UNICEF-Nachrichten 01/2012

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G 12054 Nr. 1/2012 www.unicef.de

Nachrichten

Kinder in Deutschland Roma-Kinder – Verloren im Kosovo Ostafrika – Die Hilfe hat gewirkt

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UNICEF

Kinder brauchen eine Lobby

UNICEF-Ehrenbotschafter Joachim Fuchsberger in seinem eindringlichen Appell unter: www.unicef.de/ostafrika

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© UNICEF/Lena Dietz

as macht Kinder stark? Wie können sie Selbstbewusstsein und Widerstandskraft entwickeln? Die meisten Kinder hier in Deutschland haben im Vergleich zu Entwicklungsländern gute Startchancen. Trotzdem gibt es viele Defizite – das zeigt der neue „UNICEF-Bericht zur Lage von Kindern in Deutschland 2011/2012“. In Dunja Hayali während ihrer UNICEF-Reise in den Kosovo im Dezember 2011 manchen Bundesländern wächst jedes vierte oder fünfte Kind in einer Familie auf, in der kein Elternteil Arbeit hat. In Berlin, wo ich lebe, ist der Anteil besonders hoch. Viele Alleinerziehende wissen kaum, wie sie über die Runden kommen sollen: Das Einkommen dieser Familien liegt immer noch 40 Prozent unter dem aller anderen. Viele Kinderrechtsorganisationen, Abgeordnete, Sozialarbeiter, Hebammen und Kinderärzte, aber auch Unternehmen setzen sich für benachteiligte Kinder ein. Aber das reicht nicht. Das Wohlergeben von Kindern ist eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Wir alle tragen die Verantwortung, dass kein Kind ausgeschlossen wird! Das bedeutet auch, genau hinzuschauen: Gerade erst konnte ich im Kosovo UNICEF-Programme für Roma-Kinder besuchen. Viele von ihnen sind in Deutschland geboren und aufgewachsen. Nachdem ihre Familien in den Kosovo abgeschoben wurden, leben sie dort nun am Rande der Gesellschaft. So wie die 17-jährige Liridona: Früher träumte sie davon, Stewardess zu werden. Heute geht sie nicht einmal mehr zur Schule. Ich habe über meine Reise im Fernsehen berichtet und hoffe, dass das Schicksal der Kinder im Kosovo viele Zuschauer bewegt. Diese Mädchen und Jungen gehen im wahrsten Sinne des Wortes verloren – das dürfen wir nicht zulassen! Ihre Spenden tragen dazu bei, dass UNICEF diesen Kindern helfen und ihnen eine Stimme geben kann. Vielen Dank, dass Sie dabei sind!

Dunja Hayali, ZDF-Moderatorin und UNICEF-Patin

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© Julia Zimmermann

Jedes Kind hat ein Recht auf eine Kindheit.

Liebe Leserinnen, liebe Leser, UNICEF/Dirk Gebhardt

in diesem Heft erwarten Sie viele gute Nachrichten: Die UNICEF-Weihnachtsaktion „Zeit zu teilen“ hat die deutschen Bürger bewegt und zum Spenden motiviert. Dieses Geld war sehr wichtig und für den großen UNICEF-Hilfseinsatz in Ostafrika unverzichtbar: Mit Ihrer Hilfe konnten wir in Somalia und weiteren Ländern Hunderttausenden Kindern das Leben retten. Zum Glück hat sich die Lage in den Hungergebieten entspannt – auch dank der internationalen Hilfe. Trotzdem sind allein in Somalia weiter über 320.000 Kinder akut mangelernährt. Die UNICEF-Hilfe geht weiter – damit sich die Situation der Kinder stabilisiert. Auch in Haiti hat UNICEF zwei Jahre nach dem schweren Erdbeben viel erreichen können – trotz großer Herausforderungen. Carline, Brunolien, Naika und Ismeralda berichten Ihnen aus Sicht der Kinder über die Fortschritte. Die vierjährige Carline beispielsweise lebte in einem Waisenhaus – mit Hilfe von UNICEF und seinen Partnern gelang es, das Mädchen wieder zu seiner Familie zu bringen. Auch aus Japan und Pakistan gibt es gute Nachrichten für Kinder: In Japan hält UNICEF Bildungsangebote und psychologische Betreuung für Kinder aufrecht, in Pakistan konnten mittlerweile die meisten Überschwemmungsopfer in ihre Dörfer zurückkehren.

Inhalt

Auch in Deutschland ist UNICEF eine starke Stimme für Kinder: Wir setzen uns politisch dafür ein, dass alle Kinder an der Gesellschaft teilhaben können, dass niemand ausgeschlossen wird. Deshalb beauftragt und veröffentlicht UNICEF Studien zur Situation der Kinder, ruft Kampagnen ins Leben, leistet Lobbyarbeit – gemeinsam mit vielen Partnern. Auf Einladung von UNICEFSchirmherrin Bettina Wulff fand jetzt in Berlin ein Neujahrsgespräch zum Thema „Was Kinder stark macht“ statt. Ab Seite 6 lesen Sie mehr.

UNICEF aktuell

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Kinder in Deutschland Interview mit dem UNICEF-Vorsitzenden Dr. Jürgen Heraeus

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Neujahrsgespräch in Berlin: Für ein kindergerechtes Deutschland

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UNICEF kann noch mehr Kindern helfen, wenn weitere Menschen wie Sie uns verlässlich unterstützen. Unter dem Motto „Ich bin ein Kind“ werben wir deshalb aktuell mit einem neuen Motiv um Unterstützer. „Ich bin ein Kind“ ist Feststellung und gleichzeitig Aufforderung zum Helfen. Denn weltweit wird Kindern eine Kindheit, die diesen Namen verdient, vorenthalten. Übrigens: Mit dem neuen Werbeauftritt nennen wir unsere regelmäßigen Spender ab sofort „UNICEF-Paten“ und nicht mehr „Fördermitglieder“. Der Begriff Pate steht dabei für verlässliche Hilfe, für nachhaltige und breitenwirksame Projektarbeit für möglichst viele Kinder. Danke, dass Sie diese Hilfe möglich machen!

Haiti Der steinige Weg aus den Trümmern 14

Roma-Kinder Verloren im Kosovo

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UNICEF-Foto des Jahres 2011 Unser Müll in Afrika

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„Das Wichtigste ist, dass wir zusammen sind!“

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Ostafrika: Japan und Pakistan

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Bilanz der Hilfe in Ostafrika Ein kleiner Pieks fürs Überleben

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Aktiv für UNICEF

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Menschen für UNICEF

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Titelbild: Julia Zimmermann: Feldberg Den meisten Kindern in Deutschland geht es gut. Trotzdem unterscheiden sich die Lebensbedingungen und Chancen ganz erheblich – so ein neuer UNICEF-Bericht.

Kerstin Bücker Leiterin Kommunikation und Kinderrechte

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© UNICEF/NYHQ2011-2174/Esteve

aktuell

Sahel-Zone: UNICEF warnt vor Nahrungsmittelkrise Nach Angaben von UNICEF steht der Sahel-Zone in West- und Zentralafrika 2012 eine verschärfte Nahrungsmittelkrise bevor. Wenn die internationale Gemeinschaft nicht sofort handle, seien rund eine Million Kinder von schwerer Mangelernährung bedroht, so UNICEFExekutivdirektor Anthony Lake. Häufig wiederkehrende Dürreperioden, schlech-

UNICEF hat damit begonnen, therapeutische Zusatznahrung, Medikamente und weitere Hilfsgüter in die Region zu bringen. Gemeinsam mit den Gesundheitsbehörden setzt UNICEF sich dafür ein, dass sich die Situation nicht noch weiter verschlechtert – zum Beispiel durch regelmäßige Gewichtskontrollen der Mädchen und Jungen.

te Ernten und hohe Lebensmittelpreise haben die Situation in acht Ländern der Region in den vergangenen Monaten verschlimmert. Allein in Niger sind über 330.000 Kinder unter fünf Jahren in Gefahr. Auch im Tschad, im Norden von Nigeria und in Nord-Kamerun, in Burkina Faso, Mali und Mauretanien sind viele Kinder betroffen.

