Urbanaffairs

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urban affairs

Das Magazin f端r die Metropole

Wellness

Das Neptunbad

Modewelt

Fashion Week Paris

trendSport Welle machen

Design

Traumbad


Aussen & Innen

Lust & Leben

samt & seide

technik & Design

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Der Wohnraum in den angesagten Stadtquartieren wird knapp. Das weckt die Phantasie: immer öfter entsteht Wohnraum an ungewöhnlichen Orten im urbanen Raum.

Liebe von Freitag bis Sonntag – kann das gutgehen. Vier Millionen Paare leben in Deutschland getrennt. Viele von ihnen planen seit Jahren ein Leben in derselben Stadt und haben genug von dem Pendeln zwischen Süd und West oder Nord und Ost.

Die diesjährige Fashionweek in Paris war ein voller Erfolg. Alles was Rang und Namen hat, war in Paris -der wahren Modehauptstadt- versammelt.

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Japan ist modisch absolut angesagt. Japanische Designer bekommen langanhaltenden und geradezu frenetischen Beifall auf den wichtigen Modemessen, ebenso wie bei den internationalen “fashion weeks” von Paris bis Tokyo.

Logen der Stadt

Liebe? Weit weg!

Rioja - die rote Lust

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Doppelturm Die beiden imposanten Türme der Europäischen Zentralbank in Frankfurt werden nicht die höchsten Häuser am Main sein. Trotzdem werden sie die Skyline breichern.

Das Rioja Weingut Martínez Lacuesta gründete Don Félix Martínez Lacuesim Alter von 21 Jahren. Aufgrund der hohen Qualität der Weine und dem großen Interesse aus dem Ausland gründete man 9 Jahre später Verkaufsstellen in den USA, Kolumbien, Kuba, Argentinien und exportierte die ersten Flaschen ins Ausland.

Paris

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HERO3 Held auf und unter Wasser Die Hero 3 ist eine Kamera für die Outdoor-Tage im Leben. Wenn es schmutzig und gefährlich wird, zeigt sie was in ihr steckt. Eine Kamera, die einen weder in den Bergen noch in Gewässern im Stich lässt.

Japanese Trend

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INSECT Autos werden klug – Toyata hat mit dem Concept-Car INSECT gezeigt, was bald alles geht: Mit einem sparsamen Elektromotor und der Vernetzung alle Lebensbereiche wird das Auto zu einem DigitalHub.

spotlight köln Projekte

Gastrotipp

Typen

Rheinrivalen

Restaurant & Bar

Urban bee-keeping

Düsseldorf und Köln mögen sich nicht. Das ist seit Jahrhunderten so. Doch die Häfen arbeiten jetzt trotzdem zusammen. Ein Novum.

Hunger und Durst? Beides muss man in Köln nicht ertragen – ein paar Ausgehtips. Eine Bar, die vom Meer träumen lässt und entspannt.

Was man bisher nur auf dem Land kannte, wird immer häufigern in den Städten als intesnives Hobby betrieben: Bienenzucht. Eine urbane Idylle.

Quartiere

Wohnen

Trend

Ehrenfeld

Kranhäuser

Singles

Das ehemalige Arbeiterquartier hat sich zu einem der beliebtesten Wohnviertel der Stadt gewandelt, will aber nicht zum PrenzlBerg am Rhein mutieren.

Die Kranhäuser in Köln sind die schönsten Häuser am ganzen Rhein. Sie haben aus einem alten Industriehafen eine Flaniermeile gemacht.

Immer mehr Singels leben in Großstädten. Sie sehen das als optimales Lebenskonzept, dass ihnen Freiräume ermöglicht.


Trends & Sport

Kunst & Kultur

Schall & Klang Business & Co

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Welle machen Sie fahren zum Surfen nach Hawaii, Kalifornien oder Portugal? Unsinn, die Reise kann man sich sparen. Surfen geht auch in der Stadt – aber nur, wenn sie München heißt.

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Fixies Keine Gangschaltung, kein Freilauf - Fixies sind Fahrräder der neueste Schrei. In ihrer reinen Form überzeugen sie nicht nur Puristen, denn sie bieten ein einzigartiges Fahrvergnügen.

Crashtest Nordstadt Die Dortmunder Nordstadt ist das spannendste und härteste Quartier des Ruhrgebiets. Theaterbesucher können es beim “Crashtest” entdecken – wenn sie bereit sind, sich in die Hand der Bewohnern zu geben.

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Die GEMA und die Discotheken.

Gründerfieber

Licht aus - Spot aus: Führt das neue GEMA- Tarifsystem 2013 zum großen Clubsterben in den Städten? Viele befürchten das Ende der großen DiskothekenVielfalt in Deutschland.

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Der New Yorker Musiker Paul Wallfisch ist nach Berlin gezogen und rockt das Berliner Ensemble. Wir trafen ihn in seiner Wahlheimat.

Von Los Angeles über Jerusalem und Bochum nach Berlin: Der Dirigent Steven Sloane ist viel rumgekommen und hat ein Ziel: Menschen für die klassische Musik begeistern.

Paul Wallfish

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Das Kapital Der Roman Das Kapital von John Lanchester erzählt über die Veränderungen des Lebens in der Stadt. Ein Sittengemälde des Umbruchs, in dem die alten Gewissheiten verschwinden und sich das Leben auf radikale Weise ändert.

In der Krise wächst die Zahl der Unternehmensgründungen, doch die meisten Jungunternehmer scheitern. Experten wissen: Noch wichtiger als eine gute Geschäftsidee ist die Persönlichkeit des Gründers.

Steven Sloane

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Stereoanlagen mit Gefühl

Headhunter

Auf der High-End werden Stereoanlagen der Extraklasse vorgestellt. Und weil die Messe nur einmal im Jahr in München stattfindet, geht sie auf Tour. Im November ist sie in Hamburg.

In Zeiten, in denen die Unternehmen nach Fachkräften suchen häufen sich Anrufe von Headhuntern. Doch Vorsicht: Auf dem Markt tummeln sich schwarze Schafe und unseröse Job-Anbieter.

Titelfoto: © Maze Köstlin / strandkorn.de

Impressum Verantwortlich Stefan Laurin Alexandrinenstraße 24 44791 Bochum Ulrike Märkel Dresdenerstrasse 15 44139 Dortmund Grafik/Artwork Märkel.Kommunikation.COM Dresdenerstrasse 15 44139 Dortmund info@ulrike-maerkel.de


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lust auf stadt

Diedrich Diederichsen erklärte in seinem Buch „Sexbeat“ was die Stadt einzigartig macht. Nie hat alles geschlossen, immer gibt es etwas zu entdecken. Das Publikum wechselt mit der Uhrzeit, es wird irgendwann an vielen Orten ruhiger, aber es gibt immer noch den einen Club, die eine Kneipe, das eine Atelier wo es trotzdem weitergeht. Die Frage „was später noch passiert“, die treibende Kraft ihrer eigenen Zeitlosigkeit macht die Stadt nach wie vor zu einem faszinierenden Ort.

Diedrich Diederichsen beschreibt die Freiheit der Möglichkeiten anhand von ein paar Kids, die sich in die Nacht begeben und den fieberhaften Wunsch erleben, dass diese Zeit nie enden möge. Die Geschichte zeigt eindringlich, was die Stadt vom Land unterscheidet: Die Freiheit, sein Leben so zu gestalten wie man möchte und die Gewissheit zu jedem Zeitpunkt Menschen zu finden, die sich für das Gleiche begeistern und über dieselben Dinge aufregen wie man es selbst tut. Freiheit hat etwas mit den Möglichkeiten zu tun, die sich einem eröffnen. Für Diedrichsen lässt Freiheit nicht nur Vielfalt zu, sondern provoziert sie gradezu. Das alles macht Urbanität aus. Seit über zehn Jahren erleben wir die Renaissance der Stadt. Die Großstädte wachsen wieder. Einstmals heruntergekommen Stadtteile erwachen zu neuem Leben. Die Popularität des städtischen Lebens ist so groß, dass es bereits eine Bewegung gibt, die sich vehement gegen die sogenannte Gentrifizierung und dem einkehrenden Mainstream der “Schickmacherei” ganzer Viertel wehrt. Gleichzeitig entstehen immer wieder neue Orte, die sich jeder Kontrolle entziehen, in denen experimentiert wird und in denen Grenzen neu ausgelotet werden. Sicher, idyllisch ist die Stadt nicht und je urbaner sie ist, umso weniger idyllisch ist sie. Hier gibt es keine Selbstgewissheit, nur Zweifel. Alles wird neu ausgehandelt, jeden Tag. Millionen Menschen mit unterschiedlichsten Hoffnung, Zielen, Ängsten, Träumen und Leidenschaften jedes Alters versuchen auf engstem Raum miteinander klar zu kommen. Das ist verdammt anstrengend – aber auch verdammt schön. Und das fasziniert die Menschen: Morgens im Park Joggen, den Job machen, danach kurz zur Vernissaeg in der Galerie nebenan vorbeige-

Foto: Fotolia © kameraaugeF und © davis

hen, abends ins Konzert der angesagten Newcomer-Band aus London, nachts in den Club auf einen Absacker-Drink, Doch das ist nicht alles: In der Stadt wird Geld verdient, kann man auf- und absteigen, sein persönliches Abenteuer erleben – mit allen Chancen und allen Risiken. Die Stadt hat Orte voll Lärm und Hektik. Sie kann drecking, hart und brutal sein. Aber sie bietet immer auch Orte voller Romantik und Poesie. Sie nimmt jeden auf, schützt, verlangt aber auch Hingabe und Offenheit. Dennoch muss man auch nebeneinander her leben können, sich einfach in Ruhe lassen, den anderen so sein lassen wie er nun einmal ist. Und sich den zahlreichen Eindrücken und Angeboten auch einmal entziehen können. Kompliziert? Kompliziert. Aber auch unbegreiflich schön...

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Tiere in der Stadt sind beliebt, so lange man ihnen lustige Namen geben oder mit ihnen Gassi gehen kann. Aber Insekten? Ein neuer Tend setzt sich gerade von New York bis Berlin durch – Stadtimker, die ihren eigenen Honig auf Dachterassen, Balkonen oder in Schrebergärten produzieren. Philipp Silz pflegt ein Hobby, das nur wenige Frankfurter mit ihm teilen: Der Student imkert und hat seinen Schwarm auf dem Balkon mitten in Sachsenhausen untergebracht. Silz kam schon als Kind zur Imkerei. Sein Großvater hatte Bienen in einem kleinen Dorf in der Nähe von Bebra. Angesteckt durch Opas Leidenschaft, entwickelte Philipp später den Wunsch, selber Bienen zu halten. Ausgerechnet zu Beginn den Studiums in Frankfurt überkam es ich und seinen ersten Schwarm hielt er noch heimlich in einem Bienenstock auf dem Flachdach des Nachbarhauses – zumindest so heimlich, wie 12.000 Bienen nun einmal sind. Im darauffolgenden Jahr einen hatte Philipp auf die Heimlichkeiten keine Lust mehr und konstruierte seinen Bienen eine schöne Behausung direkt auf seinem Balkon. Die Beute ist ähnlich einem Blumentrog mit Halterungen angebracht und von ihren Maßen so ausgelegt, dass sie keine große Angriffsfläche für den Wind darstellt. Ein abnehmbarer Deckel und längs verlaufende Rahmen ermöglichen dem Imker ein bequemes Handling. Die Bienen haben es sich seit Juni dieses Jahres darin gemütlich gemacht. Und wohnen die Nachbarn auch noch dort? Keiner der Nachbarn hatte etwas gegen die neuen Mitbewohner. Ganz im Gegenteil: „Das Interesse an der Stadtimkerei und an den Bienen war sehr groß“, sagt Philipp. Das Wichtigste sei, erklärt Silz, dass die Leute verstehen, dass Bienen keine Tiere sind, die sie angreifen oder sogar stechen wollen. Auch auf so engem Raum wie einer Stadt ist das Zusammenleben mit Bienen so völlig problemlos wie mit Katzen oder Hunden. Mittlerweile kümmern sich sogar Philipps Nachbarn ab und zu um die Bienen, wenn der Stadtimker mal nicht zu Hause ist. Der Betreuungsaufwand ist relativ gering, da sich Johannes um eine artgerechte Bienenhaltung bemüht. Im Gegensatz zur konven-

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tionellen Imkerei, öffnet Silz die Beute so selten wie möglich, da das für die Bienen puren Stress bedeutet. „Es kommt ja bei mir nicht darauf an, maximalen Honigertrag raus zu holen“, und so fallen Arbeiten wie Schwarmverhinderung weg. Seinen Arbeitsaufwand beziffert er mit rund 15 Stunden im Jahr. Auch wenn das wenig klingen mag, neben der Liebe zu Bienen ist ein Wissen um die Imkerei sehr wichtig. Philipp hat es durch seinen Großvater vermittelt bekommen und besuchte einen Bienen-Einführungskurs. Den Rest hat er sich selbst beigebracht. Ausgesprochen wichtig findet Philipp die Vernetzung zu anderen Imkern, die ähnliche Bienenbehausungen verwenden wie er. Es gibt einen E-Mail-Verteiler, über den der Erfahrungsund Wissensaustausch schon gut funktioniert. Es ist wohl ein besonderes Ereignis, seinen ersten Honig zu


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Foto: Fotolia, Copyright: Dmytro Smaglov

ernten. Und in diesem Jahr kam der Honig von seinen Flachdachbienen. Mit welcher Geschmacksrichtung? „Mein Stadthonig hat einen hohen Blütenanteil und besitzt einen kräuterlichen Geschmack. Welche Blüte dies bewirkt, haben wir noch nicht herausgefunden,“ beschreibt er sein regionales Produkt. Und wer wohl den ersten Stadthonig als Weihnachtsgeschenk erhielt? Der Großvater hat sich darüber gefreut!

LINKS www.stadtimker.com www.balkonbienen.de www.urban-beekeeping.org

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der Weinmacher

Martínez Lacuest Weinmacher, Politiker und Rechtsanwalt. Don Félix Martínez Lacuesta gründete im Alter von 21 Jahren, nach einem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Madrid, mit seinen Brüdern 1895 die Bodegas Martinez Lacuesta in Haro, La Rioja. Er war auch der erste Präsident der spanischen Vereinigung der Weinhersteller und Präsident des Rioja Weinbauernverbandes. Er war treibende Kraft bei der Gründung der Denominación de Origen de Rioja und seines Kontrollorgans, wie dieses noch heute besteht. Er und seine Brüder Alfonso, Julio, José María, José Crescencio und Emiliano formte Martínez Lacuesta und die Bodega wird auch noch heute, über 100 Jahre später von der Familie Lacuesta geführt. Aufgrund der hohen Qualität der Weine und dem großen Interesse aus dem Ausland gründete man 9 Jahre später Verkaufsstellen in den USA, Kolumbien, Kuba, Argentinien und exportierte die ersten Flaschen ins Ausland.

gestellt wird. Pflanzen und aromatische Kräuter, wie Koriander, Bitterorange, wilder Majoran, Holunder, Bohnenkraut oder Scharfgabe (um nur einige zu nennen) eingeweicht in weißem Riojawein und anschließend genau wie die spanischen Reserva Weine, für drei Jahre in amerikanischen Eichenfässern gelagert. Von der ersten verkauften Flasche wurde dieser aromatische Aperitif begeistert beim Publikum aufgenommen. Auch heute wird der Vermouth Reserva noch genauso hergestellt wie 1937, die einzige Abänderung gegenüber damals besteht darin, dass er nach den drei Jahren in amerikanischen Eichenholzfässern noch einmal für siebe Monate in neuen französischen Eichenfässern zusätzlich gelagert wird. Die Weine kosten zwischen 8,90 und 69,00 Euro. Alle Weine der Bodegas Martinez Lacuesta kann man in Berlin bei campo-de-borja.de bestellen.

Am 20ten Dezember 1922 im Alter von 49 Jahren verstarb Don Felíx. Sechs Jahre später errichte man ihm zu Ehren ein von Jóse Bueno geschaffenes Denkmal in Haro. Auch heute noch ist dieses Denkmal im La Vega Park von Haro zu besichtigen. 1937 war dann die Geburtsstunde des berühmten Lacuesta Vermouth, so wie er noch heute her-

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Foto; Cop


der WEinhändler Walter Kerner hat entschieden, seine persönliche Leidenschaft zum Beruf zu machen. 2011 eröffnete er am Prenzlauer Berg (Berlin) eine Weinhandlung. Er selbst sorgt für die Auswahl und fährt dreimal jährlich nach Italien. Die Winzerfamilie Drighi kennt er persönlich seit vielen Jahren - ein Drei-Generationen-Unternehmen. Für ihn geht mit der Eröffnung des Ladens ein Lebenstraum in Erfüllung: “Ich handle mit dem, was ich am meisten liebe. Das macht mich sehr glücklich und zufrieden und meine Kunden auch.” Vorrangig kauft er seine Weine bei Roberto Drighi. Das Weingut gibt es seit über 50 Jahren – im Jahr 1960 pflanzte er die ersten Rebstöcke und Olivenbäume. 2000 stieg seine Tochter Laura Drighi mit in das Geschäft ein – die Idee auf Biowein-Produktion umzusteigen, stammt von ihr. Neri Gazulli, Enkel des Gründers, ist derzeit der verantwortliche Verwalter. Die Weinberge sind zu

pyright Bodegas Martinèz Lacuest Haro, Spanien

80% erneuert worden. Ein Anteil wurde mit innovativen Sorten wie Merlot, Cabernet und Chardonnay bepflanzt, um das Angebot der Weine zu erweitern. Die Beerenlese erfolgt ausschließlich per Hand, sobald die Trauben reif sind. Im Weinkeller werden Sie nach Rebsorte und Anbauparzelle getrennt. Zu dieser Zeit reist Walter Kerner an, um die bsten Weine für seinen Berliner Laden auszusuchen. Dabei geniesst er die kurzen Unterbrechungen des umtreibeigen Stadt-lebens ganz besonders: „Ich liebe das naturnahe Leben auf den Weingütern. Nur wenn man die Landschaft und die Umgebung kennt, in der die Weine angebaut werden, hat man ein gutes Gefühl für den richtigen Wein!” Campo de Borja, Prenzlauer Allee 44, 1254 Berlin Tel. +49 (30)-23 87 360, www.campo-de-borja.de

Schwarze Perigord Trüffel Schwarze Perigord Trüffel (Tuber melanosporum). Frische schwarze Wintertrüffel, auch Perigord Trüffel genannt wird von November bis März in Frankreich (Region Perigord und Provence) gesammelt. Der tiefschwarze Trüffel ist im guten Reifezustand von mittelgroßen Warzen überzogenen. Der Geruch ist komplex, nach Wald und Erde, ein wenig nach Moschus aber auch ein wenig süßlich. Im Gegensatz zur weißen Trüffel, bei welcher der Geschmack und Geruch flüchtig ist lebt die Périgord Trüffel von der Kochkunst und wird direkt mit zubereitet. Preis: 189,00Euro/100g urbanaffairs//9


Glückallein!

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Foto: Maze©Köstlin, Foto: © Fotolia Beboy strandkorn.de

Man sollte einen Artikel über Singles optimistisch beginnen und gleich zu Anfang den größten Vorteil des AlleinLebens benennen: Der Keks, der mit dem Kaffee kredenzt wird, bleibt für die alleinstehenden Koffeeinliebhaber auf dem Rand der Untertasse liegen. Keine Hand greift nach dem Spritzgebäck, kein Mund verzieht sich säuerlich, wurde das Naschwerk schon verschlungen. Doch rechtfertigt dieser Luxus eine Lebensform, die sich bei +30ern immer größerer Beliebtheit erfreut? urban affairs //10

„Singles“, so der Ausspruch eines bekannten Filmkritikers, der auch sonst mit den Niederungen der menschlichen Existenz auf das Beste vertraut ist, „sind entweder Verlassene oder Suchende.“ Die Glücklichen, die über eine eigene Wohnung und trotzdem einen festen Partner verfügen, wollen wir mal beiseite lassen. Denn zu sich selbst guten Morgen zu sagen ist selten witzig. Und die meisten Single wurden nicht als Singles geboren, sondern tragen irgendwo in sich die Erinnerung an eine zerbrochen Partnerschaft: Sie wissen was sie vermissen und die meisten versuchen den Zustand der Zweisamkeit wieder zu erreichen. Doch je länger die Zeit alleine andauert, umso schwieriger wird die nächste Beziehung: Matthias, 34, Marketingleiter aus Hamburg, hat sich sein Leben recht heimelig eingerichtet: Von abendlichen Biertrinken bis zum sonntäglichen Frühstückbrunch mit den Kumpels haben sich Strukturen gebildet, auf die er ungern verzichten möchte: „Wenn ich mein Bad putzen will, putze ich es, und nicht, weil eine Frau es mir sagt. Ich hause gerne, und so sieht es im Moment auch in meiner Wohnung aus. Beziehungskompatibel ist das nicht unbedingt.“ Kai hat ab und an eine Affäre. Dass sich daraus etwas Ernsthaftes entwickelt, wollte er bis jetzt nicht: „Ich bin nicht unbedingt darauf aus, meine Telefonnummer weiterzugeben.“ Doch endgültig hat Matthias mit festen Beziehungen trotzdem noch nicht gebrochen: „Ich werde mich irgendwann einmal wieder richtig verlieben, und dann ist das Einstellen auf einen anderen Menschen auch kein Problem mehr. Dann wird sich ein Schalter im Kopf umstellen und vieles, was ich mir jetzt gar nicht vorstellen kann, wird einfach funktionieren.“ Bis dahin bevorzugt Kai das Alleinsein. Denn Matthias stellt hohe Ansprüche an eine Zukünftige: „Finanziell unabhängig soll sie sein, attraktiv und dabei nicht nerven. Auch seine Freiräume darf sie nicht über Gebühr einengen. Da wird es schwer, es sei denn, es ist Liebe auf den ersten Blick und der Schalter stellt sich um. Allerding glaubt daran Viola nicht so recht „Liebe auf den ersten Blick gibt es nicht.“ Viola, die Besitzerin eines Cafés in München ist, hat drei lange Beziehungen hinter sich und ihrem letzten Freund vor einem Jahr den Laufpass gegeben. „In keinen von ihnen war ich auf Anhieb verliebt. Ich weiß sowieso


nicht, wie das gehen soll. Bevor ich jemanden gerne habe, muss ich ihn doch erst einmal kennenlernen.“ Das Jahr dass sie nun schon alleine ist, genießt die 32jährige. Seit Teenagertagen hatte sie ständig einen Freund, zwischen den einzelnen Beziehungen lagen oft nur wenige Wochen. „Am Ende gingen mir vor allem die Einschränkungen und die Gewohnheiten auf die Nerven. Immer am Sonntag war Tatort-Tag mit Krombacher Bier trinken und Chipstüte. Das kann ich auch gut alleine.“

zum Schlafen zu Hause, manchmal esse ich eine Kleinigkeit, aber auch das mache ich meistens bei einem Thai um Ecke. Sobald ich in meiner Wohnung bin, will ich raus. Egal ob Konzert, Club oder Kneipen – Hauptsache nicht alleine sein.“ Die oft hektisch anmutenden Aktivitäten von Karsten haben seinen Bekanntenkreis rasend schnell erweitert: Er kennt jetzt schon jede Menge Männer, denen es genau so geht wie ihm. „In einigen Kneipen haben schon die Wirte angefangen, mir ihr Herz auszuschütten.“

Auch für Viola haben sich die Ansprüche erhöht: Der Grund, für den sie Ruhe und Selbstständigkeit aufgeben würde, müsste nicht nur gut aussehen, eine starke, unabhängige Persönlichkeit sein, ihre Eigenheiten tolerieren und selbst nicht allzu viele unangenehme Macken besitzen. Langweilig sollte er nicht sein, aber auch so zuverlässig, dass er als Vater für noch zu zeugende Kinder taugt. Dass Pärchen sich nicht finden, die Ansprüche an den Partner immer höher werden und gerade in den Metropolen immer mehr Menschen nicht nur alleine wohnen, sondern auch alleine sind, haben wir unseren Eltern zu verdanken. Und sie haben es tatsächlich nur gut gemeint – aber auch die besten Vorsätze und Ideale haben ihre Schattenseiten: Dem Mief und Muff der 50er und 60er Jahre folgte das Ideal der Selbstverwirklichung und dem Hype um die „neuen Eltern” zum Trotz werden über die Hälfte der Haushalte in den Großstädten von einer einzelnen Person bewohnt. Das liegt auch an der mangelnden Kompromissbereitschaft und den immer höheren Ansprüchen: Frauen sollen heute gutverdienend, selbstbewusst, attraktiv und gebildet und im Idealfall auch irgendwann prima Muttis für den Nachwuchs sein. Männer sollen ebenfalls gutaussehend, charmant, gute Liebhaber, aber gleichzeitig sensibel, treu, liebevolle Väter sein, die sich in die Erziehung einbringen und bitte auch im Job keine Versager sondern sehr erfolgreich sein.

In einer verkehrten Welt gebiert das Schicksal selten Gutes, und außer dem Gefühl, mit einem schweren Kopf in einer fremden Wohnung aufzuwachen, mit einer Frau an der Seite, deren Namen man sich erst gar nicht merken möchte, hat Karsten lange nichts erlebt, was sein herz berührt hätte. Das ging auch Severin lange so: „Ich war fünf Jahre lang alleine und meine einzigen erotischen Beziehungen bestanden zu meine iMac und ein paar hochgetunten Modellautos. Irgendwann aber, und das mag märchenhaft klingen, ging Severin mit ein paar Freunden in einen Club und auf der Tanzfläche eine wunderbare Frau und in einem Anfall von Poesie sagte er zu seinen Freunden: “Sie ist die schönste Frau die ich jemals gesehen haben. Sie ist der Grund, warum die Ägypter die Pyramiden gebaut haben.“ Und dann haben die beiden sich kennengelernt und jetzt sind sie seit sechs Wochen zusammen und der iMac steht unbenutzt auf dem Schreibtisch und die Modellautos verstauben. Echt. Ist wahr.

