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mediumgas Das Magazin der VNG-Gruppe

Die Macher vor Ort

Welche Tr端mpfe die Kommunen bei der Energiewende ausspielen.


Inhalt

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MARKTBLICK

Deutsche und russische Rohstoffexperten einig: Entscheidend ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit | Öl- und Gasfund in der Norwegischen See größer als erwartet I Gut gerüstet für REMIT? | Der „blaue Saubermann“ für Sparfüchse | Verbundnetz der Wärme ernennt neue Botschafter | „Der eigentliche Sinn des Lebens liegt im Miteinander.“ – Interview mit Matthias Platzeck

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TITELTHEMA Die Macher vor Ort Wie Kommunen und ihre Stadtwerke die Energiewende gestalten und was sie schon heute für das Generationenprojekt leisten. Zeigen, wie es gehen kann | Mehr Effizienz im Rathaus | Erdgas- und Dieselbusse sind gleichwertig | Kostenfalle Strom am Beispiel der Stadtwerke Wittenberg

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Wissen Energie macht Schule

Energie ganz praktisch erleben Leipziger Gymnasiasten mit der VNG. Dafür haben sie eine Biogasanlage, einen Speicher und sogar den Trading Floor besucht.

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PORTRÄT

Tschechische Braukunst seit dem Mittelalter Im tschechischen Schwarzenberg wird seit 1530 Bier gebraut. So lange wird Erdgas zwar im Brauprozess noch nicht eingesetzt, trotzdem hat der Energieträger eine wichtige Funktion für die Brau­erei Lobkovicz.

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Hauptstadtgespräch „ Ich traue den Unternehmen in der

Energiewirtschaft einiges mehr zu.“ Der Leipziger Europaparlamentsabgeordnete Hermann Winkler ist der Meinung, das die Energiepolitik ein Europa-Thema ist, dass länderübergreifend gehandhabt werden muss.

Impressum medium gas Das Magazin der VNG-Gruppe  |  22. Jahrgang  |  Ausgabe 1  |  Mai 2014  |  VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft  |  Braunstraße 7  |  04347 Leipzig  |  Postfach 24 12 63  |  04332 Leipzig  |  Telefon +49 341 443-0  |  Fax +49 341 443-2770  |  www.vng.de  |  Redaktion Unternehmenskommunikation  |  Verantwortliche Redakteurin Mandy Nickel  |  Telefon +49 341 443-2045  |  mandy.nickel@vng.de  |  Auflage 4.300  |  Gestaltung, Herstellung, Reproduktion Militzer & Kollegen GmbH Druck sepio GmbH, Leipzig  |  Fotos Dirk Brzoska (S. 2, 28, 30–35, 37, 38), Michael Handelmann (S.  3, 6), Eric Kemnitz (S. 4f. ), UVR-FIA GmbH (S. 5), Stefan Militzer (S. 2, 10, 21, 40), Martin Neuhof (S. 4), Volkswagen AG (S. 8), SeanPavonePhoto (S. 12, 16), Energieversorgung Filstal GmbH & Co. KG (S. 12, 17), VAG/Claus Felix (S. 23, 25), fotolia: Daniel Fleck (S. 12, 15), Eric Isselée (S. 8), Henry Czauderna (S. 12, 15f.), fotofuerst (S. 32–35), Les Cunliffe (S. 28–29), miket (S. 7), KlausMJan (S. 12, 18), Frederico di Campo (S. 12, 18), powell83 (S. 12, 19)

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Liebe Leserinnen und Leser,

Bernhard Kaltefleiter, Direktor Unternehmenskommunikation

mit den Kommunen und der Energiewende ist es wie beim Skatspiel: Immer wieder werden die Karten neu gemischt und verteilt, manchmal in Berlin, manchmal in Brüssel. Runde für Runde versucht Jeder, sein Bestes aus dem zu machen, was er in den Händen hält. Einen entscheidenden Unterschied gibt es allerdings: Das Einander-in-die-Karte-Sehen ist ausdrücklich erwünscht. Im Sinne dieses „Voneinanderlernens“ schauen wir in dieser Ausgabe den Kommunen und ihren Stadtwerken ins Blatt. Wir wollen herausfinden, welche Trümpfe die „Macher vor Ort“ bei der Umsetzung der Energiewende in der Hand haben, wie sie das deutsche Generationenprojekt gestalten und welche Potenziale sie sehen. Wenn es um Erdgas und die Energiewende geht, dann halten wir mit unseren kommunalen Partner schon jetzt viele grüne Trümpfe in der Hand. Zusammen bedienen wir – um beim Skat zu bleiben – etwa die Entwicklung neuer erdgasbetriebener KWK-Anlagen oder die zukunftsträchtige Power-to-Gas-Technologie. Die Trümpfe, die ein kühles Bier in der bevorstehenden Sommer- und Fußballzeit hat, brauchen wir sicherlich nicht näher zu erklären. Dafür aber zeigen wir Ihnen, wie in einer tschechischen Brauerei der „Gerstensaft“ hergestellt wird und welche Rolle unser Erdgas dabei spielt. Auch für den Leipziger CDU-Europaabgeordneten Hermann Winkler gehört ein Bier ab und an dazu. Im Europawahlkampf setzt er dagegen auf andere Trümpfe, die er uns im Hauptstadtgespräch erläutert. Vor allem strebt er eine gemeinsame europäische Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, eine größere Währungsstabilität und einen gefestigten Binnenmarkt an. Und für unser „Heimatland“ Sachsen setzt er bei der Energiepolitik auf ein vielseitiges Blatt, das einen breiten Energiemix unterstützt.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.

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Marktblick

Deutsche und russische Rohstoffexperten einig: Entscheidend ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit WISSENSCHAFTS- UND WIRTSCHAFTSDIALOG auf der 7. Rohstoff-Konferenz

Anfang April trafen sich in Dresden rund 400 Wirtschaftsvertreter und Wissenschaftler aus Russland und Deutschland, um auf der 7. Deutsch-Russischen Roh­stoff-Konferenz über gemeinsame Strategien im Rohstoffbereich zu diskutieren. Vor dem Hintergrund angespannter politischer Beziehungen und unter großer medialer Aufmerksamkeit machten die anwesenden Experten eines klar deutlich: Es geht darum, Gemeinsamkeiten zu finden, nicht Unterschiede. Der Dialog im Bereich Wissenschaft und Wirtschaft beider Länder müsse deshalb fortgesetzt und intensiviert werden. Die Themen Im Mittelpunkt des Dialoges standen Hightech-Rohstoffe für die deutsche Energiewende, Entwicklungspotenziale für Rohstoffregionen und die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit beider Länder im Rohstoffsektor. Diskutiert wurden unter anderem Fragen der Verbesserung der Infrastruktur in den Rohstoff-Regionen Russlands und der Modernisierung der Technologien zur Erkundung, Gewinnung und Aufbereitung von Rohstoffen. Ebenso erörterten die Experten gemeinsame Wege für mehr Effizienz im Rohstoffsektor.

Arkadi Dworkowitsch Stellvertretender russischer Ministerpräsident „Deutschland ist seit Jahrzehnten unser zuverlässigster Partner im Rohstoffbereich. Wir sind von­ einander abhängig. Deutschland hängt von unseren Lieferungen ab und wir von Technologien, Maschi­ nen und Anlagen. Ein Ende dieser Beziehungen würde unseren Län­ dern schaden.“

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Prof. Bernd Meyer Rektor der TU Bergakademie Freiberg „Als nationale Ressourcenuni­ versität und Schlüsseluniversität für Russland auf dem Gebiet der Rohstoffe pflegt die TU Bergaka­ demie Freiberg besonders enge Kontakte mit der St. Petersburger Bergbauuniversität ‚Gorny‘. Die Wissenschaftspartnerschaft ist ein stabiles Fundament des DeutschRussischen-Rohstoffforums.“

Die Teilnehmer Die Veranstaltung des Deutsch-Russischen Rohstoff-Forums (DRRF) stand unter der Schirmherrschaft des Sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich. Neben ihm hielten auch der stellvertretende Ministerpräsident der Russischen Föderation, Arkadi Dworkowitsch und der Botschafter der Russischen Föderation in Deutschland, Wladimir Grinin, Grußworte. Zu den weiteren Referenten der Konferenz zählten u. a. der deutsche Schirmherr des Rohstoff-Forums, Prof. Dr. Klaus Töpfer, der Co-Schirmherr und Rektor der Ressourcenuniversität St. Petersburg, Prof. Wladimir Litvinenko, der Rektor der TU Bergakademie Freiberg, Prof. Dr. Bernd Meyer, der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Dr. Eckard Cordes sowie zahlreiche weitere hochrangige Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft. Der Konferenzort Dresden Die Sächsische Landeshauptstadt wurde nicht ohne Grund gewählt, verbindet doch Russland und Sachsen eine lange Tradition – vor allem im Bergbau. Die beiden Bergbauuniversitäten in Freiberg und St. Petersburg arbeiten ebenfalls seit

Stanislaw Tillich Sächsischer Ministerpräsident und Schirmherr der Rohstoff-Konferenz

Prof. Dr. Klaus Töpfer Deutscher Schirmherr des DRRF und ehemaliger Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen

„Die 7. Deutsch-Russische Roh­ stoff-Konferenz in Sachsen bietet die Möglichkeit, gemeinsam eine moderne Rohstoffpartnerschaft zu gestalten. Technologien für eine nachhaltige Wertschöpfungskette und eine gute Zusammenarbeit zwischen Sachsen, Deutschland und Russland im Energie- und Rohstoffsektor sind dabei solide Grundbausteine.“

„Eine engere Zusammenarbeit mit Russland auf wissenschaftlich-tech­ nologischer Ebene, wie sie das DRRF fördert, ist ein vielversprechender Lösungsansatz für aktuelle und zu­ künftige Aufgaben. Wir können uns in Russland bei der Gewinnung von Rohstoffen u. a. in den Bereichen Umweltschutz und Nachhaltigkeit sowie insgesamt bei der Energieund Rohstoffeffizienz einbringen.“


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Deutschland und Russland sind im Rohstoffsektor eng verzahnt.

vielen Jahrzehnten zusammen. 2006 gehörten beide zu den Gründungsmitgliedern des Deutsch-Russischen RohstoffForums. Derzeit arbeiten beide Hochschulen am Aufbau einer zweisprachigen Deutsch-Russischen Ressourcen-Universität. Ein neues Stipendien­programm Russlands Vizepremierminister Dworkowitsch initiierte auf der Rohstoff-Konferenz ein Stipen­dienprogramm, das die RohstoffForschung stärken soll und einen Austausch von Gastprofessoren und Nachwuchswissenschaftlern vorsieht. Zugute kommt das Programm unter anderem den Universitäten in Freiberg und St. Petersburg, die sich seit Jahren für den wissenschaftlichtechnischen Rohstoff-Dialog einsetzen.

Dr. Edmund Stoiber Bayerischer Ministerpräsident a. D., Mitglied des Präsidiums des DRRF

Dr. Karsten Heuchert Vorstandsvorsitzender der VNG und Mitglied des Präsidiums des DRRF

„Die Rohstoffpartnerschaft liegt im Interesse beider Länder. Wir wol­ len deshalb gerade jetzt den Ge­ sprächsfaden zwischen Fachleu­ ten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik nicht abreißen lassen.“

„Wir möchten unsere guten Erfah­ rungen, die wir in den vergangenen 40 Jahren mit russischen Partnern im Erdgasbereich gemacht haben, auf den gesamten Rohstoff-Sektor übertragen. Hier sehen wir noch enormes Entwicklungspotenzial.“

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Das Deutsch-Russische Roh­s toff-Forum ist eine Dialogplattform zur Intensivierung der Rohstoff- und Wissenschaftsbeziehungen beider Länder. Es wurde 2006 von der TU Bergakademie Freiberg und dem St. Petersburger Staatlichen Bergbauinstitut gegründet. Die Konferenzen werden jährlich abwechselnd in Deutschland und Russland abgehalten.

7. Deutsch-Russische Rohstoff-Konferenz in Dresden Informationen, Berichte und Eindrücke von der 7. RohstoffKonferenz finden Sie im Internet unter www.rohstoff-forum.org

Prof. Dr. Horst Teltschik Ehemaliger Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz und Mitglied des Präsidiums des DRRF „Besonders in Zeiten schwieriger politischer Beziehungen ist es wichtig, das gemeinsame deutschrussische Potenzial im Bereich der wirtschaftlichen und wissenschaft­ lich-technischen Zusammenarbeit zu betonen. Die Rohstoff-Konferenz leistet als Fachveranstaltung hierzu einen wichtigen Beitrag.“

Dr. Andre Kamptner Geschäftsführer UVR-FIA

„Russland ist ein ganz wichtiger Rohstoff-Lieferant für Deutsch­ land. Da liegt es eigentlich nahe, dass wir im Gegenzug Maschinen, Anlagen und das nötige Know-how exportieren. Wir haben mit unse­ ren russischen Partnern bisher ausschließlich gute Erfahrungen gemacht.“

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Marktblick

Öl- und Gasfund in der Norwegischen See gröSSer als erwartet Die Bohrungsarbeiten auf das „Pil“ Prospekt in der Norwegischen See wurden unter der Betriebsführerschaft der VNG Norge mit einem Öl- und Gasfund erfolgreich abgeschlossen. Der Fund liegt in der Lizenz PL 586 auf der Haltenbanken-Terrasse, ca. 33 Kilometer südwestlich des Njord-Feldes. Njord ist eines der Fokusgebiete der VNG Norge und hier ist das Unternehmen bereits an einer Lizenz beteiligt. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Bohrung auf Sandstein mit sehr guter Reservoirqualität gestoßen ist. Die Explorationsbohrung erreichte eine Teufe von 3.738 Metern und wurde mit der Bohrplattform Transocean

Arctic durchgeführt. Um zusätzliche Informationen über die Produktivität des Reservoirs zu erhalten, wurden umfangreiche Formations- und Druckmessungen sowie ein Fördertest vorgenommen, bei dem Öl und Gas zutage gebracht wurden. Die aktuelle vorläufige Ressourcenschätzung geht von etwa 8 bis 27 Millionen Standardkubikmeter (Sm3) Öl-Equivalent aus. Eine weitere Bohrung, die in das benachbarte „Bue“ Prospekt hineinreichen wird, soll zusätzliche Erkenntnisse über das geologische und wirtschaftliche Potenzial der näheren Umgebung erbringen.

