HSG Blatt Nr. 2 2010

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Emeritierungen

19. April 2010

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Weitsichtiger Mittler mit hohem Engagement Zur Emeritierung des Privat- und Wirtschaftsrechters Prof. Dr. Peter Nobel gement und Weitblick erfolgreich Grenzen sprengt, kann mit Widerständen konfrontiert werden. Dies erlebte Peter Nobel, was ihm innerlich mehr zu schaffen machte, als von aussen zu erkennen war.

Von Ruhestand wird bei Peter Nobel in absehbarer Zukunft keine Rede sein. Seine Energie und seine intellektuelle Neugier verhindern, dass er so schnell zur Ruhe kommt und Stillstand ist seine Sache ohnehin nicht. Selbst Absolvent der HSG und im Jahr 1973 mit einer St.Galler Dissertation zur «Europäisierung des Aktienrechts» promoviert, zog es Peter Nobel nach seiner Assistenzzeit in Zürich in die Praxis, wo er nach kurzer Zeit in der Rechtsabteilung eines Medienkonzerns das Korsett des Arbeitsverhältnisses als zu eng empfand und eine eigene Anwaltskanzlei in Zürich eröffnete und zur Blüte brachte. Nach seiner Habilitation an der HSG übernahm er hier ab dem Jahr 1982 Lehraufträge. Diese nebenamtliche Uni-Karriere führte den stets konstruktiv-kritischen Anwalt und Lehrer 1984 zur Titularprofessur. 1997 wurde er zum Extraordinarius ernannt. Auch hier war ihm das räumliche Korsett zu eng und so ergriff er die Gelegenheit, in unmittelbarer Nähe der HSG ein Haus für sich und die Assistenten zu erwerben, das er in grosszügiger Weise den Studierenden und HSG-Angehörigen als Bibliothek und Begegnungsraum zur Verfügung stellte. Mit Unterstützung der Werner-Siemens-Stiftung wurde es 2009 in die Verfügungsgewalt der MLE-Stiftung überführt, wodurch dessen Status als MLE-Haus zum Nutzen der Universität

Internationales Netzwerk Die Forschungsstelle für Informationsrecht an der Universität St.Gallen (FIR-HSG) hat in Partnerschaft mit dem Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement (MCM-HSG) einen Zusammenarbeitsvertrag mit dem Berkman Center for Internet & Society at Harvard University abgeschlossen. Zusammen mit dem Information + Innovation Policy Research Centre (i+i Centre) der Lee Kuan Yew School of Public Policy an der National University of Singapore bilden die beteiligten Institute ein Forschungsnetzwerk, das sich über drei Kontinente erstreckt. (red.)

Impressum April 2010 31. Jahrgang Auflage: 6000 Mitteilungen der Universität St.Gallen Hochschule für Wirtschafts-, Rechtsund Sozialwissenschaften (HSG) Erscheint sechs Mal pro Jahr und ist auch über Internet abrufbar: www.unisg.ch (Rubrik: HSG und Öffentlichkeit, Info-Material) Redaktion Marius Hasenböhler, Annkathrin Heidenreich, Daniela Kuhn, Jürg Roggenbauch, Edith Steiner, Markus Zinsmaier Layout Walo von Büren Herausgeber Universität St.Gallen (HSG) Kommunikation Dufourstrasse 50 CH-9000 St.Gallen Tel. 071 224 22 25 | Fax 071 224 28 15 E-Mail: kommunikation@unisg.ch www.unisg.ch Druck St.Galler Tagblatt AG 9001 St.Gallen

Engagierter und sensibler Kämpfer

Peter Nobel: Prägend für die Rechtswissenschaft an der HSG. und der Studierenden für die kommenden Jahrzehnte gesichert werden konnte.