Alles kein Problem, wenn wir uns unsere Partner selbst backen könnten, doch die Backmischung für diese omnipotenten Wesen wurden bislang nicht gefunden und so steigt der Anteil der Alleinerziehenden und Alleinlebenden von Jahr zu Jahr. Während ein nicht geringer Teil der weiblichen Sing-les, nicht selten mit Kindern, ihre Freizeit in den eigenen vier Wänden verbringt, zieht es die männlichen Gegenstücke ins Nachtleben: Alleine oder in kleinen Gruppen streifen sie durch die Clubs und Kneipen. „Jeder geschlossene Raum ist ein Sarg“ sang die Hamburger Band Blumfeld in den 90er Jahren und in diesem Sarg will auch Karsten aus Berlin nicht begraben sein: „Ich bin

Foto: © Maze Köstlin, strandkorn.de

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liebe?weitweg! Früher war die ganze Sache ziemlich einfach: Men- bei Jochen und Franziska üblichen Beziehungsdisschen lernten sich kennen, wurden ein Paar und kussionen in eine Wochenende zu packen: „Aber zogen zusammen. Die Rollen waren klar verteilt: wir haben nicht mehr Probleme als andere Paare, Die Frau blieb zu Hausen und wo der Mann arbe- eher weniger“, schätzt Franziska. “Fernliebende itete wurde auch gewohnt. Da der Arbeitsplatz sind zufriedener als Paare, die zusammenleben”, ziemlich selten gewechselt wurde, blieben die sagt die Psychologin Fanny Jimenenz, selbst Menschen meistens ihr ganzes Leben lang an jahrelang in einer Fernbeziehung lebend. Woran einem Ort. Aus. Schluss. Vorbei. Vier Millionen das liegt? Die Bindungsstile der Liebenden sind Paare, fast 15 Prozent, leben heute an getrennten maßgeblich dafür verantwortlich, ob eine FernOrten. Dafür gibt es viele Gründe: Einer der Part- beziehung funktioniert oder nicht. Menschen, die ner muss wegen des Jobs umziehen oder aber mit sich und ihrem Umfeld im Reinen sind und beide wohnen schon von Anfang an in verschie- eine positive Lebenseinstellung haben, können denen Städten – seitdem sich immer mehr Paar sich mit Konflikten und Schwierigkeiten reflektiüber das Internet ert auseinandersetzen kennenlernen ist und sind somit besser auch das keine in der Lage, Lösungen Seltenheit mehr. zu suchen und zu finFranziska und Joden. Sogenannte Ängchen führen seit drei stliche und Vermeider Jahren eine Ferndagegen sind durch beziehung: Er arbedie gegebenen Umitet bei einem TVstände des ständigen Sender in Köln, sie Trennens und Wiederbei einer Unternesehens schnell überhmensberatung fordert. Das äußert in München. Kensich dann größtenteils nengelernt haben durch recht nervenausich beide im Studifreibende Stimmungum und eigentlich stiefs und Jammertiwollten sie danach raden beim Abschied Foto: Fotolia © Contrastwerkstatt zusammen ziehen. oder durch Gereiztheit Das Problem: Sie fanden keine passenden Jobs und Genervtheit beim Wiedersehen aufgrund in einer Stadt. Also wird gependelt. Mal nach der plötzlich eingeforderten Nähe des Partners. München, mal nach Köln: „Wir haben keine Ein Balanceakt, der nicht von jedem mit Bravour Hauptwohnung, zu der einer am Wochenende gemeistert werden kann. Eine Einschränkung zurückkehrt sondern leben in zwei Städten“, sagt gibt es allerdings und die zählt für alle Paare: Das Franziska. Mal fährt sie nach Köln – vor allem im zeitliche Ausmaß der Fernbeziehung muss absehKarneval, auf den sie nicht verzichten will. „Im bar sein und sollte nicht länger als bei drei Jahren Sommer bin ich oft in München – nicht nur wegen liegen. Alles andere wirkt sich destruktiv aus, da Franziska, sondern auch der Berge wegen“, sagt die gemeinsamen Perspektiven und ZukunftsPeter.Sie haben sich an ein Leben in zwei Städten träume fehlen. Für Franziska und Jochen könnte gewöhnt, telefonieren und skypen viel. Sicher, es es also bald problematisch werden, denn die drei sei nicht immer leicht Sex, Freizeit und die auch Jahre sind rum – ein Zusammenleben erscheint

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Foto: Fotolia © Rido

allerdings noch nicht einmal als Perspektive am Horizont. So gut, gelassen und glücklich viele eine Fernbeziehung auch meistern mögen, irgendwann sollte die Distanz dann doch ein Ende haben. „Entweder die Paare ziehen zusammen oder sie trennen sich“, sagt die Beziehungsexpertin Jimenenz. Möchte eine Fernbeziehung diese Statistik widerlegen, sollten die Partner frühzeitig anfangen, ein gemeinsames „Lebensfundament“ aufzubauen. Denn Fernbeziehungen brauchen stärker als “normale” Beziehungen, mittelfristige Ziele, um die Distanz dauerhaft durchhalten zu können. Welche Reisen wollen wir gemeinsam unternehmen? Wann wollen wir zusammenziehen udn in welcher Stadtwollen wir zusammen leben, vielleicht eine Familie gründen oder ein Haus bauen? Gemeinsame Zukunftsvorstellungen und

Visionen verbinden, schaffen ein Gefühl für die Zeit nach der Distanzbeziehung und stärken das Vertrauen in die Liebe des anderen. Und davon brauchen entfernt voneinander lebende Liebende ohnehin ganz besonders viel: Vertrauen. urbanaffairs//13


Der Meister au

Der chinesische Architekt Wang Shu erhie den diesjährigen Pritzker-Preis. Die Jury wü digte seine ausdrucksstarke Architektur, d chinesische Tradition und Zukunft der mitei ander verbindet und sich trotz des universe en Erscheinungsbildes sensibel in den kulture len Kontext einfügt. Sie sei ein Vorbild für d urbane Entwicklung Chinas. Der Pritzker-Pre gilt als die weltweit renommierteste Auszeic nung für Architekten. Die Tatsache, dass e Architekt aus China von der Jury ausgewäh wurde, bedeutet einen wichtigen Schritt Richtung Anerkennung dieses Landes urban affairs //14


us China

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Five Scattered House, Foto:urbanaffairs//15 Š Lang Shuilong


Ningbo Tengtou Pavilion, Foto: Š Courtesy of Amateur Architecture Stu

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WANG SHU

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Wang Shu wurde am 4. November 1963 in Ürümqi, einer chinesischen Provinzstadt, geboren. Sein Vater war Musiker und seine Mutter arbeitete als Lehrerin und Schulbibliothekarin. Wang studierte Architektur am Institut für Technologie von Nanjing. Dort legte er 1985 sein Diplom und 1988 den Master ab. 2000 an der Architekturschule der Tongji-Universität in Shanghai den Doktorgrad. Seit 2000 unterrichtet Wang Shu an der China Academy of Art Architektur und ist dort der Leiter des Architekturinstituts. 2007 erhielt Wang Shu den Global Award for Sustainable Architecture. 2010 wurde der Beitrag des Büros zur Biennale in Venedig mit einem Ehrenpreis ausgezeichnet.

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Wohnen auf Zeit Wer für ein paar Wochen oder Monate in einer anderen Stadt leben muss sucht schnell nach einer Alternative zum Hotel. Das professionelle Gastgewerbe ist den meisten zu teuer und zu unpersönlich.

Als IT-Projektleiter sieht Frank Münter sein Büro in Dresden nur selten. „Ich arbeite direkt bei unseren Kunden bis ein Projekt abgeschlossen ist. Das können ein paar Tage sein, aber oft bin ich auch mehrere Wochen dort.“ Und die Kunden sind über ganz Deutschland verteilt. Ob Hamburg, München, Berlin – Münter kennt die Wirtschaftszentren der Republik. Er hat in all diesen Städten schon gewohnt – in einer Wohnung auf Zeit. „Die ersten Jahre“, erinnert er sich, „lebte ich im Hotel. Das fand ich am Anfang schön, dann ging es mir irgendwann auf die Nerven. Ich wollte wohnen und nicht Gast sein, auch mal meine Frau und die Kinder zu mir einladen können.“ Seitdem wohnt Münter bei längeren Projekten nicht mehr im Hotel sondern sein Unternehmen mietet eine Wohnung auf Zeit. In fast allen deutschen Großstädten bieten Unternehmen wie Mr. Lodge, Zeitwohnen oder die Homecompany möblierte Wohnungen für mehrere Wochen oder Monate an. Ihre Ursprünge hatte die Idee in den Mitwohnzentralen

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der 70er Jahre. Sie vermittelten meist WG-Zimmer für ein Semester in Studentenstädten wie Marburg, Göttingen oder Freiburg. Ein Service, der noch immer nachgefragt wird. Unternehmen wie Homecompany haben jedoch Geschäftskunden und deren Wünsche im Blick. Joachim Adelmann, Geschäftsführer von Homecompany: „Unserer Mieter Wert legen auf eine zentrale Lage mit kurzem Weg zum Arbeitsplatz. Zudem möchte die Gruppe der beruflich Mobilen eine moderne, ansprechende Möblierung vorfinden und das Flair der Innenstadt oder der trendigen Viertel genießen und am kulturellen Leben in der Stadt teilhaben. Die berufliche Pflicht wird so zum Lifestyle gemacht.“ Die meisten Anbieter von Wohnen auf Zeit vermitteln keine Untermieter auf Zeit, sondern vermieten eigene, möblierte Wohnungen. „Unsere Kunden“, sagt Adelmann, „wollen sich nicht als Gäste in einer fremden Wohnung


Fotos: © Ulrike Märkel

fühlen, die jemand nach seinen eigenen Vorstellungen eingerichtet hat. Wir bieten ein modernes Ambiente, dass sich schnell mental in Besitz nehmen lässt. Das ist ein ganz entscheidender Wohlfühlfaktor.“ Und ein wachsender Markt: Schon heute muss jeder Dritte Arbeitnehmer immer wieder für mehrere Wochen seinen angestammten Arbeitsplatz gegen einen Schreibtisch bei Kunden oder in einer anderen Niederlassung

verlassen. Der Markt für Wohnen auf Zeit Angebot hat sich so in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Auch für Immobilienbesitzer ist es eine attraktive Alternative: Die Unternehmen zahlen pünktlich, mieten langfristig und sorgen dafür, dass die Wohnungen immer belegt sind und zu jeder Zeit in einem Top-Zustand sind. Das freut dann die Mieter ebenso wie der Vermieter. Eine echte win-winSituation für alle Beteiligten.

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Foto oben: Wikipedia, © Mylius Foto unten: Wikipedia, © Jürgen Matern

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Der Doppelturm Die europäische Zentralbank in Frankfurt am Main

Viele Jahre schien die Zeit an Frankfurts Osthafen still zu stehen. Während der Rest der Stadt sich stärker zur Dienstleistungsmetropole wandelte, schlug hier das industrielle Herz der Stadt. Spätestens wenn 2014 die Doppeltürme der Europäischen Zentralbank eröffnet werden wird sich das ändern. Sie gehören schon jetzt zur Frankfurter Skyline, dabei ist die Fertigstellung erst für 2013 und der Bezug der beiden Hochhäuser der Europäischen Zentralbank für 2014 geplant. Mit 185 und 165 Metern sind die beiden 45 und 43 stöckigen Türme zwar längst nicht die höchsten Häuser der Stadt, aber bieten den Mitarbeitern der EZB weit über 100.000 Quadtratmeter Bürofläche sowie spannende Wege während des Jobs: Über 12 Brücken sind die beiden Gebäude miteinander verbunden, hängende Gärten, in Frankfurt erstmals von Sir Norman Foster beim Neubau der Commerzbank in den 80er Jahren angelegt, sorgen zudem für eine entspannte Atmosphäre.

Fotos: Wikipedia, © Dontworry

Die alte Großmarkthalle, in der sich über Jahrzehnte die Frankfurter Händler mit Gemüse, Fleisch und Fisch versorgten wird zu einem Zentrum dann Restaurants und Konferenzräume umgebaut und mit den beiden Türmen verbunden. Der ursprüngliche Siegerentwurf des Architekturbüro Coop Himmelb(l)au sah noch einen Gebäudekomplex aus zwei polygonalen Zwillingstürmen auf einem der Großmarkthalle parallel angeordneten Konferenzraumgebäude, einem sogenannten Groundscraper, vor. In der Überarbeitungs- und Opti-mierungsphase wurde dieser Entwurf jedoch nochmals stark verändert. Das ur-

sprüngliche Konzept stieß unter anderem auf Kritik, da durch das etwa gleich große Konferenzzentrum der Blick auf die Großmarkthalle vom Mainufer aus nicht möglich sei. Daher wurde der Entwurf mehrfach überarbeitet und das Konferenzzentrum zunächst niedriger gestaltet sowie der Turm zugunsten der Sicht auf die Halle verschoben. Maßstäbe setzt die Anlage auch im Energiebereich: Schon bei den Vorbereitungen für den Wettbewerb verfolgte die EZB das Ziel, dass ihr neues Gebäude 30 Prozent energieeffizienter ist, als es die Energieeinsparverordnung 2007 verlangt. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden alle Möglichkeiten ausgelotet und analysiert, insbesondere was die Fassaden und die technischen Systeme betrifft. Das so gewonnene Energiekonzept beinhaltet folgende Maßnahmen: Regenwasser wird genutzt, Wärme zurückgewonnen und eine natürliche Belüftung der Büroräume ersetzt die klassische Klimaanlage: Zusätzlich zum zentralen Lüftungssystem werden motorisierte Belüftungselemente in die Gebäudefassaden integriert, die eine direkte natürliche Belüftung der Büroräume ermöglichen. Somit kann die Frischluftzufuhr ohne Einsatz von mechanischer Lüftung individuell reguliert werden und vermittelt den Bankern wie die das Klima außerhalb der Türme ist. Der in sich verdrehte Doppelturm von 185 Metern wird am Main-Ufer wird mit seiner vertikalen gläsernen Achse neue Maßstäbe setzen. Kostenpunkt des für Coop Himmelb(l)au bisher größten Bauauftrags: 500 Millionen Euro.

Architekten Coop Himmelb(l)au 150 Mitarbeiter CEO: Wolf D. Prix CFO: Harald Krieger Gebäudehöhe: 185 Metern Baukosten: 500 Millionen Euro Bauläche: 120 000 m2 Büroflächen: 185.000m2 Fläche pro Büroeinheit: 700 bis 1200 m2 urbanaffairs//21


Nachhaltig wohnen Stellwerk 60 ist ein Wohngebiet für Menschen mit dem Wunsch nach Lebensqualität. Es bietet Raum, autofrei zu leben – ohne auf Mobilität zu verzichten. Dieses Wohnprojekt wurde mehrfach ausgezeichnet als besonders innovatives Wohnprojekt inmitten eines der lebendigsten Viertel Kölns. Das Besondere: Das gesamte Wohngebiet ist durchweg autofrei und damit sehr familienfreundlich. Im Wohnviertel ist weder das Fahren noch das Parken von Fahrzeugen zugelassen. Dennoch muss auf Mobilität nicht verzichtet werden: Die zentrale Lage, die gute Verkehrsanbindung sowie durchdachte Mobilitätsdienstleistungen wie CarSharing, Fahrradabstellplätze und über Rampen erreichbare Fahrradkeller bieten Alternativen zum eigenen Fahrzeug – für mehr Ruhe und Sicherheit inmitten der pulsierenden Großstadt Köln.

»Die positive Verbindung aus urbanen Lebenstil und Nachhaltigkeit wird die Zukunft sein« Unterschiedliche Wohnformen bringen große Vielfalt in die Siedlung: Ob Einfamilienhäuser, Eigentumswohnungen, frei finanzierte und öffentlich geförderte Mietwohnungen – im Stellwerk 60 fühlen sich sowohl Familien als auch Singles und Paare zuhause. Für ältere Menschen gibt es barrierefreien Wohnraum - das Projekt möchte gerne mehrerer Generationen „unter ein Dach bringen”. Der öloklogische Aspekt ist nicht nur für die Umwelt gut, sondern spart zusätzlich ordentlich Geld aus der Haushaltskasse ein. Solar-

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passivhäuser und Solarpassiv-Eigentumswohnungen und die Verwendung ausschlisslich vo Naturbaumaterialien verbinden umweltfreundliches Bauen mit einem lärm- und autofreiem Leben. Baulieterin Madita Gerster fasst die Idee dieses innovativen städteplanerischen Juwels so zusammen: „Stellwerk 60 verbindet urbanes Leben optimal mit einem nachhaltigen Lebensstil - das wird die Zukunft sein”. Alle Wohnungen des Mehrfamilienhauses haben modern gestaltete Südbalkone. Solarkollektoren und dreifach verglaste Fenster reduzieren die Kosten für den Heizbedarf der Eigentumswohnungen. Hohe, frei verschiebbare Faltläden beschatten bei Bedarf die Fenster der Südseite.


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baden.

Badezimmer mit Tricks. Wie immer bei gutem design kommte es auf das Detail kommt es an. Die Idee der Duschwanne “Bassion” ist einfach: Eine dünne Rinne saugt das Wasser mit Hilfe eines hydraulischen Systems an. Dadurch ist die Wanne sofort nach dem Duschen wieder trocken. Die klare, bewusste Reduktion der Wand- und Bodenfliessen aus Schiefer sind sehr stabil, rutschfest und lange haltbar. Das material ist naturbelassen. Die ebenerdige Bauhöhe ermöglicht zudem einen bequemen Einstieg. Der Wasserhahn ist nicht nur schön, sondern auch ein Sparmodell. Durch das Anreichern mit Sauerstoff senkt sich der Wasserverbrauch deutlich. Das freut den Geldbeutel und die Umwelt. Alle Amaturen sind aus gebürsteten Edelstahl.

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Dafür gab es einen Preis beim red dot award, der vor allem gutes Design in Verbindung mit technische Innovationen auszeichnet. Jährlich wird der Preis in zwei Kategorien durch eine international besetzte Jury vergeben: Gutes Design und eine gelungene technische Umsetzung der Gesatltungsidee.


PuraVida bringt mit ihrer Weißchromoberfläche (DualFinish) eine neue Badezimmer-Design-Dimension in die Wohnwelt. Das Zwei-Materialien-Prinzip lässt die Oberflächen nahtlos verschmelzen, bringt das glänzendes Chrom und das Weiß zum Leuchten. Die PuraVida Produkte umfassen Armaturen für Waschtisch, Wanne, sowie Hand-, Kopf- und Seitenbrausen, eine digitale Duschsteuerung und Accessoires. www.hansgrohe.de

Eine Dusche, die dampft. St.Trop ist eine Dampfdusche, die konsequent auf das Wesentliche reduziert ist. Als schlichtes Rechteck beansprucht sie nicht mehr als einen Quadratmeter an Grundfläche. Beim Design ließ sich herakles.design von einem Gemälde inspirieren: Die Tür zeigt einen Bilderrahmen wie bei einem großen Kunstwerk; der Hintergrund ist weiß und bildet die Leinwand. Zum Motiv wird der Duschende selbst und vollendet das Bild in seiner natürlichen Schönheit. St.Trop verbindet eine vollwertige Dusche mit entspannendem Dampfbad in einem.

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sitzen. deadon play lounger Dieses gelungene Mischung aus Retrolook und neuem Design ist eine absolutes Wohlfühlsitzgelegenheit. Man jkann sich einkuscheln ohne wie in einem Sitzsack zu versinken. Außerdem passt der Stil in jedes moderne Wohnzimmer. Sie werden sich in Ihrer Familie mit den Kindern um diesen Platz streiten müssen. Preis: 250,00 Euro Design: strandliebe design berlin kauf@strandliebe.de

bewegen. ciclotte Bislang waren Fitnessgeräte für die Wohnung vor allem eins: Häßlich. Mit dem Cicolette ändert sich das. Das Cicotelle hat mit dem biederen Trimmrad vergangener Zeiten nichts zu tun, besticht neben seine sportlichen Funktionalität mit futuristischem Design und ist so schön, dass es selbst im Wohnzimmer nicht stört. Preis: 8.300,00 Euro www.ciclotte.de

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leuchten. Etwas Schönes zu erschaffen, ist von jeher Wunsch der Designer. Besonders deutlich wird dies beim Design von Lampen, denn Licht spielt eine wichtige Rolle für das Wohlbefinden der Menschen.“Räume sollen durch Licht eine einzigartige und behagliche Atmosphäre erhalten” sagt der Bjørn Sanström, Besitzer einer international anerkannten Sammlung von hochwertigen Designerleuchten. Einge der Klassiker werden immer noch oder wieder originalgetreu nachgebaut und verkauft, wie zum Beispiel der Klassiker Luxit JJ lampe oder die von der Schweizer Firma Belux produzierte Stehlampe Arba, die durch fünf sich umschliessende geölte Leisten aus naturgetrocknetem Ahornholz gehalten wird. Das Holz lässt ein warmes, kraftvolles Licht erleuchten - für Sanström ein Musterexemplar für gutes Design. Das dänische Highlight, die Lightyears Pendelleuchte Concert P3 hängt nicht nur iLibehabermuseum in Stockolm sondern war auch im angesehen New Yorker MOM in der Ausstellung „Designmeisterstücke!” 2012 zu sehen. Auch diese Lampe kann man heute erwerben, allerding zu dem stolzen Preis von fast 600 Euro. Aber eine Liebe zu einer Lampe dauert ein Leben lang, und so könnte sich diese Anschaffung doch langfristig bezahlt machen.

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Foto: © Ulrike Märkel

Occio Flagstore Cologne Moderne Lichtlösungen Wer in Köln eine exklusives Büro, ein Luxusappartment oder eine Ladenlokal einrichtet, kommt an Occhio nicht vorbei. Im Januar 2014 eröffnete nach Mailand, Hambur und Stuttgart nun das Kölner Flagstore. Angeboten wird eine große Auswahl an wandelfähigen, modularen Leuchtsystemen. Auf über 400 qm Fläche wird die große Auswahl der Designerleuchten in Wohn- und Bürosituationen gezeigt und die gelungenen Fusion professioneller Lichtlösungen visualisiert.

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Occhio store CGN Anna-Schneider-Steig 8 50678 Köln-Rheinau Tel +49-221-277297-0 www.occhiostore.de


KFORM Body FormIng Bodyforming

KFORM Rheingaustrasse 22 50678 Köln-Rheinau Tel +49-221-22 43 90 www.kform.com

Das Fitnessstudio KFORM ermög-licht mit einem neuen Spezialtraining gleichzeitig aktives und passives Training. 20 Impulsgeber trainieren die ganze Muskulatur dynamisch. Sportler können ihr Verletzungsrisiko durch zusätzliches Training einschränken, da hier nahezu die gesamte Muskulatur trainiert wird. Innerhalb kürzester Zeit sind Erfolge sicht- und spürbar. Ob Sportmuffel oder Leistungssportler – Bodyforming ist für jeden geeignet. Das Schaffen eines muskulären Gleichgewichtes verringert nach vorliegenden Studien bei bis zu 80% aller Fälle die Beschwerden bei Rückenschmerzen. urbanaffairs//29


japanese style Mode zwischen Tradition und Moderne

Japan ist modisch international absolut angesagt. Japanische Designer bekommen lang anhaltenden und geradezu frenetischen Beifall auf den wichtigen Modemessen, ebenso wie bei den internationalen “fashion weeks” von Paris bis Tokyo. Anfangs sorgte die die mutigen schrill-bunten Kollektionen, die vor allem den kreativ-urbanen Lebensstil der jungen Japanerinnen aufgreifen, für Irritationen bis hin zu offener Empörung. Auch wurde heftig Kritik am angeblich kindischen “Tamagochi-Style” geübt. Nicht zuletzt der Durchbruch des asiatischen urban style in der Kunstszene sorgte dafür, dass inzwischen die streetwear-orientierten asiatischen Modestücke heiss begeht sind und von der Fachpresse ebenso wie vom Publikum geliebt werden. Auch wirtschaftlich gab es ein großes Auf für die japanischen Jungedesigner – zuletzt bei der Mailänder Modewoche “Settimana della moda di Milano” haben internationale Einkäufer die japanischen Entwürfe im großen Stil geordert. Die Nachfolger von Kenzo und Yamamoto bringen frischen Wind in die westliche Modewelt und stellen so manche “feste Regel” auf den Kopf. Ohne jeden Kompromiss verbinden sie mit handwerklicher Perfektion Tradition und Avantgarde. Das japanische Mode aufregend ist, konnte man erst im September bei der “Japan Fashion Week” erleben. Die Kollektion der Nachwuchsdesignerin Ritsuko Shirahama setzte auf eine farbenfrohe Kollektion unter

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Foto: © www.ygladies.com


dem Motto “Love Planet”– gedacht als eine Liebeserklärung an die Natur. “Niemand kann sich der Schönheit der Natur entziehen. Ich wollte dass meine Kollektion Optimismus im Blick auf die Zukunft ausdrückt und dennoch meinen Respekt vor der Tradition in Japan zeigt”, sagt sie. Die bunten Motive auf ihren aktuellen Oberteilen zeigen folegerichtig pflanzenähnliche und amorphe Strukturen und Muster. Das Modelabel Eri Utsugi lässt sich von japanischen Manga-Comics inspirieren. Lockere Schnitte, die den Körper nicht mehr einschränken, sind heute in von Tokyo bis Kyoto gefragt. Damit liegt sie im Trend: Die Modewelt entdeckt gerade die Vorzüge japanischer Kultur und Kleidung zeitgleich mit der Befreiung vom engen gesellschaftlichen Korsett. Die Muster und Farben der Kimonos dienen zwar als Ideenquelle und immer wieder wird aus der japanischen Modegeschichte zitiert. Doch letztendlich wird die Mode dekonstruiert und mischt locker Streetart mit Haute Couture, gedeckte Farben mit Neon, Edelstoffe mit Polyacrylflicken. Ebenso sind Asymmetrie und schräge Proportionen wichtige Bestandteile - das Gegenteil also des Kimono- und Geisha-Look. Diese mutige Mode ist also nicht nur Tütü sondern hat einen philosophischen Hintergrund, der vor allem das urbane Lebensgefühl junger Menschen gekonnt widerspiegelt. Der nächsten Generation von Nippon-Modeschöpfern kann man nur weiter Glück wünschen, denn ihre Kreationen sind schon jetzt eine wahre Quelle der Inspiration für viel große Modezaren geworden. Das macht die Mode nicht nur bunter, sondern vor allem auch fröhlicher. Und Freude an und mit der Mode - das können wir alle gebrauchen.

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Paris

Fashion Week 2014

Alle waren sie da - die Modefamilie hat sich wieder einmal selbst gefeiert. Karl Lagerfeld überzeugt mit aufregenden Abendkleidern. Higlight war das mit Straußenfedern unterlegte Petticoat aus roter Seide mit einem gewagten Plisséoberteil aus gelben Organza. Seine Preta-porter Kollektion hingegen konnte nicht überzeugen. Zu nah an Sportswear und daher wenig elegant, wie man es eigentlich vom großen Altmeister erwartet hätte. Joop erhielt tosenden

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Beifall für seine tragbare MamaAfrika-Kollektion, die mit warmen Farben und abstrakten Mustern das Publikum beeindruckte. Beim

Nachwuchs hob sich die Koreanerin Hailo Kosho-To deutlich von den europäischen Designern ab. Sie liess die Modelle in ultraknappen Röcken, tief dekolltierten T-Shirts aus weich fallendem Fliess und pinken Highheals den Laufsteg entlang schreiten. Die Männer waren in schrille avantgardistischen Gewänder gehüllt, die umittelbar an die größte Zeit des Punk in den 70ern erinnerte. Ihr Brautkleid überraschte jedoch nach diesem sexy Auftritte sehr: Ein sehr hoch geschlossenes weißes Samt-Kostüm.


