Haderlump #4

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haderlump


Servus,


Viel Spaß mit dem neuen Haderlump.

& BIS 2024

Um Weihnachten rum, so wurde es in der letzten Ausgabe angekündigt, sollte Haderlump #4 erscheinen. Am Ende haben wir jetzt doch ein paar Monate länger gebraucht. Naja, sieben Jahre und ein paar Monate um genau zu sein, aber wer will schon Erbsen zählen? Kaum zu glauben, dass so unbandig viele Jahre ins Land gezogen sind, seit wir es das letzte Mal geschafft haben, dieses lyrische Schmutzheftchen aus dem niederbayrischen Niemandsland zu veröffentlichen. Faulheit, könnte man da gehässig in den Raum rufen, aber das wäre eine kurzsichtige und wohl durch die Kapitalisierung aller Lebensbereiche anerzogene Verwechslung mit Gemütlichkeit. Zeit mal Zeit ist Mahlzeit, wusste schon der große bajuwarische Philosoph Gerhard Polt und meinte damit ein kontemplatives Zusammenkommen, das nichts mit dem FastFood-Denken unserer heutigen Lebenswelt zu tun hat, in der die 15 Minuten Fame, die uns Andy Warhol dereinst versprach, angesichts sekundenschnell durchrasender Bilder im Instagram Feed, schon wie eine optimistische Ewigkeit erscheinen. Wir wollen diese Entwicklung nicht anprangern, im Grunde ist’s uns wurscht, soll jeder nach seiner Fasson glücklich werden, aber irgendwie finden wir es doch ganz schön, dass Haderlump #3 ganze sieben Jahre Aktualität behielt. Das soll uns mal ein Tweet nachmachen! Da musste man sich nicht hetzen ihn in die Hände zu bekommen oder zu Ende zu lesen. Gemütlich halt. In den letzten Jahren dagegen ist die Zeit zunehmend rasanter vorangeschritten und vieles ist passiert. Man kann es sich heute gar nicht mehr vorstellen, aber 2009, im Jahr als der bisher letzte Haderlump erschien, war auf Facebook der Like-Button gerade erst eingeführt worden. Echt wahr! Bis dahin hatte man sein Gefallen noch mit Worten Ausdruck verleihen müssen. Trotz des mittlerweile vorhandenen Shortcuts hoffen wir allerdings, dass die neueste Ausgabe ebenfalls dazu verleitet, sich ein klein wenig Zeit zu nehmen. Eine Auszeit – wo auch immer, auf dem Klo, am Tresen oder auf der Couch – um eine Weile in den Texten zu versinken und es sich einfach gemütlich zu machen.


H U N D

[ Stefan Schwinghammer ] Ich machte die Augen auf und da stand dieser Hund neben dem Bett und starrte mich an.

Keine Ahnung wo er herkam, aber es war ja auch nicht meine Wohnung, also machte ich mir keine großen Gedanken und schlief noch eine Runde. Eine Stunde später war der Hund immer noch da. Hatte sich keinen Millimeter bewegt. Ich putzte mir die Zähne und ging raus um ihm was zu Essen zu kaufen, aber die Läden hatten schon fast alle zu und ich konnte nur ein Brioche ergattern. Der Hund schaute das Ding nicht mal an. Kann man ihm nicht verübeln.

Nachdem ich geduscht hatte, begann ich mir Sorgen zu machen, er könnte in die Wohnung pissen. Ich fand ein paar Backstage Pässe, knotete die Bänder zu einer Leine zusammen, band sie ihm um den Hals und ging mit ihm nach draußen. Er hatte sichtlich keinen Bock und ich musste ihn ziemlich zerren. Der Hund war ein richtiger Klotz am Bein. Pissen wollte er natürlich auch nicht. Die ganze Aktion kostete nur unnötig Kraft. Ich fing an zu schwitzen und mein Kreislauf machte langsam Probleme. Also ging ich wieder zurück. Der Hund platzierte sich sofort wieder neben dem Bett. Komisches Vieh, dachte ich. Keine Ahnung, was man mit ihm macht. Ich kenne mich nicht aus mit Tieren. Also googelte ich. Stellte sich raus, war gar kein Hund.

War ein Kater.


