EDITORIAL
«Velofahren ist gesund! …?» In unserer Firma kommen 30 von 36 Mitarbeitern mit
mit 5-Jährigen völlig entspannt durch die Stadt, dank
dem ÖV und vor allem mit dem Velo zur Arbeit. In Anbe-
dem Luxus von abgetrennten Radwegen und Radampeln.
tracht der kürzlich publizierten «Erfolgs»-Meldung, dass
Sichere Radwege sind eine notwendige Bedingung, um
in Thun 10 % der Etappen mit dem Velo zurückgelegt
die Menschen über einen grösseren Lebensabschnitt fürs
werden, sind wir stolz auf unsere Mitarbeiter. Unser Bei-
Velo umzustimmen. Die Freigabe des Aarequais war ein
trag zum Pendlerstau fällt doch mehr als 3 x tiefer aus als
mutiger Schritt in diese Richtung, und schön wäre mehr
der Schweizer Durchschnitt (55 % Autopendler). Soll man
dieser Art. Die Herausforderungen für eine bereits ge-
als Arbeitgeber das Velopendeln also fördern? Im 2014
baute Stadt sind natürlich signifikant. Aber die Kosten der
gab es mehr schwerverletzte Velofahrer als Autofahrer im
Pendlerstaus sind es auch. Als Arbeitgeber kann man ei-
Kanton Bern. Das macht den Velokilometer fast 50 x ge-
gentlich das Velopendeln nur mit gutem Gewissen för-
fährlicher als den Autokilometer. Wir hatten in den letzten
dern, wenn es sicherer wird.
Jahren viele, zum Teil lange Arbeitsausfälle auf Grund von Velounfällen. Als Velofahrer braucht es Glück im Stras-
In Houston, wo ich mehrere Jahre lebte, grüssten sich
senverkehr. «Ich hab Sie gar nicht gesehen ...» stotterte
vorbeifahrende Velofahrer – derart selten war die Spezies.
der Autofahrer, als er mir den Vortritt nahm und ich in
Ich hoffe nicht, dass es in Thun je so weit kommt!
seinem Kotflügel landete. Auf Grund von Altersweisheit, hoffe ich, war ich nur mit 10 km/h unterwegs und es ging glimpflich aus. Viele andere Altersgenossen lösen das Problem nicht mit Langsamkeit, sondern fahren gar nicht mehr Rad. Vor allem im Winter ist Velofahren offenbar eine Generationenfrage. Das wurde mir klar, als die viel
Katrin Fuhrer Unternehmerin, Mitgründerin von Tofwerk AG
jüngere Mitarbeiterin auf der schneebedeckten Strasse an mir vorbeiraste, währenddem ich erwägte abzusteigen. Vielleicht kommt man nicht drum herum, das Velo den 10- bis 40-Jährigen zu überlassen. Oder gehts auch anders? Ich war kürzlich in Leipzig, da radelt man auch
«Der Velokilometer ist fast 50× gefährlicher als der Autokilometer»
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