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Was bedeutet Sicherheit? Fünf unterschiedliche Perspektiven
from Magazin Einblicke "Sicher"
by zanian
Was bedeutet für Sie Sicherheit?
Fünf Menschen aus unterschiedlichen Berufszweigen geben Antwort auf ein und dieselbe Frage. Eine 360-Grad-Annährung an den Begriff «Sicherheit».
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Anja Salzmann-Glarner
Spezialistin Parkplatz-Management, Securitas AG Bern
Sicherheit bedeutet Schutz vor Gefahren und ist ein grundsätzliches Bedürfnis der Bevölkerung, der Unternehmen und der Behörden. Wir bei Securitas sind oft in der Bewachung tätig, sowohl im Innen- als auch im Aussenbereich. Wir wahren das Hausrecht der Auftraggebenden und führen Personenkontrollen durch. Ich arbeite im ruhenden Verkehr und kontrolliere im Auftrag von Behörden, dass korrekt parkiert wird. Für diese Aufgabe werden wir zusätzlich von der Polizei ausgebildet. Für mich ist es zentral, dass ich in meinem Job etwas für meine Mitmenschen tun kann. Mit meiner Arbeit trage ich zum Beispiel dazu bei, dass in Notfällen Zufahrten für Blaulichtorganisationen frei sind und Menschen mit Behinderungen die für sie reservierten Parkplätze stets nutzen können. Damit sorge ich für Sicherheit.
Felice Iadarola
Leiter Technik und Sicherheitsbeauftragter bei Diaconis
Als Sicherheitsbeauftragter hat Sicherheit für mich natürlich einen sehr hohen Stellenwert. Im Vordergrund meiner Arbeit stehen die Personensicherheit und der Gesundheitsschutz. Ebenso bin ich für die reibungslose Funktion aller technischen Anlagen sowie für das Sichern von Gebäuden zuständig. Die Corona-Pandemie hat uns hier vor ganz neue Herausforderungen gestellt. Man denke nur an die Zugangskontrollen in all unseren Häusern. Sicherheits- und Notfallkonzepte nützen nur, wenn diese den Mitarbeitenden im Betrieb bekannt sind und gelebt werden. Regelmässige Schulungen und Auffrischungen sind hierfür unerlässlich. denn Sicherheitsmassnahmen gehen nämlich gerne vergessen, weil der Ernstfall – glücklicherweise – nicht häufig eintritt. Als Sicherheitsbeauftragter brauche ich darum ein gewisses Durchsetzungsvermögen.


Im Gegensatz zur Berner Firma Securitas, deren Motto «Schutz und Überwachung» ist, fühle ich mich besonders dann sicher, wenn nicht alles «unter Kontrolle» ist. In meiner «Kunst der Begegnung» ist das Unvorhersehbare wesentlich. Und in meinen Kunst-Pilger-Reisen gestalte ich mit Unbekannten einen Rahmen für einmalige Begegnungen. Mit dem ESCALE-Aktionsraum 2019 versuchte ich, einen «ZeitRaum» zu schaffen, in dem wir uns zeigen können, wie wir wirklich sind, ohne davor Angst zu haben. Im ZwischenRaum der Begegnung fühle ich mich geborgen, obwohl Zweifel immer Teil dieses subtilen und fragilen Spiels sind. Das Gegenüber erlaubt mir, mich selbst und die andere Person zu spüren, zu fühlen, zu erkennen. Die Begegnungen sind das Substanzielle meiner Kunst.
Patric Buser
Leiter Finanz- und Steuerplanung Valiant Bank
Für mich persönlich bedeutet Sicherheit, verlässliche Partner zu haben. Dies betrifft ganz unterschiedliche Bereiche. Ein guter Freund oder eine Partnerin, auf die ich mich verlassen kann. Aber auch verlässliche Systeme und Gerätschaften wie zum Beispiel sichere IT-Systeme oder ein zuverlässiges Auto. Sicherheit in Hinblick auf das Alter ist für mich natürlich mit einer soliden Finanzplanung verbunden. Ich sage meinen Kundinnen und Kunden zwar immer, dass es nie eine hundertprozentige Sicherheit geben wird. Sicher ist einzig, dass das Leben nicht genau so linear verläuft wie ein Finanzplan. Lohnentwicklung, Jobunsicherheit, veränderte Lebenspläne oder unvorhersehbare grosse Auslagen können die Entwicklung der Finanzen beeinflussen. Eine Finanzplanung ermöglicht aber eine solide Basis für künftige Entscheidungen und gibt dadurch viel Sicherheit.