Hack Luxuslederwaren handgemacht Seine ersten Gehversuche ins Lederhandwerk unternahm Christoph Hack auf der Nähmaschine seines Großvaters: „Ich wollte das einfach ausprobieren.“ Der Versuch gelang: Ohne große Vorkenntnisse schneiderte er sich einen Rucksack und eine Lederhose. Mehr als 25 Jahre ist das inzwischen her. Angespornt von diesem ersten Erfolgserlebnis wagte Christoph Hack 1990 den Schritt in die Selbstständigkeit – ohne Businessplan, aber mit jeder Menge Optimismus. Seine erste Ausstellung mit eigenen Arbeiten hatte er auf der Messe Frankfurt, wo er sein in Eigenregie produzierte Lederkollektion präsentierte. Auszeichnungen für sein Design folgten, so dass die Entwicklung 1997 in die Eröffnung eines Ateliers in Köln mündete. Lederware Hack ist im Belgischen Viertel Kölns zuhause: das Atelier in der Antwerpener, das Ladenlokal in der Maastrichter Straße. hp

air & earth

adidas brachte Ende Oktober eine neue Schugserie auf den Markt. Die Branche staunte: Der erste Typ der neuen Reihe “air & earth” fällt durch sein ausgefallenes Design auf, dass vom Stil ohne weiters in jeder “Edel-Diskothek” als welldresseddurchgehen würde. Das Material ist aus weichem Leder, die Sohle federt bei jedem Schrit mit - der Fuß lagert auf Lusftpolstern. Bei der Optik des Schuhs ist es überraschend, dass es sich hier um einen echten Hightech-Sportschuh handelt, der sogar bei einem Marathon nicht schlapp machen würde ... Adidas wird demnächst auf der GDS, der International Event for Shoes & Accessories-Messe die zweite Generation der air-Turnschuhe vorstellen. urbanaffairs//33


Mode ist Street

Eine der interessantesten Modeerscheinungen der letzte

le bloc du soleil – Das Belgische Viertel bleibt der modische Hot Spot Kölns. Bei 29° Celsius wurden auf 3 Modenschauen die aktuellen Sommerkollektionen ausgewählter lokaler, nationaler und internationaler Designer vorgestellt. Fast 80 Teilnehmer präsentierten ein Programm, das Tausende Besucher völlig kostenfrei freudig feierte Fünf Monate Vorbereitung, über 100 Mitwirkende, Tausende Besucher: am 7. Juni zeigte sich erneut, wie sensationell das Kreativpotential des Belgischen Viertels ist. Hier machen Leute Kleider und nicht umgekehrt. Le bloc feierte zum sechsten Mal Kölner Schneiderkunstwerk. Im Gegensatz zu den uniformierten Einkaufstempeln, welche die Innenstädte längst erobert haben, wird hier kein Kleidungsstück erworben, sondern eine Stoff gewordene Idee, die mit viel Leidenschaft in heimischen Designstuben hergestellt wird. Das Geheimnis des Erfolgs von le bloc ist das Herzblut der vielen Kreativen, die über Monate den Event und das Programm planen und voller Stolz und Freude ihre Kreationen präsentieren. Andere Kulturschaffende – Musiker, Künstler, Literaten, Schauspieler, Handwerker – haben sich längst angeschlossen und so feiert man die vielen Ideen, die in Produkten Gestalt angenommen haben. Die zahlreichen Besucher zeigten sich entsprechend begeistert und freuten sich über die exklusive Produktpalette und den persönlichen Austausch mit Modeschaffenden. www.lebloc.de

»Mode gehört für mich dahin, wo sie auch getragen wird: In den öffentlichen Raum.« Judith Schmidt, Organisatorin

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etart

en Jahre - Laufsteg ist ein Stadtteil. Teilnehmer 2PLUS 100kubik @works annini ArtyFarty Gallery Blauer Montag BLUTSGSESCHWISTER boutique fraukayser bROWNIES CHANG13° ERDBEEREN IM WINTER Eva Gronbach FORM-WERK FRANTA girls best jungundschön Karmako Madame Miam Miam Miffy Store Tête-à-Tête Titus TraumKonzept Urbanatique Weingarten Zessibong

Le bloc: Fotos von Taimas Ahangari, Klaus Dyba und Daniela Schönewald

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gutes design. feuer.wear Als Kölner Mode Label produzieren wir unter der Modemarke Feuerwear® Taschen, Gürtel & Portemonnaies aus gebrauchtem Feuerwehrschlauch.Jedes Feuerwear Produkt ist ein Unikat und hat seine eigene, individuelle Geschichte. Denn bevor sie von uns verarbeitet werden, haben die Feuerwehrschläuche viele Jahre gemeinsam mit Feuerwehrleuten Leben gerettet. Die Schläuche werden von uns zunächst gereinigt, geschnitten und dann in Handarbeit mit hochwertigen Materialien verarbeitet. Dadurch werden aus Feuerwehrschläuchen robuste Einzelstücke – bereit um Dich durch die Einsätze des Alltags zu begleiten. rs

zelt Heimplanet entwicklete ein aufblasbares Zelt und erhilet dafür verdienterweise den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland 2012 in der Kategorie Produktdesign. Die aufblasbare Gitter-Struktur ermöglicht einen einfachen Aufbau und bietet eine außerordentliche Stabilität. Dank des geodätischen Prinzips ist der Einsatz von Abspannseilen nur in Extremsituationen notwendig. Alles geht einfach und schnell: Ankommen, Zet auspacken, bei allen fünf Ventilen die große Öffnung aufdrehen und bei der Abreise dann die Luft entweichen lassen und sofort zusammenrollen, einpacken – und weiterziehen! hp

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v Mag # 02 Auch in der zweiten Ausgabe des V-Mag #02 haben sich Kerstin Weidemeyer und Markus Keller von Weidemeyer Keller Branding auf dem Weg gemacht, um neues Design zu entdecken. Und wo könnte man das besser als an Hochschulen, den “Brutstätten” für neue Design-Ideen. Das besondere an der Ausgabe ist nicht nur seine ausführliche Sammlung. Die hochwertige Gestaltung der Ausgabe und die Verwendung von Versiegelung, Blindprägung und einem Leinenrücken wird allen Designbegeisterten Menschen Spaß machen. hp

touch the time

Die Herrenarmbanduhr Touch besticht durch ihr Design - ohne Frage ein Schmuck für jedes Handgelenk. Doch hat der Chronometer der Traditionsreichen Schweizer Uhrenfirma eine interessante Neuheit mit bekannt Schweizer Präzision entwicklet: EIne Ambanduhr mit Touchscreen.

Inspiriert von der rasanten Entwicklung im Bereich der Tablets und Smartphones haben Beat Ruetli und sein Team in monatelanger Feinstarbeit an dieser Technik gearbeitet. Das Ergebnis fand in der Fachwelt große Anerkennung – die usebility war bisher auf einem so kleinen Screen nicht gegeben. hp urbanaffairs//37


Kluges, kleines Ding Auf der Elektronikmesse CEATEC im japanischen Chiba stellte Toyota ein Konzept für das Auto der Zukunft vor: Es soll klein, elektrisch und klug sein. Das Auto verliert angeblich an Beliebtheit und ist vor allem für Jugendliche kein Objekt der Begierde. Es ist teuer, in den Städten gibt es keine Parkplätze und das ist da noch das Ding mit der Umwelt. Attraktiv dagegen sind Smartphones. OK, hat sich da Toyota gedacht, wir bauen ein Auto das eigentlich ein Smartphone ist. Eine App, die zufällig vier Räder hat und einen kleinen Elektromotor, um von Funkzelle zu Funkzelle zu kommen. Herausgekommen ist dabei INSECT. Ein Auto mit Platz für Einen – man teilt ja auch sein iPhone nicht mit irgendwem – und vor allem viel Intelligenz. INSECT merkt sich zum Beispiel den täglichen Weg zur Arbeit. Ist der mal verstopft, weil sich zum Beispiel ein Tanklastzug um einen Brückenpfeiler gewickelt hat, werden dem Fahrer alternativen Angeboten. Das kann dann, je nach Verkehrslage, auch mal der öffentliche Nahverkehr sein. Das ist nichts allzu aufregendes, das kann fast jedes besser Navi. Wirklich spannend werden die Möglichkeiten über die Toyota Cloud: Da wird die Heizung in der Wohnung zehn Minuten bevor der Fahrer wieder zu Hause ist angeschmissen. Und hat der noch eine Tiefkühlpizza in der Aktentasche, wird auch schon mal der Backofen auf 220 Grad vorgeheizt. Weitere Features geben kurz vor der Abfahrt zum Supermarkt noch Bescheid das keine Milch mehr im Haus ist oder der Kumpel um acht vor der Tür steht, der nicht geht, bevor er zehn Bier getrunken hat. Nicht alles was Toyota sich

beim INSECT gedacht hat wird funktionieren. Die gesamte IT-Infrastruktur, die der Wagen braucht, gibt es noch nicht. Aber sie ist in Entwicklung. Und INSECT ist ein Konzept-Car, der bisher so noch nicht beim Toyota-Händler steht. Aber es kann gut sein, dass die Zeit dieses Auto-Konzepts schneller kommt, als wir es uns heute vorstellen können. Wünschenwert wäre es.

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Motor Show Essen

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9. Dezember 2014, Messe Essen Motor Show – der wohl wichtigste Termin des Jahres für alle, für die ein Auto mehr als ein Verkehrsmittel ist, mit dem man trocken von einem Ort zum anderen kommt. Oldtimer, Youngtimer und schöne Frauen – die Motor Show war immer auch ein Ort für Jungsträume. 500 Aussteller präsentieren diese Träume auf über 100.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche und machen die Motor Show zu der Essener Messe schlechthin. Zur Entspannung wartet auf die Besucher ein umfangreiches Showprogramm: www.essen-motorshow.com

Sternnächte 02 13.- 18. November 2014, Stuttgart Gute Autos und gutes Essen, beides versucht Mercedes Benz bei den Sternennächten miteinander zu verbinden: Vom 13. bis zum 18. November kocht Dieter Koschina im Mercedes-Benz Museum in Stuttgart – im Mittelpunkt werden dabei kulinarische Besonderheiten aus Meeresfrüchten stehen. Doch natürlich geht es in Stuttgart nicht nur ums Essen: An jedem Abend werden die Gäste ihre eigenen Schätze vorstellen – ihre restaurierten Mercedes Automobile. Bewerben kann sich jeder mit einem mindestens 30 Jahre alten Mercedes – wenn er ihnselbst restauriert hat. www.mercedes-klassik.de

Beetle 03 12.Dezember 2014, Wolfsburg VW stellte seinen neuen VW Beetle vor. Nach dem erstmals 1949 vorgestellten Käfer Cabriolet (Typ 15) und dem New BeetleCabriolet von 2002 markiert das Beetle Cabriolet die dritte Generation des Volkswagen. Es ist er eine gute Mischung aus Spaß- und Vernunftauto. Zum besonderen Charme trägt auch das traditionelle Stoffverdeck bei: Ein rundum gelungen Auto für die Stadt und Ausflüge in die Provinz. Als Diesel bietet er den bewährten 1,6 Liter TDI. Das neue Beetle Cabriolet ist ab November in Deutschland bestellbar, die Preise beginnen ab 21.350 Euro. www.vw-beetle.de

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Individuelle Linie Der neue Loewe Individual beeindruckt als einzigartiges Produktkonzept, das anspruchsvolles, individuelles Design mit den unendlichen Möglichkeiten moderner medialer Unterhaltungsangebote zu einem zukunftssicheren Home-Entertainment der Premiumklasse verbindet und dabei auch die Vernetzung mit Smartphone und Tablet sinnvoll mit einschließt. Ob Fernsehprogramm, Internetangebote, persönliche Fotos, Home-Videos oder Apps – das neue Bedienkonzept Loewe Assist Media macht die Navigation der gewünschten Inhalte zur intui- tiven Erfahrung. Ein extrem gut gemachtes, schlüssiges Produkt, dass das Thema „Connectivity“ bis ins letzte Detail ausreizt. “Loewe unterstreicht mit den umfangreichen Neuheiten zur IFA 2008 seine herausragende Marktstellung mit Produkten, die sich durch sinnvolle Technik, minimalistische Form und exklusive Individualität auszeichnen. Wir stärken damit den Premiumcharakter der Marke auch international nachhaltig”, betonte Frieder Löhre, Vorsitzender des Vorstandes der Loewe AG. loewe-slimline.com

DATEN: Größe: 42 und 47 Zoll Farben: Chromsilber, Rot, Schwarz Mediacenter: • CD- und DVD-Player • Stereo-Tuner • iPod-Interface • zwei Ports für USB-Speicher • Netzwerk-Anschluss

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Mercedes-Benz.tv iPad + iPhone App Dreh- und Angelpunkt der Mercedes-Benz. tv-App ist das User-Interface mit einem digitalen Filmstreifen, auf dem alle Filmbeiträge hintereinander als einzelne Thumbnails dargestellt werden. Gut gefallen hat die optisch stringente Farbkodierung der unterschiedlichen Mercedes-Benz.tvKanäle sowie die intuitive Multitouch-Nav-

igation. Beides ermöglicht dem User einen spielerischen Umgang mit den Inhalten und gibt ihm ein einzigartiges TV-Erlebnis auch unterwegs. Die hochwertige, zeitgemäße Designsprache und die intuitive Menüführung entspricht dem fortschrittlichen Anspruch der Marke. Ein schönes App. mercedes.com

Brombeere 10 Blackberrys Betriebssytem 10 ist die letzte Chance für den an-geschlagenen kanadischen Smartphone-Pionier Research in Motion. Das Unternehmen verfügte über das modernste Betriebssytem aller Tablets und hatte an die 80 Millionen begeisterte Kunden. Auch Multimediaanwendungen liefen besser als auf den den Markt dominierenden Nokias. Blackberry wuchs, die Handys wurden Statussymbole – mit dem Blackberry twitterte sich Obama zum Wahlkampfsieg. Doch das Problem von RIM lag da schon direkt neben Obama in der Hand seines Vizepräsidenten Joe Biden: Der hielt stolz sein iPad in die Kamera. Blackberry muss sich neu erfinden – und versucht das am 30. Januar. Dann werden nicht nur zwei Smartphones vorgestellt, sondern es wird auch das neue Betriebsystem vorgestellt: Es ist auf Touch-Oberflächen eines Tablets ausgelegt und wird leichter zu bedienen sein. Alles soll schöner, bunter und userfreundlicher werden. Im Januar 2013 entscheidet sich endgültig die Zukunft des Unternehmens. blackberry-10.de

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1 IPhone 6

4,7” Retina HD Display (11,94 cm Diagonale), 1334 x 750 Pixel A8 Chip mit M8 Motion Coprozessor 8-Megapixel iSight Kamera mit Focus Pixels und True Tone Blitz 1080p HD Videoaufnahme mit 60 fps und Zeitlupenvideos mit 240 fps FaceTime HD Kamera Touch ID Fingerabdrucksensor LTE und 802.11ac WLAN iOS 8 und iCloud

Es hat das Smartphone zur Standardausstattung aller Großstädter werden lassen, den MP3-Player und Videokamera überflüssig gemacht und ist, ganz nebenbei, die erfolgreichste Spielkonsole der Welt und telefonieren kann man damit auch noch: Das iPhone 6 von Apple. Mit dem Telefon erfand sich der Computerhersteller Apple neu und stieg zum wertvollsten Unternehmen der Welt auf. Das iPhone 6, im September vorgestellt, wird diese Erfolgsgeschichte weiterschreiben. Die Gesprächsqualität der neuen Telefone ist großartig, außerdem ist die Akkulaufzeit des “kleinen” iPhone 6 beeindruckend. Beim iPhone 6 Plus reicht der Akku für einen Tag. Bei einem Handy dieser Größe ist das aber nichts Ungewöhnliches. Die Kamera macht dafr ungewöhnlich gestochen scharfe Bilder.

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2Always-on-Camera

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von Samsung

Ein Problem viele Menschen ist, dass sie nicht die Zeit haben, so viele Fotos aus ihrem aufregenden und nervenzerreibenden Alttag zu machen wie sie gerne auf Twitter, Facebook oder Google + stellen möchten, um ihr Leben mit ihren Freunden zu teilen. Manchmal hat man einfach keine Hand zum knipsen frei – eine Tragödie, die nicht sein muss. Die Always-On-Camera fotografiert automatisch. Damit verpasst man nicht einmal mehr die Situationen, die man selbst nicht mitbekommen hat.

3WinterTimeLight von S.Bose

Im Winter ist es dunkel und kalt – zwei der größten Nachteile dieser Jahreszeit. Gegen die Kälte kann man heizen und gegen die Dunkelheit gibt es Melissa: Zwei 36 Watt Lampen

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in dem Gerät simulieren das Sonnenlicht und helfen gegen Winterdepression. Wenn man mehrere Melissas in einer Raum stellt und rund um die Uhr laufen lässt kann man übrigens die berühmten weißen Nächte von St. Petersburg imitieren und wilde Partys feiern.

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4 bamboo tablet von Wacom

Die neue Generation von Bamboo tablets bietet vielfältige Möglichkeiten digitaler Ausdrucksmöglichkeiten. Es wird mit einem Wireless-Kit geliefer, so dass man es auch kabellos verwenden kann. Langweilige Präsentationen gehören der Vergangenheit an. Den Stift kann man nicht nur zum Zeichnen sondern auch für handschriftliche Notizen nutzen. Mit einem simplen Fingertipp wählt man ein Icon aus, öffnet ein Menü oder startet eine Anwendung. Bamboo Pen & Touch ist Mac- und PC-kompatibel. Das Tablett verfügt über einen Radierer und vier frei programmierbare ExpressKeys. Zum Komplettpaket gehören auch zahlreiche spannende, kostenlose Bamboo Apps.

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gopro.com

HERO3 Held auf und unter Wasser Kameras von GoPro sind da zu Hause, wo es weht tut: Im Gelände, im Matsch, im Dreck und im Modder, befestigt an Mountain-Bikes, Helmen, Taucheranzügen und um die Hälse von Bergsteigern gewickelt, müssen die Outdor-Kameras eine Menge aushalten.Nun kam die Hero3 heraus: Es gibt sie in Weiß, Silber und Schwarz. Die Hero ist das Topmodell, verfügt über WLAN, 4K-Videoauflösung und schafft HDVideoaufnahme mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde. Vor allem für Aktion-Fotos eignet sich die Hero3: 12 Megapixel und 30 Bildern pro Sekunde reichen aus, wenn es wirklich extrem zur Sache geht. Die Hero3 kostet, je nach Ausstattung, ab 249,- Euro. bis 449,- Euro. Bestellen kann man Sie online bei GOPRO oder im Fachhandel kaufen. gopro.com

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DATEN: 1080p60 / 720p120 / 1440p48 / 4kp15 / 2,7kp30 / WVGA-240fps Eingebaute Wi-Fi-Funktionalität inklusive Wi-Fi Remote GoPro App kompatibel*


Fotos: GoPro Photo of the Day, facebook

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citysurfer

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Foto: Š Maze KÜstlin, strandkorn.de

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isar

Amendit unt, qui temporu eaquibus

dolupta turempo reptatumque perrumque maio volupti dit doloribus dolut idem natur as earchit velique magnati ad quas maximil lorundiorro offic tem et rest

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München hat nicht nur die Pinakothek der Moderne, die Maximilianstraße und das Oktoberfest, es noch etwas ganz besonderes: Stehende Wellen. Die stehende Wellen werden von Surfern genutzt, besonders beliebt ist der Eisbach im Englischen Garten. Zahlreiche Zuschauer, Einheimische wie Touristen, bewundern die teils akrobatischen Brett-Leistungen der smarten „CitySurfer“. Inzwischen sind sie so bekannt, dass sie in beliebten Reiseführern wie Lonely Planet und in Surfmagazinen als Münchner Attraktion verzeichnet sind. Foto: © Maze Köstlin, strandkorn.de

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Die spektakulären Tricks gelingen auch deswegen so gut, weil sich unter der Brücke über den Eisbach an einem Betonpfeiler das Wasser zu einer großen Welle aufbäumt. Nur die besten können sich darauf halten. So wundert es nicht, dass diese aufgepeitschte Woge, die fast einer Meeresbrandung gleicht, viele Nachwuchstalente anzieht. Ein echte Herausforderung, die meist frühzeitig, im Wasser paddelnd, endet. Es gibt noch eine zweite Welle im Englischen Garten, die aber als Geheimtipp für Anfänger noch gehütet wird. Sie fristet bisher eher ein Schattendasein – dafür muss man hier nicht wie am Haus der Kunst „anstehen“ um die Welle reiten zu dürfen. Hier muss man weniger aufpassen, da keine alten Störsteine im Wasser liegen, die bei einem Aufprall Verletzungen nach sich ziehen können. Doch auch erfahrene Surfer reiten seit Längerem auf der zweiten Eisbachwelle – auch weil der unerwartete Medienhype um die Citysurfer dazu geführt hat, dass die besonders interessanten Stellen überlaufen ist. Doch zwischendrin drohte der Spaß, vorbei zu sein. Denn die Bayrischen Behörden, nicht unbedingt für ihre Freizügigkeit bekannt, überlegten ernsthaft ein Surfverbot. Immerhin gibt es eine Parkordnung im Englischen Garten, die das Surfen nicht mit einschliesst. Oder anders gesagt, baden ist in den Münchner Parks verboten – und wer sich auf seinem Brett nicht halten kann, geht tatsächlich „baden“. Bei einem ersten „Schliessungsversuch“ gab es jedoch einen Aufschrei der Münchner, an dem sich mehrere tausend Sym-

pathisanten beteiligten, um die Welle zu retten. Die Stadt tauschte kurzerhand ein Grundstück und und so konnte das Wassersportvergnügen weitergehen. Unwahrscheinlich daher, dass es noch einmal einen Verbotsversuch gibt – denn was als Tourismusattraktion neben Biergarten und Frauenkirche gilt, dass wird wohl auch derBayerische Staat kaum einstampfen wollen.

fus-crew.de

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River Surfboat Das River-Surfboard von TwinsBros. Ideal f체r Flusswellen, macht es aber auch auf Kunstwellen eine gute Figur. Carbon-Rails sorgen f체r Stabilit채t und lassen das Bord den ein oder anderen Wandkontakt verzeihen.

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Fixies

Nur das Rad zählt …

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Fixed-Gear-Bikes sind die neuen Kult-Räder. Die Faszination der Eingangräder hat viele erfasst. Immer mehr Menschen cruisen ohne Gangschaltung und ohne Bremsen durch unsere Cities. Wer verstehen möchte, worin die Faszination liegt mit einem Fixie, einem Fahrrad ohne Freilauf und Gangschaltung durch die Stadt zu fahren sollte einen Blick auf Youtube werfen: „Gopro, Manhattan-NYC Bike Ride“ zeigt eine knapp zehnminütige Tour durch Downtown-Manhatten. Das Rad gleitet in seinem ganz eigenem Rhythmus durch den Verkehr, an den Ampelschlangen vorbei durch die Häuserschluchten an einem sonnigen Tag. Der Fahrer ist schnell, aber er rast nicht. Er fährt seine Geschwindkeit, ist souverän und genießt jeden Augenblick in seinem Sattel. Nach Jahrzehnten des Wettrüstens, immer leichterer Räder, immer aufwendigere Gangschaltungen und Federungen ist das Fixie so etwas wie der Gegenentwurf: Ein einfaches, pures Fahrrad ohne jede Extravaganz Die simple und preiswerte Technik sorgen zusammen mit dem guten Design dafür, dass Fixies die Räder mit dem zur Zeit Fixietour in Hamburg Hafencity 2012 /////

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größten Hipnessfaktor sind. Um auf einem teuren Mountainbike außerhalb des Geländes eine gute Figur zu machen braucht man vor allem Geld. Und um sich auf einem Fixie elegant zu bewegen braucht man viel Körperbeherrschung und fahrerisches Können. Beides hat Paul Hallenberger aus Frankfurt. Er kam vor drei Jahren zu seinem ersten Fixie: „Mir war das dritte Mountainbike gestohlen worden und ich hatte kein Geld um mir einen vernünftigen Ersatz zu kaufen“, erinnert sich der 25jährige Student. „Aber ein langweiliges mies verarbeitetes Baumarktrad wollte ich auch nicht.“ Über einen Freund kam er zu seinem ersten Fixie, einem Scott für gut 300 Euro. „Es war ein richtig gutes Rad, perfekt verarbeitet und kostete nicht die Welt. Und es war verdammt lässig damit über die Zeil zu fahren.“ Und es war damals noch illegal, was den Reitz mit einem Fixie durch die Stadt zu fahren sicher noch einmal erhöhte. Aber das ist längst vorbei. Seitdem das Amtsgericht Bonn 2009 feststellte, das der starre Antrieb auch als Bremse zu werten ist, reicht eine zusätzliche Bremse aus. Ganz einfach und ungefährlich ist es jedoch nicht auf einem Fixie unterwegs zu sein. Es ist nichts für Bewegungslegastheniker, aber zu denen gehörte Hallenberger ohnehin nie: „Bevor ich mit dem biken anfing, war ich Intensiv-Skater.“ st

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Bevor ich mit dem biken anfing war ich Skater. Paul Hallenberger


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p Kaufti

Das Vinyl in der Doppio Variante setzt einen oben drauf. Tange Rohrsatz, san marco Rolls Sattel, eigens hergestellte Creme-Kurbel, Sattelstütze, Vittoria Reifen, Novatech Nabe... Hier ist alles drin, was selbst die kritischsten Blicke zufriedenstellt. Mit 10,1 kg lässt sich der Stahlrenner wie eine Rakete beschleunigen.

Geometriedaten: S/M/L Sitzrohr: 510/550/590 mm Oberrohr: 537/552/567 mm Kettenstrebe: 393 mm Lenkwinkel: 72,5°/73°/74° Sitzwinkel: 74° Rahmenmaterial: Hi-Ten verchromt, gemufft Gabel Bauart: Starrgabel Marke: Creme by Tange Typ: 1 Zoll

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saatchi gallery Duke of York’s HQ King’s Road London SW3 4RY

MARTIN HONERT

1953 Geboren in Bottrop 1981–1988 Studium an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf - Meisterschüler bei Fritz Schwelger, Seit 1998 Professor an der Hochschule für Bildende Künste Dresden Lebt und arbeitet in Düsseldorf und Dresden.

New York: Erinnerungen an die Kindheit stehen im Zentrum des künstlerischen Werks von Martin Honert, der 1953 in Bottrop im Ruhrgebiet geboren wurde, in Düsseldorf Bildhauerei studierte und heute an der Hochschule für bildende Künste in Dresden lehrt. Die berühmte Saatchi Gallery in New York präsentiert das kon- ausstellungen sequent fortentwickelte Werk in 2010 Comma 21: Bloomberg einer Restrospektive. Space, London, GB Mit zentralen Werken aus allen Phasen seines 2009 Martin Honert- SchlafSchaffens, die aus öffentlichen und privaten Sammlungen entliehen wurden, bietet die Aus- saal, Galerie Gebr. Lehmann stellung einen einzigartigen Überblick über die 2007 Museum für moderne Arbeit des Künstlers. Der Speisesaal im ostwestfälischen Internat, die Lektüre von Erich Kästners kunst, kuchenbacken, wien Roman Das Fliegende Klassenzimmer oder die Erwähnung des Kinderkreuzzugs im Geschich- 2006 under cover – aus dem tsunterricht – die Erinnerungen an die Kindheit Verborgenen, Kunsthalle Düsbilden einen reichhaltigen Fundus, aus dem Martin Honert schöpft. seldorf, Duesseldorf Über das zentrale Thema seiner Kunst sagt Mar- 2005 Landesmuseum für Kunst tin Honert: „Meine Kindheit war bestimmt genau- & Kulturgeschichte so fade und langweilig wie alle Kindheiten. Für mich ist es wichtig herauszufinden, was zwar weit 2010 Comma21: M. Honert, zurückliegt, aber für mich immer noch Bestand als Bild, als Erinnerung hat.“ In kurzen Texten er- Bloomberg Space, London läutert er selbst deren Entstehungsgeschichte 2012 Martin Honert. Kinderund gibt damit einen detailreichen Einblick in seine Vorgehensweise. st kreuzzug, Hamburger Bahnhof urban affairs //56


Foto: Š Hamburger Bahnhof

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BANksy “You are an Acceptable Level of Threat”: Der umfangreiche Band versammelt die Fotografien der Arbeiten des zur Zeit berühmtesten Street Art Künstlers Banksy. Dokumentiert wird die ZeiT von 1990 bis 2013. Wer Banksys bissige, aber humorvolle Schablonengraffiti kennen lernen möchte oder bereits von den suggestiven satirischen Arbeiten fasziniert ist, wird von Banksy. You are an acceptable level of threat... begeistert und inspiriert sein. 2012 war ein betriebsames Jahr für Banksy und es scheint, als gäbe es auch noch einen Rüstungswettlauf im Bücher-über-ihn-Herausbringen. Noch immer wirft das Phänomen Banksy viele Fragen auf. Warum haben wir kollektiv die Entlarvung von Banksy ignoriert? Ist Banksy mehr als eine Person? Warum sind in diesem Jahr drei Bücher über Banksy in rascher Abfolge erschienen? Stimmt es, dass Banksy nach Los Angeles gezogen ist? Welche Verbindung besteht zwischen dem russischen anarchistischen Kollektiv VOINA, oder 30 palästinensischen Kunststudenten, OXFAM und Londons Gesellschaft von politischen Asylsuchenden? Banksy hat für sie alle Geld gesammelt. Vielleicht ist die größte Frage, warum wir noch immer fasziniert sind von Banksy... Banksy, you are an acceptable level of threat... versucht nicht wirklich, diese Fragen zu beantworten. Das großformatige Hardcover-Buch regt mehr zu Diskussion und Nachfrage an, als dass es Anspruch auf Autorität erhebt. Anders als der Insider-Blick des Buches Seven Years with Banksy, ist dieser Band eher unverschämt im Sammeln von Fotografien der Arbe-

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iten Banksys, als im Sammeln von Klatschgeschichten über den Mann hinter der Maske. Die Herausgeber konzentrieren sich auf Banksys ikonische Bilder der letzten Dekade, von Los Angeles bis Lewisham. Sie versuchen, die erfrischend aggressive politische Kunst des Briten im Kontext der Ära zu präsentieren, auf die er reagiert hat, und die Themen seiner Arbeit zu beleuchten. Aber Achtung! Dies ist kein trübes Geschichtsbuch oder eine tumbe Sammlung von zweitklassigen Schnappschüssen von Fans. Dieses Buch soll zündeln, provozieren und inspirieren. st


PEOPLE EITHER LOVE THIS BOOK, OR THEY HATE IT, OR THEY’VE NEVER HEARD OF IT.

