Landwende im Anthropozän: Von der Konkurrenz zur Integration

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4  Transformative Governance für einen solidarischen Umgang mit Land

Regionale Gemeinschaften

Supranationale Gemeinschaften

Globale Bewahrungsgemeinschaften

Abbildung 4.5-1 Neue Kooperationsgemeinschaften. Regionale und supranationale Gemeinschaften sowie globale Bewahrungsgemeinschaften. Quelle: WBGU, Grafik Ellery Studio

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dass durch wechselseitigen Austausch zwischen unterschiedlichen betroffenen Akteuren adaptive und langfristig resiliente Lösungen für einen nachhaltigen Umgang mit Land gefunden werden können (MultiAkteur-Partnerschaften: SDG 17.16 und 17.17). Eine derartige Einbeziehung von nicht staatlichen Akteuren bildet zudem auch das Rückgrat eines funktionierenden integrierten Landschaftsansatzes. Nur so können Schutz- und Nutzungsinteressen zu einem Ausgleich gebracht, Ansprüche wechselseitig anerkannt sowie Kompromisse und Mehrwerte konkret und auf Augenhöhe entwickelt werden (Kasten 2.3-3).   Die drei konzeptionell skizzierten Typen von Kooperationsgemeinschaften unterscheiden sich nach Ausdehnung, institutioneller Verfasstheit und genauem Zweck, schließen sich aber nicht wechselseitig aus. Im Gegenteil können in einer regionalen Gemeinschaft erfolgreich erprobte Mehrgewinnstrategien beispielsweise auch Strategien innerhalb einer Bewahrungsgemeinschaft inspirieren und stärken. Die institutionelle Bandbreite reicht dabei von grenzüberschreitenden Förderprogrammen (etwa in Analogie zu Interreg Europe), über lockere, informelle multilaterale Bündnisse (etwa in Analogie zu G20) bis zu stark integrierten Zusammenschlüssen, die mit supranationaler Struktur auch einzelne Hoheitsrechte an eine supranationale Institution übertragen (etwa in Analogie zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, EGKS und der späteren EU). Auch wenn die starke Leitrolle und die Verantwortlichkeit staatlicher Akteure große Bedeutung hat, ist die übergreifende Vision immer die Schaffung starker Multi-Akteur-Partnerschaften (SDG 17), in denen Akteure aus Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft auf Augenhöhe und im engen Verbund mit den lokalen Akteuren sowie unter Einbeziehung der spezifischen landschaftlichen Bedingungen zu nachhaltiger Entwicklung beitragen. Im Folgenden werden die drei Kooperationsgemeinschaften dergestalt konkretisiert, dass sie etwa von der

deutschen Bundesregierung oder der EU zur ­Umsetzung aufgegriffen werden können.

4.5.1 Regionale Gemeinschaften zur ­grenzüberschreitenden Umsetzung integrierter Landschafts­ansätze Landschaftsräume, also Gebiete, in denen gewisse gemeinsame ökosystemare und soziotechnische Bedingungen vorherrschen („Strukturregionen“), liegen selten nur innerhalb eines Staatsgebiets. Vielmehr waren und sind prominente geographische Landschaften wie Flussläufe (z.  B. Nil), Gebirgsketten (z.  B. Alpen), Wüsten (z.   B. Sahel) oder Meeresanrainerregionen (z.   B. Mittelmeerraum) häufig sowohl Ursprung für zwischenstaatliche Konflikte wie auch für besondere Kooperationsbemühungen. grenzüberschreitende Bereits existierende regionale Landschaftskonventionen wie die Alpen- oder die Karpaten-Konvention, oder zwischenstaatliche Kooperationen wie die zum Donauschutzübereinkommen können Bezugspunkt und Keimzelle bilden für diese ambitionierteren grenzübergreifend regionalen Gemeinschaften. Zudem wird mit dem Programm Interreg Europe, unterstützt vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, neben nationalen auch mit regionalen und kommunalen Partnern grenzüberschreitende, transnationale und interregionale Zusammenarbeit gefördert. Für den WBGU stellt der nachhaltige Umgang mit Land wichtige Motivation dar für die Entwicklung neuer regionaler Kooperation zwischen substaatlichen Akteuren sowie für die Intensivierung und Erneuerung bestehender regionaler Gemeinschaften. Zweck regionaler Gemeinschaften ist, die Vorteile der räumlichen Nähe und gemeinsamer Ökosysteme der beteiligten Regionen auszunutzen, um in ihrem jeweiligen soziogeographischen Landschaftsraum mittels integrierter,


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