Tiere in Architektur - Masterthesis (Auszüge)

A a ro n Ju n gb lu t - K lem m

Ti e re i n Arc h i t e k t u r Mast er t hesis

Aaron Jungblut-Klemm Tiere in Architektur

Aaron Jungblut-Klemm

TIERE IN ARCHITEKTUR

Entwicklung einer Abfolge von Raumtypologien für eine neuartige Architektur an der Schwelle zwischen Mensch und Tier am Beispiel der Primatenanlage im Tierpark Hellabrunn

Masterthesis

Studiengang Innenarchitektur 4. Semester Master of Arts Sommersemester 2017 Akademie der Bildenden Künste München

Inhalt I. Einführung

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II. Tierpark Hellabrunn

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Zoologische Architektur im Wandel am Beispiel Hellabrunn:

- Phase I: 1914

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- Phase II: 1975

... 22

- Phase III: 1985

... 29

- Phase IV: 1995

... 33

- Phase V: 2010

... 36

III. Analyse

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... 42

- Warum Primaten?

- Historische Beispiele

... 44

- Zeitgenössische Beispiele

... 50

- Die „Welt der Affen“

... 56

- Auswahl und Zielsetzung

IV. Konzept

... 66

a) Schwellenraum

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b) Thesen

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c) Artenvielfalt

... 78

d) Sinneseindrücke

... 80

e) Materialität

... 88

f ) Hidden Script: Safari

... 106

g) Programm

... 110

... 70

V. Entwicklung

... 112

a) Grundriss

... 114

b) Schnitt

... 126

c) Storyboard

... 132

d) Collagen

... 134

e) Materialproben

... 136

VI. Entwurf

... 142

1 Entschleunigen

... 144

2 Orientieren

... 150

3 Lauschen

... 156

4 Beobachten aus der Ferne

... 162

5 Anschleichen

... 170

6 Begegnung

... 176

7 Reflektieren

... 182

VII. Modell

... 188

VIII. Fazit

... 198

Literaturverzeichnis / Bildquellenverzeichnis

... 204

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I

Einführung Gedanken über Tiere in Architektur und künstliche Naturkulissen

Der Mensch ist nicht das einzige Tier, das baut. Und doch unterscheidet sich unsere Architektur in ihrer kulturellen Bedeutung und Komplexität grundlegend von Ameisenhaufen, Bienenwaben und Vogelnestern. Menschen bauen mit den unterschiedlichsten Materialien, die sie in komplexen Verfahren aus der Natur entnehmen, verändern und in verschiedener Weise neu zusammenfügen. Während Tiere die Bauweise ihrer Behausungen in genetisch veranlagten Verhaltensmustern gespeichert haben, hat die menschliche Spezies dieses Wissen über lange Zeit erarbeitet und von Generation zu Generation weiter getragen und ausgebaut. Die moderne Architektur ist nur möglich durch das Existieren einer High-Tech-Gesellschaft, die ihre Fähigkeiten stetig optimiert. Allerdings gibt es eine Gemeinsamkeit, die alle bauenden Tiere besitzen: Maßstab und Formgebung ihrer Architektur orientieren sich stets an ihrer eigenen Größe.

Wenn wir Menschen unsere Architektur mit anderen Tieren teilen oder diese Tiere in unserer Architektur einsperren, ist die unterschiedliche Maßstäblichkeit eines der Probleme, mit denen man sich beschäftigen muss. Aber es gibt noch mehr Herausforderungen. Selbst Tiere, die in Gefangenschaft aufgewachsen sind, sind in ihrer angeborenen Veranlagung auf eine natürliche Umgebung geprägt. Natürlich meint hier eine unberührte Landschaft in der Klimazone, auf die das Tier mit seiner evolutionären Entwicklung angepasst ist. Wir Menschen wissen nicht, ob Tiere diese „Heimatumgebung“ als die angenehmste empfinden. Jedoch bilden wir uns ein, dass ein Tier, welches praktisch in „natürlicher Umgebung“ lebt (auch wenn diese künstlich angelegt ist), gar nicht merkt, dass es sich in Gefangenschaft befindet. Wenn sich die Tiere in dieser Umgebung natürlich verhalten, ist das Gewissen des menschlichen Beobachters befriedigt.

Spüren Tiere einen Unterschied zwischen echtem Waldboden und künstlich angelegten Bepflanzungen in einem Tropenhaus? Da andere Tiere nach unserem Ermessen kein ästhetisches Empfinden gegenüber Architektur oder ihrer Umgebung besitzen, sondern diese nach funktionalen Aspekten für gut oder ungeeignet befinden, stellt sich die Frage, wie Tiere zwischen natürlichen und künstlichen Umgebungen oder Objekten unterscheiden. Über Tastsinn, Geruch und Geschmack? Über die Optik? Würde ein Tier zwischen einem Felsbrocken und einem formgleichen Betonabguss desselben einen Unterschied bemerken? Und wäre diese Erkenntnis für das Tier überhaupt von irgendeiner Bedeutung?

Wenn wir Architektur besprechen wollen, die der Mensch speziell für Tiere errichtet hat, fällt das Auge dabei schnell auf zoologische Gärten und Tierparks. Doch wurden diese Anlagen wirklich für Tiere gebaut und nicht eher für den Menschen, der diese Tiere betrachten möchte? Ihren Ursprung findet die zoologische Architektur in dem menschlichen Wunsch, gefangene Tiere - insbesondere exotische Tiere - als Besitz und damit als Luxusobjekt auszustellen. Im Lauf der Geschichte haben sich andere Funktionen entwickelt. Ein 10

Zoo wurde ein Ort der Forschung und Bildung für einen großen Teil der Bevölkerung, eine beliebte Freizeitbeschäftigung in Form einer kleinen Weltreise, ein Projektionsort für Natur- und Familienidyll als Ausflucht aus der Großstadt. Mit Fortschreiten der vom Menschen verursachten Umweltzerstörung wurden sie sogar zu einem notwendigen Beitrag zur Arterhaltung. Mit diesem inhaltlichen Wandel hat sich auch Architektur und Gestaltung der Anlagen stetig verändert. Das Wohl des Tieres rückte in den Vordergrund, als in der Gesellschaft ein erhöhtes Bewusstsein für die Notwendigkeit von artgerechter Haltung aufkam und die Wissenschaft Fortschritte in den Bereichen Tiermedizin und Tierpsychologie machte.

Nach dieser zunächst positiven Entwicklung transformieren die Zoos aber in den letzten Jahren immer mehr zu kulissenhaften Freizeitparks mit einem Schwerpunkt auf Unterhaltung des Publikums; das Tier wird zur Attraktion.

Die Tierparks, die wir heute betrachten, zeigen eine Mischung dieser verschiedenen Geisteshaltungen. Da sie oftmals in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts oder früher gegründet wurden, findet man Gebäude und Gehege aus unterschiedlichen Epochen - und ständig kommen neue hinzu. Die zwölf beliebtesten Zoos in Deutschland zählen zusammen jährlich 19,5 Millionen Besucher, und um deren Bedürfnisse zu erfüllen, wird viel investiert. Es herrscht ein richtiger Bau-Boom in den deutschen Tierparks, die Frage ist nur, was gebaut wird.

Meiner Ansicht nach bewegt sich die zeitgenössische zoologische Architektur in einem Rahmen, der das immer gleiche Grundprinzip der frontalen Zurschaustellung in verschiedenen Konstellationen wiederholt, und es dabei versäumt, die Räume zwischen Mensch und Tier neu zu definieren. Selbst die vorbildliche Einhaltung aller derzeit geltenden Tierschutzgesetze ändert nichts daran, dass die ganz grundsätzliche Frage über die Beziehung zwischen Beobachter und Beobachtetem, zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit nicht beantwortet, nein, überhaupt nicht gestellt wird. Wie moralisch ist Architektur? Wie positionieren wir uns in einem Raum gegenüber dem Tier? Mit welchen Materialien erbauen wir die Schwelle zwischen Wildnis und Zivilisation? Wie erreicht man die Aufmerksamkeit der Besucher, um dem schnellen Konsum entgegenzuwirken und neben einer besonderen Erfahrung der Tierbeobachtung auch die Botschaft von Arten- und Umweltschutz zu vermitteln? Wie kann zoologische Architektur in Zukunft aussehen?

Mit diesen Fragen will ich mich in meiner Masterthesis beschäftigen, und dabei nicht die Tiere in die Architektur, sondern die Architektur zu den Tieren bringen.

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II

Hellabrunn Gehege und Architektur im MĂźnchner Tierpark im Wandel der Zeit

Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, nachdem mehrere Versuche, einen Zoo in München zu gründen, gescheitert waren, fand sich am 25. Februar 1905 auf Initiative von Oberstleutnant Hermann von Manz der Verein „Zoologischer Garten München e.V.“ zusammen. Als Standort wurde nach längerer Suche das Gebiet in den Isarauen gefunden, das zu dem Adelssitz und Lustschlösschen Hellabrunn gehörte. Dieses wurde zum Namenspatron des Tiergartens. Das Areal wurde dem Verein von der Stadt München für sechzig Jahre unentgeltlich zur Verfügung gestellt, wenn dieser innerhalb von fünf Jahren das erforderliche Kapital zum Aufbau des Tierparks beschaffen könne.

Am 1. August 1911 schließlich öffnete der Tierpark seine Pforten. Zu dieser Zeit waren ein Löwenhaus sowie später das von Emanuel von Seidl entworfene „Dickhäuterhaus“ von 1914 die einzigen wirklichen Gebäude in der Zooanlage. Von Seidel war es auch, der den ersten künstlerischen Generalausbauplan des Tierparks entwarf.

Als dann in ganz Deutschland schon wenige Jahre später eine starke Inflation herrschte, musste der Tierpark aus Geldmangel 1922 schließen, und viele Einrichtungen inklusive des Löwenhauses wurden abgerissen. Als der Zoo im Mai 1928 wiedereröffnet wurde, konzipierte der Direktor Heinz Heck ihn als ersten Geozoo der Welt, indem die Tiere innerhalb des Zoos nach ihrer geographischen Herkunft angeordnet wurden. 1930 wurde ein „Menschenaffenhaus mit Aquarium“ erbaut, für das bis in die sechziger Jahre ein gesondertes Eintrittsgeld verlangt wurde. Im Zweiten Weltkrieg erlitt der Tierpark schwere Bombenschäden, viele Tiere kamen ums Leben und Gebäude wurden zerstört. Obwohl der Zoo direkt nach dem Krieg wieder eröffnet wurde, blieben viele Tiere jahrzehntelang in Provisorien untergebracht, da das Geld für neue Gebäude fehlte. Im Jahr 1960 spendete Helmut Horten dem Zoo mehr als eine Million DM, was viele Renovierungsarbeiten ermöglichte.

Ab 1970 schließlich begann eine Komplettsanierung und ein regelrechter „Bau-Boom“ in Hellabrunn. Ein neuer Generalausbauplan wurde erstellt, die Menschenaffenanlagen wurden saniert und ein neues Polarium für Eisbären, Pinguine und Robben gebaut. Von da an wurden in jedem Jahrzehnt mehrere Gebäude im Tierpark verändert oder neu hinzugefügt. und nach bestem Wissen gebaut wurden, heute nicht mehr den Anforderungen entsprechen und „verbessert“ werden müssen. Positiv daran ist, dass sich die Gesellschaft und auch die Fachwelt stetig weiter entwickeln und viel Aufwand betreiben, um eine möglichst optimale Haltung der Tiere zu ermöglichen. Allerdings bleibt die interessante Frage im Raum, wie denn diese Verbesserungen aussehen, und was sich denn von einem Jahrzehnt zum nächsten geändert hat. Was war eine Generation zuvor noch tadellos, und wird heute nicht mehr akzeptiert? Hat sich im Wesentlichen denn wirklich so viel geändert? Im folgenden bespreche ich die fünf wichtigsten Bauphasen im Tierpark Hellabrunn und stelle sie jeweils in den Kontext ihrer Zeit.

Heute finden wir eine wilde Mischung von Gebäuden aus den verschiedensten Bauphasen. Interessant ist dabei, wie sehr sich der ästhetische Geschmack, die gestalterische Intention sowie die Haltung gegenüber den Tieren und dem Thema Zoo verändert hat. Als der Zirkus- und Tierparkbesitzer Carl Hagenbeck 1907 bei Hamburg den ersten „gitterlosen“ Zoo gründete, war es eine Revolution, Tiere nicht mehr in Käfigen mit Gitterstäben zu halten. Bei seinen Zeitgenossen stieß er mit dieser Idee aber auf Ablehnung. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es state of the art bei der Gestaltung der Gehege auf Gitter, die an Gefängnisse erinnerten, nach Möglichkeit zu verzichten und stattdessen beispielsweise Wassergräben einzuführen, um den Besucher vor dem Tier oder andersherum, das Tier vor 14

dem Besucher zu schützen und an der Flucht zu hindern. Interessant ist, dass die Gitter hinter den Kulissen, im Zugangsbereich der Tierpfleger, nach wie vor nicht verschwunden sind. Sie scheinen eine kostengünstige und effiziente Methode zu sein, den Pflegern Einblick in die Gehege zu geben, welche die Zoobesucher eher selten zu Gesicht bekommen.

