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Rolf Glauser «Wenn ich sehe

«Wenn ich sehe, dass ich für die Betroffenen etwas erreiche, ist das eine Erfüllung.»

Interview: Philippe Haeberli, Abteilung Stadtmarketing Bilder: Tanja Look, Abteilung Stadtmarketing

Rolf Glauser wurde vor acht Jahren die Leitung des TRANSfair angeboten.

Rolf Glauser lernte in seinem Berufsleben verschiedenste Aspekte kennen. Sein Weg begann in der Wirtschaft und endet in diesem Jahr im Sozialen. Dazwischen lernte er den Profi-Fussball kennen, heute bleibt er fast keinem Kulturanlass im KKThun fern.

Seit acht Jahren stehen Sie der Sozialfirma vor. Haben Sie Ihre

Erfüllung im sozialen Bereich gefunden? Allein die Tatsache, dass ich immer noch dabei bin, sagt alles. Mein Ziel war primär, TRANSfair auf Vordermann zu bringen. Das ist gelungen und ich erhielt Freude an der Arbeit. Wenn ich sehe, dass ich für die Betroffenen etwas erreiche, ist das eine Erfüllung. Ähnlich ging es mir im Sport, als der FC Thun abstieg und ich drei Jahre im VR war, oder in der Kultur als heutiger Verwaltungsratspräsident der KKThun AG.

Rolf Glauser, Sie haben zwei sehr unterschiedliche Studiengänge absolviert. Welches Lizenziat hat Ihrer Karriere mehr Nutzen ge- Was erhalten Sie für Rückmeldungen von Ihren Mitarbeitenden?

bracht? Man kann sicher sagen, dass in meiner Karriere beide Stu- Sind sie dankbar? Ja, in dieser Beziehung gibt es ganz schöne Erdien wichtig waren. Zuerst einmal die Chemie, die konnte ich in lebnisse. Unser «harter Kern» weiss unser Angebot sehr zu schätmeiner ersten Stelle, einer amerikanischen Firma, zen. Wir haben rund 200 Personen, die eine IV-Rente gut einbringen. Dazu war ich ein Jahr in den USA, «Unser ‹harter aus psychischen Gründen beziehen, das sind unspäter dann von Zug aus für vier Jahre für diese Firma hinter dem Eisernen Vorhang tätig. Mit dem Kern› weiss sere ständigen Mitarbeitenden. Daneben beschäfti gen wir 60 leitende Angestellte und bis zu 80 Aus Job als Marketing- und Verkaufsleiter Europa/ das Angebot hilfen, sogenannte Turbos für hektische Zeiten, die Schweiz bei einem Klebstoffproduzenten lernte ich den schweizerischen Detailhandel kennen, weg von zu schätzen» man an der vordersten Front, vor allem in der Gastronomie, zu sehen bekommt. Pro Jahr führen wir der Chemie. Dabei kam mein Zweitstudium mit für die IV 190 Massnahmen durch – wir haben rund Wirtschaftsrecht und Betriebswirtschaft immer mehr zum Tragen. 40 Personen, die gleichzeitig in einer Abklärung oder einer InteFast 14 Jahre durfte ich dann die Firma Gerberkäse leiten und grationsmassnahme sind. In einem normalen Monat sind bei uns schliesslich zur Emmi Fondue AG fusionieren. gegen 400 Personen in irgendeiner Form tätig.

Links Versandbereite Schutznetze gegen Lawinen, die von TRANSfair gefertigt werden. Rechts Die Betreuung von Online-Shops verlangt strikte Ordnung im Lager.

Was sind die grossen Herausforderungen bei der Arbeit mit psy- Wie schwierig ist es, sozial zu denken und unternehmerisch zu han-

chisch beeinträchtigten Menschen? Gewisse Abwesenheiten, die deln? Das ist oftmals ein Spagat. Auf der einen Seite müssen wir sich ergeben und die wir speziell bei der Planung miteinbeziehen etwas verdienen, das erzeugt einen gewissen Druck. Auf der anmüssen. Wir müssen «überplanen», da sich am Morgen bis zu dern Seite betreuen wir Menschen, die mit Druck nicht gut umgezwanzig Personen aus irgendeinem Grund ab- hen können. Wir versuchen, ihnen mit der nötimelden. Da wir unsere Aufträge in guter Qualität «Bei der Arbeits- gen Vorsicht möglichst wirtschaftsnahe Arbeiten und termingerecht abwickeln wollen, liegt bei der Arbeitsplanung sicher die grösste Herausforplanung liegt zu geben, was ihnen dann auch eine grössere Befriedigung gibt. derung. Auch im Umgang mit den uns anver- sicher die grösste trauten Menschen müssen unsere Gruppenleiter Herausforderung» Wann gehen Sie in Pension? Im Dezember werde ein spezielles Gespür entwickeln – eine grosse ich die operative Leitung abtreten und das PräsiHerausforderung, eine grössere als in der Wirt- dium des Stiftungsrats übernehmen. Dazu werde schaft. ich in der Baukommission den Neubau weiter begleiten. Ebenso werde ich im Verein Fokus Ethik aktiv mitarbeiten.

Die Stiftung TRANSfair realisiert im Industriegebiet Gwatt einen

Neubau. Was sind die Gründe dafür? Es geht darum, alles unter ein Dach zu bekommen, inklusive Küche, Lager, Massnahmen und Dienstleistungen. Wir platzen aus allen Nähten, haben verschiedenste Standorte.

Sie betreuen rund 400 Personen, einen Teil davon beschäftigen Sie

als Arbeitgeber. Bedingt das Abgrenzungen zum Gewerbe? Bei den Integrationsmassnahmen ist ja klar, dass wir niemanden konkurrenzieren. Das ist auch bei Dienstleistungen so. Wir machen Arbeiten, die andere nicht machen. Wir stellen fest, dass gewisse Arbeiten sonst in Osteuropa gemacht werden. Zum Beispiel die Steinschlagschutznetze, die wir über Jahre fertigten. Ab diesem Jahr werden sie in Tschechien fabriziert. In der Gastronomie pflegen wir eine sehr gute Beziehung mit den übrigen Gastronomen hier in Thun, man hilft sich sogar gegenseitig aus.

Interview Beat Straubhaar, Weber AG Fotos Erich Häsler, Interlaken

Rolf Glauser – Wirtschaft, Sport und Kultur

Jahrgang 1950, von Krauchthal, verheiratet, vier Kinder, Abschlüsse als lic. phil. nat. in Chemie, Uni Bern und als lic. oec. HSG, St. Gallen. Ehemals Direktor der Gerberkäse AG, heute Direktor der Thuner Stiftung TRANSfair. Seit 2008 ist Rolf Glauser Präsident des Arbeitgeberverbandes Wirtschaftsraum Thun und Berner Oberland und seit 2011 Verwaltungsratspräsident der KKThun AG. Für drei Jahre gehörte er dem VR des FC Thun an. Seine Hobbys sind Wandern (mit Vorliebe im Piemont und in Ligurien, vielfach schönes Wetter, feines Essen), Schneeschuhlaufen, leichtes Jogging, Kultur im KKThun und Lesen.

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