Dauerhafte Spuren an der HSG

Peter Nobel hinterlässt an der HSG nicht nur materielle Spuren, sondern er hat trotz erfolgreicher Tätigkeit als Anwalt, Handelsrichter und Mitglied der Schweizerischen Bankenkommission auch ganz entscheidend zur Weiterentwicklung der Lehre an der HSG beigetragen. Auch hier sprengte er Grenzen, indem er früh die besondere Notwendigkeit der Verbindung von Wirtschaft und Recht in Lehre,

Bild: Regina Kühne

Wissenschaft und Praxis und die besonderen Chancen, die sich dafür an der HSG bieten, erkannte. Er war massgebend bei der Konzeption und der Umsetzung des neuen Kombinationslehrgangs Rechtswissenschaft mit Wirtschaftswissenschaft beteiligt und hat entscheidend dazu beigetragen, diesen Lehrgang durch den International Academic Council und die MLE-Stiftung akademisch und finanziell abzusichern. Für beide Ziele hat er sein Beziehungsfeld aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaftspraxis mit grossem Engagement eingebracht. Wer mit Enga-

Hinter seiner mitunter etwas impulsiven Art, mit der er das durchsetzen wollte und weitestgehend konnte, was er für richtig hielt, steht eine feinsinnige, hochgebildete, auch sensible Persönlichkeit mit vielfältigen Interessengebieten und Aktivitätsfeldern. Nebst seinem Interesse für alle Objekte, die mit einem Motor betrieben werden, beschäftigt sich Peter Nobel intensiv mit Literatur und Kunst, ohne die übrigen angenehmen Dinge des Lebens ausser Acht zu lassen. Sein Faible für Kunst kommt der HSG zugute, wo er seit vielen Jahren die Kunstkommission präsidiert. Seine Neigung, Grenzen zu sprengen und sich nicht in ein Schema einpassen zu lassen, findet einen interessanten Gegensatz bei seiner Passion als Kunstsammler, die er mit seiner Frau Anette teilt. Hier hat er sich gewissermassen «einpressen lassen» und mit der gemeinsamen Sammlung von «Press Art» die sie während Jahrzehnten aufgebaut und ausgebaut haben, nationale und internationale Beachtung gefunden. Seine Fähigkeiten als Wissenschafter und Hochschullehrer mit engem Praxisbezug sind der Konkurrenz nicht verborgen geblieben und so wurde er im März 2007 von der Universität Zürich ehrenhalber zum Ordinarius für schweizerisches und internationales Handels- und Wirtschafts-

recht berufen. Trotz dieser Ernennung und gewisser Enttäuschungen, die er in St.Gallen erlebte, hat er sein Engagement zum Wohle der Studierenden und des BLE/MLE-Lehrgangs weitergeführt, und es ist zu hoffen, dass er dieses weitsichtige Engagement auch nach der nun bevorstehenden Emeritierung beibehalten wird. Prof. Dr. Robert Waldburger

Zufall Gerechtigkeit? Öffentliche Abschiedsvorlesung von Prof. Dr. Peter Nobel zum Thema: «Zur Gerechtigkeit bei Friedrich Dürrenmatt (aus der Rück-Sicht eines Wirtschaftsrechtlers)», 11. Mai 2010, 18.15 Uhr, Raum 09-011. «Gerechtigkeit» ist zurzeit ein unter Juristen wieder viel diskutierter Begriff. Jedem das Seine nach der Krise. Für Friedrich Dürrenmatt war Gerechtigkeit der «Generalbass» seines Werkes. Die Vorlesung lässt wesentliche Teile seines Werkes Revue passieren, mit einem Akzent auf seinen Auseinandersetzungen über diese Gerechtigkeit, die auch im «Monstervortrag» über Recht und Gerechtigkeit stattfindet. Kann man daraus, und etwa aus dem «Besuch der Alten Dame», noch etwas lernen? Warum tragen alle plötzlich gelbe Schuhe? Man kann lernen, dass der Gang des Rechtes oft so fatal und zufallsbedingt ist, dass an die Stelle grosser Theorie mehr Bescheidenheit treten sollte.

Politikwissenschafter mit Praxisbezug Prof. Dr. Hans Peter Fagagnini tritt nach 30 Jahren Lehrtätigkeit in den Ruhestand Auf Ende des laufenden Frühjahrssemesters tritt Prof. Dr. rer. publ. Hans Peter Fagagnini in den Ruhestand. Wie kaum ein anderer Politikwissenschafter an der HSG hat er es verstanden, wissenschaftliche Reflexion und politische Praxis zu verknüpfen. Nach Berufslehre und Matura studierte Hans Peter Fagagnini von 1966–1970 an der HSG Staatswissenschaften und war bei Professor Alois Riklin erster Assistent im Fach Politikwissenschaft. Nach der Promotion 1974 führte ihn seine berufliche Laufbahn rasch in die Zentren schweizerischer Politik.

