Wien Museum MUSA Katalog „Josef Mikl. Das satirische Werk“

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Gabriele Baumgartner, Semirah Heilingsetzer, Berthold Ecker (Hg./Ed.)

JOSEF MIKL Das satirische Werk The Satirical Work


JOSEF MIKL

Das satirische Werk The Satirical Work HerausgeberInnen fĂźr das Wien Museum Editors for the Wien Museum Gabriele Baumgartner, Semirah Heilingsetzer, Berthold Ecker


IMPRESSUM IMPRINT Katalog / Catalogue JOSEF MIKL Das satirische Werk JOSEF MIKL The Satirical Work HerausgeberInnen für das Wien Museum / Editors for the Wien Museum: Gabriele Baumgartner, Semirah Heilingsetzer, Berthold Ecker Redaktion / Editing: Semirah Heilingsetzer Texte / Texts: Berthold Ecker, Brigitte Bruckner-Mikl, Josef Mikl, Gabriele Baumgartner, Otto Breicha, Fritz Koreny, Peter Baum, Semirah Heilingsetzer, Hanno Rauterberg, Oliver Rathkolb, Artur Rosenauer, Teddy Podgorski, Drago Prelog, Rudolf Schönwald Lektorat / Copy editing: Semirah Heilingsetzer, Gabriele Baumgartner Übersetzung / Translation: Almut Haböck, John P. Craig Grafik / Graphic design: Timothy Simpson Fotografie / Photography: Michael Netousek, Heimo Watzlik außer / except: Imagno / Otto Breicha (S. 122), Brigitte Bruckner-Mikl (S. 112), Anna Mikl (S. 10), Johannes Rauchwarter (S. 114), Andreas Urteil (S. 50) Cover: Josef Mikl, aus: Das Wunderpferd oder auch Zauberpferd, 1948 Alle Rechte vorbehalten. / All rights reserved. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. This work is subject to copyright. All rights are reserved, whether the whole or part of the material is concerned, specifically the rights of translation, reprinting, re-use of illustrations, recitation, broadcasting, reproduction on microfilms or in other ways, and storage in databases. For any kind of use, permission of the copyright owner must be obtained. Gedruckt auf säurefreiem Papier, hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff. TCF Printed on acid-free paper produced from chlorine-free pulp. TCF Printed in Austria

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek: The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic date is available on the Internet at http://dnb.dnb.de Library of Congress Cataloging-in-Publication data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. ISBN 978-3-11-059490-4 www.degruyter.com © 2018, Wien Museum © 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin / Boston © für die Texte bei den AutorInnen / for the texts with the authors. Sofern nicht anders angegeben / unless otherwise noted: © für die Abbildungen / for the images with: Wien Museum Ausstellung / Exhibition JOSEF MIKL Das satirische Werk JOSEF MIKL The Satirical Work 01.02.2018 – 01.04.2018 MUSA – Museum Startgalerie Artothek Felderstrasse 6-8, 1010 Wien / Vienna www.musa.at Ein Projekt des Wien Museum A Project of the Wien Museum Kuratorinnen / Curators: Gabriele Baumgartner, Semirah Heilingsetzer Ausstellungsproduktion / Exhibition coordination: Roland Fink Ausstellungsgrafik / Exhibition graphics: Timothy Simpson Mediengestaltung / Media design: Michael Netousek Ausstellungsaufbau / Exhibition installation: Michael Netousek, Heimo Watzlik

HAUPTSPONSOR DES WIEN MUSEUMS


INHALT CONTENT Berthold Ecker

Kritik als notwendiger Reibebaum Criticism as Necessary Scratching Post

Brigitte Bruckner-Mikl Zur Schenkung

About the Donation

Josef Mikl

Humor und Satire Humor and Satire

Gabriele Baumgartner Das satirische Werk The Satirical Work

Josef Mikl

Die gute Petrolfee und die böse Hawranek (Abdruck) Josef Mikl

Über die Karikatur und warum die Hawranek erfunden wurde About Caricature and Why the Hawranek Was Invented

Otto Breicha

Zur Hawranek About Hawranek

Fritz Koreny

Gefährlich ist die Hawranek Dangerous Is the Hawranek

Josef Mikl

Die Hawranek und die HER (Abdruck) Peter Baum

Josef Mikl – Maler, Zeichner und Satiriker Josef Mikl – Painter, Draftsman and Satirist

Semirah Heilingsetzer

Kunstkritik in Österreich in den 1950er und 1960er Jahren Art Criticism of the 1950s and 1960s in Austria

Hanno Rauterberg

Die Feigheit der Kritiker ruiniert die Kunst The Cowardice of the Critic Destroys Art

Oliver Rathkolb

Josef Mikl – Kritische Skizzen zur nationalsozialistischen Vergangenheit von Künstlern Josef Mikl – Critical Sketches on the National-Socialist Past of Artists

Josef Mikl

Das Geleetier und die Humetime (Eine Rätselaufgabe), Abdruck Artur Rosenauer Josef Mikl

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Josef Mikl

Teddy Podgorski

„Der Künstler darf sich vom Kritiker nichts sagen lassen” „The Artist can‘t be told his Business by the Critic“

Josef Mikl

Der schreckliche Schulfunk (Abdruck) Drago Prelog

„Mikl war grundsätzlich ein kritischer Mensch“ „Mikl was principally a Critical Person“

Rudolf Schönwald

Eine kitschige Geschichte A Kitschy Story

Josef Mikl und die Kritiker

Zur Krise der Kritik von Ernst Köller (Abdruck) Reaktion von Josef Mikl (Abdruck)

Brief an Ernst Köller (Erstes Kinderbuch für Franz Josef) Josef Mikl

Drohnen-Zeitung (Abdruck) Bildteil

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Die Schenkung

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Biographische Notizen von Josef Mikl

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Schriften von Josef Mikl

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Publikationen zur Satirefigur Hawranek

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Zu den Autoren

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The Donation

Contributers


Das satirische Werk The Satirical Work



Berthold Ecker Kritik als notwendiger Reibebaum Wenn einer der führenden Künstler seiner Generation die Satire als Kunstform und den satirischen Umgang mit den Kritikerinnen und Kritikern seiner Kunst als einen bedeutenden Aspekt seiner Arbeit deklariert, dann hat dies zweifellos auch über sein eigenes Schaffen hinaus Bedeutung. Für viele Kunstschaffende ist der Diskurs über ihre Arbeit, gleich ob dieser konsensuell oder kontroversiell geführt wird, von immenser Bedeutung, um sich in den eigenen Standpunkten zu überprüfen und sich überhaupt erst einmal zu informieren, wo denn die eigene Arbeit in der Kunst der Zeit und in der Gesellschaft angesiedelt sei. Von hier aus können Korrekturen vorgenommen und der Kurs verändert werden – oder eben gerade auch nicht. Auch in einem wütenden Beharren kann sich die tiefe Überzeugung für die Richtigkeit des eigenen Handelns äußern. Und was heißt schon „Richtigkeit“ in Bezug auf die Kunst? Wie auch immer diese Auseinandersetzungen gesehen werden mögen, erzählen sie uns im Falle von Josef Mikl vieles über seine kämpferische und kantige Natur, über seine Leidenschaft und entschiedene Überzeugung von der Bedeutung seiner Kunst. Für sein satirisches Werk hat er die Journalistenfresserin Hawranek erfunden, die er in vielen Variationen auf die schreibende Zunft loslässt. Damit wird Wiener Kulturgeschichte lebendig, und dies vermitteln uns die beiden Kunsthistorikerinnen Gabriele Baumgartner und Semirah Heilingsetzer, beide in eindrucksvoller Weise Expertinnen für dieses Thema. Brigitte Bruckner-Mikl, die Witwe des Künstlers, bot der Stadt Wien – MUSA vor einigen Jahren diesen speziellen und so wichtigen Aspekt aus dem Schaffen des großen Malers als Schenkung an, die wir mit Freude und großem Dank annahmen und nach der erfolgten Aufarbeitung nun im Rahmen des vorliegenden Projektes präsentieren. Für das Publikum eröffnet sich damit nicht nur ein Blick hinter die Kulissen eines künstlerischen Schaffens, sondern auch in die Mechanismen des Kunstbetriebes der vergangenen Jahrzehnte.

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Berthold Ecker Criticism as Necessary Scratching Post If a leading artist of his generation declares satire an art form, and satire of male and female critics of his art to be an important aspect of his work, then the significance of this must clearly extend beyond his own work. For many artists, the discourse surrounding their work, no matter if that discourse is sympathetic or adversarial, is of great importance in considering one’s own standpoint and simply understanding the position of one’s own work within the art of its time and culture. From there, corrections can be made, and the course can be changed or not. Also, an angry insistence may contain a deep conviction of the correctness of one’s own action. And what does “correctness” in regard to art really mean? However these arguments may be viewed, in regard to Mikl it tells us much about his prickly and bellicose nature, about his passion and deep conviction of the importance of his art. For his satirical work he invented the journalist eater Hawranek, and unleashed her on the writing guild in many variations. All of this reinvigorates the cultural history of Vienna, and Gabriele Baumgartner and Semirah Heilingsetzer, both experts on this topic, communicate this in an impressive way. Brigitte Bruckner-Mikl, the widow of the artist, offered some years ago a very special and important part of the great painter’s body of work to the city of Vienna MUSA which we gladly and with great thanks accepted and, after extensive study, now present in the framework of this project. For the public, it offers not only a view behind the scenes of the artist’s work, but also into the workings of the art world of the past decades.

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Brigitte Bruckner-Mikl Zur Schenkung Die Aufarbeitung der literarischen Seite Josefs war der entscheidende Impuls, die zahlreichen Skizzenbücher und Manuskripte an die Stadt Wien zu übergeben. Seine umfangreiche literarische und zeichnerische Begabung soll auch in Zukunft für die Öffentlichkeit zugänglich und einsehbar sein. Gerade in seinen satirischen Schriften wird eine Seite sichtbar, die das Bild des vielseitigen und -schichtigen Künstlers weiter abrunden. Die über Jahrzehnte hinweg entstandenen Arbeiten zeigen Josef Mikl nicht nur als umfangreich gebildeten, sondern auch als einen Künstler, der mit Kritik an Zeitgenossen – vor allem jenen aus dem Kunstbereich – nicht sparte. So bilden seine Werke auch eine literarische Zeitdokumentation, die in einer Fülle an Skizzenbüchern, Heften und Manuskripten nun an die Öffentlichkeit gelangt. Die Aufarbeitung und die Präsentation dieser Werke im MUSA ist ein wichtiger Schritt im Verständnis des Künstlers, der mit dieser Ausstellung auch vielen Besuchern möglich gemacht wird. Josef Mikl, in Wien geboren, lebte auch zeit seines Lebens in seiner Heimatstadt. Es ist daher nur ein konsequenter Schritt, nun auch Wien einen wichtigen Teil seines künstlerischen Ausdrucks zu überlassen.

Brigitte Bruckner-Mikl About the Donation The study of Josef’s literary side has been the impetus to donate his numerous sketchbooks and manuscripts to the City of Vienna. His extensive talent for literature and drawing should also be accessible to the public in future. It is exactly in his satirical writings that a side of him becomes visible which further develops the image of this versatile and complex artist. The works which have been created over decades show Josef Mikl not only as widely-educated artist, but also as an artist who was not sparing with criticism of his contemporaries—especially those from the art world. His works also form a literary documentation of his time, which now is presented to the public with a wealth of sketchbooks, notebooks, and manuscripts. The study and presentation of these works in the MUSA is an important step for the understanding of this artist, which is now made possible for many visitors with this exhibition. Josef Mikl, born in Vienna, spent his whole life in his birth city. Therefore, it is a logical step to leave an important part of his artistic expression with the city of Vienna.