Norwegens Öl- und Gasreichtum in Zahlen

„Wir sind sehr zufrieden mit den vielversprechenden Bohr­ ergebnissen und freuen uns, dass unsere Erwartungen nach ersten Untersuchungen sogar übertroffen wurden. Wir sehen ein hohes Potenzial in dieser Lizenz und erwarten im Umfeld des neuen Ölfundes noch weitere Explorationsmöglichkeiten.“ Hans-Joachim Polk, Vorstand der VNG für Infrastruktur und Technik

„Als Betriebsführer haben wir bewiesen, dass wir in der Lage sind, sowohl erfolgreiche Explorationstätigkeiten als auch effektive und sichere Bohroperationen zu planen und durchzuführen.“ Atle Sonesen, Geschäftsführender Direktor der VNG Norge

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In Norwegen wird bereits seit 40 Jahren Öl und Gas produziert, wobei lediglich 36 % der gesamten erwarteten norwegischen Ressourcen bisher ausgefördert wurden. Im vergangenen Jahr lag die geförderte Menge an Öl und Gas bei 215 Millionen Standardkubikmetern Öl-Equivalent. Zum Vergleich: Insgesamt liegen die Erdölressourcen in Norwegen, also alle nachgewiesenen sowie nicht nachgewiesenen Mengen, bei 14,2 Milliarden Sm3 Öl-Equivalent. VNG und Norwegen Die VNG AG bezieht seit 1996 Erdgas aus Norwegen. Bisher wurden ca. 55 Mrd. m3 norwegisches Erdgas geliefert. 2006 stieg VNG mit der Tochtergesellschaft VNG Norge in das E&PGeschäft ein. Mittlerweile ist die VNG Norge an drei produzierenden Feldern beteiligt und beschäftigt rund 70 Mitarbeiter in Stavanger und Oslo. Die VNG-Gruppe ist auch über diese Erdgasbeziehungen hinaus sehr eng mit Norwegen verbunden. Seit über 15 Jahren bestehen im Rahmen der Initiative „VNG-Campus“ Hochschulkooperationen unter anderem mit der NTNU. Seit September 2005 befindet sich außerdem im Hause der VNG der Sitz des Honorarkonsulats des Königreichs Norwegen. Zusätzlich unterstützt die VNG auch norwegische Vereine und Initiativen, so beispielsweise den Edvard-MunchHaus e. V., die Städtepartnerschaft Oberhof–Lillehammer oder die Edvard Grieg Gedenk- und Begegnungsstätte.

Von der Exploration zur Produktion Wie Erdgas und Erdöl gesucht und gefördert werden und was es mit dem Geschäft in der Tiefe auf sich hat – das thematisieren wir in der der nächsten Ausgabe von medium gas. Das Heft erscheint im August!


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Gut gerüstet für REMIT? Die Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts – kurz REMIT – hat weitreichende Auswirkungen auf den Gas- und Stromhandel in Europa. Wir erklären, was es mit der Verordnung aus Brüssel auf sich hat. Was ist REMIT? Mit REMIT will die Europäische Kommission – wie der Name „Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarktes“ schon sagt – die Marktintegrität schützen und einen offenen und fairen Wettbewerb auf den Energiegroßhandelsmärkten fördern. Dazu werden unter anderem der Umgang mit Insiderinformationen geregelt und Marktmanipulationen untersagt. Für wen gilt die Verordnung? Erfasst sind alle Teilnehmer am Energiegroßhandels­ markt, also jeder der Energiegroßhandelsprodukte auf Strom- und Gasmärkten kauft und verkauft. Energiegroßhandelsprodukte sind auch klassische Gas- und Strom­ lieferverträge. Auf die Größe der Teilnehmer kommt es nicht an. Lediglich Endverbraucher mit einer Verbrauchskapazität von weniger als 600 GWh pro Jahr sind von den REMIT-Anforderungen ausgenommen. Welche Pflichten ergeben sich aus REMIT? Sie verpflichtet die Unternehmen dazu, ein System zu schaffen, um eigene Insiderinformationen innerhalb kürzester Zeit vollständig und rechtzeitig zu veröffentlichen (z. B. Website). Weiterhin müssen sich die Marktteilnehmer voraussichtlich ab Juni 2014 bei den nationalen Behörden registrieren lassen und umfangreiche Transaktionsdaten melden. Schließlich ist das Verbot der Marktmanipulation und des Insiderhandels zu beachten. Wo und wie können sich Unternehmen registrieren? Die Registrierung wird voraussichtlich online über ein Web-Portal erfolgen und ist Voraussetzung dafür, Daten zu melden. Zuständige Behörde in Deutschland ist die Markttransparenzstelle für Strom und Gas. Welche Daten müssen gemeldet werden? Voraussichtlch ab Dezember 2014 folgt die Pflicht, standardisierte Handels- und Kapazitätsverträge an die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) zu melden. Sechs Monate später müssen auch die nichtstandardisierten Verträge gemeldet werden. Die Meldung umfasst zentrale Inhalte eines Handelsvertrages wie Stammdaten, Menge, Preis, Lieferort, Qualität sowie Änderungs- und Aufhebungsbestimmungen. Sind nur nach dem In-Kraft-Treten geschlossene Verträge zu melden oder auch Verträge, die nach dem In-Kraft-Treten noch laufen? Es müssen voraussichtlich auch die zum Meldebeginn noch laufenden Verträge gemeldet werden. Mit welcher Frist müssen Verträge gemeldet werden? Standardisierte Verträge müssen am Tag nach ihrem Abschluss gemeldet werden und nicht standardisierte Verträge binnen eines Monats nach Abschluss.

Ansprechpartner Sie haben weitere Fragen zu REMIT? Dr. Stephan Krein Telefon +49 341 443 - 2944 stephan.krein@vng.de

Was passiert, wenn Unternehmen einer Registrierungs- oder Meldepflicht nicht oder nicht vollständig nachkommen? Registrierungspflichtige müssen sicherstellen, dass sämtliche übermittelten Informationen im Registrierungsprozess korrekt sind. Falls übermittelte Informationen nicht korrekt sind oder die Anmeldung zu spät erfolgt, kann dies ein Bußgeld zur Folge haben. Kommt ein Marktteilnehmer seinen Meldepflichten nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nach, kann ebenfalls ein Bußgeld verhängt werden. 7


Marktblick

Der „blaue Saubermann“ für Sparfüchse

Der TGI als Sparwunder Rein äußerlich sieht man dem kleinen Bruder des VW Klassikers GTI seinen Erdgasantrieb kaum an. Einzig der versteckte Auspuff am Heck unterscheidet ihn vom „normalen“ Golf. Erst der Blick ins Innere verrät ihn als Erdgas-Modell: zwei Tankstutzen, zwei Tankanzeigen im Display und zwei Gasflaschen unterm Kofferraum. Preislich startet der VW Golf TGI BlueMotion bei 23.400 Euro – das sind rund

2.700 Euro mehr als für den vergleichbaren Benziner. Doch keine Sorge, die Mehrkosten fährt man schnell wieder ein: Laut Hersteller verbraucht der Erdgas-Golf nur 3,5, Kilogramm Erdgas auf 100 Kilometer. Das wären – verglichen mit einem Benziner – rund 2,4 Liter pro 100 Kilometer – ein Wert den selbst die kleinsten der Kleinstwagen nicht schaffen. Nicht umsonst reduzieren sich die Tankkosten im Erdgasbetrieb gegenüber Benzinmodellen um rund 50 Prozent und im Vergleich zu Dieselversionen immer noch um circa 30 Prozent. Um den „Nachschub“ muss man sich dabei keine Sorgen machen: Mit einem Tankstellennetz von rund 920 Erdgastankstellen allein in Deutschland ist die Versorgung flächendeckend gesichert. Lange sauber unterwegs Nicht nur die Kosten können sich sehen lassen – auch die Reichweite des Golf

TGI BlueMotion ist mehr als üppig. Bei reinem Erdgas-Betrieb fährt man rund 420 Kilometer weit, dann wird automatisch auf den 50-Liter Benzintank umgeschaltet. Damit schafft der Wagen noch weitere 940 Kilometer. Wer auf Grundlage der Normverbräuche kalkuliert (3,5 Kilogramm Gas und 5,3 Liter Super pro 100 Kilometer), landet damit bei einer Reichweite von fast 1.360 Kilometer. Da toppt der TGI jeden Diesel. Der VW Golf TGI BlueMotion macht es deutlich: Beim Erdgasauto muss man heute nicht auf Leistung, Komfort und Reichweite verzichten. Und das erleichterte Umweltgewissen gibt es sogar noch kostenlos dazu.

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„Grün und günstig“ – Volkswagen setzt beim europäischen Bestseller Golf 7 weiter auf das alternative Spektrum und bringt mit dem Golf TGI BlueMotion auch ein erdgasbetriebenes Modell auf den Markt. Eine saubere Sache, denn der Gas-Golf schlägt in seiner Klasse nicht nur bei den Energiekosten jeden Benziner und Diesel um Längen, sondern fährt auch in Sachen Ökologie an der Spitze.

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schnittig, in vielen Farben Umwelt volle Punktzahl für Kraftstoff-Effizienz und den geringen CO2-Ausstoß Kraftstoff-Kosten

unschlagbar mit 3,70 € pro 100 km Schnelligkeit der neu entwickelte Erdgas-Turbomotor bringt ihn mächtig und locker in Fahrt Komfort lediglich kleine Einbußen im Koffer­raum durch die Erdgastanks Reichweite im Erdgas-Benzin-Doppelpack beeindruckende 1400 km

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Verbundnetz der Wärme ernennt neue Botschafter Ende März wurden in der Thüringer Staatskanzlei sechs Bürgerinnen und Bürger geehrt, die sich in herausragender Weise ehrenamtlich engagieren. Die „Botschafter der Wärme“ wurden für ein Jahr ernannt und sollen auf ein besseres gesellschaftliches Miteinander und soziales Engagement aufmerksam machen. Neuer Schirmherr Gewählt werden die Botschafter von einer Kommission. Dieser gehört seit Jahresbeginn mit Matthias Platzeck auch ein neuer Schirmherr an. Der ehemalige Ministerpräsident von Brandenburg hat das Amt von Wolfgang Thierse übernommen, der

im Dezember aus dem Deutschen Bundestag und damit auch als Bundestagesvizepräsident ausgeschieden ist. Wer wurde 2014 ausgezeichnet? Ilona Stegen – Hamburg (Verwaiste Eltern und Geschwister Hamburg e. V.), Helge Landmann – Meißen (Hahnemannzentrum), Irene Müller – Goldberg (u. a. Blinden- und Sehbehindertenverein Mecklenburg-Vorpommern e. V.), Konstanze Fischer – Schwedt/Oder (Förderverein der Musik- und Kunstschule „Johann Abraham Peter Schulz“), Oliver Beck – Stendal (u. a. Evangelisches Hospiz), Peter Peterknecht – Erfurt (Erfurter Kinderbuchtage)

Hintergrund der Aktion Das Verbundnetz der Wärme ist ein Netzwerk, das das gemeinnützige Engagement in Deutschland fördert. Die Initiative wurde von der VNG AG gegründet. Mittlerweile gehören mehr als 200 Ehrenamtliche dem Verbundnetz der Wärme an.

www.verbundnetz-der-waerme.de

Interview

„der eigentliche Sinn des Lebens liegt im Miteinander.“ Sie haben in diesem Jahr die Schirmherrschaft für das Verbundnetz der Wärme übernommen. Was hat Sie dazu bewogen? Regine Hildebrandt, die erste Schirmherrin des Verbundnetzes hat gesagt: „Kinder, der eigentliche Sinn des Lebens liegt im Miteinander.“ Diese Worte haben ihre Gültigkeit bis heute nicht verloren. Glück zu teilen, in schwierigen Momenten füreinander da zu sein, gemeinsam etwas aufzubauen – das ist gelebtes Miteinander. Welche Bedeutung hat das Thema „Ehrenamt“ für Sie persönlich? In Brandenburg engagiert sich jeder Dritte ab 15 Jahren ehrenamtlich. Die Facetten des Ehrenamtes sind vielfältig. Allen Ehrenamtlern – egal in welchem Bereich sie sich engagieren – ist gemein, dass sie diese Aufgaben nicht mit dem Ziel erfüllen, etwas dafür zu bekommen. Es geht nicht ums Geld und es geht auch nicht darum, dass man ihnen für diese Arbeit auf die Schulter klopft. Sie tun das, um anderen Menschen etwas vom eigenen Glück

abzugeben, egal wie viel sie selbst davon haben. Das war auch immer mein persönlicher Antrieb, mich zu engagieren.

Man sagt ja nicht umsonst: Geben gibt! Freiwillige tun etwas Gutes für andere und haben für sich einen Mehrwert, der nicht mit allem Geld der Welt aufzuwiegen ist.

Wie wichtig ist ehrenamtliches Engagement besonders hier in Ostdeutschland? Die Quote der Engagierten und die Bereitschaft zum Engagement sind in den ostdeutschen Bundesländern erfreulich stabil geblieben. Trotzdem gibt es leichte regionale Unterschiede. In allen ostdeutschen Ländern bedeutet öffentliche Aktivität jedoch mehr als das gebundene freiwillige Engagement in festen Vereinsstrukturen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Nachbarschaftshilfe, das Sichkümmern um den anderen, ohne dass es dabei eines Vereines bedarf. Was wollen Sie ehrenamtlich engagierten Bürgern mit auf den Weg geben? Ich danke allen, die bereit sind, einen Teil ihrer Freizeit dem Gemeinwohl zu widmen. Durch sie wird unser Leben in der Gemeinschaft lebenswert und bunt.

Matthias Platzeck war 2002–2013 Ministerpräsident des Landes Brandenburg. Zuvor war er Oberbürgermeister der Brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam. 9


Titelthema

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Welcher Trumpf sticht?

Wie Kommunen die Energiewende gestalten.