Als in den 1970er Jahren immer mehr Menschen ein Natur- und Umweltbewusstsein entwickelten, war es auch immer wichtiger, dass sich Tierparks und deren Architektur an den Zeitgeist anpassen. Bis heute steigen die Ansprüche an die Tierhaltung stetig, und auch die Gebäude müssen bei dieser Entwicklung mithalten. So kommt es, dass trotz reger Bauaktivität seit den 1970er Jahren heute fast jährlich ein neuer oder renovierter Teil des Tierparks Hellabrunn eröffnet wird. Der Zoo selbst schreibt dazu auf der offiziellen Website: „Ein Zoo ist nie fertig. [...] Permanent werden Pflege- und Verschönerungsmaßnahmen durchgeführt. Alle Bautätigkeiten sind dafür da, die Haltungsbedingungen der Hellabrunner Tiere weiter zu optimieren und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass Sie sich in Hellabrunn wohlfühlen und bei jedem Besuch kleine oder große Verbesserungen feststellen können.“ Es scheint also die Ansicht zu herrschen, dass Gebäude, die noch vor 20 oder 30 Jahren zeitgenössisch und nach bestem Wissen gebaut wurden, heute nicht mehr den Anforderungen entsprechen und „verbessert“ werden müssen. Positiv daran ist, dass sich die Gesellschaft und auch die Fachwelt stetig weiter entwickeln und viel Aufwand betreiben, um eine möglichst optimale Haltung der Tiere zu ermöglichen. Allerdings bleiben die interessanten Fragen im Raum, wie denn diese Verbesserungen aussehen, und was sich denn von einem Jahrzehnt zum nächsten geändert hat. Was war eine Generation zuvor noch tadellos, und wird heute nicht mehr akzeptiert? Hat sich im Wesentlichen denn wirklich so viel geändert?

Im Folgenden bespreche ich die fünf wichtigsten Bauphasen im Tierpark Hellabrunn und stelle sie jeweils in den Kontext ihrer Zeit.

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III

Analyse Untersuchung der Raumstruktur vor Ort und internationale Vergleiche

Warum Primaten?

Ein Blick in den Spiegel

Schon früh im Verlauf des Projektes stellte ich fest, dass mich das Bauen für unsere nächsten Verwandten - die Affen - am meisten faszinierte. Der Kontakt mit Menschenaffen führt uns zurück zu unseren Wurzeln und schafft ein Bewusstsein für das Menschliche im Tier und das Tierische im Menschen. Die Selbstüberschätzung des Homo Sapiens als Abbild Gottes und Souverän über die Natur endete schrittweise mit der Erkenntnis, dass wir selbst ein Teil der Tierwelt sind und uns dieser Verantwortung stellen müssen. Die Evolutionstheorie und die Verwandtschaft zwischen Mensch und Affe waren zu ihrer Zeit skandalös, haben aber unser Weltbild nachhaltig geprägt. Das Respektieren des Tieres als denkendes und fühlendes, ja, als intelligentes Wesen, hat erst in der Moderne das alte Rollenverständnis zwischen Mensch und Tier hinterfragt. Stellen sich bei der Debatte um zoologische Anlagen ohnehin schon genügend grundsätzliche moralische und ethische Fragen, so sind diese im Bezug auf die Haltung von (Menschen)Affen besonders zahlreich. Wie hält man Tiere, die so intelligent sind? Wie wird man ihrem natürlichen Tagesrhythmus und Umfeld gerecht? Wie befriedigt man die Neugierde der Tiere, auch dem Menschen als Besucher gegenüber? Einige Tierarten gelten als leicht zu domestizieren und zufriedenzustellen. Das liegt daran, dass manche Tiere in der Haltung nicht besonders anspruchsvoll sind oder ihre Intelligenz nicht so stark ausgeprägt ist, dass sie ihre Lebensumstände reflektieren oder ein gutes Gedächtnis besitzen. Affen jedoch, und dabei insbesondere Menschenaffen, verfügen über vielfältige soziale und kreative Kompetenzen. Umso wichtiger ist, dass man ihnen ein möglichst würdiges Leben innerhalb der Gefangenschaft in einem Tierpark bietet.

Eine große Fläche, abwechslungsreiche und spannende Untergründe und Umgebungen, verschiedenste Rückzugsorte sowie Material zum Nestbau und Herausforderungen bei der Futtersuche sind dabei nur einige wesentliche Elemente.

Primaten leben - wie wir Menschen - in verschiedenen komplexen sozialen Gefügen.

Bei einer Gruppe von Affen, die sich den Lebensraum teilen, ist es deshalb besonders wichtig, dass sich bei der Pflege um intakte Beziehungen zwischen den Tieren bemüht wird. Deshalb werden zur Vermeidung oder Bewältigung von Konflikten verschiedene Rückzugsorte benötigt, damit einzelne Individuen der Gruppe fern bleiben können. Vor allem Schimpansen und Gorillas leben in einem Fission-and-Fusion genannten System, bei dem sich eine große Gruppe zeitweise in verschiedene Kleingruppen aufspaltet. Es herrscht also eine hohe soziale Dynamik. Ebenso ist es wichtig, dass Futterstellen und Schlafboxen über verschiedene Zugänge erreicht werden können, damit keine Individuen den Zugang für andere blockieren können. Grundsätzlich sollen die Tiere selbst über den Wechsel zwischen Innenund Außengehege bestimmen können. Während im Sommer ausreichend Schattenplätze benötigt werden, soll im Winter die Temperatur im Innengehege nicht unter 16 ° Celsius schreiten. Aufenthalte im Außengehege sind nur bei Temperaturn über 0 ° Celsius möglich.

Da viele Affenarten sich stark vertikal im Raum bewegen, müssen je nach Art unterschiedliche topografische Gegebenheiten geschaffen werden. Kletterstrukturen, Aussichtsplätze und Nistmöglichkeiten in verschiedenen Höhen sind dafür besonders erforderlich.

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Die „Welt der Affen“

Struktur und Raumsituation in Hellabrunn

Seit der Architekt Rasem Baban im Jahr 2014 die Direktion des Tierparks Hellabrunn übernommen hat, will der Zoo im Außenauftritt das Profil als „ältester Geozoo der Welt“ schärfen. Das bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass in Hellabrunn nachweislich zum ersten Mal ausgestellte Tiere räumlich nach ihren Herkunftsländern gruppiert und angeordnet wurden. Zur Zeit der Zoogründung war dies neuartig, in den darauf folgenden Jahrzehnten wurde es zur gängigen Praxis in sämtlichen Tierparks und ist deshalb schon lange kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Der im Jahr 2016 vorgestellte Masterplan zu Ausbau und Sanierung des Tierparks in der Zukunft möchte die Eigenschaften als Geozoo verstärken. Im Außenauftritt wird versucht mit dem Prädikat „erster Geozoo“ für Hellabrunn zu werben und sich von der Konkurrenz abzugrenzen. Ob es eine gute Strategie ist, sich auf eine Besonderheit zu berufen, die schon seit vielen Jahrzehnten keine mehr ist, sei dahingestellt.

Besucht man Hellabrunn heute, so durchstreift man relativ systematisch die verschiedenen Teile der Erde und ihre Tierwelt. Von Afrika, Amerika und Australien über Asien bis hin zu Europa und der Polarwelt sind die meisten Bereiche nach tatsächlichen Kontinenten benannt. Ausnahmen bilden die „Welt der Vögel“, „Welt der Fische“ sowie die „Welt der Affen“. Während mit „Welt der Vögel“ die Vogelgroßvoliere gemeint ist, in der tatsächlich nur drei bis vier sehr spezielle Arten leben, die keineswegs einen Gesamtüberblick über Vogelarten darstellen, meint „Welt der Fische“ das unterirdische Aquarium. Hier werden tatsächlich Fische von verschiedenen Teilen der Welt gezeigt, jedoch durchmischt, sodass der Besucher schnell Kontext und Überblick verliert. Die „Welt der Affen“ schließlich meint die Ansammlung von drei Gebäudekomplexen verschiedener Entstehungszeit. Hier leben dreizehn verschiedene Affenarten von drei Kontinenten. Auch hier wurde auf die Herkunftsländer der Tiere bei der Konzeption wenig Wert gelegt, da man als Besucher genau die kleinen Tafeln studieren muss, um zu verstehen, dass im Park benachbarte Tiere tatsächlich aus völlig verschiedenen Regionen stammen.

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Die „Welt der Affen“ ist ein in sich geschlossener Teil des Parks, der über mehrere Zugänge erreichbar ist. Im Inneren verwinkelt ist es nicht leicht, sich einen Überblick zu verschaffen. Qualität und Größe der verschiedenen Gehege sind sehr unterschiedlich und auch die Aufbereitung der Informationen für die Besucher wird nur bei den Affenarten, die als besondere Attraktion betrachtet werden, mit größerem Aufwand betrieben. Auffallend ist, dass die Anordnung der Affen innerhalb des Parkteils eher nach biologischer Systematik vorgenommen wurde - es wird unterschieden zwischen „Menschenaffen“ und den „Niederen Affen“. Im nördlichen Teil des Primatengeländes beherbergt eine große Halle Schimpansen und Gorillas. Im Zentrum der „Welt der Affen“ liegt das Gehege der Orang-Utans, um dieses herum sind die anderen zehn Affenarten angeordnet.

Abgesehen von dem südlichen Gebäude, das aus den 1980er Jahren stammt, weist die „Welt der Affen“ eine sehr orthogonale Architektursprache auf. Die Gebäude sind so organisiert, dass der Besucher wenig Weg zurücklegen muss, um möglichst viele Affen zu sehen. Die meisten Bepflanzungen erfüllen dekorative Zwecke, lediglich die Pflanzen um das Orang-Utan-Freigehge, das der Besucher von allen Seiten umzingeln kann, sollen ein wenig Sichtschutz bieten. Auffallend ist ein großzügiger Umgang mit der Fläche auf Seiten der Besucher. Sämtliche Wasserflächen dienen zur räumlichen Abtrennung von Außenbereichen der kleinen Affen. Da es sich hierbei um Inseln handelt, wird dementsprechend viel Wasserfläche benötigt. Der Besucherweg zu den Außenbereichen von Gorillas und Schimpansen ist eine Sackgasse, was Vor- und Nachteile mit sich bringt. An Tagen mit großer Besucherzahl entstehen hier schnell Staus, an weniger stark besuchten Tagen kann man hier auf einer Bank auch ein ruhiges Plätzchen finden. Aufgrund von wenig Schatten in der Außenanlage ist diese für die Menschenaffen im Sommer nicht sehr attraktiv. Wenn sie sich daher eher im Innenraum aufhalten, kommt es dort zu großem Besucherandrang was Enge auf den Gängen und Lärm mit sich bringt. Alle Affen werden, wenn man sie nicht in der Außenanlage beobachten kann, in guckkastenartigen Räumen hinter vollverglasten Flächen präsentiert.

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In der nebenstehenden Tabelle habe ich die Primaten zusammengefasst, welche zur Zeit meines Projektes im Tierpark Hellabrunn beheimatet sind. Neben ihrer Art habe ich die Zahl der männlichen und weiblichen Individuen sowie der ihnen zur Verfügung stehenden Gehegefläche im Innen- und Außenraum vermerkt. Die Flächenangaben beruhen auf von mir selbst vorgenommenen Messungen in Kombination mit öffentlich zugänglichem Planmaterial. Eine weitere Spalte hält fest, in welcher Umgebung die jeweilige Affenart in freier Natur lebt. Die Gehegegrößen in Hellabrunn entsprechen den Anforderungen an die Tierhaltung, jedoch haben vor allem die mittelgroßen Affen wie die Mandrills sehr wenig Fläche (vor allem im Außenraum) im Verhältnis zu ihrer Körpergröße. Entgegen der landläufigen Meinung ist die reine Größe des Territoriums jedoch noch kein Garant für eine gute Haltung, auch die Vielfalt an Bodenbelägen und Klettermöglichkeiten, Rückzugsorten und Flächen mit Überblick sowie die Qualität der Fütterung und Beschäftigung spielen eine wichtige Rolle. Für eine unter den gegebenen Umständen optimale Haltung müssen immer mehrere Faktoren zusammenkommen.