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Josef Mikl im Atelier, 2006 Foto: Anna Mikl

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Josef Mikl Humor und Satire Die meisten mögen das zweidimensionale, das gemütliche, das primitive, das zerstreuende zu ihrer Unterhaltung. Zwischen Tschunkeln in Ausflugslokalen (Alles andere hat der Tourismus zerstört), der Zeitungslektüre und den lustigen Fernsehprogrammen mit dem eingeblendeten Lachen, ent­ wickelt sich der Humor der meisten. Für diesen Pappendeckel – Humor gibt es Lieferanten genug: Broschürengrafiker, Witzezeichner, Fernsehblödler, Kabarettistenalleinunterhalten usw. ... Die Ästheten täuschen bloß, denken sich gebildet, konsumieren das Selbe, leben in der primitiven gleichen Welt. Da wir also in einer solchen humorvollen Welt leben, würden heutzutage Lehrgänge von Rabelais über Swift, Daumier, Nestroy zu Kafka und Kraus nicht nur Widerstände sondern auch Krankheiten, Epidemien hervorrufen. So ist dieser Nicht-Humor der meisten das Thema der wahren Karikatur, die Satire die Aufklärung der wenigen geworden. So wenig möchte auch ich sein. 1

Josef Mikl Humor and Satire Most people like the two-dimensional, the cozy, the primitive, the amusing for their entertainment. Between swaying to music in restaurants for day-trippers (tourism has destroyed everything else), reading the newspaper, and watching TV programs with canned laughter, the humor of most develops. For this pasteboard humor there are enough suppliers: Graphic artists for flyers, cartoonists, TV comics, cabaret entertainers, etc. … The aesthetes merely deceive, think of themselves as educated, consume the same things, live in the same primitive world. Since we are living in such a humorous world, nowadays courses covering Rabelais through Swift, Daumier, Nestroy to Kafka and Kraus would not only bring resistance, but also diseases and epidemics. Thus, the non-humor of most has become the topic of true caricature, and satire has become the enlightenment of the few. I want to be as little as this. 2 1 Josef Mikl 2003, in Josef Mikl. Arbeiten 1997–2008 (Hg. Josef Mikl, Brigitte Bruckner-Mikl), Wien 2009, 58. 2 Josef Mikl 2003, in Josef Mikl. Arbeiten 1997–2008 (ed. Josef Mikl, Brigitte Bruckner-Mikl), Wien 2009, 58.

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Gabriele Baumgartner Das satirische Werk Die Schenkung an das MUSA umfasst 20 Hefte bzw. Bücher, zwei Fassungen eines Drehbuches, sieben Einzelblätter, neun Blätter für eine Ausstellung, vier Texte sowie 16 Episkopbilder, die thematisch dem kritisch-satirischen Werk Mikls zuzuordnen sind. Die Beschäftigung mit Satire war von Beginn an Teil seines künstlerischen Lebens. Wie eine von ihm im Katalog für die Kunsthalle Krems 2004 veröffentlichte Liste, die er unter „Schriften von Josef Mikl“ subsumierte, 1 erkennen lässt, waren besonders die 1950er und 1960er Jahre eine sehr intensive Zeit. Anlässlich der Schenkung der Skizzenbücher, Texte und Hefte zeigte sich, dass Mikls satirisches Werk umfangreicher ist, als ursprünglich aufgrund dieser Liste angenommen werden konnte. Einige seiner Bücher bzw. Hefte sind nicht angeführt, manche davon beinhalten aber auch nur kurze Gedankensplitter. Mikls Liste macht deutlich, welche Arbeiten ihm im Rückblick wichtig waren; 2 und sie zeigt auch, dass nicht alle Werke vorliegen. Manche Besitzer sind nicht mehr eruierbar, diese Arbeiten liegen teilweise nur mehr als Rohmanuskript vor. In seinen Anfangsjahren bevorzugte Mikl vor allem unlinierte Hefte, die er mit Bild-Text-Kombinationen füllte und auch datierte, später verwendete er überwiegend gebundene Notizbücher, die er nicht datierte und die daher nur schwer in eine zeitliche Abfolge gereiht werden können. Auch zahlreiche einzelne Blätter sind erhalten, die eine rege literarische und zeichnerische satirische Tätigkeit dokumentieren. Josef Mikl wird immer wieder als fordernder Mensch beschrieben, der seine Aversionen pflegte und sich laufend mit seinem Umfeld auseinandersetzte. Mikl selbst machte keinen Hehl daraus, dass er nur wenige Personen im Kunstbereich schätzte und auf deren Urteil Wert legte. In einem 2004 veröffentlichten Interview listet er auf: „(…) Albert Schulze-Vellinghausen war der große Kritiker der ‚FAZ‘ (…) Alphabetisch sind Otto Breicha, Museumsdirektor, Sammler, Schriftsteller und Herausgeber, Werner Hofmann, Museumsdirektor, Schriftsteller und Sammler für den Staat, Vinzenz Oberhammer, Museumsdirektor und Schriftsteller, Artur Rosenauer, Ordinarius für Kunstgeschichte und Schriftsteller, Alfred Schmeller, Museumsdirektor, Denkmalpfleger und Kritiker, Wieland Schmied, Museumsdirektor und Schriftsteller, genannt. Mit Dank.“ 3 Besonders bemerkenswert charakterisiert Wieland Schmied den Künstler in seiner Eröffnungsrede für die Ausstellung in Aschaffenburg 1999: „Josef Mikl und die Literatur, Josef Mikl und das Theater – ein Verhältnis, das so einfach und so kompliziert ist wie alles bei Josef Mikl. Ich kenne wenig gebildetere, wenig belesenere Menschen unter den zeitgenössischen Malern als Josef Mikl. Schopenhauer, Kierkegaard, Carlyle, Jean Paul sind ihm so vertraut wie die großen Österreicher, wie Kafka, Trakl, Musil, um nur diese Namen zu nennen. Gebildet, belesen – das könnte auch Begriffe wie schöngeistig und feinsinnig nahelegen. Josef Mikl ist beileibe alles andere als schöngeistig oder

1 Josef Mikl, retrospektiv, 1947–2003, (Hg. Carl Aigner, Tayfun Belgin), Kunsthalle Krems, Wien 2004, 201f. 2 In den veröffentlichten Listen werden die Texte unterschiedlich ausgewiesen. So werden etwa im Katalog „Josef Mikl, Zeichnungen“ der Graphischen Sammlung Albertina, Wien 1979, sehr ausführlich die einzelnen Kinderbücher gelistet. Unter anderem findet sich dort „Das Kamäkjopferd“, 1957/58, das in der 2004 veröffentlichten Auflistung fehlt. 3 Josef Mikl im Gespräch mit Maria Rennhofer, in: Josef Mikl, retrospektiv, 1947–2003, (Hg. Carl Aigner, Tayfun Belgin), Kunsthalle Krems, Wien 2004, 17 und 19.

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feinsinnig. Er ist ein Künstler, ein Künstler mit der Kraft, enthusiastisch zu lieben und zu bewundern, wie mit der Kraft, erbarmungslos zu verurteilen und radikal tabula rasa zu machen. Josef Mikl ist ein unbequemer Geist, ein streitbarer Zeitgenosse. Vieles paßt ihm nicht an unserer Zeit, und er wird nicht müde, es unverblümt, in oft verletzender Direktheit auszusprechen.“ 4 Dass Mikl selbst mit dieser Charakterisierung völlig einverstanden war, lässt sich daran ablesen, dass er die Rede 2004 im Katalog zur Ausstellung „Josef Mikl, retrospektiv, 1947–2003“ in der Kunsthalle Krems abdruckte. Bereits während seiner Studienzeit an der Akademie der bildenden Künste beklebte er die Wände seines Ateliers mit Bildern von „boshaft ausführlichen Exekutierungen von Mißliebigem“. 5 In einem Interview mit Maria Rennhofer erzählt Josef Mikl von einer Begebenheit aus seinen Anfängen: „Ich dekorierte nach dem Krieg den Französischen Offiziersklub in der Mariahilfer Straße. Die großen Räume waren bedeckt mit dahingegangenen Redakteuren, Mitarbeitern und Kulturleuten, schwarz auf weiß, mit rotem Leimfarbenblut überall. Roland Kovac spielte unter zuckenden Tischtennislampen Bach-Jazz. Der verantwortliche Offizier wollte mich erschießen, seine Frau nahm ihm den Revolver weg und die Putzfrauen am nächsten Tag die Dekorationen und den Photoapparat mit den Filmen. Ich nannte die Veranstaltung ‚Aufklärung und Unterhaltung‘, zu einem Mysterienspiel verstieg ich mich nicht.“ 6 Mikl scheute sich nie, öffentlich Anstoß zu erregen, das zeigen nicht nur seine Wanddekorationen, sondern zum Beispiel auch eine Einladungskarte für den Faschingsball des Art Clubs 1952: 7 Darauf bildete er Personen der Kulturszene mit einem Messer im Körper oder mit Gewehr ab, die Namen sind verballhornt – beispielsweise „Kulturfilosoph Gristoph Gottlieb Sedlmayr“ oder „Reichsbabbendeckelmaler und Mitglied eines Wiener Kunsthauses Seicherl A. Wengerl“. Einladungskarte für einen Faschingsball des Art Clubs, 1952

Mikls Liste seiner „Schriften“ erlaubt dank der hinzugefügten Untertitel eine formale Zuordnung der einzelnen Werke, Ergänzungen wie „Zwischenspiel“, „Geschichte mit Bildern“ oder „Geschichte mit Episkopbildern“ verweisen auf die Art der Gestaltung. Mikl schuf auch „Kinderbücher“, die er meist Kindern von Freunden widmete – exemplarisch seien genannt: „Die Vernichtung von Journalisten. Lehrheft für die Auböckkinder“ oder jenes für seinen ersten Sohn „Erstes Kinderbuch für Franz Josef. Kunstkritikertexte mit Glossen“. Seine wohl bekannteste Figur, das mehrbeinige Untier, die Journalistenfresserin Hawranek, entstand – es gibt dazu widersprüchliche Angaben – im Jahr 1954 8 oder spätestens 1961 9. Der Text „Die gute Petrolfee und die böse Hawranek“ wird in der 2004 veröffentlichten Liste mit „Erstes Manuskript zur Hawranek“ untertitelt. Der Überbegriff „Hawranek“ wird schließlich ab den 1970er Jahren zum Synonym für seine satirischen Arbeiten. Die Schriften der Anfangsjahre sind häufig mit dem Vermerk „vorgetragen“ bzw. „vorgelesen“, „nicht vorgetragen“ oder „nicht gedruckt“ gelistet. Ab 1964 kommt es zu zahlreichen Publikationen

4 Wieland Schmied: Eröffnungsrede Juli 1999, Jesuitenkirche Galerie der Stadt Aschaffenburg, in: Josef Mikl, retrospektiv, 1947–2003, (Hg. Carl Aigner, Tayfun Belgin), Kunsthalle Krems, Wien 2004, 169. 5 Otto Breicha, in: Josef Mikl: Gesellschaft der Kunstfreunde Wien 9 (Hg.), Wien 1979, 162. 6 Maria Rennhofer: Gespräch mit Josef Mikl, in: Josef Mikl, retrospektiv, 1947–2003, (Hg. Carl Aigner, Tayfun Belgin), Kunsthalle Krems, Wien 2004, 19. 7 1952 und 1953 Einzelausstellungen im sogenannten „Strohkoffer“ des Art Clubs. Mikl fungierte nach der Ära Schmeller als Sekretär und „Mädchen für alles“ des Art Clubs. Otto Breicha, Der junge Mikl. Beginn und frühe Jahre, in: Josef Mikl, retrospektiv, 1947–2003, (Hg. Carl Aigner, Tayfun Belgin), Kunsthalle Krems, Wien 2004, 22. 8 Auflistung in: Josef Mikl, retrospektiv 1947–2003, (Hg. Carl Aigner, Tayfun Belgin), Kunsthalle Krems, 2004, 201. 9 Otto Breicha: Zu den Kinderbüchern Josef Mikls, in: Wort in der Zeit, 12/1962, Auflistung: 14.

