urgewald Jahresbericht 2011

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Jahresbericht 2011

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Sassenberg, im November 2012

Liebe Freundinnen und Freunde, Unterstützerinnen und Unterstützer, als ich vor 20 Jahren urgewald gründete, wusste ich ziemlich genau was ich wollte: Mich in meinem Berufsleben voll für Umwelt- und Menschenrechte einsetzen und dabei den Hebel an der Achillesferse vieler Projekte, der Finanzierung ansetzen. Wie die Idee “urgewald” sich entwickeln würde, konnte damals noch niemand ahnen... heute ist urgewald eine international angesehene NGO. In unserem kleinen, aber wirksamen Team ist jede/r auf seine Weise mit ganzem Herzen dabei, größtenteils schon seit vielen Jahren. Der Ansatz “Follow the Money” ist der rote Faden unserer Arbeit und heute wie damals verstehen wir uns als „advocates“, als „Anwalt für Umwelt- und Menschenrechte“. Wir arbeiten dabei eng zusammen mit Menschen in NGOs und Communities im Ausland, die ihre Rechte und Lebensgrundlagen gegen die Interessen mächtiger Konzerne und Investoren verteidigen müssen. Ohne unsere Unterstützung ist es ihnen kaum möglich, hiesige Entscheidungen von Politik und Wirtschaft zu beeinflussen. Gemeinsam jedoch gelingt es, Projekte zu verhindern oder deren Folgen zu mindern. Daher setzen viele unserer Partner ihre Hoffnung auf diese Zusammenarbeit und vertrauen uns.

Heffa Schücking

Im Fukushima-Jahr 2011 gelang es uns, auf die Unterstützung der Atomwirtschaft durch den Bankensektor aufmerksam zu machen. Denn Fukushima ist auch ein Beispiel für die verheerenden Folgen der „Vogel-Strauß-Mentalität“ der Banken. Schon lange war der japanische AKW-Betreiber Tepco dafür bekannt, dass die Firma Sicherheitsberichte fälscht. Trotzdem hat die Deutsche Bank Tepco weiterhin mit Finanzen versorgt. Wir haben auf die damit verbundenen Gefahren bereits auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank 2010 hingewiesen. Die Maßstäbe, die Banken für die Vergabe von Krediten anlegen, haben entscheidende Auswirkungen – auf die Umwelt, auf das Klima und auf die Lebensrealität von Menschen. Um Banken hierfür zu sensibilisieren, führt urgewald seit Jahren Dialog-Gespräche zu kontroversen Themen wie z.B. Rüstung, Atom oder Klima. In manchen Bereichen haben wir viel erreicht, und Banken bewegen sich, in anderen bleibt noch viel zu tun. Auch sind nicht alle Banken gleich reformwillig – daher begleiten wir den Dialog weiterhin mit Protesten und intensiven Recherchen. Auch wenn Wirtschaft und Politik sich (noch) wenig bewegen, Menschen „wie du und ich“ nehmen nicht mehr alles als „alternativlos“ hin. Hunderttausende protestierten gegen Atomkraft, oder kehren ihrem Atomstromversorger den Rücken, wechseln ihr Konto zu einer Bank mit Gewissen und wenden sich mit Protesten an Bundestagsabgeordnete. Als BürgerInnen und als VerbraucherInnen haben wir viel Macht – nutzen wir sie! Für einen besseren Schutz von Umwelt- und Menschenrechten, setzt urgewald am Hebel Finanzierung an. Denn: „Wer das Geld gibt, trägt Verantwortung für das Geschäft.“

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urge Kleiner Abriss der urgewald-Geschichte In den ersten Jahren konzentrierte urgewald sich darauf, die Auswirkungen von Finanzierungen durch die Weltbank und anderer öffentlicher Geldgeber bekannt zu machen und stärkere Umwelt- und Sozialstandards zu fordern. Auch wenn wir mit gezielter Lobbyarbeit und Kampagnen beachtliche Verbesserungen zum Schutz von Mensch und Umwelt erreicht haben, reichen die Standards bisher nicht aus, um die Vertreibung von Menschen, die Zerstörung von Wäldern und Naturräumen oder die Ausbreitung von Armut und Korruption zu verhindern. urgewald arbeitet als Teil einer globalen Koalition von zivilgesellschaftlichen Organisationen weiterhin daran, die Umwelt- und Sozialstandards der Weltbank und insbesondere auch ihre Anwendung in der Praxis zu stärken. Das ist auch wichtig, weil die Weltbank entscheidenden Einfluss auf die Umwelt- und Sozialstandards ausübt, die andere öffentliche und private Geldgeber anwenden. Zum Beispiel dienen die Umwelt- und Sozialrichtlinien für die sogenannten Privatsektorprojekte der Weltbank als globaler Maßstab für die größten Privatbanken der Welt (Equator Banks) sowie für die Exportkreditagenturen der Industrieländer. Verbesserungen in der Weltbank-Politik haben somit einen entscheidenden Einfluss auf die Finanzierungspolitik von Privatbanken. Bei unseren Recherchen zu den schlimmsten umwelt- und naturzerstörenden Projekten, stießen wir immer wieder auf Privatbanken und Großinvestoren als Kreditgeber. Das private Kapital spielt bei internationalen Finanzierungen zunehmend eine wichtige Rolle. Investoren und Aktionäre wollen vor allem schnelle und hohe Renditen sehen – die Frage, auf wessen Kosten diese erwirtschaftet werden, wird meistens nicht gestellt. Im Zuge dieser Entwicklung haben wir uns vermehrt mit der Strategie von Banken und Investoren auseinandergesetzt. Dabei stellten wir fest, dass private Institute stärker vom Reputationsrisiko betroffen sind als öffentliche, multilaterale Entwicklungsbanken. Das eröffnete uns neue Möglichkeiten und wir entdeckten den Hebel „Kundenproteste“ sowie die „Konzernkritik als Aktionär“. So konnten wir zum Beispiel mit Protesten und mit Besuchen der Aktionärsversammlungen von 2006 – 2009 drei deutsche und 12 internationale Banken von der Finanzierung des Atomkraftwerkes Belene in Bulgarien abhalten. In der Folge haben dann auch die beiden deutschen Energieversorger E.ON und RWE eine Beteiligung an dem Projekt gestrichen.

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Knud Korinna Agnes

Regine

Andrea

Lydia

Barbara

Katrin

Simone

Heffa

Follow the Money - urgewald verhindert mit diesem ungewöhnlichen strategischen Ansatz seit 1992 umweltzerstörende und Menschen verachtende Projekte. Unsere Kampagnen gegen Investoren und Finanziers zielen genau auf die Achillesferse vieler Vorhaben – ihre Finanzierung. Ohne Kredite und Investoren wird kein Atomkraftwerk, kein Staudamm und keine Pipeline gebaut. Auch Bergbaukonzerne und Waffenhersteller benötigen ständig frisches Geld. Geld ist nicht neutral - wer das Geld gibt, trägt Verantwortung für das Geschäft!

Investoren und Finanziers interessieren sich in erster Linie für ihre Rendite. Erst fundierte Informationen und öffentlicher Druck zwingen sie, sich mit weiteren Aspekten der von ihnen finanzierten Projekten auseinanderzusetzen. Als „Anwalt für Umwelt- und Menschenrechte“ geben wir Betroffenen eine Stimme. Für sie machen wir Druck auf Investoren, Banken und Politiker. Für sie sind wir eine Anlaufstelle, wenn mit deutschem Geld im Ausland ihre Rechte missachtet werden. urgewald sorgt dafür, dass von Vertreibung bedrohte indische Kleinbauern, Aktivisten gegen Streubomben und bulgarische oder finnische Atomkraftgegner auf Aktionärsversammlungen, Pressekonferenzen und in den Vorstandsetagen deutscher Firmen und Banken Gehör finden. Hilft das nicht, mobilisieren wir Proteste oder starten Verbraucherkampagnen. Typisch für urgewald ist der Mut, gegen große Gegner vorzugehen und sich mit besonderer Hartnäckigkeit in scheinbar aussichtslosen Kampagnen zu behaupten. Mit Erfolg: urgewald verhinderte die Finanzierung für das AKW Belene in Bulgarien und hat mehrere Großbanken dazu bewegt, auf die Finanzierung von Streubomben zu verzichten. Eines der ersten urgewald-Themen, staatliche Hermes-Bürgschaften für Atomprojekte im Ausland, ist heute aktueller denn je. Wir machen daran die Doppelzüngigkeit des deutschen Atomausstiegs fest und organisieren Proteste.

