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Ersatzneubau der Mainbrücke Mainflingen

Entwurf und BIM-Planung Ersatzneubau der Mainbrücke Mainflingen

von Bernd Endres, Rolf Jung, Tobias Mansperger

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Für den Ersatzneubau der Mainbrücke Mainflingen ging aus dem Wettbewerb eine Zügelgurtkonstruktion als Siegerentwurf hervor. Dieser Entwurf wird sowohl den höchsten gestalterischen Ansprüchen als auch allen technischen Herausforderungen der Konstruktion, der bauzeitlichen Verkehrsführung, der Herstellung des Neubaus und des Abbruchs der Bestandsbrücke gerecht. Die Entwurfsplanung erfolgte mit der BIM-Methodik und dem offenen Austauschstandard IFC.

1 Notwendigkeit der Maßnahme Die Bundesautobahn (BAB) 45, häufig auch als Sauerlandlinie bezeichnet, führt, beginnend an der BAB 2, von Dortmund nach Aschaffenburg und endet dort an der BAB 3. Die gesamte BAB 45 ist Teil der Europastraße 41. Auf eine Länge von 257 km verläuft sie durch NordrheinWestfalen, Hessen und Bayern. Im nur etwa 13 km langen bayerischen Abschnitt liegt die Mainbrücke Mainflingen. Das bestehende Bauwerk wurde 1978 durch die Ed. Züblin AG geplant und errichtet. Es besitzt je Fahrtrichtung einen Brückenzug aus zwei Teilbauwerken. Die Überbauten der dreifeldrigen Strombrücken haben einen begehbaren, einzelligen Hohlkasten, dessen Stützweiten

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Lage der Mainbrücke Mainflingen im Autobahnnetz Unterfrankens © Autobahndirektion Nordbayern

73,50 m, 132,00 m, 73,50 m messen, mit einer variablen Konstruktionshöhe von 3,08 m an den Überbauenden und 4,88 m in der Mitte des Stromfeldes. Die Überbauten der vierfeldrigen Vorlandbrücken weisen einen begehbaren, einzelligen Hohlkasten – die Stützweiten sind hier 42,09 m, 42,09 m, 42,09 m und 43,57 m – mit einer konstanten Bauhöhe von 3,00 m auf. Die Überbauten sind intern längs und quer vorgespannt (Spanngliedtyp Züblin ZS 120 (längs) bzw. Züblin ZS 60 (quer), Spannstahlsorte Neptunstahl N120, St 135/150, vergütet, rechteckig gerippt. Die Strombrücken wurden im Taktschiebeverfahren jeweils hälftig von beiden Seiten mit Kopplung in Feldmitte des Stromfeldes hergestellt. Für den Einschub wurden Hilfspylone verwendet. Die Errichtung der Vorlandbrücke erfolgte ebenfalls im Taktschiebeverfahren. In den Widerlager- und Pfeilerachsen weisen die Überbauten Querträger auf. Die Brückenpfeiler der Strombrücke sind als 3,95 m dicke Rundpfeiler ausgebildet. Die Trennpfeiler und die Pfeiler der Vorlandbrücken sind mit ovalen Querschnitten mit Breiten von 1,40 m (Vorland) bzw. 2,10 m (Trennpfeiler) und Dicken von 2,70 m (Vorland) bzw. 4,60 m (Trennpfeiler) ausgeführt worden. Sie sind für die Pfeilerpaare je Achse und Überbau flach gegründet. Die Abmessungen der Fundamente betragen zwischen 7,00 m und

