Landwende im Anthropozän: Von der Konkurrenz zur Integration

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2  Land als Schlüssel zur Nachhaltigkeit – ein systemischer Blick

Gespeicherter Kohlenstoff [Gt C] Fläche [Mio. km2]

372

588

Wälder

Grasland

33,3

121

191

657

Wüsten, Halbwüsten Tundra

37,3

10

Ackerland

Feuchtgebiete, Moore

30 9,5

117

6,2

Siedlungsland

14,8 2

Abbildung 2.1-2 Speicherung von Kohlenstoff in terrestrischen Ökosystemen. Quelle: Bodenatlas, 2015; Bartz/Stockmar, CC BY-SA 3.0

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sem Ziel geht es darum, Landdegradation im Zuge wirtschaftlicher Entwicklung an anderer Stelle wieder auszugleichen (etwa durch Renaturierung), so dass insgesamt keine Degradation mehr stattfindet und der Nettoeffekt bezogen auf Landdegradation Null beträgt (Wunder et al., 2018b). Land Degradation Neutrality „ist ein Zustand, in dem die Menge und Qualität der Landressourcen, die zur Unterstützung der Ökosystemfunktionen und -dienstleistungen und zur Verbesserung der Ernährungssicherung notwendig sind, innerhalb bestimmter zeitlicher und räumlicher Skalen und Ökosysteme stabil bleiben oder zunehmen“ (UNCCD, 2015; Übersetzung). Ziele von Land Degradation eigene ­ ­Neutrality sind (Cherlet et al., 2018:  237): > die Erhaltung oder die Verbesserung der Ökosystem­ leistungen; > die Erhaltung und die Verbesserung der Produktivität von Land, um die Ernährungssicherung zu ­verbessern; > die Erhöhung der Resilienz terrestrischer Ökosysteme, etwa gegenüber Naturkatastrophen; > die Suche nach Synergien mit anderen Umwelt­ zielen; > die Stärkung einer verantwortungsvollen G ­ overnance von Landbesitz. Diese Ziele sind auch im Strategischen Rahmenwerk 2018–2030 der UNCCD festgelegt (UNCCD, 2017a). Zusammengefasst sind Schutz, nachhaltige Nutzung und Renaturierung von Landökosystemen eine Voraussetzung, um Biodiversität und Klima zu schützen und ein nachhaltiges Ernährungssystem aufzubauen. Der Handlungsdruck ist im Anthropozän größer als je zuvor in der Menschheitsgeschichte.

2.2 Das Trilemma der Landnutzung Der WBGU stellt drei globale Krisen ins Zentrum seiner Analysen zum Umgang mit Land: die Klimakrise (Kap.  2.2.1), die Krise des Ernährungssystems (­Kap. 2.2.2) und die Biodiversitätskrise (Kap. 2.2.3). Die derzeitige Zerstörung, Degradation und Fragmentierung terrestrischer Ökosysteme beschleunigt den anthropogenen Klimawandel, treibt den Verlust von Biodiversität an und beeinträchtigt die Ernährungs­ sicherung. Alle drei Krisen hängen jeweils auf ihre Weise mit der Nutzung von Landfläche oder terrestrischer Biomasse zusammen und wirken ihrerseits zurück auf die globale Landnutzung und die Landökosysteme. Der Versuch, diese Krisen abzumildern, kann den Druck auf das Land weiter erhöhen und Konkurrenzen befördern: Mit den für den Klimaschutz zunehmend diskutierten „negativen Emissionen“, d.  h. Maßnahmen zur Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre, kommt ein neuer potenter „Nachfrager“ nach Leistungen der Landökosysteme und Flächen hinzu. Der Schutz der Biodiversität ist ohne ein ausgeweitetes und aufgewertetes Schutzgebietssystem, umfassende Renaturierung und eine nachhaltige Nutzung bewirtschafteter Flächen nicht möglich. Die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung geht bis heute mit der stetigen Zunahme flächenintensiver Ernährungsstile einher. Als Folge wird vor zunehmenden globalen Landnutzungskonkurrenzen gewarnt (Smith, 2018). Der WBGU bezeichnet die potenziellen Konkurrenzen dieser drei Dimensionen im vorliegenden Gutachten als „Trilemma der Landnut-


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