BRAUWELT | START-UP-TOUR
Brauhandwerk ist wieder gefragt BERLIN & CRAFT BIER | Die Hauptstadt gilt als Brutstätte für
Innovationen. Man spricht von über 3000 Start-ups nationaler und internationaler Gründer, die die einheimische Szene beeinflussen. Berlin gilt auch als Mekka der deutschen Craft Bier-Bewegung, die sehr stark von den USA inspiriert ist. Über 15 kleine bzw. Kleinstbrauereien kreieren hier aktuell unterschiedliche BierInnovationen. Craft Bier-Pubs, -Shops und -Events entstehen überall in der Stadt. DIE NACHFRAGE steigt und Gastronomie und Handel reagieren mit Sonderplatzierungen. „Die zahlreichen nationalen und internationalen Gäste, die wir wöchentlich durch Berlin führen, haben ein RiesenInteresse an der Berliner Craft Bier- und Food-Szene und zeigen sich begeistert von der Vielfalt der Biere sowie der Leidenschaft der Menschen, die hinter diesen Bier- und Gastro-Konzepten stehen“, so Dr. Bastian Schwithal, Inhaber von Berlin Food Tour. lTestgelände Berlin Audi präsentiert in Berlin den ersten Automobil-Cyber-Store, die ersten Hotels für Veganer sind eröffnet und die Gastronomieszene setzt mit eigenen Erlebniswelten Akzente. Einheimische und Gäste sind zunehmend bereit, für gutes Essen und gute Getränke auch mehr zu bezahlen, wenn die Angebote authentisch und die Produkte hochwertig sind.
Eine der ersten Craft-Brauereien Deutschlands, das Brauhaus Lemke, existiert seit 1999 in Berlin. Oli Lemke hat sein BWL-Studium abgebrochen, um danach Brauerei- und Getränketechnologie an der TU Berlin zu studieren. Bereits während des Studiums beschließt er, eine eigene Brauerei zu gründen. Dafür hat er Erfahrungen rund um den Globus gesammelt, hat in venezolanischen Großbetrieben gearbeitet und in Japan komplette Brauereien gebaut. Mit diesem Erfahrungsschatz im Gepäck bastelte er in der Garage eines Freundes 1998 in Berlin die erste eigene Brauanlage zusammen. „Ich konnte schon im Studium nicht verste-
hen, warum wir in Deutschland, dem Land des Bieres, nur 10 bis 15 Bierstile haben, obwohl es weltweit über 150 Hopfensorten gibt“, erklärt Lemke. Er warnt aber gleichzeitig vor Geschmacksverirrungen bei der Konzeption von Craft Bier, deren Anzahl auch in Deutschland wächst: „Nicht alles, was anders ist, ist geil. Nur erfahrene Brauer können auch langfristig qualitativ hochwertige Biere entwickeln“. Das wachsende Interesse am Craft Bier und die Präsentation in der breiten Öffentlichkeit durch die Medien verändert die Einstellung zum Bier. Vorbei scheint die Zeit der Sauftouren durch die Stadt, vielmehr wird der „Neuland Bio Burger“ mit einem gezielt ausgewählten und gern vorab verkosteten Pale Ale oder Lager genossen. Oli Lemke sieht darin auch die größte Chance für die Braubranche: „Wir machen Biere, die einzigartig sind, und stellen das Produkt wieder in den Vordergrund.“ Er ist sicher, dass in den nächsten Jahren neben der Weinkarte auch eine Bierkarte gereicht wird.
lFaire Partnerschaften Katharina Kurz, Geschäftsführerin der Braukunst Berlin GmbH, Berlin, und ihre
Autor: Volker Zanetti, Start-up- und Innovations-Trendscout und Veranstalter / Co-Founder und Inhaber von kindai:projects, Berlin Gründete eine der ersten Craft-Brauereien Deutschlands: Oliver Lemke (li.)
190 BRAUWELT | NR. 7 (2016)