In vielen Städten und Gemeinden ist die Energie­ wende heute schon längst Realität. Anlagen für erneuerbare Energien (ent)stehen, Verteilnetze werden ausgebaut, Häuser saniert und effiziente Heizanlagen eingebaut. Welche Rolle spielen die Kommunen und ihre Stadtwerke in diesem Umbauprozess? Was leisten sie schon heute für die Zukunft der deutschen Energieversorgung? Wo sehen sie Schwierigkeiten und noch Potenzial?

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Innovativ statt bürokratisch: Stadtwerke setzen bei der Energiewende auf eigene Wege

Text Hendrik Schmidt, freier Autor | Mandy Nickel, Redaktion

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n der Skatstadt Altenburg reizen nicht nur viele Buben und die historische Kulisse der Altstadt mit ihrem Schloss. Der stechende Trumpf, das ist seit vielen Jahren die Innovationskraft der Thüringer Kommune. Aktuell zeigt sie die ganz praktisch und zwar am Beispiel der Elektromobilität. Schon bald sollen Service-Mitarbeiter des kommunalen Energiedienstleisters Ewa – Energie- und Wasserversorgung Altenburg GmbH fast geräuschlos und vor allem abgasarm zu Baustellen und Kunden rollen. Die neuen Autos sind Teil eines großen Entwicklungsprogramms „Elektromobilität Thüringen“, an dem sich das 13


Titelthema

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FLEXIBLE GASKRAFTWERKE ERZEUGEN AM EFFIZIENTESTEN Dass die Kraft-Wärme-Kopplung eine dieser optimalen Lösungen ist, darüber herrscht Einigkeit quer durch die Republik. Durch die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme wird der eingesetzte Brennstoff in KWK-Anlagen am effizien-

Skatstadt Altenburg Altenburg und Skatspielen – das gehört einfach zusammen. Und zwar schon sehr lange. Das Kartenspiel wurde Anfang des 19. Jahrhunderts in der thüringischen Stadt erfunden. Schon seit 1832 steht die Spielkartenfabrik in Altenburg, gleichzeitig ist die Stadt Sitz des Deutschen Skatverbandes und des Deutschen Skatgerichts. 14

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Die Altenburger Ewa ist nur eines von gut 1.100 Stadtwerken in Deutschland, das in den vergangenen Jahren in die Energiewende investiert hat. Viele kommunale Energieunternehmen haben neue KWK-Anlagen, Windräder oder Biogasanlagen aus dem Boden gestampft, damit begonnen, Strom-Verteilnetze und Speichermöglichkeiten auszubauen oder – wie die Skatstadt – neue Antriebskonzepte getestet. Die meisten von ihnen haben dabei ein ganz eigenes „Energiewende“-Profil entwickelt, getreu dem Motto: Die optimale Lösung ist die individuelle, innovative und unbürokratische.

In der Skatstadt Altenburg rollen die Service-Mit­ arbeiter des kommunalen Energiedienstleisters EWA mit Elektroautos zu den Kunden. Im Rahmen des Forschungsprojektes „Smart Mobility“ testet das Unternehmen die Fahrzeuge. Es will damit auch überprüfen, wie das Ortsnetz funktioniert, wenn die Fahrzeuge regelmäßig über die Steck­ dosen geladen werden.

33.875 E-Mobilität

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Unternehmen beteiligt. Damit soll in Altenburg zugleich ein Netz von Ladestationen aufgebaut und Erfahrungen mit einem intelligent gesteuerten Ladesystem gesammelt werden. Die Technologie, die ohne Verbrennungsmotor auskommt, setzt sich bislang in Deutschland nur zögerlich durch, nicht allein wegen der noch immer hohen Kosten, sondern auch, weil es an Alltags-Erfahrung fehlt. Altenburg und zahlreiche andere Stadtwerke, darunter Augsburg und Leipzig, wollen hier ein Zeichen setzen – auch und vor allem für die Energiewende.

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testen eingesetzt. Weil die Anlagen zudem noch sehr flexi­ bel regelbar sind, sind sie die ideale Backup-Technologie, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht. Vor allem große Gas- und Dampfturbinenanlagen (GuD) gelten hier als die Energiewende-Brückentechnologie schlechthin. Allerdings wird ihr wirtschaftlicher Betrieb derzeit durch die energiepolitischen Rahmenbedingungen – Stichwort EEG und Vorrang für erneuerbare Energien – erschwert. Etliche Pläne für den Bau neuer effizienter Gaskraftwerke liegen deshalb auf Eis. Auch die Stilllegungspläne für aktuelle Gaskraftwerke häufen sich. Im Februar 2014 lagen der Bundesnetzagentur 38 Anträge auf Stilllegung von Kraftwerken vor – darunter zahlreiche Gaskraftwerke. Der Interessenverband der kommunalen Unternehmen (VKU) nennt diese Situation einen „paradoxen Zustand“, der die Ziele der Energiewende – die Reduzierung von CO2 – in ihr Gegenteil verkehrt. Allerdings sieht der Verband jetzt Licht am Ende des Tunnels. VKUHauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck dazu: „Mit der


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Auch in kleinem Maßstab gilt die KWK-Technologie als ideale Möglichkeit, um die Energiewendeziele zu erreichen. Die Forderung der Bundesregierung ist dabei nach wie vor klar umrissen: 25 Prozent der Stromerzeugung soll bis zum Jahr 2020 aus KWKAnlagen stammen. Stadtwerke investieren hier schon seit vielen Jahren. Von Rostock bis Füssen werden Blockheizkraftwerke in der Größenklasse bis zwei Megawatt elektrische Leistung betrieben und neu errichtet. Sie versorgen Schwimmbäder, Krankenhäuser, Schulen oder Nahwärme-Inseln mit Wärme und Strom. Und der Ausbau wird sogar weiter forciert. Beispielsweise im thüringischen Arnstadt. Die hiesigen Stadtwerke setzen seit 1993 auf die BHKW-Technik. Im Heizhaus im Ostviertel wurden im vergangenen Jahr zwei neue

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25 PROZENT KWK-ANTEIL ALS MASSSTAB

In Arnstadt (Ilm-Kreis) wird die Fernwärme zum Großteil über KWK erzeugt. In der thüringischen Stadt setzt der kommunale Versorger sowohl auf KWK-Heizkraftwerke als auch auf BHKW-Anlagen für einzelne Wohngebiete beziehungsweise Stadtteile.

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EEG-Novelle wird ein Paradigmenwechsel bei der Förderung erneuerbarer Energien eingeleitet. Das Tempo, mit dem die neue Regierung das Thema angegangen hat, zeigt, welche Bedeutung sie ihm beimisst. Das ist ein positives Signal an die Branche.“ Nicht beirren lassen sich derzeit die kommunalen Versorger in Köln und Erfurt. Gegen den Trend errichten sie neue GuD-Anlagen. In der Domstadt baut die RheinEnergie das Kraftwerk Niehl 3, das 2016 in Betrieb gehen und bis zu eine Million Haushalte mit Strom und Wärme versorgen soll. Dafür wird es wie die anderen Kraftwerke des Versorgers an das bestehende Fernwärmenetz angeschlossen. In Erfurt wurde in den letzten Jahren ein bestehendes Kraftwerk im Osten der Stadt erweitert – vor allem um den Anteil an umweltfreundlich erzeugtem Strom und den Fernwärmeanteil zu erhöhen. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die eigenerzeugten Strommengen auf Basis der Kraft-Wärme-Kopplung auf mindestens 65 Prozent des Gesamtstromabsatzes im Netzgebiet von Erfurt zu erhöhen“, erklärte Peter Zaiß, Geschäftsführer der SWE Stadtwerke Erfurt GmbH . Seit Januar dieses Jahres produziert die Anlage Strom und Wärme und erreicht nach Angaben der SWE dabei einen Wirkungsgrad von bis zu 90 Prozent.

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Blockheizkraftwerke und zwei neue Kessel installiert. Auch im Rathaus ist ein Blockheizkraftwerk geplant. Gleichzeitig investieren die Stadtwerke verstärkt in den Ausbau des bestehenden Fernwärmenetzes. „Wir haben hier ein Fernwärmenetz liegen, an das auch Privathaushalte angeschlossen werden könnten“, sagt Geschäftsführer Thomas Bauer. Ansprechen wollen sie damit vor allem Hausbesitzer, bei denen in absehbarer Zeit eine Erneuerung der Heizung ansteht. Durch den Anschluss an das Fernwärmenetz entfallen Installations- und Wartungskosten.

Kleine Kraftwerke im Keller Neben den leistungsstarken KWK-Großanlagen setzen zahlreiche Stadtwerke auch auf Mini- und Mikro-BHKW, die sie für mittelständische Unternehmen und Privathaushalte anbieten. Hier entsteht ein neuer Markt, bei dem sich auch die Stadtwerke 15


Titelthema

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Rostock hat frühzeitig auf die CO2-arme und hocheffiziente KWK-Technik gesetzt. Die Stadtwerke Rostock betreiben eine moderne GuD-Anlage, setzen Bioerdgas in ihrem BHKW-Kraftwerk in Kühlungsborn ein und mischen es an ihren Erdgastankstellen bei. In Hotels und Gaststätten unterstützt das Unternehmen den Einbau von Mini- und Mikro-BHKW.

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profilieren können. In Neustadt/Orla haben sich die Stadtwerke mit zwanzig weiteren Stadtwerken aus Thüringen und Bayern zusammengetan und den Einsatz von Mikro-BHKW in Privathäusern untersucht. Die Ergebnisse stellen sie ihren Kunden als Entscheidungshilfe zur Verfügung. An der Ostseeküste sorgen die Stadtwerke Rostock, die VNG AG, Vaillant und seit letztem Jahr der Pumpenhersteller Wilo mit BHKW-Anlagen für klimaschonenden Urlaub. Die Kleinstkraftwerke werden unter dem Label Ökoenergie bei Touristikbetrieben aufgestellt. Damit wollen die Projektpartner vor allem die energetische Umrüstung von alten Heizungsanlagen anstoßen.

SCHNELLER AUSBAU DER ERNEUERBAREN Zur Energiewende gehören nicht nur die Ziele zur Steigerung der Energieeffizienz im Strom- und Wärmebereich, wie sie vor 16

2025 wollen die Stadtwerke München so viel Strom aus erneuerbaren Energien in eigenen Anlagen produzieren, dass sie damit den gesamten Münchner Strombedarf decken könnten. Schwerpunkte setzten sie bei allen natürlichen Ressourcen, wie Wasser, Wind, Sonne, Geothermie und Biomasse sowie bei KWK. Investieren will das Unternehmen dafür bis zu 9 Milliarden Euro.

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allem durch die KWK-Technologie vorangebracht werden. Auch im Bereich der erneuerbaren Energien hat sich Deutschland ehrgeizige Ziele gesetzt: Laut Koalitionsvertrag sollen die Erneuerbaren an der Stromversorgung rund 40 bis 45 Prozent bis zum Jahr 2025 erreicht haben, 55 bis 60 Prozent werden bis 2035 angestrebt. Für Stadtwerke hat das einen besonders hohen Stellenwert. Laut einer Stadtwerkestudie des Energiebranchenverbands BDEW setzen sich 81 Prozent der befragten Unternehmen stark bzw. sehr stark mit dem Thema „Erneuerbare Energien“ auseinander. Das deutsche „Paradebeispiel“ ist sicherlich die Stadt München. Bis 2025 wollen die Metropole und ihr Stadtwerk rund 9 Mrd. Euro in Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen investieren. Ziel ist es, als erste Millionenstadt mindestens so viel Strom zu erzeugen, wie die Stadt verbraucht. Schon heute werden rund 39 Prozent des kommunalen Stromverbrauches CO2-frei erzeugt. Hauptquelle sind neben Wasserkraft, Biomasse, Sonne und Geothermie auch Windparks an der deutschen Küste.


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Neben der umweltverträglichen Energieerzeugung hat die Energiewende aus Sicht der kommunalen Unternehmen ein weiteres Schlüsselthema: den Ausbau der Stromverteilnetze. Der hängt vor allem damit zusammen, dass die Energieerzeugung immer dezentraler wird. Zu den klassischen, meist mit Kohle und Gas betriebenen Kraftwerken, kommen jedes Jahr tausende kleine Kraftwerke dazu – von der Windturbine auf dem freien Feld über die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach bis hin zum Mikro-BHKW im Hauskeller. Das erfordert nicht nur von den Netzbetreibern der Hochspannungsnetze, sondern vor allem von Regionalversorgern und Stadtwerken einen aufwändigen Netzausbau. Nur so können die Anlagen angeschlossen und zugleich die enormen Schwankungen aus der fluktuierenden Erzeugung abgefangen werden.

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Energieverteilung stärken

Göppingen und die Energieversorgung Filstal setzen auf viele Lösungen bei der Energiewende. Jüngstes Projekt soll ein Windpark vor der eigenen Haustür sein. Laut Baden-Württembergischen Windatlas ist die Gegend besonders gut für Windenergieanlagen geeignet. Bis jetzt haben die Projektpartner jedoch noch keinen Zuschlag für das Gelände erhalten und den Bau gestartet.

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Auch die Energieversorgung Filstal will sich – gemeinsam mit drei Partner-Stadtwerken – an einem Windpark direkt vor der eigenen Tür beteiligen. Das Projekt sieht bis zu sechs Windturbinen mit einem Investitionsvolumen von 25 Millionen Euro vor. Die vier Stadtwerke – dazu gehören noch Tübingen, Fellbach und Schorndorf – können dann auf ein großes Portfolio von eigenen Erzeugungsanlagen und Speichern zurückgreifen, bis hin zu einem eigenen Wasserkraftwerk. „Bürgernähe und kommunale Verantwortung, das sind für uns fundamentale und strategische Werte im Unternehmen. Verbunden mit dem Gedanken der Ökologie bei gleichzeitig effektivem, wirtschaftlichem Handeln wird daraus ein Erfolgsmodell“, sagt Martin Bernhart, Geschäftsführer der Energieversorgung Filstal. Neben Wind und Sonne setzen zahlreiche deutsche Stadtwerke auch auf die Faktoren Biogas und Bioerdgas. Rund 7.700 Anlagen – davon allerdings nur rund 120 Bioerdgasanlagen – waren Ende letzten Jahres in Betrieb. Eine der Anlagen, die Bioerdgas in das Leitungsnetz einspeisen, steht im mittelsächsischen Haßlau und wird von der Dresdner DREWAG betrieben. Seit 2012 werden dort täglich rund 16.800 Normkubikmeter Bioerdgas produziert und in das Ferngasleitungsnetz der ONTRAS eingespeist.

