Der Saft der Wunder schafft!

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++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland

Weltweit einzigartig: das Wattrennen

Der Saft, der Wunder schafft! 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland

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er englische Vollblüter ist die älteste Veredlerrasse überhaupt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kamen englische Vollblüter auch nach Deutschland. Zunächst waren es in erster Linie Hengste, die zur Verbesserung verschiedener Rassen eingeführt wurden. Bereits 1788 kam der erste Vollbluthengst namens Alfred xx zur Veredlung in Neustadt (Dosse) zum Einsatz. Die deutsche Vollblutzucht nahm in Norddeutschland ihren Anfang. Landwirte und interessierte Tierzüchter hatten erkannt, dass man nur nach englischem Vorbild im eigenen Land eine Vollblutzucht aufbauen und betreiben konnte. Dazu gehörte ebenso ein klar geregelter Rennsport.

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Im August 1822 fand das erste Vollblutrennen in Bad Doberan statt. 1823 bestand die Zucht der Gebrüder von Biel bereits aus 23 Mutterstuten nebst Nachzucht. Graf Plessen-Ivenack hatte 1816 den ersten Hengst für die Zucht von Rennpferden aus England nach Mecklenburg eingeführt. Andere mecklenburgische Züchter wie von Maltzahn, Graf Hahn und Graf WilamowitzMöllendorf seien stellvertretend für viele genannt. In Mitteldeutschland förderte der preußische Staat die Vollblutzucht. Graditz bei Torgau an der Elbe wurde 1866 zum preußischen Hauptgestüt erklärt. Als ältestes nicht privates Vollblutgestüt wird 1831 das herzoglich braunschweigische Gestüt

Harzburg genannt, das eine besondere Rolle in der deutschen Vollblutzucht spielte. 1869 wurde das bekannte Gestüt Schlenderhan des Freiherrn von Oppenheim gegründet. Andere, teils berühmte Zuchtstätten wie Buschhof, Ravensberg, Röttgen und Zoppenbroich folgten später. Die Rennbahn in Bad Doberan war insoweit die „Mutter aller Rennbahnen“ in Deutschland. Trotz intensiver Bemühungen und Gründung eines Fördervereins ist es nicht gelungen, diesem Gelände wieder Leben einzuhauchen. Das ändert jedoch nichts an seiner historischen Bedeutung. Aus Anlass dieses Jubiläums hat Claus Schridde einen Streifzug durch die

Foto: Fencik

Hannover Blickt man in die hannoversche Zuchtgeschichte, dann sind Der Löwe xx, Marcio xx und Pik As xx sicherlich die bedeutendsten Vollblüter des 20. Jahrhunderts gewesen. Der Röttgener Der Löwe xx war einer der großen Linienbegründer der hannoverschen Zucht nach dem Zweiten Weltkrieg. Sein geringer Wuchs hat ihn nicht gehindert, züchterisch ein ganz Großer zu werden. Eine eisenharte Gesundheit, die ihn 29 Jahre alt werden ließ, verband sich mit unglaublichem Kampfgeist, der sich in großer Regelmäßigkeit auch bei seinen Kindern wiederfand. Zuweilen vererbte er seinen Kindern, unter denen sich durchaus häufig auch Füchse befanden, unschöne Gesichter und etwas bügelnden Gang. Dennoch schafften sie vielfach den Sprung in olympische Sphären, vor allem im Dressur- und Militarysport. Auch in Springpedigrees war er stets geschätzt und willkommen. Die besten Hengstsöhne waren Lugano I und II. Marcio xx (42 Starts, zehn Siege, elf Plätze) war ein ausgesprochen schöner Hengst mit überaus schwungvollen Bewegungen, in den 1950er- und 1960er-Jahren allein optisch der Reitpferdemacher schlechthin, und er hat diesem Image auch in der Vererbung entsprochen: Die Züchterkassen klingelten in Zeiten, die alles andere als rosig waren. Springpferde hat Marcio xx nicht geliefert, dafür jedoch zahlreiche erstklassige Dressurpferde für internationales Niveau, deren Markenzeichen Chic, Umgänglichkeit, vor allem aber Gelehrigkeit und Bewegungsqualität waren. Der einflussreichste Hengstsohn ist sicherlich Marconi geworden, die besten waren aber fraglos der vielseitig vererbende Matrose und der geschätzte Dressurpferdemacher Monaco. Wo Licht ist, gibt es auch Schatten: Der Adel des Marcio xx war meist schon in der zweiten Generation wieder fast verschwunden, auch sind die Kinder und Enkel oftmals nicht sehr alt geworden. Während ein Der Löwe xx fast 30 Jahre alt wurde, war Marcio xx mit 18 Jah-

ren schon völlig verbraucht. Obwohl nur klein von Statur, präsentierte sich Pik As xx stets großrahmig und mit viel Imponiergehabe. Auf der Station Hohnstorf in der Artlenburger Elbmarsch mit ihren erstklassig durchgezüchteten Mutterstämmen erhielt er eine große Chance, die er wohl zu nutzen wusste. Über Spitzenpferde wie Pesgö/ Helga Köhler oder Porta Westfalica/Hartwig Steenken begründete er schon früh seinen Ruhm als Springpferdevererber; Dressurpferde machte er kaum. Der Erhalt des Blutes lag bei seinem Sohn Pik König. Eine Aufgabe, die dieser wirkliche Spitzenspringpferdemacher meisterhaft umzusetzen verstand. Die drei hier genannten Linienbegründer hatten jeweils Verwandte, die eine gewisse „Sogwirkung“ genossen. Der Löwe xx brachte seinen „Neffen“ Lions

xx in Stellung: Als Sohn der Vollschwester des Der Löwe xx erfuhr er zu Beginn seiner Beschälerkarriere große Aufmerksamkeit und erhielt als Nachfolger von Pik As xx in Hohnstorf eine große Chance, mit eifriger Protektion, u. a. durch den damaligen Auktionsleiter Hans-Joachim Köhler. Er lieferte S-Pferde für alle Disziplinen; sein bester Nachkomme war Lester Piggott 35, Juniorenpferd von Anja Plönzke. Marcios Halbruder, der im Rennsport hart geprüfte Maigraf xx (28 Siege in neun Saisons), war ein schöner Hengst mit großer Linie, gut angesetztem, langem Hals, im Fundament genügend stark und außerordentlich korrekt, bei hervorzuhebend positiver Sprunggelenkseinschienung mit schwungvollem korrektem Gang. Der Einfluss des Maigraf xx wurde in der Trakehner Zucht dennoch

Velten xx (o.) lieferte in fünf Zuchtjahren mehr Leistungspferde als viele andere ihr ­Leben lang. Lemon xx (r.) brachte viele erfolg-

Foto: Langestüt Celle

deutschen Zuchtgebiete zusammengestellt, mit Würdigung der bedeutendsten Vollbluthengste, die dort tätig waren.

reiche Dressur- und Vielseitigkeitspferde.

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++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland lastbarer. Der beste Hengstsohn war Mozart, der einige gute Springpferde machte. Pik  As  xx hatte seinen Vollbruder Perser   xx. Er kam 1964 als jüngerer und größerer Vollbruder zu Pik As xx ins Landgestüt Celle, dessen Beschälerkarriere zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem Höhepunkt war. Mit Burlage bekam er eine Station in einer zwar strukturarmen Moorgegend zugewiesen, allerdings harmonierte er dort außergewöhnlich gut mit den Töchtern des

Foto: Sting

höher geschätzt als in der hannoverschen, denn entgegen den Kindern des Halbbruders Marcio xx waren Maigraf xx-Nachkommen häufig spannig, von manchmal schier unbezähmbarem, kribbeligem und hitzigem Temperament. Auch die Tatsache, dass Maigraf xx ziemlich genau bei Marcios Ableben auf der Baljerdorfer Nachbarstation Drochtersen zum Einsatz kam, hat ihm nicht viel geholfen. Er war nun mal kein Marcio xx, gleichwohl aber härter und be-

Foto: Langestüt Celle

Valentino xx verkörperte Reitqualität pur.

Julius Caesar xx, ein Held der Halbblutrennpferdezucht.

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Wöhler. Und obwohl Wöhler-Kinder an und für sich keine Springpferde waren, brachte gerade die später zur Passerpaarung erhobene Kombination Perser xxWöhler zahlreiche Klassepferde für den Parcours. Auch der beste Hengstsohn des Perser xx, der Fuchs Presto, hatte eine Wöhler-Mutter und brachte in leider nur kurzer Wirkungszeit hochklassige S-Springpferde in beachtlicher Zahl. Marcios Nachfolger in Baljerdorf wurde noch während der Decksaison 1965 der beliebte Waidmannsdank xx. Er hatte einen fulminanten Karrierestart, aus dem seine besten Hengstsöhne Waidmannsheil, Waldhorn, Waldmeister und Westwind resultierten, ferner eine ganze Reihe hochklassiger Stuten, die noch heute in zahlreichen Pedigrees auftauchen. Etliche seiner charakterstarken Nachkommen schafften den Sprung in die Klasse S, darunter auch ein paar Dressurpferde. Aus demselben Mutterstamm wie Waidmannsdank xx resultierend, löste Wiesenbaum xx 1970 seinen Verwandten in Baljerdorf ab. Er machte patente schicke Pferde mit viel Gummi, da­ runter eine große Anzahl aufsehenerregender Springpferde, die in der Regel größer waren als ihr Vater. Auch Dressurpferde von besserer Güte waren darunter. Steinpilz xx hat sich auf allen Stationen seines Wirkens (Frankenburg, Badbergen, Hänigsen) als absoluter Leistungs- und Härtefaktor erwiesen, den man gern im Pedigree weiß. Seine Nachkommen verfügten über aufsehenerregende Springkapazitäten. Die besten Hengstsöhne waren Steppenwolf, Steinhäger und Steinbock. Steinpilz xx-Nachkommen waren vorzugsweise braun, doch es gab auch etliche Rappen und Füchse. Der Graditzer Adlerschild xx (ohne Rennleistung) brachte die Hengstsöhne Adlerhorst, Adlerblick, Adlerfarn I und II, Adorno und Altenwalde. Der in puncto Leistung beste Adlerschild xx-Sohn war der bunte Fuchs Adlerfarn I, der immer etwas herumgereicht wurde und dennoch auf allen Stationen hochklassige Springpferde zeugte. Adlerhorst, der aus dem zweiten Jahrgang resultierte und vielleicht etwas zu früh gelebt hat, war bereits wieder ausrangiert, als man das große Potenzial dieses Hengstes