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AFRIKA ASIEN AMERIKA

Art Westlicher Flachlandgorilla

m 2

w 4

Innenfläche 550 m²

Außenfläche 960 m²

Lebensraum Boden, Sumpf

Schimpansen

2

4

350 m²

1100 m²

Boden, Bäume

Mandrill

1

5

60 m²

70 m²

Boden

Drill

5

2

60 m²

100 m²

Boden

Blaumaulmeerkatze

1

2

200 m²

-

Bäume

Katta

4

6

85 m²

400 m²

Boden, Felsen, Bäume

Roter Vari

3

1

40 m²

250 m²

hohe Bäume

Sumatra Orang Utan

1

5

260 m²

340 m²

Bäume

Silbergibbon

2

3

100 m²

70 m²

Bäume

Siamang

1

2

70 m²

150 m²

Bäume

Lisztaffe

3

5

30 m²

50 m²

Bäume

Braunkopfklammeraffe

1

3

80 m²

60 m²

Bäume

Totenkopfaffe

2

6

40 m²

150 m²

Bäume

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Nachdem ich die gesamte Fläche der „Welt der Affen“ analysiert, vermessen und kategorisiert hatte, konnte ich die nebenstehende Grafik erstellen. Hier wird die tatsächliche Flächenverteilung im Bestand sichtbar. Obwohl die verfügbare Fläche groß ist, und auch die momentanen Gehegegrößen in den meisten Fällen in Ordnung sind, stellt man schnell fest, welche Prioritäten bei der Planung gesetzt wurden. Auch wenn in den vergangenen Jahren mehrfach nachgebessert wurde und die Freiflächen vergrößert worden sind, steht den Affen nur knapp ein Viertel der Gesamtfläche zur Verfügung. Eine ebenso große Fläche ist Grünanlage, die weder Mensch noch Tier nutzen können und die wie in einem Park eine dekorativ-trennende Funktion besitzt. Nach dieser Erkenntnis wurde es eine meiner Zielformulierungen, eine Raumorganisation zu entwerfen, die ein besseres und ausgewogeneres Verhältnis der verschiedenen Nutzer zueinander möglich macht. Da die Tiere im Mittelpunkt stehen, sollte ihnen auch die anteilig größte Fläche zugewiesen werden. Die Besucher, die sich freiwillig und nur für kurze Zeit in diesem Gebiet befinden, können nach Möglichkeit eingeschränkt werden. Und für die Pfleger ist ein sinnvoller und sicherer Zugang zu den Gehegen notwendig.

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Tiergehege Besucherbereich Pflegerbereich Wassergräben Vegetation

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Auswahl und Zielsetzung

Afrikanische Affen und viele Fragen

Als ich die Idee für dieses Projekt hatte, war ich mir noch nicht einmal sicher, mit welchen Tieren ich mich beschäftigen würde. Bald hatte ich mich für die spannenden und beeindruckenden Primaten entschieden, da wir Menschen eine ganz besondere Beziehung zu ihnen haben. Ich stellte jedoch schnell fest, dass diese Wahl noch nicht konkret genug war, denn die Vielzahl und Verschiedenheit der Affenarten ist überwältigend. Nach näheren Recherchen fand ich es sinnvoll, dem Besucher zukünftig - wie im restlichen Zoo Hellabrunn auch - die Tiere nach Herkunftsgebieten gruppiert zu vermitteln. Wenn Besucher verstehen, wo die natürlichen Lebensräume dieser Tiere liegen und wie es um diese bestellt ist, lässt sich auch der Gedanke des Natur- und Artenschutzes besser vermitteln. In Hellabrunn leben sieben verschiedene Arten von afrikanischen Affen aus fünf verschiedenen Gattungen. Sie repräsentieren die große Vielfalt, die es bei den Primaten gibt. Spannend ist, dass sie nicht nur unterschiedlich groß sind und verschieden aussehen, sondern dass sie sich auch in ihren Verhaltensweisen stark unterscheiden. Während einige Affenarten Bäume und erhöhte Klettermöglichkeiten kaum verlassen, bleiben andere Arten hingegen stets auf dem Boden. Das ermöglicht einen Wechsel der Höhenlagen im Verlauf des Besucherweges, um unterschiedliche Lebensräume zu erkunden. Die fünf afrikanischen Arten - Gorilla, Schimpanse, Mandrill, Blaumaulmeerkatze und Katta - haben auch einen unterschiedlichen Grad an Aktivität und Interesse am Menschen. In Kombination bieten sie eine gute Mischung aus allseits bekannten und eher unbekannten Affenarten, bei denen es ein besonderes Erlebnis ist, sie beobachten zu dürfen.

Da ich mich für fünf Affenarten entschieden habe - und somit acht Arten ausklammere - werde ich mich auch nicht mit der gesamten Fläche der jetzigen „Welt der Affen“ befassen. Mein Ansatz ist, dass, entsprechend der Geozoo-Idee, die südamerikanischen Affen in einen anderen Teil des Parks umziehen. Da am derzeitigen Affenbereich Afrika und Asien angrenzen, sollen die afrikanischen und asiatischen Primaten am selben Ort verbleiben.

Entsprechend des Mengenverhältnisses beider Gruppen wird auch die Fläche so aufgeteilt, dass die afrikanischen Affen den größeren (2/3) und die asiatischen Affen den kleineren (1/3) Bereich zur Verfügung haben. In meinem Projekt behandle ich also die 2/3 des bestehenden Affengeländes, welche die afrikanischen Affen bewohnen werden.

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Ziel meiner Arbeit soll es sein, neue Raumtypologien für eine artgerechtere und sinnlichere zoologische Architektur zu entwerfen, die dem Menschen mehr Respekt und Wertschätzung gegenüber Tieren vermittelt. Grundlage für meinen Entwurf ist eine detaillierte Recherche zur Entwicklung der Zooarchitektur vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute.

Die Veränderung der Geisteshaltung den Tieren gegenüber sowie die daraus resultierende Architektur werde ich analysieren und darauf aufbauend versuchen, neue Möglichkeiten für die Zukunft aufzuzeigen. Als Resultat werde ich die einzeln entwickelten Raumtypologien zu einem räumlichen Ablauf zusammenfügen, der ein beispielhaftes Gehege darstellt und auf die spezifischen Bedürfnisse einer Tierart eingeht.

Architektur für Tiere in Zoos ist ein komplexes Feld, da sich eine große Zahl von Nutzern mit sehr unterschiedlichen Ansprüchen und Erwartungen begegnen. Die Bedürfnisse des Tieres stehen für mich ganz eindeutig über denen des Menschen, da dieser, im Gegensatz zum Tier, die Begegnung aus freien Stücken sucht. Dennoch ist es wichtig, zwischen den Interessen der verschiedenen Nutzergruppen abzuwägen. Wie wichtig ist der Wunsch des Besuchers, möglichst viele Tiere zu sehen? Kann auch ein Gehege, bei dem die Tiere Rückzugsmöglichkeiten haben, Besucher anlocken? Und wie kann man schon Kindern auf spielerische Art Respekt gegenüber Tieren nahe legen?

Die Vor- und Nachteile bestehender Raumtypologien müssen abgewägt werden. Der Trend der oberflächlichen Freizeitparkarchitektur in Tierparks, der in schnellen Schritten voran geht, muss dringend hinterfragt werden. Kulissenarchitektur ohne durchdachte räumliche Abläufe verkommt zu Kitsch und Kommerz. Gebraucht wird nicht eine Kulisse, sondern eine gute Dramaturgie.

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IV

Konzept Entwicklung von Raumtypologien fĂźr eine tierfreundlichere und sinnlichere zoologische Architektur

a)

Schwellenraum

Die architektonische Abgrenzung zwischen Mensch und Tier

Analysiert man Zoogebäude und vergleicht diese miteinander, fällt einem schnell auf, dass an einem Punkt des Gebäudes die moralische Haltung und der jeweilige Zeitgeist am stärksten zum Vorschein kommen - an der Schwelle zwischen Tier und Mensch. Da die Aufenthaltsbereiche der Tiere und des Menschen in den meisten Fällen strikt getrennt bleiben müssen, bildet sich innerhalb jeder zoologischen Architektur eine Grenze, an der die zwei Zonen aufeinander treffen. Je nach Tierart, Baujahr und architektonischem Kontext ist dieser Grenzbereich unterschiedlich ausgebildet. In der Entwicklung seit dem 19. Jahrhundert lassen sich aber verschiedene Phasen erkennen, die man in drei Gruppen untergliedern kann: Gitter, Graben und Scheibe. Diese drei Grundtypologien entwickelten sich in unterschiedlichen Epochen und entspringen verschiedenen Weltanschauungen.

Zu Beginn der Zooarchitektur sollte die Exotik der für den Besucher unerreichbar fern erscheinenden Kolonien und deren Tierwelt dargestellt werden, was zu einem architektonisch dekorativen Stil- und Formenpluralismus führte. Die Unterbringung der Tiere war nicht von der Idee einer bestmöglichen und artgerechten Haltung bestimmt, sondern hatte sich direkt aus dem Typus Zwinger entwickelt. Exotische und gefährliche Tiere, die Wildfänge waren und nur in den seltensten Fällen selbst im Zoo geboren wurden, konnten aus Sicherheitsgründen nur hinter Metallstäben gehalten werden, denn es gab kein anderes stabiles Material das Einblicke in den Käfig ermöglichte. Die Tiere dieser Epoche zeigten aufgrund von Platzmangel und schlechter Haltung auch häufig Verhaltensauffälligkeiten (Hospitalismus). Als Carl Hagenbeck 1907 in Hamburg den ersten gitterlosen Zoo eröffnete, war er damit seiner Zeit voraus. In seinem Tierpark waren nicht nur neue trennende Gräben eine Besonderheit, sondern auch terrassenartig hintereinander angelegte Tiergehege, die sogenannten „Panoramen“. Aus bestimmten Blickwinkeln vermengten sich für den Besucher die Bereiche verschiedener Tierarten, die zwar in freier Wildbahn gemeinsam vorkommen, aber nicht gemeinsam gehalten werden können. Der Besucher sah beispielsweise in ein Tal mit dem Motto Afrika und konnte dann räumlich hintereinander geschichtet auf einen Blick Löwen, Giraffen und Zebras beobachten, ohne dass sich die Tiere gegenseitig gefährdeten. So wurde versucht, ein Gesamtbild der jeweiligen Kontinente und Lebensräume zu vermitteln.

Kolonialstil Absperrung durch Gitter in dekorativ-exotischer Pavillonarchitektur

Landschaftspanorama Gitterlose Anlagen mit Wassergräben ermöglichen dem Besucher einen Blick auf nachgebildete Naturkulissen

Funktionalismus Pflegeleichte Gehege mit sterilen Oberflächen in einer von Technik und Funktion bestimmten Architektur Verlandschaftlichung Geschosshohe Panzerglasscheiben gewähren Rundumblick auf Gehege mit wieder hinter Kulissenlandschaft verschwindender Architektur

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Der Graben ist eine gute Lösung für Freigehege, die auch heute häufig verwendet wird. Es wird hierfür zwar viel Platz benötigt, aber das Tier erhält sein eigenes ungestörtes Territorium. Für Gehege im Innenraum, wie sie bei vielen exotischen Tieren in unseren Breitengraden obligatorisch sind, ist der Graben allerdings kein effizienter Lösungsansatz.

So blieben die Tiere im Innenraum hinter Gittern, bis in den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts neu entwickelte, großflächige Panzerglasscheiben die Gitter ablösten.

Diese Epoche der Zooarchitektur, von Funktionalismus geprägt, begann langsam und beschleunigte sich mit steigendem Wohlstand der Gesellschaft nach dem Krieg. Was bedeutet die Glasscheibe für den Schwellenraum? Zunächst eine Befreiung vom Metallgitter. Dieser Unterschied ist aber vor allem für den Besucher relevant. Einerseits hat man einen uneingeschränkten Blick auf das Tier - während man durch das Gitter hindurch sehen musste, hat man jetzt von einem Standpunkt aus das gesamte einsehbare Gehege im Blick. Wenn man vor einem Gitter steht, so sieht man durch dieses nur gerade hindurch, weil die räumliche Staffelung der Stäbe ab einem gewissen Blickwinkel nach links oder rechts wie eine geschlossene Fläche wirkt. Andererseits sind durch das Verschwinden der Gitter auch viele räumliche Assoziationen nicht mehr unmittelbar präsent: Gefängnis, Zwinger, Zwang, das Eingesperrtsein und die physische Brutalität, die Eisenstangen ausstrahlen. Das lässt den Zoobesucher schon ein wenig mehr die Unfreiheit der Tiere und die Unnatürlichkeit der Situation vergessen. Neu ist, dass Panzerglasscheiben eine akustische Trennung schaffen.

Die Tiere bekommen weniger von den Geräuschen mit, die die Menschen verursachen, allerdings entsteht das „Klopfen an die Glasscheibe“ natürlich auch erst in dieser Zeit. Neben der akustischen Trennung sorgt Panzerglas auch für eine hygienische Trennung, was die Gesundheit der Zootiere in dieser Zeit verbessert hat. Gleichzeitig werden auch Tier und Mensch, trotz der nie dagewesenen räumlichen Nähe, voreinander geschützt - es ist nicht möglich, dass Gegenstände der Besucher ins Gehege fallen, was für die Tiere ein hohes Gesundheitsrisiko darstellt. Desweiteren können die Tiere auch nicht durch die Gitterstäbe hindurch nach den Besuchern greifen. Dadurch, dass sich die Transparenz erhöht und der Besucher uneingeschränkten Einblick in die Innengehege hat, ist die Aufmerksamkeit der Menschen mehr auf die Qualität der Unterbringung gerichtet, was mit Sicherheit zur Weiterentwicklung der Haltungsbedingungen beigetragen hat. Die Glasscheibe trennt Tier und Mensch also besser voneinander, gewährt dabei aber eine größere räumliche Nähe. Der Besucher kann das gesamte Gehege überblicken, was das Tier noch mehr ausstellt und zum Objekt hinter einem Schaufenster macht. Das Tier hört den Besucher nicht mehr (und umgekehrt), nimmt aber seine Blicke noch deutlicher wahr.

