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ZKO-Festival: Planet Bach

GEORG PHILIPP TELEMANN

HENRY PURCELL P HILIPP EMANUEL BACH L R C A

PLANET BACH

SATELLITEN UMKREISEN BACHS ITALIENISCHES VIOLINKONZERT

TEXT CORINNE HOLTZ

Meine erste Schallplatte, abgespielt auf einem LencoPlattenspieler von Ex Libris, wehte die beiden Violinkonzerte von Bach in mein winziges Zimmer, das Hoheitsgebiet einer Achtjährigen. Ausgestattet mit Kajütenbett und Pult, in der Nische ein Büchergestell, dazwischen ein Notenständer und später mein erster Geigenkasten. Diese Platte war der Grund, warum ich Geige lernen wollte. Endlich erlöst vom Blockflötenunterricht in einer von der Religionslehrerin gebändigten Truppe. Bach drang in mein Ohr und stürzte in mein Leben.

Wie ist Ihre Geschichte mit Johann Sebastian Bach? Er muss auch ein vorzüglicher Geiger gewesen sein, vermutlich früh angeleitet durch seinen Vater Johann Ambrosius, den Direktor der Eisenacher Ratsmusik. Sohn Carl Philipp Emanuel bezeugt, Bach habe «in seiner Jugend bis zum ziemlich herannahenden Alter die Violine rein und durchdringend» gespielt «und hielt dadurch das Orchester in einer grösseren Ordnung, als er es mit dem Flügel hätte ausrichten können.»

Das könnte heissen: Bach trat auch ausserhalb der Familie als Zuchtmeister auf. Mit dem «Collegium Musicum» führte er im Zeitraum 1729/30 nebst Cembalokonzerten und Orchestersuiten auch das Violinkonzert a-Moll BWV 1041 in Leipzig auf, ein handschriftlich überlieferter Stimmensatz zeugt davon. Ob Bach den Solopart spielte und gleichzeitig das Orchester leitete oder diese Funktion vom Cembalo aus wahrnahm, ist nicht belegt.

Das a-Moll-Konzert verdanken wir einem Schlüsselereignis. Antonio Vivaldi veröffentlichte 1711 in Amsterdam seine bahnbrechenden Konzerte op. 3 unter dem Titel L’estro armonico. Bach könnte in der Bibliothek des reisefreudigen Prinzen Johann Ernst in Weimar Vivaldis Partituren studiert haben. Jedenfalls bearbeitete Bach Vivaldis op. 3 und transformierte die Neuerungen in eigene Instrumentalkonzerte. Im a-Moll-Konzert erprobt Bach im ersten Satz das eingängige Verfahren des Ritornells (Kehrreim) und vermählt die Spielfreude im dritten Satz mit fugisch aufgeladenen Passagen.

Rund um dieses berühmte Violinkonzert, das Bach für so substanziell hielt, dass er es für die Auftritte seiner Söhne zu einem Cembalokonzert umarbeitete, nehmen besondere Komponisten und Tonarten Platz. Sohn Carl Philipp Emanuel, zu Lebzeiten als der «grosse», weil moderne Bach geltend, steuert zwei seiner Sturm-und-Drang-Sinfonien bei. Die B-Dur, als eine von sechs Streichersinfonien im Auftrag von Gottfried van Swieten komponiert, eröffnet den Abend. Dann tritt Carl Philipp Emanuels Pate, Georg Philipp Telemann, mit der Fantasia A-Dur für Cembalo ins Licht und meldet sich nach Henry Purcell und Vater Bach mit einer weiteren Fantasia in C-Dur zurück. Patensohn Carl Philipp Emanuel beschliesst mit einer weiteren Streichersinfonie (h-Moll) das Klassentreffen grosser Musiker.

Der als Operist eingestufte Telemann war einst auf Platz 1, als Leipzig auf der Suche nach einem neuen Thomaskantor war. Vater Bach galt als Organist weniger. Heute ist die Sichtweise eine andere: Vater Bach gilt als unbezwingbarer Gipfel kontrapunktischer Kunst und Tiefe. Telemann, bis vor Kurzem als Vielschreiber verunglimpft, wird in seiner souveränen Vielfalt wiederentdeckt. Carl Philipp Emanuel kommt als Feuerkopf der Epoche der Empfindsamkeit zu seinem Recht.

B-A-C-H SA, 25. JUNI 2022, 19.30 UHR KIRCHE NEUMÜNSTER ZÜRICH

Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester

CHF 75 Carl Philipp Emanuel Bach Sinfonie B-Dur H 658 Wq 182/2 Georg Philipp Telemann Fantasia Nr. 8 A-Dur für Cembalo Solo TWV 33:20 Henry Purcell Fantasia a 4 a-Moll Z 740 Johann Sebastian Bach Violinkonzert a-Moll BWV 1041 Henry Purcell Fantasia a 4, c-Moll Z 738 Georg Philipp Telemann Fantasia Nr. 2 C-Dur für Cembalo Solo TWV 33:14 Carl Philipp Emanuel Bach Sinfonie h-Moll H 611 Wq 182/5

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