UNICEF aktuell Mehr Chancen für Kinder in Afghanistan

Wasser wirkt

Zehn Jahre nach dem Sturz der Taliban gehören die Lebensbedingungen der afghanischen Mädchen und Jungen noch immer zu den schlechtesten weltweit. Zur Afghanistan-Konferenz am 5. Dezember 2011 in Bonn hat UNICEF deshalb bessere Lebenschancen, Zugang zu Bildung und mehr Sicherheit für die Kinder in Afghanistan gefordert. Durch den jahrzehntelangen Konflikt fehle es in vielen Landesteilen am Nötigsten, damit alle Kinder gesund und sicher aufwachsen können. Beim Thema Bildung gab es jedoch Fortschritte: Acht Millionen Kinder in Afghanistan besuchen heute den Schulunterricht. Nach dem

„Wasser wirkt“ ist das Motto der neuen Kampagne, die UNICEF Deutschland zum Weltwassertag im März startet. Bis heute haben rund 880 Millionen Menschen kein sauberes Trinkwasser. Durchfallerkrankungen töten mehr Kinder als AIDS, Tuberkulose oder Malaria zusammen. Mit der breit angelegten Wasser- Kampagne will UNICEF Deutschland auf die globale Wasserkrise aufmerksam machen und Hilfe für die Kinder mobilisieren – gemeinsam mit möglichst vielen Unterstützern. Ziel ist, in den nächsten zwei Jahren mindestens 500.000 Kinder in sechs Ländern (Äthiopien, Somalia, Süd-Sudan, Sambia, Kambodscha und Bangladesch) dauerhaft mit sauberem Trinkwasser zu versorgen. Im nächsten Heft erfahren Sie mehr – Sie erwartet eine Sonderausgabe rund um das Thema Wasser und Hygiene.

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© UNICEF/NYHQ2007-1120/Noorani

Sturz der Taliban 2001 waren es weniger als eine Million. UNICEF arbeitet seit 1949 in Afghanistan und hat sich in den letzten Jahren besonders dafür eingesetzt, mehr Mädchen in die Schule zu bringen und eine medizinische Grundversorgung für Schwangere und Neugeborene aufzubauen. Auch Kinderschutz gehört zu den Schwerpunkten der UNICEF-Arbeit.


Der Tag k n esche te g

UNICEF bloggt

Auch im vergangenen Jahr haben sich von November bis Dezember weltweit 300 IKEA-Einrichtungshäuser an der „Stofftieraktion“ des Unternehmens beteiligt. Für jedes im Aktionszeitraum verkaufte Stofftier spendete IKEA einen Euro für Bildungsprojekte von UNICEF sowie der Organisation „Save the Children“. In der Vorweihnachtszeit konnten sich Kinder und Jugendliche deutschlandweit in 70 Bibliotheken auf große IKEA-Stofftier-Suche begeben und ein Foto mit den Plüsch-Clowns, Fröschen und Bären im Internet hochladen. Für jedes Foto ging ebenfalls ein Euro an UNICEF und „Save the Children“. Seit dem Start der Stofftieraktion im Jahr 2003 hat die IKEA Foundation rund 35 Millionen Euro an UNICEF gespendet. Allein im vergangenen Jahr kamen 11,4 Millionen Euro zusammen.

Der geschenkte Tag

In diesem Jahr bekommen wir alle einen Tag geschenkt: den 29. Februar. UNICEF ruft Firmen, Vereine, Schulen, Eltern und Kinder dazu auf, den Schalttag zu nutzen und Spenden für die Kinder in Ostafrika zu sammeln. Schenken Sie UNICEF zum Beispiel Ihren Stundenlohn vom 29. Februar 2012, verkaufen Sie Kuchenstücke für 2,90 Euro oder informieren Sie auf 29 Tafeln über die Kinder in Ostafrika – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. In Kenia, Somalia, Äthiopien und Dschibuti leiden noch immer über dreizehn Millionen Menschen unter der schwersten Nahrungsmittelkrise der Welt. Rund 320.000 Kinder sind schwer mangelernährt. UNICEF hat die Aktion „Der geschenkte Tag“ 1996 ins Leben gerufen und ruft seitdem alle vier Jahre dazu auf, den Schalttag den Kindern zum Geschenk zu machen.

BOSS Orange für UNICEF

Unter dem Motto „Today. To Help. Together“ unterstützt BOSS Orange Fragrances mit einer Limited Edition Bild u n g s a n g e b ote vo n UNICEF. Pro Packung BOSS Orange Man oder BOSS Orange Woman gehen mindestens 1,03 Euro an UNICEF. BOSS Orange unterstützt damit gezielt Vorschulzentren für besonders benachteiligte Kinder in Madagaskar. UNICEF hilft, die Lehrer auszubilden und sorgt für Lehr- und Lernmaterial. Insgesamt werden rund 60.000 Kinder erreicht. Der Internationale UNICEF-Botschafter und Schauspieler Orlando Bloom sowie Model und Schauspielerin Sienna Miller werben für die Aktion. Br

© UNICEF/G.Pirozzi/Madagaskar 2009

IKEA macht Schule

Warum haben Prinz William und seine Frau Catherine für die Kinder in Ostafrika Päckchen gepackt? Was haben die Berliner Philharmoniker in Japan erlebt? Und wie hilft UNICEF den Kindern in Burkina Faso? Seit rund einem halben Jahr bloggen UNICEF-Mitarbeiter über aktuelle Aktionen und Projekte – und erlauben so ganz persönliche Blicke hinter die Kulissen. Seien Sie online direkt dabei – beim Neujahrsgespräch im Schloss Bellevue oder der Verleihung des Ehrenpreises an Joachim Fuchsberger. Jeder Beitrag kann direkt kommentiert oder weitergeleitet werden. UNICEF informiert auch in sozialen Netzwerken wie „facebook“ und „twitter“ über Aktuelles. Den UNICEF-Blog finden Sie auf der Startseite von www.unicef.de.

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Kinder in Deutschland

Kinder stark machen

© UNICEF/Liesa Johanssen

Dr. Jürgen Heraeus im Interview

Wie geht es den Kindern in Deutschland? Was macht sie stark, wo gibt es Probleme? Der neue UNICEF-Bericht „Zur Lage der Kinder in Deutschland 2011/2012“ zeigt deutliche Unterschiede bei den Teilhabechancen von Kindern auf. UNICEF-Schirmherrin Bettina Wulff rief gemeinsam mit dem UNICEF-Vorsitzenden Dr. Jürgen Heraeus dazu auf, benachteiligte Kinder zu stärken und Deutschland kindergerechter zu gestalten.

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Warum hat UNICEF Deutschland den neuen Bericht veröffentlicht? Es ist unsere Aufgabe, uns politisch dafür einzusetzen, dass alle Kinder an der Gesellschaft teilhaben können und niemand ausgeschlossen wird. Das Aufwachsen von Kindern ist bei uns zum Glück keine Frage des Überlebens wie in den Entwicklungsländern. Deutschland verfügt grundsätzlich über das Wissen, die Mittel und Einrichtungen, um das Wohlbefinden der Kinder sicher zu stellen. Aber nicht für alle Kinder ist unser Land ein Paradies. Eine Kindheit in einer bayerischen Handwerkerfamilie im Allgäu verläuft anders als im 17. Stockwerk im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg. Der Bericht fordert deshalb auf, genau hinzusehen – und zu handeln.

Was wurde genau untersucht? Die Forscher von der Humboldt-Universität in Berlin haben sechs Dimensionen des kindlichen Wohlbefindens detailliert ausgewertet: Materielles Wohlbefinden, Gesundheit und Sicherheit, Verhalten und Risiken, Bildung und Ausbildung, Beziehungen zu Familie und Gleichaltrigen und das subjektive Wohlbefinden. Das Einkommen und schulische Leistungen allein sagen relativ wenig über das Wohlbefinden der Kinder aus. Genauso wichtig ist es zu wissen, ob sie bei den Eltern aufwachsen, ob die Eltern Arbeit haben, ob es mit Angst oder Freude zur Schule geht.


auch, dass bislang die relative Kinderarmut in den ostdeutschen Ländern eher überschätzt und in den westdeutschen unterschätzt wird. Welche Kinder haben es am schwersten? Pauschale Aussagen sollte man vermeiden. Aber die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Kindern bei Alleinerziehenden ist in ganz Deutschland eine große Herausforderung. Das Einkommen dieser Familien liegt trotz Fortschritten immer noch 40 Prozent unter dem aller anderen. Die Studie zeigt auch, wie wichtig es für die Kinder ist, dass ihre Eltern Arbeit haben. In Berlin beispielsweise wachsen fast 27 Prozent der Kinder in Haushalten auf, in denen beide Eltern arbeitslos sind. Was muss jetzt passieren?

Dort, wo verschiedene negative Faktoren zusammen kommen: Hohe Arbeitslosigkeit, fehlende Ausbildungsstellen, ein hoher Anteil von Kindern in relativer Armut und ein eher unfreundliches Schulklima – das ist in einigen Stadtstaaten und Ballungsgebieten leider oft der Fall.