15,20 m (in Brückenlängsrichtung) bzw. 14,00 m und 16,20 m (in Brückenquerrichtung). An den Strompfeilern befinden sich im Baugrund verbliebene Spundwandkästen um die Fundamente. Die kastenförmigen Widerlager sind ebenfalls flach gegründet. Der Lagerfestpunkte sowohl der Vorland- als auch der Strombrücken wurden auf den Trennpfeilern in Achse 50–60 angeordnet. Das erst 1978 fertiggestellte Bestands bauwerk weist erhebliche Schäden auf, weshalb es mit der Zustandsnote 3,3 bewertet ist. Obwohl das Bauwerk ursprünglich für sechs Fahrstreifen konzipiert war, kann gemäß den Ergebnissen der Nachrechnung weder das angestrebte Ziellastniveau LM 1 noch die Brückenklasse 60 nachgewiesen werden. Die rechnerischen Defizite, insbesondere hinsichtlich Biegung mit Längskraft, Schub und Ermüdungsfestigkeit, korrelieren mit den am Bauwerk vorhandenen Schäden. Vor allem die ausgeprägten Rissbilder in den Stegen, der Bodenplatte und den Kragarmen bestätigen die erheblichen Überschreitungen bei den Tragfähigkeitsnachweisen. Als Kompensationsmaßnahmen sind bis zur Erneuerung der Brücke Spurführung, Lkw-Überholverbot und -Abstandsgebot, die Sperrung für genehmigungspflichti gen Schwerverkehr sowie halbjährliche Sonderprüfungen und Verformungsmessungen erforderlich. Eine Ertüchtigung der Mainbrücke scheidet aufgrund der gravierenden statischen Defizite aus, weshalb sie durch einen Neubau ersetzt werden muss. Da auf dem Bestandsbauwerk wegen der statischen Defizite keine 4+0-Verkehrsführung eingerichtet werden kann, muss der Ersatzneubau in Seitenlage mit anschließendem Querverschub erfolgen. 2 Wettbewerb 2.1 Aufgabenstellung Ziel war es, eine gestalterisch anspruchsvolle und in technischer wie wirtschaftlicher Hinsicht optimale Lösung für das neue Bauwerk zu entwickeln. Ein besonderes Augenmerk galt der Einbindung der Brücke in die Flusslandschaft des Mains.

2.2 Durchführung Zur Festlegung des Entwurfskonzepts sollte eine Bauwerksskizze angefertigt und die Hauptabmessungen des Bauwerkes angegeben werden. Ferner waren den Planunterlagen Visualisierungen aus verschiedenen Perspektiven beizugeben. Wesentlicher Bestandteil der Wettbe werbsunterlagen waren darüber hinaus das Bau- sowie das Abbruchkonzept des Bestandsbauwerks unter Beachtung der gegebenen Randbedingungen. Bauund Abbruchkonzept waren anhand von Bauphasenplänen darzulegen und zu beschreiben. Neben einer Kostenschätzung auf Basis von Erfahrungswerten waren zudem die wesentlichen Abmessungen des Bauwerkes anhand von Näherungsberechnungen festzulegen.

2.3 Siegerentwurf Die BAB 45 trifft zwischen Mainflingen und Kleinostheim nicht nur auf den Main mit seiner schutzwürdigen Flusslandschaft, sondern auch auf die Landesgrenze zwischen Bayern und Hessen. Inspiriert von den Hügeln des Mainvorlandes, wird mit einem obenliegenden Zügelgurttragwerk zum einen dem Fahrer die bedeutsame Querung erfahrbar gemacht, zum anderen in den Naturraum ein den Momentenlinien organisch folgendes Ingenieurbauwerk eingebracht. Das Zügelgurttragwerk eignet sich durch seine begrenzte Höhe, da es, den Naturkontext respektierend, mit seinen Pylonen unterhalb der umgebenden Baumgruppen der Flusslandschaft bleibt, wodurch sich aus jeder Perspektive ein spannungsreiches Spiel aus Ingenieurtragwerk und Natur ergibt. Es bildet für entlang dem Flusslauf ziehende Vögel eine sichtbare Querung und lenkt diese so von dem Verkehrsraum ab.

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Visualisierung: Wettbewerbsentwurf mit Blick vom Mainradweg © Leonhardt, Andrä und Partner AG/gmp Architekten

Die Zügelgurtkonstruktion erlaubt eine schlanke Mittelspannweite von 135,00 m oberhalb des Mains mit zwei gleichen Seitenfeldern mit Spannweiten von jeweils 62,50 m. Die Schlankheit in der Mitte des Stromfeldes beträgt ca. L/45. Durch die Verschiebung der Pfeilerstandorte gegenüber dem Bestand ergibt sich eine symmetrische Situation entlang der Mainachse. Der Mainradweg kann nun ohne Sichtunterbrechung auf die Flusslandschaft entlang dem Ufer geführt werden. Nahtlos geht das Bauwerk in den bewusst schlicht gehaltenen Vorlandbereich mit konstanter Bauhöhe über. Die schlanke Stahlverbundkonstruktion besteht aus einem Gitterrost von außenliegenden Längsträgern mit unterhalb der Stahlbetonfahrbahnplatte zwischengelagerten Querträgern. Dies ermöglicht eine geringe Bauhöhe unterhalb der Fahrbahn, was den Lichtraum unter der Brücke maximiert und gegenüber der niedrigen Lage des Bestandsbauwerks eine deutliche Aufwertung schafft. In gleitendem Übergang verbindet sich die Konstruktion mit dem bewusst schlicht gehaltenen Vorlandbereich konstanter Bauhöhe aus Spannbeton. Die reduzie renden Unterbauten folgen demselben Gedanken und fügen sich mit minimalen Abmessungen sensibel in das Landschaftsbild ein. Alle Pfeiler werden als massive Vollquerschnitte ausgeführt. Die helle metallische Beschichtung des Bauwerks spiegelt durch die gebroche nen Ansichtsflächen facettenartig die Farben des umgebenden Naturraumes und des Wassers wider – im obenliegenden Tragwerk die Farbe des Himmels. Für die Vorlandbrücke wurde ein zweistegiger Plattenbalken in Spannbetonbauweise als Durchlaufträger mit Stützweiten von 40,00 m und 3 x 50,00 m gewählt. Die Herstellung erfolgt auf Traggerüst mit interner Vorspannung. Die Querschnittshöhe beträgt konstant 2,30 m mit einer Schlankheit von L/21,70.