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in verschiedenen Medien wie in der Studentenzeitschrift „Impuls“ 10, in den Literaturzeitschriften „Literatur und Kritik“ 11 und „protokolle“ 12 sowie in der Zeitschrift „wortmühle“ 13. In Buchform erschienen schließlich ab 1964 insgesamt sieben sogenannte „Hawraneks“, wovon fünf von Mikl im Selbstverlag publiziert wurden. Mikls Satiren wurden in vielfältiger Weise und in verschiedenster Form – teils als kurze, bissige Stellungnahmen, teils als Illustrationen fremder Texte – publiziert. 14 Im Jahr 1962 werden Mikls satirische Werke in der Galerie St. Stephan erstmals umfangreich gezeigt. Der Titel der Schau gibt die Richtung vor: „Kinderbücher Texte Zeichnungen Aquarelle Gouachen 1950–1962 Besondere Berichte über Kulturtagungen und Zeitungsredaktionen, über Pferde Hunde Tausendfüßler Journalisten Kunstkritiker österreichische Dichter über das Fernsehen und das Radio“ 15. In den Jahren 1963 und 1964 folgte jeweils eine weitere Ausstellung in der Galerie St. Stephan. Die Einladungskarte für 1964 gibt Aufschluss: „Vier neue Kinderbücher. Das unglückliche Ende der Häusserfrau (wie es einem ergehen kann). Erstes Kinderbuch für Franz Josef (handelt mit unglücklichen Journalisten). Der schreckliche Schulfunk (Die Erledigung der Ravag). Einige Verbrechen der Hawranek unter besonderer Berücksichtigung Tirols (mit Feuer und Schwert)“. Es folgten „Neues von der Hawranek, Zeichnungen und Aquarelle“ im Jahr 1969 in der Galerie Ariadne und ein Jahr später „Die Hawranek, Zeichnungen und Aquarelle“ in der Galerie Kaiser. Wie wichtig Mikl die Präsentation seiner satirischen Arbeiten war, zeigt das Plakat einer im Österreichischen Kulturinstitut in Warschau veranstalteten Ausstellung im Jahr 1973, auf dem der Journalist „Ausbrecher“ abgebildet war. 1985 folgte schließlich eine Präsentation in der BAWAG Foundation. Der Ausstellungstitel „Aquarelle Zeichnungen Bilder“ gibt keinen Hinweis auf die präsentierten satirischen Werke,

Einladungskarte Galerie St.Stephan,

auf der Einladungskarte ist aber eine „Hawranek“ abgebildet, und es ist zu lesen: „Die Ausstel-

1962.

lung zeigt den intellektuellen, kritischen und sarkastischen Maler Josef Mikl. Mit Arbeiten aus vierzig Jahren. Der Abstrakte Mikl vermag im Genre des Grotesk-Komischen mit intuitiver Treffsicherheit seine brillanten und ideensprühenden Formulierungen voll auszuspielen. Mit Blick auf das Wesentliche, auf den Kern der Dinge, stellt Mikl bloß.“ Zwei Jahre später, im Jahr 1987, wird mit „Die Journalistenfresserin Hawranek“ auch im Katholischen Studentenhaus in Graz die Satire in den Fokus gestellt und auf der Einladungskarte und dem dazugehörigen Plakat jeweils ein satirisches Werk präsentiert. Anlässlich der Veröffentlichung von Mikls „Die Aufführung in der Sandgrube oder Der Müller und sein Kind“ lud die Neue Galerie im Jahr 1988 zur Buchpräsentation und Ausstellung.

10 Die Hawranek und die HER, Text, 3 Illustrationen, in: Impuls, Kritische Zeitschrift für Studenten, Graz, Sept./Okt. 1964, 10-12. 11 Das Geleetier und die Humetime (Eine Rätselaufgabe), in: Literatur und Kritik, Salzburg, Mai 1966, Heft 2, 55. 12 Das unglückliche Ende der Häusserfrau oder Die drei grossen H’s oder Der Beauftragte Buchbinder oder Wer anderen ein Buch schreibt, kommt selbst zum Buchbinder, in: protokolle, Wiener Halbjahresschrift für Literatur, bildende Kunst und Musik, (Hg. Otto Breicha), 1971/1, Wien 1971. 13 Die Auguster Medientagung in Kugelhagel Anno 1700 und Annoncenbuben, in: wortmühle, Literaturblätter aus dem Burgenland, II/1, Eisenstadt 1979, 3–7. 14 Zeitungsartikel wie: EURO-TV in ernster Krise? Sensationeller Forschungsbericht eines Wiener Hochschulprofessors, in: Die Zeitung, 1970; Andreas Okopenko, Die Befriedung, in: Impuls, Kritische Zeitschrift für Studenten, Jänner/März 1965, Zeichnung von Josef Mikl, 15; Einmalige Drohnen-Zeitung, Lienz/Wien, Freitag, 26. Mai 1972. In mehreren Kurzartikeln wird Josef Mikls Hawranek thematisiert. 15 In der Auflistung im Katalog für die Kunsthalle Krems 2004, 192, findet sich der verkürzte Titel: Kinderbücher Hawranek Texte 1950 1962.

Einladungskarte Galerie St.Stephan, 1964.

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Ausstellungsplakat 1969

Ausstellungsplakat 1973

Ausstellungsplakat 1987

Ausstellungsplakat 1996

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Ausstellungsplakat 2000

Lesung 1981

Einladungskarte 1988

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Einladungskarte 1987

Einladungskarte 1985

Für die Schau „Große Ölbilder und Arbeiten zur Hawranek“ des Kunstvereins für Kärnten im Künstlerhaus Klagenfurt 1996 wurde ein Faksimile eines Skizzenbuches reproduziert. Vier Jahre später, im Jahr 2000, widmete das Museum Breitenfurt mit „Arbeiten zur Hawranek und anderes“ Mikls satirischer Seite eine breite Plattform. Dass die „Hawranek“-Arbeiten Teil von Mikls reger Ausstellungstätigkeit waren, zeigt vor allem die Auflistung der ausgestellten Werke im Katalog der Albertina aus dem Jahr 1979. Auch in der „retrospektiv“-Ausstellung in der Kunsthalle Krems im Jahr 2004 waren „Hawraneks“ vertreten. Eine Lesung aus den satirischen Bild-Text-Kombinationen ohne begleitende Ausstellung dokumentiert ein Plakat des Museums der Modernen Kunst von 1981: Präsentiert wurde „Das Wunderpferd oder auch Zauberpferd“. Ein Zeitdokument aus dem Jahre 1977 hat sich in der Österreichischen Mediathek erhalten: Der Literat Franz Schuh las aus einer „Hawranek“-Geschichte. Brigitte Bruckner-Mikl erinnert sich an eine Lesung von August Schmölzer in Mürzzuschlag im Jahr 1999. 16 Der Künstler betonte zwar mehrmals – etwa in seinem Text „Über die Karikatur und warum die Hawranek erfunden wurde“ –, dass seine satirische Seite von seiner Malerei zu trennen sei, und er beruft sich auf Künstler, die ebenfalls eine Trennung zwischen ihrem malerischen und satirischen Werk vollzogen haben. 17 Die durchmischte Präsentation verwischte jedoch die 16 Gespräch mit Brigitte Bruckner-Mikl am 27. 11. 2017 17 Josef Mikl: Über die Karikatur und warum die Hawranek erfunden wurde, in: Josef Mikl: Gesellschaft der Kunstfreunde Wien 9 (Hg.), Wien 1979, 158.

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Grenze zwischen malerischem und satirischem Werk. Gegen eine Trennung spricht, dass in Mikls zwei umfangreichsten Publikationen – der Monografie aus dem Jahr 1979 und dem Katalog zur Ausstellung in der Kunsthalle Krems 2004 – seinem satirischen Œuvre breiter Raum gewährt wird. In der Publikation aus dem Jahr 1979 sind der Satire in Mikls Werk Texte von Otto Breicha und Fritz Koreny gewidmet. Diese Publikation spiegelt auch Josef Mikls eigene schriftstellerische Tätigkeit und seine intensive Auseinandersetzung mit Literatur wider, zahlreiche Zitate geschätzter Autoren und Philosophen finden sich neben selbst verfassten Beiträgen wie „Richard Gerstl und der österreichische Kunstverstand“ 18 und „Über den Gegenstand“ 19. Mikls intensive Auseinandersetzung mit Literatur manifestierte sich auch in seinen sakralen Auftragsarbeiten, die nicht nur auf Bibelstellen, sondern auch auf philosophischen Aussprüchen fußen. 20 Vor allem Sören Kierkegaard war ein wichtiger Impulsgeber, in der Sammlung der Stadt Wien findet sich etwa eine Serie von Radierungen zu Kierkegaards Erzählung „Stille Verzweiflung“. Wie Matthias Boeckl 21 bemerkt, trat die literarische Grundlage in Mikls malerischem Werk zunehmend in den Vordergrund. So basiert das Konzept für die Ausgestaltung des Großen Redoutensaales (1994–1997) auf Stücken von Johann Nestroy, Ferdinand Raimund und Elias Canetti. Das Deckenbild widmete Mikl den 34 Versen des Gedichtes „Jugend“ von Karl Kraus. 22 Auch abseits dieses Großauftrags entstanden Gemälde, die vor allem auf Raimund und Nestroy basieren. Aus einer intensiven Auseinandersetzung mit Nestroys satirischem Einakter „Häuptling Abendwind“ resultierte ein Zyklus aus Ölbildern und Grafiken, der 1999 in einem Katalog veröffentlicht wurde. Auch Nikolai Gogols Roman „Tote Seelen“ stellte einen wichtigen künstlerischen Impuls für Mikl dar. Der Künstler verbindet in seinem malerischen Werk Text und Bild, wie er es bereits in seinen frühen satirischen Schriften handhabte. Wieland Schmied geht sogar so weit festzustellen: „Josef Mikls Bilder sind, in einem umfassenden Sinn verstanden, geschriebene Bilder. Nicht zufällig ist, wenn von der Kunst Mikls gesprochen wird, immer wieder von Handschrift, Pinselspur, Geste, Duktus die Rede. Wir müssen hinzufügen: Es handelt sich dabei nie um Kalligraphie, viel eher um Kritzelschrift, die an Kinderkritzeleien erinnern mag, mehr noch an in großer Eile unter einem Ansturm von Gedanken gemachte Aufzeichnungen, die wenigstens etwas von diesem Gedankensturm festhalten wollen.“ 23 Artur Rosenauer bemerkt in diesem Zusammenhang: „(…) die Inhalte erschließen sich nicht von selbst. Entscheidend aber bleibt, dass die Schrift Teil der Bildgestaltung ist.“ 24 Und an anderer Stelle: „So wie es bei Mikl den Übergang von der Zeichnung zur Malerei gibt, so gibt 18 Josef Mikl, in: Josef Mikl, Gesellschaft der Kunstfreunde Wien 9 (Hg.), Wien 1979, 254f. 19 Josef Mikl, in: Josef Mikl, Gesellschaft der Kunstfreunde Wien 9 (Hg.), Wien 1979, 38. 20 Die Glasfenster von St. Margarethen im Burgenland basieren auf einem Zitat von Kierkegaard: „Im Gewissen hat Gott den Blick auf mich geworfen, und nun ist es mir unmöglich gemacht, zu vergessen, daß dieses Auge mich sieht. Dieses, daß Gott auf mich sah, machte, daß ich auf Gott sehen mußte und muß.“ Das Glasfenster für die St.-Joseph-Kapelle in Kreuzberg von 1975/76 trägt die Inschrift: „Was Augen sehn, wann wir die Augen schliessen, Denn werden wir viel mehr, ja alles sehn und wissen. (Andreas Gryphius)“. 21 Matthias Boeckl: Josef Mikl, in: Klaus Albrecht Schröder (Hg.): Nach 1970. Österreichische Kunst aus der Albertina, Wien 2008, 150. 22 Die in das Deckenbild eingefügten 34 Verse sind nicht mit freiem Auge zu erblicken. 23 Wieland Schmied: Eröffnungsrede Juli 1999, Jesuitenkirche – Galerie der Stadt Aschaffenburg, in: Josef Mikl, retrospektiv, 1947–2003, (Hg. Carl Aigner, Tayfun Belgin), Kunsthalle Krems, 2004, 171. 24 Artur Rosenauer: Zum Verhältnis zwischen Malerei und Zeichnung, in: Josef Mikl, retrospektiv, Kunsthalle Krems, a.a.O., 143.