Es geht nicht nur um die Sicherung eines materiellen Existenzminimums. Städte, Gemeinden, Unternehmen und Nachbarschaft müssen ein positives Umfeld schaffen, in dem Kinder und Jugendliche gehört und beteiligt werden. So kann es gemeinsam gelingen, dass kein Kind zurückbleibt. Tar

In manchen Regionen häufen sich Probleme. In Berlin, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg- Vorpommern verlassen zum Bespiel etwa doppelt so viele Kinder die Schule ohne Abschluss als in Bayern, BadenWürttemberg und dem Saarland.

Hans Bertram, Steffen Kohl, Wiebke Rösler, Zur Lage der Kinder in Deutschland 2011/2012: Starke Eltern – starke Kinder: Kindliches Wohlbefinden und gesellschaftliche Teilhabe. Studie und Zusammenfassung zum Download unter www.unicef.de

© Julia Zimmermann

Wo sind die Probleme am größten?

Die Politik muss die regional unterschiedlichen Voraussetzungen der Kinder stärker in den Blick nehmen. Dabei reicht es nicht, nur auf Verbesserungen in Kindertagesstätten und Schulen zu setzen. Gleichzeitig müssen die Eltern aktiviert und gestärkt werden. Die Bildungspolitik muss durch eine gezielte Arbeits- und Sozialpolitik ergänzt werden. Insbesondere Alleinerziehenden muss die Möglichkeit gegeben werden, am Arbeitsleben teilzunehmen. Schulabbrecher brauchen eine zweite Chance.

Was sind die wichtigsten Ergebnisse? Die Lage der Kinder unterscheidet sich in den Bundesländern deutlich. Die Unterschiede sind teilweise größer als zwischen einzelnen Industrieländern. Insgesamt ist das Wohlbefinden der Kinder in den großen urbanen Zentren schlechter als in den Flächenländern. Die südwestdeutschen Bundesländer schneiden jedenfalls in den meisten Bereichen am besten ab. Die meisten Kinder in Deutschland sagen zwar, dass sie sich subjektiv gut fühlen. Je nach Bundesland fühlen sich jedoch zwischen 11 und 17 Prozent der Kinder in der Schule nicht wohl.

Wenn man die regionalen Einkommensunterschiede und Lebenshaltungskosten berücksichtigt, zeigt sich

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Kinder in Deutschland

Für ein kindergerechtes Deutschland UNICEF-Schirmherrin Bettina Wulff nahm den neuen Report „Zur Lage der Kinder in Deutschland 2011/2012“ zum Anlass, zu einem Neujahrsgespräch in Berlin einzuladen. Rund 100 Experten aus Wissenschaft, Politik und Kinder- und Familienhilfe kamen in Schloss Bellevue zusammen, um über Herausforderungen und gute Beispiele aus der Praxis zu sprechen.

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Individualität wahrzunehmen. Sie stellen fest: So wie ich bin, ist niemand anderes“, sagte Bettina Wulff. „Kinder entwickeln ihre inneren Stärken, gewinnen ihre eigenen Ansichten und bilden so ihre Persönlichkeit. Diese innere Entwicklung kann nur gelingen, wenn sie von außen gestärkt wird.“ Der UNICEFVorstandsvorsitzende Dr. Jürgen Heraeus schloss sich der Aufforderung an: „Gleichgültig wo ein Kind aufwächst – ob in einem Entwicklungs- oder in einem Industrieland – müssen wir es dabei unterstützen, die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen. Denn Kinder sind die Gegenwart der Zukunft.“

as macht Kinder stark? Was können wir tun, damit alle Kinder in Deutschland gleiche Chancen für ein gutes Großwerden bekommen?“ so lauteten die Fragen von UNICEFSchirmherrin Bettina Wulff in ihrer Eröffnungsrede beim Neujahrsgespräch, die im Mittelpunkt der Diskussion stehen sollen.

So wie ich bin, ist niemand anderes

© Bundesregierunh/Henning Schacht

© Bundesregierunh/Henning Schacht

„Starke Persönlichkeiten werden nicht als solche geboren, es ist eine Entwicklung, die in der Kindheit beginnt. Im frühen Kindesalter beginnen Kinder bewusst, ihre

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Prof. Dr. Hans Bertram von der Humboldt-Universität in Berlin stellte den neuen Bericht zur Lage der Kinder in Deutschland 2011/2012 vor. Seine Forderung: Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik auf Bundes- sowie Bildungspolitik auf Landesebene müssen durch abgestimmte Maßnahmen in den Kommunen ergänzt werden. Denn: „Kinder wachsen nicht in der Bundesrepublik auf, sondern in Berlin, Hamburg oder Essen.“ Das Klima in Institutionen wie der Schule habe ganz erhebliche Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Kinder. Hier müsse investiert werden. Und, so Prof. Dr. Bertram weiter: „Das Wohlbefinden von Kindern darf nicht abhängig sein von der Lebensform der Eltern – zum Beispiel bei Alleinerziehenden – und auch nicht von der sozialen Herkunft.“

Die Eltern ins Boot holen

Die anschließende Diskussion mit Praktikern, moderiert von ZDF-Journalistin und UNICEF-Patin Dunja

Hayali, zeigte deutlich, wie breit das gesellschaftliche Engagement für Kinder sein muss: Jennifer JaqueRodney, Familienhebamme mit 26 Jahren Berufserfahrung, berichtete über ihre Arbeit in sozialen Brennpunkten. „Das Wichtigste ist, dass wir die Frauen abholen, wo sie stehen, ihre Freude, aber auch Ängste mit ihnen teilen.“ Der Anspruch an den Beruf habe sich in den letzten Jahren sehr verändert – auch, weil es heute beim Thema Kinder und Erziehung weniger Vorbilder in der Familie gebe. Gerade Alleinerziehende bräuchten mehr Unterstützung. Die alleinerziehenden Mütter im Kinder- und Familienzentrum Blauer Elefant in Essen-Katernberg leben alle von existenzsichernden Hilfen. Das berichtete Annette Müller, die das Zentrum des Kinderschutzbundes seit 20 Jahren leitet. Unter anderem bietet es einen warmen Mittagstisch für Kinder, Bildungs- und Freizeitangebote sowie Beratung an. „Wir müssen die Eltern intensiv ins Boot holen, besprechen, was sie alleine schaffen und was nicht“, so Müller. Gerade weil sie selbst einmal alleinerziehend war, könne sie die besonderen Herausforderungen sehr gut nachvollziehen.

Eine Waschmaschine in der Firma

Stefan Deerberg, Gründer und Geschäftsführer der Deerberg Versandhandels GmbH, gestaltet sein Unternehmen frauen- und familienfreundlich. Es ist seit einigen Jahren mit dem Audit berufundfamilie ausgezeichnet. Eine Überraschung in der Gespächsrunde: Auch er war einige Zeit alleinerziehend. Heute arbeiten bei Deerberg rund 400 Mitarbeiter,


rund 90 Prozent von ihnen sind Frauen. „Wir bieten flexible Arbeitszeiten, Kinderbetreuung, eine Waschmaschine und Trockner für die Mitarbeiter – all das kostet nicht unbedingt viel Geld, bringt aber viel.“ Der Unternehmer sieht seine motivierten und qualifizierten Mitarbeiter als wichtigen Wettbewerbsvorteil – und wirbt dafür, dass andere seinem Beispiel folgen. Gesellschaftliche Veränderungen – sie sind nötig, damit Deutschland kindergerechter wird und damit Alleinerziehende in ihrer Nachbarschaft mehr Unterstützung erhalten. „Ich weiß aus persönlicher Erfahrung: Wenn man für alles selbst verantwortlich ist, ist jeder Tag ein Balanceakt“, berichtete auch Bettina Wulff aus ihrer Zeit als allein erziehende Mutter.

© Bundesregierunh/Henning Schacht

Was macht Kinder stark?