Verlag Carpet Bombing Culture 228 Seiten, Hardcover 210 x 270 mm 250 Farbabbildungen Englissh ISBN: 978-1-908211-08-8 27,50 Euro

Fotos Bildband: © Carrpet Bombing Culture

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Foto: © Ulrike Märkel

Ein New Yorker in Berlin urban affairs //60

Paul Wallfisch, 1964 in Basel geboren, trat bereits während seines Klavier-Studiums in Paris mit Künstlern wie Anne Pigalle und Johnny Hallyday auf. In Los Angeles war er Produzent des Jive Studios. Wallfisch komponierte für diverse Film- und Fernsehsoundt r acks. mit seiner Band Botanica tourt er durch Europa und die usa.


, s ms e n r s e . nd r nd

Berlin ist unter eine dichten Schneedecke versunken und vor dem Theater am Schiffbauerdamm in Mitte findet ein Open-Air Konzert statt: Glühwein, knackige zehn Grad Minus und auf einmal steht Botanica auf der Bühne. Paul Wallfischs Band. Im ersten Moment New York pur, eine Mischung aus Velvet Underground und Sonic Youth, im nächsten Augenblick Klezmer und Polka und dann alles miteinander vermischt. Und der Mann ist jetzt Musikalischer Leiter des Schasupielhaus Dortmund, das zur Zeit bundesweit Furore macht. Wallfisch ist mit seiner Band Botanica im Frühjahr 2010 mal wieder in Deutschland auf Tournee, als ihn ein Fan und alter Freund Leander Haußmann einen Job anbietet: „Leander Haußmann sagte mir, dass er ab Sommer am Theater am Schiffbauerdamm inszeniert und fragte mich, ob ich Lust hätte, für ihn die Musik zu schreiben.“ Das Ergebnis und Wallfisch überzeugten den Intendanten, Claus Peymann, so sehr, dass er ihm den Job als musikalischen Leiter anbot. Ein musikalischer Neubeginn. Paul Wallfisch ist ein MusikChef, wie es ihn an wohl keinem anderen Theater in Deutschland gibt: Er arbeitet nicht nur an den Stücken mit sondern, sondern veranstaltet MusikSalons wie Small Beast, bei dem bereits über 150 Musiker aus aller Welt auftraten. Geboren wurde Wallfisch 1964 in Basel. Damals arbeiteten seine Eltern in der Schweiz beide als Musiker. Er wuchs in Massachusetts auf. Seine Eltern, beide Juden, sind das bekannte Viola-PianoDuo Ernst und Lory Wallfisch. 1926 zog sein 1920 in Frankfurt geborener Vater mit seinen Eltern in die Rumänische Hauptstadt Bukarest. Nach dem Krieg wanderten sie mit Hilfe von Yehudi Menuhin, der begeistert von dem Musikerpaar war, in die Vereinigten Staaten aus und spielten unter anderem im Detroit Symphony Orchestra. Anfang der 80er Jahre zog es ihn nach New York. Dort arbeitete er mit Musiker der Punk- und New Wave Bands wie Bauhaus, den Dresden Doll und Gun Club zusammen und einige von ihnen sind bis heute bei Botanica dabei. In New York war er Teil einer Musikerszene, weil sich dort gerade interessante Musikrichtungen entwickelten: „Es

entstand damals ein neuer Stil: Die Musik osteuropäischer Sinti mischte sich mit Punk. Beide haben eines gemeinsam: Ein traurige Fröhlichkeit, die man in vielen Stücken wiederfindet. Ein Stilmix, den es bis dahin nicht gab.“ Klezmer? „Das wird überschätzt. Klezmer ist eigentlich nur die geglättete Variante der Sinti-Musik.“ Seine Jüdischen Wurzeln hält er nicht für prägend: „In New York ist jeder Dritte Jude, das ist in dieser Stadt normal. Wenn wir Musik gemacht haben, hat nach so etwas keiner gefragt.“ Zur Religion hat er ein distanziertes Verhältnis: „Mein Vater hat den Glauben an Gott während des Krieges in Rumänien verloren, als er im Lager saß. Meine Mutter war die letzten beiden Jahre ihres Lebens Mitglied einer Gemeinde, aber das habe ich erst nach ihrem Tod erfahren.“ Wallfisch hat sich lange Zeit als Agnostiker bezeichnet. Das ist vorbei: „Ich bin Atheist und halte Religionen für ein Übel, das überwunden werden muss Religionen sind einer der Hauptgründe für Kriege und Unterdrückung.“ Die deutsche Geschichte spielte für ihn keine Rolle, als er nach Deutschland zog: „Ich war vorher schon oft in Deutschland auf Tournee, auch unsere Plattenfirma sitzt hier. Dieses Land ist für jeden Musiker wichtig – es ist der größte Markt in Europa.“ Fast wäre er sogar schon als Kind nach Deutschland gekommen. Sein Vater hatte die Wahl, als Musikprofessor an die Essener Folkwang-Schule zu gehen, entschied sich dann aber für Massachusetts . „Ich denke“, sagt Wallfisch, „das hatte auch damit zu tun, dass er und meine Mutter unter den Nazis verfolgt wurden.“ Antisemitismus? „Habe ich noch nicht erlebt. Die große Mehrheit traut sich nach den Verbrechen an den Juden in Deutschland nicht Antisemitismus offen zu zeigen.“ Fremd fühlt er sich in Berlin nicht. Die Stadt erinnert ihn mit ihrerr kulturellen Vielfalt an die USA. Was mir hier gefällt, sind die Menschen: Das Team am Theater ist gut, Dortmund hat viele kleine Galerien und eine lebendige Kulturszene.« Eigentlich sei Berlin eine wundervolle Stadt – nur eben keine besonders schöne. Aber Berlin hat seinen großen Vorteile für den Cosmopoliten: »Innerhalb von ein paar Stunden erreiche ich fast jede Großstadt Europas.«

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Kurt Cobeijn’s

A Most Wanted Man

Die letzte Hauptrolle des verstorbenen Philip Seymour Hoffman als deutscher Anti-Terror-Agent in einem Top-Thriller. Der russisch-tschetschenische von Folter gezeichnete Issa Karpow fordert bei einer Hamburger Bank das im Schließfach liegende illegale Vermögen seines Vaters ein und sucht Kontakt zur islamischen Gemeinde. Günther Bachmann, Leiter einer halb offiziellen deutschen Anti-TerrorismusEinheit, will durch den Fremden die Hintermänner eines islamistischen Finanznetzes, das Al Kaida zuarbeitet, entlarven. Dazu braucht er Zeit.

Der TRailer

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Die Dreharbeiten für den Film fanden 2012 unter anderem in Hamburg und Berlin statt. Er hatte am 19. Januar 2014 auf dem Sundance Film Festival Premiere. Der reguläre US-Kinostart war am 25. Juli 2014. Dort spielte der Film bereits über 15 Millionen US-Dollar ein. In Europa startete der Film am 5. September 2014. Regie: Anton Corbijn Cast: Philip Seymour Hoffman, Rachel McAdams, Grigori Dobrigin Laufzeit: 122 min. FSK: ab 6 Jahre


Maleficient Halloween naht und die Zeit ist reif für düstere Geschichten. Wie gut, dass wir den perfekten Film für die dunklen Herbsttage gefunden haben! Am 2. Oktober erscheint “Maleficent - Die dunkle” Fee mit auf DVD und Blu-ray für alle, die Angelina Jolie in ihrer ersten Disney-Rolle so realitätsnah wie möglich erleben wollen. “Maleficent - Die dunkle Fee” ist der bisher erfolgreichste Film von Hollywood-Star Angelina Jolie. Das düstere Abenteuer, das die weltbekannte Geschichte von “Dornröschen” neu erzählt, lockte in Deutschland sagenhafte 1,4 Millionen Zuschauer in die Kinos und spielte weltweit 700 Millionen US-Dollar ein. Dies hat der Film aber nicht nur Angelina, sondern auch besonders einer zauberhaften Elle Fanning in der Rolle der bildhübschen Prinzessin “Aurora” zu verdanken. Das Herz von “Maleficent” wird gebrochen und sie hetzt einen ewigenen Fluch auf die Prinzessin - wie kann sie jetzt noch gerettet werden? 18,00 Euro DVD, 21,60 Blue-ray

Der große Demokrator Der Filmemacher und Demokratie-Aktivist Rami Hamze hat 10.000 Euro aus Spenden eingesammelt und ist damit nach Köln-Kalk gegangen, um ein Demokratie-Projekt zu starten. Der Stadtteil soll nun mitentscheiden, was mit dem Geld geschehen soll. Doch schon bald geraten die verschiedenen Interessensgruppen aneinander. Demokratie ist eben anstrengend und braucht Zeit... Dokumentation Deutschland 2014 Regie: Rami Hamze Mit: Rami Hamze Laufzeit: 86 Min. FSK: frei

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EPub Digitale diktatur Sachbuch von Stefan Aust und Thomas Ammann Vom eigenen Staat auf Schritt und Tritt überwacht zu werden, ist eine Horrorvision für viele Menschen. Seit den Enthüllungen von Edward Snowden wissen wir, dass dies längst Realität ist. Die NSA wurde heimlich zur obersten Welt-Überwachungsbehörde, demnächst wird sie die gesamte menschliche Kommunikation abfangen, analysieren und speichern. Möglich wird dies auch durch über den Spion in der Hosentasche. Smartphones kommunizieren ständig mit staatlichen Lauschern, ohne dass wir es wollen – und bemerken. Stefan Aust und Thomas Ammann erhellen die politischen Hintergründe und schildern, wie die Informationstechnologie aus den Denkfabriken den der Militärs zum weltumspannenden Machtinstrument wurde. Längst tobt ein Krieg um Informationen zwischen Geheimdiensten, Staaten und Konzernen – um die Daten von uns allen. Kann die digitale Gegenbewegung aus Hackern und Netz-Aktivisten wie Anonymous oder WikiLeaks den Kampf um unsere Bürgerrechte gewinnen? Ein Weckruf, packend wie ein Science-Fiction-Thriller – wenn es nicht längst Realität wäre. ePub mit 352 Seiten Erscheint: 10.10.2014 ECON Verlag

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Buchpreis 2014 Lutz Seiler Lutz Seiler wurde für den Buchpreis 2014 für den besten deutschsprachigen Roman des Jahres niminiert. In seinem Debut-Roman “Kruso” geht es um einen Aussteiger, der das Ende der DDR auf Hiddensee erlebt. Er erzählt über ein Inselabenteuer und die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft. Die Jury begündet ihre ENtscheidung damut, dass er „überzeugt durch seine vollkommen eigenständige poetische Sprache, seine sinnliche Intensität und Welthaltigkeit.“ Lutz Seiler, geboren 1963 in Gera/Thüringen, lebt in Wilhelmshorst und Stockholm. Für sein Werk wurde er mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis, dem Bremer Literaturpreis, dem Fontane-Preis und dem UweJohnson-Preis.

tschick, Wolfgang Herrndorf

Tschick

rororo, 8,90 Euro

Maik Klingenberg, 14 Jahre und Spätaussiedler, der hin und wieaus einem zwar wohlhabenden, der sichtlich betrunken zum Unaber zerrütteten Elternhaus in terricht erscheint, ist ein AußenHellersdorf, ein Stadtteil in Ost- seiter. Er wird auch von Tatjanas Berlin. In seiner Klasse ist er ausgeschlosRoman vonGeburtstagsparty Wolfgang Herrndorf Außenseiter. Er zu Beginn der sen… Tschick schlägt Maik vor, 14 Jahre und ausGroßeinem Sommerferien auchMaik nichtKlingenberg, zum gemeinsam zu seinem sehr wohlhabenden, aber zerrütteten ElternGeburtstag der Klassenschönvater in die Walacheizu fahren. in Hellersdorf, Stadtteil Ost-Berlin. heit Tatjana Cosic haus eingeladen, Obwohlein beide nicht in genau wisIn seiner Klasse ist er Außenseiter. in die er heimlich verknallt ist. sen, wo die eigentlich liegt, sagt Er gilt einfach als zu langwei- Maik nach kurzem Zögern zu, Er zu Beginn der Sommerferien auch nicht zum Gelig. Auch der neue Mitschüler und eine Reise ins Ungewisse burtstag der Klassenschönheit Tatjana Cosic eingeTschick, eigentlich Andrej Ein deutsches Roadladen, Tschiin die erbeginnt. heimlich verknallt ist. Er gilt einfach chatschow, ein sehrals wortkarger movie voller Charme und Tiefe. zu langweilig. Auch der neue Mitschüler Tsch-

ick, eigentlich Andrej Tschichatschow, ein wortkarger russischer Spätaussiedler, ist ein Außenseiter. Er wird von Tatjanas Geburtstagsparty ausgeschlossen… Tschick schlägt Maik vor, gemeinsam zu seinem Großvater in die Walacheizu fahren. Obwohl urbanaffairs//65 beide nicht genau wissen, wo die eigentlich liegt, sagt Maik nach kurzem Zögern zu, und eine Reise ins


theater crashtes Der Name ist ein Witz. “Hotel Aufbruch“ nennt sich alten Schaubühne, bei den Wiener Festwochen. Ich die Herberge heute. „Endstation“ wäre passend. Ich hatte eine romantisierende Freakshow erwartet. Conhocke mit vier anderen Menschen, die ich erst seit tergan geschädigt Tätowierer mit Migrationshintergreiner Stunde kenne, in einer Gruppenunterkunft. Von und oder so etwas. Die Frau im Hotel hatte uns Zettel der Dortmunder Münsterstraße sind wir eine glän- in die Hand gedrückt. Sie wolle nach Düsseldorf auszende Steintreppe in die erste Etage gestiegen, an wandern. Ich unterdrücke naheliegende billige Gags. der engen Rezeption vorbei, durch den Notausgang, Sie habe wenig, was sie mitnehmen wolle. Wir sollten einen schmalen Flur die Stichworte nach entlang, eine nicht Wichtigkeit ordnen. mehr glänzende TrepIhr persönlicher pe runter, durch eine Ze hn - Ja h re s p l a n Stahltür. Gut, Mario ist dabei, „komproist dabei, ein Kumpel, misslos für meine aber der ist in diesem Kinder“ hat sie aufMoment keine Hilfe. geschrieben, MutWeiße Bodenfliesen, ters selbstgestrickte vier Etagenbetten, Socken, das StrickNeonlicht. Sauber das zeug. Wir setzen Ganze, aber unwirtlich. die Kinder auf Platz Wer nächtigt freiwilEins, dann stockt lig in so einer Bude? die Diskussion. Ich halte den handg„Den Zehnjahreseschriebenen Zettel in plan kannst du verder Hand. „Großmutgessen. Mit so einer ters Strickzeug“ steht Foto: Schauspielhaus Dortmund, © Edi Szekely starren Vorgabe darauf. Die fremde Frau, kannst du nur verkackirgendwas um die dreißig, südländischer, türkisch- en, kannst dich doch gar nicht auf Neues einlassen“, en Zungenschlag, schreit es fast in das abgefuckte presche ich vor. Es gibt leisen Widerspruch, den arNokia-Handy aus dem letzten Jahrhundert: „Aktie 54 gumentiere ich weg. Der Plan landet in unserer Ranwird hier keinen Käufer finden.“ Die Verbindung ist gliste auf dem letzten Platz. Vorne sind die Kinderschlecht. Sie brüllt es noch einmal: „Aktie 54 wird hier rechte. Kinder gehen immer, meint einer aus unserer keinen Käufer finden“. Aktie 54, das bin ich. Genauer Gruppe. gesagt bin ich Aktie 55 – 54 – 03, gehandelt am NAX, dem Nordstadt-Aktienindex. Ich habe hier keinen Na- Wir lächeln, halbzynisch. Dann diese Ohrfeige. Der men, ich weiß jetzt, was Humankapital ist, wie es sich Zehn-Jahresplan sei das Wichtigste in ihrem Leben, anfühlt, wenn ich nur noch Kostenfaktor bin. sagt die temporäre Gastgeberin. Ich werde blass. Sie hat Recht. Es ist ihr Leben. Verdammt. Was dränge Wir sind Theatergäste, dachte ich noch zu Beginn die- ich einer Unbekannten meine Vorstellungen auf? Wir ser Nordstadt-Tour, „Crashtest Nordstadt“ heißt sie, müssen weiter zur nächsten Station. Die Uhr läuft. veranstaltet vom Dortmunder Schauspiel. Etwa hun- Das Loch ist ausgestochen, die Pflanze auf dem Weg dert Zuschauer sind bei der Premiere, sie laufen jew- in die neue Heimat, als plötzlich das Spiel an Fahrt geeils fünf Stationen ab, erleben also immer nur einen winnt. Zwei Gören, Bratzen, aufgemotzte Teeniegirls Teil der Szenerie. Jörg Lukas Matthaei inszeniert das tauchen auf, kreischen, schimpfen, klingeln im NachSpiel. Er hat Erfahrung mit solchen Sachen. Er hat so barhaus. Die Gedenkstätte werde geschändet. In der etwas schon oft gemacht, in Berlin, im Umfeld der dritten Etage reißt ein Feinripptyp das Fenster, brüllt

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st

von Martin Kaysh

los. Frau P. ist aufgeregt. Eskalation zum Finale, ich bin begeistert, bewundere die Authenzität der Laiendarsteller. Großartig, so gut kriegt Ghetto im Schauspielhaus keiner hin. Ich spiele mit, befrage verständnisvoll die Mädchen, beschwichtige. Hier sei doch ein BVB-Anhänger aus dem Fanclub erstochen worden, für den habe man eine Gedenkstätte im Grünstreifen errichtet, die wir jetzt gerade zerstörten, erzählen sie. Das lässt sich alles klären, denke ich, Improtheater habe ich drauf. „Immer die Angebote der Mitspieler annehmen“, lautet die erste Regel. Die Geschichte der Chefgärtnerin klingt allerdings etwas anders. Zwei Typen kommen drin vor, der Fanclub wird zum reinen Saufverein und eine Teenie-Nutte spielt auch mit. Unsere Aktion wird abgebrochen. Schauspieler, Dramaturgen, Journalsiten und die Zuschauer sind zufrieden. Die glücklichsten Menschen aber sind die Checker und die Akteure der Stationen – sie strahlen. Jemand wird sich am nächsten Mittag bei Facebook melden. Ein Elvis-Imitator bespaße gerade den Nordmarkt – ein Gruß aus der Parallelwelt.

Schauspielhaus Dortmund Crashtest Nordstadt Inszenierung von Jörg Lukas Matthaei Mit 60 Akteuren aus der Nordstadt Moderation Radio: Uwe Schmieder Ausstattung: Dorothea Ronneburg Dramaturgie: Michael Eickhoff Video-Art, Radio: Maria Goinda Game-Design: Daniel Boy, Sebastian Quack Produktionsleitung: Lis-Marie Diehl Regieassistenz: Laura Rehkuh Kostümassistenz: Nejla Kalk Licht: Rolf Giese www.crashtest-nordstadt.de

Der TRailer urbanaffairs//67


Gutenbergs Urenkel In den letzten Jahrzehnten habe ich mit großer Begeisterung eigentlich jeden digitalen Trend mitgemacht. Ich war begeistert von den ersten Digital-Kameras und weiß noch genau wie stolz ich war, als ich meine erste Ixus in der Hand hielt: Sie war klein, silbern hervorragend verarbeitet, wurde ein Design-Klassiker und weckte in mir die Lust am Fotografieren. Computer waren für mich immer mehr als seelenlose Rechenknechte. Ich hielt es mit der amerikanischen Soziologin Sherry Turkle, die Computer als “Wunschmaschinen” bezeichnete. Das Aufkommen der MP3, Dienste wie Napster, Audiogalaxy und später iTunes veränderten meine Art Musik zu hören und zu konsumieren radikal. Meine letzte CD kaufte ich in den 90er Jahren. Nachgetrauert habe ich den Silber-scheiben keinen Moment. Das iPhone brachte mir das mobile Internet. Nach drei Tagen konnte ich mir nicht mehr vorstellen, wie ich vorher arbeiten, kommunizieren und leben konnte, ohne diesen Wegbegleiter. Nur die Tablet faszinierten mich nie. Als ein Freund mir vor zwei Jahren sein erstes Kindle zeigte, ging von dem Ding für mich kein Zauber aus. Es hatte nichts von der digitalen Erotik, die mich immer schon faszinierte. Die Schrift konnte man zwar gut lesen. Ja, es war leicht. Ja, der Akku hielt fast ewig. Und ja: Es war schon damals billig – und sah auch leider genau so aus. Das änderte sich alles erst mit dem iPad. Fotos sahen noch nie so schön aus wie auf dem iPad. Bei Magazinen stellte sich ein ganz neues Lesegefühl ein. Schnell stellte ich fest: Man kann mit dem Ding wunderbar Musik machen, Spielen und fernsehschauen. Ich be-

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nutze es ständig, zu Hause bleibt der Computer jetzt immer häufiger ausgeschaltet. Aber Bücher lesen? Daran habe ich, nicht nur wegen des leicht spiegelnden Displays keinen Spaß. Anders als bei CDs ist mir das Trägermedium wichtig. Ich mag den Geruch von Büchern, ich halte sie gerne in der Hand und ich liebe es die vollen Bücherregale in meiner Wohnung anzuschauen, in ihnen herumzustöbern. Sicher ist, dass auch ichin Zukunft immer häufiger eBooks lesen werde. Sie sind günstiger, die Back-Issues oft sogar kostenlos. Ich kommen wieder an Titel heran, die längst vergriffen oder schwer zu bekommen sind. Vor ein paar Tagen erfüllte ich mir einen Jungentraum und las den ersten Perry Rhodan Band – ich hab ihn für 1,69 Euro einfach heruntergeladen und ersparte mir so ein wochenlanges Kramen auf Flohmärkten, die ich sowieso nicht besuche. Das alles ist Pragmatismus, keine Begeisterung. Vielleicht, weil die Form der Texte dem neuen Trägermedium noch nicht angemessen ist. Nur Text von Papier in eine Datei zu übertragen ist ja eher eine schlichte Idee. Der Computer bieten deutlich mehr Möglichkeiten, die noch lange nicht ausprobiert wurden: Wieso gibt es keine Unterstützung von Stimmungen in einem Text durch Musik? Wieso keine diskreten Lichteffekte – auf dem iPad und den Android-Geräten wäre das ohne ein Problem möglich. Es steckt noch ein großes Potential in dieser Technik – so wie es jetzt ist, bringen mich die eBooks nur in Ausnahmen zum Wechseln. Um mein Herz ganz zu gewinnen, müssen sich ein paar Leute noch ziemlich anstrengen. Doch wenn die Lesbarkeit gegeben ist, werde ich eine eBibliothek haben. sl


ich bin ein Buch.

Apple bietet 30.000 Bücher kostenlos zum downloaden für das iPad an: Die Preise für E-Books auf iBooks werden sich nicht groß von denen unterscheiden, die Amazon für seine E-Books verlangt. Bestseller werden für 9,99 Euro zum Lesen auf dem iPad zu kaufen sein. 30.000 Bücher aus dem Project Gutenberg bietet Apple jedoch gratis an, damit sein neuer elektronischer Buchladen von Anfang an gut gefüllt ist. Hier ein paar Lesebeispiele www.ibooks.de

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Spotlight

Köln

Köln ist unbestritten die älteste Stadt Deutschlands. Das merkt man dem Selbstbewusstsein der Kölner an – ihrem Lebensgefühl jedoch nicht. Während anderswo noch Wald- und Sumpfgebiete die Landschaft bestimmten, war Köln bereits eine pulsierende Großstadt: Um genau zu sein, die größte Stadt nördlich der Alpen. Als andere römische Stadtgründungen wie Xanten oder Trier an Bedeutung verloren, blieb Köln bedeutend und groß. Die Kölner wissen das und daraus speist sich ihr beinahe einzigartiges Selbstbewusstsein. Dass sie dabei nie arrogant rüberkommen, sondern immer offen und herzlich geblieben sind, sagt viel über die Menschen in dieser Stadt aus: Köln und die Kölner muss man einfach mögen. Arroganz und Dünkel sind ihnen fremd und wer nicht sich gerade als begeisterte Düsseldorf zu erkennen gibt, wird herzlich aufgenommen. Fast die Hälfte der Kölner sind „Immis“ – Zugewanderte und nicht wenige von ihnen haben sich innerhalb kürzester Zeit zu begeisterten Kölnern entwickelt. In Köln kann man erleben, was man über andere Städte nur liest: Gelebte Vielfalt und Toleranz. Es gibt sie tatsächlich, die Kneipen wo der Punker neben dem Anzugträger steht und beide zusammen ihr Kölsch trinken. Köln ist katholisch, sein Dom das mit Abstand bekann-

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teste Gebäude Deutschlands und gleichzeitig ist Köln die schwulste Stadt der Republik und hat den größten Cristopher Street Day. Ein Widerspruch? Hier nicht. In Köln darf jeder so sein wie er will. Die Kölner verfügen über die notwendige Lässigkeit und das nötige Maß an Ignoranz. Köln ist keine schöne Stadt wie München, nicht die Haupstadt, nicht so modern wie Frankfurt oder weltmännisch wie Hamburg. Die Stadt wurde im Krieg stark beschädigt und ohne viel architektonische Fortune wieder aufgebaut. In der Innenstadt finden sich Relikte der über 2000jährigen Geschichte, aber in weiten Teilen sieht Köln beliebig aus. Es sind die Menschen, die diese Stadt ausmachen und das, was sie aus ihr gemacht haben: Eines der wichtigsten kulturellen Zentren des Landes zum Beispiel, mit einem Angebot aus Konzerten, Ausstellungen und Theateraufführungen wie es das an Zahl gerade noch im mehr als dreimal so großen Berlin gibt. Und es gibt die Menschen die Kultur geniessen. In Köln trifft man nicht auf leere Kunsttempel oder stark ausgedünnte Zuschauerreihen im Theater. Höher ist die Qualität in der Hauptstadt deswegen noch lange nicht. Köln pulsiert, ist lebendig, kennt keine Pause – und dreht sich dabei fast immer um sich selbst. Das kann anstrengend sein. Das Desinteresse der Kölner am Rest des Landes ist schon fast legendär, doch je länger man in der Stadt ist, umso eher versteht man es: Köln ist eine Welt für sich. Und man kann problemlos sein ganzes Leben darauf verwenden, sie zu entdecken. Wenn man dort lebt, fehlt es einem an Nichts. Und seitdem es in fast allen Kneipen nicht nur Kölsch sondern auch Becks gibt, muss man bei dieser Beschäftigung noch nicht mal auf ein ordentliches Bier verzichten. sl


urbanaffairs//71 Foto: Fotolia, Š miket


Foto: Fotolia Š davis

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Wohnen mit Blick über Köln – davon träumen viele. Für einige ist es Realität geworden. Das Kranhaus Nord gehört zu den drei Häusern des Architekturbüros BRT Bothe Richter Teherani aus Hamburg und Linster Architekten Aachen und prägt damit als neues Wahrzeichen die Silhouette des Kölner Rheinauhafens. Eine der attraktivsten Wohnimmobilien in Köln liegt direkt am Rhein. Pandion hat in dem über 60 Meter hohen Gebäude auf 18 Etagen 133 anspruchsvolle Eigentumswohnungen errichtet und setzte auf die Einzigartigkeit des Objekts im Bezug auf Lage, Ausblick und Architektur. Gerade die Architektur erzielte international Aufmerksamkeit: Wie die beiden Bürokranhäuser hat auch das Wohnhaus die Form eines Hebekranes, dessen rechtwinklig ausragender Arm bis an den Rhein reicht. Die Handschrift der Hamburger Planer ist dabei unverkennbar: kühne Hightechkonstruktionen, Glas und Beton. Dass dieses Gebäude in vieler Hinsicht neue Dimensionen erschließen konnte, davon zeugt auch die breite Zustimmung von Immobilienexperten, Kunst- und Architekturkennern. sl

Fakten Investor Pandion AG Wohn-Nutzfläche ca. 15.000 qm Anzahl der Eigentumswohnungen 133 Wohnungsgrößen 60 qm und 400 qm

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Stereoanlage für den I-Pod, Flatscreen-TV und ein high-speed Internetanschluss sind in den Appartments selbstverständlich. Vom Balkon kann man den Rhein sehen.

