
1 minute read
Kunst für alle: Die sechs Fahnen auf
from TM Nr. 2 / 2017
by WEBER VERLAG
Gletschermilch und Holderglanz
Mit «MySouvenir» haben die beiden Künstler Dominik Stauch und Paul Le Grand im Jahr 2005 ein Kunstwerk von allen für alle geschaffen. Die Farben der sechs Fahnen auf dem Aarefeldplatz kann nämlich die Bevölkerung selbst auswählen. Jetzt kommt mit einer neuen Website wieder frischer Wind in die Kunst.
Über dem Aarefeldplatz gegenüber des Bahnhofs Thun wehen sie, die sechs farbigen Fahnen. Manch einer oder eine wird sie gar nicht mehr wahrnehmen oder mag vergessen haben, dass es sich dabei um das Kunstprojekt «MySouvenir» der beiden Thuner Künstler Dominik Stauch und Paul Le Grand handelt. Ein Kunstwerk, das alle mitgestalten, indem sie die Farben der Fahnen bestimmen. Die am häufigsten gewählte Farbe je Fahnenmast wird schliesslich gehisst. Abgestimmt wird via Website mysouvenir.ch, die nun einen Relaunch erfahren hat. Dadurch sollen auf dem Platz nun wieder regelmässig neue Farbakzente gesetzt werden.
Kunst als demokratischer Prozess
Kunst im öffentlichen Raum entsteht nicht immer aber oft in einem Prozess, der den Konsens vieler Parteien erfordert, wie etwa von Künstlerinnen, Bauherren, Architektinnen oder Stadtplanern. Es ist mitunter diese Erfahrung, die Dominik Stauch und Paul Le Grand veranlasste, die Farben der Fahnen über dem Aarefeldplatz periodisch in einem demokratischen Beteiligungsverfahren bestimmen zu lassen.
Touristen und Souvenirs
Bei den sechs zur Auswahl stehenden Farben handelt es sich um die typischen Vedutenfarben. Veduten sind Vorläufer der Postkarten. Sie waren beim Aufkommen des Individualtourismus im 19. Jahrhundert die verbreitetsten Souvenirartikel für Reisende. Im Berner Oberland existierten damals zahlreiche Manufakturen, die diese handkolorierten SchwarzWeissDrucke herstellten. Mit der Verwendung der Vedutenfarben machen die beiden Künstler auch den Link zum Tourismus, zumal der Bahnhof ein klassischer Startund Ankunftspunkt für Reisende ist. Die Farben tragen jedoch Namen wie Gletschermilch, Holderglanz oder Tannengrün, was ihnen ein heimeliges Lokalkolorit verleiht. Der leicht transparente, luftig gewobene Stoff erlaubt es, dass je nach Hintergrund oder Wetterstimmung die Farben der Fahnen in Helligkeit und Brillanz changieren, was den malerischen Herstellungsprozess der Veduten gleichsam auf den Aarefeldplatz überträgt.
Text Jan Miluska, Simone Tanner Bild zvg
Kunst als demokratischer Prozess: Die Bevölkerung wählt die Farben der Fahnen aus.