Annette Müller Kinderschutzbund Ortsverband Essen, Leiterin des Kinder- und Familienzentrums Blauer Elefant Zollverein

© UNICEF/Kerstin Bücker

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us meiner Sicht macht es Kinder besonders stark, wenn sie einen er wachsenen Menschen haben, der an sie glaubt, sie unterstützt, respektiert und wertschätzt. Im günstigsten Fall sind das die Eltern, aber oft können Eltern ihren Kindern nicht das geben, was sie brauchen - aufgrund ihrer eigenen Belastung. Deshalb brauchen Kinder gute Einrichtungen mit kleinen Gruppen. Erzieher, die Eltern und Kinder gleichermaßen wahrnehmen und an alle glauben und ressourcenorientiert mit den Familien arbeiten.“

Ob die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz zu solchen Veränderungen, zu einem stärkeren Fokus auf das Wohlbefinden des Kindes – statt auf die Lebensform oder den Status der Eltern – beitragen kann? Viele der anwesenden Organisationen setzen sich gemeinsam mit UNICEF für „Kinderrechte ins Grundgesetz“ ein. Sie applaudierten zustimmend, als diese Initiative zur Sprache kam. Aus dem Publikum kamen aber auch viele zusätzliche Anregungen, wie man den Interessen der Kinder auf breiter Ebene besser gerecht werden kann. Damit aus Kindern starke Persönlichkeiten werden – und ganz Deutschland ein kindergerechtes Land. Bue

© Bundesregierunh/Sandra Steins

Kinderrechte ins Grundgesetz?

v.l.n.r.: Dunja Hayali, Jennifer Jaque-Rodney, Prof. Dr. Hans Bertram, Bettina Wulff, Dr. Jürgen Heraeus, Annette Müller, Stefan Deerberg

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Roma-Kinder

Dunja Hayali spielt mit Kindern im Camp Osterode

© UNICEF/Lena Dietz

Verloren im

Wie geht es Roma-Kindern, die aus Deutschland in den Kosovo abgeschoben wurden? Seit einem Rücknahmeabkommen von 2010 sind etwa 12.000 Roma und weitere ethnische Minderheiten von Abschiebung bedroht, darunter viele Kinder. In ihrer fremden Heimat haben sie kaum Perspektiven. ZDF-Moderatorin Dunja Hayali hat betroffene Familien besucht.

Samstag, 17. Dezember

Roma haben keine Lobby, weder bei uns noch im Kosovo. Die Kinder leiden am meisten. Die Geschichte der Familie Sahitoviq ist beispielhaft: Die neunjährige Raya ging mehrere Jahre in Deutschland zur Schule. Im Kosovo – keine Chance. Außer Deutsch spricht sie nur Romanes, kein Albanisch oder Serbisch – neben ihrer Abstammung ein weiterer Hinderungsgrund für eine Schullaufbahn im Kosovo. Ihre Realität ist ein Alptraum: Sie lebt in einem 15-Quadratmeter-Raum mit ihren Eltern und fünf Geschwistern zusammen. Toilette gibt es keine. Waschmöglichkeiten auch nicht. Immerhin haben sie einen Ofen. Der ist zwar gut, verpestet aber die Luft so stark, dass jedes der Kinder mit Husten zu kämpfen hat. Medizinische Betreuung ist zu teuer. Die Luft beißt so sehr, dass es einem die Tränen in die Augen treibt. Allerdings ist das nichts zu der Luft draußen. Nur 150 Meter Luftlinie entfernt wird Elektrizität aus Braunkohle erzeugt. Luftfilter gibt es keine. 10

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Leben ohne Perspektive – Roma-Kinder in Leposavic

Sonntag, 18. Dezember

Es heißt Leposavic und ist, tja, was ist es? Ein Drecksloch. Menschenunwürdig. Schlamm, Dreck, Müll. Fäkalien, wohin man nur schaut, und mittendrin leben 182 Menschen, fast die Hälfte davon Kinder. Wir treffen Halime Hasani mit ihren zwei Söhnen. Sie lebte fast 20 Jahre lang in Deutschland, bevor sie abgeschoben wurde. Sedat und Nazmi, 14 und 15 Jahre alt, sind in Deutschland geboren. Dort gingen sie zur Schule. Jetzt hausen sie mit 20 anderen Menschen zusammen in einem einzigen Zimmer. Von Schule ist nicht mehr die Rede. Wie es weiter geht? „Keine Ahnung, das hier ist mein Alptraum“, sagt Halime Hasani. Es klingt absurd, ist aber kein Einzelfall. Der deutsche

Staat investiert in die Zukunft der Kinder, sie gehen in den Kindergarten, besuchen die Grundschule, die weiterführende Schule, gehen in Fußballvereine, Musikschulen und Jugendclubs. Und dann? Alles umsonst. Sie werden einfach abgeschoben und gehen im wahrsten Sinne des Wortes verloren – die Investitionen, sie selbst und ihre Zukunft. Vielleicht ist das nach deutschem Recht korrekt, aber ist es sinnvoll? Ein Lichtblick in Leposavic: das UNICEF-„Education Center“. Es ist eine kleine Blockhütte aus Holz, in der die Kinder, von UNICEF-Mitarbeitern betreut, lernen und spielen können. Zum ersten Mal, seit ich im Kosovo bin, sehe ich eine kindgerechte Umgebung.


© UNICEF/Lena Dietz

Kosovo

Dunja Hayali mit lernbegeisterten Roma-Kindern.

© UNICEF/Lena Dietz

Dienstag, 20. Dezember

Montag, 19. Dezember

Auch die Schwestern Liridona, 17, und Valentina, 15, beide in Deutschland geboren und aufgewachsen, gehen nicht mehr zur Schule. Sie sehen auch keinen Sinn darin. Wozu lernen, wenn es im Anschluss keine Ausbildung geben wird. „Eigentlich wollte ich Stewardess werden“ – die Welt sehen, dass scheint für Liridona jetzt allerdings absolut unerreichbar. Sie scheint noch nicht mal mehr davon zu träumen. Desillusioniert ist wohl das passendste Wort, um die Stimmungslage der Geschwister zu beschreiben.

Die Familie Miftari hat ein besonderes Schicksal. Zwei ihrer fünf Kinder sind gehörlos, der Vater schwer zuckerkrank. Die Miftaris leben am absoluten Existenzminimum. Nach fast zwanzig Jahren in Deutschland ist die Familie 2007 „freiwillig“ aus Deutschland zurückgekommen. Eine echte Wahl hatte sie nicht. Ihre „Duldung“ wurde einfach nicht erneuert. Frau Miftari sagt, dass die Jahre in Deutschland die glücklichsten ihres Lebens waren. Die Kinder Muhamet, 8, und Zahide, 15, können dank der Hilfe von UNICEF inzwischen eine Gehörlosenschule besuchen. Die ist zwar mehrere hundert Kilometer entfernt und sie müssen sich von Montag bis Freitag von ihrer Familie trennen, aber es ist hier im Kosovo ihre einzige Chance auf Bildung. Gjejlane, 10, ist die einzige, die die Gebärdensprache gelernt hat und sich mit ihren Geschwistern verständigen kann. Aber auch sie ist meist zuhause und isoliert. In einem

kleinen, von UNICEF unterstützten Bildungszentrum gleich nebenan kann sie endlich etwas „Normalität“ erleben. Die Stimmung hier ist ausgelassen und fröhlich. Es gibt Vorschulklassen, Nachholangebote zum Erlernen der Sprache, aber auch Ferienprogramme und Projektwochen. So geht es mir eigentlich jeden Tag während meiner Reise: viel Bedrückendes, aber auch viele kleine Lichtblicke. Ich ertappe mich dabei, wie ich voller unterschwelliger Vorurteile gegenüber Roma bin. Gerade deshalb wollte ich diese Reise machen. Um mich mit einem Thema zu beschäftigen, das ich vorher ausgeblendet hatte. Um aus erster Hand über die Situation der Kinder zu berichten – und darüber, wie wichtig es ist, dass UNICEF ihnen helfen kann. Spender aus Deutschland haben die UNICEF-Arbeit für Roma-Kinder im Kosovo 2010 mit 120.000 Euro unterstützt – Vielen Dank!

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UNICEF-Foto des Jahres 2011

Unser Müll in Afrika Der 30-jährige deutsche Nachwuchsfotograf Kai Löffelbein ist Sieger des internationalen Wettbewerbs „UNICEF-Foto des Jahres 2011“. Das Siegerbild zeigt einen Jungen auf der Giftmüllhalde Agbogbloshie in der Nähe von Ghanas Hauptstadt Accra. Umgeben von hochgiftigen Dämpfen und Elektroschrott aus dem Westen hält der Junge das Skelett eines Bildschirms in die Höhe. Seine Pose scheint nur auf den ersten Blick triumphal. Er wirft den Monitor mehrere Male auf den Boden, um an das Metall zu kommen. Der Elektroschrott birgt einerseits Hoffnung auf Verdienst, andererseits ist er eine mitunter tödliche Gefahr für die Gesundheit und hat fatale Folgen für die Umwelt. Die Kinder und Jugendlichen brauchen das

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Geld, gleichzeitig wird so ihre Zukunft zerstört. Laut Schätzungen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen UNEP werden weltweit jährlich 50 Millionen Tonnen Elektroabfall produziert. 6.500 Tonnen davon werden jeden Monat nach Ghana verschifft. Das meiste davon wiederum gelangt nach Agbogbloshie. Allein aus Deutschland werden nach Schätzungen den Vereinten Nationen jährlich etwa 100.000 Tonnen Elektromüll nach Afrika verschifft. Flo


UNICE/Gangale

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Haiti

Sauberes Trinkwasser und Hygiene schützen vor Krankheiten.

