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Diskutieren, aber richtig
DISKUTIEREN ,
ABER RICHTIG
In der Theorie ist es einfach, einen Dialog zu führen: Es braucht mindestens zwei Personen oder Parteien, die miteinander reden – fertig. In der Praxis sieht die Sache aber etwas komplexer aus: Kommunikationsexperte Kambiz Poostchi erklärt, wie Dialog funktioniert.
Text: Lisa Schwarzenauer W ie wichtig es ist, zu reden und gemeinsam Lösungen zu finden, zeigt sich immer wieder auf verschiedenen Ebenen: Egal ob in politischen Kreisen, in Unternehmen oder in der Familie – nur wenn miteinander gesprochen wird, lassen sich Probleme vermeiden oder lösen. Und das ist schon der erste Punkt, der über Erfolg oder Misserfolg entscheidet: Es geht nur miteinander, nicht gegeneinander. „Kommunikation ist aktuell sehr geprägt von Streit und Kampf“, sagt Kambiz Poostchi, der Kommunikationstrainings und Workshops mit Unternehmen durchführt. Man sehe das regelmäßig in den Medien bei Diskussionen und Wahlkämpfen, wo es vor allem darum geht, die eigene Meinung durchzuboxen und als Gewinner vom Feld zu gehen. „Wenn man konstruktiv und gemeinsam Lösungen finden will, eignet sich diese Form der Kommunikation absolut nicht.“
KEIN PLATZ FÜR EGOISMUS
Dafür brauche es vor allem eines: ein gemeinsames, übergeordnetes Interesse, das alle Beteiligten verfolgen. „Es muss allen klar sein, dass es nicht um die
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ZUR PERSON
Kambiz Poostchi ist Architekt und Unternehmensberater. Sein Schwerpunkt liegt auf systemischer Unternehmens- und Organisationsentwicklung, Coaching und Teamtraining, Mediation und systemischer Kommunikation.

Befindlichkeiten einzelner Personen oder Interessengruppen geht, sondern um ein größeres gemeinsames Ziel“, erklärt Poostchi. Das sei das Fundament für einen erfolgreichen, zielführenden Dialog. In Folge gehe es nicht darum, divergierende Standpunkte zu vertreten, sondern alle Ideen, Kompetenzen und Perspektiven miteinzubeziehen. „Man muss offen sein dafür, von und mit anderen zu lernen – es geht um den kollektiven Austausch, was ja auch die eigentliche Bedeutung von Dialog ist. Schafft man das, entsteht am Ende etwas, das mehr ist als die Summe der Einzelbeiträge“, betont der Experte.
AUF AUGENHÖHE
Damit dieser Austausch funktioniert, sind Geduld, Aufmerksamkeit und Empathie nötig. „Man sollte zuhören, um zu verstehen, und nicht zuhören, um zu entgegnen. Gleichzeitig muss man sich als Sprecher bewusst sein, dass man nicht nur Verantwortung dafür trägt, was man sagt, sondern auch dafür, was bei den Zuhörern ankommt“, so Poostchi. Es reicht nicht, nur die eigene Meinung vorzutragen: „Als Sprecher muss man versuchen, die Bedürfnisse der Zuhörer zu erkennen und die Inhalte daran anzupassen, und sie nicht mit Informationen erschlagen oder verhungern lassen, weil man nur aus der eigenen Perspektive handelt.“
Das setzt nicht nur Empathie, sondern auch Offenheit und Respekt voraus. „Es treffen Menschen auf Menschen, nicht Kontrahenten. Man muss wertschätzend miteinander umgehen, die Menschenwürde hochhalten und nicht andere bloßstellen oder verletzen“, betont der Kommunikationsexperte. „Das ist etwas, das wir wirklich lernen müssen.“
TIME-OUT
Auch mit den besten Absichten kann es vorkommen, dass ein Gespräch ins Stocken kommt oder es Unstimmigkeiten

zwischen den Teilnehmern gibt – das bedeute allerdings nicht, dass ein Dialog deshalb scheitern muss. „Es kann passieren, dass man sich verkrampft und nichts mehr weitergeht oder dass sich das Gespräch mehr in Richtung Streitkultur entwickelt, und da ist es das Beste, zu unterbrechen“, empfiehlt Poostchi. Idealerweise gibt es gerade bei größeren Gesprächsrunden einen Moderator, der den Überblick behält und erkennt, wenn es eine Pause braucht.
Hier könne oft schon eine Viertelstunde reichen, in der man die Situation auflockern und sich wieder auf die Gemeinsamkeiten besinnen könne, manchmal sei aber auch eine Vertagung sinnvoll. Wichtig sei in jedem Fall, dass man im Zweifelsfall nicht zu lange mit dem Abbruch warte: „Es ist sinnvoller, zu unterbrechen, als Gefahr zu laufen, dass Verletzungen passieren und Aussagen getroffen werden, die man nicht mehr zurücknehmen kann.“
DIE DIALOG-CHECKLISTE
• gemeinsames, übergeordnetes Ziel • Ego und Eigeninteresse hintanstellen • kollektiver Austausch, kein Kampf der Ideen • Bereitschaft, aktiv zuzuhören, nachzufragen und zu verstehen • Offenheit für andere Meinungen und Perspektiven • eigene Inhalte zielgruppengerecht vermitteln • unterbrechen, bevor es zu persönlichen
Verletzungen kommt • Geduld
KAMBIZ POOSTCHI, KOMMUNIKATIONSEXPERTE