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Wie radioaktiv ist meine Bank? • Bankwechsel • Massenproteste • Mahnwachen nach Fukushima

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ATOM „Wie radioaktiv ist meine Bank?“ Ende Dezember 2010 veröffentlichten wir die Broschüre „Wie radioaktiv ist meine Bank?“. Die Empörung bei den VerbraucherInnen ist groß, kaum jemandem war bis dahin bewusst, dass mit dem Geld auf dem Spar- oder Girokonto, oder mit der Geldanlage bei der Hausbank die Atomwirtschaft finanziert wird. Unsere Recherchen decken auf: Fast alle deutschen Geldinstitute sind als Kreditgeber der Atomkonzerne am Atomgeschäft beteiligt. Die Broschüre enthält ausführliche Informationen zu den einzelnen „Atombanken“ und – als Alternative, Portraits der Alternativbanken. Unsere Tipps zum Bankwechsel machen diesen leicht und erweitern das Spektrum des persönlichen Atomausstiegs um das Thema Finanzen. Der neue Aspekt „Atombank“ bringt zusätzlichen Input und Bewegung in die Bankenwechsel-Kampagne „Krötenwanderung“. Auch die Anti-Atom-Bewegung greift das Thema „Finanzierung von Atomkraft“ dankbar auf. Als im März 2011 die Reaktoren in Fukushima havarieren, steigt das Interesse an der Verbindung deutscher Banken und der Atomwirtschaft nochmals an. Wir hatten bereits 2010, auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank, die Geschäfte der Bank mit dem japanischen AKW-Betreiber Tepco kritisiert, denn schon damals war bekannt, dass Tepco jahrelang Sicherheitsberichte gefälscht hatte. Auch auf der Hauptversammlung der Commerzbank forderten wir den Ausschluss von Investitionen in die Atomindustrie. Im Zuge der Mahnwachen und der Großdemonstrationen nach Fukushima finden unsere Materialien zu den „Atombanken“ reißenden Absatz und etliche Menschen, die gegen Atomkraft auf der Straße protestieren, entscheiden sich, der Atomwirtschaft nun auch ihr Geld zu entziehen und wechseln zu einer der Alternativbanken.

Heffa Schücking

Regine Richter

Katrin Ganswindt

urgewald beteiligt sich das ganze Jahr über an unzähligen Mahnwachen, Großdemonstrationen und sonstigen Veranstaltungen und informiert an Infotischen und mit Redebeiträgen auf den Bühnen über die „Atombanken“. Zur Atombanken-Kampagne produzieren wir unseren ersten urgewald-Spot: Ein Bankkunde wird bei seinen Geldgeschäften durch das radioaktive Engagement seiner Bank erheblich „gestört“ – verzweifelt und irritiert versucht er schließlich Online-Banking im Strahlenschutzanzug durchzuführen. Doch die Lösung seiner Probleme ist eigentlich ganz einfach: http://urgewald.org/kampagne/radioaktive-bank

Auszug urgewald-Pressemitteilung am 14. März 2011: „Deutsche Bank und West-LB finanzieren Betreiber des Katastrophen-Reaktors in Japan“ Atomare Renditejagd muss gestoppt werden Angesichts der Atomkatastrophe in Japan haben das globalisierungskritische Netzwerk Attac und die Umweltorganisation urgewald scharf die Rolle von Banken bei der Finanzierung von unsicheren Atomkraftwerken kritisiert. „Wo große Gewinne winken, spielen Informationen über massive Sicherheitsprobleme und Störfälle keine Rolle“, sagte Jutta Sundermann vom AttacKoordinierungskreis. „Auf der Jagd nach der größtmöglichen Rendite setzen Banken Millionen Menschenleben aufs Spiel.“ So gaben die Deutsche Bank und die WestLB für Tepco, den Betreiber des japanischen Katastrophen-Reaktors, Anleihen in Höhe von zweimal rund 30 Millionen Euro aus; die ING Bank (Muttergesellschaft der Direktbank ING-Diba) kaufte Tepco-Anleihen für rund 15 Millionen Euro. „Die Banken haben sich weder für die bekannte Vertuschung von Mängeln und Störfällen durch Tepco interessiert, noch für die schon vor Jahren offenkundigen Folgen kleinerer Erdbeben in den japanischen AKW“, stellte Heffa Schücking, Geschäftsführerin von urgewald, fest.“

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„Ich bin doch kein Atombürger!“

Ein Etappensieg: Wir können die endgültige Bürgschaftsvergabe das ganze Jahr über aufhalten. Um auch im Jahr 2012 weiter mit neuen Fakten zu argumentieren, geben wir gemeinsam mit Greenpeace ein Experten-Gutachten in Auftrag, das die Sicherheits- und Standortbedingungen bei Angra 3 prüfen und bewerten soll.

urgewald-Pressemitteilung vom 25. März 2011: „urgewald kritisiert fehlende Wende der Bundesregierung bei Atomexporten Bundesregierung hält an Grundsatzzusage für brasilianisches AKW Angra 3 fest Die Fassade des „neuen Atomkurses“ der Bundesregierung bröckelt: Nicht nur im Inland, wo Minister Brüderle das Atommoratorium der Regierung als Wahlmanöver bezeichnet hat und zwei Kommissionen berufen werden, die ein weiteres Mal über die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland beraten sollen, mehren sich die Zweifel an der Ernsthaftigkeit des neuen Kurses. „Besonders deutlich wird der nicht stattfindende Atom-Kurswechsel bei der Außenwirtschaftsförderung. Die Bundesregierung hat eine Grundsatzzusage für eine Hermesbürgschaft erteilt, die den Bau des Risikoreaktors Angra 3 in Brasilien ermöglichen soll. Doch statt die Ereignisse in Japan zum Anlass zu nehmen, sich klar gegen die Förderung eines derart riskanten Projektes auszusprechen, laviert die Bundesregierung auch hier herum und beschränkt sich darauf, die brasilianische Regierung nochmals zu konsultieren. Dabei will diese den Ausbau ihrer Atomanlagen trotz Fukushima weiter vorantreiben“, erklärt Dr. Barbara Happe, Brasilienexpertin der Umweltorganisation urgewald. Eine Grundsatzzusage ist rückholbar, wenn es eine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage gibt. „Das Beispiel Fukushima zeigt, wie sehr das Restrisiko der Atomkraft und Fragen der Standortsicherheit bisher unterschätzt wurden. Das ist eine wesentliche Änderung der Sachlage und deshalb muss die Bürgschaft zurückgezogen werden“, fährt Happe fort. 8 urgewald


„Ich bin doch kein Atombürger!“ Gleich nach dem Regierungswechsel hatte die neue Bundesregierung Ende 2009 das bis dahin geltende Verbot von staatlichen Bürgschaften für Atomprojekte außer Kraft gesetzt. Sie schuf damit die gesetzliche Grundlage für Areva, eine Hermesbürgschaft für das AKW Angra 3 in Brasilien zu beantragen: mit 1,3 Mrd. Euro Steuergeldern soll der deutsche Staatshaushalt dieses Exportgeschäft absichern, wenn es nach dem Willen von Areva und schwarz/gelb geht. Am liebsten ohne großes Aufsehen und ohne die Beteiligung des Parlamentes. Wir bekamen Wind von der Sache, recherchierten und setzen eine Welle von Protesten in Gang: Tausende empörte Bürgerinnen und Bürger und der Atomausstieg im eigenen Land nach der Fukushima-Katastrophe sorgten dafür, dass dieses Vorhaben nicht mehr still und leise über den Tisch gehen konnte. Viele Menschen sind entsetzt über die Doppelzüngigkeit des Atomausstiegs und mit unserer Unterstützung nutzen viele die Wahlkreis-Sprechstunden „Ihrer“ Bundestagsabgeordneten, um Argumente vorzubringen und ihren Unmut zu äußern. Die Aktiven treffen dabei entweder auf Ignoranz oder auf einen ziemlichen Erklärungsnotstand, vereinzelt auch auf Verständnis und das Angebot, das Anliegen zu unterstützen.