Tatsächlich sind auf Besucherseite die Gitter in mitteleuropäischen Zoos verschwunden, stattdessen beherrschen Gräben und Glasscheiben im Innen- und Außenraum das Bild. Die Situation in deutschen Zoos hat sich natürlich seit der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts in allen Belangen erheblich verbessert. Interessant ist aber, dass sich seitdem trotzdem keine wesentlichen neuen Typologien entwickelt haben. Natürlich gibt es mit der Großvoliere ein Haltungsmodell, das versucht, die Grenze zwischen Tier und Mensch vollkommen aufzuheben - und das mit großem Erfolg. Allerdings ist diese Gehegeart nur für bestimmte Tierarten umsetzbar. Wie kann sich der Grenzraum bei den Tieren weiterentwickeln, die vom Menschen räumlich getrennt bleiben müssen? Ist die vollflächige Glasscheibe der Weisheit letzter Schluss? Wie kann sich dieser Raumtypus in naher Zukunft weiterentwickeln, ohne dass neue Materialien dafür erfunden werden müssen?

74

Wie moralisch kann und soll Architektur sein?

Welche Schwellen gibt es zwischen Gehege und Besucherbereich?

Wie werden Mensch und Tier zueinander im Raum positioniert?

Welche Sinne werden angesprochen?

Wie wird der gaffende Besucher zum hinterfragenden Entdecker?

Wo endet der Raum und wo beginnt die Landschaft?

Wer beobachtet wen?

?

75

b)

Thesen

Gestaltungsprinzipien für Schwellenräume

Wie kann man den Rahmen, in dem Tier und Mensch aufeinander treffen, positiv beeinflussen? Um die Botschaft von Arten- und Naturschutz nachhaltig zu vermitteln, ist es nicht zielführend, Tiere in Gefangenschaft als Freizeitattraktionen in oberflächlich paradiesischen Kulissen zu zeigen, wenn der Lebensraum ihrer Artgenossen in freier Wildbahn bedroht ist. Gerade dann ist es wichtig, das Tier nicht als Attraktion, als Konsumgegenstand oder Wertobjekt zu begreifen, sondern einen Bezug zu einem lebenden, denkenden und fühlenden Wesen herzustellen, der das Verhalten und die Verantwortung jedes einzelnen anspricht und zum Nachdenken anregt. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte der Zoobesucher bei seinem Aufenthalt verschiedene Erkenntnisse erlangen: - Menschen und Tiere haben viele Gemeinsamkeiten - Jedes Tier hat seinen eigenen Willen und Charakter - Es ist nötig, den Tieren mit Respekt und Vorsicht zu begegnen - Der Tierpark ist ein menschgemachter Ort, aber das Tierwohl steht im Mittelpunkt - Ein Tier beobachten zu können ist ein besonderes Erlebnis - Der Mensch trägt Verantwortung gegenüber Flora und Fauna Um diese Erkenntnisse und Werte zu vermitteln, muss ein Raumerlebnis geschaffen werden, das neue Perspektiven ermöglicht, sich selbst aber so weit zurücknimmt, dass der Be-

sucher nicht davon abgelenkt wird, nachzudenken. Großzügige Flächen und archaische Baukörper oder niedrige Decken und enge Passagen versinnbildlichen, dass der Mensch nicht der alleinige Maßstab ist und es wichtig ist, seiner Umgebung offen gegenüber zu sein und sich anzupassen. Um im Denken eine neue Perspektive zu erleben, muss man Gewohntes verlassen und sich in neues Territorium begeben. Indem er mit dem Körper neue Orte entdeckt und Erfahrungen macht, soll Neugierde geweckt werden.

Den freien Willen des Tieres kann man nicht wahrnehmen, wenn man das Tier im Gehege auf dem Präsentierteller serviert bekommt, und die Faszination der Beobachtung wird geschwächt durch den schnellen visuellen Konsum zu vieler Tiere in kurzer Zeit. Wer es für selbstverständlich hält, ein Tier zu sehen, der nimmt schnell an, ein Gehege sei unbewohnt, wenn sich nicht sofort ein Tier zeigt, und wendet den Blick ab. Wenn aber durch die Art der räumlichen Heranführung der Reiz des Suchens und Beobachtens bestärkt wird, kann der Besucher dazu angehalten werden, sich mehr Zeit zu lassen und dadurch langfristig das Erlebnis mehr zu genießen. Die Entschleunigung des Zoobesuchs ist ein wichtiger Faktor, um das Erlebnis zu intensivieren.

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c)

Artenvielfalt

Verhalten und Lebensraum der f체nf Affenarten

Gorilla

Schimpanse

Mittleres Afrika

Mittleres Afrika

Regenw채lder und Sumpfgebiete

Regenw채lder und Savannen

Bodenbewohner

Baumbewohner

Bl채tterfresser

Allesfresser, vorwiegend vegetarisch

Mandrill

Blaumaulmeerkatze

Katta

Mittel- und Westafrika

Zentralafrika

Madagaskar

Regenwald

Regenwald

Laubwälder und Savannen

Bodenbewohner

Baumbewohner

Baum- und Bodenbewohner

Allesfresser, bodennahe Nahrung

Fruchtfresser

Allesfresser, vorwiegend FrĂźchte

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d)

Sinneseindrücke

Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zwischen Mensch und Tier

Schon früh in meinem Projekt stellte ich mir die Frage, wie man die derzeitige Situation in Zoos noch weiter verbessern kann. Welche Möglichkeiten gibt es, dem Tier mehr Raum zu geben und den Platz, der für die Besucher benötigt wird, zu reduzieren? Was kann man tun um dem Trend entgegenzuwirken, dass Zoos die Tiere mehr und mehr inszenieren müssen, um bei den Besuchern gut anzukommen? Wie kann man der Zooarchitektur mehr Ehrlichkeit und Tiefgründigkeit verleihen?

Dienten Tierparks bis vor wenigen Jahrzehnten noch dazu, dem Besucher eine Weltreise vor der eigenen Tür zu ermöglichen und ihn über die Vielfalt des Lebens auf der Welt zu bilden, hat sich diese Funktion gewandelt. Heute sind exotische Tiere und ihre Heimatländer über verschiedenste Quellen bereits bestens bekannt. Ob Bild-, Ton- oder Videomaterial über Fernsehen oder Internet - der Besucher bringt ein großes Vorwissen mit.

Gleichzeitig steht der Tierpark als analoges Erlebnis zunehmend in Konkurrenz zu digitalen Inhalten und künstlich generierten Sinneseindrücken. Schon jetzt sieht man überall Besucher, die trotz der Anwesenheit von echten exotischen Tieren eher mit ihrem Smartphone beschäftigt sind. Und durch die neue Virtual Reality-Technologie, die jetzt noch in ihren Kinderschuhen steckt, wird dieser Trend in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wahrscheinlich in großen Schritten weitergehen. Tierparks haben ihr Profil geändert. Vermehrt versuchen sie statt reiner Information über die Tiere vor allem die Aspekte von Tier- und Umweltschutz in den Vordergrund zu stellen. Die Erhaltung der Artenvielfalt sowie der Klimawandel, die Umweltverschmutzung und andere Auswirkungen des Anthropozäns (das Zeitalter der menschgemachten Veränderungen des Ökosystems) sind einige der wichtigsten Inhalte, die vermittelt werden sollen. Gleichzeitig mit dieser inhaltlichen Anreicherung wird aber auch versucht, die Tiere publikums- und medienwirksam zu inszenieren.

Aufsehenerregende Ereignisse wie das Eisbärbaby „Knut“ oder sehr aktuell das Münchner Eisbärbaby „Quintana“ verdeutlichen sehr gut, was in dieser Richtung falsch läuft. Eine zeitgenössische Zooarchitektur, die in den letzten Jahren vermehrt auf Kulissenbau gesetzt hat statt auf tatsächliche Qualitätsverbesserung der Gehege (vergleiche Seite 34 ff.), unterstreicht diesen Inszenierungs-Trend.

Was kann man dagegen tun? Hauptziel sollte es sein, das analoge Erlebnis zu verstärken und alle Sinne des Besuchers dabei miteinzubeziehen. Dabei kann die Architektur diese Sinneseindrücke neu erschaffen, verstärken und kanalisieren. Um die Begegnung mit dem Tier bewusster und reflektierter wahrzunehmen, sollte die Schwelle zwischen menschlicher und tierischer Zone sich nicht auf eine Glasscheibe oder einen drei Meter breiten Gang vor dem Gehege beschränken, sondern auf den gesamten Weg des Besuchers ausgedehnt werden. Eine schrittweise räumliche, körperliche und geistige Annäherung an das Tier bietet die ideale Möglichkeit, um den unterschiedlichen Sinneseindrücken ihren eigenen Raum zu geben.

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Sehen,

... aus der Nähe von Angesicht zu Angesicht ... aus der Ferne Teleskop, Fernglas ... von oben Brücke, Turm, Aussichtsplattform, Oberlicht ... von unten Tunnel, Höhle, Periskop, perforierter Boden ... direkt Lichtung, ohne Sichtschutz ... indirekt durch Sichtschutz, transluzentes Material ... in verschiedenen Lichtsituationen hell, dunkel, gedämpft

Wir Menschen sind daran gewöhnt, unsere Umwelt vor allem visuell wahrzunehmen.

Im Kontext Zoo sind die Augen dabei aber schon reizüberflutet. Fast zwanzigtausend Tiere leben in Hellabrunn, und der Besucher sieht sich diese innerhalb von ein paar Stunden an.

Da ist es keine Überraschung festzustellen, dass sich die meisten Besucher nur so lange auf ein Gehege konzentrieren, bis sie ein Tier entdeckt haben (wobei sie oft nicht besonders geduldig sind) und sich danach sofort abwenden und zum nächsten Gehege begeben. Der visuelle Eindruck des lebenden Tieres, eigentlich ein besonderer Augenblick, der nicht für selbstverständlich gehalten werden sollte, wird innerhalb weniger Sekunden konsumiert.

Die Herausforderung besteht also vor allem darin, die gewohnten optischen Eindrücke zu kanalisieren, neu zu interpretieren oder bewusst zu unterdrücken, um anderen Sinneseindrücken Vorrang zu geben. Blickwinkel aktiv entdecken zu müssen und sie nicht auf dem Silbertablett serviert zu bekommen, fördert die Aktivität des Besuchers und macht ihn vom passiven Konsumenten zum Akteur. Gleichzeitig ermöglicht es eine Zooarchitektur, welche die Tiere nicht präsentiert, sondern schützt, und nur einzelne Blicke gewährt statt sie hinter vollverglasten Flächen bloßzustellen. Und je rarer diese Einblicke und Entdeckungen sind, desto besonderer sind sie.

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Hรถren,

... leise sein Konzentration auf das Fremde ... zuhören Neue Geräusche erleben ... Ähnlichkeiten erkennen ... Unterschiede entdecken ... lernen Unterscheiden verschiedener Affenarten ... Urinstinkt wecken

Gerade bei Primaten ist die Geräuschkulisse besonders interessant, da sie viel miteinander kommunizieren und sie so nahe mit uns verwandt sind. Umso bedauerlicher ist es, dass die vier Meter hohen Panzerglasscheiben, die Affe und Mensch in den zeitgenössischen Zoos trennen, die meisten Geräusche abschirmen und nur vereinzelt laute Schreie durchdringen lassen. In meinem Konzept ist das Geräusch des Tieres das Erste, mit dem der Mensch in Kontakt kommt. Der Bereich, in dem es möglich ist, nur zu lauschen, soll zum Verweilen einladen und dazu auffordern, sich näher mit den Geräuschen zu beschäftigen um fast schon eine meditative Wirkung zu erzielen.

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Tasten.

... Bodenbelag Konzentration auf das Fremde ... Wandstruktur ... Handlauf ... Möbel ... Körperhaltung ... Luftfeuchtigkeit ... barfuß

Wenn der Tastsinn angesprochen werden soll, geht es dabei um die generelle räumliche Erfahrung. Die haptische Qualität eines Raumes nehmen wir zu selten wahr; häufig hindern uns gesellschaftliche Konventionen daran, Wände und Möbel mit unseren Händen sorgfältig zu erforschen. Durch das Schuhwerk, das wir Menschen die meiste Zeit des Tages tragen, wird unser sensibles Sinnesorgan Fuß vieler Eindrücke beraubt, die Tiere im Gegensatz zu uns wahrnehmen. Wie ist der Boden beschaffen und welchen Einfluss hat das auf meine Art zu gehen? Auch wenn mir der Gedanke gefallen hätte, die Menschen das Tiergehege grundsätzlich barfuß erkunden zu lassen, habe ich das nicht zu einem festen Bestandteil meines Konzeptes gemacht. Stattdessen beschäftigte mich, auf welche andere Art ich Menschen auf die Veränderung der Materialien in ihrer Umgebung sensibilisieren kann. Wir nehmen die Bodenstruktur mit Schuhen auch wahr, allerdings in einem gröberen Maßstab. Die Beschaffenheit der Wände, eines Handlaufs oder eines Möbels sind ebenfalls Möglichkeiten, für besondere Eindrücke zu sorgen. Räume, die uns aufgrund ihres Volumens dazu bringen uns zu bücken, zu klettern oder zu kriechen, setzen uns in ein neues, ungewohntes Verhältnis zum Raum, bei dem wir umso mehr auf unsere Hände angewiesen sind. Wenn wir körperlich unsere gewohnte Umgebung verlassen, kann das auch ein Denkanstoß sein und uns dazu bringen, neue Perspektiven zu entdecken.