ALORRA & GOMORRA [ Fabian Frischmann ] Wenn sich deutsche Oliven, zwischen einer Armada aus Fernbedienungen und Ruinen aus Hörzus und Brigitten, einen Stammplatz am gefliesten Couchtisch ergattert haben, ist es Zeit über ein paar grundsätzliche Dinge nachzudenken. Ein Schluck Espresso zwischen magenfreundlichem Instantkaffee und fettarmer Kondensmilch, beträufelt mit einer Prise Toskana. Der ersehnte Hauch Eros Ramazotti neben gähnenden Hits von Marianne & Michael oder Brunner & Brunner & Brunner & Brunner. Der Leonardo da Vinci unter den künstlichen Gemüsen. Die Mona Lisa des einfachen Mannes. Da blüht so manch eingequalmte Zweiraumwohnung – eingehüllt in mittelkörniger Raufahsertapete – zur Trattoria al Gusto auf und bringt eine fette Portion Calzone ins Leben; die depressiven Stofftiere rutschen im Stakkato von der Sofalehne, köpfen einen Chianti und trinken mit den wahletruskischen Harlekinmasken auf den Florenz Urlaub. Nachbars Winkekatze pflanzt Rosmarin und Rucola, nennt ihren Nachwuchs Claudio und Francesco und geht immer Donnerstags mit Giovanni fremd. Ja, zu diesem Anlass schmieren sich sogar die Gartenzwerge Gel in die Haare. Bei soviel Pasta, Parmesan und Pinienkernplörre hängt einem aber schneller als Pesto-Paul „Amore“ sagen kann, das Dolce Vita wiedevr zum Halse raus. Da müssen alltagstaugliche Alternativen her: Tupperparty-Tulpen, Migräne-Mangold, Anti-Alles-Artischocken, Seitensprung-Soja, Ehekrisen oder einfach ein ganzer Welt-Wirtschafts-Wald. Und dann können wir schauen, wo der Pfeffer wächst. Mille Grazie.


[ Daniel Kreuzpaintner ]

A ZILLION BORDERS

Die Welt wird kalt, Bearbeitet mit monotoner Sorgfalt, nüchtern kalkuliert, auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, metallene Zerstörer, talentierte Verkäufer, vollendete Verelendung, Sprachlaboranten,

rasender Stillstand, Kathedralen phosphorieren, zwischen konsumieren und produzieren, das Nichts, Entwerter und Preisrichter, flanieren im Gleichschritt, um Beton und gläserne Ecken, vor toten Fassaden,

Kataloggesichter dokumentieren, der Fortschritt spioniert, sterbende Hüllen staunen, kein Freund ist ein Fremder,

ein Raumschiff a Zillion Borders auf dem Weg in die Unendlichkeit


[ Lukas Schepers ] Dem Himmel so fern, Der Erde so nah, Da ist’s mir egal: Was will ich denn da? Der Weg nach dort oben, Ist eh viel zu weit. Ich bleib lieber hier Und lebe befreit! a

SCHEISS AUF GOTT


[ Stefan Schwinghammer ]

Man trägt so oft Dinge mit sich. Einen schweren Rucksack oder eine Tasche, einen Regenschirm, Bücher,

drei Bier vom Kiosk

oder diese dünnen Plastiktüten für Gemüse aus dem Supermarkt gefüllt mit Einkäufen,

weil man zu geizig für eine richtige Tüte war.

Ein Poster oder einen Gummibaum

oder so sperrige Dinge

wie eine originalverpackte Kaffeemaschine.

Das ist unbequem und behindert einen beim Vorwärtskommen.

Manchmal wünschte ich deshalb,

ich würde nichts bei mir tragen,

nicht mal den Schlüssel

um wieder nach Hause

R AG T E IT

zu

können.

