bfg München Tätigkeitsbericht 2020

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Themen

Abschaffung der Staatsleistungen Es kann nicht sein, dass die beiden großen Kirchen auch in Zeiten der Corona-Krise weiterhin für den Verlust ihrer Besitztümer und Kirchengüter zur Zeit der Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts die Hand aufhalten. Der aktuelle Gesetzentwurf der Oppositionsparteien im Bundestag garantiert den Kirchen eine hohe Ablösesumme zu Lasten der Steuerzahlerinnen und -zahler. Gerade angesichts einer enormen Staatsverschuldung aufgrund der staatlichen Corona-Rettungsschirme ist es nicht weiter zumutbar, dass die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik immer noch dafür zahlen sollen, was vor 200 Jahren „Thron und Altar“ unter sich ausgemacht haben. Eine Ablösung der Staatsleistungen bzw. ein Ende der Zahlungen ist dringend geboten. Selbst wenn man die Meinung vertritt, dass es sich bei den Staatsleistungen um Entschädigungszahlungen aufgrund der Inbesitznahme geistlicher Territorien und der Einziehung von Kirchengütern handelt, nach über 200 Jahren sind diese Verpflichtungen längst und um ein Mehrfaches abgegolten. 2020 zahlt der Freistaat Bayern an die katholische und evangelische Kirche ca. 100 Millionen Euro, für ganz Deutschland belaufen sich die staatlichen Zuwendungen auf 570 Millionen Euro. Seit 1949 haben die Kirchen ca. 19 Milliarden Euro an historischen Staatsleistungen erhalten, in Bayern sind es ungefähr vier Milliarden Euro. Das belegen die Recherchen der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union. Welche Summen zwischen 1803 und 1949 geflossen sind, darüber gibt es keine genauen Zahlen. Bei den historischen Staatsleistungen geht es nicht um Zahlungen des Staates, die z.B. für den Betrieb von Kindergärten, Krankenhäusern, Pflege- und Seniorenheimen an Caritas oder Diakonie geleistet werden, sondern sie stehen den Kirchen ohne Zweckbindung zur freien Verfügung. So verwendet beispielsweise die katholische Kirche in Bayern einen Großteil der Gelder für das Personal der bayerischen Erzdiözesen - einschließlich der Jahres-

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renten für Erzbischöfe und Bischöfe -, für die Besoldung der Seelsorgegeistlichen sowie für Pensionen. Bezahlt wird dies von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, auch von den konfessionsfreien, obwohl die katholische und evangelische Kirche im Jahr 2019 in Deutschland allein über die Kirchensteuer ein Rekordergebnis von 12,7 Milliarden Euro erzielt haben. Dazu kommt das Vermögen der Kirchen in Deutschland, das auf mehrere hundert Milliarden Euro geschätzt wird. Die historischen Staatsleistungen gehen auf die Säkularisation zur Zeit der napoleonischen Kriege Anfang des 19. Jahrhunderts zurück. Durch den „Reichsdeputationshauptschluss“ von 1803 wurden die geistlichen Territorien und Kirchengüter des „Heiligen Römischen Reichs“ säkularisiert, das heißt, sie wurden der Hoheit der größeren weltlichen Landesfürsten unterstellt. Neben Preußen, Württemberg oder Baden profitierte davon vor allem auch das damalige Kurfürstentum Bayern. So hatte sich dessen Staatsgebiet bis 1815 unter anderem um geistliche Territorien wie die Fürstbistümer Passau, Eichstätt, Augsburg, Freising, Bamberg und Würzburg erweitert. Bayern hatte aber nicht nur territoriale Zugewinne, auch innerhalb des Kurfürstentums wurden fast alle Klöster aufgelöst und der Grundbesitz auf den Staat übertragen. Im Reichsdeputationshauptschluss wurde auch festgestellt, dass fortan die neuen Landesherren, Aufgaben der Kirchen zu übernehmen bzw. zu bezahlen haben, z.B. die Gehälter der Bischöfe, Vikare, Pfarrer etc., Verwaltungs- und Unterrichtskosten, aber auch die Pensionen für die ehemaligen geistlichen Landesherren,


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