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es auch den Übergang von der Schrift zur Zeichnung, von der Schrift zur Malerei. Dem Duktus seiner schwer lesbaren, aber unverkennbaren Handschrift eignet eine Dynamik, eine Bewegtheit, die sie der Dynamik seines Striches kompatibel macht.“ 25 Dass Mikl sich umfassend literarisch verwirklichte, wird nicht nur durch seine satirische Seite offensichtlich. Texte über Künstlerkollegen und Stellungnahmen zu verschiedensten Themen beweisen seinen eigenen literarischen Zugang. Seine Witwe, Brigitte Bruckner-Mikl, beschrieb Josef Mikls Verhältnis zur Sprache als „die Lust am Wort“, die den Künstler ein Leben lang begleitete. 26 In der Liste der „Schriften“ von 2004 ist als frühestes Werk „Achill und Hector“ aufgenommen, ein „Zwischenspiel für Handpuppen“, mit 1947 datiert. Der Text – eine kabarettistische Szenenfolge in mehreren Aufzügen – ist nur als Typoskript mit handschriftlichen Korrekturen erhalten. Es trägt den Titel „Heiteres aus dem Leben von Achill und Hektor (In memoriam Achim von Arnim)“ und handelt von dem in die Moderne versetzten Kampf um Troja. Die dazugehörigen Handpuppen und die Dekoration gingen verloren. 27 In einigen der von Mikl in die späten 1940er Jahre und Anfang 1950 datierten Bild-Text-Kombinationen 28 besucht ein „Wunderpferd“ verschiedene Orte und beobachtet, wie jemand aus der Kulturszene zu Tode kommt. Das „Wunderpferd“ tritt titelgebend in den beiden Heften „Wunderpferd auch Zauberpferd genannt“ und „Letzte Reise des Wunderpferds“ auf, aber auch in einem unbetitelten, mit 1952 datierten Heft wird der Charakter erwähnt. Ein einzelnes erhaltenes Blatt offenbart, dass es sich bei dem „Wunderpferd“ um einen Reporter handelt – Mikl titelt: „Das Wunderpfärd oder auch Zauberpfaerd (Reporter einer auslaendischen Zeitung kommt nach Wien und warum es wieder weggeht. Eine kaum erbauliche Geschichte)“. Alfred Schmeller sieht für das Miklsche Meucheln folgenden Zusammenhang: „Es ist nicht Das Wunderpfärd oder auch Zauberpfaerd; Zeichnung, 1952 Mischtechnik, 21 x 29,7 cm

zu gewagt, wenn man behauptet, daß in dieser ‚Knochenphase‘ ein Erlebnis des Buben, des Schülers Mikl übermächtig nachwirkt: die Nachrichten, Filme und Photos, die damals von den Konzentrationslagern veröffentlicht wurden. Zur gleichen Zeit zeichnet Mikl in der Art von Kinderzeichnungen Karikaturen: heftige, bösartige Schüsse auf die Exponenten und auf die Stars des Kulturbetriebs. Es ist kein Zufall, dass auf den ersten Seiten dieser ‚Kinderbücher‘ lediglich mit einer Pistole geschossen wird und dass auf den letzten die Schusswaffen sich verhundertfacht haben: die offizielle Kunst von heute, das Theater und der Film sind in ein einziges Leichenfeld verwandelt. Kindheitserinnerungen, innere Verletzungen, Aggressionstrieb, schaffen sich hier Luft.“ 29 Kaum jemand blieb von Mikls Bissigkeit verschont. In „Wunderpferd auch Zauberpferd genannt“ wird zum Beispiel das Künstlerhaus zum „Kinstlerheusl“ – in der Verballhornung des Namens wird Mikls Ablehnung gegenüber der Vereinigung und den dort ausstellenden Künst-

25 Artur Rosenauer: Zum Verhältnis zwischen Malerei und Zeichnung, in: Josef Mikl, retrospektiv, Kunsthalle Krems, a.a.O. 26 Aus einem Gespräch mit Brigitte Bruckner-Mikl, 27.3.2017 27 Eine Notiz von Josef Mikl an eine nicht mehr eruierbare Person gibt Aufschluss: „Dieses Fragment ist eine kabarett. Szenenfolge, Heiteres aus dem Leben von Achill und Hektor, schicke ich dir (bringe es aber wieder) Die Rechtschreibfehler entschuldige, ich schrieb es nicht selbst sondern diktierte es. Nur diese ist mehr vorhanden, alles andere kam abhanden. 1947.“ 28 Josef Mikls 2004 publizierte Liste führt die beiden Skizzenbücher mit „Wunderpferd 1 1948“ und „Wunderpferd 2 1949“. Jedoch finden sich in den Skizzenbüchern selbst Datierungen: „Letzte Reise des Wunderpferds (auch Zauberpferd genannt) M 51.“ Irreführend ist auch die Auflistung in Josef Mikl: Ein Skizzenbuch zu Hawranek, 1996. Dort ist in der Liste „Das Wunderpferd 2“ mit dem Vermerk „gedruckt“ versehen. 29 Alfred Schmeller, in: Josef Mikl, Farbe und Figur, Ausstellungskatalog, Kunsthalle Hamburg, 1981, 18.

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lern offensichtlich. Viele „Opfer“ der Geschichten sind heute in Vergessenheit geraten, die meisten Anspielungen waren nur Eingeweihten oder Zeitgenossen verständlich. Das Skizzenbuch „Das fojanische Pferd oder die Besichtigung des Sklavenlagers in Zwikled“ findet sich nicht auf Mikls Liste von 2004, wurde von ihm jedoch auf der ersten Seite mit 1952 signiert. Der Künstler führte in die Geschichte ein: „Das Lager in Zwikled war gedacht als Treffpunkt der schaffenden Intelligenz Österreichs, als grösztes Kulturzentrum neben Alpach und Leopoldskron. Durch einen Sprengstoffanschlag aber von Mitgliedern des Rilkebundes und Angehörigen der Reichsnihilisten gegen ein führendes Haupt der österr. Neoveristen: B.B.“ Eine Auseinandersetzung zwischen zwei Lagern entbrennt, und Mikl lässt einen nicht näher definierten ausländischen Reporter die Begebenheiten um den gewaltsamen Tod einzelner Kulturschaffender schildern. Er schließt mit: „Der Reporter ‚Das fojanische Pferd‘ verlässt das Lager in Zwikled mit dem Frühzug.“ Wieder wird mit dem „fojanischen Pferd“ ein Reporter zum Zeugen des Mordens und der historischen Begebenheiten. Mit seiner Figur der „Journalistenfresserin“ Hawranek verunglimpft er schließlich in einem Rundumschlag Journalisten, Redaktionen und sonstige bei ihm in Ungnade Gefallene. 1979 schrieb Mikl: „Solange es journalistische Erzeugnisse gibt, weiß man um ihre Schädlichkeit.“ 30 Manche der Texte waren zum Vortrag vorgesehen, dabei kamen Episkopbilder zum Einsatz, 14 x 14 cm große Bildchen, die mit Hilfe eines Episkops – eines optischen Gerätes – an die Wand projiziert wurden. Die erhaltenen Bilder können nur mehr vereinzelt den Texten zugeordnet werden. Bei dem Text „Der Tintenfisch und die Seejungfrau“ (1953) beispielsweise wird aufgrund der Zahlen im Text klar, dass während des Vortrags mindestens 80 Episkopbilder die Geschichte veranschaulichten. Das Kinderbuch „Kupferohr, der Sohn des Altpapierhändlers Geschichte mit Bildern 1 Aquarell 2 Tuschholzzeichnungen für die Schmellerkinder“ aus dem Jahr 1958 zeigt eine andere Variante: Auf der Vorderseite findet sich das Motiv, auf der Rückseite ist jeweils die Geschichte zu dem Bild zu lesen. Mikl notierte: „Alle Vergleiche mit Tieren sind zu entschuldigen“, und verhöhnt Redaktionen, Journalisten und den Schulfunk. Bezeichnenderweise erhielten die Kinder des von Mikl sehr geschätzten Alfred Schmeller, der selbst als Kritiker für den „Kurier“ tätig war, das Buch. In seiner Liste beschreibt Mikl sein Kinderbuch „Kupferohr, der Sohn des Altpapierhändlers“ als „Geschichte mit

Episkopbild, 1953 Mischtechnik, 14 x 14 cm

Bildern 1 Aquarell 2 Tuschholzzeichnungen“, das Buch liegt jedoch mit zwei Aquarellen und fünf Tuschholzarbeiten 31 vor. Im Kinderbuch „Der schreckliche Schulfunk 5 Aquarelle für die Podgorskikinder, 1964“ wurde die RAVAG, die erste österreichische Rundfunkgesellschaft, die bis zur Gründung des ORF 1958 bestand, 32 Ziel des Spotts. Mikl schenkte diesen Text den Kindern des Journalisten Teddy Podgorski.