erkannte. Sein Sohn Adlerorden hat erstklassige Springpferde in Westfalen gemacht. Besonders auf der Mutterseite war der Adlerschild xx-Einfluss geschätzt. Der Dreifach-Europameister Deister 6/Paul Schockemöhle stammte ebenso aus einer Adlerschild xx-Tochter wie die Hengste Götz (Ldb. Celle) und Golden Miller (PB Oldbg., LH Ldg. Redefin). Der reinerbig dunkle Julius Caesar xx wirkte zunächst in Stedebergen, wo neben ihm auch Valentino xx als zweiter Vollblüter aufgestellt war, später blieb er unweit im Landkreis Rotenburg. Damals wie auch heute war die Region Verden/Rotenburg eine Hochburg der Halbblutrennpferdezucht, und auf diesem Gebiet hat Julius Caesar xx große Verdienste gehabt. Auch in anderen Mutterstämmen taucht der harte Blüter zuweilen noch auf. Aus der letzten Schaffensperiode, die er als Vorgänger des geschätzten Busoni xx in Cremlingen verbrachte, sind harte und belastbare Leistungspferde erwachsen. Speziell im Springund Vielseitigkeitssport hat er positiv gewirkt. Sein einziger gekörter Sohn Julier wurde zum Linienbegründer in der DDR. Julius Caesars zeitweiliger Boxennachbar, der noble Fuchs Valentino xx, verkörperte Reitqualität pur und brachte besonders typschöne Mutterstuten und Reitpferde für höchste Ansprüche in allen Disziplinen. Er lieferte dreimal das Spitzenpferd auf Verdener Eliteauktionen und ist noch heute als geschätzter Veredlungs- und Härtefaktor in zahlreichen Mutterstämmen vertreten. Valentino xx war mütterlicherseits verwandt zu dem Harzburger Velten xx. Dieser war über Jahre ein Reizthema in der hannoverschen Zucht. Vorschnell wurde er abgekört, dann stürmten seine Kinder sowohl die Auktionen als auch die Siegerlisten auf Turnieren bis zu olympischem Niveau in allen Disziplinen. Der reinerbig dunkle Hengst lieferte in fünfjähriger Zuchtbenutzung mehr Leistungspferde als manch einer seiner Zeitgenossen in einem ganzen Leben. Doch die züchterische Reaktivierung des Hengstes scheiterte Mitte der 60er-Jahre an bürokratischer Sturheit, was dazu führte, das man den Hengst und seine Vererbungsleistungen gern unter den Tisch fallen ließ. Dennoch wurden

vier Söhne gekört. Über Ventus existiert die Hengstlinie noch heute in der schweren Warmblutzucht des Pferdezuchtverbands Sachsen-Thüringen. Der trocken und mit großer Gesamtlinie auftretende bunte Graditzer Fuchs Poet xx lieferte u. a. in Polo 2/Klaus Wagner und Polarfuchs/Ottokar Pohlmann Vielseitigkeitspferde für olympisches Niveau. Zweiund dreijährig war er auf der Bahn: Neun Starts brachten drei Siege und vier Plätze. Poet xx hat 22 Jahre der Zucht zur Verfügung gestanden und (ähnlich wie beispielsweise Traumgeist xx) drei Populationen nachhaltig beeinflussen können: die hannoversche Zucht, die Trakehner Zucht und auch die Vollblutzucht. Das allein macht ihn vielleicht schon zu einem Phänomen. In Hannover lieferte er die geschätzten Söhne Pokal (Springpferdemacher) und Partisan. Als „Härtefaktor“ hat man das Poet xx-Blut gern in den Mutterstämmen. Vom unvergessenen Gerd Rietbrock, der seinerzeit im Gestüt Fährhof bei Sottrum beschäftigt war, reiterlich vorgebildet, nahm der kernige und reinerbig dunkle Sudan xx im Alter von acht Jahren seinen Beschälerdienst in Achim vor den Toren Bremens auf. Zwar war er leicht verstellt,

aber mit besten Grundgangarten versehen. Er brachte Spring- und Vielseitigkeitspferde für gehobene Ansprüche, ausdauernd, hart und leistungsbereit. Sein mit Abstand bester Hengstsohn, der wertvoll gezogene Sansibar, wurde zu spät erkannt. Er lieferte vorzugsweise reichlich bunte braune Springpferde für hohe Ambitionen; Dressurpferde hat auch er kaum gemacht. Bunte Braune mit vorzüglicher Leistungseinstellung lieferte auch der überwiegend in Ostfriesland genutzte Saluto. Der reinerbig dunkle Lemon xx hat 20 Jahre im Land Wursten auf Station gestanden, was allein für sich spricht. Die Kinder waren im Dressur- und Vielseitigkeitssport bis zur schweren Klasse auf internationalem Level erfolgreich. Springpferde hat Lemon xx kaum gemacht. Sein züchterisches Highlight war der Körsieger von 1987, Lemon Park, der zu früh wieder von der züchterischen Bühne abtrat. Manchmal hatten die Lemon xx-Kinder etwas lange, schlichte Gesichter und eine unschöne Braunfarbe. In puncto Rittigkeit und Interieur war er jedoch einer der besten und einflussreichsten Vollblüter in der jüngeren hannoverschen Zuchtgeschichte, ebenso wie Augustinus xx. Dieser konnte

Historisches Relikt: ein Gemälde des Volblüters Faust xx

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++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland Ladykiller xx (l.) verkörpert den Typus Vollblüter mit vorbildlichem Fundament. Linienbegründer: Sacramento Song xx

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Dennoch brachte er es auf eine beachtliche züchterische Bilanz, wobei seine Nachkommen deutlich erkennbar keine Springpferde, wohl aber erstklassige Dressurpferde waren. Sein bedeutendster Sohn ist fraglos der Fuchs Bolero gewesen, der in Hannover eine eigene Dressur-Hengstlinie zu begründen vermochte, die sich unverändert großer Beliebtheit erfreut.

Holstein In Holstein waren in der frühen Zuchtgeschichte des 20. Jahrhunderts bereits Vollblüter wie Der Blaue Vogel xx und Trebonius xx eingesetzt worden. Zum bedeutenden Linienbegründer nach dem Zweiten Weltkrieg avancierte der braune Graditzer Vollblüter Anblick xx, der in seinem Leben eine außergewöhnliche Entwicklung durchlaufen hatte. Zunächst elf Jahre als Celler Landbeschäler auf den Stationen Landesbrück (1943–1945) und Achim (1946–1953) eingesetzt, wurde er leichten Herzens an das holsteinische Landgestüt Traventhal abgegeben. In der hannoverschen Zucht konnte er sich nicht behaupten. Aus der Landesbrücker Zeit sind gar keine Spuren seines Wirkens geblieben, in Achim nur wenige. Ganze 18 Töchter wurden registriert, gekörte Söhne gab es nicht. In Holstein (1954 Siethwende, 1955 Lasbek, 1956–1964 Haselau) wendete sich das Blatt: Anblick xx wurde zu einem der bedeutendsten Linienbegründer der Holsteiner Zucht. Er stellte 14 gekörte Söhne, deren bedeutendster der sich überragend bewegende Aktionstraber Aldato (u. a. Muttervater des Landgraf I) wurde, ferner lieferte er neben zahlreichen anderen Leistungspferden die Töchter Antoinette und Venetia 2, die beide unter Dr. Josef Neckermann auf olympischem Parkett erfolgreich waren. Anblick xx war Vollbruder zu Abendfrieden xx, der der Warmblutzucht so wichtige Vererber wie die Celler Landbeschäler Perser xx und Pik As

xx zu liefern vermochte, und den in Holstein zu etlicher Bedeutung gelangten Schimmelhengst Manometer xx. Ein enger Verwandter des Anblick xx war der wertvolle Alabaster xx, der als Privathengst in Lasbek einigen Einfluss nahm. Chronologisch der nächste bedeutende Vollblüter in Holstein war dann Cottage Son xx. Noch ehe er 1959 mit bereits 15 Jahren in Holstein aufgestellt wurde, war er in England ein bekannter Vererber. Anlässlich der Olympiade 1960 in Rom waren mehrere seiner Kinder in der Military am Start. Für den großrahmigen, ausstrahlungsstarken Hengst war dies ein guter Auftakt in Holstein, wenngleich er zu einer Zeit kam, als die Pferdezucht völlig am Boden lag. 14 Söhne und 53 eingetragene Töchter sind das Ergebnis aus fünfjähriger Zuchtbenutzung. Seine Nachkommen verfügten über ausgezeichnete Springanlagen, waren gut zu reiten und leistungsbereit. Seine Bedeutung für Holstein lag nicht primär in der direkten Gestellung von Spitzenpferden für den Sport, sondern vielmehr in der Vernetzung mit Holsteiner Stämmen, woraus er in zweiter oder dritter Generation zur Geltung kam. Über seinen Urenkel Capitano sowie dessen Sohn Capitol I mit seinen Nachfahren Clearway, Carthago und Cassini I blüht die Linie bis heute. Ladykiller xx verkörperte den starken Typus des Vollblüters mit geradezu vorbildlichem Fundament. Er war ein auffallend schöner Hengst mit betont maskulinen Attributen. Als Rennpferd war er eher mäßig einzustufen: In zwei Jahren lief er ganze drei Rennen, gewann eher bescheidene 6200 DM, ging immer schlecht vom Start weg und erzielte mit einem Generalausgleichsgewicht von 80,5 Kilogramm denkbar knapp die damals gültige 80-kgMarke zum Einsatz in der Warmblutzucht. Aufschlüsse über Härte und Belastbarkeit hat seine Rennkarriere zumindest nicht

