FOKUS: BAUINGENIEURE TEIL II
EIN HERZ FÜR ASPHALT
Was für den Laien nur abstrakt aussieht, ist für Bauleiterin Julia Jursitzka und Polier Claus Mitschke der Fahrplan für eine neue Straße
Julia Jursitzka [29] ist Bauleiterin bei der Strabag. Sie verantwortet Straßen- und Kanalbaustellen in Niedersachsen und fühlt sich in zwei Welten zu Hause: am Schreibtisch und als Mitglied des Bauteams dort, wo neue Projekte entstehen.
Schon als Schülerin war Julia Jursitzka ein echtes ‚Straßenkind‘, fasziniert von allem, was mit Bauen zu tun hatte. Mit ihrem Fahrrad fuhr sie durch die Straßen ihrer Heimatstadt Braunschweig und achtete dabei besonders auf die Baustellen. Nicht, um sich wie so viele andere darüber aufzuregen. Sondern um genauer hinzuschauen, was dort passiert. »Die meisten Leute sehen am Ende nur die fertige Straße«, sagt sie. »Ich wollte wissen, wie es unter dem Asphalt aussieht und war fasziniert davon, wie viel Arbeit hinter so einem Bau steckt.« Heute darf die 29-Jährige die Faszination des Straßenbaus täglich selbst erleben: Als Bauleiterin bei der Strabag AG verantwortet Julia Jursitzka Straßen- und Kanalbauprojekte in Braunschweig und Umgebung. Man kann also behaupten, dass die Niedersächsin ihre Leidenschaft für Straßen zu ihrem Beruf gemacht hat. Und genau das spürt man, wenn man zusammen mit der jungen Bauleiterin einen Tag lang einige ihrer Baustellen abfährt. Julia Jursitzka spricht mit der gleichen Begeisterung über Frästechniken
oder Entwässerungssysteme, wie ihre Freundinnen über den neuen Film mit Ryan Gosling reden. Keine Frage, hier schwingt echte Leidenschaft für diesen Beruf mit. Was man für diesen Job braucht? Unter anderem verschiedenes Schuhwerk. Normale Schuhe für die Stunden am Schreibtisch, robuste Arbeitsstiefel für die regelmäßigen Besuche auf der Baustelle. »Ich bin in beiden Welten zu Hause«, sagt Julia. Von ihrem Braunschweiger Büro aus managt sie die Baustellen. Hier stellt sie das benötigte Personal zusammen, organisiert die Geräte, ordert das Arbeitsmaterial, konzipiert die zeitlichen Abläufe, kalkuliert die Kosten und erstellt die Abrechnungen. Schreibtischarbeit – aber anspruchsvoll. Draußen auf der Straße ist sie als Bauleiterin dann Teil des Teams vor Ort. Ihre wichtigsten Ansprechpartner dort sind die Poliere, im wahrsten Sinne des Wortes die Sprecher der Baustellenmitarbeiter: Das Wort Polier wandelt sich von der französischen Vokabel ‚parler‘ (sprechen) ab. Die Poliere sind also die Bauprofis mit dem direkten Draht zur Bauleitung.
Auf einer Straßenbaustelle an der Bundesstraße 188 in Wolfsburg trifft sich Julia Jursitzka mit dem Polier Claus Mitschke. Ein alter Hase, 60 Jahre alt, braun gebrannt und nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Ihm muss keiner erzählen, wie der Straßenbau funktioniert. Er kennt die Klippen, weiß Probleme einzuschätzen. Seine Bauleiterin möchte er dennoch nicht missen. »Sie findet einen guten Ton«, lobt er. »sie ist fachlich sehr kompetent und sie erledigt zuverlässig eine Arbeit, die ich im Leben nicht machen möchte.« Was Mitschke zum Beispiel meint, ist der »ganze Schreibkram, der heute nötig ist«. Nein, für den Polier ist das nichts. Julia Jursitzka hat damit kein Problem: »Es gehört zum Job dazu, mit den vielen Regularien und Sicherheitsvorkehrungen umzugehen.« Als frisch gebackene Abiturientin wollte sie eigentlich zunächst Architektin werden. Doch schnell wurde ihr klar: »Die gibt es wie Sand am Meer. Ich fand es daher besser, einen Beruf mit guten Perspektiven zu finden.« Also schrieb sie sich an der TU Braunschweig für ▶ U N IG LOBALE
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