HolzAnsichten
Der Matscher
Herrgottschnitzer Das Schnitzen ist seine die Lieblingsbeschäftigung. Seit Jahrzehnten nimmt der „Zangerle Hans“ fast jeden Tag sein kleines Messer in die Hand und formt in seiner unbekümmerten, einfachen Art Christus- und Heiligenfiguren. Die Kunst des zurückgezogenen Autodidakten findet ihre Liebhaber. Text und Foto: Magdalena Dietl Sapleza
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ie Herrgott-Figuren vom „Zangerle Hans“ sind in ihrer unbekümmerten Einfachheit unverkennbar und einzigartig. Typisch an den kleinen Kunstwerken sind die angeleimten Arme und die ans Kreuz genagelten Füße mit den vier Zehen. „Vier Zeachn gean leichtr z`mochn“, erklärt er. Auch die Nägel, mit denen die Füße und Hände der Christusfiguren befestigt werden, formt er erst seit kurzem aus Holz. „Weil’s di Leit asou welln, mit an Stoolnogl wars oanfochr“, betont er. Herrgott-Figuren schnitzt er mit Vorliebe. Drei bis vier Tage arbeitet er an einer Figur samt Kreuz. Er verwendet das Holz der weichen Zirbelkiefer und hält ständig Ausschau nach vom Blitz geschädigten Bäumen. Hie und da bringen ihm Förster Holzstücke vorbei. Unzählige „Gekreuzigte“ in unterschiedlichen Größen, aus frischem Holz oder verwittert und teilweise bemalt, stapeln sich in seiner kleinen Werkstatt im „Varfur-Hof“ in Matsch. Viele Stücke befinden sich im „Ziegenstall“,
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den er selbst gezimmert hat. Überall auf dem Hofgelände verteilt stehen kleine Holzhäuschen mit Figuren „ Deis sain Engl, di Muatr Gottes, dr heilige Josef unt ondre Heilige“, beschreibt er. „Jesukindlan moch i nit gearn“, fügt er hinzu. Hans schnitzt die „Jesukindlan“ nur ausnahmsweise auf Bestellung, genauso wie Christus -Figuren für Wegkreuze. Die Menge der gehorteten Figuren macht ihm große Sorge. Er möchte alle seine kleinen Kunstwerke gegen eine freiwillige Spende abgeben, bevor sie verwittert ausschauen. Immer wieder drängt er seine Nichte Annemarie, Figuren mit ins Tal zu nehmen und sie dort an den Mann zu bringen. Mit dem Schnitzen hatte der „Zangerle Hans“ schon als kleiner Bub in Schluderns begonnen, wo er aufgewachsen ist und viele Jahre seines Lebens verbracht hat. Zuerst lebte er dort mit seiner Mutter und nach deren Heirat mit einem Mann aus Matsch bei seinen zwei Onkels. Einer war Hirte und der andere
Waaler. Sie schenkten ihm einmal ein kleines Taschenmesser. Wenn Hans seine Onkels beim Hüten in den Auen, beziehungsweise bei den Kontrollgängen auf den Waal-Wegen oder beim „Wasserbiatn“ begleitete, schnitt er sich Äste ab. Immer wenn er Zeit hatte, schnitzte er und hing Träumen nach. Er hätte gerne eine Schnitzschule besucht. Doch das blieb ihm verwehrt. „I bin a ledigs Kind gweesn unt honn aa nia guat redn kennt“, betont er. Mittlerweile lebt er bei seiner Stiefschwester Alberta in Matsch. Er hilft auf dem Hof mit und schnitzt in jeder freien Minute, auch auf dem „Tartscher Leger“, wo er sich im Sommer oft aufhält, wo er Zäune flickt und Vieh hütet.“ Hans liebt Kunstbücher, in denen er mit Interesse vor allem die geschnitzten Heiligenbilder studiert. Die Heiligen in der Kirche schaut er sich nicht mehr an. Er verfolgt die hl. Messen nur noch im Radio und rechtfertigt sich: „I beet jo jeds Mol, wenn i an Heargott schnitz.“