Der steinige Weg aus den Trümmern Zwei Jahre nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti sieht UNICEF langsame Fortschritte beim Wiederaufbau für Kinder – trotz enormer Herausforderungen. Eine Bilanz der Hilfe – und eine Geschichte darüber, wie heilsam Spielzeug sein kann.

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uf den ersten Blick sieht es im St. Benedict Kindergarten in Port-auPrince aus wie in vielen Kindergärten: Die Kinder sitzen im Halbkreis auf dem Boden und verfolgen fasziniert eine Geschichte, die ihnen ihre Leiterin mit Hilfe einer Handpuppe erzählt. Und doch ist dieser Kindergarten anders: Die Zwei- bis Sechsjährigen, die hier jeden Tag betreut werden, haben durch das Erdbeben vor zwei Jahren ihr Zuhause und meist auch Angehöri-

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ge verloren. Sie leben in Zelten und notdürftigen Unterkünften – so wie insgesamt noch rund 500.000 Erwachsene und Kinder. Um den Kindern in diesem Bezirk etwas Ablenkung zu ermöglichen, hat UNICEF geholfen, einen provisorischen Kindergarten einzurichten – in einem großen Zelt auf einem ehemaligen Golfplatz in Port-au-Prince. Die Handpuppe, die die Aufmerksamkeit dieser Kinder so fesselt, ist Teil der so genannten „Kindergartenkiste“ von UNICEF. Sie enthält viele verschiedene Spielzeuge speziell für jüngere Kinder. Die Stofftiere, Puppen, Bau-

steine, Puzzles und Stifte helfen den Kleinen, ihre schlimmen Erlebnisse zu verarbeiten. Jean Pierre, der durch das Erdbeben seine Eltern verloren hat und nun bei seiner Tante wohnt, sagt: „Wenn ich mit den Spielsachen spiele, bin ich nicht traurig. Ich spiele gerne hier!“ Seit März 2010 hat UNICEF in Haiti fast 1.500 solcher Kindergartenkisten verteilt.


© UNICEF/NYHQ2011-0795/Dormino

© UNICEF/NYHQ2010-0173/Noorani

© UNICEF/NYHQ2011-1314/Dormino

© UNICEF/NYHQ2011-1577/Dormino

Bilanz der UNICEF-Hilfe

750.000 Kinder gehen wieder zur Schule

15.000 mangelernährte Kinder gerettet

120.000 Kinder in Spielzonen betreut

Der Wiederaufbau in Haiti ist schwierig: Schon vor der Katastrophe gab es nur unzureichende staatliche Strukturen. Das Ausmaß der Zerstörungen war riesig, die Armut im Land seit Jahren groß.

Ernährung: UNICEF hat geholfen, fast 400.000 Kinder auf Zeichen von Mangelernährung zu untersuchen. Allein in 2011 erhielten 15.000 akut mangelernährte Kinder lebensrettende medizinische Hilfe in einem Ernährungszentrum. Rund 500.000 Mütter wurden beraten, wie sie ihre Neugeborenen besser versorgen können.

Während die humanitäre Hilfe für obdachlose Familien weiter läuft, bereitet UNICEF den Übergang zum langfristigen Wiederaufbau vor. Ein wichtiges Ziel ist es, den Zugang der ärmsten Bevölkerungsgruppen zu sauberem Trinkwasser, medizinischer Hilfe und Bildung zu verbessern. Die Kinder in Haiti brauchen weiter starke und nachhaltige Unterstützung – vielen Dank an alle UNICEF-Freunde, die mithelfen! Eck

Auch UNICEF hatte enorme logistische und organisatorische Probleme zu bewältigen. Doch durch die weltweite Hilfsbereitschaft und Spenden auch aus Deutschland konnte UNICEF in den vergangenen zwei Jahren zusammen mit Partnern viel erreichen: Bildung: 750.000 Kinder gehen heute wieder zur Schule. UNICEF hat sie und mehr als 15.000 Lehrer in 2.500 Schulen mit Lern- und Unterrichtsmaterial versorgt. 80.000 der Mädchen und Jungen besuchen heute erdbebensichere Schulen, die UNICEF und lokale Partner neu aufgebaut haben. Wasser/Hygiene: Rund 600.000 Menschen in Notlagern und anderen vom Erdbeben betroffenen Gebieten haben Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen erhalten. Nach dem Ausbruch der Cholera hat UNICEF Aufklärungsprogramme über Hygiene für über 2,2 Millionen Menschen unterstützt.

Gesundheit: Mit Unterstützung von UNICEF wurden rund 170.000 Kinder in Haiti gegen lebensgefährliche Infektionskrankheiten geimpft. Über 1.800 HIV-positive Mütter erhielten antiretrovirale Medikamente, die einen Übergang des Virus auf das Ungeborene verhindern. UNICEF unterstützte auch die Arbeit von Hebammen in Geburtskliniken. Kinderschutz: Für über 120.000 Kinder hat UNICEF in den letzten zwei Jahren Spiel- und Lernmöglichkeiten in betreuten Spielzonen eingerichtet. Unmittelbar nach dem Beben wurden über 8.700 unbegleitete Kinder versorgt. UNICEF hat geholfen, 2.700 von ihnen wieder mit Angehörigen zusammenzubringen. Die haitianische Regierung ist mittlerweile auch der Haager Konvention zu Auslandsadoptionen beigetreten – ein wichtiger Schritt gegen die Gefahr durch Kinderhändler.

Im Jahr 2011 hat UNICEF Deutschland für die Nothilfe in Haiti über eine Million Euro erhalten – Vielen Dank!

Was denken Sie über den Wiederaufbau in Haiti, was wünschen Sie den Kindern? Schreiben Sie uns – unter redaktion@unicef.de. Eine Auswahl der Beiträge wird veröffentlicht.

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Haiti

„Das Wichtigste ist, dass wir zusammen sind!” B

© UNICEF/NYHQ2011-2071/Dormino

© UNICEF/NYHQ2011-2117/Dormino

Die Mädchen und Jungen in Haiti brauchen weiter Unterstützung, damit ein Neuanfang nach dem Erdbeben gelingt. Vier Beispiele, wie UNICEF sich für die Mädchen und Jungen einsetzt:

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© UNICEF/NYHQ2011-2094/Dormino

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wei Jahre lang konnte die elfjährige Naika nicht zur Schule gehen. Ihre Eltern konnten sich das Schulgeld nicht leisten. Jetzt profitiert sie von einer neuen, von UNICEF unterstützten RegierungsInitiative. Sie ermöglicht es Kindern, kostenlos den Unterricht zu besuchen. „Meine Eltern sind sehr stolz, dass ich wieder zur Schule gehen kann“, sagt Naika. „Und ich bin froh, dass ich hier jeden Tag eine Mahlzeit bekomme. Zu Hause haben wir manchmal zwei Tage lang kein Essen.“

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© UNICEF/HTIA2010-00549/Dormino

er größte Schatz der vierjährigen Carline aus Léogane ist ihr Teddybär. Sie gibt ihn nicht aus der Hand. 2008 hatten ihre Eltern das Mädchen in ein Waisenhaus gegeben, da sie ihre Tochter allein nicht versorgen konnten. Sie besuchten ihre Tochter regelmäßig, bis das Waisenhaus nach Port-au-Prince umzog und jeden weiteren Kontakt verweigerte. Bei einer Überprüfung stellte sich heraus, dass die Einrichtung ohne Genehmigung betrieben wurde. Im März 2011 konnte Carline mit Hilfe von UNICEF und lokalen Behörden wieder zu ihrer Familie gebracht werden.

runolien hat an einem One-Minute-Workshop von UNICEF teilgenommen. Jugendliche erhalten hier die Möglichkeit, Kurzfilme zu drehen. Der Film des Fünfzehnjährigen handelt von der Rückkehr seiner Mutter. Nach dem Tod des Vaters hatte sie Brunolien und seine Geschwister bei Verwandten zurückgelassen, um am anderen Ende der Stadt eine Arbeit anzunehmen. In der Pflegefamilie wurden die Kinder geschlagen und hatten sechs Jahre keinen Kontakt zur Mutter – bis sie sie von ihrem gesparten Geld endlich anrufen konnten. Als die Mutter von der schlechten Behandlung ihrer Kinder erfuhr, kündigte sie ihren Job und kam zu ihnen zurück. „Ich weiß, dass unsere Situation nicht einfach ist. Aber das wichtigste ist, dass wir zusammen sind. Ich hoffe, dass viele Kinder mein Video sehen werden und dass es sie inspiriert, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.“

ie sechsjährige Ismeralda ist eine der insgesamt 750.000 Schülerinnen und Schülern, die von UNICEF Schulmaterial erhalten hat. Ihre Schule, die Celie-Lilavois-Schule in Portau-Prince, wurde durch das Erdbeben zerstört. Mit Hilfe von UNICEF konnte die Schule instandgesetzt und pünktlich zum neuen Schuljahr am 4. Oktober 2010 wieder eröffnet werden. Eck