3 Bauwerksentwurf 3.1 Bodenverhältnisse und Gründungen Für den geotechnischen Bericht wurden im Jahr 2018 insgesamt 55 Kernbohrungen bis in Tiefen zwischen 15 m und 78 m unter die derzeitige Geländeoberfläche niedergebracht. Zudem wurden 26 Drucksondierungen, acht Menardversuche bzw. Pressiometrie (PMT) und Grundwassermessungen vorgenommen. Oberflächlich wurden quartäre Hochflutlehme und die quartäre Mainterrasse angetroffen. Darunter befinden sich sehr

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Ansicht des Trennpfeilers © Leonhardt, Andrä und Partner AG

setzungsanfällige tertiäre Tone und Sande mit organischen Ablagerungen. Erst in größerer Tiefe von ca. 25–50 m unter der Oberfläche wurden Sande mit besserer Tragfähigkeit angetroffen. Fels in Form von klüftigen Gneisgesteinen steht ab einer Tiefe von ca. 60–75 m an. Für die Widerlager sind Flachgründungen vorgesehen, für die Pfeiler der Vorlandund Strombrücken sind Tiefgründungen zur Reduzierung der Setzungen insbeson dere beim Querverschub erforderlich.

3.2 Unterbauten Der kontinuierliche Übergang zwischen Straßendamm und Brückenüberbau wird durch die Anordnung von zwei flachgegründeten kastenförmigen Widerlagern gewährleistet. Da an beiden Überbauenden Längsfesthaltungen sind, lässt sich auf Wartungsgänge verzichten. Das Widerlager in Achse 80 hat dennoch seitliche Zugänge über je eine Einstiegstür, durch die die äußeren Längsträger der Strombrücke begangen werden können. Der Zugang in die Innenstege erfolgt durch eine Steigleiter zur Auflagerbank im Bereich des Zwischenraumes beider Überbauten und je eine Einstiegstür. In Verlängerung der Längsträger erhalten die Widerlager in Achse 80 über die Fahrbahn überstehen de Flügel als optische Aufnahme des Strombrückenzuges. Darin befinden sich Kammern, über die die begehbaren Stahlbauteile zugänglich sind. In den Achsen 20–70 liegen die Überbauten auf Massivpfeilern auf. Die Pfeiler sind mit konstantem Querschnitt ausgebildet. Für Lagerwechsel und das Ansetzen von Pressen sind Hilfsstützen erforderlich, die auf geländegleichen Sockeln aufgestellt werden. Im Grundriss weisen die Pfeiler einen achteckigen, polygonalen Querschnitt auf. Die Außenabmessungen der Querschnitte in den Achse 20–40 betragen 1,80 m x 1,80 m in Achse 50 2,00 m x 2,00 m und in den Achsen 60 und 70 1,80 m x 2,10 m.

