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Die Galerie Friedrich+Ebert in Wuppertal
Freiheit für Eingeweihte Die Galerie Friedrich+Ebert in Wuppertal „Ein Galerist sollte sich an Francis Bacons Ratschlag für Künstler erinnern: wissen, was war – also die Kunstgeschichte kennen. Wissen, was ist – also die aktuellen Trends und die Szene kennen. Und ein Thema
haben, dem man sich widmet“, sagt Steffen Peter, um seine Auffassung der Arbeit eines Galeristen zu beschreiben. Doch nicht nur seine Arbeit, sondern auch die Lage, Räumlichkeiten und grundsätzliche Philosophie der Galerie Friedrich+Ebert lassen sich von diesen drei Punkten aus betrachten:
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Nina Fandler, Gefallener Apfel, Acryl auf Nessel, 2020

Nina Fandler, City Baby, 62 x 52 cm, Acryl, 2019. Blick auf die Friedrich-Ebert-Straße

Das, was war – inmitten der Geschichte
Zwei Räume im Erdgeschoss eines Elberfelder Altbaus. Nur ein schuhkartongroßes Schild in einem der beiden Fenster weist darauf hin, dass es sich hier nicht um eine herkömmliche Wohnung handelt.
Gegenüber dem Haus, auf der anderen Straßenseite: zwei Symbole Wuppertals und seiner Geschichte. Die Schwebebahn fährt vorbei (wenn auch nicht mehr so oft); dahinter erhebt sich ein Schlot der Bayer-Werke in den Wuppertaler Himmel. Unten, auf der Wuppertaler Erde, zwischen Pizzerien, Bars und leer stehenden Ladenlokalen, untermalt vom stetigen Autoverkehr der B7, also ein kleines Schild in einem Wohnungsfenster. Auf dem Schild steht „Nina Fandler - Ausgeschlossen“. Es weist auf die aktuelle Ausstellung hin. Hier, inmitten dessen, was war, inmitten einer geschichtsträchtigen Umgebung, befindet sich die Galerie Friedrich+Ebert.
Das, was ist – Kunst im Jetzt und Hier
Hinter den Fenstern befindet sich nicht, wie man annehmen würde, eine kleine Erdgeschosswohnung, sondern eine Galerie. Ja, kein Off-Space, kein Atelier, sondern eine Galerie. Darauf legen die Macher Steffen Peter und Simon Ante Wert: Friedrich+Ebert arbeitet prinzipiell nicht mit Fördergeldern. Ein solches Konzept ist möglich, auch dank der Umgebung. Die Mieten in Wuppertal sind niedrig und die Galerien nicht so zahlreich. Hier ist es verhältnismäßig günstig, gute Kunst zu zeigen. Gleichzeitig erlaubt die Stadt auch das Ausprobieren eigener Ideen und das Verfolgen persönlicher Interessen.
Peter, Ante und die Künstlerin Nina Fandler sitzen in der Galerie, die ihr ehemaliges Dasein als Zweizimmerwohnung nicht versteckt, sondern charmant als charakterstiftendes Element nutzt. An den Wänden hängen Werke von Fandler. Farbenfrohe Arbeiten, changierend zwischen Traumwelt und Realität, zeigen sie mal Menschen, mal Muster, mal Natur.
Die Galeristen: Steffen Peter und Simon Ante


Die Künstlerin Nina Fandler und Steffen Peter

Das, worum es geht – Inhalt, Thema, Profil
Die Galerie „Friedrich+Ebert“ steht thematisch für figurative Malerei. Ein Genre, das laut Peter im aktuellen Galeriebetrieb eher unterrepräsentiert ist. In Zeiten, in denen viele auf Installation und Performance setzen, hängen bei „Friedrich+Ebert“ eben figurative Werke wie die von Nina Fandler oder als Nächstes von Thorben Eggers.
Neben diesem inhaltlichen Pfeiler sind den beiden Machern zwei Themen in ihrer Arbeit besonders wichtig. Zum einen: Freiheit. Tun zu können, was man möchte. Den eigenen Interessen folgen, ohne Rücksicht zu nehmen. Daher auch die prinzipielle Verweigerung von Fördergeldern, daher wohl auch die Wahl einer untypischen Lage. „Eine Sache, die uns besonders macht”, sagt Simon Ante und deutet dabei zum Fenster, das zur stark befahrenen Straße hin liegt, „ist die Tatsache, dass Kunst hier nicht hin gehört.“ Und meint damit wohl, dass man in dieser Umgebung keine Kunst erwarten würde. Denn Kunst gehört natürlich überall da hin, wo man sie hin holt. Friedrich+Ebert erschließt, im wörtlichen und im übertragenen Sinne, neue Räume für die Kunst.
Das zweite, alles entscheidende Thema bei Friedrich+Ebert ist die Qualität. Galerist Steffen Peter nimmt sich die Freiheit, entscheiden zu dürfen, was für ihn und seine Galerie gute Kunst ist und was nicht. Welche Kunst zur Linie von Friedrich+Ebert passt und wie sie ausgestellt wird.
Der Rahmen, in dem bei Friedrich+Ebert die Kunst präsentiert wird, ist ungewöhnlich. Infrastrukturell wie architektonisch. Es ist weder eine Stadt noch ein Stadtteil, in der von Galerie zu Galerie flaniert wird. Friedrich+Ebert muss man finden. Oder man muss wissen, was man sucht. Diese Lage ist der letzte Beweis für die viel beschworene Qualität. Wenn eine Arbeit hier an der Wand hängt. An einer weißen Wand, in einer renovierten ehemaligen Wohnung gegenüber einer Chemiefabrik, direkt an einer Hauptverkehrsstraße. Wenn die Arbeit hier an der Wand hängt und immer noch Kunst ist und nicht nur wie Kunst aussieht, dann hat es sich gelohnt. Für die Macher der Galerie „Friedrich+Ebert“ aber auch für die Eingeweihten. Rasmus Zschoch Fotos: Willi Barczat
Nächste Ausstellung:
Thorben Eggers Backspace
Samstag, 10. Oktober bis Samstag, 14. November 2020
Friedrich+Ebert
Galerie für zeitgenössische Kunst Öffnungszeiten: samstags von 12 bis 16 Uhr sowie nach Vereinbarung Friedrich-Ebert-Straße 236, 42117 Wuppertal Mail: galerie@friedrichundebert.de Tel.: 0178/1433363 facebook.com/friedrichundebert instagram.com/friedrichundebert