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Die kommunale Thüringer Energie AG spricht hier klar von einem „Richtungswechsel im Versorgungsnetz“. Aktuell speisen über 14.000 dezentrale Erzeuger – wie etwa Photovoltaik-Anlagen, Wasser- und Windkraftwerke – EEG-Strom in das Netz der TEN Thüringer Energienetze GmbH ein. Das sind mehr als 80 Prozent der bislang in Thüringen installierten Leistung von dezentralen Öko-Kraftwerken. Damit stammt bereits jetzt jede vierte Kilowattstunde Strom des Netzabsatzes aus Erneuerbaren Energiequellen. Dazu wird systematisch das Netz umgebaut. Allein im Jahr 2013 wurden 19 Millionen Euro für den Netzausbau zur Aufnahme von grünem Strom aus dezentralen Erzeugungsanlagen ausgegeben. 2014 soll eine 110 Kilovolt Leitung in Betrieb genommen werden, die den Raum bei Eisenach mit dem Kyffhäusergebiet verbindet und die vor allem Windstrom transportieren wird. Eine weitere Trasse in Südwestthüringen ist im Bau. 17


Titelthema

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Neue Autobahnen für Grünstrom – das ist der Slogan, mit dem die Thüringer Energie AG für den Netzausbau wirbt. 19 Millionen hat sie 2013 in neue Stromtrassen verbaut  – Tendenz steigend. Dabei setzt das Unternehmen nicht nur auf Ausbau, sondern auch auf die intelligente Vernetzung der Stromerzeuger – Stichwort Smart Grid.

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Netzausbau

Die Freiberger Stadtwerke betreiben eine moderne KWK-Anlage auf Erdgasbasis. Damit können fast 90 Prozent der Fernwärme durch KWK erzeugt werden. Ein 24 m hoher Fernwärmespeicher kann die Wärmeversorgung optimal sicherstellen. Vision: Alle Stromerzeuger zukünftig in einem virtuellen Kraftwerk intelligent zusammenschalten.

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KWK mit Speicheroptionen, virtuelles Kraftwerk

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ENERGIESPEICHERUNG FEDERT AB Genauso wichtig wie der Netzausbau scheinen aber auch neue Möglichkeiten zu sein, die erneuerbar erzeugte Energie zu speichern. Dass es nicht immer das vielbeschworene Powerto-Gas-Konzept sein muss – also die Umwandlung von Ökostrom in Wasserstoff oder Erdgas – beweisen die Stadtwerke Freiberg. Das Unternehmen hat im letzten Jahr die Turbinen seines GuD-Kraftwerkes erneuert und einen großen Heißwasserspeicher mit 13 Megawattstunden MWh errichtet. Damit können die Strom- und Wärmeproduktion zeitlich entkoppelt werden, sodass in Stunden, in denen der Strom-Börsenpreis sehr niedrig ist, die Anlage selbst dann abgeschaltet werden kann, wenn ein hoher Bedarf an Fernwärme besteht. Der Freiberger Kommunalversorger will in Zukunft sogar noch weiter gehen: Mittelfristig sollen diese Anlagen, zu denen auch Blockheizkraftwerke und Solaranlagen gehören, durch Windturbinen ergänzen werden und im stadteigenen Netz als 18

ein großes virtuelles Kraftwerk betrieben werden. Solange Wind und Sonne verfügbar sind, sorgen diese regenerativen Quellen dann in Freiberg für ausreichend Strom, während die Gasmotoren die anderen Zeiten überbrücken. In Schwerin setzt der kommunale Energieversorger WEMAG dagegen auf Batterien als Energiespeicher. Der Grund: Im Netzgebiet des Unternehmens sind bereits jetzt Ökokraftwerke mit einer Leistung von etwa 800 Megawatt angeschlossen und produzieren damit rund 80 Prozent des verteilten Stroms. Seit vergangenem Jahr baut die WEMAG deshalb den nach eigenen Angaben größten europäischen Batteriepark mit einer Kapazität von fünf Megawattstunden. Ab Herbst 2014 soll die Anlage die wachsenden Stromschwankungen durch Erneuerbare Energien im Kurzfristbereich ausgleichen und damit die Versorgungssicherheit im Strombereich weiter erhöhen.


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Rund 80 Prozent des Stroms in Schwerin stammen aus Ökokraftwerken. Um den schwankenden Bedarf und Verbrauch zu entkoppeln, baut der regionale Versorger WEMAG derzeit einen riesigen Batteriespeicherpark. Der soll bereits im Herbst 2014 angeschlossen sein und für mehr Netzstabilität sorgen.

Unter allen Lesern verlosen wir fünf Skatkartenspiele „Feine Bergmannskarte“ von 1840. Senden Sie uns einfach bis 10. Juni 2014 eine E-mail an Redaktion@vng.de oder eine Postkarte an VNG – Verbundnetz Gas AG | Braunstraße 7 | 04347 Leipzig | Stichwort: Bergmannskarte (Die Gewinner werden benachrichtigt.)

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ES ROLLT AUCH UMWELTFREUNDLICH 30 Prozent des deutschen Energieverbrauchs und 20 Prozent des CO2-Ausstoßes entfallen auf Autos, Busse und LKW. Insofern ist der Mobilitätssektor ein wichtiges Handlungsfeld von Kommunen bei der Energiewende. Gerade hier sind die von Städten und Gemeinden beschrittenen Wege wesentlich vielfältiger als bei Energieerzeugung und Effizienzsteigerung. Die Ideen reichen von alternativen Antrieben bei Nahverkehrsbussen und öffentlichen Fuhrparks über Carsharing-Konzepte bis hin zu einer effizienten Steuerung von Verkehrsströmen. In den sächsischen Metropolen Leipzig und Dresden testen die kommunalen Unternehmen beispielsweise den Einsatz von Hybridbussen. In Ravensburg und Nürnberg werden dagegen seit vielen Jahren Erdgasbusse genutzt (Vgl. dazu das Interview auf S. 23.). Im Ruhrgebiet setzt eine Vielzahl von Städten sogar auf ein komplettes kommunales Mobilitätsmanagement. In dem dicht besiedelten Ballungsraum

konnten Lärm, Staub und Energieverbrauch deutlich reduziert werden, unter anderem durch Carsharing, optimierte Lieferketten oder durch Maßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität von ÖPNV oder Fahrrädern. Bei der Umgestaltung der Energieversorgung haben die kommunalen Unternehmen in Deutschland bisher eines deutlich gezeigt: Dass sie alles andere als bürokratisch sind. Im Gegenteil: Gerade wenn es um den Mut zu unternehmerischen Entscheidungen für die Energiewende geht, haben sie inzwischen einen großen Vorsprung. Und der ist lange noch nicht aufgereizt. Deshalb werden auch in Zukunft neue Energiequellen, Speicher und die intelligente Vernetzung alternativ erzeugter Energien mit den Brückentechnologien häufig dort zu finden sein, wo Stadtwerke agieren.

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Titelthema

Mehr Effizienz im Rathaus Den Energieverbrauch von Häusern und Gebäuden runter und die Energieeffizienz rauf schrauben – das sind die zwei größten Betätigungsfelder von Kommunen, wenn es um die Energiewende geht. Wie groß ist das Potenzial wirklich, wie erfindungsreich sind die Kommunen beim Energiesparen und welche Effizienzziele sehen sie als realistisch an?

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ie beste Energie ist die, die durch Einsparungen gar nicht erst benötigt wird. In der Industrie, aber vor allem auch im öffentlichen Bereich ist dieser Leitspruch inzwischen längst angekommen. Kein Wunder, wenn man sich das enorme Einsparpotenzial von Kommunen vor Augen führt. Erstens energetisch: Von den rund 176.000 öffentlichen Gebäuden in Deutschland wurden drei Viertel vor der 1. Wärmeschutzverordnung errichtet. Die stammt immerhin aus dem Jahr 1977. Zweitens in Bezug auf den Klimaschutz: Laut Bundesumweltministerium entfallen rund 70 Prozent der CO2-Emissionen der öffentlichen Hand auf die rund 12.000 Städte und Gemeinden. Allein die Schulen würden 6,7 Mio. Tonnen CO2Emissionen pro Jahr verursachen. Und drittens finanziell: Nach Berechnungen der Deutschen Energieagentur dena lagen die Ausgaben der Kommunen für Strom und Wärme in ihren öffentlichen Gebäuden im Jahr 2012/2013 bei rund 20

3,4 Mrd. Euro. Für energierelevante Produkte würden Kommunen sogar weit über 30 Milliarden Euro pro Jahr ausgeben. Das sind unter anderem Gebäudeneubau und -sanierung, Transportmittel und Verkehrswege, Ver- und Entsorgung, und Energiebeschaffung.

Kommunaler Handlungsdruck Kommunen stehen als öf fentliche Akteure unter dem Handlungsdruck, kosteneffziente und umweltgerechte Energielösungen einzusetzen. Dieser Druck entsteht zum einen daraus, dass hohe Energieabgaben den Haushalt belasten. In einer aktuellen Umfrage der dena unter deutschen Kommunen haben immerhin zwei Drittel der Befragten angegeben, dass die hohen Energiekosten sie zum Energiesparen drängen. Zum anderen haben Kommunen auch eine Vorbildfunktion: Wenn nicht sie das Energiesparen vormachen und Gebäude

und Heizanlagen modernisieren, warum sollte es dann der Bürger tun? Unter diesen „Vorzeichen“ haben zahlreiche Städte inzwischen verbindlich festgelegt, ihren Energieverbrauch zu drosseln. Und sie haben eine ganze Reihe an Effizienzmaßnahmen angeschoben, sei es bei der Sanierung kommunaler Gebäude, der effizienten Stromnutzung oder einer nachhaltigen Verkehrs- und Energie­systemplanung.

Energiesparen auf bayerisch Kempten im Allgäu etwa ist eine jener Städte, die hier eine Vorreiterrolle einnehmen will. Die Stadt gehört zu einer Gruppe von bundesweit 19 Kommunen, die einen „Masterplan 100 Prozent Klimaschutz 2050“ im Stadtparlament verabschiedet haben. Kernpunkt ist es, mindestens die Hälfte des Endenergieverbrauches in Behörden, Unternehmen und Privathaushalten einzusparen.


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Dabei geht es keineswegs darum, denkmalgeschützte Fachwerkhäuser mit Polystyrol zu verpacken, sondern vor allem um solche Maßnahmen, die ein besonders günstiges Verhältnis von Aufwand und Nutzen versprechen: Ein Fahrradparkhaus im Zentrum soll das klimagünstigste aller Verkehrsmittel attraktiver machen, ein Pilotprojekt für Energieeffizienz im Einzelhandel wird gestartet und die Stelle eines Energiemanagers geschaffen, der vor allem Netzwerke für Projekte und Beratungen knüpft. Als besonders wichtig wird die Umwelterziehung angesehen, die in Kempten bereits in den Kindergärten beginnt. Das vom Bund großzügig geförderte Projekt sorgt aber auch dafür, dass durch hohe Zuschüsse etwa die energetische Sanierung von Schulen und Kitas oder die Umrüstung von Beleuchtung und Klimatisierung von Sporthallen möglich wird. „Entscheidend für den Erfolg ist nicht die Einzelmaßnahme, sondern die systematische Analyse aller Verbrauchspositionen, die Umsetzung und Kontrolle der Maßnahmen und natürlich auch das Erschließen von innovativen Finanzierungsmöglichkeiten“, sagte Stephan Kohler, Geschäftsführer der Deutschen Energieagentur dena auf einem kommunalpolitischen Forum in Berlin.

Gold für energieeffiziente Städte Mit System ans Energiesparen herangegangen sind auch die beiden ostdeutschen Städte Magdeburg und Delitzsch. Das wurde ihnen beim European Energy Award sogar mit Gold honoriert. Delitzsch hat 2005 damit begonnen, ein „akteurs­ orientiertes“ Energiemanagementsystem aufzubauen. Inzwischen betreut ein Energiemanager ein lokales Netzwerk von Praxispartnern, das vom Verkehrsunternehmen über die Stadtwerke bis hin zu Gewerbetreibenden reicht. Wissenschaftlich unterstützt wird die Stadt dabei vom Helmholtzzentrum für

Umweltforschung und dem Lehrstuhl für Infrastruktur und Ressourcenmangement der Uni Leipzig. Ähnlich auch in Magdeburg, wo der CO2Ausstoß bis 2020 gegenüber dem Wert von 2007 um 25 Prozent gesenkt werden soll. Hier steht vor allem die Nutzung erneuerbarer Energien im Mittelpunkt. Einer der Gründe: Der Windturbinenhersteller Enercon betreibt in Magdeburg eine wichtige Produktionseinheit. Auch im Hafen, der zur Stadt gehört, wurde ein umfassendes ökologisches Verkehrskonzept umgesetzt. So werden beispielsweise die Hafenbahnen mit Biodiesel betrieben. Wissenschaftliche Partner sind die Hochschule MagdeburgStendal und das Fraunhofer Institut für Fa­brikbetrieb und -automatisierung.

Energiesparen durch Heizungs­ sanierung Wo aber liegen die größten Potenziale für Energieeffizienz in Kommunen? „Weil die Beheizung und die Klimatisierung von Liegenschaften den größten Teil des Energieverbrauches verursacht, lassen sich hier auch die größten Einsparungen erzielen“, erklärt Wilfried Griebenow, der bei VNG für das Thema Erdgasanwendungen zuständig ist und Kommunen beim Thema Energieeffizienz unterstützt. Zu den effektivsten und kostengünstigsten

Maßnahmen zählt laut Griebenow vor allem eine Optimierung der Heizungs- und Warmwasseranlagen. Erfahrungsgemäß sollte man im ersten Schritt seine heizungstechnischen Anlagen durch einen erfahrenen Energieberater analysieren lassen. In sehr vielen Fällen ließen sich hier bereits mit geringem Aufwand bis zu 10 Prozent an Energiekosten nachweisen und einsparen, so der Energieexperte. Ebenso wesentlich, wenngleich auch kostenintensiver, sind komplette energetische Sanierungen von Gebäudehüllen, Dächern oder eben der Heizungsanlage. In diesen Fällen gilt die Heizungsmodernisierung als die wirtschaftlichste Einzelmaßnahme.