30 Josef Mikl: Über das Unterrichten (1972), in: Josef Mikl, Zeichnungen, Albertina 1979, 35. 31 Nach Angabe seiner Witwe Brigitte Bruckner-Mikl am 27. August 2017 schnitzte sich Josef Mikl für seine Tuschzeichnungen selbst verschiedene Hölzer von sehr rund bis sehr spitz. Das Holz wurde in Wasser gelegt, damit es besser die unterschiedlich verdünnte Tusche aufnehmen konnte. Holz nimmt nur sehr wenig Farbe auf, deshalb war ein schnelles Wiedereintauchen in die Tusche vonnöten. Dadurch entstand eine gute Spannung zwischen Motiv, raschem Eintauchen in die Farbe und erneutem Erfassen des Motivs. 32 Die RAVAG nahm im Oktober 1924 mit Radio Wien den offiziellen Sendebetrieb auf und bestand bis zur Gründung des ORF; https://www.wien.gv.at/wiki/index.php?title=RAVAG (Stand: 3.11.2017)

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Josef Mikl, Kupferohr, der Sohn des Altpapierhändlers, Geschichten mit Bilder für die Schmellerkinder; lose Blattsammlung, 1958 8 Blätter / 16 Seiten, Mischtechnik 20 x 50 cm

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Otto Breicha charakterisiert Josef Mikls Intentionen: „Mikls Kinderbücher sind solche, weil sie die Welt der Erwachsenen aus der Perspektive des Kindes angehen und bissig glossieren; weil sie sich der kindlichen Vorstellungsweise bedienen, in dieser Art verpersönlichen, knüpfen und exekutieren, deutlich und direkt. Der böse Kulturredakteur ist ein Krokodil, langgestreckt, mit häßlichen Beulen, rot, gelb und blau. – Mikl übertreibt zu extremistischer Karikatur, zur moralisierenden Groteske des Struwelpeters, zur Satire Swifts; zum reinen Gelächter, zur blutrünstigen Phantasmagorie.“ 33 Breicha analysiert Mikls kindliche Bild-Text-Kombinationen der Anfangsjahre: „Er begibt sich in das kindliche Vorrecht, noch vor den Konventionen zu sein, gegen Tabus zu verstoßen, mit naiver Ernsthaftigkeit abzurechnen. Selbst gestellt in die Phrasen einer erwachsenen Welt, eingespannt in deren Institutionen, in den Totalitarismus kulturbeflissener Betriebsamkeit, reklamiert Mikl im Kinderbuch die Privilegien der Kinderzeichnung, um Rache zu üben, in schadenfroher Mitwisserschaft.“ 34

Josef Mikl, „Studien zu Annerl und der liebe Rauschgiftverkäufer (Eine romantische Liebesgeschichte für die mittlere Schulstufe), 1958“ Mischtechnik, 20 x 50,1 cm 33 Otto Breicha: Zu den Kinderbüchern Josef Mikls, in: Wort in der Zeit, 12/1962, 13. 34 Ebd.

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Ausstellung Galerie St. Stephan, 1964, Kritikerkarikaturen Fotograf: unbekannt

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Josef Mikl, aus: Die Vernichtung von Journalisten, Lehrheft für die Auböckkinder, 1964 / 65 8 Blätter, Aquarell, 22,5 x 100 cm

Bereits im Jahr 1962 tätigte die Sammlung der Stadt Wien den Ankauf der satirischen Blätter „Studien zu Annerl und der liebe Rauschgiftverkäufer, 1958“, Nachweis der Anerkennung einer damals eher unüblichen Form durch eine Institution. Inwieweit Mikl auf aktuelle Begebenheiten oder Ereignisse einging, kann nur in Einzelfällen nachvollzogen werden, etwa in seinem im Jahr 1966 publizierten „Rätsel“ (Seite 107) Ob auch ein realer Hintergrund für das Heft „Kulturtagung in Worpswede“ aus dem Jahr 1951 besteht, bleibt ungewiss. Mikl hat einige seiner Kinderbücher in Variationen mehrmals reproduziert. Offensichtlich wurde etwa „Die Vernichtung von Journalisten. Lehrheft für die Auböckkinder“ aus dem Jahr 1964 / 1965 ein weiteres Mal mit Abwandlungen gefertigt. Neben den acht erhaltenen Aquarellen tauchten im Kunsthandel zwei weitere Blätter auf, die im Format bzw. in Bezug auf Motiv und Text ähnlich sind. 35 Die mit Schreibmaschine geschriebenen Texte haben sich oft ein weiteres Mal in Mikls Besitz erhalten. Ein Beispiel für die mehrmalige Verwendung eines Textes, jedoch mit unterschiedlichen Zeichnungen stellt „Die unglückliche Häusserfrau“ von 1964 dar. Das Werk war Helmut Qualtinger gewidmet und umfasste: „Das unglückliche Ende der Häuserfrau, Helmut Qualtinger zum 36. Geburtstag, 1964, 3 Texte, 3 Aquarelle und 3 Redisfederzeichnungen“. 1971 wurde der Text mit zwölf Zeichnungen in der Literaturzeitschrift „protokolle“ veröffentlicht. Mikl spricht dabei von den großen „drei H’s“ und meint damit die Schauspielerin Helene Thimig, Hugo Hofmannsthal und Clemens Holzmeister, die er wie auch die Protagonisten des Concordiaballes 36 lächerlich agieren lässt. Die Vermutung liegt nahe, dass Mikl mit „Häusserfrau“ auf den Theaterdirektor und Regisseur Ernst Haeusserman Bezug nimmt.

35 Hollegha, Mikl, Prachensky. Abstraktion in Österreich, Verkaufskatalog Kovacek & Zetter, Wien 2014, Abb. 10 und 11. 36 Der Ball des Presseclubs Concordia wird seit mehr als 150 Jahren abgehalten, mit Unterbrechungen während des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit.

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1964 war für Mikl ein entscheidendes Jahr: Die erste „Hawranek“ wurde von der Galerie Der Spiegel in Köln aufgelegt, und das Museum der Moderne Wien widmete dem Künstler eine Personale. 37 Dieser großen Ausstellung folgte jene mit seinen neuen vier Kinderbüchern in der Galerie St. Stephan. Ausstellungsansichten dokumentieren die damalige Präsentation: Mikl klebte den maschinell geschriebenen Text auf Papier und stellte seine Illustrationen den Texten gegenüber. Es haben sich einzelne Blätter erhalten, die Mikl in ein Faltblatt mit der Aufschrift: „Nach der Gerichtssaalreporter Ausbrecher, 1969 Aquarell, 40 x 53 cm

Ausstellung im 20er Haus“ eingeschlagen hatte. Der überwiegende Teil der Blätter handelt vom teilweise erhaltenen „Ersten Kinderbuch für Franz Josef“, in dem Mikl seine Kritiker direkt und namentlich angreift und die Hawranek bissig antworten lässt. Da die Blätter auch Kopien aus seinem für die im Jahr 1969 konzipierte Ausstellung „Neues von der Hawranek“ in der Galerie Ariadne 38 erstellten Katalog mit den „besten“ Kritiken enthalten, ist davon auszugehen, dass die Blätter spätestens im Jahr 1969 gestaltet wurden. Mit seinem „Best-of“-Katalog reagierte Mikl ein weiteres Mal auf seine Kritiker. In seinen Angriffen ließ Mikl Journalisten zum „Blindenhund“, „Ausbrecher“, „Zitterrochen“ oder zur „Scheibe“ werden. Die Figur des „Franz von Schlecht“ orientierte sich vermutlich an dem

Redakteur Zitterrochen, 1969 Aquarell auf Papier, 27,6 x 39 cm

Schriftsteller und Theaterkritiker Franz (von) Tassié (1903–1990), der für den „Express“ schrieb. In dem 1975/76 entstandenen Porträtfilm von Georg Madeja antwortet Mikl auf Guido Wielands Frage, weshalb er seinen Figuren tierische Formen verleihe: „Damit es nicht so tragisch wird. Es ist kein bestimmtes Tier. Es wäre einfach, ein Schwein zu nehmen oder eine Ratte. Aber dadurch, dass es gemischt wird, enthebt es mich der Realität, und ich kann mich in ein Fantasieland entfernen. Schließlich ist die Hawranek angesiedelt in dem Fantasieland.“ 39 Ein Themenkreis, den Josef Mikl einige Male aufgriff, war das Theaterstück „Der Müller und sein Kind“ von Ernst Raupach, 1830 im Burgtheater uraufgeführt und bis in das 20. Jahrhundert hinein meist zu Allerheiligen in vielen Theatern gespielt. Auch der erste vollständig erhaltene, 1911 gedrehte österreichische Stummfilm befasst sich damit. 40 Mikls kleines Originalheft des Stückes ist Teil der Schenkung an die Stadt Wien. Offenbar interessierte Mikl diese Thematik in den 1980er Jahren: 1987 publizierte er „Die Aufführung in der Sandgrube oder Der Müller und sein Kind in vier Akten und dreizehn Szenen mit dem Schlußauftritt der Hawranek“ im Selbst-

Journalist Scheibe, 1969 Aquarell, Deckrot, 32 x 22,5 cm

verlag. Auch einige der erhaltenen Skizzenbücher, die rund um diese Veröffentlichung datiert werden können, handeln von diesem Stück. Wann das kleine Buch „Der Müller und sein Kind oder: Das allgemeine Malheur mit den Journalisten“ mit einem Text von Otto Breicha und Josef Mikl veröffentlicht wurde, lässt sich nicht mehr eruieren. Wahrscheinlich ist es im Selbstverlag erschienen, es weist weder ein Impressum noch ein Ausgabejahr auf. Gerade die Auseinandersetzung mit einem Theaterstück zeigt Mikls Spiel mit der Sprache: Er schrieb Texte und illustrierte sie mit Episkopbildern oder Zeichnungen, fertigte Bild-Text-Kombinationen, verfasste aber auch Drehbücher und begann mit Bühnenstücken. Sein Ausdrucksstil variiert

Reporter Franz von Schlecht, 1967 Aquarell auf Aquarellkarton, 48 x 62 cm

– mal formuliert er erzählerisch, dann wieder in kurzen Staccato-Sätzen oder auch in Reimform. Teil der Schenkung sind auch sechs Blätter, die nicht ausdrücklich seinen satirischen Werken zugeordnet werden können. Mikl setzt sich darin mit autobiografischen Themen und Erlebnissen während seiner Anfangsjahre als Künstler auseinander. 37 Ausstellungsdauer: 17. Jänner bis 8. März 1964. 38 Galerie Ariadne, Neues von der Hawranek, Ausstellungsdauer: 15. Oktober bis 9. November 1969. 39 Josef Mikl, Georg Madeja, Farbfilm, Dauer 60 min., ORF Wien, 1975/76. 40 https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Müller_und_sein_Kind_(Österreich,_1911) (Stand: 3.11.2017)

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Ausstellungskritiken zusammengestellt von Josef Mikl

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In Mikls letzten Lebensjahrzehnten nahm die Publikationstätigkeit ab. 1996 veröffentlichte der Kunstverein Kärnten ein Faksimile des „Skizzenbuchs zur Hawranek“, in dem Mikls Handschrift ohne Transkription kaum lesbar ist – ganz anders als in seinen ersten Heften, in denen gerade die kindliche Druckschrift das Lesen erleichtert und in die Mikl gerne „Rechtschreibfehler“ einfügte. 2004 wird schließlich die letzte „Hawranek“ von Mikl selbst ebenfalls als Faksimile publiziert. Bezeichnenderweise wurde das Buch inklusive eines Kaffeeflecks auf dem Umschlag reproduziert. Gerade in seinen ersten satirischen Schriften, allen voran den „Wunderpferden“ oder der „Kulturtagung in Worpswede“, geht Mikl mit Kunstschaffenden seiner Zeit hart ins Gericht. Er bezieht sich auf verschiedene Episoden, ihre künstlerische Arbeit bzw ihre politische Meinung. Mit seiner „Journalistenfresserin“ Hawranek, die als Untier durch die Lande zieht, prangert er vor allem die Kritiker an. In einem Gespräch mit ARTV 2005 sagte Mikl: „Ein Mensch liest immer über Ausstellungen. Vielleicht hat er schon einen Lieblingskritiker. Da kommt er schon in so a hohle Gasse. Dann ist er verloren. Der sieht dann immer nur, was der Depp da in der Zeitung schreibt, oder liest es und denkt ned. Drum habe i mein Leben lang die Kritiker bekämpft mit Karikaturen, Satiren. Hat a nix geholfen. Jetzt ist es bald soweit, dass es keine Kritiker mehr gibt. Die werden auch immer schwächer. Furchtbar.“ 41 Mikl scheint die Reibung mit Kulturschaffenden und -kritikern als Inspirationsquelle für sein satirisches Werk überaus geschätzt zu haben. So sind diese Arbeiten auch als authentisches Zeitdokument für die nachkommenden Generationen zu sehen.