Regine Richter

Katrin Ganswindt Wir bringen mehr als 100.000 Protestpostkarten unter die Leute. Frau Merkel und die Abgeordneten der Regierungsparteien in ihren Wahlkreisen sind die Empfänger. Eine E-Mail-Protest-Aktion gemeinsam mit Campact unterfüttert den Protest zusätzlich. Trotz der massiven Proteste verlängert die Bundesregierung im September 2011 ihre Grundsatzzusage für Angra 3 und beruhigt protestierende Bürger mit dem Versprechen, für ausreichende Sicherheit zu sorgen. Im November organisieren wir eine bundesweite Aktionswoche, an der sich Menschen in 40 Städten beteiligen. Wir unterstützen mit Materialien, Tipps und aktuellen Informationen. Barbara Happe Die Medien verfolgen das Thema mit großem Interesse: Fernseh- und Rundfunkbeiträge, Tages- und Wochenzeitungen, sowie Verbrauchermagazine und Kundenzeitschriften aus dem ökologischen Bereich greifen das Thema auf. „ZDF-Reporter“ berichtet für das Fernsehen, urgewald kommt mehrfach zu Wort. Rückblick: Sowohl das Thema staatliche Hermesbürgschaften als auch das Atomvorhaben Angra 3 begleitet urgewald seit fast 20 Jahren: Hermes war schon zu Anfangszeiten ein Schwerpunkt der urgewald-Themen. Damals hat urgewald vor allem intensiv zu Staudämmen gearbeitet, konnte Bürgschaften verhindern und für Betroffene wesentliche Verbesserungen bei Umsiedlung und Entschädigung erreichen. Das Thema Atom kam dazu: für den Zwillingsmeiler Angra 2 hatte es in den 80er Jahren bereits Bürgschaften gegeben und Angra 3 sollte schon 2002 Bürgschaften erhalten und realisiert werden. Zum Glück konnten wir das damals verhindern. Nun müssen wir uns wieder mit dem Thema herumschlagen...

Heffa Schücking

Auszug urgewald-Pressemitteilung vom 17.3. 2011: „Schluss mit staatlich verbürgten Atomexporten. Angesichts der Atomkatastrophe in Japan und der daraus folgenden Atomausstiegsdebatte in Deutschland fordert die Umweltorganisation urgewald Konsequenzen auch bei den staatlichen Hermesbürgschaften. Solche staatlichen Garantien sind in vielen Fällen die Voraussetzung, damit Atomkraftwerke überhaupt gebaut werden können. So wurden drei Reaktoren des Unglücks-AKW Fukushima mit Hilfe des amerikanischen Hermespendants Export-Import Bank realisiert. Seit Regierungsantritt der schwarz-gelben Koalition werden auch in Deutschland wieder Atomexporte ins Ausland mit staatlichen Garantien abgesichert. Die seit 2001 gültigen Hermesleitlinien schlossen den Export von Nukleartechnologie aus. “Kaum jedoch war die neue Regierung an der Macht, schaffte sie die Hermesleitlinien ab und gab eine Bürgschaft über 1,3 Milliarden Euro an Areva/Siemens für den Bau des brasilianischen Atomkraftwerks Angra 3“, erklärt Heffa Schücking, Geschäftsführerin von urgewald. Brasilianische Umweltschützer wehren sich seit Jahren gegen den Bau dieses AKW, da es in einer potenziellen Erdbebenzone liegt, ein veralteter Reaktortyp gebaut werden soll, der einzige Evakuierungsweg häufig durch Erdrutsche blockiert wird, die Atomaufsicht nicht unabhängig ist und immer wieder hohe brasilianische Politiker laut über die Vorteile einer eigenen Atombombe nachdenken.“ Geschäftsbericht 2012

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Ein erster Etappensieg: Im November 2011 erkl채rt die Deutsche Bank offiziell ihren R체ckzug aus der Finanzierung von Streumunition.

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Waffen/ Streumunition / Deutsche Bank / Riester-Rente Im Dezember 2010 sorgte eine von urgewald in Auftrag gegebene Recherche zu den Investitionen der größten deutschen Banken in Streumunitionshersteller für große Aufregung. Gemeinsam mit Walter Riester, dem „Vater der Riester-Rente“ thematisierte urgewald in einer Pressekonferenz in Berlin die staatliche Unterstützung von Altersvorsorge-Produkten, mit denen die Anbieter von Riester-Renten nachweislich in die Hersteller von Streumunition investieren. Es gab hierzu eine große Presseresonanz, die Verbraucherzeitschrift Finanztest veröffentlichte einen Artikel, der sich auch auf unsere Recherche bezog. Barbara Happe Als einer der großen globalen Finanzierer von Waffenherstellern, und auch der Hersteller der international geächteten Streumunition ist die Deutsche Bank ein Ziel dieser Kampagne. Im Mai 2011, zur Hauptversammlung der Bank, konfrontierten wir Deutsche Bank-Chef Ackermann mit der Kritik an der Finanzierung dieser todbringenden Waffenart. Während Josef Ackermann in seiner Rede zu den Aktionären unter dem Motto „Erfolgreich in unsicheren Zeiten“ die gute Geschäftslage der Bank hervorhebt, zeigen wir mit unserer Teilnahme die andere Seite dieses Erfolges: außer Kontrolle geratene Atomreaktoren in Fukushima und die mit Streumunition in Libyen bombardierte Stadt Misrata. Mit unserem Gast Branislav Kapetanovic stand vor Josef Ackermann einer, der weiß wie fatal und zerstörerisch Streumunition ist. Branislav ist selber in Serbien beim Minenräumen von einer Streubombe fast getötet worden. Er wurde gerettet, verlor aber Arme und Beine und kämpft seitdem für ein umfassendes Verbot dieser Waffen. Hier ein Auszug aus seiner Rede: „Viele Jahre habe ich als ausgebildeter Minenräumer gearbeitet, bis ich bei der Räumung von Streubomben des Typs BLU 97 schwer verletzt wurde. Es ist nicht ungewöhnlich, dass erfahrene und gut ausgebildete Minenräumer bei ihrer Arbeit verletzt werden. Dies zeigt umso deutlicher, wie gefährlich diese Waffen sind. Im letzten Jahr wurden mehr als 30 Experten bei ihrem Einsatz im Libanon getötet. Sie kamen aus aller Welt, um dabei zu helfen, durch Streubomben kontaminierte Gebiete zu säubern. Welche Gefahr erst für unschuldige Zivilisten und Kinder, die nicht wissen, was Streubomben sind, aber in kontaminierten Gebieten leben? 95 Prozent der Opfer von Streubomben sind Zivilisten, rund ein Drittel sind unschuldige Kinder. Die Hauptwirkung dieser Waffen ist die Tötung und Verkrüppelung von Tausenden unschuldiger Menschen, manchmal lange nach dem das eigentliche Kriegsgeschehen vorbei ist.“ Investmentverbot für Streumunition Auf der politischen Ebene haben wir uns für ein gesetzliches Investitionsverbot für Streumunitionshersteller eingesetzt. Bei einem parlamentarischen Frühstück im Bundestag informierten wir Abgeordnete aus dem Ausschuss für Abrüstung und Rüstungskontrolle über die Möglichkeiten für ein Verbot am Beispiel von Ländern wie Luxemburg oder Belgien. Leider verweigert schwarz/gelb beharrlich ein Gesetz, das die Finanzierung in das geltende Verbot einschließt.

