4 minute read

Insekten als Futtermittel

In der Schweinefütterung besteht eine hohe Abhängigkeit von importierten Eiweißfuttermitteln. Deren Produktion hat massive negative ökologische als auch soziale Auswirkungen in den Herkunftsländern. Insekten könnten grundsätzlich zur Bereitstellung von Eiweiß beitragen. Das Potential von Insekten als Futtermittel ist hoch, aber noch müssen zahlreiche Fragen geklärt werden, bevor Produkte oder Verfahren die Marktreife erlangen.

Ausgangslage

Advertisement

Der Bedarf an Eiweißfuttermitteln in der Schweinefütterung wird derzeit zu einem großen Teil durch Sojaextraktionsschrot und andere Sojaprodukte gedeckt. Davon importiert Österreich jährlich mehr als eine halbe Million Tonnen, mehr als die Hälfte davon für die Schweinefütterung. In Südamerika, woher zirka die Hälfte der Importe stammen, hat die starke Nachfrage nach Soja zu einer massiven Ausweitung der Anbauflächen geführt. Die Folgen: großflächige Zerstörung/Brandrodung von Regenwald, einhergehend mit extremen Biodiversitätsverlusten und negativen Klimaauswirkungen, sowie negative soziale Auswirkungen. Das in viel geringerem Ausmaß an Schweine verfütterte, ebenfalls importierte, Fischmehl ist in der Herstellung auch extrem problematisch: bereits besorgniserregend dezimierte marine Fischbestände werden ausgebeutet, mit direkten Folgeschäden für die Ökosysteme und für die davon zur Ernährung abhängigen Menschen. Dass diese Importfuttermittel international gehandelt werden und daher den Preisschwankungen am Weltmarkt unterliegen, betrifft auch heimische Produzenten. Vor diesem Hintergrund ist die Verfügbarkeit alternativer Eiweißfuttermittel, mit möglichst heimischer Wertschöpfung, wünschenswert.

Insekten als Tierfutter und Insektenzucht

Insekten sind in natürlichen Nahrungsketten die Nahrungsgrundlage für viele andere Tierarten. So durchsuchen z.B. Schweine in Freilandhaltung ihren Lebensraum unter anderem nach Insekten. Für einen praktikablen Einsatz als Eiweißfuttermittel müssen die Insekten jedoch gezüchtet werden. Die schwarze Soldatenfliege (black soldier fly = BSF) und die Stubenfliege haben sich als dafür geeignet erwiesen: beide lassen sich leicht vermehren und können organische Reststoffe in hochwertiges, körpereigenes Eiweiß umwandeln. Besonders die Larven der ursprünglich in tropischen bis warm temperierten Regionen Amerikas vorkommenden BSF können fast jedes organische Substrat, auch Neben- und Reststoffe der landwirtschaftlichen Produktion sowie nachfolgender Verarbeitungsprozesse, bis hin zu tierischen Ausscheidungen sehr effizient aufschließen.

Die Zucht und Nutzung von Insekten als Futtermittel ist am Beispiel der BSF bisher am besten untersucht. Stark verallgemeinert und abhängig von den jeweiligen Zuchtbedingungen beträgt die gesamte Lebensdauer vom Eischlupf bis zum Ableben der adulten Fliegen knapp 6 bis 8 Wochen. Adulte Fliegen in der Erhaltungszucht (siehe Abb. 1) sorgen für eine kontinuierliche Eiproduktion. Die Eier werden auf ein geeignetes, ausreichend feuchtes Substrat transferiert, wovon die Junglarven wenige Tage nach dem Schlüpfen zur Mast auf das endgültige Futtersubstrat kommen.

Die Larven entwickeln sich rasant innerhalb von zirka 3 bis 4 Wochen, wonach sie sich hauptsächlich an der Substratoberfläche zu verpuppen beginnen und abgesammelt werden. Das verbleibende Restsubstrat weist teils ähnliche Eigenschaften wie verschiedene organische Düngemittel auf.

Eignung in der Schweinefütterung

BSF-Larven besitzen einen im Vergleich zu Sojamehl ähnlichen Eiweiß-, aber einen höheren Fett-Gehalt. Das von den BSF-Larven produzierte Eiweiß weist eine ernährungsphysiologisch hohe Qualität auf, mit einer dem Soja- und Fischmehl ähnlichen Aminosäuren-Zusammensetzung.

