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MENSCHEN
from ThunMagazin 03/13
by WEBER VERLAG
«Ich bin und bleibe ein Thuner (in Bewegung)»
Der Thuner Songwriter und Bluesmusiker Philipp Fankhauser verlegt seinen Wohnort nach Zürich. «thun!dasmagazin» blickte mit ihm zurück in seine Jugendzeit, auf schöne Erinnerungen und auf das, was seine Karriere entscheidend beeinflusst hat.
Nach 25 Jahren Bühnenpräsenz nimmt Philipp Fankhauser erstmals eine viermonatige Auszeit. Der Göttibachsteg im Hintergrund und die Scherzligschleuse gehörten zu seinem Schulweg.

Philipp Fankhauser, Sie sind 1964 in Thun geboren. Was haben Sie für Kindheitserinnerungen? Oh, ganz viele schöne Erinnerungen. Meine Schulzeit in der Obermatt im Gwatt, die sorgenfreie Zeit bei Stählis im Buchholz mit vielen Tieren, als Tellenbuebli am Umzug etwa 1969, Fischen mit Papa, «Schlöfle» auf dem gefrorenen Thunersee, die erste Mondlandung (!), Mammas Triumph Spitfire, Bernerrosen-Äpfel in Papas Garten, meine erste Gitarre (danke Mamma!), sommerlange Schträmubesuche und die antroposophische Lehrerin, welche keine grosse Freude an Klein-Philipp hatte.
Als 10-Jähriger zogen Sie mit Ihrer Mutter ins Tessin. War dieser Umzug in eine andere Sprachregion für Ihr weiteres, von Reisen geprägtes Leben wegweisend? Ich glaube schon, dass mich das sehr geprägt hat und dass da mein Reise-Gen erweckt wurde. Ich liebe es, unterwegs zu sein, nicht still zu stehen.
Im Tessin kaum Fuss gefasst, gründeten Sie eine Schülerband. Wie kamen Sie als 11-Jähriger zur afroamerikanischen Musikform? Zu dieser Zeit waren doch Disco-Musik und Abba angesagt. Ja schon, aber im Tessin tickten die Musikuhren etwas anders. Nebst all den fantastischen Cantautori wie Lucio Dalla, Francesco de Gregori, Battisti, de André und Bennato, welche ich auch heute noch innigst liebe, lief im Tessin eben viel Jazz und Blues. Auch bei meiner Mutter lief immer gute Musik; von Brel über Reggiani zu Errol Garner, Mikis Theodorakis und Oscar Peterson. Das hat mich zweifelsohne beeinflusst. Obschon auch ich gewisse Ausrutscher wie Sweet oder Bay City Rollers zu verkraften hatte. Das war glücklicherweise eine ganz kurze Periode ☺.
Was hat im 1982 den Wohnortwechsel zurück nach Thun ausgelöst? Mamma wurde mir als Teenager wohl nicht mehr ganz Herr (ich war ein schwieriges, stures Kind!) und in Verbindung mit dem damals sehr ausgetrockneten Lehrstellenmarkt im Tessin dachten wohl alle Beteiligten (abgesehen von mir), dass es eine gute Idee wäre, mich zum Vater nach Thun zu schicken. Im Nachhinein war das tatsächlich eine gute Idee. Es ist doch noch einigermassen etwas aus mir geworden! Obwohl ein renommierter und stadtbekannter Berufsberater einmal zu meinem Vater gesagt haben soll, aus mir werde es einen Sozialfall geben. Tiens tiens!