Appartment Deluxe wohnen über dem Rhein Die drei Kranhäuser am ehemaligen Rheinauenhafen gehören zu den exklusivsten Adressen Kölns. 133 Appartements bieten eine einzigartige Aussicht. Die Wohnungen liegen in den

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oberen Etagen mehr über als am Rhein und der Dom liegt auch ganz in der Nähe. Zwei der drei Kranhäuser, ausgezeichnet mit dem MIPIM-Award“ 2009 in der Kategorie „Business Cen-

tre“, sind reine Bürogebäude. Das dritte Kranhaus ist ein Wohngebäude. Mehr als 15.000 Quadratmetern auf 18 Etagen stehen als luxuriöser Wohnraum der Extraklasse zur Verfügung. Für das „Zu-Hause-Gefühl” sorgt auch, dass die Wohnungen nicht nur mit speziell angefertigten Möben ausgestattet sind, sondern auch mit mit modernster Kommunikations- und Unterhaltungselek-tronik: Kabel TV, Fernseher, Video/DVD, Telefon, Internet VDSL Plus, und ein sehr schneller WLAN-Anschluss. sg


Das Neptunbad in Köln-Ehrenfeld war die erste neuzeitliche Badeanstalt der Kölner Vororte. Seit 2002 dient es als Sports & Spa Wellness-Anlage mit Fitnessbereich.

sauna/wellness/fitness/beauty das neptunbad

Mitten in Köln-Ehrenfeld ist das Neptunbad ein Ort der Entspannung. Das historische Kleinod, bietet auf 5000 m² fast alles, um Körper und Seele in Einklang zu bringen. Die 13 Meter hohe, mit Blattgold verzierte Badehalle wurde in einen Fitnessbereich

umfunktioniert, im Saunabereich gibt es die unter Denkmalschutz stehende Sauna und eine traditionelle japanische Bäderlandschaft.Die wunderschöne japanische Wellnesslandschaft ist eine Reise in die Welt der Sinne: Sechs Saunen,

Sento-Pool, Onsen-Bäder. Der Fitnessbereich ist in der wunderschönen 13 m hohen Kuppelhalle gelegen. Das individuelle Training an Geräten und das attraktive Kursprogramm beleben Körper und Geist und bringen Energien wieder zurück. at

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Boname

Clauzy & Fräulein Fils Lecker

Das Boname im Kölner Rheinauhafen bietet seinen Gästen gehobene orientalisch-türkische Küche in ansprechendem Ambiente. Der Wirt Yasemin Dogan legt viel Wert auf die besten Zutaten. Mit viel gesundem Gemüse werden sehr ausgefallenen Gerichte direkt vor den Augen in der offenen Küche zubereitet. 360° Panorama Rundblicke verschönern den Aufenthalt im Bona`me, das inzwischen bei vielen Pomis das Herz als Satmmlokal erobert hat. Bei gutem Wetter kann man auf der Treasse die Sonen genissen - in der Lounge mit Blick auf den Rhein kann man nach dem Essen wunderbar entspannen - bei einen Kaffee oder einem Longdrink. 50823 Köln

Wolf-Dietrich Junghanns behauptet fest, dass Köln die nördlichste Stadt Italiens sei. Vielleicht hat er Recht, jedenfalls trägt er seinen Teil zur südländischen Kultur Kölns bei, denn er machte im Herbst diesen Jahres sein Wein-Hobby zur Leidenschaft. Seit Mitte Oktober öffnet er nun auch ofiziell seinen Keller in der alten Malzfabrik, um andere Menschen an den Ergebnissen seiner jährlichen Weinliebhaberreisen nach Italien teilhaben zu lassen. Er versorgt die Bewohner des Kölner Agnesviertels mit den flüssigen Kostbarkeiten, die er auf seinen Reisen entdeckt hat, wie zum Beispiel Tröpfchen kleinerer Güter, wie dem Paladin und Bosco Del Merlo sowie einem Prosecco Spumante.

Hohenzollernring 10 Telefon: 0221/99 23 149 www.meersehenkoeln.de

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Krefelder Str. 70 50333 Köln Tel. 139 84 85

Komm’ vorbei - und es wird lecker – ist die Devise bei Fräulein Lecker Café & Deli auf der Venloer Strasse. Das Café teilt sich die Räume mit einem Skateshop, was für ein ziemlich einzigartiges Ambiente sorgt. Neben Kaffeehausklassikern wie selbstgemachten Kuchen gibt es auch deftige Suppe, Curry, Salat und Quiche. Ein idealer Ort also, um auch mal ein schnelle Mittagessen zu sich zu nehmen. Fräulein Lecker gehört zu den neuen, unkonventionellen Restaurants, Kneipen und Cafés im Ehrenfeld, die zu dem bunten Stadtteil passen und in denen man sich tatsächlich entspannen und verwöhnen lassen kann – ohne Rücksicht auf die überflüssigen Pfunde! Venloer Str. 502 50825 Köln Telefon: 0221/272 209 www.fraeuleinlecker.de


Fotos: meersehen.de

Meer sehen

Das Meer sehen ist eines der schönsten Restaurants in Ehrenfeld. Seitdem Sandra Kirst es 2009 eröffnet hat, zieht es immer mehr Gäste in das schlicht eingerichtete Restaurant mit der großen Leinwand, auf der den ganzen Abend Filme und Bilder von den sieben Meeren zu sehen sind und die so für ein maritimes Erlebnis ohne peinliche Fischernetz-Romantik sorgen. Die Küche orientiert sich eher an den Jahreszeiten. Nicht nur was im Wasser schwimmt hat gute Aussichten auf den Tisch der Gäste zu landen. Klar, es gibt auch Fischgerichte wie Zanderfilet unter der Kartoffelkruste auf franz. Linsen in weißem Balsamicoschaum, aber auch Wiener Schnitzel oder mit Hackfleisch

gefüllte Paprika an Reis und Kräutersauce „Es ging mir von Anfang an darum“, sagt Sandra Kirst, „meinen Gästen immer wieder etwas einzigartiges zu bieten. Es geht um Spaß, für uns und für unsere Gäste.“ Auch die Weinauswahl ist serh ansehnlich. Bioweine aus Italien und Frankreich - wer etwas mehr wissen will, erfährt von den Kellnerinnen persönlich alles über Lage, Ort, Winzer und die Besonderheit eines jeden Jahrgangs. meer sehen Philippstr. 1 50823 Köln Telefon: 0221/99 23 149 www.meersehenkoeln.de

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neuland alpha 0.7 Mit der TV Alpha 0.7, die sowohl im Fernsehen als auch im Internet lief, betrat die Produzentin Lisa Mann Neuland. Ihr interaktiver Thriller „The Day it rained forever“ wurde zu einem internationalen Erfolg. Auch weil man als Zuschauer “mitmischen” konnte. Urban Affairs: Warum reicht es heute nicht mehr, Geschichten wie früher einfach nur in einem Film oder einem Buch zu erzählen? Lisa Mann: Natürlich reicht das, es wird immer reichen. Die Urform des Erzählens ist, das jemand an einem Lagerfeuer sitzt und die um sich herum mit einer Geschichte in seinen Bann zieht. Das wird immer funktionieren. Aber wir haben heute neue Möglichkeiten bekommen Geschichten zu erzählen und das versuchen wir – mit immer größerem Erfolg. Der Beginn war die TV-Serie Alpha 07. Ja. Da haben wir einen Krimi, der in der Zukunft spielte auf verschiedensten Ebenen erzählt: Da war die TV-Serie, in der wir ganz klassisch die Geschichte von Johanne erzählt haben, einer Frau, der von Terroristen ein Chip implantiert wurde, um sie, ferngesteuert, als Mörderin zu benutzen. Gleichzeitig gab es aber auch einen Blog von Johanna und einer Widerstandsgruppe, die gegen die Terroristen und die Maipulation von Johanna kämpften. Was zwischen den Folgen geschah, konnte man dort im Blog auf ziemlich direktem Wege erleben. Was hatte der Zuschauer davon? Er konnte selbst Teil der Handlung werden, die Beiträge kommentieren – zum Teil wusste er ja mehr als die Protagonisten. Wir konnten den Personen aber auch mehr Tiefe geben, als das im Fernsehen

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möglich ist. Die Akteure gewannen neue Facetten hinzu, die Bindung zwischen den Figuren und den Zuschauern wurde enger und intensiver. Die Schauspieler gehörten schon fast zum “persönlichen Umfeld” der Zuschauer-Beziehungen zu den handelnden Personne wurden schnell aufgebaut. Das hat eine neue Qualität, die es bisher so noch nicht gab. Das Erlebnis die Geschichte aktiv mitzuerleben, wurde verstärkt. Beim interaktiven Thriller „The Day it rained forever“ haben sie das Konzept variiert. Mann: Ja, wir erzählen dabei die Geschichte auf dem Tablet Computer. Eine Mischung aus Comic, Roman und Trickfilm. Die User können den Ablauf der Handlung mitbestimmen und dazu entscheiden, wie tief sie in die Story einsteigen wollen. in jedem Fall aber war es eine interaktive Geschichte das war uns wichtig. Ein vollkommen neuer Ansatz? Mann: Eigentlich nicht. Auch am Lagerfeuer konnte man demjenigen, der die Geschichte erzählt hat ja Fragen stellen. Das erzählen von Geschichten war in seinem Ursprung interaktiv, lange bevor es das Wort gab. Durch Bücher und Filme hat sich dass dann in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten geändert. Mit den neuen Technologien gehen wir eigentlich wieder einen Schritt zurück zu den Ursprüngen des Erzählens. Das macht die Sache spannend.


Vita Lisa Mann arbeitet seit 2005 als Drehbuchautorin sowie Creative Producerin in der Film-, Fernseh- und Multimediabranche.Sie entwickelte u.a. die erste deutsche Transmedia-Serie “Alpha 0.7 – Der Feind in Dir” (ARD, SWR). 2011 gründete Lisa Mann die Produktionsfirma Gesamtkunstwerk Entertainment GmbH, die sich auf Neue Digitale Unterhaltung spezialisiert hat. www.alpha07.de www.apollon-blog.de

Foto: © Maze Köstlin, strandkorn.de urbanaffairs//79


urban affairs //80 Foto: © Ulrike Märkel


die bürgerstadt Immer mehr Städte setzen bei der Planung von Großprojekten auf den Dialog mit den Bürgern. Die sind nicht immer nur dagegen. von Stefan Laurin Mit dem Abstimmungsergebnis war die Stadt mehr als zufrieden: 76,5 Prozent der Remscheider, die an der Bürgerbefragung über den Bau des Designer Outlet Centers teilnahmen, sprachen sich im vergangenen Herbst für dessen Bau aus. Die Bürgerbefragung war im Rat zuvor von CDU, SPD, FDP, Bündnis90/Die Grünen und der Bürgerliste W.i.R. beschlossen worden. Mit 38,9 Prozent lag die Wahlbeteiligung höher als bei der Oberbürgermeisterwahl in Duisburg am vergangenen Sonntag. Ob das Outlet Center, ein künstliches Dorf mit circa 130 verschiedenen Fachgeschäften, wirklich direkt an der A1 gebaut wird, ist damit noch längst nicht entschieden. Noch vier bis fünf Jahre kann es dauern, bis das Center eröffnet, die Bezirksregierung und das Land müssen den Planungen zustimmen. Aber schon zu Beginn des Verfahrens hat die Stadt Remscheid ihre Bürger befragt und, zusammen mit dem Betreiber, dem Unternehmen McArthur Glen, das auch das Outlet-Center im holländischen Roermond betreibt, von dem Bau überzeugt. Größere Proteste aus der Bürgerschaft müssen nun weder Kommunalpolitik noch Investor befürchten. Es hat sich für alle Seiten gelohnt, schon früh auf ein transparentes und offenes Verfahren zu setzen. Das musste in Köln erst erkämpft werden: „Wir haben 2010 erfahren, dass auf dem HeliosGelände ein Einkaufszentrum gebaut werden sollte und dann unsere Bürgerinitiative gegründet“, sagt Hanswerner Möllmann, Sprecher der Bürgerinitiative. Auf dem Helios-Gelände in Köln Ehrenfeld wollte eine Grundstücksgesellschaft der BauwensUnternehmensgruppe und des Einkaufszentrumsbetreibers MFI ein Einkaufszentrum bauen. Mindestens 20.000 Quadratmeter Einkaufsfläche sollte es haben,

dazu noch mal Platz für Imbissstuben und Cafés. Das Einkaufszentrum, so die Kritiker, hätte allerdings auch einen großen Einfluss auf Ehrenfeld gehabt: An der Venloer Straße finden sich bis heute nur wenige Ketten. Selbständige Einzelhändler bestimmen das Bild. Viele davon bieten Billigware an, aber, sagt Möllmann: „Das passt ins Vedel. Hier haben sehr viele Menschen wenig Geld, auch wenn Ehrenfeld im Umbruch ist“.

Vom Arbeiterviertel zum Szenetreff Das ehemalige Arbeiterquartier, bis zur Eingemeindung nach Köln eine eigenständige Industriestadt, hat sich in den vergangenen zehn Jahren gewandelt. Erst zogen immer mehr Studenten in die damals preiswerten Wohnungen, heute sind es zunehmend die Besserbetuchten, die es in das Szenequartier mit seinen vielen Kneipen und Clubs zieht. Aber auch die waren von der Idee, dass auf dem Gelände der ehemaligen Elektrofabrik Helios, deren markantestes Zeichen ein Leuchtturm ist, ein Einkaufszentrum gebaut wird. „Als wir anfingen“, erinnert sich Möllmann, „waren viele sehr pessimistisch. Aber als dann auf einmal 400 Menschen auf einer Bürgerversammlung waren, kippte die Stimmung. Wir merkten, dass wir eine Chance hatten.“ Immer stärker machte eine Koalition aus Alteingesessenen, kleinen Geschäftsleuten, Kreativen und frisch zugezogenen Akademikerpärchen der Politik in Köln deutlich, dass sie auf dem Helios-Gelände kein Einkaufszentrum wollten. War es am Anfang nur die in Ehrenfeld stark verankerte und im Rat vertretene Liste „Deine Freunde“, die auf der Seite der Bürgerinitiative stand, schlossen sich ihnen bald auch SPD und Grüne an. Früh machte die SPD im Bezirk deutlich,

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dass beispielsweise der auf dem Helios-Gelände ansässige Club Underground erhalten bleiben soll. Das Underground bietet ein in NRW nahezu einzigartiges Konzertprogramm und ist Spielstätte zahlreicher international renommierter Independent-Bands. Auch die anderen Nutzer des Helios-Geländes, verschiedene Künstlergruppen und kleine Studios, wollten nicht weichen.

Wünsch Dir was… Nach langen Diskussionen entschloss sich die Stadt schließlich zu einem in NRW bislang einzigartigen Verfahren: Sie holte alle Beteiligten, die Initiative, Bürger aus dem Stadtteil, Bauwens und die Planungsbehörde an einen Tisch und veranstaltete zwei Werkstätten. In denen wurde über die Zukunft des Geländes diskutiert. „Da trafen sehr unterschiedliche Vorstellungen aufeinander. Bauwens wollte ein Einkaufszentrum, und die Bürger hatten auch sehr unterschiedliche Vorstellungen.“ Einige wünschten sich einen Park, andere, dass sich gar nichts ändert, Wohnungen sollten gebaut werden. Viele Menschen, viele Wünsche. Anfang Juni, beschlossen alle gemeinsam ein Leitbild: Es soll auf dem Gelände kein Einkaufszentrum entstehen, dafür eine Schule in der behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam bis zum Abitur lernen können. Eng angebunden an die Universität, die ihren Lehramtsstudenten an der Schule die erzieherische Praxis vermitteln will. Das Helios Gelände soll auch künftig Fußgängern und Radfahrern offen stehen, und die angedachte Wohnbebauung soll den Bedürfnissen aller Bevölkerungsschichten im Stadtteil entgegenkommen. Auch Einzelhandel soll es auf der Fläche geben, aber er soll Inhabergeführt sein. Die großen Ketten werden sich dort nicht niederlassen dürfen. „Wir sind“, sagt Möllmann, „mit dem Ergebnis zufrieden.“ Das ist der Kölner Bauunternehmer und Kanzlerenkel Paul Bauwens-Adenauer nicht. „Ich hätte auf dem Gelände gerne eine spannende und offene Entwicklung gehabt. Wir wollten nicht das typische Einkaufszentrum bauen, sondern experimentieren. Wohnen, arbeiten, einkaufen – aber auf dem kleinen Rest der Fläche, den wir jetzt noch entwickeln können, wird das sehr schwer.“ Auch Bauwens-Adenauer fand die Gespräche mit den Bürgern und der Helios-Initiative interessant. Daran, ob diejenigen, die daran teilgenommen haben den Willen aller Bürger repräsentiert haben, hat er allerdings seine Zweifel: „Ich hätte eine repräsentative Umfrage unter den Bürgern gehabt, aber da hatten wohl viele die Sorge, dabei könnte das falsche Ergebnis herauskommen.“

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Verspiesserung oder Gentrifizierung? So sehr Bauwens-Adenauer auch verstehen kann, dass ein Einkaufszentrum auf Ablehnung stößt, so sehr störte ihn der Mangel an Offenheit für neue Idee: „Im Ehrenfeld gibt es auch eine Verspießerung. Einige der Anwohner wollten keine Veränderung, alles sollte so bleiben, wie es ist, aber so ist Stadt nicht. Stadt ist Veränderung und Spannung.“ Veränderungen stehen auch in Bochum an: In der Innenstadt soll ein Zentrum mit 20.000 Quadtratmetern Einzelhandelfläche entstehen, dazu die üblichen Burgerbuden und Sushi-Läden. „Bislang“, sagt, Baudezernent Ernst Kratzsch, „gab es mehrere Gesprächsrunden mit der IHK und den Einzelhändlern. Dabei haben wir uns alle auf ein Konzept geeinigt, das nun umgesetzt werden soll: Keine Blockbebauung, eine Öffnung zur Stadt und Geschäfte, die eine Ergänzung zum Angebot in der Innenstadt darstellen.“ Mit einem Wettbewerb soll ab Herbst ein Investor gesucht werden. Die Pläne sind in der Stadt bekannt. Es gibt keine Pläne, die Bürger entscheiden zu lassen und keine Initiative die darauf drängt, an den Planungen beteiligt zu werden. Für Kratzsch istdas Einkaufszentrum notwendig, um die Innenstadt


Das Heliosgelände in Köln-Ehrenfeld ist ein typisch postindustrielles Großstadtareal mit rudimentär erhaltenen Blockrändern und einer wilden Nutzungsmischung von Gewerbe bis Kultur (siehe Projekt 10). An der Venloer Straße klafft eine Lücke, die lediglich vom Imbiss-Häuschen Kebapland besetzt ist und ansonsten als Parkplatz-Zufahrt dient. Hinter dem Imbiss erstreckt sich entlang der Autostellplätze eine Betonmauer mit einem verwahrlosten Grünstreifen, auf dem zwei Buchen ein recht trauriges Dasein fristen. Die plan-Veranstalter haben das Team von atelier le balto gebeten, dem kleinen Stück Stadtgrün exemplarisch die in ihm steckende Raum- und Aufenthaltsqualität zu entlocken. Für die Situation auf dem Helios-Parkplatz hat sich das atelier le balto Folgendes überlegt: Da sich das Gelände wie das gesamte Quartier in einem grundlegenden Veränderungsprozess befindet, sollen anhand dieses kleinen Abschnitts zukünftige Entwicklungspotenziale gezeigt und erfahr-

bar gemacht werden, bedeutende Qualitätssteigerungen, die durch relativ einfache Maßnahmen erzielt werden können. Die beiden Bäume bieten zusammen mit der geradezu skulptural wirkenden Mauer eine gute Ausgangsbasis. Den Wurzeln wird mehr Platz und gelockerter Boden, den Fußgängern ein angenehmer, von Sitzgelegenheiten begleiteter Weg verschafft. Der Projekttitel Pflücksituation bezieht sich auf den erst kürzlich eingerichteten Pflückgarten im Park des Ludwig Forums und verweist auf das, was es in Köln-Ehrenfeld womöglich alles zu „pflücken“ gäbe: „Wir laden die Anwohner und Passanten ein, hinter dem kleinen Imbiss zu flanieren, nachzudenken und dabei Ideen zu pflücken für die Bewahrung der lebendigen Identität des Viertels! Wie wäre es, wenn dort ein richtiger Platz oder ein Garten entstünde, eine schöne Verbindung zwischen dem S-Bahnhof und den Flächen des Helios-Areals? Oder wollen wir dort wirklich lieber Autos parken?“

attraktiv zu halten. Denn die Stadt hätte in den 60er Jahren einen Fehler begangen: „Damals wurde mit dem Ruhrpark ein sehr großes Einkaufszentrum auf der grünen Wiese gebaut, das heute Kaufkraft bindet, die wir in der Innenstadt wollen.“ Und gegen Einkaufszentren helfen nur Einkaufszentren, denkt man in Bochum. Die Bürger scheint das alles nicht zu interessieren.

Foto: www.plan-project.com

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Köln Ehrenfeld Zwischen Kult, Trash und Trend: Lange Zeit war Köln-Ehrenfeld ein Arbeiterquartier: Die Mieten waren preiswert und in die Häuser wurden Jahrzehntelang kein Geld investiert. Ab den 60er Jahren verließen die Deutschen das Viertel und zogen an den Stadrand. Ausländer übernahmen ihre Wohnungen, eröffneten Dönerbuden und Gemüseläden und in den 80er entdeckten die Studenten das Viertel. Die blieben auch nach Ende des Studiums, eröffneten Clubs und Cafés, Ehrenfeld wurde schick. Bis zu diesem Punkt klingt die Geschichte von Köln-Ehrenfeld so ziemlich wie die des Prenzlauer Bergs in Berlin, des Frankfurter Westends oder des Schanzenviertels in Hamburg. Doch diesen weg will man in KölnEhrenfeld nicht gehen. Nicht die Einwohner des Quartiers und auch nicht die Politik. Ein alteingessessener Kölner sagt: „Wir wollen

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Foto 1-6: © Ulrike Märkel


es hier bunt haben, ein Stadtteil für alle.. Ehrenfeld soll aber nicht eine SchickiMicki-Bleibe werden.” “In Köln wird keine Gruppe verdrängt oder alte Bausubstanz abgerissen. Köln ist bekannt für seine Vielfalt und Buntheit, das gilt auch für Ehrenfeld“, beschreibt Kölns Planungsdezernent Bernd Streitberger den Kurs der Stadt.

deren Seite des Bahndamms im Club Bahnhof Ehrenfeld hat man das Gefühl, im Hausbesetzer-Berlin der 8oer Jahre zu sein. Punks wie Otto verkehren hier, trinken ihr Gaffel-Kölsch aus der Flasche und genießen auf alten Holzbänken die noch immer warme Spätsommersonne. „Ehrenfeld ist entspannt und das hat sich auch noch nicht geändert.“

Und Andreas Lemke von der im Stadtrat vertretenen Liste Deine Freunde sieht ebenfalls keinen Grund zur Panik: „Köln ist nicht München oder Hamburg. Als vor zwanzig Jahren die ersten Studenten ins Ehrenfeld zogen, gab es viel Leerstand. Das ist allmählich vorbei. Heute findet man hier auf der Venloer Straße den Discounter neben der Boutique. Die Mischung stimmt, es gab und gibt keine Verdrängung.“

Otto hofft, dass das so bleibt, ist aber skeptisch: „In den vergangenen Jahren sind die Mieten hier schon deutlich gestiegen und auch die kleinen Läden haben es schon schwerer als früher, aber noch geht es – und vor allem: Im Viertel sind sich alle einig darin, dass es hier nicht so werden soll wie in Berlin oder München.“ Und davon ist Ehrenfeld auch noch sehr weit entfernt. An der Venloer Straße, dem Zentrum des Viertels, spürt man die die Lebendigkeit des Viertels.

