univie Nr. 3/2011

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KARRIERE & WEITERBILDUNG

Manche Verlage kontaktieren AbsolventInnen systematisch und machen eine Publikation schmackhaft. Die Produktion läuft dann jedoch am Fließband.

Der Traum vom Buch

DRUCKWERK. Die Erstellung der Abschlussarbeit kostet Zeit und Mühe. Wem die Arbeit für die Schublade zu schade ist, denkt an eine Veröffentlichung als Buch. Worauf man achten soll und was man sich erwarten darf. TEXT: JUDITH JENNEWEIN • FOTO: ISTOCKPHOTO/KYOSHINO

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wei Jahre lang arbeitete Birgit Ne­ ger an ihrer Diplomarbeit. Die Ge­ schichtsstudentin beschäftigte sich mit dem Wandel des Begriffs der „Hexe“ in Europa im 20. Jahrhundert – früher wur­ den sie verfolgt, heute leben selbsternannte „Hexen“ unter uns. Mit ihrer 246 Seiten dicken Abschlussarbeit lieferte sie einen der umfassendsten Texte zu diesem im deutschsprachigen Raum wenig erforsch­ ten Phänomen. Ermuntert von ihrem Be­ treuer und getrieben von dem Wunsch, ihre Forschung einer breiten LeserInnen­ schaft zugänglich zu machen, machte sich Birgit Neger auf Verlagssuche. „Es war mir wichtig, einen seriösen Verlag zu fin­ den, der keinen Druckkostenzuschuss von mir verlangt und bei dem ich inhaltlich 26

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mitbestimmen kann.“ Sie wollte nicht ins „Esoterik-Eck“ gedrängt werden und den wissenschaftlichen Anspruch aufrechter­ halten. Birgit Neger landete beim Böhlau Verlag. WELCHER VERLAG DER RICHTIGE IST. „Ide­ al ist, wenn Verlag und AutorIn in gleichem Maße Interesse an der Veröffentlichung haben und gerne zusammenarbeiten“, sagt Benedikt Föger, Vorsitzender des Öster­ reichischen Verlegerverbandes und Ge­ schäftsführer des Czernin-Verlags. Auch bei seriösen Verlagen könne es jedoch vor­ kommen, dass finanzielle Zuschüsse von AutorInnen verlangt werden, „wenn das Buch ansonsten nicht finanzierbar wäre“, erklärt Föger. Birgit Negers Buch hatte

genügend Potenzial, um die Autorin kos­ tenfrei zu halten, doch auch beim Böhlau Verlag ist das nicht immer so. „Vor allem, seit das Wissenschaftsministerium keine Druckförderung mehr gibt“, bestätigt Eva Reinhold-Weisz, Programmchefin bei Böh­ lau. „Wir versuchen zuerst immer, über den FWF, Stiftungen oder interessierte In­ stitutionen Förderungen zu bekommen. Erst zuletzt fragen wir den Autor oder die Autorin.“ Eine branchenübliche Höhe für den AutorInnen-Zuschuss gebe es nicht, so Reinhold-Weisz: „Jedes Buchprojekt ist anders.“ Sollte ein Zuschuss notwendig werden, sollte man als AutorIn die Detail­ kalkulation anfordern und das geplante Marketing abklären. SO NICHT. „Unseriös wird es, wenn sich der Verlag allein durch die AutorInnen finan­ ziert und diese die gesamten Kosten des Bu­ ches übernehmen müssen“, warnt Benedikt Föger. Das tut der Geldbörse weh und führt zu nichts: „Der Verlag hat seinen Gewinn mit dem Autor schon gemacht und kein Interesse daran, das Buch zu verkaufen.“

Birgit Neger, Alumna der Geschichte, veröffentlichte ihre Diplomarbeit als Buch.


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