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e)

Materialität

Inspirationen und Stimmungsbilder

In Bezug auf die Materialität bewegen wir uns immer zwischen Künstlichkeit und Natürlichkeit. Wenn wir es bei der architektonischen Aufgabe mit Tieren zu tun haben, ist dieser Grenzbereich umso spannender. Beton beispielsweise, ein klassischer Werkstoff der neuzeitlichen Architektur, ist ein Baustoff, der aus natürlichen Ausgangsmaterialien zusammengefügt wird, aber in seiner Verarbeitung und Raumwirkung meistens als Inbegriff menschgemachter Künstlichkeit gilt. Jedoch gibt es eine Vielzahl an Techniken, um Beton überraschend neu zu verarbeiten und den Charakter der Felswand, den Betonteile besitzen können, zu unterstreichen. Ob durch Verarbeitungstechnik, Zuschläge oder nachträgliche handwerkliche Bearbeitungen - auch aus dem starren Werkstoff Beton lassen sich unterschiedliche Wirkungen generieren. Inspiriert von traditionellen Hüttenbauweisen mit Lehm und Stroh, die einen animalisch-archaischen Charakter besitzen und auf die zivilisatorischen Ursprünge der Menschheit hinweisen, habe ich hier inspirierende Fotografien gesammelt und in Gruppen zusammengefügt, um ein collagenhaftes Raum- und Materialgefüge zu vermitteln.

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f)

Hidden Script: Safari

Konzept für die Dramaturgie des Zoobesuchs

Sich dem Tier schrittweise zu nähern - das ist eines der Grundprinzipien meines Entwurfs. So wie sich der Spannungsbogen in einem guten Theaterstück, Buch oder Film schrittweise aufbaut, so wird auch ein Zoobesuch durch eine dramaturgische Abfolge atmosphärisch, emotional, sinnlich und inhaltlich aufgewertet. Genuss und schneller Konsum sind genauso gegensätzlich wie Hektik und tiefgreifende Erkenntnisse. Wenn man sich Zeit lässt, den Moment genießt, ungewohnte Sinneseindrücke erfährt und Raumwirkungen spürt, kann das eine bereits bekannte Situation verändern und in einem neuen Licht darstellen. In Bezug auf die Annährung an das Tier soll meinem Konzept eine Idee zugrunde liegen, die allgemein bekannt ist und jedes Kind versteht. Es handelt sich um die fantasievolle Vorstellung davon, wie es ist, ein wildes Tier in der Natur zu beobachten.

Der prinzipielle Ablauf einer Dschungelsafari gliedert verschiedene Raumsituationen und Blickbeziehungen, die aufeinander aufbauen. Man streift durch unbekanntes Gebiet, wird auf die Tiere aufmerksam, beobachtet sie aus der Ferne, nähert sich ihnen vorsichtig und erhascht schließlich einen Blick aus der Nähe.

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Entschleunigen

1

Du betrittst einen fremden Weg und er führt dich tief hinein in einen Dschungel. Deine Schritte werden langsamer und du achtest sehr genau auf deine Umgebung. Ein wenig unheimlich ist das dichte Grün um dich herum.

Orientieren

2

Der Weg wird schmäler und dichter bewachsen. Vorsichtig musst du unter den Ästen großer Bäume hindurchkriechen und über die hohen Wurzeln steigen. Mit den Händen schiebst du die Lianen beiseite, die alles überwuchert haben.

Lauschen

3 108

Plötzlich hörst du ein Geräusch. Was ist das? In der Ferne erklingen die Stimmen fremder Tiere, sind es Affen? Aufmerksam lauschst du. In der Nähe befindet sich eineLichtung, ist das ihr Rückzugsort?

Beobachten aus der Ferne

4

Du nimmst dein Fernglas aus der Tasche und suchst dir einen versteckten Platz im hohen Gras. Von hier aus kannst du mehrere Schimpansen erkennen, auf der anderen Seite der Lichtung. Sie haben dich noch nicht bemerkt. Ob du dich ihnen noch ein wenig nähern kannst?

Anschleichen

5

Leise bewegst du dich durch das Gras auf die wilden Tiere zu. Wie viele Schimpansen sind es? Immer wieder erhaschst du einen Blick auf sie durch das Gestrüpp.

Begegnung

6

Du bist jetzt ganz nah bei der kleinen Affenherde und siehst, wie sie sich entlausen. Zwischen zwei großen Tieren turnt ein Junges wagemutig herum. Plötzlich entdeckt dich eines der Tiere, bleibt aber ganz ruhig und erwidert misstrauisch deinen Blick. Eine ganze Weile beobachtest du sie.

Reflektieren Langsam entfernst du dich von der Gruppe und machst dich auf den Rückweg. Jetzt kommt dir der dichte Wald nicht mehr bedrohlich vor, und du genießt die wilde Schönheit der Natur. Es waren ganz besondere Augenblicke, als du den Schimpansen an der Lichtung begegnet bist.

7 109

g)

Programm

Prägnante Zusammenfassung des Konzepts

- Anlage für fünf afrikanische Affenarten: Gorilla, Schimpanse, Mandrill, Blaumaulmeerkatze, Katta) - 17.000 Quadratmeter Fläche - Verbesserung des Flächenverhältnisses für die Tiere (>25% Gehegefläche) - Barrierefreier Besucherpfad mit architektonisch-dramaturgischem Aufbau - Die Tierhäuser sind als solche gedacht und können vom Besucher nicht direkt betreten werden, es gibt nur verzeinzelt Einblicke ins Innere Im Verlauf des Pfades: - Nähert der Besucher sich den Tieren schrittweise an - Werden im Wechsel verschiedene Sinneseindrücke in den Vordergrund gestellt - Verändert sich das Raumvolumen - Verändert sich die Lichtsituation - Verändert sich die Beschaffenheit des Materials - Verändert sich das Höhenniveau - Werden verschiedene Arten der Trennung zwischen Mensch und Tier verwendet (Mauer, Glasscheibe, Luftraum, Bepflanzung, Wassergraben, ohne Trennung) - Werden Einblicke in Innen- und Außengehege gewährt Die Bereiche des Pfades sind: - Entschleunigen (Vorplatz) Ankommen auf dem Vorplatz mit abschirmendem Charakter - Orientieren (Tunnel) Veränderung des gewohnten Raumvolumens durch langen, niedriger werdenden Gang als Einführung in das Gelände - Lauschen (Canyon) Hoher, schmaler Grabengang mit Horchhöhlen zu beiden Seiten - Beobachten aus der Ferne (Brücke) Barriere ansteigender Pfad mit Aussichtsplattform - Anschleichen (Trampelfpfad) Dicht bewachsener Pfad mit ungewohnt neuen Möglichkeiten der heimlichen Beobachtung - Begegnen (Insel) Zentrale Insel mit Rundumblick auf drei große Freigehege - Reflektieren (Vordach) Rückkehr zum Anfangspunkt eine Ebene darüber mit Überblick über Gelände innerhalb und außerhalb des Primatengeheges

Materialität: - Beton als Material an der Schwelle zwischen Künstlichkeit und Natürlichkeit - Tierhäuser aus frisch in frisch gegossenen Betonschichten unterschiedlicher Farbigkeit (vergleiche Stampfbeton) mit UV-durchlässigem ETFE-Foliendach - Besucherweg aus Ortbetonbelag mit entsprechender massiver Brüstung, der plötzlich zu einem Weg aus gestampfter Erde wird und sich nach und nach über Kiesflächen und mit Steinen belegtem Beton zurückentwickelt zu gestocktem Beton mit grobem Zuschlag - Säulen aus Betonsockel, der sich zu einem luftigen Stahlgerüst entwickelt - Schattendach als Stahlskelett mit aufgelegten Bambusstämmen in unterschiedlichem Durchmesser - Benutzeroberflächen mit Wanddurchdringungen (Horchhöhlen, Sichtfenster etc.) sind mit Bambuslaibung eingerahmt Formensprache: - Die Formensprache orientiert sich an archaischen geometrischen Grundformen, die eine Parallele zum Ursprung der menschgemachten Architektur (Hüttenbau) und den Territorien und Nestbauten von Tieren herstellen - Trotz organischer Bewegungsabläufe soll die Wegeführung durch eine mathematische Präzision stets an die menschgemachte Künstlichkeit erinnern und nicht versuchen, Naturbilder nachzuahmen

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V

Entwicklung Schrittweise Formulierung der Raumstruktur in Grundriss und Schnitt

a)

Grundriss

Die Struktur eines neuen Gehegebereichs

Nachdem ich mich auf fünf afrikanische Affenarten festgelegt hatte und auch die Größe der zu bearbeitenden Fläche feststand, begann ich, eine erste Topografie zu entwickeln. Die Idee war es, ein Tal mit zwei Hügelzonen zu bilden, um einerseits das Gelände von außen uneinsehbar zu machen und es andererseits zur Straßenseite hin (nach Osten) abzuschirmen. Nun ordnete ich die verschiedenen Affenarten nach ihren bevorzugten Lebensräumen an (Baumbewohner eher auf den Hügeln, Bodenbewohner im Tal). Nach einigen Skizzen entstand diese erste Variante des Grundrisses - hier wurden die verschiedenen Punkte durch eine sehr intuitiv-organische Wegeführung verbunden. Zu diesem Zeitpunkt befand sich noch kein Wasserlauf auf dem Gelände, der als Trennung dient. Die grundsätzliche Anordnung von Gorilla, Schimpanse und Mandrill als Trio in der Mitte gefiel mir, aber die schon konkrete Formensprache der organischen und willkürlichen Wegeführung war mir zu diesem Zeitpunkt zu weit voraus gegriffen.

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Um der frßhzeitigen Formensprache entgegenzuwirken bediente ich mich einer abstrahierten grafischen Aufteilung der Flächen. Hier ging es darum, die verschiedenen Zonen der Begegnung (I-VII) in einen Rundgang zu bringen. Der Ausgangspunkt sollte auch wieder der Endpunkt sein, auf dem Weg dorthin sollten die verschiedenen Tiergehege passiert werden. Mehrere Punkte in einer Reihe symbolisieren eine Station, die selbst Teil des Weges ist. Auch hier trennt schon der Besucherweg selbst die Tiergehege voneinander.

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Indem ich die einzelnen Punkte der abstrakt-grafischen Version verband, stellte ich fest, wo und wie viele geschlossene Gebäude ich benötigen würde. Ziel war es, möglichst wenig einzelstehende Tierhäuser zu planen - also nicht fünf einzelne Gebäude - sondern benachbarte Tiergruppen oder Funktionen zusammenzufügen. In dieser Grundrissskizze dachte ich auch zum ersten Mal über „natürliche“ Trennungen zwischen den einzelnen Gehegen nach. Trotzdem gab es das Problem von zu vielen direkt aneinander grenzenden Freigehegen, und es war nicht klar, wie die Besucher die angedachten Höhenunterschiede zurücklegen sollten.

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Aus der Idee eines barrierefreien Zugangs der verschiedenen Höhenebenen entstand die Idee einer langen Rampe, die sich erst hinunter zu den Horchhöhlen und dann den Schimpansenhügel hinauf windet. In dieser Skizze ist neben den Grünbereichen auch erstmals ein trennender und verbindender Wasserlauf eingezeichnet. Die kreisrunde Formensprache der Gebäude wird zwischenzeitlich in den Hintergrund treten, sich aber langfristig im Projekt durchsetzen. In diesem Stadium des Projektes hat die große Rampe sich aus einer Zickzacklinie entwickelt, die in einem mäandernden Rhythmus an Höhe gewinnt.

Dadurch entsteht aber eine beträchtliche Lauflänge, und das Grundstück wird stark von der Form der Rampe dominiert.

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Es folgten noch viele weitere Grundrissentwürfe, bis sich nach und nach immer mehr Eigenschaften von Skizze zu Skizze etablierten. Manche Ideen, die in nebenstehender Skizze zu sehen sind, wurden verworfen, aber zwei zentrale Konzepte habe ich hier zum ersten Mal festgehalten: Das Durchschreiten des Gorillahauses zu Beginn des Pfades sowie die neue Anordnung des Wasserlaufes. Dieser zieht jetzt nicht nur bereits vor dem Gorillahaus vorbei in Richtung der Grundstücksmitte und schafft die Geste des trennenden Grabens schon gleich zu Anfang, sondern außerdem bildet sich im Zentrum des Primatengeländes eine Insel, die es dem Besucher ermöglicht, ohne andere trennende Barriere die Freigehege in mehreren Richtungen zu beobachten. Außerdem zeigt sich hier das Konzept von zwei getrennten Gehegeflächen für die Menschenaffen, da diesen so eine größere Abwechslung

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Im finalen Entwurf des Grundrisses sind viele vorausgegangene Entwicklungsschritte noch sichtbar. Die lange Rampe wurde zu einem großen Bogen, der den Höhepunkt der Dramaturgie - die Insel - zum eigentlichen Zentrum macht. Die Lauflänge entspricht der zurückzulegenden Höhendifferenz unter Berücksichtigung der Rampensteigung mit Zwischenpodesten aufgrund der Barrierefreiheit. Die Figur der zwei sich einander zuwendenden Kreissegmente wird von den Schattendächern im selben Radius noch unterstrichen.