Foto: Kramer

in puncto Typ nur selten Wünsche erfüllen, oft hatten seine Kinder lange, unschöne Gesichter, aber Augustinus xx war ein Hengst, der erstklassige Interieurwerte, Rittigkeit und Leistungsvermögen für alle Disziplinen miteinander verband. Nützlich gewirkt haben auch der Allround-Vererber Novum xx (Burlage), Bu­ soni xx (Cremlingen) sowie Daimyo xx (Hänigsen) und Escort xx (Landesbrück), ebenso der Privathengst Rocalli xx (Station Bramlage). Auch Shogun xx (Stedebergen) und Ecuador xx (Splietau) müssen erwähnt werden, waren allerdings reine „Modehengste“ und lieferten moderne, marktgängige Reitpferde fürs Viereck, denen es an Härte fehlte. Gut 30 Jahre ist es her, dass der damalige Celler Landstallmeister Dr. Burchard Bade mit Hengste wie Lauries Crusador xx, Prince Thatch xx, Star Regent xx, Aarking xx und zahlreichen anderen eine letzte große Vollblutinitiative anschob, von der damals auch nicht alle überzeugt waren, wovon aber das Zuchtgebiet Hannover bis heute nachhaltig zehrt. Nicht alle Kandidaten der damaligen „Blutoffensive“ sind Spitzenvererber geworden, aber der hannoverschen Stutenbasis wurde unbestreitbar ein großer Schub Edelblut zugeführt. Das Gestüt Schmidt-Ankum war in den 1970er-Jahren das führende Privatgestüt in Deutschland, und das verdankte diese Zuchtstätte in erster Linie einem außergewöhnlichen Hengst: dem reinerbig dunklen Cardinal xx. Er lieferte Dressurpferde für internationale Ansprüche, u. a. Chagall 15/Madeleine Winter-Schulze, Colorado 17/Monica Theodorescu, Cortino 4/Petra Epping u. a. m. Vereinzelt lieferte Cardinal xx auch Klasse-Springpferde und sein Blut ist in Springpedigrees durchaus willkommen. Sein bedeutendster Hengstsohn wurde Cavalier (Ldb. Celle). Black Sky xx stand während seines Deckeinsatzes in Ankum klar im Schatten von Cardinal xx.

Foto: Ernst

(u.)

gebracht. Aber das hat ihn nicht gehindert, einer der bedeutendsten Vererber des 20. Jahrhunderts zu werden. Er hat sich aus einer riesigen Anzahl an Vollblütern, die in den 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre in Holstein zum Einsatz kamen, als der mit Abstand beste herauskristallisiert. Auf der damals besten Station des Zuchtgebietes, in Haselau, erhielt er im Frühjahr 1965 eine große Chance, die er wohl zu nutzen wusste. So waren seine mit Abstand bekanntesten Hengstsöhne

Landgraf I und Lord, gefolgt von Lagos, Latino, Leander und Lido. Spitzenpferde wie Lucky 47/Peter Luther, Boy 5/Eddie Macken, Little Boy/Karsten Huck, Landgräfin 10/Hugo Simon, deren Vollbruder Leon 3 (alias Landgraf II) mit Manfred Schlüsselburg und ungezählte weitere brachten ihm Ruhm und Ehre ein. Auch im Vielseitigkeitssport hat Ladykiller xx eine große Rolle gespielt, u. a. über Ladalco/Helmut Rethemeier und Ladad/Herbert Blöcker. Dressurpferde hat er kaum

gemacht. 198 eingetragene Ladykiller xxTöchter wurden in Holstein registriert. Der zeitgleich wirkende Marlon xx war ein Idealpartner für schwere, robuste Stuten, die er entsprechend zu veredeln vermochte. Er vererbte sich manchmal bunt und brachte auch etliche Füchse. Zu Marlons besseren Springpferden zählten die gekörten Hengste Mentor/Otto Becker, Modesto und Mowgli/Lene NissenLembke, ferner Manolito/Hauke Schmidt und Min Jung 2/Peter Hoff. In der Vielseitigkeit kamen Madrigal/Karl Schultz, Maniok/Thomas Rüder und Milano/Herbert Blöcker zu internationaler Popularität. Im Dressursport überzeugten der gekörte Montevideo/Uwe Sauer, Marius/Dr. Josef Neckermann und dessen älterer Vollbruder Mahdi/Christine Stückelberger. Von 265 eingetragenen Töchtern wurden 43 mit der Staatsprämie ausgezeichnet. Marlon xx ist zeitlebens mit Ladykiller xx verglichen worden, der im selben Jahr als Rassekollege seine Beschälertätigkeit in Holstein aufnahm. Marlon xx deckte zwar insgesamt in der Vererbung ein größeres Spektrum ab, andererseits fehlte dieser Hengstlinie die Durchsetzungsfähigkeit. Anfang der 2000er-Jahre traten die letzten Vertreter des Mannesstammes von der züchterischen Bühne ab. Der Schimmel Manometer xx hat sich in Holstein bestens vererbt, lieferte eine ganze Reihe guter Zuchtstuten (immerhin 85 Töchter wurden registriert) und zahlreiche überdurchschnittliche Springpferde, jedoch keine Dressurpferde. Die Nachkommen trugen meistens die Schimmeljacke und waren bei den Reitern beliebt, da sie als grundehrlich galten. Leistungsvermögen und Härte hat er als Derbysieger 1956 bewiesen: In 63 Rennen war er gestartet und gesund geblieben. Manometer xx siegte 1966 auf der 49. DLG-Ausstellung in Frankfurt/M. in der Abteilung „Spezialpferde“ gegen Trakehner, Araber und Tra-

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Sacramento Song xx und Thuswin xx deckten noch einige Zeit weiter. Doch infolge der Anti-Vollblutpropaganda im Lande hatte lediglich der Linienbegründer Sacramento Song xx eine züchterische Chance im Holstein der späten 1970erJahre. Als er 1980 einging, deckte kein Vollblüter mehr im Land zwischen den Meeren. Erst 1985 wurde mit dem von Maas-Johannes Hell in Süddeutschland entdeckten Patricius xx erstmals wieder ein Vollblutveredler eingesetzt. Es folgten nach und nach wieder der eine oder andere Vollblüter, was insgesamt auch etwas Auffrischung in die Holsteiner Linien brachte, ohne dass es in den letzten Jahrzehnten Linienbegründer gegeben hätte. Maas-Johannes Hell hatte mit Mytens xx und Exorbitant xx zwei geschätzte Vertreter ins Land geholt, beim Holsteiner Verband schaffte Grundyman xx einige Reputation und auf der Station Völz gelangen Barnaul xx etliche bessere Pferde. Bemerkenswert bei Barnaul xx war, dass er die in den Holsteiner Stämmen verankerte Springveranlagung nie herabgesetzt hat.

Oldenburg Vor gut 60 Jahren, als das Pferd in der Landwirtschaft mehr und mehr durch expandierende Technik zurückgedrängt wurde, hieß es in vielen Zuchten, insbe-

sondere in den klassischen Karossierszuchten Holstein und Oldenburg, umzuzüchten in Richtung modernes Reitpferd, und dies war seinerzeit nur möglich durch den Einsatz von Vollblütern auf breiter Basis. Man schrieb das Jahr 1959, als Ludwig Kathmann sen. der Oldenburger Körkommission zu vorgerückter abendlicher Stunde das Versprechen abgerungen hatte, einen Vollblüter einsetzen zu dürfen, und noch ehe es sich jemand anders überlegen konnte, brach er am Morgen des nächsten Tages sehr früh auf in Richtung Rheinland. So kam Adonis xx auf die Station Kathmann nach Holtrup, von wo aus er die Umzüchtungsphase und damit eine neue Epoche in der Oldenburger Zucht einleitete. Adonis xx war seinerzeit der erste Vollblüter in der Oldenburger Zucht nach dem Zweiten Weltkrieg. Er startete von zwei- bis sechsjährig in 49 Rennen, von denen er zwölf gewann und 25 Platzierungen holte. Er blieb fünf Deckjahre und lieferte bleibende Werte. Seine Nachkommen waren beherrschend auf Stutenschauen und Körungen, und auch wenn keiner seiner Söhne sich etablieren konnte, so ist sein Blut noch heute in zahlreichen Stämmen zu finden. Solchermaßen angestachelt, begab sich auch Kathmanns Mitbewerber Georg Vorwerk (Cappeln) auf die Suche nach Voll-

