medianet 04.12.2020

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18  MARKETING & MEDIA

Freitag, 4. Dezember 2020

medianet.at

Manchmal lustig, manchmal z’wider Der Account der LPD Wien hat auf Twitter schon fast Kultstatus, kann aber noch viel mehr, als humorvoll zu sein.

‱‱‱ Von Laura Schott

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aube nicht vergessen, es kann kalt werden“, antwortet @­LPDWien vor einigen Tagen auf die Aufforderung einer Twitter-Userin, diese beim Nachtspaziergang wĂ€hrend des Lockdowns zu fangen. FĂŒr humorvolle Aussagen wie diese wird die LPD Wien schon lange auf Twitter gefeiert, doch Social Media hat fĂŒr die Polizei eine weitaus grĂ¶ĂŸere Bedeutung als bloße Imagepolitur. Ein GesprĂ€ch mit Dominik Grabner, der den Fachbereich Social Media der Wiener Polizei leitet.

medianet: Sie beantworten jede noch so kleine Anfrage; das sind ja enorme Mengen an Information, die hier verarbeitet werden. Wie lange schafft man das? Grabner: Ja, das ist richtig. Anfangs waren wir der Auffassung, möglichst viel Content produzieren zu mĂŒssen, es hat sich dann aber bald herausgestellt, dass fĂŒr die Menschen da draußen am wichtigsten ist, dass sie mit uns kommunizieren können. Deshalb ist eines unserer Hauptziele, auf Social Media möglichst schnell und unbĂŒrokratisch ansprechbar zu sein und wirklich auf alle Fragen zu antworten, die Sinn machen. Da-

medianet: Wie viele Mitarbeiter sind in Ihrem Team? Grabner: Wir sind zu viert. Und wir sind alle Polizisten, was den Vorteil hat, dass wir auf polizeiliche Anfragen richtig reagieren können, ohne stÀndig aufwendige Workflows im Hintergrund laufen zu haben.

medianet: Welchen Vorteil hĂ€tte das? Grabner: Ein Vorteil wĂ€re, den kreativen Prozess auszulagern. Der leidet bei uns schon ein bisschen, da wir uns viele Dinge selbst beibringen mĂŒssen.

© Screenshot twitter/LPDWien (2)

medianet: Herr Grabner, wie wird man Fachbereichsleiter fĂŒr Soziale Medien bei der Polizei? Dominik Grabner: Ich war Streifenpolizist im siebten Bezirk und wollte eigentlich Pressesprecher werden. Im Zuge meiner Vorbereitungen auf das Hearing habe ich damals bemerkt, dass es zwei wenig bespielte Social Media-KanĂ€le gab – einen Facebook- und einen TwitterAccount. Daraufhin habe ich ein Konzept fĂŒr Social Media entwickelt, das so gut ankam, dass ich damit beauftragt wurde, diesen Bereich mit aufzubauen.

in der FrĂŒh – natĂŒrlich nur, wenn nichts Außertourliches passiert. Vier Personen sind tatsĂ€chlich sehr wenig, wir haben auch immer wieder angedacht, mit einer Agentur zusammenzuarbeiten.

fĂŒr deckt immer eine Person das TagesgeschĂ€ft zu BĂŒrozeiten ab, also von 8:00 Uhr bis 16:30 Uhr. Dieser Mitarbeiter hat dann im Anschluss Rufbereitschaft und monitored von zu Hause weiter, etwa bis 20:00 Uhr. Dann starten wir erst wieder am nĂ€chsten Tag

medianet: Macht das nicht den Charme der KanĂ€le aus, dass tatsĂ€chlich Sie und Ihre Kollegen dahintersitzen? Grabner: Man merkt schon, dass die Art und Weise, wie wir mit den Leuten kommunizieren, uns viel Sympathie bringt. Wie haben eine sehr eigene TonalitĂ€t auf Social Media, die irgendwo zwischen charmant und doch polizeilich professionell liegt – manchmal lustig, manchmal weniger lustig, manchmal z’wider. Wir können dadurch recht gut reprĂ€sentieren, wer wir sind. Ich glaube aber nicht, dass das mit einer Agentur verloren ginge, wenn man darauf achtet. medianet: Apropos TonalitĂ€t: Wie lustig darf die Polizei sein und wie schwierig ist es, abzuwĂ€gen, was man sich erlauben darf und was nicht? Grabner: Diese Diskussion fĂŒhren wir fast tĂ€glich. Man muss aufpassen, dass die Schere zwischen RealitĂ€t und Social Media nicht zu weit aufgeht. Man kann als Polizist schon lustig sein, aber man sollte nicht vergessen, dass man eben Polizist ist.

Unser Ziel ist, charmant zu sein und auch das Wienerische nicht zu kurz kommen zu lassen, dabei aber immer im Hinterkopf zu behalten, dass wir eine Behörde sind, die etwas reprĂ€sentiert. Und ab und zu sind wir eh lustig, glaube ich (lacht). Das planen wir aber eigentlich nicht 
 medianet: Um auf ein sehr ernstes Thema zu sprechen zu kommen: Wie haben Sie die Anschlagsnacht des 2. November miterlebt? Grabner: Ich hatte frei und wurde gegen 20 Uhr alarmiert, dass eine Sonderlage eintritt. Ich habe dann den restlichen Fachbereich aktiviert und bin in die Direktion gefahren. Die ersten Tweets haben wir noch wĂ€hrend der Fahrt abgesetzt, denn gerade in solchen FĂ€llen ist es wichtig, dass wir uns auf Social Media schnell als valide Informationsquelle etablieren. Und dann war es einfach extrem stressig, denn


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