Finanzierbar trotz klammer Kassen? Dass kommunale Energieef f izienz unabdingbar ist, steht außer Frage, doch oftmals stellt die Finanzsituation viele Kommunen vor unüberwindbare Investitionshindernisse – bis hin zur Haushaltssperre. Die dena empfiehlt Kommunen deshalb, konsequent die bestehenden Förderprogramme zu nutzen, sich auf Projekte mit kurzen Amortisierungszeiten zu konzentrieren und Contracting-Modelle in Betracht zu ziehen. Um ein Rathaus, eine Schule oder ein Schwimmbad mit einer hocheffizienten KWK-Anlage auszurüsten,

EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) als Maßgabe – auch für Kommunen EU-Ziel: Die Steigerung der Energieeffizienz der EU bis 2020 um 20 Prozent. Für die Kommunen und ihre kommunalen Energieunternehmen sind die Maßgaben aus Brüssel von wesentlicher Bedeutung. Zwei Vorgaben sind dabei besonders wichtig: Im Bestand der öffentlichen Gebäude sollen jährlich drei Prozent des Energiever­ brauches eingespart werden. Außerdem sollten die Mitgliedsstaaten ein Energieef­ fizienzverpflichtungssystem einführen, das Energieverteiler oder Energievertriebe dazu verpflichtet, jährlich 1,5 Prozent des durchschnittlichen Jahresabsatzvolumens mittels Energieeffizienzmaßnahmen bei ihren Endkunden umzusetzen. Derzeit arbeitet die Bundesregierung daran, die EED in Deutschland in unterschiedlichen Normen und Programmen umzusetzen. Geplant sind die Anpassungen des Erneu­ erbare-Energien-Wärmegesetzes und des KWK-Gesetzes sowie die Verbesserung und Aufstockung von Förderprogrammen zur Gebäudesanierung. 21


Titelthema

So bewerten die Kommunen das Thema Energieeffizienz Wie bewerten Sie aktuell das Handlungspotential im Bereich Energieeffizienz und Klimaschutz?

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Es wird etwas getan, aber es könnte mehr getan werden.

Es wird schon sehr viel getan.

34 %

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Es wird so gut wie gar nichts getan.

müssen nur geringe oder – wie beim Contracting – gar keine Eigenmittel aufgebracht werden. Dennoch lassen sich laufende Kosten einsparen und der Verbrauch senken. Mittlerweile gibt es die Contractinglösungen nicht nur für Wärmeerzeugungsanlagen, sondern auch für Energiemanagementsysteme. Das Contracting-Prinzip haben schon viele Städte für sich entdeckt, so auch die Stadt Augsburg. Ihr hiesiges Stadtwerk hat mit der Wohnungsgesellschaft ein Wärmecontracting für 2.000 Haushalte abgeschlossen und betreibt mittlerweile 30 BHKW mit Nahwärme-Netzen. Geschäftsführer Dr. Claus Gebhardt versichert, er werde dieses Segment weiter ausbauen, künftig aber noch mehr Augenmerk auf Projekte mit besonders hohem Wärmebedarf legen. Für die Stadtwerke sei eine solche Orientierung auf Dienstleistungen eine gute Möglichkeit, die Rückgänge im klassischen Energievertrieb auszugleichen.

Welche Effizienzziele sind realistisch? Als Brüssel die neue Effizienzrichtlinie mit einem Ziel von 20 Prozent Einsparung bis 2020 verkündete, galt diese Forderung in vielen Rathäusern als 22

Welche Bedeutung wird das Thema Energieeffizienz und Klimaschutz in Zukunft haben?

76 %

Es wird wichtiger.

23 %

Es bleibt gleich wichtig.

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Es wird weniger wichtig.

Quelle: dena, Forsa-Umfrage von 2013.

kaum realistisch, zumal die Richtlinie für öffentliche Gebäude hohe jährliche Sanierungsraten von drei Prozent vorsieht – wenn auch zunächst noch nicht auf kommunaler Ebene. Inzwischen aber haben sich zahlreiche Kommunen selbst Masterpläne gesetzt, die in der Regel eine Einsparung von 50 Prozent des Verbrauches bis 2050 festschreiben und entsprechende Periodenziele nennen. München etwa nimmt am bundesweiten Wettbewerb Energieeffiziente Stadt teil und will dafür im Verkehrs- und Gebäudebereich die Emissionen um 30 Prozent reduzieren. Das Bundeswirtschaftsministerium will zunächst Fördermittel für etwa 20 regionale kommunale Netzwerke freigeben, die Einsparpotenziale identifizieren und Maßnahmepläne festlegen sollen. „Es besteht Bedarf, kleinere und mittlere Kommunen in die Lage zu versetzen, sich differenzierter als bisher mit ihrem Energieeinsparpotenzial auseinanderzusetzen und ihnen individuelle, zielgerichtete Energieeffizienzlösungen aufzuzeigen. Ein Förderprogramm zum Aufbau von kommunalen Netzwerken könnte hierbei ein geeigneter Ansatzpunkt sein“, sagt dazu der Kommunale Dachverband VKU, der konkrete Einsparvorgaben bislang kritisch sieht. Für die öffentliche Hand rechnen sich viele Maßnahmen schon binnen weni-

ger Jahre. Dazu gehört die Umrüstung von Beleuchtungen auf LED-Systeme, der Ersatz alter Heizungssysteme durch Brennwertkessel und KWK-Systeme oder auch der Ersatz von schlecht gedämmten Bauelementen. Kommunen werden mit mehreren Förderprogrammen dabei unterstützt, Effizienznetzwerke aufzubauen und damit schrittweise die kommunalen Verbrauchsschwerpunkte zu analysieren, aber auch dem örtlichen Handwerk und Gewerbe sowie Privathaushalten Unterstützung zu geben. Kommunale Energieeffizienz Mit dem Produkt „Kommunale Energieeffzienz“ hat die VNG AG ein Angebot für Städte und Gemeinden geschaffen, um den Energieverbrauch kommunaler Liegenschaften durch eine Optimierung der Heizungs- und Warmwasseranlagen zu analysieren. Das Einsatzspektrum umfasst erdgasbeheizte Anlagen, Öl- bzw. Flüssiggasanlagen und Fernwärmeanlagen in kommunalen Verwaltungsgebäuden, Schulen, Kindertagesstätten, Turnhallen und allen Arten von Wohngebäuden. Wilfried Griebenow Telefon +49 341 443-5179 wilfried.griebenow@vng.de


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mit Erdgasbussen steigt die Lebensqualität in Nürnberg Knapp 30 Prozent der verbrauchten Energie geht in Deutschland auf das Verkehrskonto. Hier anzusetzen und Energie zu sparen, das haben sich viele Kommunen auf die Fahne geschrieben. So auch die Stadt Nürnberg, die seit vielen Jahren mit einem alternativen Mobilitätskonzept unterwegs ist. Ein Gespräch mit Michael Richarz, Vorstand Technik und Betrieb der VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg.

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err Richarz, Nürnberg gilt als einer der Vorreiter im Hinblick auf nachhaltige Mobilität im Nahverkehr. Was bedeutet dieses Thema für die Stadt? Nachhaltige Mobilität durch den Nahverkehr ist ein ganz zentrales Thema für Nürnberg. Die VAG unterstützt die Strategie der Stadt Nürnberg, umweltschonenden Verkehr zu fördern. Wir leisten als Nahverkehrsunternehmen einen wichtigen Beitrag zur Senkung der Schadstoff­e missionen durch den Verkehr und tragen erheblich zur Steigerung der Lebensqualität in Nürnberg bei. Der Umweltschutz und die Nachhaltigkeit sind wichtige Unternehmensziele der VAG, die wir in allen Bereichen – auch

bei wirtschaftlich schwierigen Rahmenbedingungen –  immer verfolgt haben und auch weiterhin verfolgen werden. Übrigens haben wir uns bereits 2004 mit der Unterzeichnung der UITP-Charta des Internationalen Verbands für öffentliches Verkehrswesen den Zielen der Nachhaltigkeit verpflichtet. Welche Rolle spielt die Verkehrsstrategie im Hinblick auf die EnergieVision Nürnberg 2050? Der ÖPNV stellt laut der Energieeffizienzstrategie der Stadt Nürnberg 2050 eine wichtige Säule in einem nachhaltigen kommunalen Verkehrskonzept dar. Vorgabe war die anspruchsvolle Zielset-

zung, die CO2-Emissionen in Nürnberg bis 2050 um 80 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Mit unserem modernen und umweltschonenden Busfuhrpark sowie unseren U-Bahnen und Straßenbahnen leisten wir einen äußerst positiven Beitrag dazu. Mit der VAG setzen Sie seit mehr als einem Jahrzehnt auf Erdgasantriebe der städtischen Busse. Was zeichnet diese Busse besonders aus? Wir beschäftigen uns schon seit den 1980er Jahren mit neuen Antriebstechnologien und Konzepten im Busbereich. Aktuell besteht unser Fuhrpark zur einen Hälfte aus Diesel- und zur anderen Hälfte 23


Titelthema

Erdgasbusse sind im öffentlichen Nahverkehr weltweit im Einsatz New York – USA Betreiber: MTA NY Busflotte insgesamt: 6.783 Busse Erdgasflotte: 1.112 Busse Erdgas-Anteil: 16 % Madrid – Spanien Betreiber: EMT Busflotte insgesamt: 2.068 Busse Erdgasflotte: 672 Busse Erdgas-Anteil: 33 %

Lille – Frankreich Betreiber: Transpool Busflotte insgesamt: 330 Busse Erdgasflotte: 240 Busse Erdgas-Anteil: 73 % Norwich – GroSSbritannien Betreiber: Anglian BUS Busflotte insgesamt: 93 Busse Erdgasflotte: 13 Busse Erdgas-Anteil: 14 % Quelle: erdgas mobil

aus Erdgasbussen. Letztere zeichnen sich durch niedrigen Schadstoffausstoß und geringe Geräuschemissionen aus. Bereits 1992 testete die VAG Deutschlands ersten Erdgasbus. 1995 bestellten sie 50 dieser Busse – welche Erfahrungen haben Sie seitdem mit der Technologie im Alltag gesammelt? Die Erdgasbustechnologie hat sich in mehr als 15 Jahren als sehr zuverlässige, sichere und gleichwertige Alternative zu den Dieselbussen etabliert. Welche Probleme bzw. Schwierigkeiten sind aufgetreten? Durch den extrem engen Einbauraum im Heck des Fahrzeuges und die leider kaum gegebene Fahrtwindkühlung bei den Niederflurbussen kam es durch das höhere innermotorische Temperatur­niveau der Gasmotoren zu verschiedenen thermischen Problemen – angefangen bei schlechtem Startverhalten über Überhitzung des Kühlsystems bis hin zu Korrosionsschäden an hoch belasteten Karosserie- und Rahmenteilen. Im Zuge der weiteren Entwicklung wurden diese Probleme jedoch zum größten Teil gelöst. Hohe Ersatzteilkosten, kürzere Wartungsintervalle und vor allem die alle fünf Jahre notwendigen Druckbehälterprüfungen sorgen

für einen erhöhten Instandhaltungsaufwand und geringere Verfügbarkeit. Wie schneiden Erdgasbusse im Vergleich mit Dieselbussen bezüglich Investitionsund Unterhaltskosten ab? Grundsätzlich verursachen Erdgasbusse zunächst einmal höhere Investitionskosten bei der Neubeschaffung und höhere Instandhaltungskosten. Auch die Investition in eine leistungsfähige Erdgasbetankungsanlage sowie deren Betriebs- und Unterhaltskosten müssen berücksichtigt werden. Ob die Betriebskosten am Ende unter den Kosten eines vergleichbaren Dieselbusses liegen, ist vom jeweiligen Kraftstoffverbrauch sowie dem Preisvorteil eines Kilogramms Erdgas gegenüber einem Liter Diesel abhängig. Über die langjährige Betrachtung und den direkten Vergleich der beiden Antriebstechnologien hat sich bei der VAG kein eindeutiger Vorteil für eine der beiden Technologien nachweisen lassen. Die Preisentwicklung der letzten Jahre beim Kraftstoff deutet jedoch auf eine positive Entwicklung zugunsten der Erdgastechnologie hin. Wie lange hielt diese erste Generation der Erdgasbusse in Nürnberg durch bzw. sind davon heute noch Busse im Einsatz?

Die erste Generation hat sich als sehr langlebig erwiesen. Die großvolumigen Motoren erreichen in Verbindung mit einer eher geringen Motorleistung sowie der einfachen Technologie der Gemischaufbereitung problemlos Laufleistungen von 900.000 km und mehr. Die Einsatzdauer dieser ersten Generation lag bei 15 Jahren statt der sonst üblichen zwölf Jahre. Man wollte damit vor allem den höheren Anschaffungskosten Rechnung tragen. Deshalb sind heute noch zehn Busse des Baujahres 1997 in Betrieb. Allerdings werden sie bei Schienenersatz- und sonstigen Sonderverkehren eingesetzt. Neun weitere Busse des Baujahres 2000, die wir ebenfalls noch zur ersten Generation zählen, werden Ende 2014 ersetzt. Welche Rolle spielte bei der Entscheidung die Nähe zum Werk der MAN, das ebenfalls in Nürnberg angesiedelt ist? Gibt es einen engen Erfahrungsaustausch mit dem Bus­hersteller? Die VAG ist als öffentlicher Auftraggeber an die Regularien der europaweiten Ausschreibung gebunden. Den Zuschlag erhält der Anbieter mit dem wirtschaftlichsten Angebot, insofern spielt die Nähe zum MAN-Werk keine Rolle.