Foto: Kramer

ber. Insgesamt erwies sich das Manometer xx-Blut in Holstein als positiver, als es der Linienbegründer aufgrund seiner Exterieur- und Bewegungsmängel zunächst erahnen ließ. Der beste Hengstsohn war Maximus, einer der ersten Hengste im Springsport, der sich über Moltke I, Montanus und Masetto fortpflanzte. Mit großer Verbreitung in zahlreichen Stämmen überzeugte auch der Schimmel Korenbleem xx, der von 1965 bis 1967 in Marne deckte und dann nach Ungarn überwechselte. Vier gekörte Hengste (Komet, Kompass, Koran, Kosak) und 29 eingetragene Töchter sind das züchterische Vermächtnis. Vor allem Kosak brachte das Kunststück fertig, in nur zwei Deckjahren aus 19 platzierten Nachkommen sechs S-Springpferde zu zeugen, und war selbst über lange Jahre bis S erfolgreich im Parcours. Der 1951 geborene Waldenser xx deckte ab 1960 als Holsteiner Verbandshengst mit beinahe jährlichem Wechsel auf verschiedenen Stationen, u. a. in Haselau, Sieth­ wende, Meldorf, Marne, Griebel, Breden­ eek und Oldenbüttel. Ab 1970 kam er in Schürsdorf noch vorwiegend in der Trakehner Zucht zum Einsatz und wurde 25 Jahre alt. Er war ein ausgesprochen hübsches Pferd und im Hindernisrennsport hocherfolgreich. Im Springen lag auch sein Vererbungsschwerpunkt. Neben dem hochklassigen Wahnfried wurde in dem international erfolgreichen Vielseitigkeitspferd Chirac/Friedrich Otto jun. aus dem letzten Waldenser xx-Jahrgang 1976 noch ein zweiter Hengstsohn gekört. Gewisse Bedeutung als Leistungsvererber erlangten auch Wanderfalk xx, Reinald xx, Frivol xx, Nautilus xx, Thuswin xx, Sable Skinflint xx, Rushing Water xx, Traumgeist xx und Tin Rod xx. Anfang der 1970erJahre befand sich die Vollbluteinkreuzung in Holstein auf dem Höhepunkt. 1975 wurden die beim Holsteiner Verband eingesetzten Vollblüter rigoros ausgemerzt und keiner neu zur Zucht zugelassen: Mit Ausnahme der erklärten Linienbegründer Ladykiller xx und Marlon xx gab es ab sofort einen von oben verordneten „Vollblutstop“ in der Holsteiner Zucht. Lediglich die Privathengste Dollarprinz xx, Freeman xx,

Miracolo xx war 1966 und 1968 Siegerhengst der Vollbluthengstschau in Köln.

Foto: Rühl

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Bekannt als der „schnellste Schecke der

blütern und präsentierte mit Miracolo xx und More Magic xx gleich zwei prägende Reformer, deren Töchter unschätzbare Grundlagen für kommende Generationen zu liefern vermochten. Miracolo xx war 1966 und 1968 jeweils Siegerhengst der Vollbluthengstschauen in Köln, Halbbruder des Manolete xx und nach diesem der dritte Vollblüter im Oldenburger Zuchtgebiet. Miracolo xx stand von 1963 bis 1972 im Deckeinsatz, ehe er nach Baden-Württemberg abgegeben wurde. Der reinerbige Schimmel More Magic xx hat von 1965 bis 1972 in Cappeln gestanden und profilierte sich als Vater etlicher Spitzenstuten und leichtrittiger Pferde für alle Disziplinen. Anfang der 1970er-Jahre erhöhte Vorwerk die Schlagzahl: Bucephalos xx (1971–1974), Praefectus xx (1971–1975) und Ecuador xx betraten das Oldenburger Parkett. Während Ecuador xx in der Hauptsaison jeweils Leihhengst des Landgestüts Celle in Splietau war, schufen seine Kollegen bleibende Werte für die Oldenburger Zucht und sind noch heute in vielen Stämmen präsent.

Derweil hatte auch Kathmann wieder nachgelegt: Der Rappe Guter Gast xx (1964 –1967) und der schwarzbraune Makuba xx, eng verwandt zu den in Hannover bekannten Hengsten Marcio xx und Maigraf xx, kamen breitflächig zum Einsatz und lieferten Pferde für alle Disziplinen. Makuba xx war Sieger der Vollbluthengstschau in Köln 1965 und lieferte von 1966 bis 1972 in Holtrup Spitzenpferde für alle Disziplinen, bevor er in Bayern noch einige Jahre zum Einsatz kam. Auch der in Irland gezogene, auffallend typschöne Braune, Ballyboy xx, Sieger im St. Leger und im Großen Preis von Düsseldorf, hat in nur fünf Jahren (1971–1975) in Holtrup in vielseitiger Hinsicht Großes geleistet. Bedeutung erlangte auch der braune Manolete xx, der in der Umzüchtungsphase in den 1960er- und 1970er-Jahren auf der Station Woltmann-Querenstede großartige Dienste als Reformer geleistet hat. Seine Nachkommen waren in allen Disziplinen auf S-Niveau hocherfolgreich. 1972, 1973 und 1976 stellte er jeweils das erfolgreichste

Welt“ deckt Silvery Moon xx im Hauptund Landgestüt Marbach.

Oldenburger Sportpferd des Jahres. Der reinerbig dunkle Vollkorn xx brachte in langjähriger Nutzung (1966–1981 Esenshammer Oberdeich) internationale Spitzenpferde für alle Disziplinen und wurde gut frequentiert. Er ist in vielen Stämmen gut verankert, außerdem wurden unter seinen insgesamt 13 gekörten Söhnen in verschiedenen Zuchten der HLP-Sieger Varus und vor allem der Olympionike Volturno/OttoAmmermann bedeutsam. Sein enger Verwandter Vierzehnender xx, der erst im Alter von 14 Jahren in die Warmblutzucht gelangte, hatte zuvor bereits sehr erfolgreich in der Vollblutzucht gewirkt und der Oldenburger Zucht u. a. das international erfolgreiche Militarypferd El Paso 4/Horst Karsten geliefert. Von 1970 bis 1982 traf Vierzehnender xx auf der Station Duen in Friesoythe-Thüle auf eine Stutengrundlage, die zu ihm

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Foto: Bischoff

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Asagao xx: Hoffnungsträger in Westfalen

passte. Bernhard Duens weltmeisterlicher Viererzug war zeitweise ausschließlich mit Vierzehnender xx-Nachkommen (u. a. Viola, Viktor, Valentin) bespannt, darüber hinaus lieferte er ehrgeizige, vorsichtige Springpferde. Zu den bekannteren zählte der noch aus der Vollblut-Ära stammende Mime xx/Herbert Rathgeber und Vino 2/ Lutz Gössing, aber auch der gekörte Vulkan/Bernhard Kamps. Der in Irland gezogene Schimmel The Monk xx deckte mit zunächst als ausreichend anerkanntem GAG eine Saison in Oldenburg (1965 Holtrup), dann revidierten die Engländer seine Rennleistung und er kam unter die in Deutschland geforderte 80-kg-GAG-Marke, womit er abgekört war. Dennoch hat er sich hervorra-

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gend vererbt, zeugte in diesem einen Deckjahr mehrere gekörte Söhne, Staatsprämienstuten und Spitzenpferde für Military- und Springsport. Erwähnt werden muss auch der lebenslang (1967–1984) in Bümmerstede stationierte Vollblüter Kronprinz xx aus der berühmten Zoppenbroicher K-Familie. Er ist in unzähligen Leistungsstämmen verankert und sein Name wird unverändert mit Hochachtung genannt. Kronprinz xx verfügte über eine für einen Vollblüter sensationelle Trabaktion. Er war auf der Rennbahn hart geprüft (GAG 90,5 kg). Werte schufen auch Adrian xx (HHG Sillen­ stede), Apollo xx (Bettingbühren) und Nachtflug xx (Station Rüschendorf). Zu den einflussreichsten Vollbütern der jüngeren Zuchtgeschichte zählten die Halbbrüder Noble Roi xx (Station Osterloh, Bettingbühren) und Narew xx (Werner bzw. Paul Schockemöhle, Mühlen). Während Noble Roi xx Spitzenpferde für Dressur und Springen gleichermaßen lieferte, überwog bei Narew xx deutlich das Springen. Und da, wo die Erfolgsgeschichte der Vollblüter in Oldenburg begann, da endet sie auch: Der letzte Vollblüter mit nennenswerter Frequentierung in Oldenburg war Ende der 1990er-Jahre der braune Painter’s Row xx, der in Holtrup zum Einsatz kam. Bedingt durch eine nicht zu übersehende Bewegungsarmut waren seine Fohlen ziemliche Ladenhüter. Dennoch ist er in einigen Stämmen geschätzt und wirkungsvoll vertreten.

Westfalen Der irische Fuchs Papayer xx, von 1962 bis 1971 auf der westfälischen Privatstation Sandhove in Ascheberg stationiert, überzeugte mit Spitzenprodukten in bis dahin unerreichter Frequenz. Er lieferte internationale Spitzenpferde wie Paquito/Gebriele Disterer, Privatier/Ruth Klimke und Panama 2/Peter Schmitz für Dressur und Parcours, ferner mit Paradox I und Paradox II herausragende Hengstsöhne, von denen Ersterem im Hof des NRW-Landgestüts ein lebensgroßes Bronzedenkmal errichtet wurde. Paradox I-Nachkommen waren beherrschend im Springsport der 1980er-Jahre. Zum Linienbegründer avan-

