Jahresbericht 2009 des Wirtschaftsrates

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Nachgefragt

Erfolgreich Stellung bezogen Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates

Fast zeitgleich mit der neuen Bundesregierung ­haben Sie das Amt des Generalsekretärs im Wirtschaftsrat übernommen. Welche Ziele haben Sie sich gesetzt? „Der Wirtschaftsrat ist gefragt, die Interessen seiner Mitglieder noch nachhaltiger zu vertreten. Dabei spielt unsere parteipolitische Unabhängigkeit eine zentrale Rolle. Gleichzeitig arbeiten wir daran, dass unsere Organisation in ihrem Außenauftritt schlagkräftiger und moderner wird. Mit gut 1.400 Veranstaltungen bundesweit verfügen wir bereits über ein Premiumprodukt: Unsere Veranstaltungsformate auf Bundes-, Landes- und Sektionsebene wie auch in Brüssel kennzeichnen politisch aktuelle Themen wie hochkarätige Referenten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Dies ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Verbänden. Für die Schlagkraft des Wirtschaftsrates ist auch seine Kampagnefähigkeit ausschlaggebend. Die relevanten Themen gilt es noch besser an unsere Mitglieder zu transportieren.“ Wie beurteilen Sie die bisherige Arbeit der bürgerlichen Koalition? „Bisher enttäuscht die Bundesregierung. Sie hat viel Zeit vergeudet ohne den Rückenwind nach der Wahl zu nutzen, um grundlegende Reformen anzustoßen. Die Union muss sich gedanklich endlich von der Großen Koalition verabschieden und ihr Wirtschaftsprofil schärfen. Große Herausfor­derungen für Schwarz-Gelb und zugleich Nagelproben für die Union werden sein, den Absturz Deutsch­lands in die Schuldenwirtschaft zu verhindern, die demografiefeste Ausgestaltung der ­sozialen Sicherungssysteme, die Verbesserung ­unserer Bildung und Innovationsfähigkeit sowie eine verlässliche, sichere und preiswerte Energieversorgung.“ Welche politischen Ziele verfolgt der Wirtschaftsrat 2010 vorrangig? „Unser wichtigstes Ziel ist es, gegenüber der Bundesregierung immer wieder anzumahnen, endlich den Einstieg in den Abbau der Staatsverschuldung NACHGEFRagt

zu wagen. Deutschland lebt über seine Verhältnisse. Der Wirtschaftsrat hat konkrete Einspar­ vorschläge für den Bundeshaushalt auf den Tisch gelegt. In einer Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Norbert Barthle MdB werden wir uns weiter intensiv mit dem Thema ‚Staatsfinanzen‘ auseinandersetzen. Eng damit verknüpft ist der zweite zentrale Punkt auf unserer Agenda: Deutschland muss seine ausufernden Sozialleistungen in den Griff bekommen. Wir geben 780 Milliarden E für Soziales aus, das ist doppelt so viel wie noch vor 20 Jahren. Hier besteht Handlungsbedarf: Es muss uns gelingen, den Sozialstaat so umzubauen, dass wir wieder ein Land werden, in dem Bedürftigen geholfen wird, aber der Fleißige sich nicht wie ein Dummkopf vorkommt.“ Welche politischen Erfolge hat der Wirtschaftsrat 2009 verbucht? „Der nachhaltige Einsatz des Wirtschaftsrates hat dazu geführt, dass die Schuldenbremse 2009 im Grundgesetz verankert worden ist. Dieser Paradigmenwechsel ist ein wichtiges Signal hin zu generationengerechten und soliden Staatsfinanzen. Und dies ist eine der größten Herausforderungen überhaupt, die die Politik bewältigen muss.“ Die Krise hat das Bild des Unternehmers beschädigt. Welches Rezept haben Sie dagegen? „Die Unternehmer leiden darunter, dass Einzelne einen ganzen Berufsstand in Misskredit bringen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Unternehmer sind Menschen, die nicht einfach aufgeben. Sie schaffen Arbeitsplätze und das sehr oft, obwohl sie große persönliche Risiken dafür in Kauf nehmen. Stellvertretend für unsere Mitglieder sage ich: Wir haben klare Prinzipien und für die werben wir. Wir bekennen uns zu Markt und Wettbewerb, aber genauso zur sozialen Verantwortung. Der Wirtschaftsrat wurde auf Initiative von Ludwig Erhard vor 47 Jahren als branchenübergreifender Verband gegründet. Deshalb stehen wir auch heute noch in besonderer Weise für die Soziale Marktwirtschaft.

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