Broszinsky-Schwabe|| Interkulturelle Kommunikation

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Verbale Kommunikation

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und Weise des Umgangs miteinander). In Verhandlungen oder auf Konferenzen erscheinen diese Unterschiede in den Mustern als „an einander vorbei reden“ oder Unverständnis. In interkulturellen Begegnungen gibt es noch eine weitere Art zu denken, die beachtet werden muss: das magische Denken. In vielen Kulturen gehen Menschen davon aus, dass ihr Schicksal von unsichtbaren Kräften bestimmt wird. Sie haben Zeremonien entwickelt, um diese Kräfte für sich zu gewinnen, damit sie das Geschick zum Guten wenden mögen. Bereits vor langer Zeit entstand der Glaube an Zauberer, Hexen und Geister, die dem Menschen schaden können, wenn man sie nicht durch Opfergaben gnädig stimmt. Der „Beruf“ des Zauberers existiert in verschiedenen Teilen der Welt. Er bietet seine Dienste zur Vermittlung an. In Afrika ist der Glaube an Hexen weit verbreitet, die entweder boshaft sind oder im guten Sinne als Heilerinnen helfen. Der in Haiti verbreitete Voudou-Kult enthält Praktiken, um eigene Wünsche zu verwirklichen (Liebeszauber, Feinden schaden). Zauberer und Schamanen (Asien, Indianervölker) gelten als Personen, die mit den unsichtbaren Kräften in Verbindung stehen und daher über besondere Kräfte verfügen. Die andere Seite ist die Form des Aberglaubens, indem man durch Beschwörungen, Vermeidungstaktiken und Rituale das Böse abzuwenden versucht. Aberglaube ist in vielen Kulturen anzutreffen, auch in Europa, z. B. die Furcht vor dem „Bösen Blick“ in Italien, abergläubische Alltagspraktiken in Frankreich (nicht stolpern, nicht unter der Leiter durchgehen etc.), die Gebiete der Feen in Island bei Bauvorhaben berücksichtigen etc. Die Annahme, dass es Zahlen gibt, die Unheil bringen, nden wir vielerorts. Auch der Glaube an die Vorhersage von astrologischen Horoskopen ist weit verbreitet (z. B. Asien). In interkulturellen Begegnungen muss man unbedingt landesübliche Vorstellungen im Zusammenhang mit unsichtbaren Kräften tolerieren ! Nach den Denkmustern wollen wir im Weiteren inhaltliche Unterschiede betrachten, die in der verbalen und nonverbalen Kommunikation auftreten. Wenn wir den Prozess der Verständigung in einer interkulturellen Situation betrachten, so gibt es drei Bereiche, die ineinander greifen: Verbale Kommunikation Nonverbale Kommunikation Verhaltensmuster in der Interaktion. Auf allen drei Ebenen gibt es die Möglichkeit, dass sich die Partner aus unterschiedlichen Kulturen nicht verstehen oder missverstehen.

4.3 Verbale Kommunikation Die Bedeutung der Sprache Keine menschliche Gemeinschaft kann ohne Sprache existieren. Sie ist Grundlage des Denkens, der Verständigung und Selbstre exion. Die Sprache einer Kultur


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