41 Film Josef Mikl, 2005, ARTV.at, Verein zur Dokumentation der Künste.

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Katalog mit den von Josef Mikl gesammelten Kritiken zur Ausstellung in der Galerie Ariadne, 1969

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Gabriele Baumgartner The Satirical Work The donation to the MUSA includes 20 notebooks or rather books, two versions of a screenplay, seven single sheets, nine sheets for an exhibition, four texts, as well as 16 episcope images, which belong to the critical-satirical work of Mikl. From the beginning, these works were a part of his artistic life. A list which he published in a catalogue for the Kunsthalle Krems in 2004 under the title “Writings by Josef Mikl” 1 shows that the 1950s and ’60s had especially been very intense times. On the occasion of the donation of the sketchbooks, texts, and notebooks it became apparent, based on the aforementioned list, that Mikl’s satirical work is more extensive than previously assumed. Some of his books, or rather notebooks, are not mentioned, some of them, though, just contain brief aphorisms. Mikl’s list makes clear which works were important to him retrospectively, 2 and it also makes clear that not all works remained. Some owners cannot be traced any longer; some of these works exist only as raw manuscripts. In his early years Mikl especially preferred unlined notebooks which he filled with image-text combinations and also dated; later he used mostly bound notebooks, which he did not date and which, therefore, are difficult to place in chronological order. Also, many single sheets survived; these document active literary work and drawing. Josef Mikl is always described as a demanding person, who maintained his aversions, and who continuously interrogated his environment. Mikl himself did not attempt to conceal that he had a high opinion of only a few in the art scene, and valued only their judgment. In an interview published in 2004, he made a list: “(…) Albert Schulze-Vellinghausen was the great critic of the FAZ (...) Alphabetically named are: Otto Breicha, museum director, collector, writer, and publisher; Werner Hoffmann, museum director, writer and collector for the state; Vinzenz Oberhammer, museum director and writer; Artur Rosenauer, professor of art history and writer; Alfred Schmeller, Museum director, curator of monuments, and critic; Wieland Schmied, museum director and writer. With thanks.” 3 Especially remarkable is the characterization of the artist by Wieland Schmied in his opening speech for the exhibition in Aschaffenburg: “Josef Mikl and literature, Josef Mikl and theater—a relationship which is as simple and as complex as everything with Josef Mikl. I know few more sophisticated, more well-read people within the contemporary painters than Josef Mikl. Schopenhauer, Kierkegaard, Carlyle, Jean Paul are as familiar to him as the great Austrians, like Kafka, Trakl, Musil, just to name a few. Sophisticated, well-read—this could suggest aesthetic or sensitive. Josef Mikl is anything but aesthetic or sensitive. He is an artist, an artist with power to love and admire enthusiastically, but also to condemn mercilessly, and to radically make a tabula rasa with the same power. Josef Mikl is an inconvenient mind, a contentious

1 Carl Aigner and Tayfun Belgin (ed.), Josef Mikl, retrospektiv, 1947-2000, Kunsthalle Krems, Vienna: 2004, p. 201+. 2 The texts in the published lists are differently marked. For example, the children’s books are listed extensively in the catalogue Josef Mikl, Zeichnungen published by the Graphische Sammlung Albertina, Vienna: 1979. Among others, “Das Kamäkjo­ pferd”, 1957/58, which is missing in the list of 2004, is listed there. 3 Maria Rennhofer, “Gespräch mit Josef Mikl,” in: Carl Aigner and Tayfun Belgin (ed.), Josef Mikl, retrospektiv, 1947-2003, Kunsthalle Krems, Vienna: 2004, pp. 17 and 19.

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contemporary. He does not like a lot of our time, and he does not become tired of expressing himself bluntly, often with a cutting directness.” 4 That Mikl himself completely agreed with this characterization, one can see in the fact that he published this speech in the exhibition catalogue for the exhibition “Josef Mikl, Retrospective, 1947-2003)” in the Kunsthalle Krems in 2003. Already during his times of study at the Academy of Fine Arts, he posted pictures of “maliciously detailed executions of the objectionable” 5 all over the walls of his studio. In an interview with Maria Rennhofer, Josef Mikl talks about an incident from his early days: “After the war, I decorated the French officers’ club in the Mariahilfer Strasse. The large rooms were covered with deceased editors, co-workers, and people from the cultural world, black on white, with fake blood from red-colored glue everywhere. Roland Kovac played Bach-Jazz underneath twitching table tennis lamps. The duty officer wanted to shoot me, his wife removed his revolver, and the cleaning ladies the decorations and the camera with the film the next day. I called the event ‘Enlightenment and Entertainment,’ I didn’t wander into a mystery play.” 6 Mikl never shied away from creating public offense; this is not only visible in his wall decorations, but also for example in an invitation card for the carnival ball of the Art Club 1952. 7 On it he depicted people in the cultural scene with a knife in the body or with a gun; the names are ridiculed— for example “Cultural Philosopher Gristoph Gottlieb Sedlmayr,” or “State Cardboard Painter and Member of a Viennese Kunsthaus, Seicherl A. Wengerl.” Due to the added subtitles, Mikl’s list of his “writings” makes it possible to attribute single works formally, completions such as “Zwischenspiel” (“Interlude”), “Geschichte mit Bildern” (“Story with Pictures”) or “Geschichten mit Episkopbildern” (“Stories with Episcope Images”) refer to the type of design. Mikl also created “Children’s Books,” which he mostly dedicated to children of friends, to name some examples: “Die Vernichtung von Journalisten. Lehrheft für die Auböckkinder“ (“The Annihilation of Journalists: A Manual for the Auboeck Children”), or for his first son, “Erstes Kinderbuch für Franz Josef: Kunstkritikertexte mit Glossen“ (“First Children’s Book for Franz Josef: Texts by Art Critics with Glosses”). Possibly his most well-known figure, the many-legged beast, the journalist eater Hawranek was created in 1954 8 or, at the latest, 1961 9 — contradictory accounts exist here. The text “Die gute Petrolfee und die böse Hawranek” (“The Good Petrol Fairy and the Wicked Hawranek”) is subtitled in the published list of 2004 as “First Manuscript on Hawranek.” The overarching expression “Hawranek” has finally become a synonym for his satirical work since the 1970s. The texts of the beginning years are often listed with the remark “lectured,” “read to,” “not lectured,” or “not printed.” From 1964 onwards, there are numerous publications in different

4 Wieland Schmied, “Eröffnungsrede Juli 1999, Jesuitenkirche Galerie der Stadt Aschaffenburg,” in Carl Aigner and Tayfun Belgin (ed.), Josef Mikl, retrospektiv, 1947-2003, Kunsthalle Krems, Vienna: 2004, p. 169. 5 Otto Breicha, in Josef Mikl: Gesellschaft der Kunstfreunde Wien 9 (Hg.), Vienna: 1979, p. 162. 6 Maria Rennhofer, “Gespräch mit Josef Mikl,” in Carl Aigner and Tayfun Belgin (ed.), Josef Mikl, retrospektiv, 1947-2003, Kunsthalle Krems, Vienna: 2004, p.19. 7 Solo exhibitions in the so-called “Strohkoffer” (“Straw Suitcase”) of the Art Club in 1952 and 1953. Mikl was the secretary and “jack of all trades” of the Art Club after the Schmeller era. Otto Breicha, “Der junge Mikl. Beginn und frühe Jahre,” in Carl Aigner and Tayfun Belgin (ed.), Josef Mikl, retrospektiv, 1947-2003, Kunsthalle Krems, Vienna: 2004, p. 22. 8 “List”, in Carl Aigner and Tayfun Belgin (ed.), Josef Mikl, retrospektiv, 1947-2003, Kunsthalle Krems, Vienna: 2004, p. 201. 9 Otto Breicha, “Zu den Kinderbüchern Josef Mikls,” in Wort in der Zeit, 12/1962, Auflistung, p. 14.

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media, such as the student magazine Impuls, 10 the literary magazine Literatur und Kritik, 11 and protokolle, 12 as well as the magazine wortmühle. 13 Since 1964 seven so-called “Hawraneks” have been published in book form, five of them self-published by Mikl. Mikl’s satires have been published in various ways and various forms, partly as short, biting comments, partly as illustration of other texts.14 In the year 1962, Mikl’s satirical work was shown in its full range for the first time in the Gallery St. Stephan. The title of the show indicates the direction: “Children’s Books Texts Drawings Watercolors Gouaches 1950-1962 Special reports about culture conferences and newspaper editors, about horses dogs centipedes journalists art critics Austrian poets about TV and radio.” 15 In the years 1963 and 1964, an exhibition each year in the Gallery St. Stephan followed. The invitation card for 1964 explains: “Four new children’s books. The unhappy end of the Häusserfrau (how it can happen to one). First children’s book for Franz Josef (deals with unhappy journalists). The terrible school broadcasting program (The knock-out of Ravag). Some crimes of the Hawranek with special consideration of Tirol (with fire and sword).” “Latest on the Hawranek, Drawings and Watercolors” followed in 1969 in the Gallery Ariadne, and a year later, “The Hawranek, Drawing and Watercolors,” in the Gallery Kaiser. The poster for the 1973 exhibition organized by the Austrian Cultural Institute in Warsaw shows with its depiction of the journalist “Ausbrecher” (“Escapee”) how important the presentation of his satirical work was to Mikl. In 1985, a presentation in the BAWAG Foundation followed. The title of the exhibition “Watercolors Drawings Pictures” does not give any hint of the satirical works exhibited, but the invitation card depicted a “Hawranek,” and one could read: “The exhibition shows the intellectual, critical and sarcastic painter Josef Mikl. With works from forty years. The abstract painter Mikl is able to fully develop his brilliant and idea-exuberant formulations with intuitive precision in the genre of the comical grotesque. With an eye for the essential, Mikl exposes the heart of the matter.” Two years later, in 1987, the satire also becomes the focus in the Catholic Student House in Graz with the “Journalist Eater Hawranek,” and a satirical work is depicted on the invitation card and the poster. On the occasion of the publication of Mikl’s “The Performance in the Sandbox,” the Neue Galerie Graz invited to the book presentation and exhibition for the year 1988. For the show “Large Oil Paintings and Works about Hawranek,” of the Kunstverein für Kärnten (Art Association of Carnuntium) in the Künstlerhaus Klagenfurt in 1996, a facsimile of a sketch book was reproduced. Four years later, in 2000, the Museum Breitenfurt dedicated a wide platform to Mikl’s satricial side with “Works on Hawranek and Other Subjects.” 10 “Die Hawranek und die HER, Text, 3 Illustrationen,” in Impuls: Kritische Zeitschrift für Studenten, Graz: Sept./Oct. 1964, p. 10. 11 “Das Geleetier und die Humetime (Eine Rätselaufgabe),” in Literatur und Kritik, Salzburg: Mai 1966, Vol. 2, p. 55. 12 “Das unglückliche Ende der Häusserfrau oder Die drei grossen H’s oder Der Beauftragte Buchbinder oder Wer anderen ein Buch schreibt, kommt selbst zum Buchbinder,” in Otto Breicha (ed.), protokolle, Wiener Halbjahressschrift für Literatur, bildende Kunst und Musik. 1971/1, Vienna: 1971. 13 “Die Auguster Medientagung in Kugelhagel Anno 1700 und Annoncenbuben,” in wortmühle. Literatur aus dem Burgenland, Eisenstadt: 1979, II/1 pp. 3-7. 14 Newspaper articles like: “EURO-TV in ernster Krise? Sensationeller Forschungsbericht eines Wiener Hochschulprofessors,” in Die Zeitung, 1970. “Andreas Okopenko, Die Befriedung,” in Impuls, Kritische Zeitschrift für Studenten, January/March 1965. Drawing by Mikl, p. 15. “Einmalige Drohnen-Zeitung,” Lienz/Vienna: Friday, May 26, 1972. In a few short articles Josef Mikl’s Hawranek is the subject of discussion. 15 In the list of the catalogue for the Kunsthalle Krems 2004, p. 192, one finds the abbreviated title: “Kinderbücher Hawranek Texte 1950 1952.”