cierte auch der in Irland gezogene Pluchino xx, der von 1958 bis 1975 als Privathengst im Gestüt Werthmann (Soest-Lühringsen) wirkte. Sein Sohn war der aus Vornholzer Mutterstamm gezogene Schimmel Perseus, der seinerseits über Pilatus (Station Kunibert Münch, Datteln) Großvater des legendären Weltklassevererbers Pilot wurde, dem man auf dem Gelände des Westfälischen Pferdezentrums ein lebensgroßes Bronzedenkmal setzte. Die zeitgleich im NRW-Landgestüt Warendorf eingesetzten Vollblüter Sinus xx und Lucius xx konnten sich zwar auch über lange Jahre alten, vermochten in puncto Leistungsvererbung aber nicht mit Papayer xx und Pluchino xx mitzuhalten. Sinus xx (47 Starts, 18 Siege, 14 Plätze) lieferte in 17jähriger Zuchtbenutzung als bekanntesten Nachkommen den Schimmel Sioux 9/Horst Karsten, wohl auch das eine oder andere Dressurpferd. Seine gekörten Söhne, Enkel und Urenkel waren in der Leistungsvererbung nur knapp befriedigend, manche wurden als Antisportler eingestuft. Ähnlich war es bei Lucius xx, der wohl Härte in die Zucht brachte, aber nur bedingt Leistungsbereitschaft. Die meisten Hengstsöhne wurden als Wallache der Deutschen Reitschule zugeführt. Der Landbeschäler Blauspecht xx stand zeitlebens in Kump auf Station. Er war als Leistungsvererber überaus geschätzt, und auch sein Sohn Bariton war zeitlebens ein gefragter Vererber, der Spitzenspringpferde gleich in Serie lieferte. Fast jeder bessere Springreiter aus NRW hatte in den 1970er- und 1980er-Jahren einen BaritonNachkommen unter dem Sattel. Besonders erfolgreich waren Bandit 49 und Bandit 57 mit Thomas Frühmann, Boyfriend mit Gerd Wiltfang, Baroness 35 mit Heinrich-Wilhelm Johannsmann und zahlreiche weitere. Oftmals ließen die BaritonKinder in Typ und Exterieur den Adel bzw. Schmelz ihrer Vollblutherkunft vermissen und waren reichlich mit Abzeichen gesegnet, unabhängig davon, ob sie nun Fuchs oder von dunkler Farbe waren. Zu den bedeutendsten Vollblütern in Westfalen zählte auch Angelo xx, mit 170 cm Stockmaß recht groß und dabei ausgesprochen formschön und Sieger der

Vollbluthengstschau in Köln 1966. Die NRW-Landgestütsdeckstelle Amelsbüren blieb in den 16 Jahren züchterischen Wirkens (1967–1982) die einzige Station des Angelo xx. Besonders erfolgreich hat Herbert de Baey (Lemgo) Angelo xx über Jahre eingesetzt. Mit der Stute Dodona brachte Angelo xx die Olympiapferde Ahlerich 2/Dr. Reiner Klimke und dessen Vollbruder Amon/Annemarie SandersKeyzer (NED). Deren Vollschwestern Adone und Antine wurden wiederum züchterischer „Nährboden“ für den Dressur-Multichampion Rembrandt und die Hengstdynastien Rubinstein I und II bzw. Royal Angelo I und II. Von dem Passer­ effekt zur Stutenherde des Herbert de Baey einmal abgesehen, war Angelos Vererbungsschwerpunkt deutlich im Springen zu finden: 35 S-Springpferde stehen sieben S-Dressur- und vier S-Vielseitigkeitspferden gegenüber. Der bedeutendste Hengstsohn wurden Anmarsch, ebenfalls mit klarer Springorientierung. Der Adel des Vollblüters war bei Angelo xx-Nachkommen schnell wieder verschwunden. Ein Springpferdemacher besonderer Klasse war der auf dem Gebiet der DDR (Bockstadt-Massenhausen) gezüchtete Schimmel Ben Shirin xx, der auch über seinen Sohn Bengale züchterische Beachtung fand. Windesi xx war einer der bedeutendsten Vollblüter in Nordrhein-Westfalen bzw. in Diensten des NRW-Landgestüts Warendorf. Er war DLG-Sieger seiner Rassengruppe und brachte in Vivaldi (Dänemark), Weltruf und Westpoint drei gekörte Söhne. Er kam zeitgleich mit Taipan xx in Diensten des NRW-Landgestüts zum Einsatz, der sich als „Springvollblüter“ bester Sorte erwies und noch heute im Pedi­ gree geschätzt ist. Erwähnung verdienen auch die Füchse Bream xx und Exstream xx, ferner Massud xx, Fidalgo xx, Sacramento xx, Fläming xx und Feuerfunke xx. Bedeutung für Westfalen erlangte auch der groß angelegte, mächtig auftretende Vornholzer Vollblüter Usurpator xx. Die Nachkommen waren in der Regel große, leistungsbereite, langlebige und nervenstarke Pferde mit ausgesprochenen Reitpferdepoints und viel Springtalent. Zu den Größen im Springsport zählte der Schim-

mel Uhland, eines der ersten großen Erfolgspferde von Peter Weinberg, ebenso Urquell, den Hauke Schmidt zu vielen Erfolgen ritt. Beide waren in Vornholz gezogen. Dressurpferde hat Usurpator xx so gut wie gar nicht geliefert. Bedeutung erlangten auch die Privathengste Octavo xx (Station Hesker-Lengermann, Hiltrup) und Antar xx (Station Rohmann, Marl). Heute ist Asagao xx (Station Hoffrogge, Dorsten) der Hoffnungsträger in Westfalen.

Rheinland Das Rheinland, von jeher eher eine Kaltblutregion, speiste sein Bedürfnis an Warmbluthengsten nach der Auflösung des Landgestüts Wickrath durch die Entsendung von Warendorfer Landbeschälern auf die rheinischen Stationen. Die Veredlung der Warmblutpopulation erfolgte, ähnlich wie in Baden-Württemberg, überwiegend durch Trakehner. Nichtsdestotrotz gab es einige Vollblüter in Privatbesitz, die sich durchzusetzen vermochten, so u. a. Galahad xx, Portulak xx und Welsh Minstrel xx. Galahad xx hat von 1959 bis

1963 die rheinische Zucht beeinflusst und herausragende Springpferde hinterlassen. Der außergewöhnlich schön linierte, ­dunkelbraune Welsh Minstrel xx hat von 1957 bis 1968 auf der Station Haasler in Alpen gewirkt und vorwiegend Springpferde hinterlassen. Gewissen Einfluss nahm vor allem Nardus xx, der von 1961 bis 1969 im Rheinland gestanden und anschließend noch sehr segensreich in der bayerischen Warmblutzucht gedeckt hat. Der Dunkelbraune war als klarer Springpferdemacher einzustufen.

Bayern Im Flächenland Bayern kamen einige Vollblüter zum Einsatz, von denen vor allem der schwarzbraune Mordskerl xx von 1968 bis 1980 als Landbeschäler auf den Stationen Holzham, Riedling, Ellingen, Landshut und Ottobeuren stationiert war. Obwohl nicht wirklich ideal konstruiert, wurde Mordskerl xx in der Vererbung ein ganz Großer, mit deutlichem Schwerpunkt im Springen. Seine Söhne waren Morris und Morketo, und vor allem Letzterer konnte

Vollblüter 2022 – bundesweit Name

Deckart

Farbe

Stm. cm

Deckeinsatz

GAG kg

Asagao xx

FS/TG

F.

164

PB Westf.

HLP

Atillio xx

NS

B.

168

PB Bay.

89,5

Baltic Rock xx

NS

B.

164

PB Bay.

97

Burma Gold xx

NS

F.

169

PB Mecklbg./Trak.

94

Cyrkon xx

NS/TG

B.

166

PB Holst.

HLP

Fragonard xx

NS

Db.

168

Holsteiner Verband

91

Il Divo xx

FS

Db.

174

Ldb. Warendorf

92,5

Innenminister xx

FS

B.

167

Holsteiner Verband

74

Kubaner xx

FS

Db.

166

Ldb. Moritzburg

HLP

Mount Etna xx

NS

F

165

PB Bay.

83

Mulligan xx

NS

Db.

167

PB Hann.

77,5

Nice Danon xx

FS/TG

Sch.

164

PB Brdbg.

93

Rock of Romance xx

FS

Schwb.

168

PB Hann.

92,5

Ruffian Reef xx

NS

Db.

165

PB Holstein/Trak.

84

Signum xx

FS

Db.

166

Ldb. Redefin

90,5

Silvery Moon xx

NS/TG

Bscheck.

162

Ldb. Marbach

82

Sunny Sam xx

NS

Db.

171

PB Sachs.

78

Tipsy’s Pet xx

NS

Schwb.

164

PB Hann.

HLP

Waugh xx

FS

B.

168

Ldb. Marbach

82

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Report

Report

das Blut über gezielten Einsatz in der Rottaler Zucht lange konservieren. Einen deutlichen Schwerpunkt im Springen hatten auch die Nachkommen des Niccolini xx, hier sicherlich allen voran der in Norddeutschland erfolgreiche Napoli 5/Jürgen Ernst. Mit ausgeglichener Vererbung konnte der braune Markgraf xx überzeugen. Geschätzt werden die wenigen Produkte des Balfour xx, Halbbruder des in Hannover zu einiger Bedeutung gelangten Busoni xx, und einen gewissen Einfluss erlangten auch Bonito xx und Weltstar xx.