3.3 Überbau der Vorlandbrücke Die beiden Überbauten der Vorlandbrücke werden als über vier Felder durchlaufende Spannbetonkonstruktionen mit zweistegigem Plattenbalkenquerschnitt ausgeführt. In Längsrichtung werden die Überbauten intern mit nachträglichem Verbund vorgespannt, in Querrichtung sind die Überbauten schlaff bewehrt. Die zweistegigen Spannbetonplattenbalken können auf Traggerüst oder auf Vorschubrüstung hergestellt werden. Bei Einzelstützweiten in Brückenachse von 40,00 m und 3 x 50,00 m ergibt sich eine Gesamtlänge zwischen den Endauflagern von 190,00 m. Die Plattenbalken weisen über die gesamte Brückenlänge eine konstante Querschnittshöhe von 2,30 m auf. Mit der gewählten Konstruktionshöhe ergibt sich ein Schlankheitsverhältnis L/h von 17,40 (Feld 1) bis maximal 21,70 (Felder 2–4). Damit liegt ein robuster Überbau vor, der wirtschaftlich und technisch problemlos herzustellen ist. An der Unterkante haben die horizonta len Plattenbalkenstege der Überbauten eine Breite von 2,60 m, die bis zur Unterkante der Fahrbahnplatte auf eine Breite von 3,30 m aufgeweitet wird. Die gewählte Stegbreite gewährleistet auch an den Koppelfugen eine problemlose Spanngliedführung und einen Pressenansatz neben den Lagern. Das vertikale Maß zwischen Unterkante Steg und Fahrbahnplatte beträgt 1,80 m.

In der Widerlagerachse 10 und der Trennpfeilerachse 50 werden Endquerträger angeordnet. Das Fallrohr der Längsentwässerung wird an der Vorderseite des Widerlagers in Achse 10 in einer Nische seitlich neben den Endquerträgern geführt. Die Vorderkanten der Endquerträger schließen bündig mit der Widerlagervorderkante ab. Die Neigung der Endquerträger in Brückenquerrichtung folgt der Querneigung der Fahrbahnplatte mit 2,50 %.

3.4 Überbau der Strombrücke Die beiden Überbauten der Strombrücke werden als dreifeldriger Durchlaufträger in reiner Stahlbauweise für die Haupttragglieder in Brückenlängsrichtung bzw. Stahlverbundbauweise für die Querträger und Fahrbahnplattenkonstruktion ausgeführt. Das Tragwerk besteht aus einem Trog mit kastenförmigen Längsträgern und wird von Zügelgurten, die ebenfalls kastenförmig ausgebildet werden, überspannt. Die Spannweiten betragen 62,50 m, 135,00 m, 62,50 m. Bei einer minimalen Bauhöhe der Längsträger in Feldmitte über dem Main von 2,98 m (außen) bzw. 3,29 m (innen) beträgt die größte Schlankheit In den Achsen 60 und 70 ca. L/45. Die Zügelgurte werden von ca. 15,00 m hohen Pylonen aufgenommen. Die Längsträger werden als polygonales Vieleck ausgeformt, um einerseits den hohen gestalterischen Ansprüchen des Wettbewerbsentwurfs gerecht zu werden und andererseits um den Anforderungen an die Vermeidung von Radarschatten durch quer zur Wasserstraße verlaufende, vertikale und einander zugewandte Flächen zu erfüllen. In Längsrichtung erhalten die Unterseiten im Bereich der Strompfeiler eine leichte linear verlaufende Voute. An definierten Stellen kommen zusätzlich Lastdurchleitungsrippen an Punkten mit hoher Lastkonzentration hinzu. Dies betrifft zum Beispiel den Deckblechanschluss oder die Pressenansatz- bzw. Lagerpunkte. Die Zügelgurte binden in Verlängerung der Stege der Längsträger bzw. durch einen nahtlosen Übergang der Obergurte in die Längsträger ein. Die durchlaufen den Obergurte bilden einen girlandenförmigen Verlauf affin zur Kettenlinie des Durchlaufsystems. Um unnötige Auflast zu vermeiden, gute Stabilität zu erzielen und ein einheitliches optisches Erschei nungsbild zu gewährleisten, werden die Zügelgurte ebenfalls als kastenförmige Schweißkonstruktion ausgeführt.