„Die Preisentwicklung der letzten Jahre beim Kraftstoff deutet auf eine positive Entwicklung zugunsten der Erdgastechnologie hin.“ 24


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Die VAG-Vorstände Michael Richarz (links) und Tim Dahlmann-Resing bei der Vorstellung der neuen Erdgasbusse im Januar 2014.

„Die entscheidende Rolle spielt grundsätzlich der wirtschaftliche Betrieb.“ Mit der Industrie arbeiten wir seit Jahren gemeinsam an der Entwicklung neuer umweltfreundlicher und ressourcenschonender Technologien. Die VAG beteiligt sich dabei als Erprobungspartner an geförderten Projekten des Freistaates Bayern, der Bundesrepublik oder setzt bei Neubeschaffungen Feldversuchsfahrzeuge der Hersteller ein, bei denen neueste Technologien im realen Linienbetrieb erprobt werden. Diese Zusammenarbeit ist für beide Seiten fruchtbar. Der Hersteller erhält wertvolle Ergebnisse aus dem realen Einsatz für die Produktentwicklung und die VAG sammelt im Vorfeld einer Beschaffung Erfahrungen zu Nutzen, Zuverlässigkeit und Aufwand für neue Technologien. Gerade kürzlich hat die VAG 15 alte Busse durch Busse mit Erdgasantrieb ersetzt – erfüllen diese bereits die EEVAbgasnorm?

Selbstverständlich! Alle Erdgasbusse, die von der VAG seit Anfang 2006 in Betrieb genommen wurden, entsprechen der EEVNorm. Für Dieselbusse gilt dies seit Inbetriebnahme Anfang 2008. Wie wird sich die Bedeutung von Erdgas als Kraftstoff künftig weiterentwickeln? Das ist schwer zu sagen. Da sowohl für die Fahrzeuge als auch für die Infrastruktur (Tankstelle und Werkstätten) zunächst ein höherer Aufwand entsteht, besteht eine gewisse Hemmschwelle, in diese Technologie einzusteigen. Welche Kriterien waren bei der letzten Entscheidung für Erdgas- statt Diesel-, Hybrid- oder Elektrobussen ausschlaggebend? Die entscheidende Rolle spielt grundsätzlich der wirtschaftliche Betrieb. Die VAG beschäftigt sich schon seit über zehn Jahren mit Hybridbussen und hat seit Anfang 2012 zwei serielle Hybridbusse im Linien-

betrieb. Leider sind unsere Erfahrungen mit den beiden Hybridbussen in Bezug auf den wirtschaftlichen Betrieb nicht positiv, da die Kraftstoffeinsparungen den Investitionsmehraufwand bei Weitem nicht decken. Auf der Grundlage einer Wirtschaftlichkeitsberechnung hat die VAG 2011 beschlossen, die 48 Erdgasbusse der ersten Generation wieder durch Erdgasbusse zu ersetzen und somit den Anteil an Erdgasbussen von rund 50 Prozent beizubehalten. Durch die zweigleisige Strategie wirken sich Versorgungsengpässe bei einem der beiden Primärenergieträger nicht so stark aus und ein eventueller Preisanstieg bei einem der beiden Kraftstoffe wirkt sich dann auch nur zu 50 Prozent aus. Vor dem Ersatz der zweiten Generation Erdgasbusse ist eine erneute Bewertung und Entscheidung erforderlich. Wir danken Ihnen sehr für das Gespräch. 25


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Die Energiewende umzusetzen ist kostenintensiv, das weiß mittlerweile jeder. Das Kostenproblem – vor allem im Strombereich – kennt der Geschäftsführer der Stadtwerke Lutherstadt Wittenberg GmbH, Hans-Joachim Herrmann ganz genau. Er sagt, dass ländliche Regionen besonders betroffen sind und der demografische Wandel die finanziellen Auswirkungen der Energiewende sogar noch verschärft.

Text Hans-Joachim Herrmann, Geschäftsführer der Stadtwerke Lutherstadt Wittenberg GmbH

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etrachtet man die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Versorgungsinfrastruktur in schrumpfenden Gebieten, sind zwei Punkte wichtig: In erster Linie die steigenden spezifischen Kosten für die Verbraucher zur Vorhaltung der Gesamtsysteme und die technisch notwendigen Anpassungsmaßnahmen. Ob Wasser-, Abwasser-, Fernwärme- oder Gasnetz – alle Systeme müssen sowohl quantitativ an die sinkenden Verbraucherzahlen angepasst als auch weiterhin finanziert werden. Das ist zweifellos herausfordernd, jedoch auch langfristig planbar. Die Steigerung der Pro-Kopf-Kosten wird dadurch zumindest kalkulierbar und kann durch die Schaffung effizienterer wirtschaftlicher Strukturen und geeigneter Preismodelle zumindest in Teilen aufgefangen werden. Gerade im Wasser- und Abwasserbereich gibt es hier noch erhebliche Potenziale. Eine eminent andere Situation stellt sich hingegen im Strombereich dar. Während wir in allen genannten Bereichen 26

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von der planbaren Anpassung bekannter Systeme mit bekannten Kosten sprechen, haben wir es hier zusätzlich mit einem bisher noch nie durchgeführten grundlegenden Systemwandel mit bisher noch unbekannten Kosten zu tun – der Energiewende. Diese entpuppt sich gleich in mehrerlei Hinsicht als Kostentreiber für den ländlichen Raum. Zunächst verteuert sie das zu finanzierende Gesamtsystem beträchtlich. Der größte Kostentreiber ist dabei der erforderliche Netzausbau. Während das Stromnetz bisher nur in eine Richtung ausgelegt war – nämlich vom Erzeuger zum Verbraucher – muss es heute zunehmend in zwei Richtungen fungieren. Hintergrund sind die vielen dezentralen Erzeugungsanlagen. Sie müssen in das System integriert werden und deren fluktuierender Strom muss auch über das Netz abtransportiert werden, weil der Verbrauch vor Ort zeitweise nicht gegeben ist. Dazu kommen erhebliche Investitionen in die Netzstabilität – Stichwort Intelligente Netze. Die Dimensionierung des Netzes richtet sich also nicht mehr zwingend nach der Anzahl der Verbraucher und deren Verbrauchsmengen, sondern vielfach nach den Erzeugungsanlagen und deren Erzeugungsmengen. Kurz gesagt: Die demografische


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bunduerver ales Q n det u m gegrün s kom r 1991 sische a s u la n t k s Ja n leis Ist ein as im te Die d r , ie n t e n ehm norie , Gas, untern Strom kunde t n e e t h ie ic . Es b Bere hmen wurde nterne in den U e t s o a b D e ng . 70 e an. tungsa von ca nwärm erlöse nd Fer z t u fasst a r s e m s u m U Was ebiet g hrlich z t jä e er t n r gungs bei ein generie Versor hnern s o a w D in . . uro 0 km .000 E Mio. E 2 mit 70 r 2.00 ngefäh 0 km u 0 n 6 o a v etw nge tnetzlä e Gesam berg.d witten e k r e tadtw www.s

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„Die Energiewende entpuppt sich gleich in mehrerlei Hinsicht als Kostentreiber für den ländlichen Raum.“ Entwicklung und der daraus resultierende Nachfragerückgang ist nicht der entscheidende Ansatz für die Dimensionierung des Stromnetzes. Im Gegenteil: Gerade in strukturschwachen Gegenden ist häufig ein besonders hoher Netzausbau erforderlich, denn dort, wo wenig Menschen wohnen, gibt es ein großes Potenzial für Photovoltaik-, Windkraft- und Biogasanlagen. In der Folge gibt es dort den höchsten Zubau an Erneuerbaren Energien – und das mit unangenehmen finanziellen Folgen. Durch die regionale Wälzung bleiben die höheren Netzkosten in der Region und müssen durch die ohnehin wenigen Menschen vor Ort getragen werden. Die strukturschwachen Gebiete sind somit gleich doppelt betroffen. Zum einen haben sie die höchsten Netzgesamtkosten, zum anderen jedoch die wenigsten Kostenträger. Hinzu kommt ein weiteres verschärfendes Problem: Durch Eigenverbrauchslösungen ist es im derzeitigen System möglich, sich aus der solidaren Finanzgemeinschaft zu verabschieden und von den Netzentgelten befreien zu lassen. Der finanzkräftige Teil der Verbraucher nutzt dieses Mittel immer häufiger. Zurück bleiben diejenigen, die sich eine solche Lösung nicht leisten oder aufgrund ihrer Wohnsituation praktisch nicht

umsetzen können. Die Systemkosten verteilen sich dadurch auf noch weniger Köpfe, was zu einer weiteren Steigerung der spezifischen Kosten führt. Eine wichtige Unterscheidung zu den anderen Ver- und Entsorgungsbereichen ergibt sich zudem aus der fehlenden Korrelation von Kostenverursachern und Kostenträgern. Dies führt zunehmend zu einer schwindenden Kostenakzeptanz. Zu den rein finanziellen Auswirkungen paaren sich im ländlichen Gebiet zusätzlich Flächenvernichtung, das veränderte Landschaftsbild sowie eine geringe Wertschöpfung vor Ort, da die Betreiber der Anlagen zumeist aus finanzkräftigeren Bundesländern stammen. Der vermeintlich positive EEG-Saldo in Sachsen-Anhalt ist hier nur ein Trugbild, da lediglich die Standorte der Anlagen, jedoch nicht die Eigentümerstrukturen berücksichtigt werden. Die eigentliche Kostenfalle in schrumpfenden Gebieten lauert also im Strombereich. Das ist fatal, denn für alle anderen Medien gibt es netzunabhängige Alternativen – Strom jedoch ist unverzichtbar.

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Wissen

Energie macht Schule. Elektrizit

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Schüler wissen – ganz theoretisch, dass Energie in verschiedenen For­ men vorkommt und nicht verloren gehen kann. Wie Energie aber prak­ tisch funktioniert, damit kennen sie sich nur selten aus. In Leipzig ist das anders: Für die Neuntklässler am BIP Kreativgymnasium gehören Biogas­ anlagen, Erdgasspeicherung und Transportnetze ebenso zum Unterricht wie die mathematisch-physikalischen Grundlagen.

Text Mandy Nickel | Fotos Dirk Brzoska

Power4School Die VNG AG ist über die VNG-Stiftung seit 2010 Mitglied in der Initiative Wissensfabrik. 2011 hat sie gemeinsam mit der Wissensfabrik und zwei weiteren Unternehmen das Projekt „Power4School“ entwickelt. Ein Jahr später lief es zusammen mit dem BIP Kreativgymnasium in Leipzig erstmals als Pilotprojekt. www.vng.de/power4school 28

V

olker Klinkert fragt in die Runde „W isst Ihr eigentlich, dass die Bakterien, die unser Biogas produzieren, dreimal am Tag mit Mais und Gras gefüttert werden müssen?“ Vor dem Biogasexperten, der die Anlagen der BALANCE VNG Bioenergie GmbH betreut, stehen 15 Neuntklässler vom BIP Kreativitätsgymnasium Leipzig. Die Schüler sind zu Besuch auf der Biogasanlage im sächsischen Oschatz, in der seit mehr als zwei Jahren Biogas und Bioerdgas produziert werden. Klinkert führt sie über

das Gelände, das fünfmal so groß wie ein Fußballfeld ist. Er zeigt ihnen, wie die Fermenter funktionieren, wie die Bakterien mit Nährstoffen versorgt werden, wie das Gas aufbereitet und transportiert wird und wo schließlich auch das Bioerdgas entsteht. Umfassende Energiebildung Für die Vierzehnjährigen ist es das erste Mal. Bisher kannten sie Biogasanlagen nur aus dem Lehrbuch. Jetzt können sie auch in der Praxis sehen, wie aus biolo-


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Erdgasau

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„Die Schüler bekommen damit ein ganzheitliches Verständnis von Energie.“ gischen Abfällen nutzbare Energie wird. „Es ist ein großer Unterschied, ob wir rein nach Lehrbuch arbeiten, oder uns auch mal ganz praktisch damit beschäftigen können, wo und wie Energie hergestellt, weitergeleitet, umgewandelt, gespeichert und verbraucht wird. Die Schüler bekommen damit ein ganzheitliches Verständnis von Energie“, erklärt Klassenlehrerin Angelika Boblenz. Möglich wird dieser Praxisblick durch das Projekt „Power4School – Schüler entdecken Energie“, das vor drei Jahren von der Wissensfabrik ins Leben gerufen wurde. Das deutschlandweite Netzwerk von Unternehmen und Stiftungen hat es sich zur Aufgabe gemacht, die junge Generation zukunftsfähig zu machen und auf die Anforderungen der Wissensgesellschaft vorzubereiten – auch im Bereich Energie.

„Unser Motto ist, Energie mit Kopf und Händen zu begreifen. Wir wollen Schüler der Sekundarstufe I umfassend und praxisnah an das Thema Energie heranführen und sie mit den verschiedenen Arten der Energiegewinnung vertraut machen“, erklärt Michael Detmer, Leiter Bildung bei der Wissensfabrik. „Das Verständnis für Energie legt die Grundlage dafür, dass Kinder und Jugendliche schon frühzeitig ein Interesse an Energieeinsparung, alternativen Kraftquellen und energietechnischen Innovationen entwickeln“, so Detmer weiter. Praxispartnerschaft VNG und BIP Für die Umsetzung des Energieprojektes hat sich die Wissensfabrik Wirtschaftsunternehmen als Partner gesucht – und mit der VNG-Gruppe auch einen gefunden,

der sich sogar inhaltlich mit eigenen Ideen eingebracht hat. „Wir waren von den Projektideen der Wissensfabrik sofort begeistert, wollten aber das Energiethema noch stärker forcieren. Deshalb haben wir gemeinsam die Idee für Power4School weiterentwickelt“, erzählt Mandy Baum. Sie betreut im Unternehmen unter anderem die CSR-Projekte. „Für uns ist die ZuMitmachen lohnt sich! ∙  Das Projekt führt Schüler über das aktuelle Thema Energie an Naturwissenschaften und Technik heran und begeistert sie dafür. ∙  Modellkonstruktionen veranschaulichen die Energieerzeugung und Funktionsweisen und machen das Thema begreifbar. ∙  Schulen kooperieren mit Firmen ∙  Schüler erhalten praktische Ein­ blicke in die Unternehmen. ∙  T heorie und Praxis werden eng miteinander verzahnt. 29


Wissen

Energie macht Schule.