»Ehrenfeld soll nicht eine Schicki-MickiBleibe werden.« Die Mischung macht den Charme Ehrenfelds aus. Ehrenfeld lebt das Motto der Stadt. „Jeder Jeck is anners“ und die unterschiedlichsten Jecken finden hier ihren Platz. Da ist das schöne Literatur-Café von Ursula Hennig an der Glasstraße: Selbstgemachter Kuchen im Büffet und Bücherregale an den Wänden. „Unsere Gäste“, sagt Henning, „sind sicher nicht die alteingesessenen Ehrenfelder. Viele wohnen noch nicht lange hier, fühlen sich aber sehr wohl. Mir geht es ja auch nicht anders.“ Erst ein halbes Jahr nach der Eröffnung 2008 zog sie in eine Wohnung über das Café. Nur hundert Meter weiter, auf der an-

Klar, ab und an gibt es schon einen Bioladen und ein Café in dem die Kellner wissen was ein Latte-Macchiato mit Soja ist, aber das sind zum Glück noch Ausnahmen, kleine Inseln der Gentrifizierung in einem bunten Meer der Vielsprachigkeit: Dönerbuden, Thai-Imbisse, Supermärkte, auch der preiswerten Kategorie, kleine Schneiderläden, ja, auch Boutiquen, aber noch nicht zu viele. Ehrenfeld mag man auf den ersten Blick. Ein Stadtteil in dem man leben möchte weil die Menschen hier ein Leben leben, das man leben möchte: humorvoll, unprätentiös, kreativ, entspannt, mutig und tolerant und mit dem nötigen Maß an freundlicher Gleichgültigkeit, der die Nähe unter den Menschen in einer Großstadt erst erträglich macht. In disem Sinne ist dieser Stadtteil tatsächlich serh kölsch. sl

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RHENANIA KUNST HAUS

50 Künstler aus unterschiedlichen Ländern arbeiten nebeneinander und miteinander. Fotografie, Film, Malerei, Medienkunst, Musik, Literatur, Performance, Skulptur, Tanz und Theater entwickeln sich unter einem Dach. Das selbstverwaltete Kunsthaus Rhenania entstand als eine Plattform mit mehreren Ver- anstaltungsräumen als das Rheingauquartier entwicklet wurde: Ein Pioneer in dem neuen Stadtentwicklungskonzept. In der zentralen Halle im Erdgeschoss finden Ausstellungen, Konzerte, Tanz- und Theaterprojekte statt. Die interdisziplinären Projekte vernetzen sich nach allen Seiten: Kunsthaus Rhenania bietet Raum

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für Veranstaltungen wie „Offene Ateliers“, „Lange Nacht der Museen“, „Instant Music Club“ oder „tanz hautnah“, die Akzente in der Kölner Kulturlandschaft setzen. Doch nicht nur vor Ort geht man gern über Grenzen: Die Zusammenarbeit mit der regionalen Kunstszene wird durch internationale Kontakte ergänzt. Ein Auftakt war die Ausstellung „Barcelona trifft Köln“ - daraus enststand eine langfristige Kooperation mit dem Künstlerjaus Barcelona. Mit Künstlern aus dem niederländischen Brabant wird das Konzept fortgesetzt und im Jahr 2015 ist eine Gemeinschaftsausstellung mit Pariser Künstlern angedacht. um


Foto: Copyright Evamaria Schaller

Internationales Tanzfestival Kunsthaus Rhenania 12. - 15. Dezember 2014 urbanaffairs//87


kreativ. in köln Ob TV-Produktion, Gallerien, Games-Industrie oder Buchverlage: Köln gehört zu den Top-Standorten der viel zitierten Kunst- und Kreativwirtschaft in Deutschland. Die Kreativwirtschaft gilt vielen Städten als entscheidende Zukunftsbranche, die Prestige und attraktive Jobs verspricht. Dutzende Städte träumen von einer Branche, deren Hippnessfaktor oft höher ist als ihr Umsatz. Sie wären gerne wie – Köln. Neben Hamburg und Berlin gehört Köln zu den Städten in Deutschland, in denen die Kreativiwirtschaft die wichtigste Rolle spielt. Im Gegensatz zu Berlin wird in Köln aller-dings richtiges Geld verdient. Hier ist man vielleicht nicht ganz so sexy wie Berlin, allerdings auch alles andere als arm: 16.500 Unternehmen erwirtschaften in Köln unter anderem mit Filmen, Büchern, Zeit-schriften und Computerspielen einen Umsatz von über 11 Milliarden Euro. 57.400 sozialversicherungspflichte Beschäftigte hat die Branche in der Stadt am Rhein. Dazu kommen tausende von Freiberuflern die als Cutter, Drehbuchautoren oder Designer ihr Geld verdienen. Carola Niemann zog beruflich von Düsseldorf nach Köln. Niemann ist Inhaberin einer TV-Produktionsfirma. Sie arbeitet vor allem für den WDR, aber auch für Arte und Phoenix: „Es gibt hier mehr Talent als in jeder anderen Stadt die ich kenne, Berlin eingeschlossen. In Berlin wimmelt es zwar vor Programmierern, Cuttern, Kameraleuten und Autoren – aber viele von ihnen haben ein Problem: Sie sind nicht regelmäßig beschäftig, ihnen fehlt die Routine, sie sind zu langsam.“ Die Szene in Köln sei deutlich professioneller. „Hier kann man Projekte entwickeln in einer neuen Qualität entwickeln. Für ein neues Projekt brauchte ich die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Schauspielern, Drehbuchautoren, Web 2.0 Experten und Programmierern, um eine Geschichte sowohl im TV als auch parallel dazu im Internet zu erzählen. Das Team stand nach drei Tagen und aus diesen Kontakten entwickeln sich immer neue Ideen.“ Sender wie der WDR und RTL sind für die Fernsehbranche die wichtigsten Auftraggeber. Im Schatten der beiden großen Sender

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haben sich zahlreiche TV-Produktionen angesiedelt. Sie nutzen die Studios im Colloneum, wo mittlerweile auch internationale Spielfime produziert werden oder aber die TV-Studios im Kölner Vorort Hürth, wo ein großer Teil des Trash-Fernsehens entsteht. Doch es gibt nicht nur Film und Fernsehen in Köln. Die Stadt ist ein bedeutender Verlagsstandort. Hier hat mit DuMont-Schauberg eines der größten und ältesten deutschen Verlagshäuser seinen Sitz – ein Familienunternehmen, geführt in der 12. Generation. Tageszeitungen wie der Kölner Stadtanzeiger, aber auch die Frankfurter Rundschau und die Berliner Zeitung gehören ebenso zu DuMont wie zahlreiche Radiostationen. Buchverlage wie Kiepenheuer & Witsch und die Verlagsgruppe Lübbe (Bastei-Lübbe), machen die Stadt auch zu einem wichtigen Literaturstandort. Und dann ist da noch die ArtCologne. Sie wurde 1967 gegründet und ist die älteste Kunstmesse der Welt. Weit über 60.000 Besucher kamen im April in die Messehallen nach Deutz. Sie sahen das Angebot von renommierten Galerien wie Thaddaeus Ropac (Paris/ Salzburg), David Zwirner (New York)und Ben Brown Fine Arts (Hong Kong) und Werke von Künstlern wie Emil Nolde, Jonathan Meese oder Neo Rauch. “Eine Messe, an der keiner vorbei kann”, titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung, ein Urteil, das von Galeristen und Besuchern der ART COLOGNE 2012 offensichtlich geteilt wurde. Zum Abschluss des 46. Internationalen Kunstmarkts in Köln zogen Veranstalter wie Aussteller eine durchweg positive Bilanz. Vor allem die Qualität des Angebotes überzeugte das fachkundige und kauffreudige Publikum in Köln. Es ist die Spanne die von Fernsehsendern bis Microsoft, von Galerien bis zu Verlagen reicht, die Köln zu einem attraktiven und kreativen Standort macht – und mehr als das: Zu einem Standort, an dem auch Geld mit Kreativität Geld verdient wird. sl


Foto 1-3: © Ulrike Märkel

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köln total köln heisst sich wohlfühlen,das Sagt stefanRaab. Der Entertainer und Köln gehören einfach ganz fest zusammen.

Urban Affairs: In Köln geboren, in Köln gelernt und hier Karriere gemacht... //////////////////////////////////// Stefan Raab: Ein Weg, der zeigt, dass Köln eine Stadt ist, die Künstlern ein einzigartiges Umfeld bietet. In Hamburg oder Berlin wäre alles ganz anders gekommen? Sicher weiß ich das natürlich nicht, aber Köln hat nicht nur eine sehr besondere Atmosphäre, es hat auch sehr gute Bedingungen für Entertainer und Künstler. Ich begann meine Laufbahn bei Viva und wollte denen ein paar selbstkomponierte Jingles verkaufen. Ich hab damals nicht größer nachgedacht, mich einfach in den Wagen gesetzt und bin da hin gefahren. Der Weg hat gerade einmal 10 Minuten gedauert. Kann sein das ich mich nicht getraut hätte das zu bringen, wenn ich drei Stunden von Bielefeld aus nach Köln gebraucht hätte. Hat Köln für Sie eine besondere Atmosphäre, die sie von anderen Cities unterscheidet? Natürlich. Auf der einen Seite ist Köln nach Innen auf positive Weise provinziell, aber es ist eine Medien-

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und Kunststadt mit einer zum Teil sogar internationalen Ausstrahlung. Wir haben hier eine gute Schauspielschule, es gibt eine Medien-FH, Köln ist einer der wichtigsten Kunstmärkte Europas, es gibt hier hervorragende Theater – sowohl privat, städtisch als auch im Off-Bereich. Und dann natürlich mit RTL und dem WDR zwei große Fernsehsender und in ihrem Windschatten Film- und TV-Produktionsgesellschaften. Vom Kellertheater bis zur internationalen Filmproduktion bietet Köln viele Möglichkeiten.

Und das schafft eine Atmosphäre die dazu führt, das ein Metzgergeselle wie ich sich dachte – ich versuch es einfach mal. Denn Medien und Kultur gehören in Köln zum Alttag. Sie haben nichts einschüchterndes. Wer ein paar Mal TV-Stars betrunken an der Theke gesehen hat denkt sich schnell mal: Das kann ich auch. Und dann merkt er: Ich kann es wirklich. Hatten sie nie Selbstzweifel? Raab: Wenn ich welche hätte, würde ich es ihnen nicht bestimmt nicht sagen. Ich gehe nicht intellektuell an meine Arbeit. Auf die Idee zu „Absolute Mehrheit“ kam ich, weil mich die ganzen Polit-Talkshows langweilten. Alles saßen herum, sagten vorgefertigten Sätze und es gab nie einen Gewinner oder einen Verlierer. Warum, dachte ich mir, sollten die sich auch anstrengen. Es geht ja um nichts. Bei Ihnen schon... Wer gewinnt räumt 100.000 Euro ab. Das ist schon mal was, dafür kann man sich auch anstrengen. Und genau solche Idee kommen einem in Köln schneller als in anderen Städten. Weil Kölner geldgieriger als Münchener und Hamburger sind? Nein, weil sie als Medienmacher, Künstler und Entertainer in Köln nicht in einer Blase leben. Hier treffen sie die ganz normalen Menschen beim Bäcker, im Supermarkt, im Café oder in der Kneipe. In Köln


kommen sie mit ihnen ins Gespräch. Die sagen ihnen, was sie von ihren Sendungen halten und die sagen ihnen auch, was sie von den Sendungen der Kollegen halten. Und dann denke ich darüber und bekomme manchmal eine gute Idee. Wie „Absolute Mehrheit“. Oder andere Sendungen. Auf die Idee mit der Meisterschaft im Turmspringen kam ich, als ich zwei Männern beim Bäcker zuhörte, die sich über die Olympiade unterhielten. Einer sagte „Von som blöden Turm kann jeder springen“. Ja, dachte ich mir, das stimmt. Unten kommen sie alle an und es macht viel mehr Spaß, sich komische Sprünge anzuschauen wie perfekte. Und, haben Sie schon neue Ideen in der Pipeline? Ja, aber die sind noch nicht spruchreif. Es reicht ja nicht, nur eine Idee zu haben. Ich muss ja auch noch andere von ihr begeistern können – keine will ja sehen, wie ich einen ganzen Abend lang alleine von einem Turm springe. Da müssen ja noch welche mitmachen …

Biografie Stefan Raab wurde 1966 in Köln-Sülz geboren. Seine Eltern hatten eine Metzgerei, in der Raab auch nach seinem Abitur eine Lehre absolvierte. Raab studierte fünf Semester Jura in Köln. 1990 machte er sich selbstständig und produzierte Jingles und kurze Spots für das ARD-Morgenmagazin und verschiedene Talk-Shows. Ab 1993 arbeitete er als Moderator bei Viva, wechselte dann 1999 zu Pro7. Er entwickelte dort eigene Musikshows, machte den Gran Prix wieder sehenswert und erfand Sportsendungen wie die Wok-WM. Im November 2012 startete seine erfolgreiche PolitTalkshow „Absolute Mehrheit”.

Video Sendung #2068 am 01.10.2014

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mietkompass Südstadt

Belgisches Viertel

Seit den 80er Jahren wohnt die Szene in der Südstadt. Das ehemalige Arbeiterquartier war schon lange bevor es das Wort gab gentrifiziert. In „Südstadt“ von BAP wurde die Entwicklung schon in den frühen 80ern besungen. Heute ist die Südstadt ein Altbauquartier mit Cafés und Restaurants und gehört zu den begehrtesten Quartieren der ganzen Stadt.

Lange Zeit war das Belgische Viertel das Szenequartier schlechthin. Kneipen wir das Halmackenreuter, Haus Schmitz und Clubs wie das Subway zogen die Nachtschwärmer an. Seitdem immer mehr gut betuchte Familien ist das Altbauquartier gezogen sind, führt das zu Konflikten – man mag es heute lieber ruhiger und ökologischer, die Szene zieht weiter.

ETW Altbau 1.500 – 3.600 Euro / qm ETW Neubau 2.900 – 4.200 Euro / qm Miete Neubau 8.50 – 17.00 Euro / qm Miete Altbau 9,50 – 18.00 Euro / qm

Lindenthal Nahe dem Stadtwald und dem ganz Köln umschließenden äußeren Grüngürtel beginnt Lindenthal. Hier bestimmen Villen, Doppelhaushälften und von großen Gärten umgebene Mehrfamilienhäuser das Bild. Es ist ruhig, fast behäbig und ein wenig langweilig. Richtung Innenstadt wird Lindenthal urbaner, großstädtischer, bleibt aber ein Stadtteil mit hoher Wohnqualität, der interessant ist. ETW Altbau 2.500 – 4.800 Euro / qm ETW Neubau 300 – 6.900 Euro / qm Miete Neubau 8.00 -18.00 Euro / qm Miete Altbau 10.00 – 22.00 Euro / qm

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ETW Altbau 2.000 – 4.200 Euro / qm ETW Neubau 3.000 – 6.000 Euro / qm Miete Neubau 9.50 – 20.00 Euro / qm Miete Altbau 12.00 – 18.00 Euro / qm

Severinsviertel Das Severinsviertel gehört zur Kölner Altstadt und ist fast 1000 Jahre alt. Das spürt man in den noch verbliebenen, alten und engen Gassen, das sieht man den kleinen und manchmal schiefen Häusern an. Das alles strahlt vor allem Gemütlichkeit aus. Im Severinsviertel ist Köln ganz bei sich. Und das ist sehr, sehr schön... Das Viertel ist serh belibet und die Wohnungssuche gerät zunehmend zum Glücksspiel. ETW Altbau 1.400 – 3.500 Euro / qm ETW Neubau 2800 – 3900 Euro / qm Miete Neubau 9.50 – 15.00 Euro / qm Miete Altbau 7.50 – 18.00Euro / qm


Ehrenfeld Ehrenfeld ist im Moment sicher das spannendste Quartier Kölns – ein Viertel im Umbruch. Arbeiterfamilien leben neben Studenten und trotz des steigenden Anteils gutsituierter Akademiker konnte Ehrenfeld bislang seinen Charme und seine Ursprünglichkeite bewahren.

Einfamilienhaus Altbau 200.000 – 450.000 Euro / qm ETW Altbau 1.100 – 2.400 Euro / qm Miete Neubau 8.00 – 15.00 Euro / qm Miete Altbau 6.50 – 13.00 Euro / qm

ETW Altbau 1.700 – 3.000 Euro / qm ETW Neubau 2.500 – 3.2000 Euro / qm Miete Neubau 8.50 – 18.00 Euro / qm Miete Altbau 7.50 – 17.00 8.50 – 18.00 Euro / qm

Sülz

Nippes

ETW Altbau 2.000 – 3.500 Euro / qm ETW Neubau 3.000 – 4.700 Euro / qm Miete Neubau 9.30 – 14.00 Euro / qm Miete Altbau 8.50 – 15.00 Euro / qm

Nippes ist ein ausgesprochen Stadtteil zum wohlfühlen. Ob junge Familien oder Studenten – die Preis sind bezahlbar, der Stadtteil mit seinen vielen Altbauten hat ein urbanes Flair, das Schulangebot ist gut und wer Abends noch raus will hat die Wahl zwischen der Kulturkirche mit ihrem hervorragenden Konzerangebot und der Kuen-Kneipe in der Kuenstraße. ETW Altbau 1.500 – 3.000 Euro / qm ETW Neubau 2200 – 3000 Euro / qm Miete Neubau 8.00 – 12.00 Euro / qm Miete Altbau 7.50 – 13.00 Euro / qm

Mühlheim Köln boomt – und so gewinnen auch die Stadtteile auf der Schäl Sick, der scheelen, falschen Seite des Rheins an Bedeutung. Mülheim gehört zu den Vierteln, die davon profitieren. Das traditionelle Arbeiterquartier bietet bezahlbare Mieten und hat sich zu einem Quartier für Studenten und junge Kreative zu entwickeln. Dank dem gut ausgebauten Stadt- und U-Bahn-Netz ist man in wenigen Minuten in der Innenstadt ist.

Bioläden, Cafés, Mütter mit teuren Kinderwagen, verkehrsberuhigte Zonen – das ist Sülz. Das Viertel nahe der Kölner Universität ist das Ökoquartier Kölns. Ideal für Familien, die sich die hohen Mieten leisten können und viel Zeit mitbringen, denn Sülz ist beliebt. Hier sucht man mehrere Monate nach einer Wohnung.

Rheinauhafen Kaum ein Kölner Stadtteil hat sich in den vergangenen Jahren so stark verändert wie das Quartier rund um den Rheinauhafen. Das Schokoloadenmuseum, die Büros von Microsoft, die renovierten alten Speicherhäuser und vor allem die drei spektakulären Kranhäuser haben das Viertel aufgewertet. Wer es sich leisten kann wohnt hier, den Rhein vor Augen und fast im Schatten des Doms. ETW Altbau 4500 – 7000 Euro / qm ETW Neubau 5.000 – 7.000 Euro / qm Miete Neubau 12.00 – 21.00 Euro / qm Miete Altbau 9.50 – 20.00 Euro / qm

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Licht aus - Spot a Illja Richters legenderer Spruch “Licht aus – Spot an!” in der 80er Jahre Kultsendung Disco wird möglicherweise bald in zahlreichen Diskotheken nicht mehr gelten. Viele befürchten, dass mit der Einführung des neuen Tarifsystem 2013 das große Clubsterben beginnt. Neu ist die Berechnungsgrundlage der GEMA-Tarife allein nach Grundfläche und Eintrittsgeld. Bei kleineren Clubs mit ca.100 qm könnten sich die Gebühren durch die pauschalisierte Berechnung um ein Vielfaches erhöhen. Der Konflikte führte Anfang September zu bundesweiten Demonstrationen unter anderem in Berlin, Frankfurt, Dortmund, Stuttgart und Leipzig. Die Unterstützerzahl der Petition gegen die neuen GEMATarife wird in den nächsten Tagen die 300.000-Marke überschreiten. Da die GEMA mit hervorragenden Geschäftszahlen und einem Ertrag von 825,5 Millionen Euro im bei Jahresabschluss 2011 glänzen konnte, ist die Gebührenerhöhung für viele nicht nachvollziehbar. Auch die hohen Verwaltungskosten und satten Jahresgehälter der Vorstände, die bei 501.000 Euro für den Vorsitzenden Harald Heker, 338 000 Euro für Rainer Hilpert und immerhin noch 289.000 Euro für den dritten Vorstandschef liegen, sorgen auch angesichts

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der eigenen erwarteten G ewinn s c hmä le r un g für Unmut. Kämpft also gerade David gegen den Riesen Goliath? Darüber, dass der TarifDinosaurier aus der Zeit als noch Peter Kraus Teenieherzen eroberte und Pet ticoats der letzte Schrei waren, reformiert werden sollte, herrscht Einigkeit. Dennoch stehen sich zur Zeit zwei Fronten im Moment ziemlich unversöhnlich gegenüber. Die viel zu emotional geführte Debatte und die Vorwürfe der Diskothekenbesitzer an die GEMA ein „Clubvernichter“ zu sein, kann Gaby Schilcher, Fachreferentin bei der GEMA Generaldirektion in München, nicht ganz verstehen. Gerade die intensiven Musiknutzer seien bisher mit lächerlich kleinen Beiträgen von teilweise nur 20 – 30 Euro pro Nacht an den Ausschüttungen an die Urheber beteiligt. Für die Clubs, die sich mit der pauschalisierten Abrechnung überfordert fühlen würden, gibt es bereits eine Lösung: Jeder könne, wenn er individuell abgerechnet werden möchte, die „Kasse öffnen“ und eine Angemessenheitsprüfung machen. Auch die Kritik, dass man Urheber ungleich behandele, möchte sie so nicht stehen lassen: „Wir bilden nur den Musikmarkt ab. Wer viel gespielt wird, also kommerziell erfolgreiche Musik macht, verdient eben auch mehr. Wir sehen da keine Gerechtig-


aus! keitslücke, denn wir entscheiden nicht darüber, was der Konsument wertschätzt und welche Musik er hören möchte.“ Die Behauptung, dass nur einige wenige Künstler den Bärenanteil unter sich aufteilen würden und nur etwa 5% der ordentlichen GEMAMitglieder 60% der Ausschüttungen angeblich erhalten sollen, verweist Schilcher ins Reich der Märchen. Denn im Grunde sei die GEMA eine Verwertungsgesellschaft, die die Urheberrechte ihrer Mitglieder wahrnimmt und die aus den Urheberwerken erzielten Erträge weiterreicht. Das Verteilungssystem, das nun mit zwei Tarifen endlich übersichtlicher und transparenter werden soll, verfährt nach einem einfachen Prinzip: „Die Nutzungsmeldung kommt bei der GEMA rein und das Geld geht 1:1 an den Urheber wieder raus.“ Daran ist aus Schilchers Sicht nichts Schlechtes zu entdecken, im Gegenteil – man handele im Sinne der Komponisten, Musikverleger und Textautoren und schütze deren geistiges Eigentum. Kurz gesagt: Man erfülle die gesetzliche Verpflichtung, die durch das Urheberrecht und das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz gedeckt ist.

Das Clubsterben beginnt bald Doch andere sehen das nicht ganz so lässig. Für sie ist die Existenz von fast 50 % der Clubs durch das neue System bedroht. Till Hoppe ist geschäftsführender Gesellschafter der Panurama GmbH und Betreiber des Musik- und Konzertveranstaltungsortes FZW in Dortmund. Nachdem der umtriebige Gastronom bereits erfolgreich auf dem ehemaligen Thier-Gelände verschiedenen Diskotheken betrieben hatte, eröffnete er 2010 den beliebten Club VIEW im Dortmunder U-Turm. Er findet das neue Tarifsystem mit der Berechnung nach Quadrat-

metern, völlig unabhängig von der Anzahl der Besucher, nicht optimal. An schlecht laufenden Tagen zum Beispiel unter der Woche, müsse man ohnehin Verluste verkraften – doch ungeachtet dessen kassiere die GEMA ungerechterweise pauschal ab. “Allein bei unseren relativ wenigen Öffnungstagen verfünffacht sich die GEMA-Zahllast für uns. Das ist in der heutigen Zeit kaum zu stemmen, wenn man ein hoch-wertiges Programm mit exzellenten Künstlern, VJs und DJs anbieten möchte. Wir werden alles daran setzen, dass die bereits um einige Monate nach hinten verzögerte Reform gestoppt wird.“ Kein Zufall also, dass im RUBY im Dortmunder U das ebenfalls zur Panurama GmbH gehört, vor drei Monaten ein bundesweites GEMA-Meeting stattfand – mit großer Resonanz bei den Teilnehmern und der Presse. Noch am Tag des Treffens wurde ein NRW-weiter Verband, das Network: Initiative für Club & Kultur e.V. (NICK), als Interessenverband gegründet.

Kassenschlager oder One-day-Hit Prof. Christian Bruhn war fast zwei Jahrzehnte lang Aufsichtsratsvorsitzender der GEMA und bis 2007 Präsident der CISAC, der Dachorganisation der Urheberrechtsgesellschaften. Er ist Komponist zahlreicher Hits von Stars wie Katja Ebstein und Mireille Mathieu und Produzent u.a. von Film- und Fernsehmusik und Musicals. Mindestens acht Millionenseller stammen aus seiner Feder. Fast jeder kann seine berühmten Kassenschlager mitsummen, ob Zwei kleine Italiener, Marmor, Stein und Eisen bricht oder Ein bisschen Spaß muss sein. Bei der aktuellen GEMA-Diskussion hört für Bruhn jedoch der Spaß auf. Er hält die Forderung der GEMA, die stellvertretend für die Komponisten, Textdichter und Musikverleger weltweit handelt, für berechtigt. Denn es handele es sich bei den Gebühren, die an die Urheber ausgeschüttet werden, lediglich um 10% vom Eintrittsgeld. Das sei durchaus angemessen, vor allem bei Veranstaltungen, bei denen die Musik die Hauptrolle spielt, wie z.B.

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in Diskotheken. Bruhn schätzt, dass das Eintrittsgeld ca. 20% vom Gesamtumsatz einer Diskothek beträgt und macht eine einfache Rechnung auf: Wenn nun ein Diskothekenbesitzer behauptet, er solle nunmehr € 100.000 Euro an GEMA-Gebühren zahlen, dann sind das 10% von einer Million Euro Eintrittsgeld. Sein Gesamt-Umsatz beträgt demnach 5.000.000 Euro. Er fragt sich: „Sind dann die 100.000 (ein Fünfzigstel vom Gesamtumsatz) zuviel für die Geschäftsgrundlage Musik in der Disco? Gewiss nicht!“ Für ihn verbirgt sich hinter dem Unmut eine NehmerMentalität: „Das E-Werk liefert den Strom nicht zum Nulltarif (auch nicht an Diskotheken), beim Bäcker gibt es keine Brötchen gratis, und Freibier wird ebenfalls höchst selten ausgeschenkt. Nur die Musik – die soll eigentlich umsonst sein. Wenn ich das Produkt eines Dritten für mein Geschäftsmodell benötige und nur Geld verdiene, wenn ich dieses Produkt nutze, dann muss ich den Preis zahlen, den dieses Produkt nun einmal wert ist. Sonst muss ich auf dieses Produkt verzichten.“

Hoppe sieht das anders und fordert keineswegs Freibier, nur bezahlbar solle es sein. Denn die Mehrbelastung, die teilweise die Gewinne übertreffen würde, könnten gerade kleinere Clubs nicht verkraften. Die einzige Möglichkeit, die zu erwartenden Verluste auszugleichen, wäre dann die Umverteilung zu Lasten der Gäste: Eintrittspreise und Getränkepreise müssten in Zukunft höher angesetzt werden. Und selbst dabei gibt es gerade in den Ruhrgebiets-Städten eindeutig Grenzen. „Die Leute zahlen hier nicht so hohe Preise und bleiben dann im Zweifelsfall lieber zu Hause. Schließlich sind wir nicht in München oder Düsseldorf und erst recht nicht Ibiza oder London.“ Hoppe vermutet, dass die Tariferhöhung, wenn sie in dieser Form bestehen bleibt, die Existenz der Mehrheit der Dortmunder Nightlife-Unternehmer zerstören wird – daher gehe man aktiv dagegen vor. Er baut

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auf die Anknüpfung an den Konzerttarif der GEMA, der mit einem fairen Faktor für Clubs und Diskotheken verknüpft werden sollte. Man kann hoffen, das Hoppe mit diesem Vorschlag auf offene Ohren stösst, denn die GEMA sieht die Lösung des Konfliktes in weiteren Verhandlungen mit einzelnen Verbänden. Für sie ist das die Chance, aus dem Gesprächspatt mit der Bundesvereinigung der Musikveranstalter e.V. (in der zahlreiche Interessengruppen wie z.B. die DEHOGA, und der BDT vertreten sind) herauszukommen. Mit Erfolg wurde bereits eine Einigung mit den Karnevalsverbänden und den Schützenverbänden erzielt, die sich praktisch mit eigenen Verhandlungen vom gesprächsunwilligen „Mutterverband“ gelöst haben. Jüngstes Beispiel sind die Gespräche mit dem Verband der Musikspielstätten in Deutschland (LiveKomm), die laut aller Beteiligten konstruktiv waren. Und Gaby Schilcher versichert noch mal zum Schluss: „ Wir reden mit allen Verbänden!“