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BIM-Modell des Endzustandes: Blick in den Längsträger © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Die Querschnittshöhe verjüngt sich von ca. 2,00 m am Anschluss zum Längsträger auf ca. 0,60 vor den Pylonen. Die Querschnitte der Pylone sind als zweizelliger Kasten aufgebaut. Sie sind in der Längsansicht nach oben hin tailliert. Am Übergang zum Längsträger beträgt die Breite ca. 1,60 m, an der Pylonspitze ca. 0,70 m. In der Außenansicht weiten sich die Pylone von einer Breite von ca. 1,80 m auf ca. 2,80 m am Kopf auf. Sie erhalten außer horizontalen Schotten keine weiteren Aussteifungselemente. Es entsteht eine äußerst robuste und wartungsarme Konstruktion. Zwischen den Längsträgern sind im Abstand von 3,70 m Querträger mit einer Höhe von ca. 1,70 m angeordnet, die als offene Schweißprofile ausgebildet sind. Diese stützen die Verbundfahrbahnplatte, bestehend aus einem in Längsrichtung mit Trapezprofilen ausgesteiften Deckblech und einer 35 cm dicken, bewehrten Aufbetonschicht. Die Herstellung der Aufbetonschicht erfolgt ohne zusätzliche Schalelemente. In den Achsen der Querträger sind die Längsträger durch Schotte mit Durchsteigsöffnungen ausgesteift. Das Deckblech der Fahrbahnplatte bindet über in den Längsträger über dessen gesamte Breite ein und teilt damit den Querschnitt in einen oberen, planmäßig begehbaren und in einen unteren, dichtgeschweißten Teil auf. Der Verbund zur Stahlkonstruktion wird im Bereich des Deckbleches über Kopfbolzendübel sichergestellt. Im Bereich der Längsträgerstege kommen aus Gründen der besseren Montierbarkeit und des geringeren, schweißbedingten Eintrags von Eigenspannungen Verbunddübelleisten zum Einsatz. Die Stahlkonstruktion wird weitestgehend aus S355 hergestellt. Für die vorwiegend auf Zug beanspruchten Zügelgurte ist zur Reduktion des Eigengewichts und zur Vermeidung dicker Bleche S460 vorgesehen. Für die Fahrbahnplatte kommt Stahlbeton der Festigkeitsklasse C35/45 zur Anwendung.

4 Herstellung Zunächst wird das Teilbauwerk der Fahrtrichtung Gießen in Seitenlage hergestellt. Im ersten Schritt werden dafür Behelfsunterbauten errichtet. Die Herstellung der Vorlandbrücke erfolgt vom Widerlager in Achse 10 aus auf Lehrgerüst abschnittsweise. Gleichzeitig beginnt der Zusammenbau des Stahlüberbaus in drei großen Segmenten. Zwei dieser Segmen te setzen sich aus den Seitenfeldern, den Pylonen und Teilen des Stromfeldes bis zur Einbindung des Zügelgurtes zusammen. Die Segmente werden jeweils um ca. 40 m in Längsrichtung in den Vorlandbereich versetzt aufgebaut. Nach ihrer Fertigstellung werden sie in die Endlage über Verschubbahnen verbracht. Das dritte Segment bildet der Bereich des Stromfeldes zwischen den Zügelgurten. Es wird auf einem separaten Vormontage platz ca. 1,50 km stromabwärts an einer Panzerfurt auf der rechten Mainseite zusammengebaut und auf einen Ponton verladen. Für das Einschwimmen und Einheben des Stromfeldes ist eine kurzzeitige Sperrpause des Schiffsverkehrs auf dem Main erforderlich. Nachdem der Ponton in Position gebracht wurde, erfolgt das Einheben mit Litzenhebern von den auskragenden Seitenteilen aus. Danach werden die Segmente verschlossert und verschweißt.

Als Letztes erfolgen die Betonage der Verbundplatte in einem Betonierabschnitt, der Ausbau des Brückenzuges und der Anschluss des Bauwerks an die BAB 45. Vor Beginn der Abbrucharbeiten des Teilbauwerks der Fahrtrichtung Aschaf fenburg wird der Verkehr auf das neugebaute Teilbauwerk der Fahrtrichtung Gießen umgelegt. Das alte Teilbauwerk Gießen bleibt als Baustraße zunächst erhalten. Nach der Herstellung von Mittelstreifen verbauten im Bereich der beiden bestehenden Widerlager erfolgt der Abbruch des Teilbauwerks der Richtungsfahrbahn Aschaffenburg. Anschließend wird der Ersatzneubau für die Richtungsfahrbahn Aschaffenburg errichtet. Nach Fertigstel lung der Richtungsfahrbahn Aschaffenburg erfolgt der Abbruch des bestehenden Teilbauwerks Gießen. Anschließend werden die Unterbauten des Ersatzneubaus ausgeführt. Im nächsten Schritt erfolgt die Umverlegung des Verkehrs auf das Teilbauwerk Aschaffenburg. Abschließend wird der Ersatzneubau des Teilbauwerks Gießen in die Endlage querverschoben und die Behelfsbauteile zurückgebaut.