Rheinland-Pfalz-Saar Das kleine Zuchtgebiet im Südwesten hat historisch gute Erfahrungen mit Vollblütern gemacht, die zur Veredlung der vielfach durch Normänner Blut geprägten Stutenbasis herangezogen wurden. Der dunkelbraune Zweibrücker Landbeschäler Der Unhold xx, dessen Name im Südwesten Deutschlands noch heute mit Hochachtung genannt wird, war der ältere Vollbruder zum Vornholzer Usurpator xx. Der Unhold xx war ähnlich erfolgreich auf der Bahn wie Usurpator xx und hat diesen mit 128 Starts (21 Siege, 58 Plätze) eigentlich noch übertroffen, war u. a. siegreich im Preis der Stadt Baden-Baden und im Großen Preis von Hessen. Von 1960 bis 1972 in Zweibrücken und Höheischweiler aufgestellt, lieferte er Spitzenpferde für alle Ansprüche und Disziplinen. Der in Vornholz gezogene Chronist xx war 1952 Mitglied der deutschen DressurOlympiamannschaft in Helsiniki, damals noch mit Fritz Thiedemann, der sowohl im Springen als auch in der Dressur Edelmetall holte. Chronist xx wurde anschließend an Hannelore Weygand verkauft, die mit ihm weitere Jahre international erfolgreich war, und kam als bereits älterer Hengst von 1957 bis 1962 in Diensten des Landgestüts Zweibrücken durchaus gefragt auf den Stationen Zweibrücken, Einöd und Wallhalben zum Einsatz. Von den Zweibrücker Landbeschälern verdient vor allem auch der harte Fuchs Arato xx Erwähnung, der vor allem auf der Mutterseite gekörter Hengste und etlicher Springpferde mit gehobenem Niveau überzeugen konnte. Der

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großlinige Fuchs, eng verwandt zu dem bekannten Adonis xx und wie dieser aus dem Gestüt Schlenderhan stammend, empfahl sich durch sechs Siege und 13 Plätze aus 25 Starts und hat von 1968 bis 1973 in Zweibrücken gestanden. Nur ein Jahr hat der braune Harzburger Auerbach xx 1971 als Privathengst in Miesau und Rodenbach gedeckt und hinterließ mit Appaletin/Rudolf Brumme eines der erfolgreichsten Zweibrücker Dressurpferde überhaupt. In Privathand befanden sich Hengste wie Aufwind xx und Malvolio xx. Aufwind xx (Station Werner Speiser, Beckingen) lieferte bei 116 Starts 26 Siege und 46 Plätze, wobei er etliche prominente Rennen gewann, u. a. den Bayern-Preis und den Preis von Rheinland-Pfalz. Malvolio xx (Station Paul Vogt, Buschfeld) erzielte bei 39 Starts acht Siege (Silbernes Band der Ruhr, Rudolf-Rose-Rennen) und 15 Plätze. Erinnert werden muss auch an den bunten Fuchs Germanist xx, der bei 13 Starts vier Siege und fünf Plätze holte. Er hat lange bei Horst Blaul in Haßloch gedeckt und segensreich gewirkt. Der Hengsthalter Otto Stach (Bruchmühlbach-Miesau) hat stets Blüter im Einsatz gehabt, so u. a. die aus Oldenburg angekauften Hengste Solstice xx und Thymian xx, später Rubicon xx.

Hessen Hessen war als Nachzuchtgebiet Nachnutzer von zwei in anderen Zuchten hochbewährten Vollblütern: Adonis xx, Usurpator xx und später auch Praefectus xx traten in die Dienste des Landgestüts Dillenburg und haben segensreich für die regionale Pferdezucht gewirkt. Der aus dem Gestüt Schlenderhan stammende Adonis xx war 1971 nach Zahl der platzierten Nachkommen der erfolgreichste Vererber Deutschlands. Er kam von 1964 bis 1971 13 Jahre als Dillenburger Landbeschäler auf den Stationen Brandau, Ziegenhain, Kriftel, Frankfurt-Zeilsheim und Fuldatal zum Deckeinsatz. Analog zu Oldenburg war seine Vererbung auch in Hessen überaus vielseitig. Zu den bekanntesten Pferden gehörten etwa Tarzan 13/Friedelinde Kohl und Takt 7/Manfred Born. Insgesamt 14 Söhne von Adonis xx wurden zuchtgebietsübergrei-

fend gekört; für Hessen wurden Adlatus, Advent und Advokat bedeutend. Der großlinige Usurpator xx hatte nach seinem Karrierestart im Gestüt Vornholz eine gute Vorgeschichte, von der überragenden Rennleistung (124 Rennen in neun Jahren, davon 24 Siege und 49 Platzierungen) einmal abgesehen, und dankte in siebenjähriger Zuchtbenutzung (1971–1973 Trendelburg, 1974-1975 Ellingerode, 1976 Hadamar, 1977 Gießen) mit Spitzenpferden wie Uta Maro/Norbert Koof und dem später vom ZfdP gekörten Ultimo/Jürgen Webers. 63 Töchter wurden in die Abteilungen des hessischen Stutbuchs eingetragen. Praefectus xx, von Georg Vorwerk zunächst in das Gestüt Palmberg nach Rheinland-Pfalz-Saar verkauft, kam nach dessen Auflösung nach Dillenburg und sollte sich als Glücksfall erweisen. Er lieferte den Körsieger Prolog und sein bestes Vielseitigkeitspferd, Point to Point 3/Elmar Lesch. Im hohen Alter wechselte Praefectus xx nochmals das Domizil und hat auch in Österreich noch einige Jahre verbracht. Er wurde stark genutzt und dankte mit vielseitigen, harten und belastbaren Pferden. Segensreich in der hessischen Zucht gewirkt haben auch die Vollblüter Admiral xx, Alarich xx und Edelmann xx. Der Alizier xx-Sohn Admiral xx (Deckeinsatz: 1960–1967) lieferte u. a. das erfolgreiche Springpferd Alabaster 4/ Thomas Bartels. Alarich xx befand sich im Besitz der Familie von Opel in Ingelheim und kam zunächst in der Vollblutzucht, später auch in ziemlicher Breite (1970– 1976) in der Warmblutzucht zum Deckeinsatz. Sein erfolgreichster Nachkomme war Akki Bua, den Dr. Heinz von Opel (Sohn der legendären Springreiterin Irmgard von Opel) siegreich im gehobenen Vielseitigkeitssport vorstellte. Der 1950 geborene Edelmann xx hat von 1962 bis 1971 ebenfalls bleibende Werte für das hessische Zuchtgebiet schaffen können, mit deutlichem Vererbungsschwerpunkt im Springen. Immer wieder nützliche Pferde bei insgesamt wenig Wahrnehmung lieferte der dunkelbraune Buchsbaum xx, womit sich die Aufzählung der besseren Vollblüter aus dem Landgestüt Dillenburg auch erschöpft. Der später angekaufte Tre-

Fotos: Langestüt Redefin

++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland

Gilt als „Goldstaub“ der Mecklenburger

mezzo xx hat eher negativ gewirkt und die dann folgenden Anschaffungen hatten so gut wie gar keinen Einfluss auf die Zucht. Auch der zunächst hochgeschätzte Privathengst Chromatic xx, fototechnisch sensationell in Szene gesetzt durch Bernd Eylers, der mit diesem Motiv ab Mitte der 1980er-Jahre zu großer Berühmtheit als Pferdefotograf gelangte, blieb nach sehr guter HLP und beachtlichen Turniererfolgen deutlich hinter den Erwartungen zurück. Trotz jahrelang voller Decklisten mit Kundschaft aus den verschiedensten Verbänden wurde dieser Hengst vom Gestüt Tannenhof letztlich kein Leistungsvererber und man ist bis heute eher bemüht, diesen Hengst nicht im Pedigree zu haben.

Baden-Württemberg In Baden-Württemberg hat die Veredlung des Württembergers alten Schlages durch den breiten Einsatz von Trakehner Hengsten stattgefunden, nicht durch Vollblüter. Einen gewissen Einfluss erlangte in den 1980er-Jahren der in Privatbesitz bei Rolf Götze (Markgröningen) stehende Vierzehnender xx-Sohn Quick Star xx, aber eigentlich assoziiert man mit Vollblütern in Baden-Württemberg vor allem den über Eigenerfolge im Springsport geprüften Heraldik xx, der von 1995 bis 2005 im Gestüt Birkhof (Donzdorf) bei Familie Casper gedeckt hat. Heraldik xx war ein sehr mar-

Zucht: Godavari xx (o. l.) Grollus xx (o. r.) ist heute in den Mutterstämmen geschätzt. Matador xx (r.) wurde auch selbst erfolgreich im Sport eingesetzt.

kanter Hengst in bestem Typ und mit großen Partien, viel Bewegung und bester Springveranlagung, die er noch als älterer Hengst als Gast auf vielen Hengstschauen und Galaabenden im gesamten Bundesgebiet unter Beweis stellte. Er war reinerbig dunkel und hatte auch in Norddeutschland und hier speziell in Holstein zahlreiche Fans. Von seinen zehn gekörten Söhnen tragen drei den Holsteiner Brand; die Bundeschampionate bereicherte er durch veranlagte Vielseitigkeits- und auch Springpferde. Mehrere Nachkommen standen in der deutschen Nationalmannschaft. Eine Lanze für das Edelblut bricht heute lediglich das Haupt- und Landgestüt Marbach, wo immer mehrere Vollblüter, Anglo-Araber, Vollblut-Araber und Trakehner im Angebot sind und an „Edelhengsten“ insoweit kein Mangel herrscht.

Mecklenburg-Vorpommern Hier hat die Benutzung von Vollblütern eine große Tradition. Mehr als in jedem

anderen der Ost-Bundesländer wurden hier vor und auch nach der Wende Vollblüter eingesetzt. Durch diese blutgeprägte Stutengrundlage kam es im Springpferdeland Mecklenburg zu grandiosen Erfolgen vor allem, wenn die blutgeprägten und von jeher primär auf Springleistung selektierten Mecklenburgerinnen an Holsteiner Hengste angepaart wurden. Gute Erfahrungen machte man hier vor allem mit Modus xx und Grollus xx. Der 1960 im Gestüt Bockstadt-Massenhausen geborene dunkelbraune Modus xx entlockt Kennern der Szene noch heute ein Zungenschnalzen, und auch seine Söhne, hier allen voran sicherlich Mistral II, aber auch Mistral I, Dorn/T., Monar und Monsun AA konnten sich als Vererber profilieren. Der 1966 im Gestüt Görlsdorf geborene Grollus xx kam auf zahlreichen Redefiner Stationen zum Einsatz und hat ab-

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Report

Report

++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland

Brandenburg-Anhalt

Tannenhäher xx (o. l.) wirkte auch einige Zeit in der Vollblutzucht der DDR. Ussuri xx (o. r.) überzeugte mit seiner Springveranlagung.