N

N GE M I D

zurückkehren


[ Gedankenstricher ]

HĂźpfen Weltfrieden Koexistenz Kammerspiele Nostalgie Fernbeziehung Heimatliebe Kopfgeburt Dramaqueen Allumfassendes Kriterium Kernbotschaft Seelenfrieden Deine Mutter hackt Holz auf Eurosport Rudi Dutschke Hedonismus Sowohl als auch Nasenhaare Schamhaare Barthaare Der Lobenswert 11285 Bandnamen War Machine Full House Williamson ist empirisch, eigentlich

&

TURN PRAXIS


MILCHM [ Stefan Schwinghammer ]

Flatterst durch die Nacht gleich einem zappelnden Kinderdrachen Milchmädchen

geflochten aus Glühbirnendraht

mit leuchtenden Augen

verkabbelt, verkaspert, verspielt

Schnupfennasenerzählerin

Großstadtmärchenträumerin

die Lebenslinie auf der Pergamentpapierhaut wie mit der Rasierklinge gezogen Struwwelliese, die Fröhlichkeit mit Wasserfarben in dein Gesicht gepinselt jedes gierige Glucksen mit einem Nachhall von Prozac Blätterteigfinger naschen an Club Sandwiches (veggie) + Ingwer Soda auf Resopalplatte

verwelkt dir die Zeit doch wie ein Salatblatt

immer teilnahmslos mitten drin, der flüchtige Blick aus dem Fenster auf der Überraschungsparty scheue Ninja-Baronesse erschrocken von der eigenen Furchtlosigkeit

Gedanken geschrieben mit Zaubertinte

abgelöst von Notwendigkeiten jenseits der Produktionsmittel

verloren – freischwebend mehr Duft als Duftkörper / die klobige Bierflasche an deinem Mund, bringt das Bild ins torkeln fängt sich aber im Licht des Strobos, als wärst du auf eine weiche Couch gestolpert


HMÄD CHEN

Zuckerkristalle bilden ein Diadem auf deiner Stirn

umherwehend wie brüchiges Haar an einem heißen Tag am Meer treibt dich die Thermik fort von dir von mir von der Welt noch alle Fragen offen, während das Licht schon durch die Ritzen kriecht

anmahnt in schmutzigen Sneakern nach Hause zu tänzeln

Schönstesilberblickschöne das Leben gäb ich dem Teufel für dich / mich & diesem Gefühl unersetzbar vermisst zu werden sei’s auch nur ein kalter Tag mit ukrainischem Himmel ich würde vor Glück verbrennen und meine Festung der Einsamkeit wäre auf ewig geschmolzen

mit deinen Fingerspitzen

tip-tip-tip

ungläubig staunend auf meine Backe gehaucht


[ Gedankenstricher ]