Während sich im Süden das große Schattendach und die kleine Rampe befinden, rahmt im Norden die große Rampe mit dem kleineren Schattendach das Gelände ein. Auch die Auflösung des Weges in den organischen Wegteil des Trampelpfades ist nun klar formuliert, die wie Riegel eingeschobenen Beobachtungspunkte in verschiedenen Größen integrieren sich gut. Obwohl sich im südlichen Teil der Anlage drei Gebäude unterschiedlicher Größe befinden, werden diese von dem gemeinsamen Schattendach zu einer großen Figur eingerahmt. Auch, wenn der Beginn des Besucherpfades als gerader Riegel wie ein Fremdkörper in dem ansonsten kreisförmigen Ensemble sitzt, integriert sich dafür das Vordach - das Ende des Begegnungspfades - ganz in die große Gebäudegruppe. Dies kann symbolisch für den Menschen gesehen werden, der durch das Erlebnis des Begegnungspfades in Einklang mit diesem gebracht wird - wo er zu Beginn aneckt, fühlt er sich am Ende als Teil des Ganzen.

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b)

Schnitt

Entwicklung der Höhenniveaus

Schon in den ersten Skizzen des Projektes wurde mir klar, dass für mich die Höhenschichtung des Geländes ein wichtiges Mittel zur Strukturierung sein würde. Die Vision von der doppelt genutzten Fläche durch Zweigeschossigkeit erschien mir eine richtige Antwort auf Platzmangel in Städten, die nachverdichtet werden. Durch Decken mit großen Spannweiten und raffinierte Dachaufbauten für intensive Begrünung ist es möglich, die Landschaft zur Dachlandschaft werden zu lassen. Obwohl ich die komplexe Raumstruktur hauptsächlich im Grundriss entwickelte, habe ich die dritte Dimension von Anfang an mitgedacht. Die Idee von zwei Hügelzonen mit einem dazwischenliegenden Tal sollte von vorneherein auch Blickbeziehungen über das Gelände hinweg möglich machen. Von außerhalb des Primatenterritoriums sichtbare höher gelegene Punkte steigern zudem die Außenwirkung und Attraktivität des Gebietes für vorbeilaufende Zoobesucher. Tatsächlich ist der Tierpark Hellabrunn in dieser Hinsicht bisher - typisch für München - flach strukturiert.

Einzelne höher gelegene Punkte eröffnen hier ganz neue Perspektiven.

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An einfachen Arbeitsmodellen überprüfte ich immer wieder die räumliche Wirkung verschiedener Höhenlagen. Dabei stellte ich fest, dass zu starke Höhenunterschiede problematisch für die Barrierefreiheit der Rampen sind. Das reduzierte zwar langfristig gesehen im Projekt die Varianz der Höhenniveaus, jedoch wurden die verschiedenen Höhenlinien mit der Zeit immer komplexer, um den verschiedensten Anforderungen zu genügen. Um die Tiergehege ausbruchsicher zu machen, wurde an manchen Stellen eine glatte Begrenzungswand von vier Metern Höhe benötigt. Um diese unauffällig ins Gelände zu integrieren, waren unterschiedlich geformte Gräben und Böschungen notwendig. Auch die Form und Tiefe des Wasserlaufs hatte einen starken Einfluss auf die Topografie, die ja ein in sich geschlossenes System sein musste, welches sich in jede Richtung in das flache Gelände des Tierparks integrieren kann.

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In der Phase des Projektes, die dem Formen der Tiergebäude diente, nutzte ich Clay um verschiedene geometrische Formen dreidimensional zu verschmelzen und daraus Gebäudetypologien zu entwickeln. Manche Idee, wie die sehr geschlossene Fassade des Gorillahauses zum Eingang hin mit einer klar definierten Öffnung, stammt aus diesen Versuchen.

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c)

Storyboard

Der Weg in Bildern

Nachdem in den Grundriss- und Schnittskizzen die verschiedenen Räume langsam Gestalt annahmen, fertigte ich ein Storyboard an, um die Abfolge der verschiedenen Räume zeichnerisch zu erfassen. Interessant ist, dass eigentlich keiner der vielen Momente exakt im endgültigen Entwurf enthalten ist, man aber viele Parallelen erkennen kann. Das erste und letzte Panel weisen wohl die größten Ähnlichkeiten zum tatsächlichen Projekt auf, wohingegen die Horchhöhlen (wie auf Panel 3) sich nicht mehr in einem geschlossenen Raum befinden und der Aussichtspunkt (wie auf Panel 4) kein Turm mehr ist. Manche räumliche Gesten jedoch sind nur an eine andere Stelle gewandert - das Herausschreiten aus einem niedrigen Tunnel ins Freie, wie in Panel 2 und 3 angedeutet, findet immer noch statt. Auch die noch unausgearbeitete Kombination aus Glaseinhausung und Steg auf Panel 6 ist so nicht weiter Teil des Projektes gewesen. Viele Ideen konnte ich in dieser schnellen Visualisierung des Ablaufs ausschließen, um mein Konzept insgesamt zu schärfen.

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d)

Collagen

Material- und Stimmungsbilder

In fotorealistisch anmutenden Collagen überprüfte ich Raumwirkung und Materialkombination meiner Konzepte. Basierend auf einfachen Skizzen mit perspektivischen Linien, die auch in der fertigen Collage noch durchscheinen, spannte ich schnell Räume auf und konnte Lichtstimmungen darstellen. Hier gibt es viele Parallelen zum fertigen Entwurf, und die Stimmung der endg+ültigen Visualisierungen wurde auch in diesen schnellen Collagen schon gut getroffen. In den sechs Visualisierungen, die ich am Ende des Projektes erstellte, verwendete ich eine ähnliche Technik wie für die Collagen, jedoch mit höherer Genauigkeit bezüglich Maßen und Proportionen. Aus meinen Plänen generierte ich 3D-Modelle, in denen ich die Perspektiven festlegte. Die Raumachsen dieser Bilder dienten mir als Gerüst für die ebenfalls in Collagentechnik erstellten Visualisierungen.

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e)

Materialproben

Versuchsreihe in Beton

In einer mehrwöchigen Versuchsreihe habe ich mit verschiedenen Rezepturen experimentiert, um die Farbigkeiten und Oberflächenbeschaffenheiten zu erhalten, die ich mir für mein Projekt vorgestellt habe. Insgesamt habe ich circa 37 Proben gegossen, bis ich eine Palette zusammen hatte, mit der ich zufrieden war. Neben den Farbproben mit Pigmenten, Erden und Sanden versuchte ich auch, unterschiedliche organische Zuschläge zu testen.

Neben Stroh, Rindenmulch und Bambus habe ich dabei auch mit Laub und Kies experi-

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VI

Entwurf Darstellung in Grundriss, Schnitt und Visualisierung

1

Entschleunigen

Der Zoobesucher kann das neue Affengelände nur über einen Eingang betreten, der ihn auf einem festgelegten Pfad durch das Gelände führt. Der Weg durchläuft dabei eine subtile Transformation, und der Besucher erlebt eine dramaturgische Abfolge von Raumsituationen, die ihn schrittweise - tatsächlich und im übertragenen Sinne - dem Tier näher bringt.

Die Ankunftszone ist ein großzügiger Vorplatz, der die Eigenständigkeit des Primatengeländes verdeutlicht und eine Schwelle darstellt, die der Besucher übertreten muss. Sie besteht aus mehreren sich überlagernden Bereichen, die den Menschen unter dem Gorillahaus hindurch in das Gelände führen. Zunächst wird auf dem Kiesvorplatz ein „Teppich“ aus Beton ausgerollt, der den Besucher zum Eingang führt. Hierbei handelt es sich um eine glatte, orthogonale Bodenplatte. Diese führt unter ein großes, niedriges begehbares Dach, welches den Vorplatz dominiert. Aus dem Eingangsbereich ist nur die massive Brüstung aus gestocktem Beton erkennbar. Darüber sieht man Teile einer großen, gitterartigen zweiten Dachebene - das Schattendach, das dem Besucher mehrmals begegnen wird. In Anlehnung an afrikanische Ornamentik und die geflechtartigen Strukturen von Ästen oder Ranken, bietet diese Konstruktion aus Stahlrahmen, die mit Bambusstämmen belegt sind, angenehmen Halbschatten und fügt mit einer umarmenden Geste die verschiedenen Gebäude zu einer Einheit zusammen. Die großen Säulen, die sich durch Vordach und Schattendach ziehen und beide stützen, besitzen einen archaischen Betonfuß, der sich nach oben hin auflöst und fließend in das Geflecht aus Stahlrahmen übergeht. Zu beiden Seiten des glatten Betonweges windet sich eine Betonbrüstung, die sich mit dem Weg trifft und eine Brücke bildet. Hier wird der Eintretende über einen Wassergraben geleitet, der eine künstliche Abzweigung des Auermühlbachs darstellt und bei der Raumstruktur des Primatengeländes eine wichtige Rolle spielt. Das Wasser dient als zusätzliche Barriere, das Überschreiten einer Grenze soll hier sehr deutlich gemacht werden.

Der Vorplatz dient als Aufenthaltsraum, als Treffpunkt und Wartezone an Tagen mit hohem Besucherandrang. Hier kann die Anzahl der Besucher im Primatengelände von Tierparkangestellten an der Brücke dosiert werden. Da sich der Zoobesucher am Ende des Pfades auf dem Vordach befinden wird, sieht der Eintretende bereits das Ende der Entwicklung. Der erhöhte Punkt dient als Anreiz und symbolisiert zugleich die Transformation, die der Mensch gemeinsam mit dem Pfad durchmachen soll. Denn während auf dem Vorplatz selbst der Beton noch glatt verarbeitet ist, sieht man an dem Vordach das Resultat der Reise, den gestockten Beton, dessen Oberfläche bearbeitet und geöffnet wurde.

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2

Orientieren

Sobald der Weg auf dem Vorplatz den Besucher in das Gorillahaus geführt hat, befindet er sich in einer anderen Welt. Tatsächlich führt der Weg unter dem Gorillahaus hindurch, sodass der Mensch keinen Einblick in das erste Gebäude hat. Es erstreckt sich ein langer Gang, der in einem Wechsel aus Rampen und Zwischenpodesten abfällt. Die Decke des Ganges sinkt jedoch in einem steileren Winkel als der Boden, sodass der Gang zum Ende hin einen Meter niedriger ist als zu Beginn. Die Wände des Tunnels sind, wie schon die Fassade des Gorillahauses, aus Beton gegossen, der schichtweise in die Schalung eingebracht wurde, ähnlich wie Stampfbeton. Die verschiedenen Schüttungen des Betons sind durch unterschiedliche Zuschläge wie Erden und Farbpigmente in leicht changierenden Braun- und Ockertönen ausgeführt, die an afrikanische Erde und die traditionelle Lehmbauweise erinnern. Gleichzeitig entsteht durch die Schichten der Eindruck von Sedimenten des Erdbodens, sodass das Gefühl des „Unter-die-Erde-Gehens“ verstärkt wird. Die glatten, hellgrauen Beton-Handläufe der Brücke versinken im Laufe des Tunnels im Boden, um die niedriger werdende Decke zu unterstreichen. Zwischen den Handläufen und der geschichteten Wand befindet sich eine indirekte Beleuchtung, die einzige künstliche Lichtquelle in dem langen und dunkleren Gang. Die indirekte Beleuchtung hebt die rauere Struktur der geschichteten Betonwand im Gegensatz zu dem glatten Boden hervor.

Auf halbem Weg des Tunnels befindet sich das einzige fensterartige Element, ein rundes Oberlicht, das eine Verbindung zum Inneren des Affenhauses darstellt. Hier haben die Gorillas, die das darüberliegende Haus bewohnen, die Möglichkeit, die Menschen unter ihnen zu beobachten, falls sie sich dafür interessieren. Ob den Besuchern auffällt, wenn sie von oben beobachtet werden, bleibt offen. Das Oberlicht hat dabei praktische sowie symbolische Funktion. Einerseits entsteht dadurch eine Lichtfläche in der Mitte des Ganges, damit es nicht zu dunkel wird. Andererseits wird gleich zu Beginn des Pfades deutlich gemacht, dass es in dieser Anlage zuerst um das Interesse der Tiere geht, dann um das der Menschen.

Deshalb muss der Besucher bei Betreten des Geländes den Kopf einziehen, wenn die Decke niedriger wird, und er ist es auch, der beobachtet werden kann. Ein Rollentausch.

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Lauschen

Wenn der Besucher aus dem niedrigen Gang wieder ins Freie tritt, befindet er sich in einem Canyon. Die Wand aus in Schichten aufgetragenem Beton streckt sich jetzt zu beiden Seiten des glatten Betonweges vier Meter in die Höhe. In großen Kurven windet sich der Weg davon und das Ziel entzieht sich dem Blick des Zoobesuchers. In der Systematik des Hidden Scripts befinden wir uns jetzt bei Schritt drei - wir hören im Dschungel die Geräusche, die uns auf die Anwesenheit der Tiere aufmerksam machen. Im Begegnungspfad hat der Besucher nun also die Möglichkeit, die Affen mit dem Hörsinn wahrzunehmen.

Dazu befinden sich in der Wand des Canyons zu beiden Seiten des Weges große kreisrunde Höhlen, in die auch ein Erwachsener hineinkriechen kann. Die Eingänge zu den Höhlen sind mit einem Ring aus Bambusholz eingefasst. Ein Vorhang aus groben Hanfseilen dient als Sichtschutz und verschattet das Innere der Höhle. Die Horchhöhlen selbst sind im Inneren mit Lehm ausgekleidet, der in händischer Pisé-Technik glatt gestrichen wurde. Wenn man sich in eine Höhle hineinlegt und den erdigen Geruch und die schattige Dunkelheit genießt, hört man je nach Höhle die Geräusche verschiedener Affenarten zu unterschiedlichen Tageszeiten und Gruppenaktivitäten. Der Besucher hat die Möglichkeit, für sich zurückgezogen dieser fremden Sprache zu lauschen. Die Kraft der Tierlaute ruft die unterschiedlichsten Gefühle und Assoziationen hervor. Es besteht die Möglichkeit, länger in einer Höhle zu verweilen und die fast meditative Stimmung zu genießen oder von Höhle zu Höhle zu laufen und zu versuchen, die Unterschiede der Affenlaute festzustellen. Hier soll der Besucher angehalten werden, Zeit zu verbringen, um sich auf die Tiere einzustellen bevor er sie sehen kann. Wenn der Zoobesucher sich wieder auf den Weg macht, führt ihn der Canyon langsam wieder bergauf. Die Handläufe aus glattem Beton steigen stetig wieder zu beiden Seiten des Weges empor und die Wände des Canyons werden niedriger. Und allmählich verändert sich im Lauf des Weges auch die Beschaffenheit des glatten Bodens und der Handläufe - der Beton wird gröber.

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Beobachten aus der Ferne

Auch, wennn die Wände zu beiden Seiten des Pfades erst langsam niedrig genug werden, um darüberzusehen, gibt es - vor allem für Kinder - schon voher die Möglichkeit, zum ersten Mal im Affengelände nach Tieren zu suchen. Dazu befinden sich runde Guckfenster in den Seitenwänden, die sich in Größe und Typologie aus den Höhleneingängen des Canyons entwickelt haben. Es sind Nischen, die - versehen mit einer Sicherheitsglasscheibe - vereinzelte Einblicke gewähren. Sie machen neugierig, bieten aber nur eingeschränkte Sicht. Sobald die Betonbrüstung sich wieder auf normaler Höhe befindet und die Wand des Canyons verschwunden ist, erhebt sich der Weg als eine große Brücke über einen weiteren Wasserlauf. Hier fließt der Seitenarm des Auermühlbachs wieder zurück, heraus aus dem Gelände. Über den Köpfen der Besucher beginnt nun das zweite Schattendach, das sich auf dem Gelände befindet. Es markiert einen Aufenthaltsbereich mit Aussicht auf dem höchsten Punkt des Hügels und führt den Besucher am Schimpansenhaus vorbei weiter in Richtung Trampelpfad. „Beobachten aus der Ferne“ ist das Thema dieses Bereiches, und zu beiden Seiten des Weges ergeben sich Einblicke aus erhöhter Position auf die Freigehege der Primaten.

Da hier die Gehege der Affen angeordnet sind, die besonders gerne Klettern und sich auf Bäumen aufhalten, befindet sich der Besucher auf Augenhöhe mit den höchsten Teilen des Klettergerüsts. Im Sommer lässt es sich hier aufgrund des Halbschattens gut aushalten. Befinden sich keine Schimpansen oder Blaumaulmeerkatzen im Freigelände oder ist es draußen schlichtweg zu kalt für die Affen, bietet sich hier auch erstmalig die Möglichkeit, Einblicke in das Affenhaus zu erhaschen. Grundsätzlich können die Häuser an keiner Stelle des Geländes direkt von Besuchern betreten werden, aber es gibt unterschiedliche Möglichkeiten des Einblicks. Hier über ein großes Fenster, vor dem sich aber ein Pflanzbereich mit hohen Gräsern befindet. Will der Besucher hineinschauen, muss er mit den Händen die Gräser beiseitebiegen und hindurchlinsen - so, wie es auch im Hidden Script des Dschungels passiert ist. Durch diese gestalterische Geste soll der Einblick in das Gehge nicht für selbstverständlich gehalten werden - der Besucher muss sich aktiv Sicht verschaffen.

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Anschleichen

Bevor der Pfad den Hügel wieder hinunterführt, findet sich auf der anderen Seite des Schimpansen- und Blaumaulmeerkatzenhauses bereits die erste der drei Stationen des nächsten Abschnittes. Unter dem Motto „Anschleichen“ geht es um das Beobachten aus verschiedenen Perspektiven und Situationen, aber noch nicht um eine direkte Gegenüberstellung. Zunächst gibt es zweimal die Möglichkeit, einen Beobachtungstunnel zu betreten, der einem besonders individuelle und nahe Einblicke ermöglicht. Hierbei handelt es sich um einen im Schnitt quadratischen Betongang, dessen Schalung im Inneren aus Bambusstämmen besteht. Die Stämme verbleiben im Tunnel, sodass das Betreten durch die Unebenheit von Boden, Wand und Decke erschwert ist. Wer den Tunnel betreten will, muss sich bücken, klettern, muss sich zum Ausbalancieren mit den Händen festhalten.

Dieser Bereich ist der einzige nicht barrierefreie Teil des Begegnungspfades, denn hier soll am stärksten die physische Veränderung des neugierigen Besuchers bewirkt werden. Wer das Ende des kurzen Tunnels erreicht und so alleine einen besonders nahen Einblick in das Schimpansenhaus erhält, befindet sich selbst gebückt und in der Hocke und tut es somit ganz unfreiwillig den Affen gleich.

Nach den Beobachtungstunneln verändert sich plötzlich der Bodenbelag, und die Bodenplatte aus Beton, die im Verlauf gröber geworden war, löst sich auf zu einem Kiesweg, der schließlich in einen Trampelpfad aus befestigtem Erdboden mündet. Der Besucher ist nun umgeben von einem dichten Bambushain, der den bis hierhin streng geometrischen Weg in einen organischen Verlauf bringt. Im Bambusdickicht befindet sich nun eine Abgrenzung aus vier Meter hohen Sicherheitsglasscheiben, die zwischen mit Punktfundamenten im Boden verankerten Stahlstützen befestigt sind. Neben Lücken im Bambusbewuchs, die Nischen mit kleinen Beobachtungsmöglichkeiten generieren, gibt es zwei weitere Stationen, die Einblicke in die Gehege jenseits der grünen Wand ermöglichen: Der Beobachtungsgraben und die Beobachtungswarte. Beim Beobachtungsgraben führt eine Rampe vom Weg abwärts, bis der Zoobesucher sich mit den Augen auf Bodenniveau befindet. Ein Raum, dessen Wände aus mit Bambusstämmen geschaltem Beton bestehen, verfügt über ein breites Fensterband, das ein Beobachten aus dem Versteck heraus ermöglicht. Für Kinder gibt es die Möglichkeit einer erhöhten Trittstufe vor dem Fenster, damit sie auch alles sehen können, was es zu entdecken gibt. Im Blickfeld des Beobachtungsgrabens befindet sich eine Futterstelle der Schimpansen, sodass die Wahrscheinlichkeit spannender Beobachtungen steigt. Die Beobachtungswarte schließlich befindet sich am Ende des Trampelpfades und ermöglicht auf sehr ungewöhnliche Weise das heimliche Beobachten der Mandrills.

In einem höhlenartigen Gang, der weit unter das Terrain der Mandrillaffen führt, befindet sich ein Raum mit Periskopen in verschiedenen Höhen. Diese technischen Hilfsmittel, die aus der Unterseefahrt bekannt sind, ermöglichen durch eine Kombination von Spiegeln und Linsen das unverzerrte Beobachten des Geschehens über Kopf. Der Besucher hat so die Möglichkeit, das Verhalten von Affen aus nächster Nähe zu sehen, die sich ungestört und unbeobachtet fühlen.

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Begegnung

Der Trampelpfad führt den Besucher über eine kleine Brücke zu einer Insel, die von beiden Seiten vom Bachlauf umspült wird. Nachdem sich der Bambushain gelichtet hat, wird der Weg wieder von Betonbrüstungen eingefasst, welche die Glaswände ablösen, die sich bis ins Wasser hinein ziehen. Während der Bodenbelag auch auf der künstlich angelegten Insel unbefestigt bleibt, beginnt die Brüstung langsam wieder den Rahmen des Menschlichen anzudeuten. Die Oberfläche ist jedoch leicht aufgeraut. In der Systematik des Hidden Scripts befinden wir uns nun bei der Begegnung. Nachdem der Besucher den Geräuschen der Affen gehorcht, sie aus der Ferne beobachtet und sich ihnen langsam aus Verstecken heraus beobachtend genähert hat, stellt die Insel nun die unmittelbare Transparenz und Konfrontation dar. In der Mitte mit einem erhöhten Pflanzbereich versehen, dessen Begrenzung als Sitzbank verwendet werden kann, hat man von hier aus in jede Richtung den Blick auf ein anderes Freigehege der Affen. Ob Gorilla, Schimpanse oder Mandrill - die Affen, die sich draußen aufhalten, können über einen Sicherheitsabstand und das trennende Wasserbecken hinweg beobachtet werden. Affen sind wasserscheu und betreten das Gewässer nicht. Sollten sie es dennoch tun, ist der Uferbereich gegen Ertrinken und Ausbrechen gesichert. Auf der Insel selbst spenden - wie bei den Affen auch - nur die Bäume Schatten.

Hier befindet sich der Mensch auf Höhe der Tiere, der Bodenbelag entspricht dem der Affen und die Beobachtung erfolgt in beide Richtungen. Jedoch ist - anders als in anderen Tierparks - nicht der Affe auf einer Insel umkreist von Menschen, sondern der Mensch inmitten eines Affenterritoriums.

Der Weg verlässt die Insel wieder und windet sich stetig auf der anderen Seite des Tales den Hügel empor. In diese Richtung befindet sich das Haus der Mandrills und Kattas (Lemuren) sowie die letzte Aussichtsplattform des Pfades - der Besucher hat nun schon den größten Teil des Weges zurückgelegt.

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Reflektieren

Nach Verlassen der Insel, die den Höhepunkt im dramaturgischen Ablauf darstellt, gibt es jedoch noch weitere Möglichkeiten, die Tiere zu beobachten - vor allem für den Fall, dass bei kaltem oder schlechtem Wetter der Blick auf die Freigehege keinen Sichtkontakt zu den Affen ermöglicht. Nun, da der Besucher an der Schwelle zwischen Mensch und Affe gewandelt ist und sich im Geiste, über das Material und räumlich den Tieren angenähert hat, werden ihm Einblicke in Form von „klassischen“ Sichtfenstern in das Haus von Mandrills und Kattas (Lemuren) gewährt. Es gibt hier keine Sichtbarriere mehr, dafür haben die Tiere durch trennende Innenwände in den Gebäuden die Möglichkeit, sich ein wenig zurückzuziehen. Dem Freigehege der Mandrills ist der Zoobesucher ja bereits begegnet, das Freigehege der Kattas liegt direkt vor ihm. Aufgrund ihrer Listigkeit und enormen Sprungkraft (ein ausgewachsener Katta kann aus dem Stand eine vier Meter hohe Mauer überwinden) ist es nicht möglich, ihr Freigehege mit Wänden oder Wassergräben einzugrenzen; vielmehr ist eine volierenartige Einhausung des gesamten Freigeheges aus einem feinen Drahtgewebe erforderlich. Das Besondere hierbei ist, dass es dem Besucher durch den Einsatz von Schleusen mit doppelten Türen an Ein- und Ausgang möglich gemacht werden kann, direkt durch das Gehege der Kattas hindurchzugehen. So löst sich die Schwelle zwischen Mensch und Tier auch räumlich vollständig auf. Dadurch, dass der Besucherweg nach wie vor von der Betonbrüstung eingefasst ist, werden die Gäste daran gehindert den Weg zu verlassen.

Die Kattas können sich, sofern sie das wollen, von den Menschen fernhalten - sie sind aber zutraulich genug, um vor den Zoobesuchern mal schnell über den Weg zu laufen. Diese Konzepte der begehbaren Kattagehege wurden schon in mehreren Zoos sowohl international als auch in Deutschland erprobt, sodass man bei der Planung auf Erfahrungswerte zurückgreifen kann.