UNICEF-Nothilfe

Japan:

Zu Gast bei Freunden

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cht Monate nach dem Erdbeben und Tsunami in Japan haben die Berliner Philharmoniker japanischen Kindern das „Buch der Solidarität“ überreicht. Deutsche Schülerinnen und Schüler hatten darin den Mädchen und Jungen in Japan in bunten Bildern, Mut machenden Botschaften und persönlichen Briefen ihr Mitgefühl ausgedrückt. Die Berliner Philharmoniker, Internationale UNICEF-Botschafter, übergaben das mehrbändige Buch im Rahmen eines Konzerts in Tokio. „Seit vielen Jahren pflegen wir enge Freundschaften zu unseren Freunden und Kollegen in Japan“, so Chefdirigent Sir Simon Rattle. „Die Katastrophe hat uns alle sehr getroffen. Mit unseren Konzerten möchten wir dem Land und den Menschen ein Stück

Pakistan:

Lebensfreude zurückgeben.“ Ein Ensemble des weltberühmten Orchesters reiste zudem in das Katastrophengebiet an der japanischen Ostküste. Die Musiker besuchten eine Schule in Sendai und spielten dort ein Konzert. Sie sprachen mit Familien, informierten sich über die aktuelle Situation der Kinder im Land und die UNICEF-Hilfe. Gemeinsam mit Partnern vor Ort hat UNICEF in Japan dringend benötigte Hilfsgüter wie sauberes Trinkwasser, Hygieneartikel, Kinderbekleidung und Spielzeug bereitgestellt. UNICEF stattete Schulen auch mit Computern, Stühlen, Tischen und mobilen Toiletten aus.

© UNICEF

Berliner Philharmoniker übergeben „Buch der Solidarität“ an japanische Kinder

Gemeinsam mit den Behörden vor Ort wurden nahe Verwandte oder Pflegefamilien gesucht, um die Waisen aufzunehmen. UNICEF wird weiter helfen, betroffene Kinder und Jugendliche zu betreuen. So lernen Erzieher, Lehrer, Eltern und Freiwillige in einem Trainingsprogramm, wie sie traumatisierten Kindern helfen können – zum Beispiel durch spezielle Spielangebote. Br Im Jahr 2011 hat UNICEF Deutschland rund 2,6 Millionen Euro für die Nothilfe in Japan erhalten – Vielen Dank!

Für Kinder, die durch die Katastrophe ihre Eltern verloren haben, organisierte UNICEF psychologische Betreuung.

Ein wiederkehrender Alptraum

Die schweren Überschwemmungen in Pakistan von 2011 haben Millionen Familien obdachlos gemacht. lleine in der südpakistanischen Provinz Sindh wurden rund 800.000 Häuser überflutet – fast die Hälfte von ihnen sind vollständig zerstört. Seit Mitte Dezember sind dennoch über 90 Prozent der Menschen in das Überflutungsgebiet zurückgekehrt. Besonders in den Winternächten fallen die Temperaturen häufig unter den Gefrierpunkt. Die Überreste der zerstörten Häuser bieten kaum Schutz vor der Kälte. Für viele Kinder war die Katastrophe ein wiederkehrender Alptraum: Bereits im Sommer 2010 wurde fast ein Fünftel des Landes überflutet. Alleine in der Provinz Sindh sind mehr als zwei Millionen Kinder von den erneuten Fluten betroffen. Nach UNICEF-Schätzungen sind etwa 41.000 Kinder in Pakistan mangelernährt – knapp 20.000 von ihnen sogar lebensbedrohlich ausgezehrt.

Dadurch sind sie besonders anfällig für Krankheiten. In ambulanten Ernährungszentren versorgen UNICEF und seine Partner die Kinder mit therapeutischer Zusatznahrung. Mütter erhalten Informationen, wie sie ihre Neugeborenen und Kleinkinder gut ernähren und sie vor Infektionskrankheiten wie Durchfallerkrankungen und Malaria schützen können. Rund 420.000 Kinder haben bereits Zugang zu sauberem Trinkwasser erhalten. UNICEF hat in den Krisengebieten 2.000 einfache Lernzentren eingerichtet. 96.000 Mädchen und Jungen können dadurch wieder zur Schule gehen. Außerdem hat UNICEF über 2.000 Lehrerinnen und Lehrer fortgebildet. „Ich lerne hier so viel – es ist toll, dass wir zur Schule gehen können“, freut sich der elfjährige Andraj. Br

© UNICEF/NYHQ2011-1404/Page

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Im Jahr 2011 hat UNICEF Deutschland rund 2,3 Millionen Euro für die Nothilfe in Pakistan erhalten – Vielen Dank!

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UNICEF-Nothilfe in Ostafrika

Ein kleiner Pieks fürs Überleben Impfen rettet Leben.

Zeit zu teilen – In Deutschland sind viele Menschen dem UNICEF-Aufruf zu Weihnachten 2011 gefolgt und haben für die Kinder in Ostafrika gespendet. Die ehrenamtlichen UNICEF-Gruppen haben in einigen Städten zu Aktionen aufgerufen. Auch viele Unternehmen haben die UNICEF-Weihnachtsaktion unterstützt.

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NICEF unterstützt in Ostafrika einen großen Hilfseinsatz. Dazu gehören Zusatznahrung für mangelernährte Kinder, Trinkwasser, Medikamente und vieles mehr. Besonders in Somalia ist es nicht leicht zu helfen – doch es geht voran. Hier ein Beispiel: In den letzten Worten ist es UNICEF und der Weltgesundheitsorganisation WHO gelungen, über eine Million Kinder in Somalia gegen Masern zu impfen. Die Zahl der Neuinfektionen geht bereits zurück. Mehr als 273.000 Mädchen und Jungen unter fünf Jahren wurden außerdem gegen Polio geimpft. Am Impftag sind alle auf den Beinen: Gesundheitshelfer schlängeln sich zwischen den provisorischen Hütten in einem Flüchtlingslager in der 18

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Hauptstadt Mogadischu durch und klopfen eilig an jede Behausung. „Heute ist Impftag!“, rufen sie. Einige unerschrockene Kinder stellen sich schon an und halten mutig ihren entblößten Arm hin für den kleinen Pieks. Schon lange bevor Kühlboxen, Nadeln und Impfstoffe ausgepackt wurden, hatten die Vorbereitungen zur Impfaktion begonnen. Fast 1.700 von UNICEF und der WHO geschulte Impfteams waren zuvor wochenlang von Tür zu Tür und von Zelt zu Zelt gezogen. Sie registrierten alle nicht geimpften Kinder in 16 südsomalischen Distrikten und klärten hunderttausende Eltern über den wichtigen Schutz vor Masern auf. Denn in den überfüllten Lagern ist die Ansteckungsgefahr besonders groß. Gerade mangelernährte oder kranke

Kinder haben kaum Abwehrkräfte gegen das Virus. UNICEF und WHO nutzten auch Radio und Fernsehen, um Eltern und Erzieher über die Impfaktion zu informieren. Der Einsatz von UNICEF für Impfkampagnen zahlt sich aus: Wurden im September 2011 im Süden Somalias noch über 1.900 Masernerkrankungen gemeldet, fiel ihre Zahl im Oktober bereits auf 1.644. Auch in anderen Regionen des Katastrophengebiets sind die Neuinfektionen rückläufig. Diese Hilfe muss weitergehen – denn sie rettet Leben. Im Jahr 2011 hat UNICEF Deutschland mehr als 17,9 Millionen Euro für die Nothilfe in Ostafrika erhalten – Vielen Dank!


Die UNICEF-Hilfe kommt an: Somalia:

Kenia:

Äthiopien:

• Nahrungshilfe für eine Million Menschen ermöglicht

• 204.000 mangelernährte Kinder behandelt.

• 9.600 Ernährungszentren aufgebaut und dort fast 140.000 schwer mangelernährte Kinder versorgt.

• Medikamente für 1,4 Millionen Menschen bereitgestellt

• Eine Million Kinder gegen Masern geimpft

• 1,8 Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgt

• 1,4 Millionen Menschen haben Zugang zu sauberem Trinkwasser und besserer Hygiene, 1,2 Millionen Materialien zur Wasseraufbereitung erhalten.

• Lernmaterialien für 120.000 Schulkinder bereitgestellt • 152.000 Menschen durch Wassertanker versorgt und vier Millionen Menschen über Hygiene aufgeklärt.