Als durch dieses Nackensteak noch Blut floss, blickten die Augen des dazugehörigen Tieres unbekümmert in eine Welt hinaus, die mich ziemlich ankotzt. Jetzt liegt das Steak auf meinem Teller. 400 Gramm argentinisches Rind, die nur darauf warten verschlungen zu werden. Mir ist zwar schon schlecht, aber ich bestelle dazu einen leichten Weißwein, versetzt mit einem Spritzer Mineral. Malmen, schlucken, spülen. Immer die gleiche Prozedur, seit Dekaden. Malmen, schlucken spülen. Ein Connaisseur am Fließband. Glauben Sie ja nicht, ich denke an meine Kindheit auf dem Land und wie schön doch alles gewesen ist, nur weil mein Vater Landwirt war. Okay, es war unbekümmert, die Kühe leckten mir übers Gesicht, rau und zart zugleich, ganz wie dieses Nackensteak, außen krustig und innen weich wie die Klit von Sabatini. Wo wir beim Thema wären. Also, wenn mir beim verköstigen von argentinischen Steaks irgendetwas in den Sinn kommt, steht an erster Stelle Gabriela Sabatini. Gefolgt von Tango, San Telmo und Feuerland. Aber das ist eigentlich schon wieder langweilig. Manchmal denke ich auch an das Rind selbst, wie es in einem Gewerbegebiet, irgendwo in den Randbezirken von Rosario, eingepfercht in einer Box auf seinen Gnadenschuss wartet. Anstatt eines Namens, gab man der Kuh eine Nummer. Wäre es an mir gelegen, hätte ich sie Gabriela getauft und ihr das Tennisspielen beigebracht. Und irgendwann hätte ich sie dann doch erschießen lassen und sie nach Deutschland exportiert, samt ihrem Tennisschläger. Ich sehe mir selber dabei zu, wie ich mit lakonischen Bewegungen zum Wein greife und versuche mir nachzuschenken. Es klappt. Als ich beim Wasser ankomme und mich die Flasche Perrier anglotzt, muss ich unweigerlich an den Tenniszirkus denken, an den Hintern von Gabriela Sabatini in Zeitlupe und den Grund warum ich schon immer Spanisch lernen wollte. Ob die Sabatini auch Crystal Meth probiert hat? Na ja egal, ich mische Wein mit Wasser und konzentrierte mich auf mein Steak. Malmen, schlucken, spülen. Immer wieder. Ich kaue auf dem letzten Stück meines Nackensteaks herum und wundere mich wieso ich schon wieder an diese Kuh denken muss, die ich gerade in Stücke reiße. Ihre schönen Augen, die ein Leben lang eine weiße Wand anstarrten, bis irgendwann die Deckenbeleuchtung ausging, es Dunkel wurde und sie sich in ihre Fäkalien zum schlafen legte. Der Ober tanzt übers Parkett und ich würdige ihn keines Blickes. Mir ist schlecht. Als er sich erkundigt ob alles in Ordnung sei und ich noch einen Wunsch hätte, kotze ich im 400 Gramm butterweich püriertes Nackensteak vor die Füsse, spüle mir kurz den Mund aus und meine: „Herrlich, ganz hervorragend, ich nehme noch eins.“ Bevor er überhaupt reagieren kann, stell ich ihm eine Frage. „Kennen sie Gabriela Sabatini, sie wissen schon, diese rassige Tennisspielerin aus den 80ern?“ In seinem Blick liegt eine Mischung aus Faszination und Vorwurf. Er macht den Eindruck als wäre er nicht im Stande Entfernungen abschätzen zu können, genau so wie das Rind vor der weißen Wand ins endlose Nichts starrt. Hat er mich durchschaut? Hab ich mich irgendwie auffällig benommen? Nach 35 Jahren als einer der renommiertesten Restaurantkritiker und freier Journalist für den Gourmet Connaisseur – eigentlich unvorstellbar, aber in meiner Verfassung hat das nichts zu sagen. In der Atmosphäre liegt ein Hauch von Kammerflimmern und es fängt noch stärker an zu knistern, als nach den Nachbartischen auch die Gäste an der Fensterfront das Lokal verlassen. Sein Blick wandert zum Geschäftsführer, der gerade aus der Küche kommt um zu sehen, was in seinem Restaurant vor sich geht. Mit einem dezenten Handzeichen gibt er dem Ober die Anweisung mich weiter zu bedienen. Ich bin aufgeflogen. Aber wen interessiert das schon. Ich erkenne ihn wieder und er hat mich erkannt, womöglich schon als ich zu Tür rein kam. Paris 1987, nach einem Kongress


dinierten wir zusammen mit Jeffrey Steingarten im L’Arpège, in der Rue de Varenne. Wie ich diese Lackaffen hasse. Damals hab ich meinen Job noch ernst genommen, das kann man durchaus behaupten. Aber heute? Es sieht jedenfalls nicht danach aus. „Na, was ist nun? Kennen Sie die Sabatini oder nicht?“ Während die Putzfrau schon fast mit dem Aufwischen meines Nackensteaks fertig ist, hält sich der Ober dezent seine Hand leicht angewinkelt vor die Nase. „Ja – ja sicherlich – eine großartige Athletin! Dürfte ich ihnen zu dem Nackensteak eine weitere Flasche Pinot Grigio servieren?“ Die Putze poliert gerade seine Schuhe. „Was auch immer, stellen sie mir den Fusel her und sagen sie ihrem Chef, dass ich ihn schon damals nicht leiden konnte. Aber immerhin“, ich vergreife mich bewusst im Tonfall und brülle durch den Laden, „4 Sterne in Cottbus – wer hätte sich das vor ’89 erträumen lassen? Wer? Das frage ich mich.“ Mein Lachen verebbt, als ich merke, dass es niemand witzig findet.

