Der Ziegen-Pionier Seit fast zwanzig Jahren befasst sich Hermann Hainz aus Hochgallmigg mit dem Erhalt einer außergewöhnlichen Ziegenrasse: der „Blobe-Ziege“. Einst am Alpenhauptkamm verbreitet, schrumpfte ihr Bestand aufgrund vermehrter Zucht von Leistungsrassen auf wenige Exemplare. In letzter Sekunde, so kann man ohne weiteres sagen, ging man 2007 daran, ein Zuchtprogramm zu erstellen. Auffällig ist die graublaue Färbung der als ursprünglich geltenden Tiere, die derart geländegängig sind, dass sie beim „Rasenmähen“ den Gämsen Konkurrenz machen. Wie wichtig eine solide Beweidung der Gebirgsregion ist, wird künftig immer mehr von Bedeutung sein. Und - nicht zu vergessen schön sind die graublauen Raritäten außerdem. Wunderschön. Rund 60 Ziegen meckern dem Hermann entgegen, wenn ihn frühmorgens die Pflicht lautstark ruft. Aber es sind keine gewöhnlichen Ziegen: Hermann Hainz hat sich einer Ziegenrasse verschrieben, die nahezu beim Aussterben ist, oder hoffentlich war. Denn, dass die „Blobe Goaß” wieder vermehrt meckert, verdankt sie auch dem Einsatz von Hermann Hainz, Polier und Ziegenbauer im Nebenerwerb. Vor 18 Jahren „verschaute“ er sich in so ein sonderliches Exemplar, in einen Ziegenbock, der seine Herde bereicherte. Und wie das mit der Liebe so ist, suchte er nach der sprichwörtlichen Stecknadel im Heuhaufen, nämlich so lange, bis er ein weibliches Gegenstück für seinen Friedolin fand. Mit diesen zwei Ziegen startete der Hermann in ein Zucht-Abenteuer, wobei zu Beginn sämtliche Schattierungen der illustren Vorfahren grüßten. Heute zählt er stolze sechzig Tiere, lauter „Blobe”. Hoch über dem Tal, in Hochgallmigg finden diese alles was ein Ziegenherz begehrt. Auf einer zwei Hektar großen Koppel saftige Gräser, Laub und Gebüsch zum Schälen. Zur „Hardware“ ge-
hören ferner eine Futterraufe und praktischerweise ein Heustadl, der einer regenscheuen Goaß Unterstand gewährt, sowie ein kleiner Teich, der wohl mehr der Augenweide dient. „Aber sie sind ausgesprochen robuste Tiere,“ kommt Hermann Hainz ins Schwärmen, „Schnee macht ihnen gar nichts, da bleiben sie lieber im Freien. Und auf der Alm suchen sie die höchsten Stellen auf. Zum Fressen müssen sie sogar hinuntersteigen.“ Aha, richtige Ziegen also. Aber was ist dann das Besondere daran?
Rassemerkmale Im Fachjargon: Die „Blobe” (für blau) besitzt eine blaugraue über silbergraue bis dunkelgraue Grundfarbe. Ohne scharfe Abgrenzung. Charakteristisch ist ein dunkler Aalstrich am Rücken. Die Beine sind dunkelgrau bis schwarz, um nur einige der Rassemerkmale zu nennen. Ansonsten hat sie ein kaprizöses Wesen wie alle derartigen Geschöpfe mit speziellen Eigenheiten, die letztlich nur Eingeweihte zu schätzen wissen. Ziegenhaltung ist nicht jedermanns Sache und es gehört viel Idealismus dazu, sich auf die eigenwilligen Vierbeiner einzulassen. Trotzdem fand eine Initiative Gefallen an den „Blobe”, welche das Agrarumweltprogramm als „hoch gefährdete“ Rasse einstuft. Vor Jahren hat sich Arche Austria der alten Rasse der Nord- und Südtiroler Grenzregion angenommen. In Zusammenarbeit mit dem Tiroler Ziegenzuchtverband wurde eine planmäßige Erhaltungszucht betrieben. Der Stand vom Jänner 2008 mit 35 Zuchttieren konnte auf 57 im Jahr 2009 gesteigert werden und weist heute rund 180 Herdbuchtiere mit 13 Züchtern österreichweit auf. In Tirol hat sich 2009 der Verein „Blobe Goaß“ unter Obmann Markus Pirpamer aus Vent gebildet. Mit der Rettungsaktion werden gleich mehrere Ziele verfolgt. Gemeinsam mit dem Naturpark Ötztal soll diese Rasse mit ihrer besonderen Gebirgstauglichkeit Bei-
Fotos: bestundpartner.com/leva
Hermann Hainz hat sich dem Erhalt der „Bloben“ verschrieben
Eine 60-köpfige Herde teilt sich die weitläufigen Weiden in Hochgallmigg.
träge zur Offenhaltung von Bergmähdern, Almen und somit zur Erhaltung des traditionellen Landschaftscharakters in den Hochlagen des Ötztales leisten.
Sommerfrische im Verwall Den Lieblingen von Hermann Hainz ist das mehr oder minder egal, Hauptsache sie können ihre Freiheit ausleben. Sie verbringen ihre Sommerfrische im Verwall und bleiben bis Allerheiligen auf der Weide.
Aus den zwei Ziegen von damals ist, wie gesagt, mittlerweile eine 60 Tiere starke Herde entstanden. Erstmals konnten im vergangenen Jahr sogar 23 Kitze als „Blobe-Ziegen” verkauft werden. Die Ausdauer von Hermann Hainz hat sich auf alle Fälle gelohnt. Aber verflixt, jetzt fehlt noch eine Auskunft darüber, wie sich denn der Almauf- und Abtrieb mit 60 Ziegen gestaltet. Aber vielleicht ist das ein anderes Kapitel… (leva)
€ 1064,– monatlich (nach 24 h Förderung)
7. November 2012
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