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Susi und Heini Schwenter

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Einleitung

Einleitung

Susi und Heini Schwenter Landwirt und Skilehrer, Schönried

Sie sind seit 66 Jahren verheiratet. 1956 führte Heini sein Susi vor den Traualter. 66 Jahre Krieg und Frieden? «Mehr Frieden», sagt Susi Schwenter und lächelt.

Heini war, so wie viele Bürger von Schönried, Landwirt und Skilehrer. Er lebte von Milch und Viehzucht. Doch das reichte nicht, um einigermassen gut leben zu können. So wirkte Heini in den Wintermonaten als Skilehrer. Heini und Susi haben drei erwachsene Kinder und neun Enkel. Wie lange er schon Bauer sei, will ich von Heini Schwenter wissen. «Schon ewig», schmunzelt Gattin Susi.

Das Paar macht einen überaus glücklichen Eindruck. Die beiden sitzen am Tisch in der Lounge im Hotel Kernen, stets ein sanftes Lächeln im Gesicht. Plötzlich fällt der Name, von jetzt an beherrscht er das weitere Gespräch am Tisch: Basil Goulandris (1913–1994), der griechische Reeder, Milliardär und Kunstsammler aus Athen. Heini Schwenter war der private Skilehrer und Vertraute des reichen Griechen. Dieser hatte ein grosses Chalet in Gstaad und verbrachte jeweils mehrere Monate im Jahr im Saanenland. Heini und Susi Schwenter blühen förmlich auf, wenn sie sich an den reichen Gast aus Athen erinnern. Es folgen Geschichten und Anekdoten am laufenden Band: Motto: Wenn der kleine Bauer mit dem reichen Milliardär …

«Wissen Sie», sagt Susi, «Monsieur Basil hatte nie Geld bei sich, Heini musste ihm am Anfang stets Geld pumpen.» Ein Milliardär ohne Geld? «Natürlich hat er die Kosten später vollumfänglich beglichen.» Heini Schwenter ergänzt: «Ja, später hatte ich sogar Zugriff auf ein Bankkonto von Goulandris. Da konnte ich laufend

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Geld beziehen. Geld für Einkäufe, Restaurantbesuche, Benzin und andere Dinge. Auf dem Konto lagen mehrere Millionen Franken.» Susi bemerkt: «Heini hätte ohne Weiteres einige Millionen abheben können …» Grosses Gelächter am Tisch. Heini, der Bauer, Skilehrer und Multimillionär …

Basil Goulandris, der 1965 nach der Schiffskatastrophe des Kreuzfahrtschiffes Lakonia in die Schweiz übersiedelte und seinen Hauptwohnsitz von Athen nach Lausanne verlegte, war so etwas wie ein persönlicher Vertrauter und Freund der Schwenters. Heini war mehr als Skilehrer, er war Goulandris’ direkte Bezugsperson im Saanenland. «Wir sprachen Französisch, wobei ich auch Englisch verstehe.» Basil Goulandris und seine Frau Elisa waren zwar reich, aber kinderlos. «Als ich 1959 hochschwanger war und meinen ersten Sohn erwartete, kümmerte sich Monsieur Basil höchstpersönlich um mich und das Kind», erinnert sich Susi Schwenter. «Er stellte uns, kurz vor der Geburt des Kindes, sogar seinen Helikopter zur Verfügung – für den Transport ins Spital.»

Heini Schwenter unterbricht seine Frau: «Wenn ich mit Basil oben auf einem Berg stand und er nicht mehr fahren konnte, weil er schlicht zu müde war, bestellte er den Helikopter, der uns dann ins Tal zurückbrachte.» Goulandris war kein guter Skifahrer. «Er fuhr Ski, so wie die Griechen eben Ski fahren», schmunzelt Susi Schwenter.

Eines Tages lud der Milliardär die Schwenters auf seine Luxusjacht ein. Das Schiff lag vor der Côte d’Azur. «Wir konnten auf der Jacht alles haben, doch das hat uns nicht besonders beeindruckt», betont Susi Schwenter. «Dass wir selber keine Luxusjacht hatten, war für uns überhaupt kein Problem. Im Gegenteil. Was will man mit so einem Schiff?» Der Milliardär lud Heini und Susi Schwenter nicht nur auf seine Luxusjacht ein, sondern auch zum Essen (sprich: «Dinner») ins Palace Hotel. «An den Tischen sassen nur so reiche und schöne Menschen. Monsieur Basil legte Wert darauf, dass wir direkt neben ihm und seiner Frau sassen», erinnert sich Susi Schwenter. Heini und Susi, die bescheidenen Bauersleute aus Schönried, gehörten nun plötzlich zur High Society von Gstaad – wenn auch nur für wenige Stunden. Wie fühlt man sich da? «Nicht besonders», meint Susi Schwenter. «Man muss da nicht dazugehören, um glücklich und zufrieden zu sein.»

Es folgt die nächste Geschichte unter dem Motto «Der Bauer und der Milliardär»: «Monsieur Basil hatte schon damals ein mobiles Telefon. Er trug den Hörer stets am Hals, daneben hatte er einen Telefonkoffer, wo die Antenne installiert war. Er musste wegen der Börse stets erreichbar sein.» Apropos Börse: «An irgendeinem Tag, ich glaube, es war Februar und draussen schneite es, sass Basil Goulandris vom Morgen bis am späten Nachmittag in seinem Sessel im Salon seines Chalets in Gstaad. Er war stets am Telefon. Stundenlang.» Später, nach 16 Uhr, holte Heini den reichen Gast in seinem Chalet ab. Sie gingen auf die Piste und fuhren ins Tal. Unten angekommen, meinte Monsieur Basil zu Heini: «Wissen Sie, ich habe jetzt gerade einige Millionen verdient – an der Börse und an nur einem Tag.» Heini Schwenter nahm es zur Kenntnis. Mehr nicht, «denn Geld macht ja nicht glücklich».

Das Stichwort ist gefallen. Glück. Wann sind Heini und Susi Schwenter glücklich? Ihr grösstes Glück? Susi: «Wenn ich am frühen Morgen am Fenster stehe und die wunderbare Bergwelt bestaunen darf, so bin ich glücklich.» Heini: «Als Bauer hatte ich das Glück, schöne Kühe zu haben.»

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Geld, Ferien, schöne Autos? «Nicht wichtig», so Heini Schwenter, «wir waren ja nur einmal in Frankreich am Meer, und mit Goulandris fuhr ich ab und zu nach St. Moritz oder nach Lech-Zürs am Arlberg, wo er Ski fahren wollte. Aber in Amerika war ich noch nie. Egal.» Susi Schwenter ergänzt: «Schauen Sie, wir wohnen seit über 60 Jahren an einem der schönsten Orte der Welt. Was will man mehr?»

Was aber möchte sie unbedingt noch erleben? Wünsche, Träume? Susi Schwenter: «Mein Traum war es immer, einmal unter Palmen am Meer zu wandeln. Der Wunsch wurde mir nie erfüllt. Macht nichts! Unser Leben war gut, wir haben gesunde Kinder, seit unserer Heirat 1956 ging es immer bergauf. Ich bin dankbar und glücklich, so wie es ist.»

Schönried, 1230 m ü. M. Ferienheim Fraubrunnen

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