Fotos: Gestüt Vornholz

Lieferte langlebige, nervenstarke Pferde: Usurpator xx (u.)

gesehen von besten Springpferden auch etliche Spitzenpferde für den Vielseitigkeitssport liefern können. Er war kein Hengstmacher; seine Söhne Grund und Galan hatten nur wenig Durchsetzungskraft, ist jedoch in vielen Mutterstämmen äußerst geschätzt. Erwähnenswert ist auch der wertvolle Vollblüter Tannenhäher xx, der auch in Westdeutschland ein Begriff wurde, denn sein Sohn Toleranz 2 war in den 1970er- und 1980er-Jahren ein hocherfolgreiches internationales Springpferd unter Jürgen Kenn. Die besondere Klasse des Tannenhäher xx wurde unterstrichen durch die Tatsache, dass er 1965 und 1966 auch in der englischen Vollblutzucht der DDR eingesetzt wurde, ehe er ab 1967

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noch für weitere vier Jahre in den Redefiner Hengstbestand zurückkehrte. In den letzten Jahren zählten Matador xx und Ussuri xx zu den populärsten Redefiner Landbeschälern mit dem Namenszusatz „xx“. Der selbst in hohem Maße springveranlagte Schimmel Matador xx hat von 1990 bis 2002 der mecklenburgischen Warmblutzucht zur Verfügung gestanden. Selbst hin und wieder auch sportlich erfolgreich eingesetzt, gab er Springveranlagung in einer für einen Vollblüter außergewöhnlich großzügigen Form mit: Immerhin zehn seiner 119 platzierten Nachkommen hatten S-Erfolge im Parcours (u. a. Magnus 91/André Thieme, Madonna 64/Christian Ahlmann). Dressur-

pferde hat er so gut wie gar nicht geliefert. Der 1982 in Graditz geborene Ussuri xx, aus derselben Linie wie der Vornholzer Usurpator xx stammend, kann aus seiner langjährigen Tätigkeit auf fünf gekörte Söhne verweisen. Er überzeugte mit einer für einen Vollblüter als äußerst selten zu bezeichnenden Springveranlagung: Sein „Flaggschiff“ im Sport war lange Jahre Heiko Schmidts Derbypferd Ussul, aber auch noch etliche mehr mit S-Erfolgen. Bedeutung erlangte der dunkelbraune Godavari xx, der im Gestüt Boxberg im thüringischen Gotha gezogen wurde. Er kam von 1986 bis 1990 als Redefiner Landbeschäler auf den Stationen Voigtsdorf und Bantow zum Einsatz. Sein Vermächtnis in der Mecklenburger Zucht sind 34 eingetragene Töchter, davon neun Staatsprämienstuten. Im Nachhinein ist Godavari xx eine große Bedeutung beizumessen. Seine Töchter Godahra I und II waren jeweils bis zur schweren Klasse erfolgreich. Vor allem aber auf der Mutterseite kam er vielfach zum Tragen: Godavari xx war Muttervater zu Heiko Schmidts Spitzenstute Cassiopeia (v. Cellestial) und taucht im Pedigree des Mecklenburger Vorzeigehengstes Chacco Blue in dritter Generation auf. Godavari xx wurde nach der Wende nach Süddeutschland verkauft, hat dort aber nicht mehr befruchtet und

In Sachsen-Anhalt hat man kaum nennenswerte Erfahrungen mit Vollblütern gemacht, was vielfach vielleicht auch daran lag, daß die angebotenen Exemplare qualitativ unterdurchschnittlich einzustufen waren. Aus der Geschichte fällt einem spontan nur der 1967 im Gestüt Lehn geborene, sehr gute Springpferdemacher Feldberg xx ein, dessen Nachkommen im Erscheinungsbild eine große Varianz zeigten und optisch nicht immer als Halbblüter einzustufen waren, aber springen konnten sie durchweg. Betrauert hat die Züchterschaft auch das frühe Ausscheiden des Hengstes Pfalzwein xx. Kurz vor und auch noch nach der Wende erlangte der 1982 im Gestüt Lehn geborene Fuchs Darß xx einen gewissen Einfluß; er hat sich jedoch weniger durch die Gestellung von Leistungspferden hervorgetan, sondern war vielmehr später als Härtefaktor in Mutterstämmen zu finden. Die direkten Nachkommen waren eher zäh und ledern, als Sportpferde keiner Disziplin wirklich zugetan. Unentdeckt blieb zu Lebzeiten der 1975 geborene Schimmelhengst Oktober xx, der aus kurzem Deckeinsatz (u. a. in Calvörde) erstklassige Zucht- und Sportpferde lieferte. Von Oktober xx, dessen Vater Alciglide xx auch Muttervater des Redefiner Landbeschälers und besten Adept-Sohnes Adriano war, sind elf eingetragene Töchter in Brandenburg-Anhalt registriert. In den späten 1990er-Jahren war der mit drei erstklassigen Grundgangarten ausstaf-

fierte Windhauch xx bei Familie Heuser in Lüdelsen (Altmarkkreis Salzwedel) im ­Deckeinsatz. Windhauch xx ist in Dressuren bis Intermédiaire I erfolgreich gewesen. Seine Großmutter Windlette xx stellte den bekannten Warendorfer Landbeschäler Windesi xx. Zu einiger Bedeutung gelangte in den letzten Jahren auch der 1983 geborene und aus der berühmten Schlenderhaner Schwarzgold xx-Linie gezogene Vollblüter Severus xx, der bei Horst Lösche in Gadegast gewirkt hat und vielfach als Muttervater in Erscheinung trat. 20 Töchter wurden in Brandenburg-Anhalt registriert. Von 2003 bis 2011 wurde in Roxförde, am südöstlichen Rand des Altmarkkreises Salzwedel, ständig ein Vollblüter zur Benutzung vorgehalten. Zunächst war es Colway Bold xx, dem leider nur ein Deckjahr beschieden war, ab 2004 dann der Schimmel Exorbitant xx, der zuvor in Holstein deckte. Der Hengst ist 2009 abgelöst worden durch den international zuchtbewährten Vererber Esteban xx, der zuvor in der dänischen Warmblutzucht, beim Holsteiner Verband und in der Trakehner Zucht zum Einsatz kam, mit außergewöhnlichen Vererbungsreferenzen. So lieferte er beispielsweise fünf gekörte Söhne und erfolgreiche Sportpferde für alle Disziplinen, darunter auch zwei Bundeschampions. Auch auf brandenburgischem Territorium kam

traditionell vergleichsweise wenig Vollblut zum Einsatz. Die Hengste, die dort überwiegend durch das Landgestüt Neustadt (Dosse) angeboten wurden, hatten oftmals nur wenig Zuspruch und ergo keine Durchsetzungsmöglichkeit. Diesem Umstand wurde gegengesteuert durch den Einsatz von Hoffnungsträgern wie Hondero xx oder Phantomic xx. Speziell Letzterer hinterließ in nur kurzem Einsatz beachtenswerte Nachzucht mit auffallender Springveranlagung. So lieferte er u. a. auch das erfolgreiche Vielseitigkeitspferd Chilli Morning. Erwähnenswert ist aus der Vergangenheit allemal der 1982 im Gestüt

Doppelveranlagt: Nice Danon xx

Foto: Haupt- und Langestüt Neustadt-Dosse

Fotos: Langestüt Redefin

ging alsbald ein. Er gilt heute gewissermaßen als „Goldstaub“ in der Mecklenburger Zucht. Auch der in mehreren Zuchten eingesetzte Narew xx, der sich vornehmlich als Springpferdevererber hervorgetan hat, gab im Laufe seines bewegten Lebens mehrfach Gastspiele auf privaten Mecklenburger Stationen. Von 2007 bis 2009 war der im Spring- und Vielseitigkeitssport hart geprüfte, in Neuseeland gezogene Fuchs Cavallieri xx auf dem Gestüt Kempke Hof in Plaaz stationiert. Das Landgestüt Redefin bietet gegenwärtig als einzigen Vollblüter im Bestand den braunen Signum xx an.

Domenico xx taucht heute oft als geschätzter Muttervater bei Spitzenpferden auf.

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++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblutrennen in Deutschland +++ 200 Jahre Vollblut

Sachsen-Thüringen Auf dem Territorium des Zuchtverbands Sachsen-Thüringen liegt das Hauptgestüt Graditz bei Torgau an der Elbe, Heimat unzähliger bekannter Vererber wie etwa Anblick xx, Poet xx u. a. m. und heute Teil der sächsischen Gestütsverwaltung. In Sachsen und Thüringen kamen immer Vollblüter zum Einsatz, doch nur wenige konnten sich auf breiter Front durchsetzen. Historisch verdienen hier sicherlich Blaubart xx und Goldhamster xx besondere Erwähnung als Leistungsvererber, mit jeweils großer Präsenz in den Stämmen der Region. Der Moritzburger Schimmel Pesus xx, Sohn des in Marbach noch erfolgreich genutzten Fierant xx, konnte sich als Springvererber gehobenen Levels profilieren. Aktuell wirkt Kubaner xx als einziger Vollblüter im Bestand des Landgestüts Moritzburg. Der in Thüringen als Privathengst (Station Schulz, Pöllwitz) eingesetzte Ituango xx, der die international im Vielseitigkeitssport erfolgreichen Ricona und Rocana stellte, hat nach einem Intermezzo in Neustadt (Dosse) später im Haupt- und Landgestüt Marbach gewirkt.