Zu Besuch im Libanon urgewald Mitarbeiterin Barbara Happe nahm im September 2011 an der 2. Vertragsstaatenkonferenz zur Ächtung von Streumunition im Libanon teil. Ein ZDF-Team der Sendung Mona Lisa begleitete sie. Auszug aus ihrem Reisetagebuch: „Was ich dort erlebt habe, lässt sich schlecht in Worte fassen. Zerstörung, innere Verwundung und Hass sind die Folgen des fatalen Einsatzes von Streumunition im Süd-Libanon. (...) oder Frauen zu treffen, die ihre sicheren Jobs aufgegeben haben, um als Minenräumerinnen ihre Heimat wieder sicherer zu machen. Dieser Besuch zeigte mir einmal mehr, dass unsere Arbeit, Streumunition umfassend zu verdammen, zu Recht einen hohen Stellenwert bei urgewald einnimmt. Einige BankenvertreterInnen, die ich im Vorfeld der Reise gesprochen hatte, hatten mir noch alles Gute gewünscht und dass ich heile zurück kommen möge. Vor Ort im Libanon dachte ich nur, dass eine solche Reise so manchem Banker und vor allem Bankenvorstand die Augen öffnen und Debatten über mögliche Renditeverluste schnell in den Hintergrund stellen würde.“ Zur Fernsehdokumentation: http://www.youtube.com/urgewald

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2011 - Internationales Jahr der Wälder

Korinna Horta

Viel mehr als gute Absichten, brauchen wir radikal neue Ansätze, um Regenwälder und ihre Bewohner zu schützen. Regenwälder werden unablässig weiter abgeholzt, ihre Bewohner in bittere Armut getrieben und indigene Kulturen zum Aussterben verurteilt. Nach dem neuesten Bericht der U.N. Food and Agriculture Organization (FAO) sind Lateinamerika und Afrika besonders hart getroffen. Gleichzeitig hat das Thema Waldschutz Hochkonjunktur auf der internationalen Tagesordnung. Die Vereinten Nationen haben 2011 zum Internationalen Jahr der Wälder erklärt. Aber viel wichtiger ist die Tatsache, dass dem Schutz von Wäldern nun eine Schlüsselrolle in der internationalen Klimapolitik zugedacht worden ist. Denn hier geht es potentiell um sehr große Investitionen. Dabei geht es darum, die Emissionen von Treibhausgasen zu reduzieren, die durch die Zerstörung und Abholzung von Wäldern entstehen. Denn diese machen bis zu 20% aller durch Menschen verursachten CO2 Emissionen aus. Bekannt ist dieses Vorhaben unter der englischen Abkürzung REDD (Reduced Emissions from Deforestation and Forest Degradation). REDD ist das einzige große Thema, zu dem es Fortschritte bei den Klimaverhandlungen in Kopenhagen und Cancún gegeben hat. Klimaschutz mit REDD – gute Idee oder Bedrohung für die Waldvölker? Die Regenwälder werden unablässig weiter abgeholzt. Da die Zerstörung viel Treibhausgas freisetzt, sollen nun Milliarden fließen, um sie als CO2-Speicher zu erhalten. Doch was „gut gemeint“ ist, bedroht die Existenz von indigenen Völkern, die im und vom Regenwald leben. Eigentlich könnte es eine gute Nachricht sein. Der Schutz von Regenwäldern steht ganz oben auf der internationalen Agenda, denn er spielt eine Schlüsselrolle in der Klimapolitik. Die Entwaldung macht 18% der von Menschen verursachten Treibhausgase aus. REDD ist das weltpolitische Thema, bei dem sich die Regierungen (!) von Industrie- und Entwicklungsländern relativ einig sind. In Zukunft sollen jährlich über 20 Milliarden Euro in waldreiche Länder fließen, um sie für den Erhalt der Regenwälder zu belohnen. Die einen sehen in REDD einen vergleichsweise billigen Klimaschutz, die anderen eine ertragreiche Einnahmequelle.

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Korruption und fehlende Landrechte Viele Regenwald-Staaten leiden an endemischer Korruption, ihre Forstverwaltungen und Justizsysteme sind schwach und die Landrechte in Waldgebieten ungeklärt. Unter solchen Bedingungen wird REDD zu einem Magneten für mächtige Interessen und korrupte Cliquen. Wenn durch REDD-Projekte das traditionelle Waldgebiet der Außenwelt mehr zugänglich gemacht wird, bedrohen illegaler Holzabschlag und illegale Jagd die Lebensgrundlage der Indigenen. Noch dramatischer sind die Folgen, wenn im Regenwald Landrechte und Konzessionen an Konzerne und Finanzinvestoren vergeben werden, um an die Profite aus den REDD-Milliarden zu kommen. Den Ureinwohnern, die fast nie über verbriefte Landrechte verfügen, droht dann die brutale Vertreibung. Die Indigenen, die über Jahrtausende den Regenwald geschützt haben, würden ihrer Lebensgrundlage und Heimat beraubt. Vor diesem Schicksal müssen wir sie wirksam schützen! Die U.N. Erklärung zu den Rechten indigener Völker (2007) und das Menschenrechtskonzept der Bundesregierung (2011) enthalten explizit das Recht auf „freie, vorherige und informierte Zustimmung“ indigener Völker in allen Fragen, die ihr Land betreffen. Gefährliche Lücken bei REDD Dies gilt jedoch nicht für das wichtigste multilaterale Instrument, die bei der Weltbank angesiedelte Forest Carbon Partnership Facility, das die Rahmenbedingungen für zukünftige REDD-Zahlungen schaffen soll. Deutschland ist der größte Geldgeber dieses Instruments, an dem 36 Länder beteiligt sind. Ob in Berlin, Brüssel oder Washington – urgewald kämpft dafür, dass die Rechte der Waldvölker bei REDD nicht mit Füßen getreten werden. Wir arbeiten mit Netzwerken von Nicht-Regierungs-Organisationen auf allen Kontinenten zusammen. Studie um Studie belegt, dass die Erhaltung von Regenwäldern dort am besten gelingt, wo die Landrechte der Waldvölker anerkannt werden. Nur so können sie über Nutzung und Schutz ihrer traditionellen Waldgebiete mit entscheiden. Ihr umfassendes Wissen über die nachhaltige Bewirtschaftung fördert die Artenvielfalt und die Erhaltung des Waldes und hilft das Klima zu stabilisieren. Die Beteiligung der Waldvölker ist die effektivste Art den Regenwald zu schützen. Durch REDD sollen nun Milliarden von Euros fließen – bislang ganz überwiegend ohne eine solche aktive Beteiligung. So wird die internationale Finanzierung in Korruption und in Sackgassen enden. Im Dschungel urgewald-Mitarbeiterin Korinna Horta ist dem Regenwald und seinen Bewohnern inzwischen eng verbunden: „Ich bewundere die Indigenen für ihre tiefe Vertrautheit mit dem Regenwald. Nach einer Stunde hätte ich mich total verlaufen, würde keinen Weg mehr finden und wahrscheinlich an Hunger und Durst schnell zugrunde gehen... Ich weiß, ich kann mich total auf sie verlassen. Sie können wochenlang im Wald unterwegs sein, ohne die Orientierung zu verlieren. Durst? Kein Problem: Sie wissen, welche Lianen angezapft werden können für frisches Wasser, wo Honig und anderes Essbares zu finden ist. Oder wie man auch ganz leicht wieder aus dem Wald herauskommt.“

Mit Ihrer Hilfe verschaffen wir Indigenen Gehör bei obersten Entscheidungsträgern. Immer wieder gelingt es urgewald, „gut gemeinte“ Projekte zu verhindern oder Programme entscheidend zu verbessern. Der Weg ist mühsam, aber effektiv. Deshalb setzen viele Indigene ihre Hoffnung auf diese Zusammenarbeit und vertrauen uns.

Für den gemeinsamen Weg durch den Bürokratie-Dschungel gilt dies Vertrauen auch, nur mit umgekehrten Vorzeichen.

„Dafür sitze ich heute auf einem Baumstamm in einem Pygmäendorf im Regenwald und morgen in einem Konferenzsessel in der Chefetage der Weltbank.“

Korinna Horta

So baut urgewald Brücken zwischen der lokalen Ebene und globalen Entscheidungsträgern.

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Papierwende Die Papierwende NRW ist aus der Initiative 2000plus – Schulmaterialien aus Recyclingpapier, die 1999 in NRW gegründet wurde, hervorgegangen. 12 Jahre lang hat die Initiative 2000plus NRW die Umstellung auf Recyclingpapier und die bundesweite Vernetzung von Papierakteuren vorangetrieben. Mittlerweile gibt es in 13 Bundesländern landesweite Netzwerke mit über 70 Organisationen, die miteinander vernetzt diesen Schwerpunkt bearbeiten.