Gesprächfallen Die Haltung der DiskotDoch genau dieses Gesprächsangebot der GEMA ruft Kritik auf den Plan. Man befürchtet durch das Herauslösen einzelner Gesprächspartner an gemeinsamer Schlagkraft zu verlieren. Stefan Deeken, Gründer des “ClubMeeting“ und treibende Kraft bei der Neugründung des NRWVerbandes Network: Initiative für Club & Kultur e.V. sieht darin den Versuch der GEMA, die verschiedenen Interessengruppen gegeneinander auszuspielen: „Diese Taktik ist durchsichtig. Es werden zwar kleine Zugeständnisse z.B. an die Karnevalsvereine gemacht, aber in Wahrheit verteilt die GEMA kleine Beruhigungspillen an Einzelne, anstatt mit allen Beteiligten eine tragfähige und gerechte Lösung in gemeinsamen Gesprächen zu erarbeiten.“ Die Betonung liegt dabei auch auf „alle Verbände“, Deeken besteht darauf, dass man sich nicht teilen lässt – man kooperiere ohnehin seit einigen Jahren eng und werde sich nur zusammen an den Verhandlungstisch setzen. Daher ist eine der Forderungen an die GEMA, alle Interessen-Verbände der Diskotheken- und Clubbesitzer, also LiveKomm, die Clubkommission Berlin, den Münchner VDMK und die Network: Initiative für Club & Kultur e.V. (NICK), zu Gesprächen einzuladen. Verhandeln wolle man, weil das neue Tarifsystem kein großer Wurf sei. Es gehe weder auf die unterschiedlichen Bedürfnisse noch auf die individuellen Anforderungen der einzelnen Veranstalter ein. „Wir wehren uns entschieden dagegen, dass alle – vom Stehimbiss bis zur Großraumdisko – über einen Kamm geschoren werden. Und auch bei den Urhebern sehen


sich gegenüber.“ Das hat nichts mit vernünftigen Verhandeln zutun. In der Diskussion geht es doch längst mehr um den Erhalt künstlerischen Gutes oder um das Urheberrecht – man hört nur noch das Säbelrasseln der zerstrittenen Parteien. Wir Musikclubs sehen uns durch die DEHOGA jedenfalls nicht vertreten – wir sind Kulturbetriebe und haben keine Lust die Sau zu sein die man durchs Dorf treibt, nur weil das gerade manchen Leuten so prächtig ins Konzept passt!“ Schölermann sieht des Rätsels Lösung in einer Regelung, die für alle gleich ist. Unabhängig davon, ob 3-5% des Türum satzes oder eine Pauschale berechnet wird. wir Unterschiede: Künstler aus den 80iger Jahren erhalten noch heute mehr Tantieme als DJ’s aus diesem Jahrhundert. Gar nicht davon zu sprechen, was kleine Künstler – egal ob DJ oder Band, erhalten. Was soll denn daran gerecht sein?“

Kunst versus Kommerz Die Haltung der Diskothekenbesitzer kann Karsten Schölermann, Inhaber des legendären Hamburger Livemusikclubs KNUST und 1.Vorsitzender der LiveKomm, nicht nachvollziehen. Er wehrt sich dagegen, als Musikclubinhaber von den Diskothekenbesitzern in Protest gegen das neue Tarifsystem hinein gezogen zu werden. Denn schließlich unterscheide man sich in Konzept und Ausrichtung deutlich voneinander. „Wir transportieren künstlerische Inhalte und wollen nicht in der Debatte von Großraumdiskothekenbesitzer angesichts der Sorge um den kommerziellen Gewinnen, missbraucht werden. Denn dann muss man zunächst einmal überlegen, wo der Club aufhört und der Kommerz anfängt. Wir sehen uns an der Seite der Künstler und möchten die GEMA nicht als Gegner, sondern als Partner haben.” Tatsächlich führt man in der Livemusikclubszene schon immer Gespräche mit der GEMA und kämpft seit 20 – 30 Jahren für eine angemessene Tarifstruktur – aus Schölermanns Sicht müssen nun auch die Diskotheken entsprechend Verhandlungsgeschick, Schweiß und Spucke aufbringen, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Gar kein Verständnis hat er für das derzeitige “GEMA-Bashing”, das von der DEHOGA betrieben wird. Der deutsche Hotel- und Gaststättenverband habe sich auf einmal und völlig überraschend zum großen Interessenvertreter der Clubs in Deutschland berufen gefühlt. „Was im Moment von der DEHOGA und von der GEMA inszeniert wird, ähnelt einem Kriegszustand – zwei Betonbrüder stehen

Eine GEMA-Stiftung Für ihn ist ohnehin die Frage wesentlich interessanter, wo und für was die GEMA-Gewinne verwendet werden. Er wünscht sich eine Stiftung, in die die GEMA größere Summen investiert, um den musikalischen Nachwuchs zu fördern. Denn der werde meist in kleineren, nichtkommerziellen Szeneclubs entdeckt, die Newcomer würden aber häufig am Existenzminimum entlang hangeln oder einen ganz anderen Brotjob hat. „Die Musikvielfalt muss jenseits der GEMA-Diskussion gerade wegen der schwierigen Produktionsbedingungen der Künstler erhalten bleiben. Den Nachwuchs muss man nachhaltig fördern, wenn man nicht den Einheitsbrei der Charts haben will. Denn das, worum es eigentlich gehen sollte, ist doch – die Musik.“ Das Logo der GEMA zeigt das geflügelte Pferd Pegasos, Sinnbild für Kreativität und Dichtkunst. Im Moment scheint es aber so, dass sich das neue Tarifsystem als trojanisches Pferd für die Clubszene erweisen könnte. Niemand kann interessiert sein, dass sich die Vielfalt der Clublandschaft in DeutschDie Erträge aus Verwertungsrechten und land verringert und die Diskotheken, die nicht nur ein aus Vergütungsansprüchen betragen Wirtschaftsfaktor sind, sondern auch Arbeitplätze im Geschäftsjahr 2011 T€Euro schaffen in finanzielle Schieflagen geraten.802.316, Verhan- im dlungen undVorjahr individuell auf dies die jeweiligen Verans-Sie waren T Euro 841.864. taltungsartensetzen zugeschnittene Lösungen daher sich aus Erträge aus sind der Tonund dringend notwendig. Bildtontr ä-

Die GEMA in Zahlen

g e r i n d u s tr i e Inland, der Zentrallizenzier ung für das Ausland, aus dem Bereich Rundfunk und Fernsehen und aus Vergütungsansprüchen (Nachzahlungen) für PCurbanaffairs//97 Vergütungen zusammen.


Reiner Klang

Teuflisch Gut

Die Zeiten, in denen eine HiFi-Anlage und zahlreiche, liebe-voll gesammelten Tonträger wie Langspielplatten oder CDs zur Grundausstattung jeder Wohnung gehörte sind vorbei. Die Musik kommt heute aus dem Rechner oder dem MP3Player und in der Küche steht vielleicht noch ein kleines Radio. Doch nicht allen reicht der Schrumpfklang nicht aus. Für sie gibt es die Messe High End und weil die nur einmal im Jahr in München stattfindet geht die Messe auf Tour durch die Republik. Am 17. Und 18. November macht sie Halt in Hamburg. Zu sehen und zu hören gibt es HiFiAnlagen in einer Auswahl, die man heute nur noch selten findet. Fast alle sind sie dabei, die großen Weltmarke wie Pioneer und die kleinen Spezialisten und Edelschmieden wie Räke. Die Besucher können sich auf ein breites Spektrum unterschiedlicher Anlagen und Komponenten aller Preisklassen freuen, sowie auf alle aktuellen Technologien, von der immer noch aktuellen Vinyl Schallplatte bis zu modernen Netzwerkund Streaming-Lösungen. Selbstverständlich werden auch die MP3 Nutzer und ihre Wünsche nach Docking-Möglichkeiten berücksichtigt. Die inzwischen verfügbaren Speicherkapazitäten ermöglichen heutzutage problemlos die Nutzung

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von hochauflösenden und entsprechend speicherintensiven Aufnahmen. Hier können die Besucher erfahren, was die moderne Wiedergabetechnik jenseits von MP3 leisten kann. Parallel dazu behaupten sich aber auch ältere Technologien wie die LP oder RöhrenVerstärker, die ihren Platz in der Welt der besten Wiedergabe noch immer verteidigen. Im Hamburger Commundo Tagungshotel stehen insgesamt 29 Vorführräume für Musikpräsentationen zur Verfügung. Neben den Vorführungen sind die Vertreter der Hersteller mit Informationsständen vor Ort und beantworten Fragen. Sowohl Technikbegeisterte wie auch Musikliebhaber kommen bei diesem grandiosen Freizeiterlebnis der Extraklasse auf ihre Kosten. Die Messe sieht sich nicht als elitäre Veranstaltung. Angesprochen fühlen soll sich jeder, der gerne Musik hört und Spaß an ihrer perfekten Wiedergabe hat: Alle Altersgruppen und alle Portmonnaie-Größen.


Foto: Produktfoto TEUFEL

Teuflisch gut Stiftung Warentest hat als Testsieger die Boxen Teufel M 420 F ernannt. Die ohrenstarken Tester hörten sich den Sound von 20 verschiedenen Modellen an. Der Teufel schnitt wegen seinem guten Bassound und den ausdifferenzierten Höhen am Besten ab. Der Preis ist im Verhältnis zu der großen Klangqualität in Ordnung: 700 Euro kostet das Paar. Die Teufel-Boxen sind Sie ist die einzigen Standboxen mit aktivem Bass­pegel, der sich dreistufig regeln lässt. Einziger Nachteil: Jede Box benötigt einen Netzanschluss und ver-braucht im Betrieb 25 Watt. Auch die Verarbeitung des Sets überzeugte sehr und die Boxen sind zur wandnahen Aufstellung geeignet. www.teufel.de urbanaffairs//99


Piccollo ganz groSS Denon gehört traditionell zu den innovativsten Herstellern von HiFi-Anlagen. Denon brachte den ersten CD-Player für den Massenmarkt heraus, den ersten universellen Bluy-Ray-Player und begeisterte schon in den 30er Jahren mit einem Schallplatten-Aufnahmegerät, das eine absolute Profi-Qualität erreichte. Ein ganz so großer technologischer Wurf ist die CEOL Piccolo nicht, aber die in Design, Funktion und Klang hervorragende HiFi-Anlage bringt Streamingdienste, MP3 aus dem iPod und die Musik aus dem Rechner, dem Digital-Hub, wie der verstorbene Apple-

Chef Steve Jobs den Computer schon vor mehr als einem Jahrzehnt nannte, zusammen. Und holt aus dem Klang raus, was rauszuholen ist: HifiKomponenten und 65 Watt Musikleistung sollten ausreichen, um aus dem Wohnzimmer bei Bedarf einen Konzertsaal, einen Club oder eine Undergroundkneipe zu machen. Gesteuert werden kann die Anlage über eine schnelle und praktische App steuern. Egal über iPhone oder iPod Touch– mit dem Interface hat der User den Zugriff auf viele Funktionen seiner Piccolo-Anlage – ein reines Vergnügen. th

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Foto: Produktfoto DENON

Der klang aus der wand … Mit dem BeoLab 12 bietet Bang & Olufsen zum ersten Mal einen Lautsprecher an, der speziell für den Einsatz mit Flachbild-Fernsehern entwickelt wurde. Der BeoLab 12 wird an der Wand montiert und verfügt über die von Bang & Olufsen entwickelte Acoustic Lens Technology. Die sorgt dafür, dass hohe Frequenzen gleichmäßig im Raum verteilt werden, wodurch der Zuhörer unabhängig von seiner Sitzposition stets in den Genuss des optimalen Klangbilds kommt. Für die Basswiedergabe ist wie schon beim Vorgängermodell 12-3 ein CosCone-Woofer verantwortlich, der deutlich flacher ist als herkömmliche Tieftöner und damit im 5,5 cm flachen Gehäuse Platz findet. Während der größere Beolab allerdings über zwei 6,5 Zoll-Woofer verfügt, ist im 12-2 nur einer verbaut. Das Ganze gibt es natürlich im gewohnt minimalistischen Design des dänischen Edelherstellers. Die Boxen sind nicht nur schön, sondern wurden mit dem “Sound! 2012” ausgezeichnet. Der Beolab ist im hochglanzpolierten Aluminiumgehäuse direkt beim hersteller oder in den Fachgeschäften erhältlich für 1410 Euro. th

“Keine Box, die ich kenne, bringt Musik auf so besondere Art ins Wohnzimmer. Ein wahres Klangerlebnis!”

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hörenswert T.D.Finke Der Bochumer Singer-Songwriter Tommy David Finke hat es mit seiner CD „Kammbär?“ an die Spitze der Charts geschafft. Einfach war das nicht. Aber es hat sich gelohnt. Schon wegen der Mädchen… Er hat an der Folkwang Hochschule Komposition studiert, tingelt seit zehn Jahren durch die Clubs und Kneipen der Republik und hat Dutzende von selbst gedrehten Videos auf YouTube veröffentlicht. Doch als der Bochumer Singer-Songwriter Tommy Finke sich vor zwei Jahren daran machte, sein drittes Album zu produzieren, interessierte das außer ein paar Fans niemanden: „Keine Plattenfirma wollte Geld in das Album stecken. Überall wo ich anklopfte hieß es nur: Es ist vorbei.“ Die Musikindustrie war seit der Jahrtausendwende im freien Fall und dass sich die Zahlen in den vergangenen Monaten stabilisiert haben, scheint niemanden wirklich zu beruhigen. „Die sagten alle, das sei nur ein kleines Plateau, bald geht es weiter runter.“ Doch Finke gab nicht auf: „Das Album sollte nicht billig klingen. Ich wollte eine gute Produktion mit guten Musikern und das alles in einer guten Qualität.“ Künstlerisch hat sich der Aufwand gelohnt: Kammbär? ist Finkes bestes Album, die Texte sind reifer, die Musik dichter. Ob es sich T.D: Finke, Foto: © Christian Schürmann wirtschaftlich lohnt, wird sich erst in Monaten herausstellen: „Vor ein paar Tagen“, erzählt Finke, „kam Konzerte ein Mädchen auf mich zu und bat mich um ein Au18.04. | Frankfurt am Main | Ponyhof togramm. Sie erzählte mir ganz stolz, dass sie alle meine Stücke heruntergeladen hatte und verstand 03.05. | Düsseldorf | The Tube nicht, dass ich mich darüber nicht freuen konnte.“ Ob 09.05. | Ahdorf | Bahnhof Ahrdorf sie sich jemals ein Album kaufen wird oder bezahlt 21.05. | Stuttgart | ZwölfZehn herunterlädt, ist nicht sicher. Die Autogrammkarte jedenfalls hat Sir ganz legal bekommen. 22.05. | München | Feierwerk

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CD TIPP Leonhard Cohen POEM Leonard Cohens Songs zählen zu den ganz großen Werken der populären Musik der letzten 50 Jahre. Anlässlich des 80. Geburtstags Cohens am 21. September erscheint mit POEM - LEONARD COHEN IN DEUTSCHER SPRACHE eine beeindruckende Hommage an den immer noch aktiven kanadischen Poeten und Singer/Songwriter. Mit POEM ist eine stimmige Zusammenstellung mit deutschsprachigen Versionen der wichtigsten CohenSongs (u.a. ‘Hallelujah’, ‘So Long, Marianne’, ‘First We Take Manhattan , Lover Lover Lover ) entstanden. Für die von Leonard Cohen genehmigten deutschen Übertragungen zeichnet der Autor und künstlerische Leiter des Projekts, der Berliner Misha Schoeneberg, verantwortlich. Das Album, das parallel als Digipak-CD in wertiger Ausstattung sowie als limitierte Doppel-Vinyl erscheint, enthält 17 exclusiv eingespielte CohenInterpretationen von einigen der ambitioniertesten deutschen Musiker der verschiedensten Generationen. Mit: Peter Maffay, Madsen, Nina Hagen, Fehlfarben, Tim Bendzko, Johannes Oerding, Cäthe, Stefan Waggershausen, Reinhard Mey, Manfred Maurenbrecher, Mrs. Greenbird, Jan Plewka, Anna Loos, Alin Coen & Joa Kuehn, Max Prosa, Suzanna & Karsten Troyke. Erschienen 2014, Label: Columbia d (Sony Music), 16,50 Euro

U2 Songs of Innocence (Limited Deluxe Edition)

Um die zwei Monate Wartezeit bis zum Deutschlandstart der sensationellen „360°“-Tour von U2 zu überbrücken, erscheint am Freitag mit „U2360° At The Rose Bowl” die DVD zur Tour im Handel. Das Konzert fand 2009 im kalifornischen Pasadena statt und war der größte LiveEvent im Rahmen der 360° Tour, bei der die Band ihr aktuelles Album „No Line On The Horizon“ live vorstellte. Boxset (inkl. 2 DVDs Blu-ray-Disc, 32-seitigem Hardcover-Buch, nummerierter Bühnenzeichnung „The Claw“, 3 Gitarren-Pleks, 5 Kunstdrucken, 7 Inch ColourVinyl & Tour-Programm), Blue-ray. Foto: © U2 / Cover

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Urban Affairs: Die Bochumer-Symphoniker residieren neben einem Club. Eine ungewöhnliche Nachbarschaft. Steven Sloane: Nein, für mich ist diese Nachbarschaft vollkommen in Ordnung. Ich bin in Los Angeles aufgewachsen und war immer ein Grenzgänger, der die Musik liebte - jede Musik. Als Jugendlicher habe ich Bratsche in einem klassischen Orchestern gespielt und in Chören gesungen, war aber auch Mitglied einer Rockband. Wir spielten jüdischen Rock. Es war großartig, in Los Angeles aufzuwachsen. Ich kam mit jeder Art von Musik in Kontakt, die man sich vorstellen konnte: Klassik, Rock und natürlich viel Filmmusik. Ich bin im Westen der Stadt aufgewachsen, die Eltern vieler meiner Freunde waren in der Filmindustrie, da bekam ich sehr viel mit. In der Schule hatten wir auch viele Musical aufführungen. Porgy and Bess, Fiddler on the Roof und natürlich die berühmte West Side Story. Wie seine Eltern, die Vorfahren waren aus Litauen im 19. Jahrhundert in die USA eingewandert, war Sloane in einer jüdischen Gemeinde aktiv. Als 14jähriger fuhr er mit anderen Jugendlichen in Camps. Dort erwachte sein Interesse am Judentum und an Israel. Mit 17, nach seinem Highschoolabschluss, besuchte er zum ersten Mal Israel.

Steven SloanE: “Musik aber sie braucht einen braucht nicht nur Ins Draht, Blech und Fell. Instrement als ein be

Was bedeutete es für Sie, Israel zu besuchen? Ich gehörte zu einer Gruppe jüdischer Jugendlicher aus allen Teilen der Welt, die für ein Jahr dort lebten. Ich lernte Hebräisch in Jerusalem und lebte später in Tel Aviv. Dort erwachte meine wirklich tiefe Beziehung zu Israel. Es war für mich als Jude sofort ein ganz besonderes Land. So besonders, dass Sie später nach Israel zogen. Nach dem Studium kehrte ich für neun Jahre nach Israel zurück: “Ich habe in Israel gelebt und anfangs vor allem im Bildungsbereich gearbeitet. Ich habe dort Jugendorchester geleitet und in Chören gesungen. Schon nach einem Jahr bekam ich die Chance, die Jerusalemer Philharmonie zu dirigieren. Da war ich gerade einmal 22. Warum sind haben Sie dann Israel später verlassen?

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Steven Sloane, Foto: © C. Fein


sik gehört die Welt, n Ort und ein Dach. Sie nstrumente aus Holz, Sie braucht auch ein espielbares Haus.”

Es ist ein kleines Land und die Möglichkeiten sind begrenzt. Durch die Unterstützung meines Mentors Gery Bertini zog ich 1988 nach Frankfurt und wurde dort erster Kapellmeister an der Frankfurter Oper. War der Umzug nach Deutschland ein Problem? Ich sah es als eine Chance an. Deutschland ist noch immer weltweit das Zentrum für klassische Musiker. Nirgendwo sonst gibt es so viele hervorragende Orchester und Opernensembles wie hier. Mein Vater, der schon 1981 gestorben ist, hätte das anders gesehen. Er Vater war Captain in der US-Armee und wurde am dritten Tag der Invasion schwer verletzt. Er hätte Deutschland nie besucht.” 1994 gingen Sie von Frankfurt ins Ruhrgebiet. Ich war gerade in Bochum angekommen, als ich einen Bus sah, auf dem stand: “Please Welcome Mister Steven Sloane”. Ich war ja nicht berühmt und erst ein paar Mal in der Stadt gewesen, aber es gab sofort ein ganz besonderes Verhältnis zwischen Bochum und mir, und das ist bis heute so geblieben. Das Publikum im Ruhrgebiet ist sehr offen und interessiert und bereit zu Experimenten. Die Menschen schätzten Sie wegen Ihrer Publikumsnähe. Wenn Sie bei Konzerten humorvolle Einführungen in die Stücke geben oder Sie mit den Symphonikern mitten im Bochumer Kneipenviertel auftreten. Sie halten also den Kontakt zu der Bevölkerung… Mir ist es wichtig, dass wir zu den Menschen gehen. Ich will ihnen zeigen, dass wir für sie da sind und dass wir für die arbeiten. Ich weiß es zu schätzen, dass es in Europa eine dichte, mit öffentlichen Geldern finanzierte Kulturlandschaft gibt. Allein die Pariser Oper hat einen höheren Jahresetat als die gesamte staatliche Kulturfinanzierung der USA. Aber weil das so ist, dürfen wir uns nicht ausruhen. Ich mag es nicht, wenn manche im Kulturbetrieb die Haltung haben, das sie am Publikum vorbei arbeiten können, weil das Geld ja sowieso kommt. Ein unermüdliches werben für die Klassik? Nein, kein werben. Ich will das Publikum überzeugen, auch mit mutigen Projekten, mit Aufführungen jenseits des Mainstreams.

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Foto: Steven Sloane, © Stadt Bochum

Und das gelingt Ihnen immer wieder: Sie haben Zimmermanns Oper „Die Soldaten“ in der Jahrhunderthalle in Bochum aufgeführt und später noch einmal in New York. Die Bochumer Symphoniker sind eines der wenigen Orchester ohne eigenes Haus. Sie kämpfen seit Jahren für den Bau einer Philharmonie in Bochum. Es geht dabei nicht um mich, ich will mir kein Denkmal setzen, aber dieses Orchester hat es verdient, endlich eine eigene Spielstätte zu bekommen, die zu seiner Qualität passt. Im Moment wandern die Symphoniker, spielen mal in den Kammerspielen oder im Audimax der Ruhr Universität, wo das Orchester auch oft probt. In Essen und Dortmund, wo in den vergangenen zehn Jahren neue Konzerthäuser entstanden sind, sind wir ebenfalls oft zu Gast. 33 Millionen soll das Haus kosten - über 12 Millionen haben die Bochumer bereits gespendet. Das Geld kam zusammen durch Großspenden, aber auch durch ein Benefizkonzert von Herbert Grönemeyer und zahllosen Einzelspenden. Das wird nicht nur ein Haus für die Philharmoniker. Es wird ein Haus für die Bürger. Aber Sie verlassen Bochum und ziehen nach Berlin. Ich werde in Bochum weiterhin präsent sein, auch wenn der Wohnsitz der Familie künftig in Berlin sein wird. Meine Frau, die Bratschistin Tabea Zimmermann, ist dort Professorin an der Hans Eisler Musikhochschule, die Kinder werden auf die Berlin International School gehen und sollen zweisprachig aufwachsen. Aber so viel wird sich nicht verändern: Bochum ist mein Hause. Meine Heimat ist es nicht, denn das ist Israel.

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Steven Sloane ist ein gefragter Operndirigent, der neben Repertoirestücken auch selten gespielte Werke wie Schostakowitschs Cheryomushki oder Schumanns Genoveva leitet. Er dirigierte an der Royal Opera in Covent Garden, in Los Angeles, San Francisco, Seattle, Amsterdam, Houston, Lausanne und Stuttgart sowie bei Festivals in Hong Kong, Santa Fe und Salzburg. Zu seinen jüngsten Erfolgen zählen die Neuproduktion von Die Liebe zu den drei Orangen (Robert Carsen) an der Deutschen Oper Berlin und die amerikanische Erstaufführung von Mark-Anthony Turnages Oper Anna Nicole an der Brooklyn Academy of Music. Im September 2014 ist er erneut bei der Ruhrtriennale zu Gast und leitet mit Surrogate Cities von Heiner Goebbels dessen Abschiedsproduktion als Künstlerischer Leiter des Festivals.


Ausstellung Böse Clowns Es gibt viele verschiedene Clowns. Man findet sie im

fensichtlich seit längerer Zeit alles um die beunruhi-

Varieté, begegnet ihnen in den großen und kleinen

genden und ein bisschen furchteinflößenden “Bösen

Zirkusarenen, in Fußgängerzonen, in Schulen und zu-

Clowns”. Was aber hat es mit dieser Figur auf sich?

weilen auch im Kino. Meistens sind sie tollpatschig,

Jeder von uns hat Erinnerungen an Clowns. Den

manchmal lustig, ein paar zauberhaft poetisch. An-

Schulclown, der mit roter Plastiknase und dem ewi-

dere sind laut und nervig, manche wiederum zutiefst

gen Dummer-August-Lächeln ungeschickt und wenig

anrührend und amüsant. Doch neben der Welt die-

komisch über seine zu großen Schuhe fiel, mochte

ser guten und freundlichen Geschöpfe, existiert ein

ich nicht besonders. Dafür erinnere mich gerne an

zweites Clownsuniversum – das der bösen Clowns.

den „kleinen Helmut“ im Circus Krone, der immer

Diese Welt erkundete die Kuratorin Inke Arns in den

eins auf die Mütze bekam. Den weißen Clown, der

vergangenen Monaten für die internationale Aus-

viel größer und schöner als Helmut war, mochte ich

stellung „Böse Clowns“, die ab dem 27. September

nicht, weil er ein Besserwisser und wenig sympath-

2014 in Kooperation mit dem Jeu de Paume in Paris,

isch war. Großartige Clowns wie Grock und „Acro-

im Hardware MedienKunstVerein (HMKV) im Dort-

bat schööön“ Charlie Rivel kamen erst später in mein

munder U-Turm zu sehen sein wird.