In den Gesichtern der übrig gebliebenen Gäste erkenne ich Ekel, Fremdscham und vielleicht sogar etwas Mitleid. Ich schreie dem Ober hinterher, dass er mir einen doppelten Slibowitz bringen und der Trauergemeinde hier auch einen hinstellen soll. „Ob sie ihn saufen, liebe Freunde, ist mir scheißegal, aber nehmen sie es als Geste der Freundschaft!“ Ich kippe ihn mit einem Satz runter und setze mich wieder hin. Nach dem letzten Schluck Wein gehe ich kacken. Einen ordentlichen Bob in die Bahn legen, jawohl. Auf in die Befreiungshalle – ab zur Ausschusssitzung. Ich schwanke durch die Schwingtür, lasse mich in eine der fünf Schmetterboxen gleiten und dreh den Schlauch auf. Ich muss wieder an die argentinischen Rinder denken, Massentierhaltung, Lemminge ohne Werkzeug. An den sicheren Tod.

S AB A T INI


GU

TE [ Oliver Berger ]

LA U NE

Ich frage sie, wie es ihr geht Sie erzählt von ihrem Wasserhahn Der tropft und tropft und tropft und tropft Wenn ich sie richtig verstehe Beim Zeitunglesen hat sie das im Ohr, beim Abwasch, Beim Fernsehen und beim Schlafengehen Im Fernsehen läuft nur mehr Mist Die Nachbarn sind Türken und Italiener Das Treppenhaus quillt über vor Schuhen und Schmutz Das Wetter war einmal besser, die Stadt schöner Die Grenzen weniger überlaufen von diesen Flüchtlingen Und als ich sie noch einmal frage, wie es ihr geht, Da sagt sie: „Gut. Ja eigentlich gut, man lebt halt.“


EIN STILLER REBELL AM AUTOFRIEDHOF

[ Gedankenstricher ]

Sie presste ihn aus dem Unterleib und da sie sowieso nicht vorhatte ihn großzuziehen, war es überflüssig ihm einen Namen zu geben. Mit einer verrosteten Fingernagelfeile durchtrennte sie die Nabelschnur als würde sie sich von einer Metastase befreien. Gerade so wie ein Hund in eine Sackgasse kackt und seinen Haufen den Fliegen überlässt, überließ sie ihn dem einsetzenden Regen der sich wie ein flüssiger Mantel um ihn legte und machte sich auf in eine andere Stadt.

Er war vom ersten Atemzug an zum Einzelkämpfer verdammt und so schlug er sich mit beiden Fäusten aus der Gosse. Unter Obdachlosen groß geworden, verdingte er sich sein tägliches Brot mit Betteln und dem Schleppen von Rinderhälften in Fleischpalästen. Als er genügend Geld zusammengekratzt hatte, kaufte er sich einen Autofriedhof am Stadtrand. Er zog sich vollkommen zurück. Er hätte sich eigenhändig auf der Veranda kreuzigen können, und es wäre niemandem aufgefallen.

Zeit seines Lebens fand er gefallen daran sich seine Blähungen zuzuwedeln. Seine Finger glichen Kohlebriketts und sein Atem roch nach Krematorium. Er rauchte zwei Päckchen Schwarzer Krauser am Tag und aschte sich aufs Butterbrot. Seine Seele gehörte dem Autofriedhof und sein Herz den Golden Girls auf ZDF. Jeden verfluchten Abend um 23 Uhr, brachten sie ihn zum Lachen. Bis man sie abgesetzt hat.


[ Daniel Kreuzpaintner ] Ich Ich Ich Ich Ich Ich Ich Ich Ich Ich Ich Ich

Gib mir Alles, Gib mir Sehnsucht, Gib mir Zerwürfniss, Gib mir Fesseln, Gib mir Zweifel, Gib mir den Spiegel, Gib mir ein Gesicht, Gib mir Verlangen, Gib mir Schuld, Gib mir Reue, Gib mir Einsamkeit, Gib mir kein Herz, Bring mir die Nacht, Es Es Es Es Es Es Es Es Es Es Es Es Es

vibriert und spannt, pulsiert und zischt, zieht an der Kopfhaut, drückt auf die Augen, lässt mich zurück, deckt mich ein, verschenkt leere Lippen, kämpft mit den Knochen, windet sich im Organismus, nistet sich ein, befiehlt, weiß es, fühlt nichts,

fühle es, kann es nicht berühren, ahne es, bedauere es, leide es, ziehe es an, verliere, stecke fest, winde mich, bleibe, atme, vergehe,

Lass mich explodieren, Lass mich in dich explodieren, Lass mich explodieren in zuckersüße Atome, Lass mich ins All, Lass mich allein dabei, Lass mich im Stich, Lass mich drauf ein, Lass es wüten, Lass es pochen, oder Lass es sein!