Agnes Dieckmann

Bisher stand die Umstellung von Primärfaserpapieren auf Recyclingpapier zur Ressourcenschonung im Vordergrund der Netzwerkarbeit. Zukünftig soll die weitere Arbeit die Verringerung des massenhaften Papierverbrauchs thematisieren und Einsparungen auf verschiedenen Entscheidungs- und Handlungsebenen vorantreiben. Im Rahmen des Projektes „Papierwende NRW – Wald- und Ressourcenschutz durch Papiersparen“ hat urgewald in Funktion der Projektleitung eine Fachtagung mit nachfolgendem 2-tägigen Strategieworkshop konzipiert und vorbereitet. Die Fachtagung im Februar 2012 verfolgte das Ziel, strategisch bedeutsame Anknüpfungspunkte zur Einsparung von Papier im Bereich Politik und Entscheider, Groß- und Endverbraucher, Kommunen, Handel und Industrie zu identifizieren und das Know-how zu wirksamen Papiersparmaßnahmen sowohl in technischer als auch kommunikativer Hinsicht zu vertiefen. Darüber hinaus wurde die Bündnisseite http://papierwende.de neu gestaltet und dem neuen Schwerpunkt Wald- und Ressourcenschutz entsprechend inhaltlich überarbeitet.

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„Alle gewinnen!“

Stromwechseln hilft!

„Mit dem Wech sel zu Ökostrom entscheide ich mich für sauber e Energie und en gagiere mich fü r eine Sache die mir am Herzen liegt.“ ANJA FR ANKE,

SCHAUSPIELER IN

Alle gewinnen – Stromwechseln hilft Bereits im Jahr 2009 hat urgewald eine Stromwechselaktion für Bioläden gestartet. Über 700 Geschäfte beteiligten sich und ermöglichten ihren Kunden den Wechsel zu Ökostrom, der mit einem 20-Euro-Einkaufsgutschein belohnt wurde. Ende 2010 war diese Kampagne beendet, sehr zum Bedauern vieler Bioläden und urgewald-Aktiven, die mit unseren Materialien gerne für den Ökostromwechsel werben. Deshalb starteten wir 2011 eine neue Kampagne, bei der für jeden Wechsel zu einem der vier anerkannten Ökostromanbieter gleichzeitig eine gute Sache unterstützt wird. „Alle gewinnen. Stromwechseln hilft.“ ist eine Verbraucherkampagne, durch die im letzten Jahr 11.7000 € an unsere Partnerprojekte fließen konnten: In Ecuador bietet ein Indianerdorf der Erdölindustrie die Stirn. Die Dorfbewohner pflanzen eine „Lebenslinie“ aus blühenden Bäumen, um ihr Land zu markieren. Die Albert Schweizer Stiftung führt mit dem Geld aus den Wechselprämien vegetarische Kochschulungen in Kitas und Schulen durch. Heim-statt Tschernobyl ist die Partnerorganisation, für die die meisten WechslerInnen gewonnen wurden. In Weißrussland entsteht auch mit Hilfe der Wechselprämien eine Gesundheitsstation für Umsiedlungs-Familien aus den Tschernobyl-Gebieten. Dietrich von Bodelschwingh ist begeistert, wie erfolgreich die Kampagne ist: „Wir setzen das Geld für eine neue Ambulanz im Umsiedlungsdorf Stari-Lepel ein. Mit dem Bau wurde schon begonnen, die Einweihung ist für 2012 vorgesehen.“

Agnes Dieckmann

Andrea Soth

Alle unsere Partner finden Sie unter: http://www.stromwechseln-hilft.de/

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„Banken und Biokraftstoffe Der Biokraftstoffboom und seine Folgen“ Klimaschutz ist in aller Munde. Heute, wo die unbeherrschbare Risikotechnologie Atomkraft und die CO2- intensiven Kohlekraftwerke Auslaufmodelle werden, liegt die Zukunft in Erneuerbaren Energien. Auch die Biokraftstoffe sollen einen Teil zur klimafreundlichen Energieversorgung beitragen. Doch welche Folgen hat der Anbau von Biokraftstoffen und welche Nachhaltigkeitskriterien müssen angelegt werden, um tatsächlich eine positive Energiewende zu erreichen?

Lydia Kroll

Biokraftstoffe wurden lange als umweltfreundliche Alternative gegen Klimawandel, Rohstoffknappheit und die Abhängigkeit vom Öl gepriesen. Heute stellen sie sich als eine der Haupttriebkräfte für Landnahme, den Anstieg von Nahrungsmittelpreisen und Naturzerstörung heraus. Auch ihr tatsächlicher Beitrag zum Klimaschutz ist in vielen Fällen sehr fraglich. Die Anbaumethode als großflächige Monokulturen verwandelt Lebensräume in Grüne Wüsten. Die einhergehende Zerstörung von wichtigen Kohlenstoffspeichern wie Wälder, Savannen oder Moore führt den Anbau von Energiepflanzen ad absurdum. Folge des Biokraftstoffbooms ist die fortschreitende Ausbeutung von Land in ärmeren Nationen durch reiche Industrieländer. Trotz lauter werdenden Warnungen treiben Regierungen und Lobbyisten den Welthandel mit Bioenergien immer weiter voran. Unsere Recherche beschreibt die Rolle der Politik, der Firmen und der Investoren, prägnante Fallbeispiele zeigen die zerstörerischen Folgen. Nachzulesen in der Broschüre: „Banken und Biokraftstoffe - Der Biokraftstoffboom und seine Folgen“

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„Wir müssen reden.“ Banken-Dialog „Kohle“ Mit dem seit mehreren Jahren erfolgreich durchgeführten Banken-Dialog-Programm trägt urgewald dazu bei, das Thema Nachhaltigkeit durch einen kontinuierlichen Dialog stärker in den Banken zu verankern. Das Programm hilft, die Entwicklung und Umsetzung von Nachhaltigkeitspolicies und -kriterien für das Kreditgeschäft zu befördern und kritisch von außen zu begleiten. Gleichzeitig informieren wir die Öffentlichkeit darüber, wie deutsche Banken mit dem anvertrautem Geld ihrer Kunden umgehen – sprich: mit welchen Geschäften sie ihr Geld verdienen. Im Vorfeld des UN-Klimagipfels in Durban hat urgewald im Juli 2011 ein Bankendialoggespräch zum Thema Kohle durchgeführt. Dabei ging es darum, Investitionen deutscher Finanzinstitute in Kohlekraftwerke und Kohlebergbau als „Klimakiller“ kritisch zu beleuchten und fortschrittliche Richtlinien in diesem Bereich vorzustellen. Um international vergleichbare Ergebnisse zu haben, beschränkten wir den Fokus nicht nur auf deutsche Finanzhäuser, sondern untersuchten im Vorfeld in einer Recherche 93 international führende Banken. Urgewald hat daraus gemeinsam mit Partnerorganisationen aus anderen Ländern eine Studie angefertigt. Diese analysiert die Finanzierung der weltweit 31 größten Unternehmen, die Kohlebergbau betreiben sowie die Finanzierung der weltweit 40 größten Betreiber von Kohlekraftwerken. Dabei stellte sich heraus, dass gerade beim Thema Kohle die Milliardeninvestitionen führender deutscher Banken in klarem Widerspruch zu ihren öffentlichen Bekenntnissen zum Klimaschutz stehen. Erschreckenderweise zeigte unsere Untersuchung auf, dass sich die Kohlefinanzierung seit Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls fast verdoppelt hat, obwohl die katastrophalen Folgen des Klimawandels immer offensichtlicher werden. Für die Zukunft hoffen wir, weitere Fürsprecher innerhalb der Banken für die Notwendigkeit verbindlicher Regeln für den Kohlesektor zu gewinnen. Vielen Banken erkannten erst im Dialoggespräch, dass auch Finanzierungen im Kohlebereich ein Reputationsrisiko darstellen (können) und sie deshalb, ihre Portfolien in diesem Bereich einer kritischeren Analyse unterziehen müssen.

