Klassifizierungskriterien vorgeben und einzelne Standards mitunter auch Schnittstellen aufweisen.
Abstrakte Anhaltspunkte ergeben bilanzpolitische Spielräume bei der Klassifizierung. Aufgrund der in der Praxis vorzufindenden vielfältigen Ausgestaltungen ist daher jedenfalls eine klare Zuordnung nicht immer möglich, woraus sich gewisse bilanzpolitische Spielräume ergeben. IAS 2 – Vorräte IAS 2 ist für Vermögensgegenstände anzuwenden, die zum Verkauf im normalen Geschäftsgang bestimmt sind oder die sich
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in der Herstellung für einen solchen Verkauf befinden. Daneben schließt IAS 2.2 unter anderem unfertige Erzeugnisse, die im Rahmen von Fertigungsaufträgen (IAS 11 „Fertigungsaufträge“) erstellt werden und die damit iZ stehenden Dienstleistungen, vom Anwendungsbereich von IAS 2 dezidiert aus. Beispiele für IAS 2 in Bezug auf Immobilien sind unbebaute oder bebaute Grundstücke oder im Erstellungs- oder Entwicklungsprozess befindliche Gebäude, die mit der Absicht der Weiterveräußerung erworben wurden. Hinsichtlich etwaiger Abgrenzungsschwierigkeiten zu IAS 40 sei auf die dortigen Ausführungen verwiesen. Bewertung: Niedrigerer Wert aus Anschaffungs-/Herstellungskosten und Nettoveräußerungswert. IAS 11 – Fertigungsaufträge IAS 11 ist auf die Bilanzierung von Fertigungsaufträgen anzuwenden. Als Fertigungsauftrag gilt dabei ein Vertrag über die kundenspezifische Fertigung einzelner Gegenstände oder einer Anzahl von Gegenständen, die hinsichtlich Design, Technologie und Funktion oder hinsichtlich ihrer endgültigen Verwendung aufeinander abgestimmt oder voneinander abhängig sind. Als klassisches Beispiel für Immobilien kann hier ein Generalunternehmervertrag genannt werden. Der Generalunternehmer errichtet im Auftrag des Kunden ein nach dessen Vorstellungen spezifiziertes Gebäude und bilanziert daher in der Regel den zugrundeliegenden Werkvertrag nach den Grundsätzen von IAS 11 (Gewinnrealisierung nach Fertigungsfortschritt). IAS 16 – Sachanlagen Unter IAS 16 sind vom Eigentümer selbst genutzte Immobilien auszuweisen. Dies sind bebaute oder unbebaute Grundstücke sowie Gebäude auf fremden Grund, die zum Zwecke der Herstellung oder der Lieferung von Gütern bzw der Erbringung von Dienstleistungen oder für Verwaltungszwe-
cke im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit länger als eine Periode gehalten werden. Klassische Beispiele dafür sind Verwaltungsgebäude, Produktionsund Lagerhallen oder Verkaufsgebäude. (Folge-)Bewertung: Fortgeführte Anschaffungs-/Herstellungskosten (allenfalls Werthaltigkeitstest) oder beizulegender Zeitwert (revaluation model). IAS 40 – Anlageimmobilien IAS 40.5 definiert die Anlageimmobilien als Immobilien, die zur Erzielung von Mieteinnahmen und/oder zum Zwecke der Wertsteigerung (Renditeüberlegungen) gehalten werden und nicht bereits nach IAS 2 oder IAS 16 zu erfassen sind. Ein wesentliches Charakteristikum von Anlageimmobilien ist, dass die generierten Cashflows unabhängig von der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens sind. (Folge-)Bewertung: Fortgeführte Anschaffungs-/Herstellungskosten (allenfalls Werthaltigkeitstest) oder beizulegender Zeitwert (fair value model).
Anlageimmobilien generieren von der übrigen Geschäftstätigkeit unabhängige Cashflows. Schnittstellen ergeben sich hierbei insbesondere mit den Vorratsimmobilien. Auch bei diesen liegt eine Veräußerungsabsicht im Konnex mit einer Wertsteigerung vor. Dabei stellen gem IAS 40.9 folgende Immobilien keine Anlageimmobilie dar: Immobilien, die zum Verkauf im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit oder des Erstellungs- oder Entwicklungsprozesses für einen solchen Verkauf bestimmt sind, zB Immobilien, die ausschließlich zum Zwecke der Weiterveräußerung in naher Zukunft oder für die Entwicklung und den Weiterverkauf erworben wurden. Eine Konkretisierung der Veräußerungsabsicht in naher Zukunft erfolgt aber weder in IAS 2 noch in IAS 40. Als Interpretation dieses Kriteriums kann zB IFRS 5 herangezogen werden: Veräußerungsabsicht in naher Zukunft liegt gem IFRS 5.8 erst vor, wenn der Vermögenswert zum Verkauf bestimmt ist, aktiv mit einem angemessenen Preis vermarktet wird und davon ausgegangen werden kann, dass die Transaktion innerhalb von einem Jahr abgeschlossen sein wird.