5. Bemessung 5.5.1 Tragverhalten und Grenzen der Schubtragfähigkeit Der Lastabtrag von Scheibentragwerken aus Mauerwerk kann sehr anschaulich mit streben- und fächerförmigen Spannungsfeldern erfasst werden. Infolge der gleichzeitig einwirkenden Normalkraft und Schubkraft bildet sich eine Druckdiagonale aus. Da nur in der überdrückten Fuge horizontale Kräfte aufgenommen werden können, hängt die Schubtragfähigkeit von Mauerwerk entscheidend von der Auflast bzw. der Neigung der Druckstrebe ab. Eine hohe Auflast bewirkt einen steileren Neigungswinkel und folglich geringere Exzentrizitäten am Wandfuß und einen höheren Reibungswiderstand. Aus dem Gleichgewicht der Kräfte erhält man die Lage der Resultierenden für unterschiedliche Lastkombinationen. Unter der Annahme eines linear-elastischen Werkstoffverhaltens kann die überdrückte Länge am Wandfuß in Abhängigkeit von der Ausmitte ew berechnet werden
l c,lin = 3 ·
( 2l
- ew
)
Dabei ist l Länge der Wand h Höhe der Wand ew die Exzentrizität der einwirkenden Normalkraft in Wandlängsrichtung mit ew = VEd · h / NEd VEd Bemessungswert der in Scheibenrichtung wirkenden Horizontalkraft NEd Bemessungswert der einwirkenden Normalkraft Die mittlere linear-elastische Spannung am Wandfuß errechnet sich zu
σDd =
NEd t · lc,lin
5.11 Mauerwerkscheiben unter Auflast
mit NEd Bemessungswert der einwirkenden Normalkraft t Wanddicke
Das Schubversagen einer gemauerten Wandscheibe hängt vom Verhältnis der vertikalen Normalspannungen zu den Schubspannungen ab und kann durch drei unterschiedliche Versagensmechanismen beschrieben werden (Abbildung 5.13). Bei geringen Auflasten wird der Reibungswiderstand der Lagerfuge überschritten (a). In den entsprechenden Versuchen wird häufig ein treppenförmiger Diagonalriss beobachtet. Im Bereich mittlerer Auflasten tritt das Schubversagen als Steinzugversagen auf (b). Bei sehr großen Auflasten wird die Druckfestigkeit des Mauerwerks am Wandfuß maßgebend.
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a)
b)
5.12 Scheibenbeanspruchung: a) Spannungsblock b) linear-elastische Spannungsverteilung