Barbara Happe

Heffa Schücking

Lydia Kroll

Die Ergebnisse der Studie stellten wir auch bei der Businessakademie der HypoVereinsbank im Oktober 2011 vor, auf der VfU Jahrestagung (Verein für Umweltmanagement bei Banken, Versicherungen und Sparkassen) im November 2011 sowie auf der UN-Klimakonferenz in Durban in einem side event und einer Pressekonferenz. Regine Richter

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Weltbank / EIB Energie, Rohstoffe und Menschenrechte

Regine Richter

Korinna Horta

Knud Vöcking

Unsere Arbeit zur Weltbank war geprägt durch viele Termine außerhalb von Sassenberg. Auch in diesem Jahr nahm urgewald an den Frühjahrs- und Jahrestagungen der Weltbank teil, Korinna Horta und Knud Vöcking reisten im April und Oktober nach Washington. Die wichtigen Themen 2011 waren neben REDD die neue Energiestrategie der Weltbank und die Überarbeitung der Umwelt- und Sozialstandards der Weltbank. urgewald hat in den Fachgesprächen zur Energiestrategie in Bonn, Berlin, Brüssel und Washington versucht die Weltbank davon abzubringen weiterhin große Kohlekraftwerke zu finanzieren. Ende 2010 hatte der südafrikanische Energiekonzern ESKOM über 3 Mrd. Dollar für ein Kohlekraftwerk zu bekommen, das nicht einmal eine Schwefelabscheidung hat. Wir fordern, dass die Weltbank in Zukunft auf Erneuerbare Energien setzt. Das Thema Energie ist für uns aber auch im weiteren Zusammenhang wichtig. Gemeinsam mit mehreren anderen NROs aus der EU haben wir ein Projekt gestartet, das sich kritisch mit der Frage auseinandersetzt, was eigentlich die Menschen in den Entwicklungsländern davon haben, wenn Kohle, Erdöl, Erdgas aus ihren Ländern nach Europa, USA, China oder Indien exportiert wird. Dies war auch Thema auf dem Evangelischen Kirchentag in Dresden. Dort hatten wir gemeinsam mit anderen Gruppen einen großen, gut besuchten Infostand zum Thema Rohstoffe. Korinna Horta und Barbara Happe waren auch Rednerinnen auf Kirchentagspodien. Zu unserer Überraschung kam das BMZ (Entwicklungsministerium) Anfang des Jahres mit der Idee, sich für die Entwicklungszusammenarbeit einen Standard, eine Richtlinie zu geben. Damit ist Deutschland Vorreiter in den Industrieländern. Wir haben uns an den Fachgesprächen mit dem Ministerium intensiv beteiligt und konnten einige Punkte in der Richtlinie verankern. So ist das Papier auch für die deutschen Vertreter in der Weltbank und anderen multilateralen Organisationen Richtschnur des Handelns. Und Deutschland will eine eigene Beschwerdestelle einrichten. An diese können sich alle wenden, die ihre Rechte durch das Handeln deutscher staatlicher Entwicklungsorganisationen verletzt sehen. Dieser Menschenrechtsstandard ist für uns ein wichtiges Instrument, wenn nach ausgiebigen Vordiskussionen 2012 die Überarbeitung der Umwelt- und Sozialstandards der Weltbank beginnen. Diese so genannten ‚Safeguards’ sind in allen unseren Arbeitsbereichen der Bezugsrahmen, wenn es um die Einhaltung von Standards geht. 2011 hat urgewald bei den Weltbanktagungen einige Diskussions- und Informationsveranstaltungen organisiert, die sich mit Fallbeispielen der mangelhaften Anwendung der ‚Safeguards’ befassten. Insgesamt ist die Arbeit zur Weltbank geprägt durch viele Gesprächstermine mit Entscheidungsträgern, Fach- und Strategiekonferenzen. urgewald ist hier ein

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wichtiger Partner für Gruppen aus anderen Industrieländern, aber vor allem auch aus Entwicklungsländern. Mongolei: urgewald Mitarbeiterin Regine Richter besucht im Juni 2011 die Mongolei. Dort wollen Weltbank und Osteuropabank helfen, die Kupfer/Gold Mine Oyu Tolgoi und die Kohlevorkommen Tavan Tolgoi zu erschließen. Beide Projekte sind in der Wüste Gobi angesiedelt, einem äußerst fragilen, wasserarmen Ökosystem. urgewald besuchte mit den Partnern vom osteuropäischen CEE Bankwatch Network und der lokalen NGO OTWatch die Wüste Gobi und diskutierte mit Nomaden, der lokalen Verwaltung und den Unternehmen. urgewald verfolgt kritisch sowohl die Kreditvergabe der Entwicklungsbanken als auch die deutsch-mongolische Rohstoffpartnerschaft. Auszug urgewald Pressemitteilung vom 10. Oktober 2011: OT Watch organisierte im Juni 2011 einen Besuch des osteuropäischen Umweltnetzwerks CEE Bankwatch Network und der deutschen Umweltorganisation urgewald in der Kohleabbauregion in der Wüste Gobi. Sie besuchten die Bergbausiedlung Tsogttsetsii, die in wenigen Jahren ihre Einwohnerzahl verdoppelte, was die Kapazitäten von Schule und Krankenhaus sprengt. Gleichzeitig erhält die Gemeinde nicht genug aus den Bergbauabgaben, um ihre Infrastruktur anzupassen, weil fast die gesamten Einnahmen in die Hauptstadt fließen. „Es wird immer wieder behauptet, beim aktuellen mongolischen Rohstoffboom sollten die Einkünfte gerecht verteilt werden. Die bisherige Realität deutet jedoch darauf hin, dass wieder nur die Eliten profitieren werden und die Abbaugebiete nichts bekommen außer den vielfältigen Problemen“, mutmaßt Regine Richter von urgewald. So verbraucht der Teil von Tavan Tolgoi, der bereits entwickelt wird, schon 25 Prozent eines fossilen Wasserspeichers, obwohl dabei nur vier Prozent der Kohlevorkommen von Tavan Tolgoi erschlossen werden. Und Gespräche mit der lokalen Verwaltung zeigten, dass diese keinerlei Vorstellung von den möglichen gesundheitlichen Auswirkungen des Kohleabbaus hat. urgewald macht sich deswegen keine Illusionen über die geplante Rohstoffpartnerschaft zwischen Deutschland und der Mongolei. „Bei der Rohstoffpartnerschaft geht es um knallharte deutsche Wirtschaftsinteressen: Zugang zu Rohstoffen, für Deutschland offene Märkte und politische Unterstützung für die deutschen Unternehmen. Die Rhetorik von der ‚Win-win Situation für alle’ ist im wesentlichen schmückendes Beiwerk und nicht mehr. Kollegen von mongolischen Umweltorganisationen berichten, dass die deutsche Botschaft für sie extrem schwer zugänglich ist, während der deutsche Botschafter in mongolischen Medien massiv für das deutsche Kohle-Konsortium geworben hat. Da sehe ich nur einen Gewinner: die deutsche Industrie und nicht mongolische Umweltinteressen“, urteilt Richter. Bericht „Spirited away“ http://bankwatch.org/sites/default/files/spirited-away-mongoliamining.pdf Europäische Investitionsbank und die sambische Kupfermine Mopani Nicht nur die Bundesregierung will ihrer Industrie Rohstoffe in aller Welt sichern, auch die EU arbeitet an einer Rohstoffinitiative, bei der die Europäische Investitionsbank (EIB) eingeplant ist. Sie soll helfen, Rohstoffe weltweit zu erschließen. Was dies jedoch vor Ort bedeuten kann hat urgewald als Mitglied des Netzwerkes Counter Balance gezeigt: die EIB hat Darlehn für das Mopani Copper Mine Konsortium in Sambia vergeben. Dessen Hauptakteur ist die schweizerische Firma Glencore. Nach Besuchen in Sambia veröffentlichte Counter Balance den Bericht “The Mopani copper mine, Zambia – How European development money has fed a mining scandal”. Dieser zeigt die schwerwiegende Luftverschmutzung durch die Kupfermine sowie das Problem, dass die Mine sich arm rechnet und so praktisch keine Steuern in Sambia zahlt. Im Februar 2011 kam eine Rechnungsprüfung an die Presse, die nachzeichnet, wie der Betreiber der Mopani Kupferhütte voraussichtlich „Steuern optimierte“. In der Folge sprachen sich über 50 Europaparlamentarier dafür aus, Rohstoffabbau erst dann wieder mit öffentlichen Geldern zu unterstützen, wenn bessere Standards solche Skandale verhindern. Die EIB, die Counter Balance Vorwürfe immer von sich gewiesen hatte, sah sich durch den öffentlichen Druck gezwungen, eine interne Untersuchung zu starten und Glencore zum unerwünschten Kunden zu erklären. Zudem kündigte die neue sambische Regierung an, die Abkommen mit Bergbauunternehmen zu überprüfen, um sicher zu stellen, dass diese korrekt Steuern zahlen.