Indem der Besucher dem Weg auf das Vordach folgt, überschreitet er erneut die Grenze aus Stützmauer und Fassade, die er schon bei Betreten des Geländes am Anfang des Pfades überschritten hat. Diesmal jedoch wird er beim Überschreiten der Grenze von Landschaft und Vegetation begleitet. Es ist fast so, als wäre das Vordach daraus entstanden, dass die Landschaft über die Stützmauer geschwappt ist. Der Bodenbelag hier ist wieder Kies, die Brüstung jedoch hat den gröbsten Zustand des Betons erreicht mithilfe eines Zuschlags von verschiedenfarbigem Kies sowie einer stark gestockten Oberfläche. Der Besucher befindet sich nun nicht mehr unter der glatten, niedrigen Unterseite des Vordaches sondern darauf, nun überdacht von der leicht wirkenden luftigen Schattendach-Konstruktion. Die Säulen haben sich von einem starren Betonkörper zu filigran wirkenden Stahlstützen hin entwickelt. Da sich der Zoobesucher mit dem Durchlaufen des Pfades - wie durch jede Erfahrung - verändert hat, und er sich geduldig Zeit genommen hat, um die Affen aus verschiedenen Perspektiven zu erleben, wird ihm jetzt als Abschiedsgeschenk noch ein letzter Blick zurück gewährt. Vom Vordach aus sieht man durch Sichtfenster von oben hinein in das Gorillahaus, unter dem jeder Eintretende zu Beginn des Pfades hindurchgelaufen ist. So

gilt der Leitsatz dieser Etappe, das „Reflektieren und Verstehen“, nicht nur im übertragenen Sinne, auch die Raumstruktur des Geländes erschließt sich dem Besucher erst auf dem Vordach, von wo er in beide Richtungen blicken kann - auf das Primatengelände und auf den Teil des Tierparks, der darum herum liegt. Er steht wörtlich an der Schwelle zwischen menschlichem und tierischem Bereich, über den Dingen. Diese architektonische Allegorie verdeutlicht, dass man Zusammenhänge nur verstehen kann, wenn man sich auf das Gegenüber einlässt und sowohl geduldig als auch rücksichtsvoll die Perspektive des Anderen einnimmt. Erst das ermöglicht, die Grenzen zwischen Räumen aufzulösen und alles mit Abstand zu betrachten.

Durch das mit grobem Putz weiß getünchte Haus in der Mitte von Vorplatz und Vordach geht es über eine barrierefreie Rampe zurück zum Ausgangspunkt. Hier verlässt der Besucher das Rampenhaus jedoch unauffällig über die Rückseite - eine räumliche Geste, um den ankommenden Zoobesuchern deutlicher zu machen, wo sich der Eingang befindet - indem der Ausgang versteckt liegt. Um für Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwägen den Rückweg über den Kies zu erleichtern, wird dieser mit Wabengittern gestützt. Dieser Eingriff ist nicht direkt sichtbar und verhindert das Versinken von Rädern im Kies. Mit dem Zurückkommen auf den Hauptweg des Tierparks verlässt der Besucher das Gelände und hat das Ende der Safari erreicht.

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Modell Umsetzung der Raumtypologie im Modell

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Fazit WeiterfĂźhrende Gedanken

Bauen für Tiere ist eine Herausforderung. Nicht nur, weil wir uns als Menschen in Wesen hineinversetzen müssen, deren Bedürfnisse wir nur erahnen können - in diesem Gebiet des Entwerfens gibt es eine große Zahl an ethischen Fragen. Die Mindestanforderungen für die Haltung eines Tieres werden in Deutschland gesetzlich streng geregelt, und selbst diese Regeln unterliegen ständiger Verbesserung und Optimierung. In unserem Land gibt es circa 700 Zoos und zooähnliche Einrichtungen, von denen viele mit den stetig wachsenden Anforderungen aufgrund ihrer geringen Größe schlichtweg nicht mehr mithalten können. Auch, wenn eine Schließung dieser Anlagen angemessen erscheint, muss man bedenken, dass dort viele Tiere schon mehrere Jahrzehnte leben (Gorillas beispielsweise können in menschlicher Obhut über fünfzig Jahre alt werden) und die Betreiber dieser kleineren Tierparks ihre Tiere womöglich immer nach bestem Wissen und Gewissen gehalten haben. Dann gibt es schließlich noch eine ganze Menge Menschen, deren Überzeugung es ist, dass Zoos verboten gehören und grundsätzlich abzulehnen sind. Ihre Argumente sind Verhaltensauffälligkeiten von Tieren in Gefangenschaft (zum Beispiel bei Eisbären) und die Auffassung, dass Wildtiere in einem so begrenzten Territorium niemals artgerecht gehalten werden können. Diesen nachvollziehbaren Argumenten muss man dann aber auch entgegenstellen, dass das Leben in freier Wildbahn für die Tiere ein täglicher harter Kampf ums Überleben ist, den die Tiere in menschlicher Gefangenschaft nicht führen müssen. Die Freiheit des Tieres wird von vielen Tierschützern zu einem romantischen Ideal übersteigert, das so nicht der Realität entspricht. Wenn man den Wildtieren vermitteln könnte, dass sie die Wahl haben zwischen einem unsicheren Leben mit viel Arbeit in Freiheit oder einem sicheren Dasein mit Vollversorgung in Unfreiheit, bin ich mir nicht sicher, ob sich alle Tiere für die Freiheit entscheiden würden. Wir Menschen haben unsere persönliche Freiheit ja auch aufgegeben bzw. eingeschränkt, um die Sicherheit einer Zivilgesellschaft haben zu können. Vermutlich bedeutet der Freiheitsbegriff den Tieren nicht so viel wie uns Menschen - ob sie sich darüber Gedanken machen, wissen wir nicht. Darum sollten wir nicht unsere Vorstellungen direkt auf die Tiere projizieren, sondern uns stattdessen um gesunde Zootiere mit guten sozialen Beziehungen und einem positiven Verhalten bemühen. Wie wird das erreicht? Durch professionelle, hingebungsvolle Pflege von geschultem Personal, die eine persönliche Bindung zu den Tieren aufbauen, sowie durch ein Umfeld, welches den Tieren einen möglichst großzügigen, vielseitigen und arttypischen Lebensraum ermöglicht.

In meinem Projekt sollte es aber vordergründig nicht um eine Verbesserung der Haltung und der Abläufe hinter den Kulissen gehen - denn um diese Prozesse, die ohnehin schon sehr gut abgestimmt sind, noch zu optimieren, benötigt man eine hohe Expertise. Vielmehr beschäftigte mich die Kommunikation der Anlage mit dem Besucher, die Außenwirkung der Gebäude und das Raumprogramm eines solchen Ortes. Wie wird man als Mensch an die Tiere herangeführt? Wie viel Rückzugsfläche wird den Tieren gewährt? Wann entstehen welche Blickbeziehungen? Das waren einige der Fragestellungen, die mich umtrieben. Nach meiner anfänglichen Recherche zu zoologischer Architektur von ihrem Beginn im späten 19. Jahrhundert bis heute stellte ich fest, dass es gerade dieses Raumprogramm ist, welches das größte Defizit fast aller Zoogebäude darstellt. Der gesamte Aufwand wird in das Bemühen gesteckt, exotische Orte zu kreieren, in denen die Besucher den Anblick der Tiere genießen und ihre Sorgen vergessen können. „Aus einer paradiesischen Kulisse im Gehege schließen die Besucher immer, dass es den Tieren gut geht, da sie die Qualität der Haltung im täglichen Umgang ja kaum selbst beurteilen können“, sagte mir ein Tierpfleger vor Ort. Dabei wird aber das Tier selbst schon fast Beiwerk zur Kulisse, die Verfügbarkeit des Tieres 200

um den Wunsch des Menschen zu erfüllen, dieses zu Beobachten, wird zur Selbstverständlichkeit. Das Degradieren des Tieres zum kommerziellen Produkt geschieht schon an sehr vielen Stellen im Tierpark. Tür auf ins Affenhaus, ach schau mal da sitzten sie, Tür zu und weiter zum nächsten Tier, denn es gilt ja alle zu sehen. An dieser Stelle wollte ich ansetzen. Ist es möglich durch das Raumprogramm und die Wirkung der Architektur dieses Verhältnis zu verbessern und eine tiefgründigere Botschaft zu vermitteln? Ich glaube ja. Aus diesem Grund entwickelte ich eine architektonische Dramaturgie, die sich direkt am realen Erlebnis mit einem Wildtier orientiert. Hier soll der Besucher schrittweise an die Primaten herangeführt und seine Empathie und Empfindsamkeit sollen über verschiedene Sinnesreize geweckt werden. Im Resultat habe ich sieben Stufen der Annäherung entwickelt, die in meinen ausgearbeiteten Raumstrukturen sichtbar sind, die aber auch bei anderen Tierarten oder Gehegeformen angewendet werden können. Ich bin sehr zufrieden damit, dass ich es geschafft habe, die Flächenbilanz in meinem beispielhaften Entwurf gegenüber der Ausgangslage deutlich zu verbessern. Bei gleichbleibenden funktionalen Flächen für Besucher und Pfleger habe ich trotz vieler Grünanlagen die Fläche, die den Affen direkt zugänglich gemacht werden kann, mehr als verdoppelt. Dafür sorgt vor allem ein Generalplan mit wenig doppelten Flächen und parallel verlaufenden Wegen sowie der Verzicht auf dekorative Pflanzbereiche zur Ausschmückung der Kulisse. Nun hat jede Bepflanzung auch eine räumliche Funktion, etwa als Sichtschutz.

Trotzdem sind natürlich ein paar Fragen auf der Strecke geblieben. Zum einen war die Projektzeit von zwölf Wochen für die Ausarbeitung einiger Details schlichtweg nicht ausreichend, zum anderen gibt es Probleme, deren Beantwortung gar nicht möglich ist.

Was ich aber geschafft habe ist es, einen Beitrag zur Architekturdiskussion „Zoo“ zu leisten.

Wie Natascha Meuser in ihrem Buch „Architektur im Zoo - Geschichte einer Bautypologie“ feststellt, fehlt eine fachlich-gestalterische Debatte in diesem Bereich nahezu vollständig, was sich negativ auf die Qualität der Bauwerke und den verantwortungsbewussten Umgang mit diesem Themenkomplex auswirkt. Es gilt in Zukunft neue Wege zu entwickeln und sich dabei als Vorbild nicht an dem rein kommerziellen Freizeitpark zu orientieren, wie es bereits geschieht. Auch wenn Tierparks Privatunternehmen sind, die Gewinn erwirtschaften müssen, und dieser Gewinn von der Gunst der Besucher abhängt, so haben die darin lebenden Tiere ein Recht darauf, nicht zum Konsumgut degradiert zu werden. Hier sollten die Zooleitungen Haltung einnehmen und die Bedingungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Tieren vorgeben, anstatt sich willenlos den Wünschen des Konsumenten anzupassen. Denn nur wenn Parkverwaltung, Pfleger und Planer gemeinsam neue Konzepte für zoologische Anlagen entwickeln, dann kann gute Architektur für Tiere gebaut werden.

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Tiergehege Besucherbereich Pflegerbereich Wassergräben Vegetation

Flächenbilanz in der Bestandsanlage des Tierparks Hellabrunn „Welt der Affen“. Die jeweils helleren Bereiche stellen die Flächen im Inneren dar, im Gegensatz zu den Außenflächen.

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Tiergehege Besucherbereich Pflegerbereich Wassergräben Vegetation

Flächenbilanz meines Entwurfs „Begegnungspfad Primaten Afrikas“. Bearbeitet wurden 17.000 m² Fläche, was ungefähr zwei Drittel der jetzigen „Welt der Affen“ entspricht.

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Literaturverzeichnis „Architektur im Zoo - Theorie und Geschichte einer Bautypologie“, Natascha Meuser, DOM publishers, 2017 „Architektur und Zoologie: Quellentexte zur Zooarchitektur“, Natascha Meuser, DOM publischers, 2017 „Nilpferde an der Isar: eine Geschichte des Tierparks Hellabrunn in München“, Michael Kamp, Buchendorfer Verlag, 2000 „Geschichte und Geschichten des Münchner Tierparks“, Helmut Zedelmaier und Michael Kamp, Bassermann Verlag, 2011

Bildquellenverzeichnis S. 17, Abbildung 1, 3 & 4 aus „Architektur im Zoo - Geschichte einer Bautypologie“, Natascha Meuser, DOM publishers, 2017 S. 17, Abbildung 2 - Website des Tierparks Hellabrunn S. 25, Abbildung 1 & 2 - Website des Tierparks Hellabrunn S. 29, Abbildung 1 - Atelier Frei Otto Warmbronn S. 29, Abbildung 2 aus „DETAIL 3/1985“ S. 29, Abbildung 3 - Website des BDA Bayern S. 33, Abbildung 1 - Est-Architekt, blogspot.de S. 44, Abbildung 1 & 2 aus „Architektur im Zoo - Geschichte einer Bautypologie“, Natascha Meuser, DOM publishers, 2017 S. 45 - S. 55, Abbildungen aus „Architektur im Zoo - Geschichte einer Bautypologie“, Natascha Meuser, DOM publishers, 2017 S. 59, Abbildung - Website des Tierparks Hellabrunn S. 67, Abbildung 1 - Shutterstock.com S. 67, Abbildung 2 - Inhabitat.com S. 67, Abbildung 3 - Vaitare Noah, Pinterest.com S. 67, Abbildung 4 - Marc Müller, Hellabrunn S. 67, Abbildung 5 - Robertodemicheli.com S. 82, Abbildung - Unbounce.com S. 84, Abbildung - Rhondalutz3, Pinterest.de S. 86, Abbildung - Myself.de

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