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Thunerseespiele: Interview mit
from ThunMagazin 03/17
by WEBER VERLAG
«Alle warten auf dieses eine Lied»
Die traurige Katze Grizabella (Kerstin Ibald) schwelgt in Erinnerungen.
Die Deutsche Kerstin Ibald spielt ab dem 12. Juli im Musical «Cats» in Thun die Rolle der Grizabella. Ihr gehört mit dem Lied «Mondlicht» («Memory») der Höhepunkt des Stückes. Auch nach dem hundertsten Mal immer noch ein emotionaler Moment für die Darstellerin.
Kerstin Ibald, «Cats» ist eines der bekanntesten Musicals der Welt. Wann sind Sie zum ersten Mal mit dem Stück in Berüh-
rung gekommen? Kerstin Ibald: In der Schule hatte eine Freundin die Kassette. Ich kann mich noch erinnern, dass mich das Lied «Memory» sehr berührt hat und wir es uns immer wieder anhörten. den anderen Katzen, ist das jedes Mal aufs Neue so stark. Das kann nicht langweilig werden.
«Memory» ist das Stück, das alle kennen und gleichzeitig der Hö-
hepunkt des Musicals. Wie fühlt es sich an, es zu singen? Es ist in doppelter Hinsicht ein bisschen gemein. Insofern, dass Grizabella am wenigsten arbeitet. Alle anderen Kollegen haben sehr viel mehr Zeit auf der Bühne und Anstrengenderes zu leisten. Auf der anderen Seite wartet jeder auf dieses eine Lied. Man kommt aus der Garderobe und weiss, das muss jetzt sitzen. Jeder und jede im Publikum hat eine Erwartungshaltung. Die muss man erfüllen.
Grizabella war eine Glamour-Katze. Wie viel Glamour steckt in
Ihnen? Hoffentlich genug, um die Geschichte glaubhaft zu erzählen.
Sie haben Grizabella bereits 2016 bei den Luisenburg Festspielen gespielt. Wie oft haben Sie den Song «Memory» schon ge-
sungen? Es hat sicher, die Proben und Promotions eingerechnet, die Hunderter-Marke überschritten.
Ist er Ihnen nie verleidet? Nein. Nein! Weil das Ganze gefüllt ist mit Emotionen. In dem Moment, in dem ich da stehe, umringt von Wie bereiten Sie sich auf die Rolle vor? Das muss ich mit der Choreografin erarbeiten. Es ist schon toll, dass man mit derselben Rolle auf eine ganz neue Reise gehen kann. «Ich habe viele Das Bühnenbild und die Kostüme sehen ganz schöne Erinnerungen anders aus als in Luisenburg. Und sicher hat an Thun.» die Regisseurin andere Ideen. Das macht es spannend.


Links Kerstin Ibald ohne Schminke und Kostüm. Rechts Grizabella mit Victoria (Christina Zauner).
Ist es ein Vorteil oder ein Nachteil, die Grizabella schon einmal
gespielt zu haben? Ich glaube, ich kann davon profitieren.
Was reizt Sie besonders an der Figur der Grizabella? Die Figur durchlebt etwas, das gerade wieder brandaktuell ist: Sie ist ausgeschlossen. Man erfährt nur so halb, weshalb die anderen sie nicht mögen, und sieht einfach diese mitleiderregende Gestalt, die darum fleht, wieder dazuzugehören. Das ist hart. Wenn sie «Memory» singt, ist sie völlig am Ende. Dass genau in diesem Moment der Druck von ihr genommen wird und sie Erlösung findet, ist wunderbar. gelogen zu sagen, dass einem das leicht fällt. Aber wenn man sich an die neue Umgebung und das neue Team gewöhnt hat und alles gut läuft, kann es sich manchmal anfühlen wie ein wahnsinnig langes Sommerlager.
Ein Ferienlager in Thun? In Thun kann man es extrem geniessen. Das ist ein Geschenk. Einen so hohen Freizeitwert habe ich noch an keinem anderen Arbeitsort erlebt.
Zurück zu Ihnen. Als Musical-Darstellerin sind Sie Sängerin und Schauspielerin. Was
ist Ihnen wichtiger? Es ist genau die Kombination, die es ausmacht. Dass ich singend und spielend eine Geschichte erzählen kann.
Sie waren bereits 2015 in «Romeo und Julia» dabei. Welche
Erinnerungen haben Sie an Thun? Ganz viele. Die schönste Erinnerung ist der Ponyhof, zu dem ich jetzt wieder zurück kann. Das ist für mich wie eine zweite Familie geworden. «Das Lied ‹Memory› Eine andere schöne Erinnerung ist das Bergpahat mich schon als norama. Ab und an habe ich mich auf der Bühne umgedreht, um es mir anzusehen. Kind sehr berührt.»
Interview Simone Tanner
Sie haben schon mit fünf Jahren Klavier gespielt. War damals
schon klar, dass Sie Künstlerin werden wollen? Ja, dass Musik ein Teil meines Lebens sein würde, war schon immer klar. In welche Richtung es gehen wird, wusste ich aber relativ lange nicht. Ich bin der Entwicklung meiner Stimme gefolgt. Diese hat sich nicht klassisch ausgeprägt, sondern rein technisch, anatomisch hat sich meine Bruststimme viel stärker entwickelt. Deshalb war der Weg zum Musical ein bisschen vorgegeben.
Im Vergleich zur Klassik geniesst das Musical nicht unbedingt
den höchsten Stellenwert. Was Musikstile anbelangt, habe ich nie eine Grenze gezogen. Es gibt Musik, die mir gefällt, und Musik, die mir nicht gefällt. Ob das Pop, Jazz, Klassik oder Madrigal ist, ist egal. Insofern war es kein Knick in der Optik zu sagen, ich werde keine Opernsängerin. Ich finde Oper grossartig, und es gibt tolle Stimmen, das bewundere ich zutiefst. Aber ich weiss, dass ich das so nie gekonnt hätte. Und ich fühle mich unfassbar wohl in dem, was ich tue.
Bilder Thunerseespiele, Sandra Studer (zvg)
Kerstin Ibald
• geboren am 13. Mai 1978 • studierte am Konservatorium der Stadt Wien • Hauptrollen u.a. in «Elisabeth», «Footloose», «Tutanchamun», «Dschungelbuch», «City of Angels», «Dracula»,
«Rebecca», «Moses», «Das Lächeln einer Sommernacht» • 2002 sang sie mit Udo Jürgens im Duett auf der CD
«Es lebe das Laster» • 2015 war sie in Thun als Lady Capulet in
«Romeo und Julia» zu sehen • 2016 spielte sie Grizabella in «Cats» bei den Luisenburg
Festspielen
Thunerseespiele
Als Musical-Darstellerin ist man ständig unterwegs, lebt aus
dem Koffer. Wie ist das? Es ist ein Teil des Berufes, aber es wäre Vom 12. Juli bis 24. August. Tickets und weitere Informationen unter www.thunerseespiele.ch