Trakehner Bundeszucht Abgesehen davon, dass Vollblüter in den Landeszuchten auch für Trakehner Züchter nutzbar waren, gab es einige Hengste, die fast ausschließlich in der Trakehner Zucht genutzt wurden – und dies mit großem Erfolg. Zum Linienbegründer avan-

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cierte dabei etwa der braune Pasteur xx (Station Hoogen, Vogelsangshof/Rhld.), dessen Vermächtnis über Mahagoni und seine Nachfahren noch heute in Blüte steht. Ebenso kam auch Sir Shostakovich xx dort zunächst zum Einsatz. Sein Einfluss in der Trakehner Zucht ist bis heute geschätzt, wogegen der von Bernd Eylers eingefädelte Transfer zum Holsteiner Verband nicht von Erfolg gekrönt war. In der Holsteiner Zucht galten die Nachkommen als heiß und wild, mitunter von schier unbezähmbarem Temperament, und der ­ „Sir“ ist insoweit – anders als bei den Trakehnern – im Pedigree von Holsteinern eher unerwünscht. Von besonderer Klasse war der Fuchs Pindar xx (35 Starts, elf Siege, 24 Plätze), eng verwandt zu Pik As xx und Perser xx und untrennbar verbunden mit der Zucht der Baronin von Lotzbeck in Nannhofen. Züchterisch machte er sich als Vater von Goldtopas und Muttervater von Gelria (beide Station Merzdorf, Ettenbüttel) einen Namen. Wenig bekannt war trotz längerem Deckeinsatz (1979–1992) Swazi xx (Gestüt Hörstein), der mit dem prägenden Consul sein Meisterstück lieferte. Mit der Trakehner Zucht verbunden war auch der aus Frankreich stammende Fuchs Prince Rouge xx (38 Starts, vier Siege, 14 Plätze), der lange Jahre (1965–1973) im Gestüt

Birkhausen eingesetzt wurde. Erst im hohen Alter kam er auch in den Genuss einiger Warmblutstuten und lieferte bei Familie Lühr (Borgholzhausen) Hengstmütter und Top-Sportpferde. So wie Prince Rouge xx in Birkhausen kam Stern xx im Ostpreußengestüt Hunnesrück zum Einsatz, wo er etliche Söhne zu zeugen vermochte. Eine analoge Laufbahn zu Prince Rouge xx und Stern xx hatte der geschätzte Traumgeist xx (20 Starts, fünf Siege, 15 Plätze), der zunächst von 1961 bis 1966 im Trakehner Gestüt Rantzau mit beachtlicher Nutzung auch durch Holsteiner Züchter gewirkt hat und nach einem Intermezzo in der Vollblutzucht im hohen Alter noch zwei Jahre als Celler Landbeschäler eingesetzt wurde.

Geschätzter Hengst: Traumgeist xx

Der bunte Fuchs Poet xx konnte drei Generationen nachhaltig beeinflussen.

Foto: Menzendorf/Archiv Langestüt Celle

Görlsdorf gezogene Braune Domenico xx, der einige Springpferde für höchste Anforderungen stellte und heute immer wieder als geschätzter Muttervater bzw. in dritter Generation bei Spitzenpferden auftaucht. Seine Nachkommen waren oft großrahmig und hochbeinig, manchmal fehlte es ihnen an Körperharmonie, was sie jedoch nicht hinderte, erstklassige Leistungen zu erbringen. Auch der Fuchs Marocain xx taucht immer wieder im Pedigree von Springpferden auf. In Brandenburg-Anhalt (Station Verworner, Ladeburg) steht heute Nice Danon xx, hochveranlagt für Dressur und auch Springen, der von mehreren Landgestüten mit angeboten wird.


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Mit Vollblut in die Zukunft Vermarktung junger Blutpferde: Wie machen es die Vollblüter? Interessante Informationsveranstaltung in Iffezheim im Oktober 2022

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ie Frage nach der Notwendigkeit eines weiteren Vollbluteinsatzes wird in der Sportpferdezucht durchaus unterschiedlich bewertet. Unabhängig davon, wie man generell zu dieser Frage steht, stellt sich für die Züchterinnen und Züchter, die weiterhin den Einsatz von Vollblütern in der Sportpferdezucht befürworten, eine universelle Aufgabe – die der Vermarktung. Besonders die Vermarktung von Halbblütern in den Sportpferdezuchtverbänden gestaltet sich nicht immer für alle Beteiligten zufriedenstellend. Warum ist dies so? An welchen Stellschrauben könnte man eventuell drehen, um vollblutaffinen Züchterinnen und Züchtern zukünftig attraktive Vermarktungsangebote zu bieten, die speziell und passend auf die Parameter ihrer Zuchtprodukte zugeschnitten sind? Unter dem Titel „Mit Vollblut in die Zukunft“ wurde eine private Initiative gegründet, die den weiteren zielführenden Einsatz von Vollblutge-

nen in der modernen Sportpferdezucht unterstützen möchte. Von den Initiatoren Andreas Baumann, Ferdinand Leve, Iris Wenzel, Dr. Volker Steinkraus und Beate Träm wird dazu für den 14. Oktober 2022 in Iffezheim eine interessante Informationsveranstaltung für interessierte Sportpferdezüchter vorbereitet.

Informationen aus erster Quelle Die geplante Veranstaltung soll dabei Einblicke in die Praxis der Vermarktung von Blutpferden genau dort gewähren, wo die Expertise angesiedelt ist – in der Auktionshalle der Baden-Badener Auktionsgesellschaft. Von vormittags 11.00 bis nachmittags 16.00 Uhr wird dazu ein informatives und spannendes Programm geboten. Zunächst soll anhand einer Auswahl ausgesuchter Vollblutjährlinge und Vollblutstuten aus der aktuellen Auktionskollektion der Herbstauktion unter der Überschrift „Musterung, Pedigree-Analyse und

Exterieur“ die Beurteilung und Kommentierung der Pferde durch internationale Vollblut- und Warmblutexperten erfolgen. Dabei dürfte es besonders spannend werden, wo die Experten aus beiden Fachrichtungen unterschiedliche Schwerpunkte setzen, vor allem aber auch, wo sie in ihren Bewertungen und züchterischen Rückschlüssen übereinstimmen. Einen weiteren interessanten Tagungspunkt dürfte der Komplex Auktionsvorbereitungen darstellen. Die Frage, wie ein Vollblüter aussehen muss, um ihn marktgerecht zu präsentieren, und wie dieser Zustand im Auktionswesen des Vollblutbereichs erreicht wird, bietet dabei sicherlich auch Züchterinnen und Züchtern von Halbblütern in den Sportpferdezuchten interessante und willkommene Anregungen und Informationen für die Arbeit mit den eigenen Pferden. In diesem Zusammenhang sollen auch verschiedene

Mythen und Vorurteile durch Information und Fakten ersetzt werden. Etwa in der Frage, warum gerade die Rassegruppe, die in Reinzucht als besonders frühreif gilt, nämlich der Vollblüter, in der Anpaarung an Warmblüter plötzlich besonders spätreife Nachkommen produzieren soll. Fragen, wie z. B. unterschiedlicher Futterumsatz, die Größe von Aufzuchtflächen und Aufzuchtgruppen, werden dabei erörtert. Welchen Einfluss haben sie auf die Aufzuchtleistung und wie können sie auch für Züchterinnen und Züchter von Halbblutpferden relevant sein? Hierzu werden Hintergrundinformationen von Gestütsleitern großer deutscher Vollblutgestüte vermittelt. Im Anschluss soll über neue Vermarktungsstrategien für Warmblüter mit mindestens 50 % Vollblutanteil in Anlehnung an die Jährlingsauktionen für Vollblüter informiert und diskutiert werden. Die Frage, ob für diese Pferdegruppe eventuell ein spezieller Zwischenmarkt entwickelt werden kann und soll, ohne den bereits existierenden Vermarktungsmodellen der Sportpferdeverbände Konkurrenz machen zu wollen, ist dabei von besonderem Interesse. In diesem Zusammenhang steht auch die Frage, was eigentlich Auktionsrennen für Vollblüter sind, welche speziellen Gewinnprämien existieren und ob es eventuell Möglichkeiten geben könnte, dieses Modell auf den Reitsport mit Blutpferden zu übertragen. Ist etwa eine Auktion von Sportpferdejährlingen und Zweijährigen mit mindestens 50 % Vollblutanteil denkbar, die den teilnehmenden Pferden den Status verleihen könnte, später in ausgewählten Vielseitigkeitsprüfungen für vier-, fünfund sechsjährige Pferde ein attraktives Preisgeld bei einer Platzierung unter den ersten zehn Pferden zu erhalten?

Fotos: Bischoff

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Blutpferde können begeistern! Areion von

tung in Iffezheim mit dem Auktionsrennen in einer Gesamtdotierung von über 200.000 Euro für zweijährige Auktionspferde bietet die Möglichkeit, die ganze Einsatzbereitschaft, den Leistungswillen und das Charisma von erfolgreichen Vollblutpferden live vor Ort aufzunehmen. Wer nun ein wenig „Blut geleckt“ hat und gerne an dieser Veranstaltung teilnehmen möchte, der kann über die E-Mail-Adresse leve2@aol.com Kontakt aufnehmen und sich anmelden. Die Teilnahme an der Tagung ist kostenlos. Besonders interessant dürfte diese Veranstaltung als Gruppenreise gerade auch für Reisegruppen aus Zuchtbezirken, Bezirksverbänden oder anderen Züchter- und Interessengruppen

Asagao xx und Jens Hoffrogge (o.) Bestens herausgebrachtes und gut entwickeltes Hengstfohlen von Duke of Hearts xx-Guardian (linke Seite, l.) Erfogreich in CCI*, der Vollbluthengst Fox­attac xx (linke Seite, r.)

sein. Wer sich darüber hinaus noch weiter über die Initiative „Mit Vollblut in die Zukunft“ informieren möchte, der findet unter der Domain www.vollblut-zukunft.de im Netz viele weitere Informationen und Hintergründe. Stephan Bischoff

Praxis-Test und Rennfieber Dass ein Besuch in Iffezheim undenkbar ist ohne einen Besuch der zeitgleich stattfindenden Rennen, erscheint selbsterklärend. So soll zum Abschluss der Informationsveranstaltung auch der praktische Eindruck nicht zu kurz kommen. Ein Besuch der laufenden Rennveranstal-

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