Evelyn Binsack
Grenzgängerin, Berufsbergführerin, Referentin und Bestseller-Buchautorin
Ich denke bei dieser Frage natürlich an die Sicherheit am Berg, aber auch an die Sicherheit als Einzelunternehmerin. Die Messlatten für Sicherheit sind bei mir unterschiedlich hoch: Wenn ich allein zu Berge gehe, dann hängt die Messlatte relativ tief, weil ich ein sehr hohes Können habe. Die grösste Sicherheit bei einem Solo erreiche ich, indem ich voll konzentriert bin und zu jedem Zeitpunkt die hundertprozentige Kontrolle über meinem Körper habe. Bin ich aber als Bergführerin mit Kundinnen und Kunden unterwegs, ist meine Verantwortung viel grösser. Die Sicherheit meiner Begleiter steht dann an oberster Stelle. Durch die Corona-Pandemie ist mir die Sicherheit aus meiner selbstständigen Tätigkeit als Referentin abhandengekommen. In diesem Bereich habe ich leider aufgrund der aktuellen Umstände überhaupt keine Sicherheit mehr.

Unsicherheit am Arbeitsmarkt
Das vergangene Jahr hat den Arbeitsmarkt deutlich verändert. Unsichere Arbeitsverhältnisse und ungewisse Zukunftsaussichten sind für viele Menschen Realität geworden. David Beyeler, Leiter des Bereichs Mensch und Arbeit bei Diaconis, erklärt im Interview, wie sich Stellensuchende auf die Arbeitswelt von heute vorbereiten können.
Aus welchen Arbeitssituationen kommen die Teilnehmenden der Arbeitsmarktlichen Massnahmen (AMM), die Sie im Bereich Mensch und Arbeit begleiten?
Die Teilnehmenden in unseren AMM-Programmen sind alle arbeitssuchend, viele von ihnen bereits seit einem Jahr. Die meisten haben ihre Stelle aus wirtschaftlichen Gründen verloren, zum Beispiel wegen Umstrukturierungen oder der Corona-Krise. Das Spektrum der Teilnehmenden reicht von jungen Personen mit wenig Berufserfahrung bis hin zu den älteren, die ihre Stelle aufgrund einer Reorganisation verloren haben. Es gibt auch Personen, die wenig qualifiziert sind und schon lange keine Weiterbildung mehr absolviert haben. Ein grosser Anteil der Teilnehmenden kommt aus der Administration, viele stammen aber auch aus den Bereichen Pflege, Reinigung, Logistik, Detailhandel und Produktion.
Sie bieten sowohl die AMM Berner Stellennetz als auch die AMM Coaching an. Wer entscheidet, welches Integrationsprogramm die Teilnehmenden absolvieren?
Die Anmeldungen für unsere AMMs erfolgen ausschliesslich über die Personalberaterinnen und -berater der Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) des Kantons Bern. Oft ist es so, dass die Leute zuerst bei einer AMM Coaching und erst später bei der AMM Berner Stellennetz (BEST) angemeldet werden. Beim Berufscoaching geht es vorwiegend um Unterstützung im Bewerbungsprozess. Die Teilnehmenden optimieren ihre Bewerbungsstrategie, lernen Lebenslauf und Motivationsschreiben zu verbessern und sich auf Vorstellungsgespräche vorzubereiten. Im Stabilisierungscoaching liegt der Fokus eher auf der Bewältigung von Krisen- und Konfliktsituationen, dem Umgang mit Veränderungen oder der psychischen und physischen Stabilität der