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Klimakonferenz in Durban Recherche und Kampagnenstart: Bankrolling Climate Change

Heffa Schücking

Für Aufsehen in Durban und in der internationalen Presse hat die Studie „Bankrolling Climate Change“ gesorgt, die urgewald durch Hauptautorin Heffa Schücking auf einem der vielen „Side-Events“ vor rund 150 internationalen Journalisten, Delegierten und NGOVertreter/innen präsentierte. Die Studie liefert wichtige Basisdaten für internationale NGO-Kampagnen, denn der Klimawandel wird ganz gewaltig auch von der Finanzindustrie vorangetrieben. Erstmals liegt eine umfassende Untersuchung darüber vor, wie international führende Finanzinstitute durch Finanzierung der Kohleindustrie zum Klimaproblem beitragen. „Nun können sich die Banken nicht mehr hinter schönen Klimaworten verstecken, denn unsere Studie identifiziert die wichtigsten Klimakiller unter ihnen und ihre Kohle-Portfolios sind nun erstmals mit einander vergleichbar“, so Schücking. Die Kohlefinanzierung wurde untersucht, weil Kohlekraftwerke die größte Quelle für CO2Emissionen sind. Erschreckenderweise hat sich die Kohlefinanzierung von Banken seit Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls fast verdoppelt, obwohl die katastrophalen Folgen des Klimawandels immer offensichtlicher werden.

Lydia Kroll Die nächsten 10 bis 15 Jahre sind entscheidend, ob es gelingt die Folgen des Klimawandels zu begrenzen. Zweifel an ernsthaften und durchgreifenden Maßnahmen durch die Politik sind angebracht. In der Praxis entscheiden jedoch wieder einmal die Banken: sie sind diejenigen, die das notwendige Kapital zur Verfügung stellen - finanzieren sie den Klimawandel weiter wie bisher oder sind sie aufzuhalten? Wir werden zukünftig die Klimakiller und ihre Geldgeber weiter unter Druck setzen. Mit Protest- und Verbraucherkampagnen wollen wir eine größere Sensibilität für die Klimaauswirkungen von Banken und Finanzprodukten erreichen. Regine Richter

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Fazit Dieser Bericht kann nicht sämtliche Aktivitäten darstellen, nicht alle Aktionen, an denen wir mitgewirkt haben oder die wir initiiert haben. Wir hoffen, dass die ausgewählten Schwerpunkte und Kampagnen aber einen groben Überblick über unsere Themen geben. Weitere Informationen finden Sie auf den Kampagnenseiten unserer Homepage http://urgewald.org/, auf den Kampagnenseiten http://www.stromwechseln-hilft.de/, auf http://papierwende.de/ und auf den Kampagnenseiten verschiedener Bündnisse.

Viel wichtiger als die Aufzählung „was haben wir gemacht?“ ist die Antwort auf die Frage:

„WAS HABEN WIR ERREICHT?“ Folgende augenscheinliche Erfolge können wir in 2011 verbuchen:

• Aufgrund unserer Kampagne gibt die Deutsche Bank den offiziellen Ausstieg der aus der Finanzierung von Streumunition bekannt – weitere Finanzinstitute folgen. • RWE erklärt im Januar, dass sie als Investor des rumänischen AKW Cernavoda aussteigen. Ein Sargnagel in der Realisierung des Projektes. • Wir halten die Vergabe der Hermesbürgschaft für Angra 3 in Höhe von 1,3 Mrd. Euro an Areva/Siemens auf und mobilisieren Tausende von BürgerInnen zu Protesten, wir interessieren die Medien für das Thema. • 2011 ist ein Protestjahr: Hunderttausende gehen auf die Straße, weil sie die Atomgefahren nicht mehr mittragen wollen. Unsere „neuen“ Themen „Atombank“ und Atombürgschaften“ mobilisieren zusätzlich und geben der Anti-Atombewegung neue, starke Argumente. • Die Steuertricksereien von Bergbauunternehmen kommen am Beispiel der Mopani Mine in Sambia ans Licht und zwingen die EIB dieses Geschäft genauer zu prüfen, ermuntern Europaparlamentarier, sich für bessere Standards bei Bergbauprojekten einzusetzen und erlauben es der sambischen Regierung, ihre Bergbauverträge mit großen Firmen neu zu diskutieren. • Ende 2011 gelingt es uns, die Klimarelevanz von Banken plakativ und mit internationalem Aufsehen zu thematisieren: auf der Klimakonferenz in Durban zeigt die Studie eindrücklich, dass nicht nur die Politik, sondern auch die Finanzwirtschaft einen enormen Einfluss auf unsere Zukunft hat... • Ein maßgeblicher Erfolg unserer Weltbankkampagne war, dass die überarbeiteten Performance Standards der International Finance Corporation, der Tochtergesellschaft der Weltbank, die für Kredite an den Privatsektor zuständig ist, das Prinzip der „freien, vorherigen und informierten Zustimmung“ für indigene Völker in ihre Politikrichtlinien aufgenommen hat, die im Januar 2012 in Kraft treten, Das ist besonders bedeutsam, weil diese Richtlinien auch Privatbanken (Äquator Banken) als Maßstab dienen.

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Bündnisse In den folgenden Bündnissen war urgewald 2011 innerhalb von Kooperationskampagnen aktiv: Atomausstieg selber machen das Bündnis aus 23 deutschen Umwelt- und Verbraucherverbänden wirbt für den Wechsel zu einem der folgenden vier Ökostromanbieter: Greenpeace Energy, Elektrizitätswerke Schönau (EWS), Naturstrom, Lichtblick Bank Track Counter Balance ist eine europäische Koalition von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, die zur EIB arbeiten. Mitglieder sind CEE Bankwatch Network (Zentral- und Osteuropa), Les Amis de la Terre (Frankreich), urgewald (Deutschland), Campagna per la Riforma della Banca Mondiale (Italien), BothEnds (Niederlande), Bretton Woods Project (Großbritannien). ECA-Watch ist ein Bündnis internationaler Nichtregierungsorganisationen, die zu Exportkreditagenturen (in Deutschland Hermesbürgschaften) arbeiten. ECA-Watch ist auf EU und OECD-Ebene aktiv. Die OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) verabschiedet Umweltleitlinien für Exportkreditagenturen. Facing Finance klima allianz deutschland ein Bündnis aus über 110 Organisationen, die sich gemeinsam dafür einsetzen, dass politische Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine drastische Senkung der Treibhausgase in Deutschland bewirken. Papierwende ist ein Bündnis, das sich auf politischer Ebene, bei Entscheidern und (Groß-)Verbrauchern für Ressourcenschonung beim Papierverbrauch einsetzt – durch den Einsatz von Recyclingpapier und vor allem durch eine Verbrauchsreduzierung. urgewald hat das Bündnis (als Initiative2000plus) 1999 mit gegründet.

Mitgliedschaften Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre Eine Welt Netz NRW FSC Deutschland

Zusammenarbeit mit anderen Organisationen: Greenpeace, Robin Wood, ARA, VerbraucherZentrale NRW, Campact, .ausgestrahlt, SoFa Münster, CRBM (Campagna per la Riforma della Banca Mondiale)-Italien, FernBelgien, The Cornerhouse-Großbritannien, Les Amis de la Terre-Frankreich, Both EndsNiederlande, Pacific Environment-USA, Friends of the Earth Japan, Central and Eastern Europe Bankwatch Network, Bank Information Center- USA, International Rivers, USA, Greenpeace- USA, Forest Peoples Programme - England, Misereor, Brot für die Welt, Arbeitsgruppe Tschad. Centrum CSR – Polen, Ecodefense (Russland)

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Kommunikation und Verbreitung Wir informierten Interessenten mittels unserer Internetseite, die wir 2011 völlig neu überarbeitet haben über unseren E-Mail-Newsletter mit ca. 5.000 Abonnenten und über die Versendung von 4 Kampagnenmailings an jeweils zwischen 8 – 12.000 Empfänger. An unseren Online-Protestaktionen beteiligt sich eine stetig wachsende Zahl von engagierten Menschen und im Laufe eines Jahres versenden wir Tausende von Informations- und Kampagnenmaterialien, die vorwiegend über unseren Shop oder telefonisch bestellt werden. Unsere Materialien werden auch durch viele unterstützende MultiplikatorInnen: Einzelpersonen, Bioläden, Heilpraktiker und Ärzte, Kirchen- und Gemeindezentren, Online-Shops verteilt.

