Wohn[t]räume

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Haus Diemer & Scholz

Es ist machbar! Im September 2010 konnte mit dem Umbau begonnen werden. Die Architekten denken an die Anfänge zurück: „Die ersten drei Monate beinhalteten hauptsächlich Abrissarbeiten im Innenbereich. Der Baukörper wurde in seinen Außenmaßen belassen.“ Das zur Straßenseite zugewandte Schaufensterband wurde beibehalten und durch einen baulichen Rahmen neu gefasst. Dadurch ist der alte Verbrauchermarkt als solcher nicht wiederzuerkennen. „Hätte man den ehemaligen Verkaufsraum im Erdgeschoss so belassen, wie er war - eine 170 Quadratmeter große Fläche - wäre er für einen gemütlichen Wohnraum zu dunkel gewesen und man hätte mit künstlichem Licht arbeiten müssen“, erklärt Tanja Diemer. „Dem haben wir mit Fassadenrücksprüngen auf der Südseite und Dacheinschnitten ins Gebäude entgegengewirkt. Nun werden die Wohnung und das Architekturbüro den ganzen Tag über natürlich belichtet.“ So befindet sich in Richtung Süden ein überdachter Terrassenbereich, der nicht nur ein malerisches Panorama auf die Schwäbische Alb gewährt. Auch der Wohnraum wird dank der raumhohen Fenster großzügig belichtet. Im Küchenbereich sorgt ein dreiseitig verglaster Patio für viel Tageslicht im Inneren und ist dazu noch ein echter Blickfang. Die geschmackvolle und reduzierte Einrichtung komplettiert das Gebäude zu einem einheitlichen Ganzen. Barrierefreie Konstruktionen sowie raffinierte Möbelstücke bilden vom Büro- zum Wohnbereich hin fließende Übergänge. „Wir wollten die Nischen, die der Raum uns bietet, nutzen“, so Tanja Diemer. Damit ist beispielsweise ein Einbauschrank auf der einen Seite des Raumes eine Garderobe, auf der gegenüberliegenden Seite dient der Schrank als praktisches Bücherregal. Ein Altbau auf Neubaustand Tanja Diemer und Uwe Scholz haben den ehemaligen Verbrauchermarkt nicht nur gestalterisch optimiert. Auch aus energetischer Sicht ist der Altbau nun auf Neubaustand. Die Architekten entschieden sich für eine Luftwärmepumpe als Hybrid-4-Leiter-System mit Kaltdampfeinspritzung. Die Heizung ist an der Decke angebracht. Dass die Deckenheizung weniger Vorlauftemperatur und damit weniger Energie als konventionelle Heiztechniken benötigt, ist nur einer der zahlreichen Vorteile dieser Heiztechnik. Unter anderem wird die Decke auch genutzt, um im Sommer die Räume zu kühlen.

Das Schönste am Umbau war, selbst Bauherrin zu sein. [Tanja Diemer]

Die Photovoltaikanlage auf dem Flachdach sowie ein starkes Wärmedämmverbundsystem und Fenster mit Dreifachverglasung runden das Niedrigenergie-Konzept gelungen ab. Aus dem 50 Jahre alten Gebäude wurde durch den Umbau ein KfW-Effizienzhaus 70. Das Einzige, das jetzt noch an die Vorgeschichte des modernen Wohn- und Bürohauses erinnert, ist die erhalten gebliebene Treppe ins Untergeschoss. Hier befinden sich die Technik- und Nebenräume und weitere Flächen, die nach Süden orientiert sind. Der hohen Flexibilität der Grundrisse wurde ein großer Wert zugesprochen, sodass die Räume im Untergeschoss ohne großen Aufwand umgebaut werden können. Die Architekten könnten sich etwa vorstellen, die Flächen für eine weitere Wohneinheit zu nutzen. Mit anpacken „Das Schönste am Umbau war, selbst einmal Bauherrin gewesen zu sein“, lächelt Tanja Diemer. Um den straffen Zeitplan, den sie sich gesetzt hatten, einhalten zu können, halfen die beiden Architekten nach getaner Büroarbeit noch auf der Baustelle mit. Nun hat sich das Paar aus dem Rohdiamanten einen individuellen und attraktiven Wohn- und Arbeitsraum geschliffen. „Wenn man selbst mit angepackt hat, bekommt man ein ganz anderes Gefühl für die Räumlichkeiten“, sagt Tanja Diemer. Und die Architektin schmunzelt: „Ich kann zu jeder Ecke und zu jedem Detail in unserem neuen Zuhause eine kleine Geschichte erzählen.“


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