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That the “Hawranek” works were part of Mikl’s active exhibition record is shown by the listing of the exhibited works in the catalogues of the Albertina from the year 1979. Also, in the “retrospective” exhibition in the Kunsthalle Krems in the year 2004 “Hawraneks” were present. A lecture from the satirical text-image combinations without accompanying exhibition is documented by a poster of the Museum of Modern Art in Vienna from 1981: “The Enchanted Horse, or also Magical Horse” were presented. An interesting document of the times from 1977 has survived in the Austrian Multimedia Center: The writer Franz Schuh read from a “Hawranek” story. Brigitte Bruckner-Mikl remembers a reading from August Schmölzer in Mürzzuschlag in the year 1999. 16 The artist though stressed multiple times — for example, in his text “Warum die Hawranek erfunden wurde” (“Why the Hawranek Was Invented”)— that his satirical side has to be separated from his paintings, and he refers to artists who also separated their painterly and satirical work. 17 The intermixed presentation, however, obscured the boundaries between the painterly and satirical work. The large space given to his satirical oeuvre in two extensive publications of Mikl’s work—the monograph from 1979, and the catalogue to the exhibition in the Kunsthalle Krems from 2004—speak against such a separation. In the publication from 1979, texts from Otto Breicha and Fitz Koreny focus on the satire in Mikl’s work. This publication is also mirrored by Josef Mikl’s own work as a writer and his study of literature; numerous quotes by esteemed authors and philosophers are found next to his own contributions, such as “Richard Gerstl and the Austrian art intellect,” 18 and “About the Object.” 19 Mikl’s intensive study of literature also manifests itself in commissioned sacral works, which are based not only on passages in the bible, but also on philosophical sayings. 20 He was especially inspired by Søren Kierkegaard; in the collection of the city of Vienna one can find a series of etchings dedicated to Kierkegaard’s vignette “Quiet Despair.” As Matthias Boeckl noted, 21 the literary basis in Mikl’s painterly work came more and more to the forefront. The concept of the decoration of the Great Redouten Hall (1994-1997) is based on plays by Johann Nestroy, Ferdinand Raimund, and Elias Canetti. Mikl dedicated the ceiling fresco to the 34 verses of the poem “Jugend” (“Youth”) by Karl Kraus.22 Even apart from this large commission he created paintings which were especially based on Raimund and Nestroy. A cycle of oil paintings and graphic work, which was published in 1999 in a catalogue, resulted from an intensive study of Nestroy‘s satirical one-act play “Häuptling Abendwind” (“Chief Evening Wind”). Also Nikolai Gogol’s novel “Dead Souls” presented an important artistic impulse for Mikl. In his painterly work, the artist combines text and image, as he had wielded already in his earlier satirical writings. Wieland Schmied even goes so far to state, “Josef Mikl’s pictures are, in a 16 Conversation with Brigitte Bruckner-Mikl on the 27.11.2017 17 Josef Mikl, “Über die Karrikatur und warum die Hawranek erfunden wurde,” in Josef Mikl: Gesellschaft der Kunstfreunde Wien 9 (ed.), Vienna: 1979, p. 158. 18 Josef Mikl: Gesellschaft der Kunstfreunde Wien 9 (ed.), Vienna: 1979, p. 254+. 19 Josef Mikl: Gesellschaft der Kunstfreunde Wien 9 (ed.), Vienna: 1979, p. 38. 20 The glass windows of St. Margarethen in Burgenland are based on a quote by Kierkegaard. “In my conscience God has looked at me, and it is impossible for me to forget that this eye is seeing me. Thus, that God looked at me had the effect that I had looked and have to look at God.” The glass window from 1975-76 for the St.- Joseph-Chapel in Kreuzberg has the inscription: “What the eyes see when we close the eyes. Then we will become and know much more, really, everything. (Andreas Gryphius).” 21 Matthias Boeckl, “Josef Mikl,” in Klaus Albrecht Schröder (ed.). Nach 1970. Österreichische Kunst aus der Albertina, Vienna: 2008, p. 150. 22 The 34 verses which have been included in the ceiling fresco cannot be seen with the naked eye.

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cohesive sense, written images. It is not coincidental, when talking about Mikl’s art, that there is always talk of handwriting, brush stroke, gesture. We have to add: It never is about calligraphy, rather more scribbles, which might remind one of children’s scribbles, more reminiscent of of notes made in a great rush in a storm of thoughts, which at least try to capture something of this storm of thoughts.” 23 Artur Rosenauer notes in this regard, “[..] the content does not infer itself. Though, it remains decisive that the writing is part of the composition.” 24 And at another place, “As much as there is a transition from drawing to painting in Mikl’s work, there is also the transition from writing to drawing. The style of his handwriting, which is difficult to read, but unmistakable, possesses a dynamic, a movement, which is compatible with the dynamic of his line.” 25 That Mikl achieved something comprehensive literarily does not become obvious only in his satirical side. Texts about artists-colleagues, and statements about various topics show his own literary approach. His widow, Brigitte Bruckner-Mikl, described Mikl’s relationship to language as “a desire for the word” which accompanied the artist his whole life. 26 In the list of “writings” of 2004, “Achill and Hector” (“Achilles and Hector”) is recorded as the earliest work, an “Interlude for Hand Puppets,” dated 1947. The text—a cabaret-type sequence of scenes in several acts—only survived as a typescript with handwritten corrections. It is entitled “Heiteres aus dem Leben von Achill and Hector (In memoriam Achim von Arnim)” (“Amusing Episodes of the Life of Achilles and Hector (In memoriam Achim von Arnim”), and is about the Trojan War transferred into modernity. The hand puppet decorations for the play have been lost. 27 In some of the image-text combinations, which have been dated by Mikl into the late 1940s and early 1950s, 28 a “magic horse” visits different places and observes how someone of the cultural scene comes to die. The “Wunderpferd” (“Enchanted Horse”) which gave the work its title, appears in both notebooks “Wunderpferd auch Zauberpferd gennant” (“Enchanted Horse also called Magic Horse”), and “Letzte Reise des Wunderpferds” (“Last Journey of the Magic Horse”), but is also mentioned in the untitled notebook dated 1952. The only surviving drawing shows that the “Magic Horse” is a reporter—Mikl gives it the title: “Das Wunderpfärd oder auch Zauberpfaerd (Reporter einer auslaendischen Zeitung kommt nach Wien und warum es wieder weggeht. Eine kaum erbauliche Geschichte)” (“The Enchanted Horse or also Magic Horse (Reporter of a Foreign Newspaper Comes to Vienna, and why He Left again. Almost an Uplifting Story)”). Alfred Schmeller sees following relationship for Mikl’s assassinations: “It is not too daring to say that an event of the youth, the student Mikl, had a very strong lasting effect in this ‘bone phase’: the news, films, and photos which had then been published of the concentration camps. At the same time, Mikl draws caricatures in the manner of children’s drawings: violent, 23 Wieland Schmied, “Eröffnungsrede Juli 1999, Jesuitenkirche Galerie der Stadt Aschaffenburg,” in Carl Aigner and Tayfun Belgin (ed.), Josef Mikl, retrospektiv, 1947-2003, Kunsthalle Krems, Vienna: 2004, p. 171 24 Artur Rosenauer, “Zum Verhältnis zwischen Malerei und Zeichnung,” in Carl Aigner and Tayfun Belgin (ed.), Josef Mikl, retrospektiv, 1947-2003, Kunsthalle Krems, Vienna: 2004, p. 143. 25 Op. cit. 26 From a conversation with Brigitte Bruckner-Mikl, 03/27/2017. 27 A note by Josef Mikl to someone who cannot be traced any longer, explains: “This fragment is a cabaret. Order of scenes, I’m sending you Amusing Episodes of the Life of Achilles and Hector (however, bring it back). I’m excusing my spelling errors, I did not write it myself, but dictated it. Only this exists now, everything else has been lost. 1947.” 28 The list published by Mikl in 2004 lists both sketchbooks with “Wunderpferd 1 1948” and “Wunderpferd 2 1949.” However, there are dates in the sketchbooks themselves: “Letzte Reise des Wunderpferds (auch Zauberpferd genannt) M51.” The list in Josef Mikl’s “Ein Skizzenbuch zu Hawranek, 1996,” is also confusing. In this list, “Das Wunderpferd 2” has the note “gedruckt” (“printed”) with it.

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malicious shots on his champions and on the stars of the cultural industry. It is not a coincidence that it is only shot from a pistol on the first pages of these “children’s books,” and that the firearms have multiplied a hundredfold: the official art of nowadays, theater and film have been transformed into a continuous scene of carnage. Childhood memories, inner wounds, aggressions are aired-out here. 29 Almost no-one was spared from Mikl’s scorn. In “Wunderpferd auch Zauberpferd genannt” (“Enchanted Horse, also Called Magic Horse”), the “Künstlerhaus,” for example, becomes the “Kinstlerheusl”—in the distortion of the name Mikl’s refusal of the association and artists exhibiting there becomes obvious. Many “victims” of the stories are forgotten nowadays, most allusions can only be understood by insiders or contemporaries. The sketchbook “Das fojanische Pferd oder die Besichtigung des Sklavenlagers in Zwikled” (“The Fojan Horse or the Sightseeing Tour of the Slave Camp in Zwikled”) cannot be found on Mikl‛s list from 2004, but has been signed by him on the first page and dated “1952.” The artist introduces into the story: “The camp in Zwikled had been considered the meeting point of the creative intelligence of Austria, as the largest cultural center aside from Alpbach and Leopoldkron. But due to a bomb attack by the members of the Rilkebund (Rilke association) and members of the Reichsnihilisten (nihilists of the empire) against the leading head of the Austrian Neoveristen (new realists): B.B.” A dispute between the two camps breaks out, and Mikl has an unnamed foreign reporter describe the events around the violent death of individuals engaged in the cultural sector. He ends with: “The reporter, ‘the fojan horse,’ leaves the camp in Zwikled on the early train.” Again, with the “fojan horse,” a reporter becomes the witness of slaughter and historical events. With his figure of the “journalist eater” Hawranek he eventually denigrates journalists, editors, and anyone else who has fallen out of favor in a sweeping attack. In 1979 Mikl wrote: “ As long as there are journalistic articles, one knows about their detrimental impact.” 30 Some of the texts were meant to be for lectures; here, episcope images were employed: little images, measuring 14 x 14 cm, which were projected on the wall by an episcope, an optical machine. The surviving pictures can only be partially matched to the texts. For example, the text “Der Tintenfisch und die Seejungfrau” (“The Octopus and the Mermaid”) (1953) shows with image numbers in the text, that almost 80 episcope images illustrated the story during the lecture. The children‘s book “Kupferohr, der Sohn des Altpapierhaendlers Geschichte mit Bildern 1 Aquarell 2 Tuschholzzeichnung für die Schmellerkinder” (“Copper-Ear the Son of the Waste Paper Dealer Story with Pictures 1 Watercolor 2 Woodstick Ink Drawings for the Schmeller-Children”) from 1958 shows a different variation: On the front is the motif on the back can be read the story for the pictures. Mikl noted: “All comparisons with animals are to be excused,” and mocks editors, journalists, and the school radio program. Characteristically enough, the children of Alfred Schmeller—who Mikl regarded highly, and who worked as a critic for the “Kurier”—received the book. In his list, Mikl describes his children’s book “Kupferohr, der Sohn des Altpapierhaendlers” (“Copper-Ear the Son of the Wastepaper Dealer”) as a “Geschichte mit

29 Alfred Schmeller, “Josef Mikl, Farbe und Figur,” Exhibition Catalogue, Kunsthalle Hamburg: 1981, p. 18. 30 Josef Mikl, “Über das Unterrichten (1972),” in Josef Mikl, Zeichnungen, Albertina: 1979, p. 35.

