0381 – dein StadtKulturMagazin für Rostock und Umgebung November 2019

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Der Weg durch den „Garten der Lüste“ Die Tanzcompagnie des Volkstheaters bringt Hieronymus Boschs Gemälde als multimediales Gesamtkunstwerk auf die Bühne – Premiere ist am 2. November.

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as schwindelerregende „Gewusel“ in Hieronymus Boschs Triptychon fasziniert die Menschheit seit Jahrhunderten. „Der Garten der Lüste“ kann wohl als das älteste Wimmelbild überhaupt bezeichnet werden. Bei der neuen Tanztheaterpremiere am Volkstheater steht dieses Werk aus dem späten Mittelalter im Zentrum. Doch wie kommt man dazu, ein Bild zu vertanzen? Katja Taranu, Leiterin der Tanzcompagnie, ging es bei dem neuen Stück eigentlich um das Miteinander von Mann und Frau. „Dabei wollte ich aber weg von dem heute medial so präsenten Beziehungsbild. Also musste was Altes her. Wie alt? Ganz alt! Meine ersten Gedanken begannen bei ‚Adam und Eva‘ und landeten bei Hieronymus Bosch und ‚Der Garten der Lüste‘“. Zusammen mit Ausstatter Robert Schrag sowie Tänzerin und Choreografin Hung-Wen Mischnick entwickelte sie eine vierteilige Inszenierung. Diese beginnt, dem Menschen ganz nah und im Zentrum des Triptychons, auf der Erde, führt dann durch die Hölle zum Himmel und endet auf dem Weg ins Paradies.

Der Weg durch das „Gewusel“ auf dem Erdenbild beginnt bei einer überdimensionalen Muschel. „Muscheln produzieren Perlen, die überall im Bild zu finden sind – kleine Perlen in den Früchten, wie Himbeeren, Brombeeren und Erdbeeren, aber auch sehr viel größere Perlen in den verschiedenen Kugeln und Sphären, die Bosch in sein Bild integriert hat“, erklärt die Choreografin ihre Herangehensweise. Im Weitergehen begegnet die Betrachterin bzw. der Betrachter fantasievollen Charakteren wie der Glaskugelfrau und dem Entenfisch. Doch auch andere, bekanntere Kreaturen, wie Giraffen, Blumen und Vögel, werden zu Bühnenfiguren. Um all diesen Gestalten eine Form zu geben, bedarf es einer sehr engen Zusammenarbeit der Gewerke. So mussten zunächst einmal Gerüste gefertigt werden für die Kostüme und Masken, die Robert Schrag entworfen hat. Die Theatermaler und -plastiker waren dafür in ihrem ganzen Können gefordert, bevor die Schneiderinnen und Maskenbildnerinnen mit ihrer Arbeit beginnen konnten.

„Das Bild ist wie gemacht für den Tanz. Man sieht sofort, dass die Figuren nie wirklich stehen, sondern immer in Bewegung sind“, betont Katja Taranu begeistert. Sogar die passende Musik wurde darin verarbeitet. Folgt man dem Weg durch das Gemälde, so landet man auch mal in der Hölle. Eine der dort gequälten Seelen trägt Notenzeilen auf dem Hintern, die sich im Internet schnell als „Bosch’s Butt-Song“ verbreitet haben. Diese Zeilen hat Jan Paul Werge, der mehrere Musiken für diese Produktion komponiert hat, in eine Titelmelodie verwandelt, die sich durch alle Teile zieht. „Garten der Lüste“ ist so in gewisser Weise auch zu einem multimedialen Projekt geworden. Neben Musik und Tanz kommen Videoprojektionen und auch gesprochene Texte zur Geltung. Unterstützung erhält die Tanzcompagnie dabei von fünf DarstellerInnen der Theatergruppe „Freigeister“, die in Boschs fantasievolle Charaktere schlüpfen und Texte unter anderem aus dem „Narrenschiff“ von Sebastian Brant rezitieren. So entsteht ein außergewöhnliches Kaleidoskop an Eindrücken – nicht nur für Tanz-Fans.

Premiere „Der Garten der Lüste“ · 02.11.2019 · 19.30 Uhr · Großes Haus Ein Klassiker der Kunstgeschichte: „Der Garten der Lüste“ des niederländischen Malers Hieronymus Bosch (1450–1516) wurde schon tausende Male reproduziert. Das Original ist in Madrid, im Prado, zu sehen.

LOOKING FOR FREEDOM – Der Soundtrack unseres Lebens: Ein Rechercheprojekt von Dorothea Schroeder, Franziska Betz, Telse Hand und Ensemble im Rahmen von „Das Land dazwischen“, einer Partnerschaft zwischen AKA:NYX, Mecklenburgischem Staatstheater und Volkstheater Rostock, gefördert im Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes


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