Wirtschaft und Wissenschaft

Er war von 1974–1988 Generalsekretär der CVP Schweiz, von 1988–1992 Vizedirektor im Bundesamt für Verkehr und von 1993–1998 Generaldirektor der SBB. Als CEO leitete er in der Folge ein internationales Transportunternehmen. Heute ist er Präsident der Swiss Academy for Development und nimmt in Ausbildung und Beratung weitere Mandate wahr. Zudem wirkt er als gesuchter Referent zu Themen der schweizerischen Politik, vor allem zum Verhältnis von Staat und Wirtschaft, zu Fragen des Managements öffentlicher Institutionen sowie zu den Herausforderungen in Verkehrspolitik und Verkehrswirtschaft. Trotz intensiven beruflichen Engagements stellte sich Hans Peter Fagagnini über drei Jahrzehnte der HSG zur Verfügung. Seit 1980 hat er regelmässig

unterrichtet, im früheren Staatswissenschaftlichen Lehrgang die Pflichtkurse «Einführung in die Politikwissenschaft», «Politische Systeme im Vergleich» und «Politikfeldanalyse», seit der Bologna-Reform im Kontextstudium die stark nachgefragte Veranstaltung «Wirtschaft und Politik». Darüber hinaus betreute er viele Diplom-, Bachelor- und Master-Arbeiten und mehrere Dissertationen. Gestützt auf die Habilitationsschrift «Föderalistischer Aufgabenverbund in der Schweiz» ernannte ihn die HSG 1990 zum Privatdozenten für Politikwissenschaft, 1994 zum Titularprofessor. Als Ratgeber steht er verschiedenen HSG-Instituten zur Verfügung. Er war Mitglied der Geschäftsleitenden Ausschüsse von ior/cf-HSG und IDT-HSG, er gehört dem Ausschuss des SEW-HSG an und ist GLA-Präsident der Forschungsstelle für Logistikmanagement.

Ein Politikwissenschafter kann seinem Fach auf unterschiedliche Weise Relevanz verleihen. Hans Peter Fagagnini hat dies getan, indem er politikwissenschaftliche Konzepte, Befunde und Theorien herangezogen hat, um damit wichtige Gegenwartsprobleme der schweizerischen Politik neu zu beleuchten und in grössere Zusammenhänge zu stellen. Leitend ist für ihn stets die Idee, dass Politikwissenschaft nur etwas taugt, wenn sie praktisch wird, also das politische Handeln kritisch informieren kann. Beleg dafür sind vor allem auch seine zahlreichen Publikationen, etwa zum schweizerischen Parteienwesen, zum Föderalismus und zu politischer Führung.

Hilfsbereit und zuverlässig

Die Studierenden haben Hans Peter Fagagnini geschätzt, weil er trotz starker be-

Bild: Regina Kühne

Hans Peter Fagagnini:Wissenschafter mit Blick auf Gesellschaft und Gegenwart.

ruflicher Beanspruchung stets erreichbar war und hilfsbereit zur Verfügung stand. Mit seiner nachdenklich-nüchternen Art, seiner Zuverlässigkeit und seiner Offenheit ist er immer ein willkommener Gesprächspartner und Kollege gewesen. Die Universität St.Gallen ist ihm für seine langjährige engagierte Tätigkeit sehr zum Dank verpflichtet. Prof. Dr. Dr. Roland Kley

Wirtschaft und Politik im Widerstreit? Öffentliche Abschiedsvorlesung von Prof. Dr. Hans Peter Fagagnini zum Thema: «Widerstreit zwischen Wirtschaft und Politik?», 18. Mai 2010, 18.15 Uhr, Raum 09-011. Wirtschaft und Politik scheinen in der Gesellschaft auseinanderzudriften. Die Schweiz ist von diesen Trends mehr beeinflusst als gemeinhin angenommen. Gemessen an der Beschäftigung fand die schweizerische Wirtschaft stärker im Ausland als zu Hause statt. Politisch dagegen ist das Land versucht, den Rückbau anzutreten. Offenheit und Schutz stehen sich jedenfalls diametral gegenüber. Gleichzeitig ist die Europafrage weitgehend pendent. Wer sie hängen lässt, der vergisst eines Tages, dass es zur Absicherung und Verankerung des errungenen Wohlstandes möglicherweise Sprünge über den eigenen Schatten braucht.


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