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Modell der Bauphase »Einschwimmen des Mittelteils in Seitenlage« © Leonhardt, Andrä und Partner AG

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BIM-Prozesse © Leonhardt, Andrä und Partner AG/gmp Architekten

11 12 BIM-Koordination zwischen Gestaltungs- und Tragwerksmodell © Leonhardt, Andrä und Partner AG/gmp Architekten 10

5 BIM Für die Projektabwicklung wurde der Ersatzneubau der Mainbrücke Mainflingen als Pilotprojekt der Autobahndirektion Nordbayern für die Anwendung der BIM-Methodik ausgewählt. Dafür wurden zunächst die Grundlagen für die BIM-Umsetzung in den HOAI-Leistungsphasen 3, 4 und 6 in Form von Auftraggeberinformationsanforderungen (AIA) und einem BIM-Abwicklungsplan (BAP) geschaffen. Darauf basierend, wurden BIM-Modelle in der geforderten und adäquaten Detaillierung und Attribuierung für den Endzustand sowie die verschiedenen Bauphasen erzeugt. Die Kostenberechnung wurde modellbasiert durchgeführt. Für die Erstellung des Leistungsverzeichnisses ist vorgesehen, es ebenfalls aus den Modellen abzuleiten. Erfordernisse des Betriebes sowie der Instandhaltung finden bei der Modellierung und Attributierung bereits Berücksichtigung.

13 14 Detailabstimmung von Planer und Auftraggeber über BIM-Modell und Handskizzen © Leonhardt, Andrä und Partner AG

15 Typ-Attribut-Tabelle (TAT) © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Die Abstimmung der beteiligten Planungsbüros Leonhardt, Andrä und Partner (LAP) und von Gerkan, Marg und Partner (gmp) erfolgte modellbasiert mit IFC als Austauschformat. Das für die Gestaltung zuständige Architekturbüro gmp verwendet für die Entwicklung der komplizierten äußeren Kontur der Brücke die CAD-Software Revit bzw. Rhino, LAP als Objektund Tragwerksplaner Nemetschek Allplan als CAD-Software. Somit war die Nutzung eines proprietären Austauschformates zwingend erforderlich. Die Nutzung des Datei-Standards IFC 2x3 war quasi problemlos, insbesondere für den Vergleich der Fachmodelle »Gestaltung« und »Objekt-Tragwerksplanung« mit entsprechender BIM-Koordinationssoftware.

17 Künftige Mainquerung aus der Vogelperspektive als Visualisierung gmp Architekten

Die Ableitung aller Entwurfspläne erfolgte aus den Modellen. Lediglich kleinere Elemente wie Beschriftungen, Maßketten und spezielle Details wurden in den 2-D-Planableitungen ergänzt. Für die weitere Verwendung des Modells für die in den AIA geforderten Anwen dungsfälle wurde eine sehr ausführliche Typ-Attribut-Tabelle (TAT) entwickelt, die sämtliche in den Modellen verwendeten Bauteile klassifiziert und die jeweiligen erforderlichen Attribute spezifiziert. Es ergibt sich eine Matrix aus 54 Klassen und 117 Attributen. 6 Fazit und Ausblick Der Entwurf des Ersatzneubaus der Mainbrücke Mainflingen genügt den höchsten Ansprüchen an die Gestaltung und allen technischen Herausforderungen des Bauablaufes sowie der komplexen Tragstuktur. Zudem wurden die Anforderungen der zweiten Stufe des Stufenplans des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) »Digitales Planen und Bauen« vollständig und ohne paralleles konventionelles Arbeiten umgesetzt. Es wird erwartet, dass mit dem Vorliegen des Planfeststellungsbeschlusses im Jahr 2022 umgehend mit der Angebotsphase begonnen werden kann, an die sich eine etwa fünährige Bauzeit anschließt. Somit ist eine Fertigstellung im Jahr 2027 anvisiert.

Autoren: Ltd. Baudirektor Dipl.-Ing. Bernd Endres Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg Dipl.-Ing. Rolf Jung Dipl.-Ing. Tobias Mansperger Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI AG, Dresden

Bauherr Bundesrepublik Deutschland

Wettbewerbsauslobung Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg

Bauwerksentwurf Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI AG, Dresden gmp Architekten, von Gerkan, Marg und Partner, Hamburg

Intelligentes Bauen verbindet Menschen.

Bauen mit Herz und Verstand. Jedes Projekt ist anders und muss individuell geplant und ausgeführt werden. Das Können und der Einsatz jedes Einzelnen entscheiden hier über den Erfolg. Seit 150 Jahren steht die PORR für höchste Kompetenz in allen Bereichen des Bauwesens – denn Fachwissen, Engagement und Teamgeist machen sich immer bezahlt. porr.de