LET IT BE


[ Stefan Schwinghammer ] Morgens

Aronal

dazwischendazwischendazwischen Abends Elmex Morgens Aronal dazwischendazwischendazwischen Abends Elmex Morgens Aronal dazwischendazwischendazwischen Abends Elmex Morgens Aronal dazwischendazwischendazwischen Abends Elmex Morgens Aronal dazwischendazwischendazwischen Abends Elmex Morgens Aronal dazwischendazwischendazwischen Abends Elmex Morgens Aronal dazwischendazwischendazwischen Abends Elmex Morgens Aronal dazwischendazwischendazwischen

1979 2058

Abends Elmex Morgens Aronal dazwischendazwischendazwischen

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Abends Elmex Morgens Aronal dazwischendazwischendazwischen Abends

Elmex


DIE HADERLUMPEN


TEXT: OLIVER BERGER 1984; Der Allgäuer lebt seit gefühlten 47 Semestern in Würzburg und versucht dort mit Liebe statt Luxus sein Studium zu beenden. Möglicherweise ist es ihm mittlerweile auch schon gelungen. FABIAN FRISCHMANN 1985; Der fäkalaffine Menschenfreund versöhnt trotz großer Sympathie für den gepflegtem Mittagsschlaf und ausgezeichneter Kenntnis abgetragener Jogginghosen, Müßiggang und Broterwerb. MICHAEL HUBER, ALIAS GEDANKENSTRICHER 1981; Das Wandern ist des Gedankenstrichers Lust. Den Rest erledigt er im Vorbeigehen. DANIEL KREUZPAINTNER 1981; Pessimist LUKAS SCHEPERS 1992; hat aufgehört Menschen zu mögen und sie durch Bücher ersetzt. Die sind meistens spannender und eine geringere Enttäuschung, wenn sie schlecht sind. Als angehender Journalist findet er gefallen daran, seine Professoren und Kommilitonen mit einer großen Portion Skeptizismus zu reizen. STEFAN SCHWINGHAMMER 1979; Zu alt um noch Gedichte zu schreiben, aber auch zu jung um schon im Robinson Club Urlaub zu machen. Vertreibt sich die Zeit in der Zwischenwelt mit Biertrinken und Skateboarding. FOTO: MARCEL BOER 1993; Maximalblonder Brillenträger, ausgestattet mit großer Neugier und schneller Auffassungsgabe. Hat sich die Analogfotografie selbst beigebracht und sieht die Welt seitdem nur noch durch den Sucher. LAYOUT: MICHAEL WIETHAUS 1983; Grantelt Grafik DRUCK: HERR & FRAU RIO 2015; Nicht aus Rio, aber München. TYPO: velvetyne fontshop 2010; Sporting-Grotesque & Solide-Mirage


Das ist Wischi-Waschi-Lyrik. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Ich fühle mich überflüssig, es passt absolut nichts mehr. - Andreas Herzog Ein ideenloses, langweiliges Eigenplagiat – und ein Fall für den literarischen Tierschutz. - Denis Scheck Haderlump ist für mich immer ein Gemisch von männlichem Schmutz u. lyrischer Größe, ein unangenehmes Gemisch. Auch diese Texte – es ist schwer, es nicht komisch zu finden. - Gottfried Benn Eine hirnversaute Mischpoke. Es wäre schon gut, wenn es den Haderlump nicht geben würde. Man braucht sich doch nur die Literatur angucken, die aus dem Haderlump kommt. Eine winsel- und arschkriech-Literatur. Bisschen soziologisch aufgestockt, bisschen psychologisch verbrämt, das machen sie – Realismus. Haderlumpen-Realismus. Ein Kack und eine elende, hirnverbrannte Soße. - Rolf Dieter Brinkmann Für den Haderlump schenke ich keinen Beifall sondern Abfall. - Taktlo$$ Ich sage nur ein Wort. Vielen Dank! - Andreas Brehme

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2017


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