• Allein im Flüchtlingslager Dadaab hat UNICEF 41.000 mangelernährte Kinder versorgt und 220.000 Menschen mit sauberem Wasser verorgt. 50.000 Kinder wurden in Kinderschutzzonen betreut.

• Im Flüchtlingslager Dollo Ado hat UNICEF mangelernährte Kinder zwischen sechs Monaten und 15 Jahren versorgt. 35.000 Kinder wurden gegen Masern geimpft. 25.000 Flüchtlinge haben sauberes Trinkwasser erhalten. 17.000 Kinder konnten Unterrichtsangebote nutzen – zum Beispiel in Zeltschulen.

© UNICEF/NYHQ2011-1116/Holt

© UNICEF/Somalia/2011/Mony

• UNICEF hat geholfen, über 350 Kinderschutzzentren einzurichten – hier können zehntausende Kinder spielen und lernen. Fast 32.000 Kinder in 318 Schulen haben Essensgutscheine erhalten.

© UNICEF/NYHQ2011-1334/Lemma

• Mit Unterstützung von UNICEF konnte im Januar 2012 die Schule für 420.000 Kinder wieder beginnen. 6.700 Lehrer sind in psychosozialer Hilfe und Hygieneaufklärung ausgebildet worden.

• Sechs Millionen Kinder gegen Masern geimpft.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung! • Die Deutsche Bank, ihre Stiftungen, Mitarbeiter und Kunden haben zusammen fast eine Million Euro Spenden für die UNICEF-Nothilfe gesammelt.

• Bei der Tombola des SemperOpernballs in Dresden kamen 27.000 Euro zusammen. Als UNICEF-Pate trat das KlassikQuintett Adoro auf.

• Durch den Spendenaufruf der Aachener Zeitung/Aachener Nachrichten kamen seit Sommer 2011 über 650.000 Euro zusammen.

• Der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim spendete 10.000 Euro aus dem Erlös der Thomapyrin ® Kunstedition.

• Die Aktion „Leser helfen“ der Magdeburger Volksstimme erzielte über 65.000 Euro.

• Die Editionsgalerie LUMAS versteigerte zusammen mit artnet auctions zwanzig Werke aus ihrem Portfolio (22.000 Euro).

• Das Online-Auktionsportal United Charity versteigerte zu Weihnachten besondere Geschenke – zum Beispiel den Taucheranzug von Orlando Bloom aus „Fluch der Karibik“ oder eine signierte Grußkarte von Udo Lindenberg (rund 6.500 Euro). Hl / Flo

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Kinder haben Rechte

Kinder der Klasse 4 der Mühlenschule in Holm-Buchholz

© UNICEF Buchholz

Aktiv für UNICEF

Zum Abschluss der bundesweiten UNICEF-Aktionswoche für Kinderrechte forderten Jugendliche vor dem Reichstag die Politiker auf, nicht länger auf Kosten der nachwachsenden Generationen zu leben. Mit Plakaten wie „Eure Schulden – unsere Zukunft!“, „Unsere Zukunft im Minus?“, „Kinder sind die Bank“ oder „Unsere Zukunft ist kein Monopolyspiel“ machten Hannah Lefel (16), Malin Eh (16), Madita Eh (14) und Üwen Ergün (15) aus dem UNICEFJuniorTeam auf die dramatische Schuldenlast aufmerksam, die den Kindern bereits heute auferlegt ist. Sie riefen dazu auf, alle öffentlichen Ausgaben daraufhin zu überprüfen, ob sie zum Wohlergehen der Kinder beitragen.

Arbeiten für Kinderrechte der Klasse 3b der Tiefburgschule aus Heidelberg

© UNICEF Heidelberg

Die Hauptschule Hölkeskampring in Herne engagierte sich.

© UNICEF Leverkusen

Initiiert hatte UNICEF die Aktionstage gemeinsam mit dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Markus Löning. Kinder und Jugendliche sollten so die Möglichkeit erhalten, ihre Ideen und Meinungen zum Thema Kinderrechte zu äußern. Parallel zu den Schulen rief UNICEF die Abgeordneten des Bundestags dazu auf, mit den Kindern in den Dialog zu treten. Zahlreiche Bundestagsabgeordnete stellten sich in ihren Wahlkreisen den Fragen und Argumenten der Kinder und Jugendlichen – darunter Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), der Vizepräsident des deutschen Bundestags Wolfgang Thierse (SPD) und die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen). Auf der Internetplattform www.aktionstagkinderrechte.de konnte jeder seine Meinung zu den Kinderrechten kundtun. Viele Schulen stellten online ihre Aktionen vor.

© UNICEF Herne

Unter dem Motto „Ich hab immer Rechte“ haben UNICEF und das Auswärtige Amt bundesweit zu Aktionstagen für Kinderrechte an den Schulen aufgerufen. Rund 200 Schulen machten mit – mit großer Unterstützung von den UNICEF-Arbeitsgruppen von Aalen bis Worms.

Kinder aus Leverkusen erstellen Kinderrechte-Plakate

Demonstration gegen die „Schulden-Zukunft“ vor dem Berliner Reichstag

„Bei den UNICEF-Ehrenamtlichen heißt es volle Kraft für Kinder. Ihr Antrieb ist: Jede verkaufte Grußkarte hilft einem Kind“, sagte Bettina Wulff. Unterstützt wurde sie von der stellvertretenden UNICEF-Vorsitzenden Ann Kathrin Linsenhoff (Bild S. 21 unten links) und der Beirätin der ehrenamtlichen UNICEF-Gruppen Alexandra Meindl-Müller (gleiches Bild rechts). 20

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Die lebende Grußkarte mit Ralf Bauer

© Eventpress Herrmann

Überall in Deutschland haben in der Adventszeit wieder ehrenamtliche Helfer UNICEF-Karten verkauft, zum Beispiel auf Weihnachtsmärkten. UNICEF-Schirmherrin Bettina Wulff startete die traditionelle Grußkartenkampagne im Schloss Bellevue: Schülerinnen und Schüler einer Berliner Grundschule traten gemeinsam mit UNICEF-Pate Ralf Bauer im Vierer-Tandem in die Pedale. Sie stellten damit ein aktuelles Motiv der beliebten UNICEF-Grußkarten nach.

© Eventpress Herrmann

Volle Kraft für UNICEF-Grußkarten


Schüler und Lehrer der Realschule Wilnsdorf

© UNICEF/ Asselin

© Kay-Helge Hercher

Grußkarten

Frühjahr 2012

Schreiben Sie Karten voller Leben.

Schule aktiv für UNICEF

Das Städtische Gymnasium Sundern, das Gymnasium Meschede und die Realschule Wilnsdorf sind als „Schule aktiv für UNICEF“ ausgezeichnet worden. Damit tragen nun 15 Schulen das UNICEF-Siegel für besonderes Engagement. Sie erhalten es jeweils für drei Jahre. Die Schülerinnen und Schüler in Sundern organisieren seit Jahren Aktionen und Sponsorenläufe. Zuletzt kam dabei die Rekordsumme von 17.000 Euro für UNICEF zusammen. Die Gymnasiasten in Meschede beindruckten mit fantasievollen Grußkarten-Verkaufsaktionen und sammelten Spenden für die UNICEF-Nothilfe in Pakistan, Haiti und Japan. Außerdem machten sie bei verschiedenen UNICEF-Aktionstagen mit und initiierten in ihrer Stadt eine Demonstration gegen Kinderarbeit.

Jedes Jahr sterben 60.000 Neugeborene an Tetanus. Denn in Entwicklungsländern müssen viele Frauen ihre Kinder unter unhygienischen Bedingungen zur Welt bringen. Hat sich ein Neugeborenes erst einmal mit dem Erreger infiziert, gibt es kaum Heilungschancen. UNICEF klärt Familien über die Gefahren von Tetanus auf und stellt Impfstoffe bereit. Geburtshelferinnen lernen, ein Mindestmaß an Hygiene für Mutter und Kind sicherzustellen. Bis 2015 soll die Infektionskrankheit weltweit besiegt sein. Ihr Grußkarten-Kauf trägt zu diesem Ziel bei, denn jede Karte hilft einem Kind:

Auch in Wilnsdorf hat UNICEF bereits Tradition: Die Realschüler, Lehrer und Eltern unterstützen seit 30 Jahren die Hilfe für Kinder in Not. Die Aktionen der UNICEF-AG, Ausstellungen, Basare und Kinderfeste fanden viel Unterstützung von lokalen Partnern. 2008 wurde die UNICEF-AG unter der Leitung der Lehrerin Angela Gruß für ihre Aktion „Eine gute Tat ist mehr als 1.000 gute Worte“ als UNICEF-JuniorBotschafter geehrt. Flo

