Spiegel vom 10.10.2011

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THOMAS EINBERGER / ARGUM

BayernLB-Zentrale in München: Eine kleine miefige Welt

Im Gegenteil: Noch im Jahresabschluss was kam, schickte er seinem Vorstands2004 hatten die Wirtschaftsprüfer der chef Werner Schmidt einen Brief: Er habe KPMG der Bank dringend geraten, ihr „intensiv“ gearbeitet und schlage eine Formel-1-Geschäft um bis zu 290 Millio- Sonderprämie vor. Ein Prozent, wenn der nen Dollar abzuwerten, auf höchstens Kaufpreis unter 500 Millionen Euro liege, noch 370 Millionen. Außerdem hatte es 1,25 Prozent, wenn es 500 Millionen bis noch nie ein Angebot gegeben, das auch eine Milliarde würden. Das hätte ihm also nur entfernt an das der CVC herange- gut acht Millionen Euro gebracht. Acht Millionen, und das bei einer Bank, reicht hätte. Und: Die Bank verkaufte immer noch zu einem Zeitpunkt, als nicht in der es für Vorstände keine Sonderklar war, ob die Rennserie der Hersteller prämien gab, stattdessen nur eine „Tankommt, die Anteile dann wertlos gewor- tieme“, die für alle einfachen Vorstandsden wären. Die Hersteller gaben erst im mitglieder gleich ausfiel und meist nicht Mai 2006 auf, verlängerten mit Eccle- einmal 80 000 Euro im Jahr erreichte: Als stone. „Man kann tatsächlich sagen, dass Ex-Verwaltungsratschef Siegfried Naser Vorstand und Verwaltungsrat glücklich in seiner Vernehmung danach gefragt wurwaren“, fasste Ex-Vorstand Stefan Ropers de, nannte er das schlicht „unverschämt“. vor kurzem die Arbeit von Gribkowsky Gribkowsky soll seiner Sekretärin dagegen gesagt haben, bei so einem Erfolg zusammen. Das Problem war und ist deshalb nicht zahlten andere Banken einen Bonus, der der Preis. Es sind die Nebenabsprachen noch viel höher sei als das, was er verdes Deals und wie es dazu kam. Grib- langt habe. So ging er nun in die Abschlussgespräkowsky hatte sich offenbar an die Formel 1 gewöhnt. An die Milliardenwelt des che für den CVC-Deal, er führte sie nicht Bernie Ecclestone. Und an dessen Lebens- nur selbst, er führte sie auch weitgehend weisheit, frei zitiert von dessen damaliger allein. Vor allem bei Treffen mit EccleFrau Slavica: „Erst musst du auf die Bei- stone durfte keiner mehr von der Bank ne kommen, dann wirst du reich und da- dabei sein. Gribkowsky sei doch sonst immer ein „Teamplayer“ gewesen, wundernach ehrlich.“ Zuerst wollte sich Gribkowsky einen te sich ein Mitarbeiter, der seit Jahren Anteil bei der Bank holen: Schon am 31. mit ihm im Formel-1-Team der BayernLB August hatte sich CVC-Mann Mackenzie gegen Ecclestone gekämpft hatte. Angebbei ihm gemeldet, am 9. September ging lich hatte aber Ecclestone darauf bestandas erste Angebot ein; zwei Tage vorher, den, dass der Kreis ganz klein bleibe, erda wusste Gribkowsky offenbar, dass et- klärte Gribkowsky seinen Alleingang. Selbst als er den Vorvertrag mit der CVC unterschrieb, am 8. November 2005, flog er allein nach London, und auch der CVC-Anwalt staunte: Er habe Gribkowsky vier Varianten für den Verkauf vorgeschlagen, der aber habe nur gesagt, er sei mit allen einverstanden und werde heute noch unterschreiben. Einzige Bedingung: dass der Entwurf in den nächsten drei Stunden fertig werde. Die Vorstandskollegen erfuhren dann erst aus der Beschlussvorlage, warum es noch zwei Nebenabreden geben sollte, die den Preis drückten: eine Provision über fünf Prozent, die man Ecclestone BayernLB-Berater Fischer unter anderem dafür zahlen müsse, dass Glamour-Boy der Bankenszene DIRK HOPPE / NETZHAUT

stimmt. Falls man aber keinen Käufer findet, dann eine neue Allianz bilden. Nicht länger auf Ecclestone als Maestro der Formel 1 setzen, sondern auf die großen Autohersteller, BMW, Mercedes, Renault oder Ford. Die lagen damals selbst im Streit mit Ecclestone, wollten mehr vom Gewinn der Formel 1 abbekommen und drohten damit, eine Konkurrenzserie aufzuziehen. „Ich hätte den Aufbau wirklich durchgezogen“, erinnert sich heute Burkhard Göschel, 2005 Vorstand bei BMW, an die Pläne für einen eigenen Grand-Prix-Zirkus; nie sei die Lage für Ecclestone so gefährlich gewesen wie damals. So wie es aussah, hätte der bockige Brite dann nicht mehr die großen Namen in seiner Formel 1 gehabt, nur noch Teams wie Jordan oder Minardi. Das war die Gemengelage, in der im Sommer 2005 plötzlich aus Feinden Verbündete wurden und zwei Männer beschlossen, dass man besser zusammen überleben würde. Denn Ecclestone wehrte sich mit allem, was er hatte, gegen die Autobauer-Allianz, hielt mit zig Millionen Ferrari davon ab, zu den anderen Herstellern überzulaufen. Und die Bank bekam immer mehr Angst vor ihrem VabanqueSpiel: Möglich, dass die Hersteller eine eigene Rennserie gründeten, die Ecclestones Formel 1 den Rang ablief. Aber würden die Konzerne dazu ausgerechnet auf die SLEC zurückgreifen, an der die Landesbank seit der Kirch-Pleite beteiligt war? Wenn nicht, dann hatte nicht nur Ecclestone verloren. Dann war auch die SLEC plötzlich nicht mehr viel wert. Die Bank hatte Angst vor einem Totalverlust. Also endete nun plötzlich der Krieg, wurde aus „BE“ nun „der Bernie“. Im August gab Ecclestone im Rechtsstreit auf, kurz vorher hatte sich überraschend Donald Mackenzie bei ihm gemeldet, Chef des Private Equity Fonds CVC Capital Partners. Der bot an, beide aus der Formel 1 herauszukaufen, die Bambino und die Banken. Ecclestone, das war der Köder, sollte auch danach als Chef der Formel 1 weitermachen dürfen. Und den Bayern wollte die CVC 839 Millionen Dollar zahlen. Ein Preis, zu dem die Bank dann tatsächlich im Januar 2006 aus der Formel 1 ausstieg. Nachdem die Staatsanwaltschaft München Ende vergangenen Jahres erfahren hatte, dass Gribkowsky hinterher 44 Millionen Dollar bekam – von Ecclestone und der Bambino, wie sich herausstellte –, suchte sie verbissen nach dem Beweis, dass Gribkowsky die Anteile zu billig verkauft hatte. Klassische Untreue also, klassische Bestechung, mit einer Kickback-Zahlung für einen Mann, der die eigene Seite verraten haben sollte. Tatsächlich haben die Ermittler nicht mal einen Hinweis gefunden, der diese Variante gestützt hätte.

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