Andrea Soth

Auf unserer Facebookseite posten wir tagesaktuelle Meldungen und verweisen auf interessante Veranstaltungen, andere Kampagnen, Zeitungsartikel und vieles mehr. Die Zahl unserer „Freunde“ steigt bis Ende des Jahres auf über 800 Personen an und unsere Inhalte werden von anderen mitverbreitet. Wir beantworten per Brief oder Mail im Jahr hunderte von Anfragen und beraten und informieren täglich Menschen, die sich telefonisch mit Fragen und Hinweisen an uns wenden.

Simone Lennerz

Wir werden als Redner oder Referentinnen angefragt und sind mit Infoständen oder in Workshops an unterschiedlichsten Veranstaltungen beteiligt. Durch intensive Pressearbeit, Interviews und Gespräche mit Journalisten berichten bundesweite Medien wie die Süddeutsche Zeitung, Handelsblatt, Financial Times, taz, Focus oder Spiegel über „unsere“ Themen. Fachmedien, wie die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit unterstützte Fachzeitschrift „Entwicklung und Zusammenarbeit“ greift auf urgewald’s detaillierte Kenntnisse zurück, wenn es um Umwelt- und Sozialstandards bei der Weltbank angeht. Manchmal gelingt es, in Fernsehbeiträgen zu Wort zu kommen und Journalisten mit Hintergrundinformationen für ein Thema zu sensibilisieren. In 2011 z.B. „ZDF Reporter“ zum Thema Hermesbürgschaften für Atomprojekte sowie mehrere Beiträge zum Thema Finanzierung von Streubombenherstellern. So begleitete das Team von Mona Lisa urgewald-Mitarbeiterin Barbara Happe zur Vertragsstaatenkonferenz zum Thema Streubomben in den Libanon Internationale Treffen dienen dem Austausch mit unseren internationalen Kollegen, der Entwicklung von gemeinsamen Strategien und den Gesprächen mit Entscheidungsträgern, die nicht in Berlin und im Bundestag sitzen, sondern im Europäischen Parlament, bei der EU Kommission oder bei internationalen Banken. Öffentliche Diskussionsveranstaltungen im In- und Ausland helfen uns, unsere Ideen und Themen unter die Leute zu bringen.

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Finanzbericht 2011 Einnahmen

2011

2010

2009

Zuschüsse/ Stiftungen1

361.871,-

347.732,-

455.134,-

Spenden u. Förderbeiträge

226.997,-

139.922,-

154.101,-

Zins- u. Kurserträge

3.597,-

999,-

410 ,-

Zweckbetrieb/Verkäufe2

47.674,-

37.438,-

88.059,-

Gesamt

640.139,-

526.091,-

697.705,-

2011

2010

2009

Personalkosten

318.697,-

230.631,-

282.540,-

Kampagnen

257.749-

241.966,-

172.595,-

Reisekosten

66.375,-

22.702,-

38.055,-

Miete u. Nebenkosten

23.801,-

18.326,00

19.423 ,-

Abschreibungen

6.508,-

6.715,-

Gesamt

673.130,-

520.340,-

Ausgaben

512.613,-

Einnahmen: Zuwendungen von Stiftungen und öffentlichen Förderinstitutionen(1), Spenden und Förderbeiträge machen den größten Anteil der Einnahmen bei urgewald aus. Die erfolgreich gegen RWE gewonnene Kampagne hatte 2009 einen enormen Spendenzuwachs zur Folge, (von knapp 100.000 Euro im Vorjahr auf 154.000 Euro 2009) der im Jahr darauf zunächst nicht erreicht werden konnte. Im Laufe des Jahres 2011 entwickelte sich das Wachstum der Spenden und Förderbeiträge jedoch wieder über die Erwartungen hinaus und machte mit fast 227.000 Euro erstmals ein gutes Drittel unserer Einnahmen aus. Der Verkauf von Materialien und Einnahmen von Veranstaltungs- und Tagungsbeiträgen sind eine weitere Einnahmequelle, in diesen Bereich fallen auch die Provisionen unserer Stromwechsel-Kampagnen und gelegentliche Sponsoring-Einnahmen. (Zweckbetrieb2) In den letzten Jahren konnten wir unsere Einnahmen kontinuierlich steigern und damit mehr Personal und Kampagnenarbeit finanzieren. Die stetig steigenden Spenden-Einnahmen und die kalkulierbaren Zusagen unserer Fördermitglieder fangen die tendenziell etwas zurückgehenden Einnahmen bei den Förderinstitutionen auf. (Dies ist den Zahlen nicht unmittelbar anzusehen, da z.B. in 2009 Fördermittel eingingen, die erst im Jahr 2010 verausgabt wurden)

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Der Verein verfügt zu Ende 2011 über ca. 80.000 Euro, die als Rücklage für „Notsituationen“ gedacht sind. Diese Summe wurde über den Zeitraum von fast 10 Jahren angespart und aus den jeweiligen Haushaltsjahren entnommen. Laufende Zahlungen, wie Personal oder Miete können hiermit im Notfall aufgefangen werden. Ausgaben: Die steigenden Einnahmen wurden in Kampagnen und zusätzliches Personal investiert. Im Jahresabschluss ausgewiesene Mehrausgaben waren jeweils gedeckt durch bereits im Vorjahr vereinnahmte Förderzuschüsse. Seit 2009 werden alle Geschäftsvorfälle bei urgewald von einem Steuerbüro gebucht, das auch die Jahresabschlüsse erstellt.

Impressum: Autorin: Andrea Soth Herausgeber: urgewald e.V. Von-Galen-Str. 4 48336 Sassenberg www.urgewald.de andrea@urgewald.de Stand November 2012

Dank und Ausblick: Ein großer Dank gilt den Stiftungen und Förderinstitutionen, die uns seit vielen Jahren fördern und mit deren Unterstützung wir langfristige Projekte und Kampagnen durchführen können. Ein besonderer Dank gilt dabei ihren MitarbeiterInnen, die als unsere ersten Ansprechpartner oft einen großen Anteil daran haben, dass ein Förderantrag bewilligt wird und wir einen wichtigen Arbeitsbereich, eine große Kampagne, ein neues Thema anschieben können. Die stetig steigenden Einnahmen aus Spenden und Förderbeiträgen ermöglichen uns unabhängig, schnell und schlagkräftig zu arbeiten. Wir können uns – trotz insgesamt stagnierender Spendenquoten – über einen Zuwachs an interessierten und aktiven Spenderinnen und Spendern freuen. Besonders die verlässlichen Zusagen unserer Fördermitglieder sind mittlerweile ein festes Standbein in unserer Finanzplanung. Ihnen allen ein ganz herzliches Dankeschön! Darüber hinaus engagieren sich unsere Spender und Fördermitglieder häufig aktiv in den Kampagnen – protestieren, schreiben Briefe, verteilen Materialien und vieles mehr. Auch hierfür möchten wir uns bedanken. In den nächsten Jahren wollen wir den eingeschlagenen Weg weiter verfolgen – Stiftungen werden auch weiterhin eine tragende Rolle in unserer Finanzierung spielen. Neue Stiftungskonzepte, wie z.B. die Bewegungsstiftung oder die European Climate Foundation sind wichtige Partner, um politische Kampagnenarbeit zu finanzieren. Schlagkraft, Schnelligkeit und die Unabhängigkeit von definierten Projekten und Kampagnen erhalten wir durch einen elementaren Anteil an Spenden- und Förderbeiträgen. Dieser betrug 2011 erstmals ca. 1/3 und soll weiter wachsen.

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