Teilnehmenden. In der AMM BEST wiederum suchen wir für die Teilnehmenden einen auf sechs Monate befristeten Einsatz im regulären Arbeitsmarkt. Nach längerer Arbeitslosigkeit können sie so wieder praktische Erfahrungen sammeln und sie erhalten eine Tagesstruktur. Ausserdem können sie sich aus einer Anstellung heraus bewerben. Damit erhöhen sich ihre Chancen für eine Festanstellung.
Auch nach einem befristeten Arbeitseinsatz gibt es keine Garantie für eine Festanstellung. Thematisieren Sie diese Unsicherheit? Und wie gehen die Teilnehmenden damit um?
Das ist ganz unterschiedlich. Für einige ist diese Ungewissheit sehr schwierig. Sie wollen lieber sofort eine Festanstellung. Deshalb besprechen wir die Befristung des Arbeitseinsatzes bereits im Erstgespräch. Es ist ganz wichtig, dass den Stellensuchenden bewusst ist: Es gibt keine Sicherheit, nach den sechs Monaten eine Festanstellung in der Tasche zu haben.
Gibt es konkrete Hilfestellungen, die Sie den Programmteilnehmenden im Umgang mit Veränderungen weitergeben?
«Umgang mit Veränderungen» ist ein separates Modul in unseren Kursen AMM BEST. Teilnehmende erhalten hier konkrete Hilfestellungen, aber auch Inputs im Austausch mit anderen Kursteilnehmenden, die gute Erfahrungen gemacht haben. Nach diesem Kursmodul sollen die Teilnehmenden in der Lage sein, einen persönlichen Veränderungsprozess zu analysieren, wichtige Erkenntnisse für zukünftige Veränderungsprozesse abzuleiten und gewonnene Erkenntnisse auf die Stellensuche anzuwenden. Die AMM Coaching finden mit dem Coach im Einzelsetting statt. Dort wird der Umgang mit Veränderungen, das Bewältigen von Krisensituationen und die Stärkung der psychischen und physischen Stabilität besprochen.
Wie gross ist die Erfolgsquote Ihrer Massnahmen? Wie viele Leute treten nach Abschluss eines Ihrer Programme eine fixe Stelle an?
Knapp die Hälfte der Teilnehmenden finden im Verlauf der AMM BEST eine Festanstellung oder einen Zwischenverdienst und werden vom RAV abgemeldet.
Spüren Sie bei Mensch und Arbeit die Auswirkungen der Corona-Pandemie?
Ja, bei uns waren und sind die Auswirkungen der Pandemie auf verschiedenen Ebenen deutlich spür- und sichtbar. Während des Lockdowns im Frühjahr 2020 wurden die beiden AMM bei uns geschlossen. Im Sommer starteten die Kurse wieder – mit den entsprechenden Schutzmassnahmen. Mit den steigenden Fallzahlen im Herbst wurde der Präsenzunterricht in den Kursen wieder geschlossen. Es gibt nun eine 1:1-Beratung mit der Kursleitung und Beraterinnen und Beratern vor Ort oder eine Online- oder Telefonberatung. Der Kanton erwartet einen Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Per Januar 2021 haben wir den Auftrag bekommen, unsere Kapazitäten mit zusätzlichem Personal und erweitertem Kursangeboten auszubauen. Es gibt ausserdem deutlich weniger Festanstellungen aus der AMM heraus als früher. Die Leute bleiben deshalb länger bei uns. Eingeschränkt sind auch unsere Möglichkeiten, die Leute an Einsatzplätze in Betriebe zu vermitteln. Pandemie-bedingt sind in einigen Betrieben die Belegschaften reduziert oder ganz im Homeoffice. Den Betrieben fehlt dann die Kapazität, Angestellte neu aufzunehmen, einzuführen und zu begleiten.
Welchen wichtigsten Rat geben Sie Stellensuchenden in diesen Krisenzeiten mit auf den Weg?
Zuerst ist es zentral, die aktuelle Situation zu akzeptieren. Die Betroffenen «investieren» am besten in ihre Psyche mit Bewegung, frischer Luft, Sport und Hobbys. Und sie sollen Erfolge feiern. Wir raten den Teilnehmenden zudem, dass Sie sich mit positiven Leuten umgeben. In der heutigen Zeit eine Empfehlung, die sofort Irritation auslöst. Genau solche Beispiele zeigen, wie extrem anspruchsvoll diese Corona-Krise für Menschen ist, die zusätzlich zur Pandemie mit existenziellen Problemen kämpfen. c

David Beyeler
Leiter Bereich Mensch und Arbeit