Gab es in Ihrer Karriere ein Vorbild oder Zusammentreffen mit einer Musikgrösse, die Ihre Laufbahn prägte? Zum Beispiel Margie Evans oder Johnny Copeland? In den achtziger Jahren gab es im Schweizerhof in Bern das «Jaylin’s», geführt von Hans Zurbrügg (welcher heute in ähnlicher Form das Marian’s in der Inneren Enge betreibt), und in eben diesem Jaylin’s lerne ich unzählige meiner Heroen persönlich kennen. Allen voran eben Margie Evans, dann Jimmy Witherspoon, Lloyd Glenn, Memphis Slim, Jay McShann, Linda Hopkins und
viele viele mehr. Es waren sehr prägende Jahre und ich bin Hans Zurbrügg ewig dankbar, dass er solche Stars nach Bern geholt hat. Ohne ihn wäre ich heute vielleicht ein Abba Coversänger. Und da war natürlich noch Claude Nobs und Montreux: John Lee Hooker, Buddy Guy, Johnny Copeland, Willie Dixon, Stevie Ray Vaughan, J.B. Hutto, Koko Taylor – die Liste ist zu lang…
Kurz bevor sich die Stadt der Alpen «Thun – Home of Blues» auf die Fahne schreibt, zieht es Sie nach Zürich. Brechen Sie die Thuner Zelte definitiv ab? Ich wusste nicht, dass Thun sich so etwas auf die Fahne schreiben will. Und wieso erst jetzt? Und wieso weiss ich davon nichts? Habe ich etwas verpasst? Im Ernst: Seit 1995 trage ich Thun auf meinem Gitarrengurt. Thun ist also immer bei mir. Wer jetzt erwarten würde, dass ich bald «Züridütsch schnurre», hat sich geschnitten. Ich bin und bleibe ein Thuner (in Bewegung ;-). Im übrigen hat die Stadt Thun ja schon vorgesorgt. Es gibt eine neue Generation Blues- und Soulmusiker in Thun: Lucky Wüthrich!
Kürzlich gaben Sie drei ausverkaufte Konzerte in der Mühle Hunziken. Ein Highlight nach den Negativmeldungen im Umfeld des Lokals, in die auch Sie involviert waren? Immer noch involviert bin und, so denke ich jedenfalls, noch länger involviert bleiben werde. Drei ausverkaufte Konzerte à je über 500 Zuhörer sprechen eine deutliche Sprache. Blues aus Thun ist hip! Abgesehen davon, sind die Positivmeldungen aus dem Lokal überwiegend, nur, die negativen reisen schneller!
Für Freunde des Soul sind Sie ein Weltstar. Seit diesem Jahr kennt Sie auch das Schweizer Fernsehpublikum. Haben sich Ihre Erwartungen in die Casting-Show «The Voice of Switzerland» erfüllt?
PHILIPP FANKHAUSER
Blues-Musiker und Liedermacher
Philipp Fankhauser, der momentan erfolgreichste und bekannteste Bluesmusiker und Songwriter, ist 1964 in Thun geboren. Nach dem Besuch der 1. und 2. Klasse übersiedelte er mit seiner Mutter ins Tessin, kehrte aber als 18-Jähriger in die Geburtsstadt zurück. Hier gründete Philipp Fankhauser die Checkerboard Blues Band, mit der er seine erfolgreiche Karriere startete. Soeben kam «Philipp Fankhauser Plays Montreux Jazz Festival» heraus, ein Mitschnitt der «Try My Love-Tour», die im In- und Ausland über 120000 Zuschauer begeisterte. Am 29. Juni 2013 spielt Philipp Fankhauser auf der MS Berner Oberland auf dem Thunersee. www.philippfankhauser.com

THUN ist seit 1995 bei jedem Konzert von Philipp Fankhauser auf dem Gitarrengurt präsent. Hier bei einem Konzert im Rittersaal.
Weltstar ist gar etwas dick aufgetragen, bleiben wir mal schön bei der Schweiz. Mehr kommt vielleicht noch, man muss geduldig bleiben. Und ja, The Voice hat meine kühnsten Erwartungen bei weitem übertroffen. Ich hoffe auf eine zweite Staffel.
Im Herbst 2012 haben Sie per Handschlag mit dem leider verstorbenen Claude Nobs Ihr neustes Album «Philipp Fankhauser Plays Montreux Jazz Festival» besiegelt. Für Sie mehr als «nur» Ihr 14. Album? Das Album könnte zum Highlight meiner Karriere werden. Mal schauen, was da noch alles kommt in den nächsten 25 Jahren, aber bis anhin mein absolutes Highlight. Merci Monsieur Claude!!
Nun gönnen Sie sich zum 25-Jahr-Bühnen-Jubiläum eine längere, wohlverdiente Auszeit. Was planen Sie anschliessend und später im Jahr des 50. Geburtstags? Tatsächlich ist es das erste Mal seit zehn Jahren, dass ich eine längere Auszeit nehme. Obschon, so lange sind vier Monate auch nicht, nach zehn Jahren praktisch ununterbrochener Arbeit. Im 2014, im Jahr meines fünfzigsten Geburtstages, beginnt das zweite «Set» à zehn Jahre, dann reden wir wieder darüber im Thun Magazin. Oder Ende drittes oder Ende viertes Set, Sie wählen…
Interview: Beat Straubhaar, Weber AG Bilder: Beat Straubhaar, Weber AG/Patric Spahni