Insektenlarven beinhalten auch einige potentiell gesundheitsförderliche Inhaltsstoffe. In den bisherigen, allerdings noch nicht sehr zahlreich bei Schweinen durchgeführten Verfütterungs-Studien wiesen vollfette BSF-Larven eine geringere Verdaulichkeit auf als teilweise entfettete Larven. Auch wurden bei der Untersuchung von ausgewählten Blutwerten, biochemischen Markern und Parametern der Darmgesundheit keine negativen Gesundheitseffekte festgestellt. Nach aktuellem Wissensstand können Larvenprodukte (Mehl oder Öl) derzeit übliche Eiweiß- oder Fettfutterbestandteile teilweise ersetzen, ohne dass die Gewichtsentwicklung oder Fleischqualität beeinträchtigt werden - in welchem Ausmaß ist Thema aktueller Studien.

Während diese Ergebnisse eine Eignung von Insekten als potentielles Futtermittel für Schweine nahelegen, muss auf den derzeit noch unzureichenden Wissensstand hingewiesen werden. Der Nährwert von Insektenprodukten und deren Eignung als Futtermittel hängt maßgeblich unter anderem von der Insektenart, den Zuchtbedingungen (z.B. Futtersubstrat), dem Lebenszyklus-Stadium und der nachfolgenden Verarbeitung zum Futtermittel ab. Für gut abgesicherte Ergebnisse zu diesen und weiteren Grundlagen, die eine Vorbedingung für einen praxistauglichen Einsatz darstellen, bedarf es noch weiterer detaillierter Untersuchungen.

Rechtliche Grundlagen

Insekten werden in Österreich futtermittelrechtlich als Nutztiere betrachtet und dürfen nur mit zugelassenen Futtermitteln gefüttert werden. Daher dürfen an Insekten keine potentiell geeigneten Substrate wie Speiseabfälle, die tierische Bestandteile aufweisen können, oder andere organische Reststoffe ohne Genehmigung als Futtermittel verfüttert werden.

In Österreich ist die Verfütterung von Insekten an Schweine aktuell generell nicht zugelassen (eine Folge der Rinderseuche BSE). Im Gegensatz zu einigen anderen EU-Ländern (z.B. Deutschland) gibt es in Österreich auch keine Genehmigung für die Verfütterung von lebenden Insekten an Schweine. Eine kürzlich auf EU-Ebene erfolgte Befürwortung der Zulassung von verarbeitetem Insektenprotein zur Verfütterung auch an Schweine lässt erwarten, dass dies in absehbarer Zeit auch auf nationaler Ebene (möglicherweise auch in Österreich) umgesetzt wird. Die aktuell hohe Umweltwirkung der Fleischproduktion, bei Schweinen besonders durch die stark negativen Folgen der Futtermittelproduktion verursacht, könnte durch eine Nutzung von Insekten als Futtermittel reduziert werden. Dass dies nicht automatisch der Fall ist, zeigen z. B. hohe Emissionen des klimaschädlichen Methans bei der Zucht mancher Insektenarten (Termiten).

Die Bewertung der ökologischen Nachhaltigkeit von Futtermitteln auf Basis von Insekten muss daher eine fundierte Analyse der Auswirkungen auf alle betroffenen Umweltbereiche umfassen. Das inkludiert z.B. auch eine Berücksichtigung des Risikos von aus der Zucht entkommenen Individuen als Neobiota. Auch muss sichergestellt werden, dass zukünftig mögliche Zuchtsubstrate keine Belastung durch organische oder anorganische Verunreinigungen oder Krankheitskeime aufweisen. Vorausgesetzt einer Klärung rechtlicher Fragen, besitzt die Nutzung von Insekten als Futtermittel das Potential, die Nachhaltigkeit der Schweineproduktion zu erhöhen. Dies besonders im Fall einer kleinstrukturierten Umsetzung, wobei auch in diesem Bereich noch Entwicklungsarbeit erforderlich ist. Eine Voraussetzung dafür, sowie auch für die Rentabilität, ist die Verfügbarkeit und Nutzung bisher wenig bis ungenutzter Rest- oder Nebenstoffe. Dies könnte auch einen Beitrag zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft liefern.

Abb. 1: Besonders die Larven der schwarzen Soldatenfliege eignen sich gut als Eiweißkomponente in Futter-

mitteln. Bildquelle: Pixabay; lynnlockhart328

Dagmar Gordon Dr. Peter Schweiger GLOBAL 2000

Abb. 2: Aktuell wird vermehrt auf heimisches Soja gesetzt, jedoch stammt immer noch ein Großteil der benötigten

Mengen aus Übersee. Bildquelle: DonauSoja

This article is from: