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Betriebsanlagenrecht von A – Z Sonderbestimmungen für IPPC-Anlagen
Rz 244, 245
2. IPPC-Anlagenbegriff Art 3 Z 3 der IE-R definiert als Anlage eine ortsfeste technische Einheit, in der ei- 244 ne oder mehrere der in Anhang I oder Anhang VII Teil 1 genannten Tätigkeiten sowie andere, unmittelbar damit verbundene Tätigkeiten am selben Standort durchgeführt werden, die mit den in den genannten Anhängen angeführten Tätigkeiten in einem technischen Zusammenhang stehen und die Auswirkungen auf die Emissionen und die Umweltverschmutzung haben können (s dazu auch Bergthaler/Berger, Die unionsrechtlichen Grundlagen des Betriebsanlagenrechts Rz 294, 2.3). Die Frage, ob und wieweit die durch den RL-Text vorgegebene Abgrenzung durch die in einem Ausschussverfahren erarbeiteten BVT-Schlussfolgerungen ausgedehnt werden dürfen (vgl die BVT-Schlussfolgerungen in Bezug auf die Herstellung von Zement, die den IPPC-relevanten Anlagenteil sehr weit ausdehnen) wird letztlich nur in einem Verfahren vor dem EuGH geklärt werden können. Die GewO hat diesen Anlagenbegriff nicht explizit rezipiert. Die Regelungen der GewO nehmen bloß auf „in der Anlage 3 zu diesem Bundesgesetz angeführte[n] Betriebsanlagen“ Bezug (§ 71 b Z 1). Die Anlage 3 ist überschrieben mit „IPPC-Anlagen“. Dabei ist auf den konkreten Einzelfall einzugehen und eine technisch plausible Abgrenzung zu den nicht unmittelbar mit der IPPC-Tätigkeit in Zusammenhang stehenden Anlagenteilen zu treffen. Der Unterschied des Anlagenbegriffs der GewO („Einheit der BA“) zum Anlagenbegriff der IE-R ist evident: Während gem § 74 der „lokale Zusammenhang“ von Einrichtungen eines gewerblichen Zwecks genügt, ist die Zurechnung nach der IE-R strenger: Gefordert ist ein „unmittelbarer“ und „technischer Zusammenhang“ mit spezifischen „industriellen Tätigkeiten“. Ein gemeinsamer Zweck allein reicht nach der IE-R ebenso wenig aus wie bloß räumliche, organisatorische, logistische oder wirtschaftliche Verbindungen. Eine IPPC-Anlage ist jener Teil einer gew BA, in welcher eine Tätigkeit iSd Anlage 3 zur GewO ausgeübt wird. Insofern ist der Grundsatz der „Einheit der BA“ durchbrochen (s auch Stolzlechner, Die Genehmigungspflicht der Betriebsanlage Rz 200). Unter dem in der Anlage 3 zur GewO mehrfach verwendeten Begriff „Kapazität“ ist jene Kapazität zu verstehen, die bei konsensgemäßem Betrieb der Anlage erreichbar ist. Es ist dabei von einer vollständigen Ausnutzung des Konsenses (Umfang der Genehmigung) auszugehen. Dies bedeutet aber auch, dass einschränkende Projektbestandteile oder Auflagen bei der Bemessung der Anlagenkapazität zu berücksichtigen sind.
Neues IPPC-Regime
Rz 26 – 29
Lexikon des Betriebsanlagenrechts
Verfahrensübersicht „Verfahren nach § 360“ Rz 188 und Stolzlechner, Bundesverfassungsrechtliche Grundlagen des Betriebsanlagenrechts Rz 303, 6.2. Bescheidbeschwerde s Lexikon „Beschwerde“ Rz 26 und „Landesverwaltungsgericht“ Rz 90. 26 Beschwerde: Zuständig zur Entscheidung über Beschwerden gegen den Bescheid, die
Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder wegen Säumnis einer Behörde in gew BA-Verfahren ist seit 1. 1. 2014 das LVwG. Das Recht zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde (Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG) steht idR neben dem Genehmigungswerber jenen Nachbarn zu, die Parteien (geblieben) sind (vgl § 359 Die Neuerrichtung einer in Anlage 3 zur GewO angeführten BA (IPPC-Anlage) ist 245 Abs 4); zur Stellung der Nachbarn s Wendl, Die Nachbarn und ihre Parteistellung gem § 77 a Abs 1 nur dann zu genehmigen, wenn im Genehmigungsbescheid, in dem Rz 258 ff. Das Recht zur Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde (Art 130 Abs 1 Z 2 auf die eingelangten Stellungnahmen (s unten 4.2) Bedacht zu nehmen ist, über die in B-VG) gegen einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsge§ 77 zu schützenden Interessen hinaus sichergestellt wird, dass die IPPC-Anlage so erwalt (zB Betriebsschließung) steht dem Anlageninhaber zu; ebenso das Recht zur Erherichtet, betrieben und aufgelassen wird, dass: bung einer Säumnisbeschwerde (Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG) für den Fall, dass die Behör– alle geeigneten Vorsorgemaßnahmen gegen Umweltverschmutzungen, insb durch de in einer gew BA-Angelegenheit nicht fristgerecht entscheidet. den Einsatz von dem Stand der Technik entsprechenden technologischen VerfahBeste verfügbare Techniken (BVT) s Lexikon „Stand der Technik“ Rz 126 und „BVTren, Einrichtungen und Betriebsweisen sowie durch die effiziente Verwendung Merkblätter, BVT-Schlussfolgerungen Rz 33 und Bergthaler/Berger, Die unionsrechtlivon Energie, getroffen werden (Z 1); chen Grundlagen des Betriebsanlagenrechts Rz 294, 2.4. Betrieb einer Betriebsanlage (allenfalls ohne rk Genehmigung) s Lexikon „Errichtung 175 und Betrieb einer Betriebsanlage (allenfalls ohne rk Genehmigung)“ Genehmigung) Rz 47. Betriebsabfälle s Lexikon „Abfälle“ Rz 1. 3. Neuerrichtung einer IPPC-Anlage
27 Betriebsanlage: Unter einer gew BA ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verste-
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hen, die der Entfaltung einer gew Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist (§ 74 Abs 1). Siehe auch Lexikon „Genehmigungspflicht“ Rz 61 und „Genehmigung (Voraussetzungen)“ Rz 55 sowie Paliege-Barfuß, Der Begriff der Betriebsanlage Rz 191 und Die Genehmigungspflicht der Betriebsanlage Rz 200.
1 – 570 9. 12. 2015 W:/Die gewerbliche Betriebsanlage_Stolzlechner-Wendl-Bergthaler_Handbuch/4. Aufl/3B2/HB_gewBetriebsanlage_4Aufl_Kern_Stolzlechner,
Betriebsbeschreibung s Lexikon „Ansuchen“ Rz 9. 28 Betriebsbewilligung: Mit der GewRNov 1992 wurde die bis dahin in § 78 Abs 2 vorge-
sehene Möglichkeit der Anordnung einer eigenen Betriebsbewilligung aufgehoben.
Praktisches Lexikon zum schnellen Finden
Diese Anordnung hatte zum Inhalt, dass die BA oder Teile derselben erst aufgrund einer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden durften, wenn bestimmte Voraussetzungen vorlagen; hiebei konnte auch ein befristeter Probebetrieb zugelassen oder angeordnet werden.
Errichtung und Betrieb einer BA sind gemeinsam zu genehmigen. Nach § 359 Abs 1 hat aber die Behörde, wenn es aus Gründen der Überwachung der Einhaltung der Auflagen notwendig ist, im Genehmigungsbescheid anzuordnen, dass ihr die Fertigstellung der Anlage angezeigt wird. 29 Betriebsgeheimnis: Besteht aus Anlass eines Augenscheins die Gefahr der Verletzung
eines Kunst-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses iSd § 40 AVG, ist den Nachbarn die Teilnahme an der Besichtigung der Anlage nur mit Zustimmung des Genehmi18
Die gewerbliche Betriebsanlage
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1 – 570 9. 12. 2015 W:/Die gewerbliche Betriebsanlage_Stolzlechner-Wendl-Bergthaler_Handbuch/4. Aufl/3B2/HB_gewBetriebsanlage_4Aufl_Kern_-
4. Auf l a g e Her a usgeber: St olzlech ner · Wendl · Bergthal er
Dieses Handbuch verschafft sicheren Zugang zu einer hochkomplexen Rechtsmaterie und zeichnet sich insbesondere aus durch • praxisbezogene Schwerpunkte in klarer Gliederung, • übersichtliche Verfahrensdarstellungen, • viele Beispiele zu Kernfragen des Betriebsanlagenrechts und ein • ausgeklügeltes Lexikon mit über 200 betriebsanlagen-spezifischen Begriffen. Die 4. Auflage mit Neuerungen zu: • Unternehmensgründung und Betriebsübernahme;
• BA-Genehmigungsverfahren, zB Freistellung zahlreicher Betriebsanlagen von der Genehmigungspflicht, neue Kundmachungsformen, Probleme der übergangenen Partei, neuer Rechtsschutz (zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit); • Gastgartenregelung; • Vorgaben des Unionsrechts (IPPC-Anlagen, Seveso III-Richtlinie zum Industrieunfall).
Dr. Kerstin Holzinger, Mag. Vanessa McAllister, LLB. oec., Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Kerschner, MR Mag. Sylvia Paliege-Barfuß, BMWFW, Univ.-Prof. Dr. Kurt Schmoller, Univ.-Prof. Dr. Harald Stolzlechner, Mag. Kai Vogelsang, Amt der Salzburger Landesregierung, HR i.R. Dr. Harald Wendl, Mag. Erwin Ziermann, Landesverwaltungsgericht Salzburg.
Die Autoren RA Dr. Wolfgang Berger, RA Dr. Wilhelm Bergthaler, Ass.-Prof. Mag. Dr. Karim Giese,
4. Auflage 2016. Ca. 540 Seiten. Geb. Ca. EUR 118,– ISBN 978-3-214-08352-6 Online-Version: www.manz.at/betriebsanlage
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