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Bildern 1 Aquarell 2 Tuschholzzeichnung” (“Story with Pictures 1 Watercolor 2 Woodstick Ink Drawings”), but the book has two watercolors and five woodstick ink drawings. 31 In the children‘s book “Der schreckliche Schulfunk 5 Aquarelle für die Podgorskikinder, 1964” (“The Terrible School Radio Program 5 Watercolors for the Podgorski Children, 1964”), the RAVAG, the first Austrian radio company, which existed until the founding of the ORF (The Austrian Broadcasting Corporation) in 1958, 32 was the target of his mockery. Mikl gave the text to the children of the journalist Thaddaeus Podgorski as a present. Otto Breicha characterizes Mikl’s intentions: “Mikl’s children’s books are such, because they begin to view the world of the adults from the perspective of the child, and satirize it viciously; because they use a childlike imagination, personalize, knot, and execute it in such a manner, obviously and directly. The wicked culture editor is a crocodile, long, with ugly boils, red, yellow, and blue.—Mikl exaggerates to extremist caricature, to a moralizing grotesque of the Struwelpeter, to Swift’s satire; to mere ridicule, to bloodthirsty phantasmagoria.” 33 Breicha analyzes Mikl’s childlike text-image combinations of the beginning years: “He goes into the child’s privilege to still be prior to any conventions, to break taboos, and to take account with naïve earnestness. Being put himself into the phrases of an adult world, roped into their institutions, into the totalitarianism of cultural-minded diligence, Mikl reclaims the privileges of children’s drawings in the children’s book, to take revenge, with gleeful awareness.” 34 Already in 1962, the Sammlung der Stadt Wien (The Collection of the City of Vienna) bought the satirical works “Studien zu Annerl und der Rauschgiftverkäufer, 1958” (“Studies of Annerl and the Drug Dealer, 1958”), evidence of approval through an institution in a rather unusual manner. How far Mikl dealt with actual events can only be reconstructed in single instances, for example, in his “Rätsel” (“Riddle”) (Page 107) published in 1966. It remains uncertain if there was a real background for the notebook “Kulturtagung in Worpswede” (“Cultural Conference of Worpswede”) from 1951. Mikl reproduced some of his children’s books in several variations. “Die Vernichtung von Journalisten. Lehrheft für die Auböckkinder,” (“The Destructions of Journalists. Instruction Manual for the Auboeck-Children”) from 1964 / 1965 has been obviously redone a second time with variations. Besides the eight surviving watercolors, two more works appeared on the art market which are similar in format and almost identical in regard to theme and text. 35 The texts, written with a typewriter, survived elsewhere in Mikl’s possession. An example for the multiple uses of a text with different drawings is “Die unglückliche Häusserfrau” (“The Unhappy Häusser-Woman”) from 1964. The work was dedicated to Helmut Qualtinger and included: “Das unglückliche Ende der Häusserfrau, Helmut Qualtinger zum 36. Geburtstag, 1964, 3 Texte, 3 Aquarelle und 3 Redisfederzeichnungen.” (“The Unhappy End of the Häusser-Woman, Helmut Qualtinger for his 36th Birthday, 1964, 3 Texts, 3 Watercolors, and 3 Pen-and-Ink Drawings”). 31 According to his widow Brigitte Bruckner-Mikl from 08/27/2017 Mikl carved different wooden sticks from very round to very pointed for his woodstick ink drawings. The wood was put into water, so it could take the ink better. Wood just absorbs very little color, therefore, one had to put it very quickly into the ink again. According to Brigitte Bruckner-Mikl it created a good tension between motif, quick dunking in the color, and renewed conception of the motif. 32 The RAVAG started to go officially on air in October 1924 with Radio Vienna, and existed until the founding of the ORF. https:// www.Wien.gv.at/wiki/index.php?title=RAVAG (Date: 3.11.2017). 33 Otto Breicha, “Zu den Kinderbüchern Josef Mikls,” in Wort in der Zeit, 12/1962, p. 13. 34 Op. cit. p. 13. 35 Hollegha, Mikl, Prachensky. Abstraktion in Österreich, Verkaufskatalog Kovacek & Zetter. Vienna, 2014. Image 10 and 11.

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In 1971 the text with twelve drawings was published in the literature journal protokolle. Mikl speaks of the great “three H’s” and means by this the actress Helene Thimig, Hugo von Hofmannsthal, and Clemens Holzmeister, who he has perform ridiculously as protagonists of the Concordia Ball. 36 It can be assumed that Mikl makes a reference to the theater and stage director Ernest Haeusserman  with “Häusserfrau.” 1964 was a decisive year for Mikl: The first “Hawranek” was published by the gallery Der Spiegel in Cologne, and the Museum of Modern Art in Vienna dedicated a solo exhibition to him. 37 This great exhibition was followed by an exhibition with his four new children’s books in the Gallery St. Stephan. Photographs of the exhibition document the presentation of the exhibition: Mikl stuck the typewritten text on paper, and put them next to his illustrations. Single works have survived, which Mikl had folded into a leaflet with the label “After the exhibition in the 20er Haus.” A larger part of his work is about the “Erstes Kinderbuch für Franz Josef” (“First Children’s Book for Franz Josef”), in which Mikl attacks his critics directly and by name, and has the Hawranek respond viciously. Due to the fact that these works also included copies of the catalogue for the exhibition “Neues von der Hawranek” (“Latest on the Hawranek”) from 1969 in the Gallery Ariadne 38 with the “best” reviews, one can assume that the works were done in 1969 at the latest. With the “Best-of” Catalogue Mikl reacted once more against his critics. In his attacks Mikl has journalists become “guide dogs,” “escapees,” “electric rays,” or a “target.” The figure of “Franz von Schlecht” (“Franz von Bad”) probably refers to the author and theater critic Franz (von) Tassie (1903-1990) who wrote for the “Express.” In the documentary from 1975/76, portraying Georg Madeja, Mikl responds to a question by Guido Wieland asking why he has given his figures animal forms: “That it does not get too tragic. It is not a specific animal. It would be easy, to take a pig or a rat. But because it is mixed, it takes me away from reality, and I can go far away into the land of fantasy. Eventually, Hawranek is seated in fantasyland.” 39 A topic which Josef Mikl took up several times was the theater performance “Der Müller und sein Kind” (“The Miller and His Child”) by Ernst Raupach, which premiered in 1830 at the Burgtheater and has been performed in many theaters into the 20th century, mostly on All-SaintsDay. Also the first completely surviving Austrian silent movie from 1911 deals with this play. 40 Mikl’s small original notebook of the piece is part of the donation to the city of Vienna. Obviously, Mikl was interested in this topic in the 1980s. In 1987, he self-published “Die Aufführung in der Sandgrube oder Der Müller und sein Kind in vier Akten und dreizehn Szenen mit dem Schlußauftritt der Hawranek” (“The Performance in the Sandbox, or The Miller and His Child in four acts and 13 scenes with the final appearance of the ‘Hawranek’”). Likewise, some of the surviving sketchbooks, which can be dated to around the same time of this publication, deal with this play. When the little book “Der Müller und sein Kind oder: Das allgemeine Malheur mit den Journalisten” (“The Miller and His Child, or: The General Misfortune with the Journalists”),

36 The ball of the press club Concordia has taken place for more than 150 years, with interruption during WW II and the postwar years. Since 1960 it has taken place in summer. 37 Duration of the exhibition: January 17 to March 8, 1964. 38 Galerie Ariadne, “Neues von der Hawranek.” Duration of the exhibition: October 15 – November 9, 1969. 39 Film by Georg Madeja about Josef Mikl, 1975-76. 40 https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Müller_und_sein_Kind_(Österreich,_1911), 3.11.2017.

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was published with a text by Otto Breicha and Josef Mikl, can no longer be determined. It was probably self-published; it neither shows an imprint nor the year of publication. This close study of a theater performance especially shows Mikl’s play with language: He wrote texts and illustrated them with episcope images or drawings, created image-text-​combinations, but also wrote screenplays and started stage plays. His style varies—sometimes he writes in a narrative style, then in short staccato sentences, or also in rhyme. Included in the donation are also six works which cannot specifically be categorized as satirical work. In those, Mikl works on auto-biographical themes and events of his early years as an artist. In Mikl’s last decades, his publications became fewer. In 1996, the Märtner Kunstverein published a facsimile of the “Skizzenbuch zur Hawranek” (“Sketchbook to Hawranek”), in which Mikl‘s handwriting is barely legible without a transcript – very different from his first notebooks, in which the child-like printed letters made reading much easier, and in which Mikl liked to include “spelling mistakes.” Finally, in 2004, the last “Hawranek” was published by Mikl, also a facsimile. Characteristically, the book was reproduced with a coffee stain on its cover. Especially in his first satirical writings, the “Magical Horses” leading the way, or perhaps the “Kulturtagung in Worpswede” (“Culural Conference in Worpswede”), Mikl is rough on the artists. He refers to various episodes, their artistic work, or political opinion. With his “journalist eater” Hawranek, who rages around the country as a beast, he particularly denounces the critics. In a conversation with ARTV in 2005, Mikl said, “A person always reads about exhibitions. Maybe he already has his favorite critic. There, he already comes into such an empty alleyway. Then he is lost. He only sees what this dope writes in the newspaper, or he reads and doesn’t think. That’s why I have fought the critics with caricatures, satires, for my whole life. Didn’t help at all. Now we are at a point at which there aren’t any critics left. They also become weaker and weaker. Terrible.” 41 Mikl seems to have very much valued the traction with the people in the cultural sector, and critics as his source of inspiration for his satirical work. Thus, the works can also be understood as authentic documents of their time for the following generations.

41 Film Josef Mikl, 2005, ARTV

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Erstes Manuskript zur Hawranek, 1954 / 61 Die gute Petrolfee und die böse Hawranek

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