Wissensfabrik – Unternehmen für Deutschland e.V. … … ist eine Initiative von Wirtschaftsunternehmen und Stiftungen, die Bildung und Unternehmertum in Deutschland fördert. Die Wissensfabrik versteht sich als bundesweites Netzwerk und zählt mehr als 100 Mitglieder aller Branchen und Größen. In rund 2.400 Bildungspartnerschaften engagiert sich die Wissensfabrik für Wissenstransfer und Kompetenzentwicklung in Naturwissenschaften, Technik, ökonomischer Bildung und Unternehmertum. Einen Schwerpunkt bilden Projekte für Kindergärten und Grundschulen. www.wissensfabrik-deutschland.de

sammenarbeit mit Schulen ein wichtiger Baustein, um Kinder und Jugendliche frühzeitig für die MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik und speziell für die Themen Energie und Erdgas zu begeistern. Natürlich wollen wir damit auch unser Know-how als Erdgasspezialist an die Spezialisten der Zukunft weitergeben und unsere Leidenschaft für den Energieträger Erdgas teilen.“ Das BIP Kreativgymnasium in Leipzig sei auf jeden Fall die ideale Partnerschule, so Baum. Hier werden Schüler nach einem intensiven und ganzheitlichen Konzept 30

„Wir wollen unser Know-how als Erdgasspezialist an die Spezialisten der Zukunft weitergeben.“ gefördert. In fachübergreifenden Unterrichtsstunden, die außerhalb des sächsischen Lehrplans laufen, beschäftigen sie sich mit musikalischem Gestalten, darstellendem Spiel oder eben mit Forschen und Entdecken. „Im Rahmen unseres mathematisch-naturwissenschaftlichen Symposiums thematisieren wir ein halbes Jahr lang die Erdgas- und Energiewirtschaft aus verschiedenen Blickwin-

keln“, erklärt Angelika Boblenz. Es gehe dabei unter anderem um die Exploration und Produktion von Erdöl und Erdgas, um Gastransport, Gasspeicherung und Erdgashandel, aber auch um alternative Energiequellen der Zukunft. „Mit VNG haben wir einen Experten an unserer Seite, der unseren Schülern einen umfassenden Einblick in die Erdgaswelt geben kann“, so Boblenz weiter.


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Energie macht Schule. Die Exkursion zur Biogasanlage in Oschatz war deshalb nur ein Bestandteil im Schülerprojekt. Die „Spezialisten der Zukunft“ vom BIP Kreativzentrum waren auch zu Besuch im Heizraum der VNG-Zentrale in Leipzig, wo zwei Blockheizkraftwerke Strom und Wärme produzieren. Auf dem Untergrundgasspeicher Bernburg, der von der VNG Gasspeicher GmbH betrieben wird, haben sie sich die Speicherung von Erdgas in unterirdischen Kavernen angesehen und im DispatchingZentrum der ONTRAS Gastransport GmbH drehte sich alles um den Betrieb und die Steuerung der Gasnetze. Besonderes Interesse hatte bei den Schülern jedoch der VNG-Tradingfloor geweckt. Hier fließen nicht nur rund um die Uhr Informationen über Preise, Kurse und Marktentwicklungen zusammen, sondern hier werden auch „schnelle“ Ein- und Verkäufe für Gas per Mausklick oder Telefon getätigt. Front-Office Leiter Ronny Lange erklärte den Schülern zum Beispiel, was

eine Merit-Order ist, wie man einen Lastgang abdeckt und wie Kauf- und Verkaufsangebote am Spot- und Terminmarkt abgegeben werden. In einem Planspiel wurden die Schüler anschließend selbst zu Energiehändlern, durften Preisprognosen abgeben und Auktionen durchführen. „Die Schüler haben sich vor allem für die Einflussfaktoren bei der Preisbildung interessiert und nachgefragt, wie man den Gasbedarf voraussehen oder das Wetter als Risiko bei der Preisbildung ausschließen kann“, erzählt Lange vom Besuch der Jugendlichen. Erstaunt gewesen seien die Schüler auch von der Vielschichtigkeit der Arbeit, insbesondere dass ein Energiehändler ein breites übergreifendes Fachwissen in Wirtschaft, Informatik, Mathematik und Technik benötigt, gepaart mit einer guten Portion Intuition. „Ich finde es wichtig, dass unsere Schüler nicht nur einen erstklassigen fachlichen Input über die Energiewelt bekommen, sondern von den VNG-Experten

auch persönliche Kompetenzen vermittelt bekommen, die sie für ihr späteres Berufsleben brauchen“, sagt Boblenz. Es gehe im Projekt eben auch darum, den Kindern abseits der Lehrbücher zu zeigen, wie das Arbeitsleben tatsächlich funktioniert und dass sich Lernwille und Leistungsbereitschaft lohnen. „Das haben die VNG-Experten jedes Mal wieder geschafft“, so Boblenz. Schon jetzt freut sich die Physik-, Mathe- und Wirtschaftslehrerin deshalb darauf, wenn ihre Klasse im kommenden Schuljahr wieder ein neues Power4School-Projekt mit VNG startet. Ansprechpartner Mandy Baum | VNG AG Telefon +49 341 443 - 5953 mandy.baum@vng.de Michael Detmer | Wissensfabrik Telefon +49 621 60 - 20798 michael.detmer@wissensfabrikdeutschland.de 31


porträt

t s n u k u a r B e Tschechisch r e t l a l e tt i M m e seit d In Černá Hora – zu deutsch: Schwarzenberg – wird seit mehr als 700 Jahren Bier gebraut. Neben den „klassischen“ Bieren stellt die hiesige Brauerei Lobkovicz auch immer neue Sorten nach unserem heutigen Geschmack her. Erdgas spielt dabei im Brauprozess eine zentrale Rolle.

A

uf der stilisierten Krone des Fir menlogos der Brauerei Lobkovicz in Černá Hora prangt die Jahreszahl 1298. Darauf ist Braumeister Vlastimil Zedek besonders stolz. Sie zeigt sehr eindrucksvoll, für welch lange Bierbrau­t radition die Brauerei und der kleine Ort in Mähren stehen. Durch eine Urkunde aus dem Jahr 1530 ist die dauerhafte Existenz einer festen Braustätte belegt. Klares Wasser aus dem nahen Brunnen, ausgesuchter Hopfen und kräftiges Malz – das sind seit dem Mittelalter die Zutaten, die für ein richtig 32

gutes Bier sorgen. Doch das allein reicht heute natürlich nicht: Neben Tradition und Braukunst zählen auch immer neue Sorten zu den Garanten des Brauereierfolges. Seit 18 Jahren sorgt nun Braumeister Vlastimil Zedek in Černá Hora für eine verlässlich hohe Qualität des einheimischen Bieres. „Wir sehen das Bierbrauen noch als echtes Handwerk an. Da gibt es schon deutliche Unterschiede zu den eher industriellen Unternehmen“, sagt Zedek, der sein Fach in Prag studiert und so ziemlich jede Sorte Pilsner schon ein-

mal gekostet hat. Seit der Privatisierung der bis dahin staatlichen Brauerei am „Schwarzen Berg“, wie Černá Hora auf Deutsch heißt, arbeitet er hier und ist hoch zufrieden mit seiner Aufgabe: Täglich kontrolliert er Sudkessel, Maisch­ becken und Reifetanks, prüft Temperatur, Farbe, Aroma und Geschmack des entstehenden Bieres, das – je nach Sorte –  zwischen 40 und 60 Tagen benötigt, bevor es in Fass oder Flasche zu den Liebhabern ausgeliefert werden kann. Damit ein „kühles Blondes“ Genuss bereiten kann, braucht es zunächst ein-


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Brauerei Das alte Brauereigelände wurde seit 2008 aufwendig und denkmalsgerecht saniert. Rund um den Innenhof gruppieren sich Verwaltung, Sudhaus, Abfüllung und Reifekeller, die alte Mälzerei mit den historischen Kaminen und Dachhauben sowie das Viersternehotel Sladovna. Natürlich dreht sich auch dort alles um das Thema Bier, bis hin zu einem kleinen Braumuseum: So kann man hier in einem Bier-Spa verschiedene Wellness-Anwendungen buchen. Dem Gerstensaft wird ja seit langem eine hautbelebende Wirkung zugesprochen – so gibt es beispielsweise Zusätze im Shampoo. Im Sladovna kann man sogar buchstäblich im Bier baden – anschließend ist freilich eine Dusche angeraten.

mal neben ergänzenden Zutaten auch reichlich Energie. Brauereien haben aufgrund des energieintensiven Brauprozesses einen vergleichsweise hohen Wärme- und Strombedarf. Das gilt auch für die Brauerei Lobkovicz. Für die Erwärmung des Wassers im Sudkessel setzt die Brauerei auf den umweltfreundlichen Energieträger Erdgas. Im Sudkessel kocht der Ansatz aus Hopfen, Malz und Wasser für etwa acht Stunden, damit anschließend in der bei nur wenige Grad über Null ablaufenden Fermentation und Gärung alles richtig in Gang kommt und

Stammwürze beziehungsweise Alkohol entstehen kann. „Wir nutzen seit einigen Jahren für den Sudprozess Erdgas, weil das ein sehr sauberer und auch flexibler Energieträger ist, der optimal für unseren Bedarf passt“, berichtet Braumeister Zedek. Die vom Untergeschoss bis in die erste Etage reichenden Kessel aus Edelstahl werden mehrmals am Tag frisch mit 1.200 Hektoliter gefüllt und dann immer wieder erneut aufgeheizt. Natürlich überwachen auch Sensoren und Computer die Abläufe, denn der Braumeister kann nicht ständig hier

sein. „Doch letztlich entscheide ich, ob der Ansatz von hier aus in die nächste Stufe der Brauerei geht oder ob ich eingreife“, versichert Zedek. Bier aus Černá Hora ist nicht gleich Bier: In den letzten Jahren hat die Brauerei immer neue Geschmacksrichtungen getestet und auf den Markt gebracht. Zwölf verschiedene Geschmacksrichtungen gibt es inzwischen unter dem Label, wobei Pilsner und Lager aber noch immer mengenmäßig die Hauptrolle spielen. Besonders stolz ist Vlastimil Zedek auf sein Honigbier. „Im 33


porträt

lik Tschechische Repub

Bierkonsum

145 l pro Kopf

Österreich 107 l pro

Kopf

Deutschland 100 l

pro Kopf

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1. Braumeister Zedek bei der täglichen „Bierkontrolle“. 2. Č erná Hora – auch Schwarzenberg genannt – liegt rund 30 Kilometer östlich von Brünn. 3. In den riesigen Edelstahlkesseln „reift“ das Bier heran. 4. Erdgas ist der saubere und flexible Energie­ träger, der optimal zum Bedarf der Brauerei passt. Im Bild: Brauerei-Marketingmanager Libor Navratil (links) und Petr Koníček von der VNG Energie Czech.

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Fermenter kommen bis zu 95 Kilo Honig in einen Bottich Maische, das ist alles Natur und natürlich besonders hochwertig“, erzählt der Braumeister. Draußen auf dem Hof steht auch gleich der Beweis: Adam und Eva, in Bronze gegossen, weisen mit einem goldenen Apfel darauf hin, dass mitten im Brauhof das Paradies zu finden sei – natürlich nur für Biertrinker. Daneben wartet ein Oldtimer-LKW auf seinen nächsten Einsatz bei einem Volksfest. In Tschechien ist Bier noch immer das unumstrittene Kultgetränk, der Pro-Kopf-Verbrauch liegt mit 145 Liter pro Jahr mehr als ein Drittel höher als in Deutschland. Und in vielen Restaurants ist der Gerstensaft kaum teurer als (umgerechnet) ein Euro. Da können Cola und Co. nicht mithalten. Zedek, dem der sprichwörtliche tschechische Humor ins Gesicht geschrieben steht, zapft sich an einem der Reifetanks ein Schlückchen Bier und probiert es genussvoll: „Eigentlich ist mein Bier ja viel, viel mehr wert“, sagt er lachend.