Leben. Parallel zu den poetischen Clowns traten auf „meine Bühne“ andere Clowns, hinter deren Spaß-

Ich besuche Inke Arns, die mitten in den letzten Vor-

macher-Fassaden Böses auftauchte.

bereitungen für „Böse Clowns“ steckt, um mehr über die Ausstellung zu erfahren. In ihrem Büro treffe ich

Für Inke Arns sind gerade diese bösen Clowns, die

auf das, was man in einem künstlerischen Umfeld er-

in den unterschiedlichsten Kontexten vorkommen,

wartet: Kreatives Chaos. Kataloge, Fotografien, CDs,

faszinierend. Die Ambivalenz dieser Figuren kann

Comics und Clownliteratur stapeln sich neben Kaffee-

tief verunsichern und verwirren. Inke Arns beschäft-

tassen und Kekstüten auf dem Schreibtisch. Am Fen-

igt sich seit 2011 mit dem Ausstellungsthema, das

stergriff hängt eine gar nicht fröhlich blickende Mari-

so umfangreich ist, dass das Material vermutlich

onette mit weißer Maske und bunten Pluderhosen.

für zwei Ausstellungen reichen würde. Die Ausstel-

Der Boden wird fast vollständig von großen Plakaten

lung wird sich nicht allein künstlerisch mit den bösen

bedeckt, auf denen zwei schwarz-weisse Clownge-

Clowns auseinandersetzen, sondern den Bogen von

sichter zu sehen sind. In diesem Raum dreht sich of-

politischem Aktivismus über psychologische Sich-

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Marion Auburtin, “Marionette”, Öl auf Papier, 2013

tweisen bis hin zu einer kulturhistorischen Betrach-

(Guy Fawkes), die mit einer Art Clownmaske arbeitet,

tung spannen. Gerade die Herangehensweise der

bei den Parodien zu Ronald McDonald oder auch bei

Kuratorin, möglichst viele Facetten der beunruhigen-

dem Joker, dem bösen Gegenspieler von Batman“.

den Figur der “Bösen Clowns” in der Ausstellung zu

Man muss keine Coulrophobie haben, um sich vor

thematisieren, macht sie interessant. Dabei werden

diesen Figuren zu fürchten. Der Kulturtheoretiker

auch Elemente von Popkultur und Aspekte der Alltag-

Mark Dery beschreibt, dass seit den 80er Jahren die

skultur aufgrif- fen. Arns ist wichtig zu zeigen, „dass

Menschen Angst vor vor Clowns haben, auch die

zeitgenössische Kunst nichts Abgehobenes ist. Die

meisten Kinder. Das bestätigt eine Untersuchung der

Kunstwerke, die wir zeigen, sind auch deswegen für

Universität von Sheffield mit 250 Kindern zwischen

jeden von uns relevant und berühren uns, weil sie un-

vier und 16 Jahren. Zu der Frage, welche Bilder in

mittelbar an unser alltägliches Erleben anknüpfen.“

den Zimmern eines Kinderkrankenhauses hängen

Wer hat Angst vorm bösen Clown?

sollten, wünschte sich keines von ihnen ein Clownsbild. Zu dem schlechten Ruf der Clowns hat sicher

Gut und böse, lustig und traurig, naiv und hinter-

auch der Massenmörder John Wayne Gacy beiget-

trieben – die Dichotomie der clownesken Variationen

ragen, der als „Pogo der Clown“ in den 70er Jahren

spiegelt das Leben wieder. Im Kino jedoch haben

bei Kinderfesten und Charity-Veranstaltungen auftrat

die bösen Clowns inzwischen die Mehrheit. Inke

und, versteckt in dieser Rolle, insgesamt 33 Men-

Arns wundert das nicht: „Heute gibt es eigentlich ke-

schen ermordete. Der Horror diese zweideutigen,

ine guten Clowns mehr. Bei meinen Recherchen zu

unheimlichen Figur wird nicht zufällig im Kino auf-

Kunstwerken, die sich mit Clowns auseinanderset-

gegriffen. Inke Arns ist der Überzeugung dass „der

zen, entdeckte ich viele spannende Figuren – nicht

Clown, der Lust an der Zerstörung hat, der moderne

nur im Kunstfeld, sondern auch im Bereich des poli-

Clown ist. Joker, der als weiß geschminkter Psycho-

tischen Aktivismus, wie bei der Bewegung Anonymus

path mit einem bizarren Dauergrinsen mordet oder

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auch Pennywise, der in Stephen Kings Horror-Roman

versiv und chaotisch sind. Sie sind ein toller Kommen-

„Es“ eine unglaublich bedrohliche Atmosphäre verb-

tar auf unsere Spaßgesellschaft, zu den Talkshows,

reitet, beweisen, dass sich Clowns als Horror-Figur

die Privatheit oft auf schmerzliche Art öffentlich ma-

besonders gut eignen. Der Bruch zwischen der Rolle

chen und trashigen Live-Formaten, wie Big Brother.“

des lustigen Witzemachers und der Killermentalität

Schlingensief geht an die Schmerzgrenze der Zus-

ist besonders krass – für unsere Gefühlswelt hat das

chauer und ist in der Moderatorenrolle doch eigentlich

eine erschreckende Fallhöhe“.

ein trauriger Clown, der tapfer seine Witze reißt. Auch wenn schlechte Zeiten für gute Clowns sind, be-

In diese Reihe moderner Clowns passt auch gut der

weisen die bösen Clowns am Ende das Gegenteil: Auf

in Oberhausen geborene Christoph Schlingensief. Er

die melancholische Schönheit, die ein Scheitern her-

ist einer der bekanntesten Künstler in Deutschland

vorbringen kann, wie es Marcel Marceaus’ Bip zeigt,

und berühmt für seine oft provokativen Grenzgänge

kann man nicht verzichten. Und auch die stille Komik

zwischen Kunst, Politik, Kino, Fernsehen, Theater

eines Oleg Popow möchte man nicht vermissen müs-

und Oper. Zum Jahreswechsel 2013/2014 zeigten die

sen. Warum nur? Wer könnte es besser als Shake-

Kunstwerke (KW) in Berlin eine Retrospektive des

speare sagen: „Das Leben ist nur ein wandelnder

Werkes des 2010 verstorbenen Künstlers. Inke Arns

Schatten, ein armseliger Komödiant, der sein Stünd-

hat bereits angeregt, den aus dem Ruhrgebiet stam-

chen auf der Bühne Kapriolen schlägt und dann nicht

menden Ausnahmekünstler auf der “Beletage” des

mehr vernommen wird. Das Leben ist ein Märchen,

Dortmunder U zu zeigen. Auch sie meint, dass die

erzählt von einem Clown, großmäulig und farbenfroh

Retrospektive, die Anfang 2014 im weltberühmten

– aber bedeuten tut es gar nichts.“ (Macbeth)

New Yorker MOMA (P.S.1) zu sehen war, in der Heimatregion des Künstlers einen angemessenen Platz finden sollte. Ohne Zweifel würde das Gesamtkunstwerk von Schlingensief überregional wahrgenommen werden. Es könnte ein großes, interessiertes Publikum finden und die von der Politik so oft beklagten niedrigen Besucherzahlen in dem Ausstellungsturm steigern. Doch bis angemessene Räume gefunden sind, wird Christoph Schlingensief erst einmal in der Ausstellung “Böse Clowns” mit der MTV-Live-Fernsehsendung „U3000“ zu sehen sein. Inke Arns wählte diese Arbeit aus, weil Schlingensief als Moderator in der Live-Show in einer Berliner U-Bahn selbst auf faszinierende Weise die Rolle des bösen Clown einnimmt. „Er mimt zwar den fröhlichen harmlosen Entertainer – macht aber mit den Fahrgästen Aktionen, die überraschend, schnell, schrill, anarchistisch, sub-

Arbeiten von Anonymous, Marion Auburtin (FR), Blue Noses (RU), Barbara Breitenfellner (AT/ DE), The Cacophony Society (US), Kimberly Clark (NL), Deichkind (DE), Constant Dullaart (NL), George Grosz (DE), Guerrilla Girls (US), Insane Clown Posse, the Joker, KillerKlowns from Outer Space, Krusty, Laibach (SI), Renzo Martens (NL), the Northampton Clown, Ronald McDonald, Pennywise, Der Plan (DE), Pogo, Pussy Riot (RU), The Residents (US), Roee Rosen (IL), Aura Rosenberg (US/DE), Christoph Schlingensief (DE), Cindy Sherman (US), u.v.m.

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Head

hunter urban affairs //110


Den Unternehmen gehen die qualifizierten Fachkräfte aus. Viele arbeiten heute mit Headhuntern zusammen, wenn es darum geht Mitarbeiter anzuwerben. Doch nicht alle sind seriös. Was also tun, wenn ein “Kopfjäger” anruft? Heidrick & Struggles, Kienbaum, Korn/Ferry – sie arbeiten vor allem im Auftrag von Konzernen. Wenn Unternehmen nach Führungskräften und hochspezialisierten Ingenieuren suchen, schalten sie keine Anzeige in einer Tageszeitung oder schauen auf Xing nach geeignetem Personal, sondern schalten eine Personalberatung ein. „Wer von den Großen der Branche angerufen wird“, sagt Katja Freimann, Personalberaterin aus München, kann sich sicher sein, das ein seriöses Interesse von einem namhaften Unternehmen besteht.“ Und das der Mann oder die Frau am anderen Ende der Leitung weiß, mit wem sie spricht. „Dem Erstkontakt geht das zum Teil wochenlange Research voraus. Gute Personalberater nehmen nur Kontakt auf, wenn sie wissen, dass der Angesprochene auch wirklich auf die offene Stelle passt.“ Research ist schwierig. Immer stärker achten Unternehmen darauf, dass ihre wertvollen Mitarbeiter nicht öffent-lich werden. Wer was kann, wer welche Erfahrungen hat und welche Projekte leitet ist längst zum Firmengeheimnis geworden. Man will ja den Wettbewerb nicht mit der Nase auf die fähigsten Mitarbeiter stoßen, deren Können gerade im Technologie und Dienstleistungsbereich das wichtigste Kapital eine Unternehmens darstellt. Freimann: „Personalberater besuchen einschlägige Messen und Branchentreffs und halten Kontakte in die Unternehmen hinein, um die richtige möglichen Bewerber für eine Stelle zu finden.“ Und wenn sie sich dann melden, sind sie diskret: Niemals nennen sie beim ersten Treffen den Namen ihres Kunden – allerdings sagen sie immer, für welche Personalberatung sie arbeiten. Eine Mischung aus Vertraulichkeit und Transparenz zeichnet die Profis aus. Und sie legen Wert darauf, auch mit den Daten der angesprochenen High-Potentials sorgsam umzugehen. Adressen werden nicht verkauft, nach Ende der Zusammenarbeit werden alle persönlichen Daten gelöscht. Doch nicht alle, die in dem Markt unterwe-

Foto: Fotolia © Beboy

gs sind, halten sich an diese Regeln. Seitdem viele Unternehmen regelrecht Kopfprämien beispielsweise für Ingenieure ausgelobt haben, versuchen viele das schnelle Geld zu machen. Sie klicken sich durch sozialen Netzwerke wie Xing oder LinkedIn und rufen wahllos jeden an von dem sie auf den ersten Blick glauben, er könnte auf eine offene Stelle passen. Zum Beispiel bekam der Ingenieur Michael K. aus München mehrmals Kontakt zu solchen eher dubiosen Headhuntern: „Ich bekam aus heiterem Himmel einen Anruf. Es ginge um ein interssantes Stellenangebot. Alles war sehr geheimnisvoll, klang aber erst einmal sehr interessant und lukrativ.“ Man traf sich in einem Hotel in der Hambuger Innenstadt. Nach wenigen Minuten war K. klar, dass er seine Zeit verschwendet: „Der Headhunter wusste überhaupt nicht genau, was ich beruflich mache. Vorallem aber war auffalend, dass er er keinerlei Ahnung von der Branche hatte.“ K. arbeitet im AudioBereich, entwickelt spezielle Lösungen für die mobile Kommunikation. Angeboten wurde ihm eine angeblich bessere Stelle bei einem Turbinenbauer: „Der hatte in meinem Profil nur Ingenieur gelesen und das wars.“ Auf eines solte man daher immer achten. Die schwarzen Schafe der Branche kann man leicht an einer Sache erkennen: Unkenntnis.

Termine 18.10.2014, 17:00 Uhr Kamingespräche für Unternehmer Ort: Hotel Bayerischer Hof Promenadeplatz 2-6, 80333 München Anmeldung: silke.mueller@kienbaum.de Informationen: www.kienbaum.de

20.04.2015, 7:30 Uhr Business Breakfast für IT-ler Ort: NH Hotel Düsseldorf Heinrich-Heine-Allee 20 44230 Düsseldorf ww.it-service.com

01.10.20125 15:30 Uhr JURAcon Hamburg - Recrutingmesse Veranstaltungsort:Sofitel Hamburg Alter Wall 40 20457 Hamburg www.juracon.com

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Gründerfieber

Es kommt auf den Menschen an, wenn es um die Frage geht, was dazugehört, um als Gründer Erfolg zu haben? Die Experten sind sich einig: Wichtiger als die Gründeridee oder die Branche ist die Persönlichkeit. Geht es der Wirtschaft gut, werden weniger Unternehmen gegründet. Ein Widerspruch? Nicht für Stefan Grave, Leiter des Startercenters Frankfurt, das die Industrie- und Handelskammer gemeinsam mit der Stadt betreibt: „Wenn die Wirtschaft boomt, sind die Aussichten besser, einen gut bezahlten Job zu finden als in Krisenzeiten. Viele Entscheiden sich dann gegen die Selbstständigkeit, deswegen nimmt die Zahl der Gründungen in wirtschaftlich guten Zeiten immer etwas ab.“

So auch zur Zeit in Frankfurt. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes sank die Zahl der Gewerbeanmeldungen im Rhein-Main Gebiet von 2010 zu 2011 von 47.929 auf 46.457. Gleichzeitig stieg die Zahl der Gewerbeabmeldungen von 43.019 auf 44.316. Viele dieser Unternehmen wurden freiwillig aufgelöst, andere gingen in die Insolvenz – und von denen, die pleite gingen, war jedes vierte noch keine drei Jahre alt. Gründen – das ist klar, ist ein schwieriges Geschäft. Die Insolvenzstatistik weist aus, dass vor allem in Branchen, in denen man mit wenig Geld und geringen Voraussetzungen starten kann, die Zahl der Unternehmenspleiten besonders hoch ist: Werbeagenturen, Boutiquen und kleine Unternehmensberatungen machen schneller und häufiger dicht als Industrie- oder Meisterbetriebe. Sie sind oft schnell wieder vom Markt verschwunden. Oft zog es in diesen Branchen die Gründer nicht aus freien Stücken in die Selbstständigkeit, sondern aus purer Not: Selbstständigkeit als Flucht vor der Arbeitslosigkeit ist häufig das Motiv, es als Unternehmer zu versuchen. Zudem unterschätzen viele Gründer, was auf sie zukommt, wenn es täglich darum geht, Kunden zu überzeugen. Denn es gilt der alte Spruch: Nichts ist schwieriger, als an das Geld fremder Leute zu gelangen. Gibt es also Branchen,

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von denen Gründer besser ganz die Finger lassen sollten? Gründerexperte Grave widerspricht: „Nein, wer eine gute Idee hat, hat auch in einem gesättigten Markt eine Chance. Ein schönes Beispiel, das für alle Brachen gilt, ist der Imbiss. Wenn an einem Platz schon drei Imbissbuden sind, hat derjenige, der eine vierte Bude eröffnet gute Chancen, wenn die Wurst bei ihm besser schmeckt und er freundlicher ist als seine Konkurrenten. Es kommt vor allem auf die Unternehmerpersönlichkeit an.“ Ein Unternehmer muss nicht nur eine gute Idee haben, sondern vor allem Verkaufstalent, weiß Christoph Burghaus, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK: „Jeder Unternehmer ist immer auch ein Verkäufer. Jemand kann das beste Produkt der Welt haben, aber wenn er mufflig hinter dem Tresen seines Laden steht und nicht mit Menschen umgehen kann, wird er trotzdem scheitern.“ Dazu braucht es eine gehörige Portion Durchhaltewillen: Buchführung, die Beschäftigung mit dem traditionell unerquicklichen Thema Steuern, die Bereitschaft eher 70 statt 35 Stunden in der Woche zu arbeiten und dazu noch, zumindest am Anfang, wenig Geld. Es kann Jahre dauern, bis ein Selbstständiger mehr verdient als ein Angestellter mit gleicher Qualifikation – und das immer mit dem Risiko, dass alle Mühe umsonst war, wenn das unternehmerische Vorhaben scheitert. Dagegen hilft gute Vorbereitung. Gründer sollten den Markt erkunden, in dem sie sich versuchen wollen – und sehr genau überlegen, wo ihre Nische ist, was sie besser machen als die Konkurrenz und vor allem: Wie sie das ihren künftigen Kunden auch klar machen. Geht es der Wirtschaft gut, werden weniger Unternehmen gegründet. Ein Widerspruch? Nicht für Stefan Grave, Leiter des Startercenters Frankfurt, das die Industrie- und Handelskammer gemeinsam mit der Stadt betreibt: „Wenn die Wirtschaft boomt, sind die Aussichten besser, einen gut bezahlten Job zu finden als in Krisenzeiten. Viele entscheiden sich dann gegen die Selbstständigkeit, daher nimmt die Zahl der Gründungen in wirtschaftlich guten Zeiten immer etwas ab.“ So auch zur Zeit in Frankfurt. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes sank die Zahl der Gewerbeanmeldungen im Rhein-Main Gebiet von 2010 zu 2011 von 47.929 auf 46.457. Gleichzeitig stieg die Zahl der Gewerbeabmeldungen von 43.019 auf 44.316. Viele dieser Unternehmen


wurden freiwillig aufgelöst, andere gingen in die Insolvenz – und von denen, die pleite gingen, war jedes vierte noch keine drei Jahre alt. Gründen – das ist klar, ist ein schwie-riges Geschäft. Die Insolvenzstatistik weist aus, dass vor allem in Branchen, in denen man mit wenig Geld und geringen Voraussetzungen starten kann, die Zahl der Unternehmenspleiten besonders hoch ist: Werbeagenturen, Boutiquen und kleine Unternehmensberatungen machen schneller und häufiger dicht als Industrie- oder Meisterbetriebe. Sie sind oft schnell wieder vom Markt verschwunden. Oft zog es in diesen Branchen die Gründer nicht aus freien Stücken in die Selbstständigkeit, sondern aus purer Not: Selbstständigkeit als Flucht vor der Arbeitslosigkeit ist häufig das Motiv, es als Unternehmer zu versuchen. Zudem unterschätzen viele Gründer, was auf sie zukommt, wenn es täglich darum geht, Kunden zu überzeugen. Denn es gilt der alte Spruch: Nichts ist schwieriger, als an das Geld fremder Leute zu gelangen.

kann Jahre dauern, bis ein Selbstständiger mehr verdient als ein Angestellter mit gleicher Qualifikation – und das immer mit dem Risiko, dass alle Mühe umsonst war, wenn das unternehmerische Vorhaben scheitert. Dagegen hilft gute Vorbereitung. Gründer soll-ten den Markt erkunden, in dem sie sich versuchen – und sehr genau überlegen, wo ihre Nische ist, was sie besser machen als die Konkurrenz und vor allem: Wie sie das ihren künftigen Kunden auch klar machen.

Gibt es also Branchen, von denen Gründer besser ganz die Finger lassen sollten? Gründerexperte Grave widerspricht: „Nein, wer eine gute Idee hat, hat auch in einem gesättigten Markt eine Chance. Ein schönes Beispiel, das für alle Brachen gilt, ist der Imbiss. Wenn an einem Platz schon drei Imbissbuden sind, hat derjenige, der eine vierte Bude eröffnet gute Chancen, wenn die Wurst bei ihm besser schmeckt und er freundlicher ist als seine Konkurrenten. Es kommt vor allem auf die Unternehmerpersönlichkeit an.“ Ein Unternehmer muss nicht nur eine gute Idee haben, sondern vor allem Verkaufstalent, weiß Christoph Burghaus, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK: „Jeder Unternehmer ist immer auch ein Verkäufer. Jemand kann das beste Produkt der Welt haben, aber wenn er mufflig hinter dem Tresen seines Laden steht und nicht mit Menschen umgehen kann, wird er trotzdem scheitern.“ Dazu braucht es eine gehörige Portion Durchhaltewillen: Buchführung, die Beschäftigung mit dem traditionell unerquicklichen Thema Steuern, die Bereitschaft eher 70 statt 35 Stunden in der Woche zu arbeiten und dazu noch, zumindest am Anfang, wenig Geld. Es Foto: Fotolia © Beboy

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Social Media ist bei einigen Unternehmen immer noch ein Stiefkind. Oft verstehen sie die WebGewohnheiten der kunden nicht richtig. SIe reagieren daher nicht immer adäquat auf die Bedürfnisse ihrer neuen, internetaffinen, Kunden. Rund um den Globus kaufen immerhin 62 Prozent der Online-User auch im Netz. Allein die Chinesen kaufen bereits rund ein Drittel ihrer Waren online. Mehr und mehr rücken beim Online-Kauf auch die Social Media-Plattformen als wichtige Dialoginstrumente zwischen Unternehmen und Konsumenten in das Zentrum des Interesse. Dennoch sind laut einer Studie des Wirtschaftsberatungsunternehmens Ernst&Young derzeit 85 Prozent der Social MediaNutzer mit den digitalen Unternehmensauftritten unzufrieden: Während chinesische User den Social Media-Auftritten den großen Marken ziemlich viel Vertrauen schenken (6.3 von 10 Punkten), herrscht bei westeuropäischen Konsumenten eine eher kritische Haltung gegenüber den Eigendarstellungen

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der Unternehmen vor (4.8 von 10 Punkten). „Zwar vertrauen die Konsumenten bei ihrer Kaufentscheidung nach wie vor am meisten der Meinung ihres persönlichen Umfeldes, gleichzeitig erweitert sich aber dieses Umfeld durch Social Media erheblich, so dass die glaubwürdige Darstellung in den neuen Medien und ein offener Dialog erhebliche Marketingbedeutung haben. Gleichzeitig schlagen laut Studie die OnlineMarketingmaßnahmen traditionelle Formate aus Print und elektronische Formate um Längen“, sagt Krystian Pracz, Partner bei Ernst & Young. Insgesamt zeigt die Studie fünf weitreichende Trends in zehn Produkt- und Servicekategorien auf. Unter anderem wurden die Branchen Automotive, Bekleidung, Speisen und Getränke, Unterhaltungselektronik und öffentlicher Dienst untersucht. Eine herkömmliche Marktsegmentierung kann in allen untersuchten Branchen nicht mehr angewendet werden. Das „Chamäleon“ Verbraucher setzt unzählige Prioritäten bei einer möglichen Produktauswahl – und will diese erfüllt wissen. Die wachsende Anzahl von Vergleichsportalen beweist, dass bei 60 Prozent der Verbraucher der Prozess des Einkaufens als Wettkampf angesehen wird. Sie wollen als Gewinner hervorgehen. Zusätzlich verlangt der mündige Online-Verbraucher ein großes Mitspracherecht, wenn es um Einkaufserlebnisse geht. Er möchte ein aktiver „Produktentscheider“ sein – kein passiver Konsument. „Die Ergebnisse unserer Studie weisen darauf hin, dass sich das Verbraucherverhalten in den vergangenen Jahren fundamental verändert hat“, analysiert Pracz diesen Trend und erklärt weiter: „Digitale Technologien ändern nicht nur das Einkaufsverhalten selbst – Ort und Zeit spielen fast keine Rolle mehr – Verbraucher verlangen auch einen Mehrwert von Unternehmen. Gut informierte Konsumenten wollen mehr Transparenz und ein hohes Maß an Dialog mit Einzelhändlern und Herstellern sowie hin zu staatlichen Einrichtungen und Versorgungsanbietern. Dieser Wandel hat bereits eine Eigendynamik entwickelt. Viele Unternehmen verzweifeln daran oder können die Bedürfnisse ihrer digitalen Kunden nicht mehr optimal bedienen. Nur Vermarktungs-Konzepte, die abgestimmt sind auf die neuen, digitalen Technologien, können heute aus einem anspruchsvollen Verbraucher einen zufriedenen Verbraucher machen“, sagt Pracz. Höchste Zeit also für die Unternehmen auf den Zug auszuspringen, damit er nicht davonfährt udn sich auf die veränderten Kundnewünsche einzustellen. Denn er wird nicht an jeder Milchkanne haten, sondern nur dort, wo der Bahnhof erkennbar groß genug ist.

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Wirtschaft 2.0

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Karriere-Städte in Deutschland Jobstart: In Frankfurt, Berlin und Köln schaffen es in Zeiten der Suche nach High-Potentials die Unternehmen aus Zukunftsberufsfeldern am besten, ihren Fachkräftebedarf zu decken. Um eine Stelle als IT-ler bewerben sich zum Beispiel in Frankfurt fünfmal mehr Jobsuchende als in Nürnberg und an einer Ingenieursstelle in Berlin sind sechsmal mehr Bewerber interessiert als in Dresden. Karriere.de kommt zu genau diesem Schluss nach einer Langzeitstudie, bei der über ein halbes Jahr rund 7,2 Millionen Jobanzeigen und das Verhalten von 1,5 Millionen Stellensuchenden untersucht wurden – in den Bereichen „Ingenieure und Technik“, „IT und Telekommunikation“, „Wissenschaft und Forschung“ und „Medien“. Für die Studie wurden die zwölf einwohnerreichsten Städte mit den meisten Stellenangeboten und Bewerbern unter die Lupe genommen. Die besten Chancen, dem Fachkräftemangel zu entgehen, haben vor allem Arbeitgeber in Frankfurt. Dicht gefolgt von Berlin und Köln auf den Plätzen zwei und drei. Hamburg hingegen wird von den Befragten nur auf den 5. Platz gewählt. Bekanntlich kann es sich aber auch lohnen, als Young Professional gegen den Strom zu schwimmen und sich demnach eine weniger von Absolventen überflutete Stadt für den ersten Arbeitsplatz nach dem Studium zu suchen. In Städten wie z.B. Nürnberg, Dresden oder Bremen, sind Fachkräfte rar. Ortsansässige Unternehmen bieten ihren Bewerbern also möglicherweise interessantere Karrierechancen, um sie zu gewinnen. Auf den Füssen gestanden hat man sich mit den Kommilitonen ja eigentlich schon während des Studierens. Nach dem Studium wird es höchste Zeit für individuellere Karrierewege.

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Wenn Du es Wer erfolgreich sein will, muss in die Stadt. Dort gibt es die spannenden Jobs, die lukrativen Aufträge und die wichtigen Kontakte. Drei Beispiele. Frank Lucas begann mit seiner Werbeagentur Büro Akut in einem Gewerbegebiet neben der A43 in Limburg: „Ich wollte die Kosten niedrig halten und dachte mir, der Standort sei egal.“ Und das war er auch am Anfang: In den ersten zwei Jahren reichte das kleine Büro, dass er zusammen mit seinem damaligen Partner, einem Designer, in einem unscheinbaren Bürogebäude hatte, das mit seinen gelben Kachel ein wenig an den Privatsitz des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff in Großburgwedel erinnert, auch aus. Die Kunden kamen vor allem aus Mittelhessen und erwarteten das in ihren Räume präsentiert wurde. Der Unternehmenssitz war egal. Doch mit dem Wachstum und einer Ausweitung des Geschäfts änderte sich das bald: „Als wir neue Mitarbeiter brauchten und unsere Kunden auch Werbefilmen von uns wollten, begannen die Probleme.“ Kein guter Grafiker wollte in Limburg arbeiten und Cutter, Sprecher oder Animateure gab es im Hintertaunus kaum. „Um zu wachsen, mussten wir umziehen.“ Lucas wagte den Sprung nach Köln, einer Stadt, die er vorher nur von Konzert- und Museumsbesuchen kannte. Er fand ein Büro in Sülz und zog privat nach Lindenthal. Innerhalb von wenigen Wochen hatte er die Mitarbeiter zusammen, die er für seine Animationen brauchte und stellte sogar verwundert fest, das sich der Umzug nach Köln auch direkt auszahlte: „Mit der Kölner Adresse bekamen wir Kontakte zu Unternehmen, die vorher mit uns nicht einmal gesprochen hatten.“ Und auch die Rechnungen konnten bei Neukunden etwas höher ausfallen als mit der Gladbecker Adresse. „Der Umzug nach Köln“, sagt Lucas heute, „war das Beste was Büro Akut passieren konnte.“ So wie Lucas geht es vielen Freiberuflern, Unternehmen und Angestellten: Die Karriere- und Geschäftsmöglichkeiten in den Großstädten sind deutlich besser als in den Klein- und Mittelstädten. Trotzdem scheuen viele den Umzug. Markus Kramer ist Consultant bei Roland Berger und kennt die Gründe: „Wer sein gesichertes und gewachsenes Netzwerk hat, tut


s hier schaffst… sich oft schwer mit dem Umzug. Und dafür gibt es zum Teil auch gute Gründe: Der Wettbewerbsdruck in den Metropolen ist deutlich höher als in der Provinz. Viele denken sich: Ich bin lieber der Nummer Eins in Erlangen als einer unter vielen in München.“ Die gleiche Sorge haben auch viele Angestellte: Der Job mein traditionsreichen Mittelständler in der Provinz ist sicher, aber die Aufstiegschancen sind begrenzt und das Gehalt auch. 100.000 Euro brutto im Jahr sind, auch für hochqualifizierte Betriebswirte oder Ingenieure, oftmals eine unsichtbare Grenze, die nur selten durchbrochen wird. Anders in Hamburg, Stuttgart oder Düsseldorf: Der Wettbewerb ist härter, es gibt mehr fähige Kollegen, aber wer sich durch-

setzt wird belohnt: Das Gehaltsniveau liegt deutlich höher als in den Klein und Mittelstädten, Aufstiegsgrenzen gibt es nicht. „Per aspera ad astra“ – durch Härte zu den Sternen. Der Satz gilt nirgendwo so sehr wie in den Metropolen, aber immerhin sind die Sterne dort manchmal zum greifen nah.

Foto: Fotolia © Beboy

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