
1 minute read
Kunstmuseum Thun: Ein spanischer
from TM Nr. 4 / 2016
by WEBER VERLAG

Ein spanischer Blick auf die Schweiz
Sein Gesicht von Russ und Staub bedeckt, kaum erkennbar – und doch sehen wir einen sehr elegant gekleideten Herrn mit Fliege und Zylinder. Es ist ein Kaminfeger, der aus einer Collage mit Sandpapier geformt wurde. Eine Figur, die immer wieder in Eduardo Arroyos Werken auftaucht und auf ein Erlebnis in der Schweiz zurückzuführen ist. Arroyo war gerade im Taxi auf dem Weg in Richtung Flughafen Zürich, als der Fahrer einen Radler mit Zylinder auf dem Kopf beinahe umfuhr. Mit einem Schrecken kam dieser davon. Arroyo jedoch wurde durch diesen Vorfall zu einer neuen grafischen Fiktion inspiriert, der dunklen Figur mit geheimnisvoller Maske. Der Kaminfeger erscheint dabei mal fröhlich, mal finster. In seiner Grafik erinnert sich der Künstler daran, dass er als Kind oft die Bergleute beobachtet hat, die nach ihrem Arbeitstag
Eduardo Arroyo. Die Schweizer Kapitel
14. Mai – 7. August 2016 Vernissage: 13. Mai 2016, ab 18.30 Uhr www.kunstmuseumthun.ch in der Grube mit russschwarzen Gesichtern und eindringlichen Blicken in das Dorf zurückkehrten. Das Kunstmuseum Thun greift ab 14. Mai mit der Ausstellung «Die Schweizer Kapitel» Arroyos Affinität zur Schweiz auf. Ob als Künstler, Schriftsteller oder Bühnenbildner – Arroyo ist ein Geschichtenerzähler. Er schöpft aus dem grossen Repertoire der Weltgeschichte, der Literatur oder des Boxsports und kombiniert sie mit persönlichen und vielseitigen Motiven. Die Räumlichkeiten im Kunstmuseum Thun fungieren als eine Art Ahnengalerie: Über die abgebildeten Figuren kreiert Arroyo seine eigenen Erzählungen, wobei die Schweiz eine besondere Rolle einnimmt. Schweizer Kunstschaffende, die Arroyo schätzt und die auch zu Freunden wurden, stehen dem Künstler mit Werken zur Seite: Alberto Giacometti, Thomas Huber, Meret Oppenheim, Peter Stämpfli, Hugo Suter, Gérard Thalmann, Jean Tinguely und Félix Vallotton.
Text Katrin Sperry Bilder Eduardo Arroyo, Ramoneur, 1980, Courtesy der Künstler © 2016, ProLitteris, Zürich