Libor Navratil ist beim Preis schon ernster, immerhin ist er verantwortlich für das Marketing – nicht nur in Černá Hora, sondern gleich für die gesamte Gruppe der sieben Brauhäuser, die sich zur Pivovary Lobkovicz zusammengeschlossen haben. „Wir sind zusammen sehr stark und gehören zur viertgrößten Braugruppe in Tschechien“, sagt der Manager. Hier in Černá Hora habe man in den letzten Jahren sehr viel in die Gebäude und die Technik investiert, die Geschäfte laufen gut, vor allem mit Kunden im Gaststättenbereich. Dorthin werden inzwischen rund 80 Prozent als Fassware geliefert, aber man strebe jetzt an, besonders die oberen Segmente und die Erlebnisgastronomie stärker zu erreichen. „Wir haben schon einige gute Vorzeigeobjekte in bester Lage, etwa in Prag, direkt an der Karlsbrücke“, sagt Navratil. Damit wolle man die Lobkovicz-Biere mittelfristig als Premiummarke stärken, was letztlich auch einen positiven Effekt für das


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Exportgeschäft haben würde. Denn hier stehe man bislang „nur“ auf Rang fünf –  und damit weit hinter dem tschechischen Exportschlager Budweiser. „Wir können die Kunden sicher auch im Ausland noch mehr mit unserer Qualität überzeugen, schließlich verwenden wir nur mährischen Hopfen und Malz von uns bekannten Produzenten, und wir setzen garantiert keine Enzyme ein“, versichert der Braumeister. Mittlerweile gehen Flaschen und Fässer schon in zahlreiche, zum Teil auch exotische Länder wie etwa Kasachstan und China. Deutschland allerdings ist für die Lobkovitcz-Biere ein noch eher unentdeckter Markt. Das kann sich freilich schnell ändern. Qualität ist die eine Botschaft, Vielfalt die andere, die in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnt. Und hier können offenbar kleinere Braustätten, noch dazu, wenn sie im Verbund arbeiten, gegenüber den großen industriellen Häusern punkten. Ein aktuelles Beispiel: In Tschechien sind

derzeit Restaurants angesagt, die alle vierzehn Tage ihr Biersortiment neu mischen und unter einem besonderen Motto anbieten. Dafür werden in der Brauerei in Černá Hora zusätzlich zu den immerhin schon zwölf Standard-Bieren kurzzeitig weitere Sorten gebraut – oft nur in kleinen Chargen. Hinzu kommen noch zwei Bier-Erfrischungsgetränke mit Limonade, denen ebenso Hopfen zugesetzt wird. Ist also das typisch tschechische Bier heute schon auf dem Rückzug? „Nein, das natürlich nicht“, wehrt Libor Navratil ab. Man habe ja die Klassiker im Programm und die seien nach wie vor besonders beliebt. „Nehmen wir nur mal unser Lagerbier Tas. Es ist nach einem der Boskovitz-Brüder benannt, die hier im 16. Jahrhundert die Braurechte hatten. Wenn Sie das kosten, dann haben sie den Geschmack, den es hier seit Jahrhunderten gibt!“

Černá Hora Černá Hora – Schwarzenberg – ist ein beschauliches Städtchen im Kreis Blansko, rund 30 Kilometer östlich von Brünn. Überragt werden die Häuser von der alten Burg, deren Anfänge mindestens bis ins 11. Jahrhundert zurückreichen. Das Adelsgeschlecht von Boskowice/Boskowitz, eines der bedeutenden Stammhäuser der mährischen Führungsschicht, baute die Burg bis 1561 zum Schloss um. Ein Rundturm diente als Gefängnis. Nach 1597 wechselten die Besitzer mehrfach. Ab 1860 baute August Graf von Fries das Schloss erneut um, so wie es heute zu sehen ist. 35


Hauptstadtgespräch

„Ich traue den Unter­ nehmen in der Energie­ wirtschaft einiges mehr zu.“ Hermann Winkler ist ein „Ur-Sachse“ und vertritt den Freistaat seit 2009 als Europaabgeordneter in Brüssel. Was er sich für die Europawahl und die nachfolgende Amtsperiode vorgenommen hat, wie man mehr Sachsen für Europa durchsetzen kann und was er über die EU-Energiestrategie denkt, erzählt er im Hauptstadtgespräch.

Herr Winkler, Sie sind ein Verfechter des europäischen Gedankens. Warum? Der Grund, den ich gerade in der jetzigen Zeit immer als erstes nenne: Europa ist ein Friedensprojekt. Bis vor kurzem haben da viele die Stirn gerunzelt, weil sie die Situa­ tion in Europa als gottgegeben betrachtet haben – vor allem die junge Generation. Aber Lemberg ist näher an Sachsen als Rom. Das zeigt uns, wie wichtig es ist, an dem Friedensprojekt zu arbeiten, denn es ist auch die Grundlage für den Binnenmarkt, den wir anstreben. Bei aller Kritik an den europäischen Institutionen und dem System, möchte ich an der Europäischen Union unbedingt festhalten, weil sie unsere Zukunft ist.

„ Bei aller Kritik an den europäischen Institutionen und dem System, möchte ich an der Europäischen Union unbedingt festhalten, weil sie unsere Zukunft ist.“ 36

Ende Mai stehen die Europawahlen an. Was haben Sie sich als Spitzenkandidat der Sächsischen Union dafür auf die Fahne geschrieben? Die Europäische Union muss sich nicht um alles kümmern, was in Europa passiert. Wir müssen weder den Salzgehalt im Brot noch die Tischordnung in Restaurants mit Ölkännchen regeln – das können Kommunen oder Nationalstaaten wesentlich besser. Europapolitik sollte sich vielmehr auf Schwerpunkte konzentrieren. Aus meiner Sicht sind das folgende: Erstens muss Europa eine einheitliche und gemeinsame Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik bekommen. Zweitens müssen wir für Geld- und Währungsstabilität sorgen – hier haben wir die aktuellen Staatsschuldenkrise in vielen Ländern zu bewältigen. Drittens gilt es, den europäischen Binnenmarkt zu festigen – dazu gehört natürlich auch der Energie-Binnenmarkt. Viertens müssen wir die Fragen der Zuwanderung und Asylpolitik regeln. Wenn wir diese Schwerpunkte setzen, haben wir genug

zu tun und können gleichzeitig, wenn wir erfolgreich sind, die Akzeptanz der Europäischen Institutionen steigern. Im CDU-Programm für die Europawahl steht unter anderem, dass ihre Partei in der EU für eine Energiewende nach deutschem Vorbild werben will. Wie soll das aussehen? Dazu muss ich sagen, dass ich hier uneins mit meiner Partei bin. Ich bedauere es sehr, dass Deutschland in dieser wichtigen Frage einen Alleingang angetreten hat. Energiepolitik ist ein Europa-Thema, das länder­übergreifend gehandhabt werden muss. Die großen Überschriften „Versorgungssicherheit“, „Umweltverträglichkeit“ und „Preisstabilität“ betreffen uns alle in Europa. Daraus folgt, dass wir Energie so effizient wie möglich gewinnen müssen: Solarenergie in Regionen, in denen die meisten Sonnenstunden sind, Windenergie am besten Offshore, dort wo der meiste Wind weht. Dann bringen wir über ein transeuropäisches Netz den Strom zu den


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Frank Holzmüller, Leiter Energiepolitik bei der VNG AG (links) und Hermann Winkler im Gespräch.

Abnehmern. So sollte es aussehen. Doch ein solches Konzept kann nur in enger Abstimmung mit den Nachbarn gelingen.

„Energiepolitik ist ein Europa-Thema, das länder­ übergreifend gehandhabt werden muss.“ Insofern waren wir als deutsche Europaabgeordnete durch die Energiewende sehr gebeutelt. Jetzt versuchen wir zu retten, was zu retten ist, indem wir das europäische Konzept mit dem deutschen irgendwie verbinden. Seit kurzem werden die EU-Vorschläge für die neuen Energie- und Klimaziele diskutiert. Geplant sind eine verbindliche CO2-Reduktion von 40 Prozent und ein Erneuerbarer-Anteil von 27 Prozent. Für wie realistisch halten Sie die neuen Ziele? Mir gefällt diese ganze Debatte nicht, weil ich auch immer planwirtschaftliche

Ansätze darin sehe. Diese bindenden Ziele für ganz Europa festzuschreiben, führt zu falschen Anreizen. Es wird dann versucht, diese Ziele unbedingt zu erreichen, ohne darauf zu achten, welche Kosten für den Einzelnen entstehen. Besser ist ein anderer Weg: Zu schauen, wie innovativ ist ein Produkt und wie kann ich die Preise so gestalten, dass der Kunde dieses Produkt abnimmt. Da traue ich den Unternehmen in der Energiewirtschaft einiges mehr zu, als denjenigen, die von oben herab Reduktionsziele ausgeben. Ich komme aus einem System, in dem die Planwirtschaft schon einmal versagt hat, das möchte ich nie wieder erleben. Viele umweltfreundliche und hocheffiziente Gaskraftwerke lassen sich derzeit nicht wirtschaftlich betreiben. Kann die Verteuerung der CO2-Zertifikate durch das nun beschlossenen Backloading diesen Zustand verbessern? Im Europäischen Parlament habe ich gegen das Backloading gestimmt. Ich halte das für eine Maßnahme, die

lediglich kurzfristige Linderung bringt. Außerdem zerstören solche Eingriffe das Vertrauen in den Markt. Ich halte den Emissionshandel grundsätzlich für ein gutes Instrument. Aber wir brauchen keine künstlichen Angebotseingriffe, sondern eine grundlegende Reform, damit umweltfreundliche Kraftwerke wieder wirtschaftlich arbeiten können. Welche Ideen hat die Sächsische Union, um die Energiewende in Sachsen erfolgreich zu gestalten? Welche Rolle spielen Kohle und Erdgas dabei? Für die sächsische Union kann ich nicht sprechen, da müssen sie andere fragen. Vielleicht aber soviel: Zu den einheimischen Energieträgern gehört die Kohle dazu, aber ich darf nicht nur mit den Scheuklappen „Kohle“ durchs Land laufen. Ich habe im Jahr der Landtagswahl politisch dafür zwar Verständnis, aber Energiepolitik mit europäischem Ausblick muss offener sein. Es ist richtig, auf einen Energie-Mix zu setzen – und darin muss Erdgas eine zentrale Rolle spielen. 37


Hauptstadtgespräch

Sie haben seit vielen Jahren ein Motto für Ihre Arbeit in Brüssel: „Mehr Sachsen in Europa“. Wie stellt man das ganz praktisch an, den Freistaat und seine Belange stärker hervorzuheben? Ich verstehe mich in Europa im positiven Sinne als Lobbyist für Sachsen und die Menschen der Region. Wir haben eine Menge Know-how und Lebensgefühl einzubringen, damit können wir zu einer Vielfalt beitragen, die wir in Europa brauchen. Bei meiner täglichen Arbeit ist es oft schwierig, den Spagat zwischen Brüssel, Straßburg und dem Freistaat zu schaffen. Daher versuche ich durch Bürgerbüros, durch Unternehmensbesuche, Veranstaltungen und direkte Gespräche, den engen Kontakt zu den Menschen zu behalten. Im Parlament ist es gelungen, uns als ostdeutsche Gruppe zu etablieren, bei der immerhin sieben CDU-Abgeordnete geschlossen abstimmen. Außerdem schmiede ich Bündnisse nach regionalen Schwerpunkten, in die ich Kollegen aus anderen Ländern und Fraktionen einbinde. Hat diese Bündnis-Politik etwas gebracht? Wir haben sehr gute Erfolge erzielt. Sachsen hat seit 1991 circa 15 Milliarden Euro aus den Strukturfonds erhalten. Damit sind wir absoluter Spitzenreiter in ganz Deutschland. Auch in der nächsten Förderperiode, die bis 2020 dauert, werden wir circa 3,6 Milliarden Euro für Investitionen im mittelständischen Bereich bekommen. So bekommen Kommunen Investitionen im Infrastrukturbereich jetzt bis zu 80 Prozent gefördert – die EU-Kommission hatte 50 Prozent vorgesehen. Das Ergebnis haben wir mit allen fünf Sachsen aus allen Fraktionen und mit Unterstützung der Landes- und Bundesregierung erzielt. Darauf können wir stolz sein, das sichert Arbeitsplätze. Jetzt bemühen wir uns, grenzübergreifende Projekte mit Polen 38

Zuwanderung regeln. Sie soll uns helfen, den Fachkräftemangel auf dem heimischen Arbeitsmarkt zu lindern. Aber wir müssen auch schauen, dass wir nicht alle

„Weniger im Detail regeln, dafür mehr grenzübergreifende Probleme angehen.“

Hermann Winkler ist seit 1990 in der Politik aktiv. Der studierte DiplomMaschinenbauingenieur begann seine Laufbahn als Landtagsabgeordneter und Vorstand des CDU-Stadtverbandes in seiner Heimatstadt Grimma, in der er 1963 geboren wurde. Von 2001–2004 war Winkler Generalsekretär der Sächsischen Union, danach bis 2007 Staatsminister und Chef der Sächsischen Staatskanzlei. Seit 2009 ist er Mitglied des Europäischen Parlaments, seit zwei Jahren Sprecher der ostdeutschen CDUAbgeordneten. Hermann Winkler ist verheiratet und hat zwei Kinder. und Tschechien anzuschieben. Wenn uns das gelingt, hilft das den direkten nachbarschaftlichen Beziehungen und es erhöht in Sachsen die Akzeptanz für Europa. Welche Aufgaben wollen Sie nach der Wiederwahl in Brüssel ganz konkret angehen? Mein grundsätzlicher Ansatz: Weniger im Detail regeln, dafür mehr grenzübergreifende Probleme angehen. Konkret will ich die Schwerpunkte setzen, die ich bereits aufgezeigt habe. Ich möchte, dass wir die

guten Köpfe aus anderen europäischen Ländern weglocken, sonst haben wir noch mehr Probleme mit der Unterstützung diese Länder. Bei der großen Frage der Geld- und Währungsstabilität will ich meinen Beitrag dazu leisten, dass wir den Euro stabilisieren. Ich bin überzeugt, dass unsere Einheitswährung ein Vorteil für die sächsische und deutsche Wirtschaft ist. Und wir müssen in Zukunft die Gelder noch intelligenter einsetzen. Mir schwebt eine noch bessere Verknüpfung von Mitteln aus den Strukturfonds und der Forschung vor. Dann können wir Innovationen, etwa in der Energiebranche, zielgerichtet unterstützen und auf diesem Weg bessere Klimawerte erreichen. Was hat sich der Privatmann Hermann Winkler vorgenommen? Welche Ziele haben Sie in diesem Jahr außerhalb der Politik ins Auge gefasst? Da bin ich eher bescheiden, da sich der „Privatmann“ doch sehr auf den Sonnabend und Sonntag beschränkt. Allerdings ist Belgien nicht zu unrecht für das gute kulinarische Angebot bekannt. Daher muss ich unbedingt mal drei Kilo abnehmen. Ich spiele jeden Sonntag zwei Stunden Tennis, aber wir sitzen dummerweise danach immer noch bei einem Bier zusammen. Also mein Ziel: Mindestens ein Weizen weniger nach dem Sport, damit endlich die Pfunde purzeln.


Stadt. Land. Stadt

Bundesland

Fluss

Energiewende-Trumpf

Energiewende. Warnow

Elbe

Rostock

Th端ringen

Isar

Wittenberg

M端nchen SachsenAnhalt

Bayern

Altenburg

Energiesparer

Elbe KWK

Sachsen

Freiberg

KWK

Erfurt

Elbe Bioerdgas

Energiewende-Punkte

Th端ringen


Grün ist Trumpf! Wenn es um die Energiewende geht, halten wir mit unserem Energieträger Erdgas viele Trümpfe in der Hand. Erdgas ist die zuverlässige, innovative, flexible und umweltfreundliche Energiequelle für den Wärme-, Strom- und Mobilitätsmarkt und der ideale Partner der Erneuerbaren Energien. Wir helfen gerne dabei, mit Erdgas einige der großen Baustellen der Energiewende zu schließen.

www.vng.de


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