15 Grußkarten = Tetanus-Impfstoff und sterile Einwegspritzen für 50 Kinder

© UNICEF

Start der Grußkartenkampagne 2011 mit Bettina Wulff

75% des Kaufpreises sind Spende für Gesundheits-, Bildungs- und Kinderschutzprogramme

© Eventpress Herrmann

Alle UNICEF-Grußkarten gibt es hier: im Internet-Shop www.unicef.de/karten, über das Service-Telefon 0221-936 50 603 oder bei der örtlichen UNICEF-Arbeitsgruppe

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Vanessa Redgrave,

Internationale UNICEF-Botschafterin, hat ihren 75. Geburtstag gefeiert. UNICEF dankt der britischen Schauspielerin für ihren großen Einsatz für die Rechte der Kinder. Die Oscar-Preisträgerin ist nicht nur eine der weltweit anerkanntesten Filmstars. Als Internationale UNICEF-Botschafterin tritt sie seit den 1990er Jahren insbesondere für Kinder in den Krisengebieten der Erde ein. „Einmischung für Kinder ist für Vanessa Redgrave Einsatz für Frieden und eine Welt ohne Krieg“, erklärte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. „Ihr Glaube an die Menschlichkeit macht sie mutig und kompromisslos. Und er gibt ihr die Freiheit, sich nicht vereinnahmen zu lassen.“ Ausgangspunkt für ihr gesellschaftliches Engagement war für die Tochter einer legendären englischen Schauspielerdynastie die Erfahrungen während der Bombardements im zweiten Weltkrieg. Als Elfjährige hörte sie im Radio zum ersten Mal von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Damit begann eine lebenslange Auseinandersetzung mit den Menschenrechten und besonders mit den Rechten von Kindern in Krisengebieten.

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Sandra Thier,

Moderatorin und UNICEF-Patin, hat anlässlich des RTL-Spendenmarathons zu Spenden für Kinder in Burkina Faso aufgerufen. Sandra Thier hatte im November 2011 ein UNICEF-Projekt für arbeitende Kinder besucht. In Burkina Faso arbeiten bis zu 200.000 Kinder in Steinbrüchen und Goldminen. „Wir müssen etwas tun! Nur durch Bildung können arbeitende Kinder den Kreislauf durchbrechen und ihrem Elend entfliehen“, sagte Sandra Thier.

Franziska van Almsick,

Botschafterin der „Pampers für UNICEF“-Aktion, freut sich über 300.000 weitere Impfdosen gegen Tetanus. Bei dem Event „Schwimmen und Spenden“ in Berlin legten sich 40 Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren ins Zeug und schwammen in zwei Stunden insgesamt 28.125 Meter. Für jeden Meter spendete Procter & Gamble gemeinsam mit EDEKA den Gegenwert von zehn Impfdosen an UNICEF – und rundete den Betrag am Ende auf 300.000 Dosen auf. „Die Kinder haben alles gegeben und einen großartigen Erfolg erzielt!“ freute sich Franzi. „Ich

David Beckham,

Fußballstar und UNICEF-Botschafter, hat UNICEF-Projekte auf den Philippinen besucht. In einem Zentrum für Straßenkinder spielte er mit den Jugendlichen Fußball und brachte ihnen sogar ein paar Tricks bei. „Als Familienvater kann ich nachfühlen, wie schwer es diese Kinder haben müssen“, sagte David Beckham. „Alle diese Kinder sind in jungen Jahren von den Erwachsenen vernachlässigt worden. Ohne die Liebe und Unterstützung meiner Eltern wäre ich heute auch nicht da, wo ich bin. Jedes Kind verdient eine zweite Chance.“

bin sehr stolz darauf, dass ich Patin dieser Aktion sein darf. So kann ich zwei Dinge, die mir am Herzen liegen, zusammenbringen: Kindern Spaß am Schwimmen vermitteln und gleichzeitig Müttern und Babys in den Entwicklungsländern helfen.“

© obs/Pampers

© UNICEF/ HQ04-0413/Steve Sabella

© Steven Pan

© UNICEF/NYHQ2011-2044/Villafranca

Menschen für UNICEF


Schauspieler und UNICEF-Botschafter, hat anlässlich einer Benefizgala zugunsten von UNICEF im Münchener Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski das Märchen „Der selbstsüchtige Riese“ von Oscar Wilde gelesen. Auch Stars wie Suzanne von Borsody, Blacky Fuchsberger, Hannes Jaenicke, Wolfgang Joop, Lang Lang, Udo Lindenberg, Axel Milberg, Sir Roger Moore, Anna Netrebko, Franck Ribéry, Karl-Heinz Rummenigge, Arnold Schwarzenegger, Shakira und Julia Stegner machten mit. Wie Sir Christopher hatten Sie eine Glas-Weihnachtskugel gestaltet und signiert, die an dem Abend für die UNICEF-Arbeit in Nepal versteigert wurden. Dabei kamen insgesamt 70.500 Euro zusammen.

Joachim Fuchsberger,

UNICEF-Ehrenbotschafter, ist mit dem Ehrenpreis des Deutschen Nachhaltigkeitspreises ausgezeichnet worden. „Blacky hat mit seinem Einsatz für benachteiligte Kinder viele Menschen nachhaltig beeindruckt und ist damit zum Vorbild für viele andere Künstler und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens geworden“, sagte UNICEFBotschafterin Sabine Christiansen in ihrer Laudatio. Der beliebte Schauspieler, Showmaster und Filmemacher wurde 1984 als erster Deutscher zum Botschafter für UNICEF ernannt. Bis heute nutzt er seine Popularität, um für die Arbeit von UNICEF zu werben. Für mehr als ein Vierteljahrhundert Einsatz für Kinder hat ihn UNICEF-Deutschland vor einem Jahr zum „UNICEF-Ehrenbotschafter“ ernannt.

© Uwe Weiser/Commerzbank

© UNICEF/Hyou Vielz

© Agency People Image

Christopher Lee,

Nina Ruge,

Moderatorin und UNICEF-Patin, freute sich auf der traditionellen UNICEFDeutschland-Gala im Kölner „Maritim“ über 87.361,10 Euro für „Schulen für Afrika“. In Hilden hatte die renommierte Benefizveranstaltung der Commerzbank AG (früher Dresdner Bank) 30. Jubiläum. Seit dem Start sind über zwei Millionen Euro für Kinder in Not zusammengekommen. „Durch Aktionen wie die UNICEF-Deutschland-Gala „Kleine Münzen – große Hilfe“ oder „Ein Herz für UNICEF“ haben Sie mitgeholfen, die Welt für Kinder ein Stück besser zu machen. Die Commerzbank leistet hier einen wirkungsvollen Beitrag und zeigt soziale Verantwortung“, dankte der UNICEF-Vorsitzende Dr. Jürgen Heraeus (im Bild rechts mit CommerzbankChef Jörg Krämer) für das langjährige Engagement.

Vorschau

Vielen Dank an alle UNICEF-Freunde, die uns in der Weihnachtszeit so großzügig unterstützt haben! Impressum: UNICEF-Nachrichten: Zeitschrift des Deutschen Komitees für UNICEF. Nr. 1/2012, Auflage 145.000. Erscheint vierteljährlich; 2,50 Euro. Für Mitglieder und Förderer ist der Bezug im Förderbetrag/Spende enthalten. Spendenkonto 300 000 bei der Bank für Sozialwirtschaft in Köln, BLZ 370 205 00. Herausgeber: Deutsches Komitee für UNICEF e.V., Höninger Weg 104, 50969 Köln, Telefon: 0221/936500, Internet: www.unicef.de, E-Mail: redaktion@unicef.de. Redaktion: Kerstin Bücker (Bue), verantwortlich, Simone Bredel (Br), Lena Dietz (Die), Wiebke Eckau (Eck), Andrea Floß, freie Mitarbeiterin (Flo), Beatrix Hell (Hl), Rudi Tarneden (Tar). Redaktionsschluss: 15.02.2012, Gestaltung: Günter Kreß, Druckvorstufe: www.dbs-gruppe.de, Warstein; Druck: Henke, Brühl.

Das nächste Heft der UNICEFNachrichten ist eine Sonderausgabe zum Kampagnenthema „Wasser und Hygiene“, illustriert mit Fotos aus dem Wettbewerb „UNICEF-Foto des Jahres“.

Das DZI Spenden-Siegel bescheinigt UNICEF eine seriöse und vertrauenswürdige Mittelverwendung.

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G 12054 Postvertriebsstück • Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt UNICEF • Höninger Weg 104 • 50969 Köln

Ich bin ein Kind. Werben Sie UNICEF-Paten. Damit Kinder eine Kindheit haben.

UNICEF/Tom Schulze

Jetzt anmelden: www.unicef.de/unicefpate


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