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SPORT

KreuzlingerZeitung

Nr. 9

2. März 2018

«Ohne Ehrgeiz keine Topkarriere» len Einzelstunden und den hohen Startgebühren für die Wettkämpfe eine finanziell aufwändige Sportart.

Eislauftrainerin Fabienne Baier wird bald als Sportförderin des Jahres geehrt. Mit uns hat sie über ihre Anfänge auf dem Eis, die positive Seite des Konkurrenzdrucks und den neuen Film über «Eishexe» Tonya Harding gesprochen. Diesen will sie unbedingt noch anschauen, denn als der darin fiktionalisierte Sportskandal geschah, war sie selbst eine junge Eiskunstläuferin und verfolgte fasziniert die Schlagzeilen. Frau Baier, solche irren Szenen wie in «I, Tonya», gibt es die im Eiskunstlauf wirklich? Fabienne Baier: Das war ein absolut einzigartiger Fall, einer der grössten Skandale des US-Sports aller Zeiten: Eine Eiskunstläuferin aus dem Olympia-Team wurde verdächtigt, ihrer Konkurrentin mit der Eisenstange das Knie zertrümmert zu haben. Ich dachte damals, das ist doch nicht möglich. Aber den Konkurrenzdruck, den gibt es wirklich, allerdings auf anderem Niveau. Die Sportlerinnen machen sich verbal fertig.

Fabienne Baier (43) wuchs in Güttingen auf und ist von Beruf Lehrerin an der Sekundarschule Egelsee und an der Berufsschule BBM. In ihrer Freizeit trainiert sie Kreuzlinger Kids im Eiskunstlauf, kümmert sich als Chefin der Technischen Kommission des Eislaufclubs im Hintergrund um Organisatorisches und plant Veranstaltungen für den Thurgauer Eislauf Verband. An der Sportlergala vom 23. März wird sie für ihr langjähriges Engagement als Sportförderin des Jahres 2017 geehrt. sb

Wann kamen Sie selbst zum Eiskunstlauf? Den ersten Kinderkurs besuchte ich mit sechs Jahren. Richtig losgelegt habe ich ab der Oberstufe mit 13 Jahren und dann auch an regionalen Wettkämpfen teilgenommen. Mit 16 Jahren erlitt ich durch einen Sturz eine schwere Verletzung und konzentrierte mich fortan auf Eistanzen und Synchroneiskunstlauf.

Fabienne Baier mit einem Schützling an der Bieler Ice Trophy ...

Was ja nicht weniger schlimm ist ... Wenn man den Sport auf hohem Niveau betreibt, dann entsteht ein Kampf um die vorderen Plätze. Vor allem in Ländern, in denen sich 20 Läuferinnen um die zwei vorderen Plätze streiten wie in den USA. Da entstehen Neid und sogar Hass. In der Schweiz ist dieser Druck nicht so gross, weil es sowieso nur eine oder zwei gibt, welche die Anforderungen mitbringen. Hier ist der Konkurrenzkampf gesund.

Bild: zvg

SPORTFILM Das wundervoll schwarzhumorige, grossartig gespielte und die mutmasslichen Ereignisse unkonventionell darstellende Biopic «I, Tonya» portraitiert US-Eiskunstläuferin Tonya Harding. Der Film erhielt drei Oscar-Nominationen und wird im Kino Roxy Romanshorn am 23. und 31. März und im Konstanzer Zebra Kino von 23. März bis 4. April gezeigt. Anschauen! sb

Mischen sich auch manchmal die Eltern ein, wie die im Film überehrgeizig dargestellte Mutter von Tonya Harding? Das gibt es schon, aber Ehrgeiz gehört im Sport dazu, ebenso wie in der Musik oder in der Schule. Ohne Ehrgeiz keine Topkarriere. Den müssen die Kinder haben, aber auch die Eltern in einem gesunden Mass. Ist das im Eiskunstlauf besonders auffällig? Das gibt es in vielen anderen Sportarten auch. Im Eiskunstlauf muss schon in jungen Jahren sehr viel trainiert werden. Da ein Kind von acht Jahren ja nicht alleine zur Bodensee-Arena fahren kann, sind die Eltern auch präsent. Ausserdem ist es wegen den vie-

ZUR PERSON

Wie begegnen Sie als Trainerin übereifrigen Eltern oder Streit unter den Kindern? Solange die Kids das ausmachen, geht es meistens gut. Wenn sich die Eltern an die Bande stellen und sich einmischen, dann wird’s schwierig. In Kreuzlingen ist das aber kaum ein Thema. Das fange ich früh ab. Wenn Eltern das Training an der Bande verfolgen wollen, müssen sie ruhig sein. Diskutieren können wir danach. Das ist meine Regel. Ich verfolge eine klare Rollenverteilung.

... und als junge Eiskunstläuferin.

Bild: Foto Gaccioli, Kreuzlingen

Tonya hat als zweite Frau weltweit den dreifachen Axel bei einer Weltmeisterschaft gestanden. Welches war ihr bester Trick? Ein doppelter Rittberger, aber in Kombination hintereinander. Wen mochten Sie früher eigentlich mehr: «Eishexe» Tonya oder ihre Konkurrentin Nancy Carrigan? Tonya war die bessere Athletin, aber ich war Fan des «Eisengels» Nancy, die läuferisch und künstlerisch besser war. Was ist für Sie das Besondere am Eiskunstlauf? Als Läuferin liebe ich es, auf diesen schmalen Kufen das Gleichgewicht zu halten und Technik und Kunst zu verbinden. Es ist ein sehr vielfältiger Sport, in dem man die eigene Kreativität einfliessen lassen kann. Als Trainerin ist es mir eine Genugtuung, die Freude der Kinder zu sehen. Was könnte man in Kreuzlingen verbessern für den Eislauf? Es bräuchte mehr Eiszeit, beide Eisfelder von Oktober bis März. Schulkinder haben nur spätnachmittags bis zum frühen Abend Zeit, und dann wollen alle Vereine gleichzeitig aufs Eis. So kommt es, dass ehrgeizige Läuferinnen und Läufer auch an anderen Orten trainieren müssen. Oder wir verlieren sie gleich an einen Verein mit besseren Voraussetzungen. sb


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